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Steffen
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AG Bochum, Az. 65 C 354/16

#11161 Beitrag von Steffen » Mittwoch 8. November 2017, 15:27

Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Das Amtsgericht Bochum verurteilt Anschlussinhaberin trotz des möglichen Zugriffs weiterer Personen auf den Internetanschluss (Beklagte legt Berufung ein)


15:25 Uhr


Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen. Nachdem die verletzte Rechteinhaberin ihre Ansprüche wegen einer Urheberrechtsverletzung im Wege des Filesharings vorgerichtlich nicht durchsetzen konnte, war sie zur Klageerhebung gezwungen.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

Beethovenstraße 12 | 80336 München
Telefon: 089 / 52 05 72 10 | Telefax: 089 / 52 05 72 30
E-Mail: web@waldorf-frommer.de | Web: www.waldorf-frommer.de




Bericht

Link:
https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... anschluss/

Urteil als PDF:
https://news.waldorf-frommer.de/wp-cont ... 354_16.pdf

Autorin:
Rechtsanwältin Sandrine Schwertler



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Die beklagte Anschlussinhaberin hatte hierauf ihre eigene Verantwortlichkeit für die Rechtsverletzung bestritten und zunächst darauf verwiesen, dass sich ein Dritter unberechtigt Zugriff auf ihren Internetanschluss verschafft habe. Im weiteren Verlauf des Rechtsstreits stellte sie ergänzend darauf ab, dass auch ihr Lebensgefährte oder ihr minderjähriger Sohn Zugriff auf den Internetanschluss gehabt hätten und die Rechtsverletzung begangen haben könnten.

Diesen Vortrag erachtete das Gericht nicht als ausreichend. Insbesondere der von der Beklagten pauschal vorgetragene unberechtigte Fremdzugriff führe nicht dazu, dass das Gericht eine Haftung der Beklagten ablehnen würde:

"Anhaltspunkte dafür, dass Dritte sich unberechtigt Zugang zum ordnungsgemäß abgesicherten W-LAN-Netz der Beklagten verschafft oder dass Dritte die IP-Adresse der Beklagten "gekapert" haben könnten, sind nicht vorgetragen. Die rein pauschale Möglichkeit entkräftet die bestehende Vermutung nicht."



Zudem erachtete das Gericht auch den Vortrag hinsichtlich der möglichen Täterschaft der Familienmitglieder der Beklagten als nicht ausreichend und überdies widersprüchlich:

"Das Vorbringen der Beklagten ist insoweit zudem widersprüchlich. Eine Täterschaft des Lebensgefährten hatte die Beklagte in der Klageerwiderung vom [Datum] zunächst ausgeschlossen. Erst im Laufe des Rechtsstreits und nach Hinweis des Gerichts, dass eine Täterschaft unbekannter Dritte höchst unwahrscheinlich sei, hat die Beklagte mit Schreiben vom [Datum] erst für möglich gehalten, dass ihr Lebensgefährte die Dateien heruntergeladen und angeboten habe. Konkrete Tatsachen sind insoweit jedoch nicht vorgetragen worden.

Jedenfalls ist nicht dargelegt, ob die Beklagte konkret bei ihrem Lebensgefährten bezüglich der Rechtsverletzung nachgefragt und welche Auskunft sie erhalten hatte. Damit begründet der Vortrag der Beklagten letztlich nur die theoretische Zugriffsmöglichkeit ihres Sohnes und ihres Lebensgefährten, ohne dass Tatsachen vorgetragen werden, aus denen ernsthaft auf eine Täterschaft der beiden Personen geschlossen werden kann. Dieser Vortrag genügt im Rahmen der sekundären Darlegungslast jedoch nicht.
"



Das Amtsgericht verurteilte die Beklagte daher vollumfänglich zur Zahlung von Schadensersatz, zum Ersatz der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten sowie zur Übernahme der gesamten Kosten des Rechtsstreits.


Gegen das Urteil hat die Beklagte Berufung zum Landgericht Bochum eingelegt.









AG Bochum, Urteil vom 22.08.2017, Az. 65 C 354/16



(...) - Beglaubigte Abschrift -

65 C 354/16


Verkündet am 22.08.2017
[Name], Justizbeschäftigte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle



Amtsgericht Bochum

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil




In dem Rechtsstreit


[Name],
Klägerin,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldorf Frommer, Beethovenstraße 12, 80336 München,



gegen


[Name], 44149 Dortmund,
Beklagte,

Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt [Name], 55127 Mainz,





hat das Amtsgericht Bochum auf die mündliche Verhandlung vom 22.08.2017 durch den Richter am Amtsgericht [Name]

für Recht erkannt:

Der Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Coburg vom 11.08.2016 wird aufrechterhalten.
Die weiteren Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Streitwert für den Rechtsstreit wird auf 1.106,00 EUR festgesetzt.





Tatbestand:

Die Klägerin begehrt Schadensersatz in Höhe von 600,00 EUR und Erstattung vorgerichtlicher Abmahnkosten in Höhe von 506,00 EUR wegen des unerlaubten Anbietens zum Download des Films [Name] zwischen dem 01.05 und dem [Datum] über den Internetanschluss der Beklagten in einer sog. Tauschbörse.

Die Klägerin trägt vor, sie habe aufgrund des Vertrages vom [Datum] in Verbindung mit der Zusatzvereinbarung vom [Datum] von der Produktionsfirma des streitgegenständlichen Films, der [Name], die exklusiven Nutzungs- und Verwertungsrechte erworben. Die Klägerin habe die Rechtekette im Zusammenhang mit dem Erwerb der Auswertungsrechte überprüft und sich von der Lizenzgeberin garantieren lassen. Lediglich die Rechte für die DVD-Auswertung und die Kino-Auswertung habe sie an ihre einhundertprozentigen Töchter, die [Name] bzw. die [Name] vergeben. Sie selbst sei nach wie vor Inhaberin der exklusiven Online-Rechte. Dies ergebe sich im Übrigen auch aus den Internetseiten der marktführenden Online-Portale maxdome und amazon prime, auf denen die Klägerin ausdrücklich als Rechteinhaberin genannt sei. Die von ihr beauftragte ipoque GmbH habe mit dem eingesetzten Computerprogramm PFS zweifelsfrei ermittelt, dass zwischen dem [Datum] und [Datum] zu drei unterschiedlichen Zeiten unter drei unterschiedlichen IP-Adressen der streitgegenständliche Film im Internet zum Download angeboten worden sei. Die IP-Adressen seien jeweils im Anschluss der Beklagten zugeordnet gewesen. Insoweit sei sie als Täterin für die Rechtsverletzung verantwortlich und zum Schadensersatz sowie zur Erstattung der vorgerichtlichen Abmahnkosten in geltend gemachter Höhe verpflichtet.

Mit Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Coburg vom 11.08.2016 ist die Beklagte verurteilt worden, an die Klägerin 1.106,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.11.2015 zu zahlen. Hiergegen hat die Beklagte unter dem 30.08.2016 Einspruch eingelegt.



Die Klägerin beantragt,
den Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Coburg vom 01.08.2016 aufrechtzuerhalten.



Die Beklagte beantragt,
den Vollstreckungsbescheid aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Beklagte bestreitet die Aktivlegitimation der Klägerin sowie die zutreffende Ermittlung der Rechtsverletzung. Darüber hinaus habe sie den streitgegenständlichen Film nicht in einer Tauschbörse zum Download angeboten. Möglicherweise habe sich ein Dritter unrechtmäßig Zugriff auf das ordnungsgemäß gesicherte WLAN-Netz verschafft oder aber für die Rechtsverletzung durch entsprechende Software die IP-Adresse der Beklagten vorgespiegelt. Weiter kämen als Täter der Rechtsverletzung ihr Lebensgefährte sowie der zum damaligen Zeitpunkt 13-jährige Sohn [Name] als Täter in Betracht. Zum damaligen Zeitpunkt sei nur 1 Computer im Haushalt vorhanden gewesen, der überwiegend bzw. fast ausschließlich von dem Lebensgefährten und dem Sohn der Beklagten genutzt worden sei. Für deren Verhalten hafte die Beklagte nicht, zumal der Sohn zum damaligen Zeitpunkt ausreichend belehrt worden sei, dass er aus dem Internet keinerlei Filme oder Musik herunterladen dürfe.


Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitgegenstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.




Entscheidungsgründe:

Der Einspruch der Beklagten gegen den Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Coburg vom 11.08.2016 ist zulässig, insbesondere rechtzeitig eingelegt. Er hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

Die Klage ist begründet. Die Klägerin kann von der Beklagten gem. §§ 97, 97a UrhG wegen des unerlaubten Anbietens zum Download des Films [Name] zwischen dem [Datum] und [Datum] über ihren Internetanschluss in einer sog. Tauschbörse Schadensersatz in Höhe von 600,00 EUR und Erstattung von Abmahnkosten in Höhe von 506,00 EUR verlangen.

Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Die Klägerin hat im Einzelnen dargelegt, dass sie mit Vertrag vom [Datum] in Verbindung mit der Zusatzvereinbarung vom [Datum] unmittelbar vor der Produktionsfirma die ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrechte erworben habe. Lediglich die Rechte für die DVD- und Kinoauswertung habe sie an ihre Töchter vergeben. Nach wie vor sei sie Inhaberin der exklusiven Online-Rechte, Auf den Internetseiten der marktführenden Online-Portale ist insoweit auch die Klägerin als Rechteinhaberin aufgeführt. Insoweit spricht gem. § 10 Abs. 1 Urheberrechtsgesetz eine Vermutung für die Rechteinhaberschaft der Klägerin. Unter Berücksichtigung der Grundsätze des Urteils des BGH vom 11.06.2015 (Tauschbörse I) reicht unter diesen Umständen das einfache Bestreiten der Beklagten der Aktivlegitimation der Klägerin nicht aus. Vielmehr ist aufgrund der vorgetragenen Indizien sowie der gesetzlichen Vermutung von der Aktlegitimation der Klägerin auszugehen.

Die Klägerin hat ermittelt, dass vom [Datum], [Uhrzeit] Uhr bis zum [Datum] um [Uhrzeit] Uhr sowie am [Datum] um [Uhrzeit] Uhr über drei unterschiedliche IP-Adressen der streitgegenständliche Film in einer Tauschbörse zum Download angeboten worden ist. Alle drei Adressen waren nach Auskunft des Providers im Anschluss der Beklagten zugeordnet. Angesichts der ermittelten Mehrfachverletzung reicht das einfache Bestreiten der zutreffenden Ermittlung nicht aus. Grundsätzlich spricht zu Lasten des Anschlussinhabers eine Vermutung dafür, dass er für eine festgestellte Rechtsverletzung als Täter haftet. Eine tatsächliche Vermutung ist allerdings dann nicht begründet, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung auch andere Personen diesen Anschluss nutzen konnten. Insoweit trifft den Inhaber des Internetanschlusses allerdings eine sekundäre Darlegungslast.

Anhaltspunkte dafür, dass Dritte sich unberechtigt Zugang zum ordnungsgemäß abgesicherten WLAN-Netz der Beklagten verschafft oder dass Dritte die IP-Adresse der Beklagten "gekapert" haben könnten, sind nicht vorgetragen. Die rein pauschale Möglichkeit entkräftet die bestehende Vermutung nicht.

Darüber hinaus kann nach dem Beklagtenvorbringen davon nicht ausgegangen werden, dass der zum streitgegenständlichen Zeitpunkt 13-jähriger Sohn oder der Lebensgefährte der Beklagten ernsthaft als Täter in der Rechtsverletzung in Betracht kommen. Der sekundären Darlegungslast wird nämlich nicht genügt, wenn lediglich pauschal die theoretische Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt lebenden Dritten auf den Internetanschluss behauptet wird, vgl. BGH, Urteil vom 11.06.2015 (Tauschbörse III).

Die Beklagte hat vorgetragen, zum damaligen Zeitpunkt sei in ihrem Haushalt lediglich 1 Computer vorhanden gewesen, der fast ausschließlich von ihrem Lebensgefährten und von ihrem 13-jährigen Sohn benutzt worden sei. Sie selbst habe kein anderes internetfähiges Gerät besessen, jedenfalls keines mit dem man einen Film habe betrachten können. Wo genau der Computer aufgestellt war, wie der Zugang innerhalb der Familie geregelt war und welches konkretes Nutzungsverhalten der minderjährige Sohn an den Tag gelegt hat, wird von der Beklagten nicht konkret dargelegt. Die Klägerin hat drei Rechtsverletzungen über jeweils mehrere Stunden festgestellt. Inwieweit es dem Sohn tagsüber und auch nachts möglich gewesen sein soll, unbemerkt den Computer über so einen langen Zeitraum selbständig zu nutzen, ist nach dem Beklagtenvorbringen nicht nachvollziehbar. Auch bezüglich des Lebensgefährten wird ein konkretes Nutzungsverhalten zum damaligen Zeitpunkt nicht dargelegt. Das Vorbringen der Beklagten ist insoweit zudem widersprüchlich. Eine Täterschaft des Lebensgefährten hatte die Beklagte in der Klageerwiderung vom 03.11.2016 zunächst ausgeschlossen. Erst im Laufe des Rechtsstreits und nach Hinweis des Gerichts, dass eine Täterschafe unbekannter Dritter höchst unwahrscheinlich sei, hat die 'Beklagte mit Schreiben vom 20.03.2017 erst für möglich gehalten, dass ihr Lebensgefährte die Dateien heruntergeladen und angeboten habe. Konkrete Tatsachen sind insoweit jedoch nicht vorgetragen worden. Jedenfalls ist nicht dargelegt, ob die Beklagte konkret bei ihrem Lebensgefährten bezüglich der Rechtsverletzung nachgefragt und welche Auskunft sie erhalten hatte.

Damit begründet der Vortrag der Beklagten letztlich nur die theoretische Zugriffsmöglichkeit ihres Sohnes und ihres Lebensgefährten, ohne dass Tatsachen vorgetragen werden, aus denen ernsthaft auf eine Täterschaft der beiden Personen geschlossen werden kann. Dieser Vortrag genügt im Rahmen der sekundären Darlegungslast jedoch nicht.

Unter Berücksichtigung des wirtschaftlichen Wertes und der Bedeutung des. streitgegenständlichen Films sowie des Ausmaßes der festgestellten Rechtsverletzung ist ein Schadensersatz in Höhe von 600,00 EUR angemessen und gerechtfertigt. Auch der Ansatz eines Gegenstandswertes in Höhe von 10.000,00 EUR für die vorgerichtlich Abmahntätigkeit ist nicht zu beanstanden. Dies gilt in gleichem Meile für den Ansatz einer 1,0 Geschäftsgebühr nach Nr.: 2300 VVRVG.

Der Zinsanspruch in gesetzlicher Höhe folgt aus dem Gesichtspunkt des Verzuges. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.




Rechtsbehelfsbelehrung:

A) Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,

1. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
2. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.

Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem

Landgericht Bochum,
Westring 8,
44787 Bochum,


eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.

Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Bochum zu begründen.

Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Bochum durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.

Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.


B) Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Amtsgericht Bochum statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem

Amtsgericht Bochum,
Viktoriastr. 14,
44787 Bochum,


schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift. des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden., so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.


[Name]
Richter am Amtsgericht (...)






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AG Bochum, Urteil vom 22.08.2017, Az. 65 C 354/16,
Rechtsanwältin Sandrine Schwertler
Berufung durch die Beklagte,
Klage Waldorf Frommer,
Waldorf Frommer Rechtsanwälte,
sekundäre Darlegungslast,
pauschaler Sachvortrag,
widersprüchlicher Sachvortrag

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Steffen
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AG Bremen, Az. 19 C 67/17

#11162 Beitrag von Steffen » Mittwoch 8. November 2017, 16:40

Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Das Amtsgericht Bremen weist eine negative Feststellungsklage eines Anschlussinhabers als unschlüssig und zudem auch als unbegründet ab


16:35 Uhr


Gegenstand des Verfahrens: negative Feststellungsklage gegen Abmahnung wegen illegalem Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen. Das Amtsgericht Bremen hat in diesem Verfahren eine negative Feststellungsklage eines Anschlussinhabers abgewiesen, der sich gegen eine Abmahnung der verletzen Rechteinhaber wegen des illegalen Angebots urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen gewehrt hatte.



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WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

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Bericht

Link:
https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... habers-ab/

Urteil als PDF:
https://news.waldorf-frommer.de/wp-cont ... _67_17.pdf

Autorin:
Rechtsanwältin Carolin Kluge



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Die Rechteinhaberin hatte zunächst ein illegales Tauschbörsenangebot zu ihren Lasten über den Internetanschluss des Klägers ermittelt und ihn deswegen außergerichtlich zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung, der Erstattung des Lizenzschadens sowie der entstandenen Rechtsanwaltskosten aufgefordert. Der Anschlussinhaber erhob hierauf Klage beim Amtsgericht Bremen auf Feststellung, dass diese Ansprüche der Beklagten nicht bestehen würden.

Das Amtsgericht hat die Klage jedoch als unschlüssig und zudem auch als unbegründet abgewiesen. Denn dem Kläger sei es - trotz eines entsprechenden Hinweises des Gerichts - nicht einmal gelungen, substantiiert darzustellen, um welche Ansprüche es sich überhaupt handelte. Selbst wenn man zugunsten des Klägers unterstellen würde, dass er sich die entsprechenden Ausführungen der beklagten Rechteinhaberin zu Eigen gemacht hätte, habe er zudem die tatsächliche Vermutung der persönlichen Täterschaft nicht entkräftet.

Daher sei nach wie vor davon auszugehen, dass der Kläger selbst für das illegale Tauschbörsenangebot verantwortlich gewesen sei. Folgerichtig hat das Amtsgericht die durch den Anschlussinhaber begehrte Feststellung abgewiesen und ihm die vollen Kosten des Verfahrens auferlegt.








AG Bremen, Urteil vom 01.11.2017, Az. 19 C 67/17



(...) Ausfertigung



Amtsgericht Bremen



19 C 67/17

Verkündet am 01.11.2017
[Name], Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle



Im Namen des Volkes

Urteil




In dem Rechtsstreit


[Name], 28327 Bremen,
Kläger,

Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt [Name], 2815 Bremen,



gegen


[Name],
Beklagte,

Prozessbevollmächtigte: Waldorf Frommer Rechtsanwälte, Beethovenstraße. 12, 80336 München,





hat das Amtsgericht Bremen auf die mündliche Verhandlung vom 04:10.2017 durch die Richterin am Amtsgericht [Name]

für Recht erkannt:

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Streitwert wird auf bis zu 1.000,00 EUR festgesetzt.





Tatbestand

Der Kläger macht eine negative Feststellungsklage geltend. Er bezieht sich hinsichtlich Schuldgrund und Schuldgegenstand auf ein Schreiben der Beklagten vom 06.02.2017, welches er als Anlage (Bl. 27 d.A.) beifügte.


Der Kläger behauptet,
dass keine Ansprüche, die die Beklagte ihm gegenüber geltend mache, existieren. Der Kläger behauptet, die Beklagte habe behauptet, der Kläger habe ein illegales Tauschbörsenangebot gemacht und verlange dafür 780,00 EUR. Ein Download eines Films und ein Angebot im Rahmen einer Tauschbörse sei durch den Kläger in den genannten Zeiträumen mit der technischen Ausstattung seines Computers nicht möglich. Der Kläger bestreitet mit Nichtwissen, dass die im Urteil des Landgerichts München I genannte Aufstellung in der beiliegenden "Anlage Antragsteller 1a" Daten enthalte, die den Kläger betreffen.


Der Kläger wurde durch das Gericht am 21.02.2017 aufgefordert, zu etwaigen Forderungen der Beklagten näher vorzutragen. Die Beklagte rügte umfassend die Zulässigkeit der Klage unter Bezugnahme auf § 253 ZPO.



Der Kläger beantragt nach gerichtlichem Hinweis,
festzustellen, dass die in dem Schreiben vom 30.12.2016 geforderten Beträge von 700,00 EUR Schadensersatz und 215,00 EUR Aufwendungsersatz zu Unrecht geltend gemacht worden sind.



Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet hilfsweise,
der Kläger sei für die illegale Vervielfältigung sowie das illegale Angebot zum Herunterladen betreffend des Films [Name] urheberrechtlich geschützter Bild- und Tonaufnahmen in der Tauschbörse BitTorrent verantwortlich. Die Beklagte sei für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland berechtigt, bei Rechtsverletzungen im Internet Ansprüche für [Name] geltend zu machen. Durch die Rechtsverletzung sei ein Schaden von mindestens 4.700,00 EUR angefallen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.




Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig. Der Kläger hat jedenfalls im Termin zur mündlichen Verhandlung seinen Klageantrag entsprechend § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hinreichend bestimmt. Zwar waren weiterhin Gegenstand und Grund des erhobenen Anspruchs nicht nachvollziehbar und der Kläger beruft sich innerhalb des Antrags auf eine (weitere) Anlage der Beklagten. Der Kläger hat jedoch im Sinne von § 253 den Klagegegenstand und Grund angegeben, indem er behauptete, die Beklagte behauptet einen Anspruch gegen den Kläger zu haben. Dass dies weiterhin nicht nachvollziehbar begründet worden ist, ist keine Frage der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit der Klage. Auch das erforderliche Feststellungsinteresse lag jedenfalls im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nach korrigierter Antragstellung vor.

Die Klage ist hingegen bereits unschlüssig. Im Rahmen des Zivilprozesses gilt der Beibringungsgrundsatz. Danach hat zunächst der Kläger einen Lebenssachverhalt vorzutragen, der seinen Antrag begründet und die für ihn günstigen Tatsachen enthält. Dies gilt auch im Rahmen einer negativen Feststellungsklage. Weder in der Klage noch in der Replik noch in der mündlichen Verhandlung, trägt der Kläger zu Tatsachen vor, die einen Anspruch der Beklagten beschreiben könnten. Ein Verweis auf eine Anlage ersetzt insoweit ebenfalls keinen eigenen Sachvortrag. Das Gericht ist nichtgehalten, sich aus einer Anlage, die für den Kläger günstigen Tatsachen herauszusuchen. Der Kläger selber hat keine Tatsachen vorgetragen, die seinen Antrag aus der mündlichen Verhandlung schlüssig machen. Darauf hatte das Gericht den Kläger gem. § 139 ZPO vorab hingewiesen.

Der Kläger hat sich den Sachvortrag der Beklagten im Rahmen der hilfsweise vorgetragenen Klageerwiderung auch nicht zu Eigen gemacht. Ein Zueigenmachen setzt eine ausdrückliche oder entsprechend auslegbare Erklärung voraus. Eine ausdrückliche Erklärung liegt nicht vor. Im Rahmen der Replik bestreitet der Kläger Teile der Klageerwiderung ohne dazu einen eigenen Sachvortrag zu liefern. Auch darin liegt nach Auffassung des Gerichts kein Zueigenmachen eines Sachvortrags, sondern lediglich eine Erwiderung auf eine Behauptung.

Zudem handelte es sich nur um hilfsweisen Vortrag der Beklagten, der nur für den Fall als vorgetragen gelten sollte, wenn der Kläger auf den gerichtlichen Hinweis zu etwaigen Forderungen gegen ihn näher vorträgt. Dies hat der Kläger jedoch wie ausgeführt nicht getan.

Die Klage wäre zudem auch unbegründet. Selbst wenn man zu Gunsten des Klägers annehmen würde, er habe sich mit seinem Schriftsatz vom 18.08.2017 den Sachvortrag der Beklagten in Teilen zu eigen gemacht, so würde sein einfaches Bestreiten, dass er einen Download verursacht und den genannten Film im Rahmen einer Tauschbörse angeboten hat, mit der Begründung der technischen Unmöglichkeit seines Computers nicht ausreichen. Zwar bleibt auch im Rahmen einer negativen Feststellungsklage die Beklagte als Anspruchstellerin darlegungs- und beweisbelastet für eine Urheberrechtsverletzung.

Allerdings besteht nach höchstrichterlicher Rechtsprechung eine tatsächliche Vermutung für die Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn ein geschütztes Werk der Öffentlichkeit von einer IP-Adresse aus zugänglich gemacht wird, die zum fraglichen Zeitpunkt seinem Anschluss zugeordnet war. Diese tatsächliche Vermutung ist ausgeschlossen, wenn der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde (BGH v. 12.5.2016 - I ZR 48/15, MMR 2017, 715). Den Anschlussinhaber trifft eine sekundäre Darlegungslast dahingehend, dass er vorzutragen hat, ob andere Personen und ggf. welche Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. Den Anschlussinhaber trifft insoweit i.R.d. Zumutbaren eine Nachforschungspflicht. Er muss Erkundigungen bei den anderen Anschlussnutzern vornehmen und ist zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Rechtsverletzung gewonnen hat. Gleiches gilt für die technischen Voraussetzungen des vom Anschlussinhaber genutzten, Computers. Die pauschale Behauptung der technischen Unmöglichkeit eines Downloads ist nicht ausreichend, um die sekundäre Darlegungslast zu erfüllen. Insgesamt bedarf es i.R.d. sekundären Darlegungslast der Mitteilung derjenigen Umstände, aus denen darauf geschlossen werden kann, dass die fragliche Verletzungshandlung von einem Dritten begangen worden sein kann oder der Erläuterung, warum dies technisch nicht möglich sein soll.

Das (wenige) Bestreiten des Klägers zur behaupteten Urheberrechtsverletzung ist damit unsubstantiiert zu der (hilfweisen) substantiierten Darlegung der Anspruchsberechtigung und Urheberverletzung. Der Kläger wurde auch von der Beklagten darauf hingewiesen, dass sein Bestreiten bzw. sein Vortrag nicht ausreichend ist. Die Klage war nach alledem insgesamt abzuweisen.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.




Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
- wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
- wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht Bremen zugelassen worden ist.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes ist glaubhaft zu machen, eine Versicherung an Eides statt ist nicht zulässig.

Die Berufung muss binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich beim

Landgericht Bremen,
Domsheide 16,
28195 Bremen,


eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass .gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. Die Gerichtssprache ist deutsch.

Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Bremen zu begründen.

Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Bremen durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.

Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.




[Name]
Richterin am Amtsgericht (...)






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AG Bremen, Urteil vom 01.11.2017, Az. 19 C 67/17,
Rechtsanwältin Carolin Kluge,
Waldorf Frommer Rechtsanwälte,
negative Feststellungsklage

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Gerichtsgutachten-kein Problem!

#11163 Beitrag von Steffen » Donnerstag 9. November 2017, 16:56

Gerichtsgutachten in Klageverfahren der Kanzlei "Waldorf Frommer Rechtsanwälte" - kein Problem, halb so schlimm!



16:50 Uhr




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Die Initiative AW3P berichtet seit Jahren über bekannte Gerichtsverfahren, egal ob diese aus unserer Sicht positiv oder negativ ausgehen. Augenscheinlich, dass sich unabhängige Gerichtsgutachten häufen und deren Ausgang immer, jedenfalls aus unserer Sicht, negativ ausgeht. Was gilt nun wirklich bei der Einholung eines unabhängigen Gutachtens durch das Gericht? Dieses ist AW3P nachgegangen und hat kurze ausgewählte Fragen an die Münchener Kanzlei "Waldorf Frommer Rechtsanwälte" gerichtet. Für die Beantwortung hat sich Rechtsanwalt Marc Hügel freundlicherweise bereiterklärt. Rechtsanwalt Marc Hügel ist einer der Gesellschafter der Kanzlei "Waldorf Frommer Rechtsanwälte". Seit 2003 beschäftigt Rechtsanwalt Marc Hügel sich u.a. intensiv mit der Bekämpfung von diversen Rechtsverletzungen im Internet.




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.............................................Rechtsanwalt Marc Hügel


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AW3P: Herr Rechtsanwalt Marc Hügel. Wann und warum wird ein Gerichtsgutachten eingeholt, wer kann dieses Beantragen?

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Rechtsanwalt Marc Hügel: Vor Gericht gilt eine einfache Regel: Jede Partei muss diejenigen Tatsachen, die sie behauptet und zur Begründung ihrer Rechtsauffassung heranzieht, auch beweisen. Im Ergebnis muss das Gericht davon überzeugt sein, dass die vorgebrachte Tatsache der Wahrheit entspricht. Bei sehr technischen oder naturwissenschaftlichen Fragestellungen kann man als Beweis ein sogenanntes Sachverständigengutachten anbieten. Anstatt also selbst zu versuchen, das Gericht zu überzeugen, ist es pragmatischer, einen neutralen Dritten einen Blick auf die Frage werfen zu lassen. Beantragt wird das Sachverständigengutachten von der Partei, die sich von dem Beweis etwas verspricht. Ausgesucht und benannt wird der Sachverständige dann vom Gericht.




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AW3P: Kann ich als Beklagter bzw. Sie als Kläger die Fragen / den Inhalt beeinflussen?

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Rechtsanwalt Marc Hügel: Da die Einholung eines Gutachtens auf dem konkreten Tatsachenvortrag einer Partei beruht, hat diese natürlich insoweit einen gewissen Einfluss auf die zu begutachtende Frage. Das ist auch logisch, denn die Aufgabe des Gutachters folgt natürlich unmittelbar aus der Tatsache, die bewiesen werden soll. Die konkreten Fragen werden dann aber vom Gericht formuliert. Die Parteien haben aber nach Vorliegen eines schriftlichen Gutachtens noch die Möglichkeit, eigene Fragen zu stellen bzw. sich zum Ergebnis des Gutachtens zu äußern.




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AW3P: Herr Rechtsanwalt Marc Hügel. Diese Gutachter sind aber bestimmt von Ihrer Kanzlei benannt und daher parteiisch? Außerdem liest man immer von unseren "Foren-Experten" von sogenannten Gefälligkeitsgutachten.

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Rechtsanwalt Marc Hügel: Bei solchen Mutmaßungen kann ich mir ein Schmunzeln nur schwer verkneifen. Die vermeintlichen Gefälligkeitsgutachten und vergleichbare Verschwörungstheorien gehören wohl eher in den Bereich der "urban legends". Tatsächlich wählen die Gerichte die Gutachter selbst aus und lassen sich hierbei auch nicht beeinflussen. Ein Richter kann die Parteien zwar um Vorschläge zu geeigneten Personen bitten, das ist jedoch nach unserer Erfahrung die absolute Ausnahme. Ich selbst kann mich da eigentlich an keinen Fall erinnern. Wir versuchen uns bei entsprechenden Vorschlägen ohnehin eher zurückzuhalten, um eben solchen ungerechtfertigten Vorwürfen aus dem Weg zu gehen. Kurz gesagt: "Gefälligkeitsgutachten" gibt es nicht.

Was leider selten den Weg in die Internetforen findet: Bevor ein Gericht einen Sachverständigenbeweis für viele Tausend Euro einholt, werden die Parteien regelmäßig auf die großen - vor allem finanziellen - Risiken hingewiesen. Zudem verweisen die Gerichte natürlich auch auf die Erfahrungen aus vergleichbaren Verfahren. In unserem Fall hören wir häufig, dass keiner der vom Gericht beauftragten Gutachter jemals ein Fehler in den Ermittlungen der DIGITAL FORENSICS feststellen konnte. Wer es dennoch "wissen möchte", lässt es eben auf ein "eigenes" Gutachten ankommen.




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AW3P: Muss ich als möglicher Beklagter / Sie als Kläger der Einholung zustimmen?

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Rechtsanwalt Marc Hügel: Das Sachverständigengutachten ist ein ganz normales Beweismittel. Und gegen Beweismittel kann sich die andere Partei nur in wenigen Ausnahmefällen wehren. Bei den Sachverständigengutachten in unseren Fallen geht es aber regelmäßig um eine Kernfrage des Falles, die Ermittlung der IP-Adresse. Daher muss die gegnerische Partei nicht zustimmen bzw. kann sich auch nicht per se gegen die Einholung eines Sachverständigengutachtens isoliert wehren. Sie hat es allerdings in der Hand, den zu begutachtenden Sachverhalt unstreitig zu stellen, also offiziell zuzugestehen, dass die Ermittlung der IP-Adresse korrekt erfolgt ist. In solchen Fällen ist ein Gutachten dann natürlich nicht mehr erforderlich.




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AW3P: Herr Rechtsanwalt Marc Hügel. Der Kläger zahlt immer, egal ob er gewinnt oder verliert?

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Rechtsanwalt Marc Hügel: Das ist nicht richtig. Die Kosten eines vom Gericht beauftragten Gutachters gehören zu den Verfahrenskosten, die letztlich die unterliegende Partei zu tragen hat.




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AW3P: Wie viel kostet so ein Gutachten und gibt es einen Einheitspreis?

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Rechtsanwalt Marc Hügel: Einen Einheitspreis gibt es nicht. Vielmehr variieren die Kosten je nach Umfang der Beweisfrage, dem Aufwand sowie der individuellen Herangehensweise des Sachverständigen. In der Praxis haben wir Beträge von 3.000,00 bis 15.000,00 EUR erlebt.




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AW3P: Die Anzahl Ihrer Gerichtsgutachten sind bestimmt nur sehr gering, oder?

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Rechtsanwalt Marc Hügel: Nach all den Jahren ist die absolute Zahl nicht mehr so gering. Ohne gerade die genaue Zahl zu kennen, sind in knapp 100 von uns betreuten Verfahren Gutachten von bestimmt einem Dutzend verschiedener öffentlich bestellter und gerichtlich vereidigter Gutachter erstattet worden. Das liegt an dem konkret verwendeten Ermittlungssystem. In unseren Fällen werden immer die Netzwerkmitschnitte des konkreten Vorfalls ausgewertet, vergleichbar mit einer B-Probe im Sport. Daher kann man kein one size fits all Gutachten erstellen und wiederverwerten. Aber in Relation zur Gesamtzahl der Klageverfahren ist der Anteil sicher gering.




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AW3P: Herr Rechtsanwalt Marc Hügel. Könnten Sie uns an einem fiktiven Gerichtsverfahren (1 Beklagter mit Rechtsbeistand, z. B. Streitgegenstand 1 Film) einmal darlegen, welche Kosten auf den Beklagten zukommen könnten im Gerichtsverfahren, bei Einholung eines Gerichtsgutachten (z. B. Funktionsweise der Software) und im Verlierfall (Störer und Täter) des Beklagten? Ich denke, dass hier viele Unklarheiten vorherrschen.

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Rechtsanwalt Marc Hügel: Eine "genaue" Aufstellung ist ohne nähere Einzelheiten des Falles zwar nicht möglich. Klar ist aber, dass die Kosten eines Gutachtens die eigentliche Klageforderung regelmäßig um ein Vielfaches überschreiten. Anders gesagt: Ein Beklagter, der ohne die Einholung eines Gutachtens inkl. eigener Anwalts- und Gerichtskosten einen Betrag von rund 2.000,00 EUR zu tragen hätte, könnte bei Einholung eines Gutachtens eine Abschlussrechnung über das Dreifache präsentiert bekommen.




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AW3P: Summa summarum ist der Zustimmung zur Einholung eines Gerichtsgutachtens immer sinnvoll? Denn, wenn ich als beklagter Anschlussinhaber unschuldig bin, dann kann es sich nur um einen Zahlendreher, technischen Fehler oder gar Hackangriff handeln. Und vor allem beträgt die Fehlerhaftigkeit in der Beweiskette gemäß dem Landgericht Köln (Beschluss vom 25.09.2008, Az. 109-1/08), wörtlich: "Bei einigen Verfahren habe - so die Staatsanwaltschaft - die Quote der definitiv nicht zuzuordnenden IP-Adressen deutlich über 50 Prozent aller angezeigten Fälle gelegen, bei einem besonders eklatanten Anzeigenbeispiel habe die Fehlerquote sogar über 90 Prozent betragen".

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Rechtsanwalt Marc Hügel: Leider wird hier mit einer Reihe veralteter bzw. aus dem Zusammenhang gerissener Informationen gearbeitet. Die vermeintlich "hohe" Fehlerquote kann ich aus unserer täglichen Praxis nicht nachvollziehen. Sie ist schlichtweg falsch und wenn Sie so wollen eine weitere Geschichte aus dem Bereich der "P2P urban legends". Im Gegenteil: Mir ist kein einziges gerichtliches Verfahren bekannt, in dem das eingeholte Gutachten einen entsprechenden Fehler zu Tage gefördert hätte. Daher kann ich nur sagen, dass - gerade angesichts der damit verbundenen Kosten - die Einholung eines Gutachtens regelmäßig wenig sinnvoll erscheint.

Die alte Kölner Gerichtsentscheidung beruhte übrigens auf einem ganz anderen, erkennbar unzutreffenden Gedankengang des Gerichts: Nachdem im dortigen Auskunftsverfahren zahlreiche Auskunftsanfragen nicht beantwortet werden konnten, da die Daten vom Provider bereits gelöscht waren, mutmaßte das Gericht, die Ermittlung sei wohl fehlerhaft gewesen - hier hat zum damaligen Zeitpunkt schlicht die Expertise gefehlt, über die die meisten Gerichte heute längst verfügen. Also gilt auch hier: Vergessen Sie diese Geschichte!




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AW3P: Gestatten Sie mir eine abschließende Frage, die das Thema Gerichtsgutachten nicht direkt betrifft. Es ist langsam Jahresende und zu einem Teil naht die möglich rettende Verjährung. Nach den "Experten" der Forenwelt liegt die Klagewahrscheinlichkeit Ihrer Kanzlei bei nur ein Prozent. Lohnt es sich überhaupt seitens des Beklagten einen möglichen Vergleich zu suchen?

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Rechtsanwalt Marc Hügel: Die genannten Experten irren sich auch hier. Jeder muss im Endeffekt selbst entscheiden, ob er auf eine wenig greifbare Wahrscheinlichkeit vertraut, "ungeschoren" davon zu kommen oder einen überschaubaren Abschluss sucht, den er (noch) kontrollieren kann. Aber ich bin wohl wirklich der falsche Adressat für diese Frage. Sie sollten diese all den Abgemahnten stellen, die sich auf eben jene Wahrscheinlichkeit verlassen haben und schlussendlich ein Gerichtsverfahren (womöglich inkl. Gutachten) durchlaufen mussten.




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AW3P: Ich bedanke mich bei der Münchener Kanzlei "Waldorf Frommer Rechtsanwälte" und Herrn Rechtsanwalt Marc Hügel für die Beantwortung der Fragen. Ich hoffe, dass man etwas Licht ins Dunkel des Gerichtsgutachten gebracht hat, sowie Beklagte es sich reiflich überlegen ehe man zu schnell der Einholung zustimmt und ohne handfester Beweise ein unnötig hohes Kostenrisiko eingeht.





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Steffen Heintsch für AW3P





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DIGITAL FORENSICS - https://www.digitalforensics.de/
one size fits all - https://www.dict.cc/englisch-deutsch/on ... s+all.html
urban legends - https://de.wikipedia.org/wiki/Moderne_Sage
Bericht - https://aw3p.de/archive/3281

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Wochenrückblick

#11164 Beitrag von Steffen » Samstag 11. November 2017, 17:55

------------------------------------------------------ - Abmahnwahn Deutschland - Filesharing - --------------------------------------------


DER Wochenrückblick........................Bild......................Filesharing Fälle


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Ausgabe 2017, KW 45 ..................................Initiative AW3P.............................06.11. - 12.11.2017

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1. Kanzlei Dr. Bahr (Hamburg): Landgericht Frankfurt am Main - Kleckerlätze sind urheberrechtlich nicht geschützt



LG Frankfurt am Main, Urteil vom 14.09.2017, Az. 2-03 O 416/16


(...) Im vorliegenden Fall konnten die Juristen eine solche Schöpfungsqualität nicht erkennen. Es handle sich um eine bloße Abbildung äußerer Formen, ohne dass eine besondere Individualität oder sonstige Eigenheiten erkennbar seien. Dem Produkt fehle daher insoweit die notwendige schöpferische Höhe, so dass es nicht urheberrechtlich geschützt sei. (...)



Quelle: 'www.online-und-recht.de'
Link: http://www.online-und-recht.de/urteile/ ... -20170914/











2. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Münster): Kein Anspruch auf Einführung islamischen Religionsunterrichts



OVG Münster, Urteil vom 09.11.2017, Az. 19 A 997/02


(...) Der Zentralrat der Muslime in Deutschland e.V. und der Islamrat für die Bundesrepublik Deutschland e.V. haben keinen Anspruch gegen das Land Nordrhein-Westfalen auf allgemeine Einführung islamischen Religionsunterrichts an öffentlichen Schulen. Sie sind keine Religionsgemeinschaften im Sinne des Grundgesetzes. (...)



Quelle: 'www.ovg.nrw.de'
Link: http://www.ovg.nrw.de/behoerde/presse/p ... /index.php











3. Wilde, Beuger, Solmecke Rechtsanwälte (Köln): Usenet - Massiver Schlag gegen bekannte Plattformen



(...) Am 08.11.2017 fand eine der bis dato größten und umfassendsten Ermittlungsaktionen gegen die Usenet-Szene statt. Spezialisten des LKA Sachsen und der Generalstaatsanwaltschaft Dresden haben gegen 26 Beschuldigte in sechs verschiedenen Ländern Haus- und Geschäftsdurchsuchungen durchgeführt. Dabei wurden in Spanien und in Sachsen zwei deutsche Beschuldigte (31 und 39 Jahre alt) festgenommen. (...)



Quelle: 'www.wbs-law.de'
Link: https://www.wbs-law.de/urheberrecht/use ... men-75697/











4. Pressemitteilung Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. (Berlin): Urteil gegen Facebook - Datenschutzeinwilligung ungenügend



KG Berlin, Urteil vom 22.09.2017, Az. 5 U 155/14


(...) Facebook darf personenbezogene Daten seiner in Deutschland lebenden Nutzer nicht ohne deren wirksame Einwilligung herausgeben. In Facebooks App-Zentrum, in dem Computerspiele von Drittanbietern angeboten werden, wurden Nutzer nicht ausreichend über Umfang und Zweck der Datenweitergabe informiert. Das hat das Kammergericht nach einer Klage des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) entschieden. (...)



Quelle: 'www.vzbv.de'
Link: https://www.vzbv.de/pressemitteilung/ur ... ngenuegend















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Gerichtsentscheidungen





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  • AG Bremen, Urteil vom 01.11.2017, Az. 19 C 67/17 [WF gewinnen; negative Feststellungsklage eines Anschlussinhabers wird als unschlüssig und zudem auch als unbegründet abgewiesen]
  • AG Bochum, Urteil vom 22.08.2017, Az. 65 C 354/16 [WF gewinnen; Beklagte legt Berufung ein (widersprüchlicher Sachvortrag)]









Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München):



1. AG Bremen, Urteil vom 01.11.2017, Az. 19 C 67/17



Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Das Amtsgericht Bremen weist eine negative Feststellungsklage eines Anschlussinhabers als unschlüssig und zudem auch als unbegründet ab



Quelle: 'www.news.waldorf-frommer.de'
Link: https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... habers-ab/









2. AG Bochum, Urteil vom 22.08.2017, Az. 65 C 354/16



Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Das Amtsgericht Bochum verurteilt Anschlussinhaberin trotz des möglichen Zugriffs weiterer Personen auf den Internetanschluss (Beklagte legt Berufung ein)



Quelle: 'www.news.waldorf-frommer.de'
Link: https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... anschluss/















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Politik Splitter




Deutschland beantragt eigene Spionagesatelliten für den BND für 400 Millionen Euro



(...) Ein Bundestagsausschuss hat grünes Licht für 400 Millionen Euro für den Bau von bis zu drei Satelliten gegeben. Es reiche nicht aus, Bildmaterial auf dem kommerziellen Markt anzukaufen oder bei internationalen Partnern anzufragen.

Mit neuer Aufklärungstechnik soll der BND in Zukunft in der Lage sein "Informationen schnell und eigenständig beschaffen zu können, um möglichst unabhängige und aktuelle Lageeinschätzungen abgeben zu können.
(...)



Quelle: 'www.welt.de'
Link: https://www.welt.de/politik/deutschland ... n-BND.html







Meine Gedanken über Muttis mögliche Ziele




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Forenwelt




Gerichtsgutachten in Klageverfahren der Kanzlei "Waldorf Frommer Rechtsanwälte" - kein Problem, halb so schlimm!




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(...) Die Initiative AW3P berichtet seit Jahren über bekannte Gerichtsverfahren, egal ob diese aus unserer Sicht positiv oder negativ ausgehen. Augenscheinlich, dass sich unabhängige Gerichtsgutachten häufen und deren Ausgang immer, jedenfalls aus unserer Sicht, negativ ausgeht. Was gilt nun wirklich bei der Einholung eines unabhängigen Gutachtens durch das Gericht? Dieses ist AW3P nachgegangen und hat kurze ausgewählte Fragen an die Münchener Kanzlei "Waldorf Frommer Rechtsanwälte" gerichtet. Für die Beantwortung hat sich Rechtsanwalt Marc Hügel freundlicherweise bereiterklärt. Rechtsanwalt Marc Hügel ist einer der Gesellschafter der Kanzlei "Waldorf Frommer Rechtsanwälte". Seit 2003 beschäftigt Rechtsanwalt Marc Hügel sich u.a. intensiv mit der Bekämpfung von diversen Rechtsverletzungen im Internet. (...)



Quelle: 'Blog AW3P'
Link: https://aw3p.de/archive/3281











2. Neues aus dem Neanderiggedaw-Tal





BVerfG, Pressemitteilung Nr. 95/2017 vom 08.11.2017: Personenstandsrecht muss weiteren positiven Geschlechtseintrag zu-lassen


BVerfG, Beschluss vom 10.10.2017 - 1 BvR 2019/16



Quelle: 'www.bundesverfassungsgericht.de'
Link: http://www.bundesverfassungsgericht.de/ ... 7-095.html







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...................................................................Neanderwalt: "Jetzt bin ich das Shual, jetzt darf ich sein!"














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...................................................................................Steffen Heintsch für AW3P




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BGH - I ZR 58/16 - Sicherung der Drittauskunft

#11165 Beitrag von Steffen » Montag 13. November 2017, 10:42

Bundesgerichtshof (Karlsruhe): Der Internet Provider ist in Fällen offensichtlicher Rechtsverletzungen bis zum Abschluss des Gestattungsverfahrens nach § 101 Abs. 9 UrhG verpflichtet, die Löschung der von ihm nach § 96 Abs. 1 Satz 1 TKG erhobenen Verkehrsdaten zu unterlassen


10:40 Uhr




~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Bundesgerichtshof

Herrenstraße 45 A
76133 Karlsruhe


Urteil als PDF:

Link:
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-b ... =5&anz=442



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~








Bundesgerichtshof, Urteil vom 21.09.2017 - I ZR 58/16 - Sicherung der Drittauskunft





(...)



BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL




I ZR 58/16


Verkündet am:
21. September 2017
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle


in dem Rechtsstreit


(...)


Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja


Sicherung der Drittauskunft

GVG § 17a Abs. 5 und 6; UrhG § 101 Abs. 2, Abs. 7 und Abs. 9; TKG § 96 Abs. 1




a) Begehrt der Rechtsinhaber, es dem Internet-Provider zu untersagen, diejenigen Daten zu löschen, die für die Erteilung der Auskunft gemäß § 101 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 UrhG über Name und Anschrift von Personen erforderlich sind, denen dynamische IP-Adressen zugeteilt waren, unter denen urheberrechtsverletzende Handlungen im Internet vorgenommen wurden, ist der Rechtsweg zur streitigen ordentlichen Gerichtsbarkeit eröffnet. Dieses Begehren ist nicht nach den Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltend zu machen.

b) Der Internet-Provider ist in Fällen offensichtlicher Rechtsverletzungen bis zum Abschluss des Gestattungsverfahrens nach § 101 Abs. 9 UrhG verpflichtet, die Löschung der von ihm nach § 96 Abs. 1 Satz 1 TKG erhobenen Verkehrsdaten zu unterlassen, die die Auskunftserteilung nach § 101 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 UrhG gegenüber dem Rechtsinhaber ermöglichen.

BGH, Urteil vom 21. September 2017 - I ZR 58/16
- OLG Hamburg
LG Hamburg




Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 18. Mai 2017 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher, die Richter Prof. Dr. Koch, Dr. Löffler, die Richterin Dr. Schwonke und den Richter Feddersen

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg - 5. Zivilsenat - vom 4. Februar 2016 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als hinsichtlich des Klageantrags zu 2 zum Nachteil der Klägerin erkannt worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen




Von Rechts wegen




Tatbestand:

Die Klägerin ist Tonträgerherstellerin. Die Beklagte ist ein Telekommunikationsunternehmen, das seinen Kunden Zugang zum Internet vermittelt und dafür dynamische IP-Adressen vergibt.

Die Klägerin forderte die Beklagte mit Schreiben vom 22. März 2011 vergeblich auf, Verbindungsdaten zu 21 IP-Adressen mit den dazu gehörigen Verbindungszeitpunkten vorerst nicht zu löschen, weil Kunden der Beklagten unter diesen IP-Adressen unter Verwendung einer File-Sharing-Software im Internet Musikaufnahmen zum Herunterladen bereitgestellt hätten, an denen der Klägerin ausschließliche Verwertungsrechte zustünden.

Auf ihren Antrag vom 22. März 2011, den die Klägerin zunächst im Verfügungsverfahren nach der Zivilprozessordnung gestellt, dann jedoch durch einen Antrag nach dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit ersetzt hatte, hat das Landgericht Hamburg der Beklagten im Wege der einstweiligen Anordnung zur Vermeidung eines drohenden Datenverlusts aufgegeben, diejenigen Daten, aus denen sich ergibt, welchen Kunden unter welcher Anschrift die in Rede stehenden IP-Adressen zu den maßgeblichen Zeitpunkten zugeordnet waren, bis zum Abschluss des Auskunftsverfahrens nach § 101 Abs. 2 und 9 UrhG zum Zwecke der Auskunftserteilung zu sichern und nicht zu löschen (Az.: 308 O 62/11). Auf die Beschwerde der Beklagten hob das Landgericht diesen Beschluss im Wege der Abhilfe wieder auf und wies den Antrag auf Gestattung der Auskunft zurück. Die dagegen gerichtete Beschwerde wies das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg zurück.

Mit der vorliegenden, am 24. März 2011 bei Gericht eingereichten Klage hat die Klägerin zunächst im Hinblick auf 20 IP-Adressen ihren auf ein Verbot der Datenlöschung gerichteten Antrag aus dem Eilverfahren weiter verfolgt. Nachdem die Beklagte teilweise Auskunft erteilt und im Übrigen erklärt hat, weitere Daten lägen ihr nicht vor, hat die Klägerin den Rechtsstreit im Umfang der erteilten Auskunft in der Hauptsache für erledigt erklärt. Die Beklagte hat sich dieser Erledigungserklärung nicht angeschlossen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.



Die Klägerin hat im Berufungsverfahren beantragt festzustellen,
1. dass die Beklagte verpflichtet gewesen ist, die in Anlage K47 aufgeführten IP-Adressen mit den laufenden Nummern 3, 5, 7, 9, 10, 14-17 und 19 in Verbindung mit den jeweils zugeordneten Zeitpunkten sowie diejenigen Datensätze (z. B. interne Kundenbezeichnung, Kundennummer, Benutzerkennung), die es der Beklagten ermöglicht hätten, unter Verwendung jener Daten eine Zuordnung zu denjenigen ihrer Kunden vorzunehmen, denen jene IP-Adressen zu den angegebenen Zeitpunkten zugeordnet waren, jedenfalls bis zur Beauskunftung der Klägerin über Namen und Anschrift jenes Kunden der Beklagten oder bis zur rechtskräftigen Abweisung des Auskunftsgestattungsantrags nach § 101 Abs. 9 UrhG in dem Verfahren zu dem Gerichtsaktenzeichen 308 O 62/11 nicht zu löschen,
2. dass sich der Rechtsstreit bezüglich der in Anlage K47 aufgeführten Datensätze zu den laufenden Nummern 1, 2, 4, 6, 8, 11-13, 18 und 20 erledigt hat.


Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter.




Entscheidungsgründe:



I.

Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klage sei insgesamt unzulässig. Zur Begründung hat es ausgeführt:

Ein Antrag, der im Zusammenhang mit einem Auskunftsanspruch nach § 101 Abs. 2 und 9 UrhG auf die vorläufige Sicherung von Verkehrsdaten gerichtet sei, könne nicht im allgemeinen Zivilverfahren, sondern wie das der Auskunftserteilung vorangehende Gestattungsverfahren nur nach den Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit verfolgt werden. Soweit die Klägerin einen allgemeinen zivilrechtlichen Anspruch geltend mache, sei die Klage ebenfalls unzulässig, weil für die Klage kein allgemeines Rechtsschutzbedürfnis bestehe.



II.

Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis nur teilweise stand. Bedenken gegen die Zulässigkeit der Klage im allgemeinen Zivilverfahren bestehen nicht (dazu II 1). Die Klage ist mangels Feststellungsinteresses unzulässig, soweit es den Klageantrag zu 1 angeht. Der Klageantrag zu 2 ist dagegen zulässig (dazu II 2).


1.

Die Klägerin muss ihr Begehren entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht nach den Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit verfolgen. Sie kann ihr Klagebegehren vor den Gerichten der streitigen Zivilgerichtsbarkeit geltend machen.


a)

Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Klage sei im Zivilrechtsweg unzulässig, ist Gegenstand des Revisionsverfahrens. Eine Überprüfung dieser Auffassung des Berufungsgerichts ist in der Revisionsinstanz nicht durch § 17a Abs. 5 GVG ausgeschlossen.


aa)

Nach dieser Vorschrift prüft das Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache befindet, nicht, ob der zu ihm beschrittene Rechtsweg zulässig ist. Der Bundesgerichtshof darf danach gemäß § 17a Abs. 5 GVG im Revisionsverfahren grundsätzlich nicht prüfen, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist. Vielmehr kann er nach § 17a Abs. 4 GVG mit der Rechtswegfrage nur befasst werden, wenn das Berufungsgericht im Vorabverfahren die weitere Beschwerde zulässt (BGH, Urteil vom 18. November 1998 - VIII ZR 269/97, NJW 1999, 651, 652).


bb)

Die Vorschrift des § 17a GVG ist für Streitigkeiten über die Frage, ob ein Rechtsschutzbegehren im Zivilrechtsweg oder nach den Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zu behandeln ist, anzuwenden. Die §§ 17 bis 17b GVG enthalten allgemeine Rechtsgrundsätze. Danach ist die Rechtswegfrage vor der Verhandlung in erster Instanz oder auf eine Beschwerde gegen einen gemäß § 17a Abs. 3 Satz 2 GVG erlassenen Beschluss abschließend zu klären. Diese Grundsätze sind im Verhältnis der streitigen ordentlichen Gerichtsbarkeit zur freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend anwendbar (BGH, Beschluss vom 5. April 2001 - III ZB 48/00, NJW 2001, 2181; Urteil vom 20. Januar 2005 - III ZR 278/04, NJW-RR 2005, 721, 722). Die Unterschiede der beiden Verfahrensarten rechtfertigen es, Kompetenzkonflikte zwischen ihnen wie Rechtswegstreitigkeiten zu behandeln. Dies gilt uneingeschränkt, soweit es um die sogenannten echten Streitverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit geht, also um die Verfahren, in denen das Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit materiell rechtskräftig über subjektive Rechte zwischen den Beteiligten entscheidet, die sich im entgegengesetzten Interesse gegenüberstehen, und für Antragsverfahren (BGH, NJW 2001, 2181). Dies hat der Gesetzgeber durch die mit Wirkung vom 1. September 2009 eingeführte Regelung des § 17a Abs. 6 GVG klargestellt (Zöller/Lückemann, ZPO, 31. Aufl., § 17a GVG Rn. 21).


cc)

Im Streitfall kann offen bleiben, ob eine Entscheidung in der Hauptsache im Sinne von § 17a Abs. 5 GVG vorliegt.


(1)

Eine Klageabweisung wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs ist nach § 17a Abs. 2 und 3 GVG an sich nicht vorgesehen. Hält das Gericht den zu ihm beschrittenen Rechtsweg nicht für gegeben, spricht es dies durch Beschluss aus und verweist die Sache an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtswegs. Kommt es gleichwohl zu einem klageabweisenden Urteil, so ist die Entscheidung nicht zur Hauptsache im Sinne des § 17a Abs. 5 GVG ergangen (BGH, Urteil vom 19. März 1993 - V ZR 247/91, DtZ 1993, 249, 250).


(2)

Im Streitfall hat das Berufungsgericht seine Ansicht, die Klage sei unzulässig, nicht allein auf die Annahme gestützt, der Zivilrechtsweg sei unzulässig. Es hat außerdem angenommen, dass der Klägerin für ihr Begehren das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis fehle. Eine Hauptsacheentscheidung im Sinne von § 17a Abs. 5 GVG liegt auch dann vor, wenn das Gericht nach einer Entscheidung über die Rechtswegfrage eine Entscheidung in einer weiteren Sachfrage getroffen hat. Die Vorschrift des § 17a Abs. 5 GVG beschränkt den Begriff der Entscheidung in der Hauptsache nicht auf Entscheidungen zur Begründetheit der Klage (BGH, Beschluss vom 23. September 1992 - I ZB 3/92, BGHZ 119, 246, 249 f. - Rechtswegprüfung). Ob das Berufungsgericht über eine weitere Sachfrage entschieden hat, ist jedoch deshalb zweifelhaft, weil es seine Auffassung, es liege kein Rechtsschutzbedürfnis für das vorliegende Verfahren vor, auch damit begründet hat, es sei ein Verfahren nach den Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit möglich. Letztlich kommt es jedoch nicht darauf an, ob das Berufungsgericht mit seiner Annahme, der Klage fehle es am Rechtsschutzbedürfnis eine Entscheidung zur Hauptsache im Sinne von § 17a Abs. 5 GVG getroffen hat.


dd)

Die Vorschrift des § 17a Abs. 5 GVG ist im Streitfall jedenfalls deshalb nicht anwendbar, weil sowohl das Landgericht als auch das Berufungsgericht das Verfahren nach § 17a Abs. 2 und 3 GVG nicht eingehalten haben.


(1)

Die Vorschrift des § 17a Abs. 5 GVG ist dann nicht anzuwenden, wenn die Vorinstanzen entgegen § 17a Abs. 3 Satz 2 GVG über die Zulässigkeit des Rechtswegs nicht vorab durch Beschluss entschieden haben, obwohl diese von einer Partei gerügt worden ist. Die Vorschrift des § 17a Abs. 5 GVG steht in engem Zusammenhang mit der Regelung des § 17a Abs. 1 bis 4 GVG, die für die Rechtswegfrage eine für alle Gerichtszweige und Instanzen bindende, beschwerdefähige Vorabentscheidung vorsieht. Die Beschränkung der Prüfungskompetenz des Rechtsmittelgerichts durch § 17a Abs. 5 GVG rechtfertigt sich daraus, dass die Rechtswegfrage im Beschwerdeverfahren zu prüfen ist. Diese Rechtfertigung fehlt, wenn das Gericht erster Instanz das durch § 17a Abs. 3 Satz 2 GVG vorgesehene Verfahren nicht eingehalten hat mit der Folge, dass es an einer beschwerdefähigen Entscheidung fehlt. In einem solchen Fall greift § 17a Abs. 5 GVG nicht ein. Andernfalls würde die vom Gesetz gewollte Möglichkeit, die Frage der Zulässigkeit des Rechtswegs von dem Rechtsmittelgericht überprüfen zu lassen, aufgrund eines Verfahrensfehlers des Gerichts abgeschnitten (vgl. BGH, BGHZ 119, 246, 250 - Rechtswegprüfung). Nichts anderes kann gelten, wenn wie im Streitfall die Gerichte erster und zweiter Instanz nicht vorab über die Rechtswegfrage entschieden haben, obwohl eine Partei ­ hier die Beklagte ­ den beschrittenen Rechtsweg zu den Gerichten der streitigen ordentlichen Gerichtsbarkeit als unzulässig gerügt hat.


(2)

Im Streitfall haben es die Vorinstanzen trotz einer Rüge der Beklagten unterlassen, vorab über die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs zu entscheiden. Die Klägerin hat die Klage im Verfahren der ordentlichen streitigen Gerichtsbarkeit erhoben. Die Beklagte hat bereits erstinstanzlich geltend gemacht, die Klägerin könne ihr Begehren nur in einem Verfahren nach den Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltend machen. Bei einer solchen Sachlage hätte das Landgericht, spätestens jedoch das Berufungsgericht, nach § 17a Abs. 2 oder Abs. 3 GVG verfahren müssen. Dies ist unterblieben.


ee)

Unterbleibt die Entscheidung nach § 17a Abs. 2 oder 3 GVG, ist die Zulässigkeit des Rechtswegs vom Rechtsmittelgericht der Hauptsache zu prüfen, und zwar auch noch in der Revisionsinstanz, wenn das Berufungsgericht ­ wie hier - die Frage nicht vorab geprüft hat und die Parteien deshalb bisher keine Gelegenheit hatten, die zunächst getroffene Entscheidung in diesem Punkt überprüfen zu lassen (BGH, Urteil vom 30. Juni 1995 - V ZR 118/94, BGHZ 130, 159, 163 f.). Die Prüfung in der Revisionsinstanz ist durch § 545 Abs. 2 ZPO nicht ausgeschlossen. Insoweit geht § 17a Abs. 5 GVG vor (Zöller / Heßler a.a.O. § 545 Rn. 16; MünchKomm.ZPO / Krüger, 5. Aufl., § 545 Rn. 18).


b)

Über das Klagebegehren hat die streitige ordentliche Gerichtsbarkeit im Zivilrechtsweg zu entscheiden.


aa)

Welcher Rechtsweg für eine Streitigkeit eröffnet ist, richtet sich, wenn - wie hier - eine ausdrückliche Rechtswegzuweisung des Gesetzgebers fehlt, nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird (GmS-OGB, Beschluss vom 10. April 1986 - 1/85, BGHZ 97, 312, 313 f.) Dieser Grundsatz, der für die Abgrenzung der Zivilsachen im Sinne von § 13 GVG von den öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten gilt, ist für die Abgrenzung der bürgerlich-rechtlichen Rechtsstreitigkeiten einerseits von den Familiensachen und den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit andererseits gemäß § 17a Abs. 6 GVG entsprechend anzuwenden. Im Rahmen der Prüfung, ob die Klägerin ihr Rechtsschutzbegehren im Wege eines streitigen Zivilprozesses oder nach den Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltend machen kann, muss die der Prüfung der Begründetheit der Klage vorbehaltene Frage nicht entschieden werden, ob der Klägerin tatsächlich ein Anspruch gegen den Internet-Provider auf Unterlassung der Löschung von Daten zusteht, die ihm eine Auskunftserteilung darüber ermöglichen, welche IP-Adressen zu einem bestimmten Zeitpunkt welchem Kunden zugeordnet waren. Dies ist vielmehr Teil der Prüfung der Begründetheit der Klage. Im Rahmen der Prüfung der Rechtswegfrage stellt sich allein die Frage, ob es sich dabei um eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit oder eine Angelegenheit der freiwilligen Gerichtsbarkeit handelt.


bb)

Die Bestimmung des § 101 Abs. 1 und 2 UrhG gibt dem Verletzten einen Auskunftsanspruch sowohl gegen den Verletzer als auch gegen Dritte. Wer in gewerblichem Ausmaß das Urheberrecht oder ein anderes nach dem Urheberrechtsgesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, kann vom Verletzten auf unverzügliche Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der rechtsverletzenden Vervielfältigungsstücke oder sonstigen Erzeugnisse in Anspruch genommen werden (§ 101 Abs. 1 Satz 1 UrhG). In Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung oder in Fällen, in denen der Verletzte gegen den Verletzer Klage erhoben hat, besteht der Anspruch unbeschadet von § 101 Abs. 1 UrhG auch gegen eine Person, die in gewerblichem Ausmaß für rechtsverletzende Tätigkeiten genutzte Dienstleistungen erbrachte, es sei denn, die Person wäre nach den §§ 383 bis 385 ZPO im Prozess gegen den Verletzer zur Zeugnisverweigerung berechtigt (§ 101 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 UrhG). In Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung kann die Verpflichtung zur Erteilung der Auskunft im Wege der einstweiligen Verfügung nach den §§ 935 bis 945 der Zivilprozessordnung angeordnet werden (§ 101 Abs. 7 UrhG). Kann die Auskunft nur unter Verwendung von Verkehrsdaten (§ 3 Nr. 30 TKG) erteilt werden, ist für ihre Erteilung nach § 101 Abs. 9 UrhG eine vorherige richterliche Anordnung über die Zulässigkeit der Verwendung der Verkehrsdaten erforderlich, die von dem Verletzten zu beantragen ist. Der Antrag auf Erlass einer richterlichen Anordnung über die Zulässigkeit der Verwendung der Verkehrsdaten (§ 101 Abs. 9 UrhG) ist nur begründet, wenn ein Anspruch auf Erteilung der begehrten Auskunft besteht (BGH, Beschluss vom 19. April 2012 - I ZB 80/11, BGHZ 195, 257 Rn. 10 - Alles kann besser werden). Für den Erlass dieser Anordnung ist das Landgericht, in dessen Bezirk der zur Auskunft Verpflichtete seinen Wohnsitz, seinen Sitz oder eine Niederlassung hat, ohne Rücksicht auf den Streitwert ausschließlich zuständig (§ 101 Abs. 9 Satz 2 UrhG). Die Entscheidung trifft die Zivilkammer (§ 101 Abs. 9 Satz 3 UrhG). Für das Verfahren gelten die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend (§ 101 Abs. 9 Satz 4 UrhG). Die Kosten der richterlichen Anordnung trägt der Verletzte (§ 101 Abs. 9 Satz 5 UrhG). Gegen die Entscheidung des Landgerichts ist die Beschwerde statthaft (§ 101 Abs. 9 Satz 6 UrhG).


cc)

Der Gesetzgeber hat in § 101 UrhG sowohl den Zivilrechtsweg als auch den Weg zu den nach den Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zuständigen Gerichten eröffnet. Nach § 101 Abs. 1, 2 und 7 UrhG muss der in seinem Urheberrecht verletzte Rechteinhaber den Auskunftsanspruch gegen den Verletzer und gegen Dritte (§ 101 Abs. 1 und 2 UrhG) im Zivilrechtsweg geltend machen. Hierfür kann er sich bei offensichtlichen Rechtsverletzungen des Verfahrens der einstweiligen Verfügung bedienen. Kann der auf Erteilung der Auskunft in Anspruch genommene Internet-Provider die Auskunft nur unter Verwendung von Verkehrsdaten nach § 3 Nr. 30 TKG erteilen, ist für ihre Erteilung eine vorherige richterliche Anordnung über die Zulässigkeit der Verwendung der Verkehrsdaten erforderlich, die vom Verletzten nach den Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit einzuholen ist (§ 101 Abs. 9 Satz 4 UrhG).


dd)

Die Klägerin hat im vorliegenden Verfahren von der Beklagten weder die Erteilung der Auskunft nach § 101 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 UrhG begehrt noch eine richterliche Anordnung über die Zulässigkeit der Verwendung von Verkehrsdaten nach § 101 Abs. 9 UrhG beantragt. Ihr Rechtsschutzziel ist die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet gewesen ist, es bis zur Erteilung der von der Klägerin beanspruchten Auskunft zu unterlassen, diejenigen Daten zu löschen, die für die Erteilung dieser Auskunft erforderlich gewesen wären (Klageantrag zu 1) und die Feststellung, dass sich ihr Antrag, es der Beklagten zu untersagen, bis zur Erteilung der Auskunft die hierfür erforderlichen Datensätze zu löschen, in der Hauptsache erledigt hat (Klageantrag zu 2). Für derartige Anträge sieht § 101 UrhG keine Zuweisung zu einem der beiden in Betracht kommenden Zweige der ordentlichen Gerichte vor. In der Instanzrechtsprechung ist ein solcher Anspruch teilweise nach den Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit behandelt worden (OLG Köln, GRUR-RR 2009, 9, 11; OLG Karlsruhe, GRUR-RR 2009, 379; OLG Hamm, MMR 2011, 193, 194; OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2013, 208) und teilweise ist über diese Ansprüche im Verfahren der einstweiligen Verfügung nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung entschieden worden (OLG Hamburg, MMR 2010, 338; OLG Düsseldorf, MMR 2011, 546; für einen Anspruch auf Aufrechterhaltung von Verkehrsdaten für zukünftige Verletzungsfälle: OLG Frankfurt, MMR 2010, 62, 63; MMR 2010, 109; OLG München, MMR 2012, 764).


ee)

Bei der Entscheidung über dieses Begehren sind - wie für den Anspruch auf Erteilung der Auskunft nach § 101 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 UrhG - die Vorschriften der Zivilprozessordnung heranzuziehen, weil es hiermit die engere Verbindung aufweist.


(1)

Der mit der vorliegenden Klage geltend gemachte Anspruch dient der Sicherung des Auskunftsanspruchs gemäß § 101 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 UrhG. Der Auskunftsanspruch gegen Dritte gemäß § 101 Abs. 2 UrhG ist ein Hilfsanspruch zur Vorbereitung von Unterlassungsansprüchen und Schadensersatzansprüchen gegen den Verletzer (BGHZ 195, 257 Rn. 20 - Alles kann besser werden). Die Vorschrift soll dem Verletzten die Verfolgung von Rechtsverletzungen ermöglichen, die im Internet unter Nutzung der Möglichkeit vorgenommen werden, dort weitgehend anonym zu kommunizieren, insbesondere das unbefugte öffentliche Zugänglichmachen von Musikwerken und Filmwerken über Tauschbörsen. Bestünde kein Auskunftsanspruch gegen den Internet-Provider, könnte der Rechtsinhaber diese Rechtsverletzungen nicht verfolgen, weil er den Verletzer nicht ermitteln könnte (BGHZ 195, 257 Rn. 23 - Alles kann besser werden). Die Inanspruchnahme des zur Auskunft verpflichteten Dritten durch den Verletzten ist, wie § 101 Abs. 7 UrhG zeigt, eine bürgerlich-rechtliche Rechtsstreitigkeit.


(2)

Für die Durchsetzung dieses Auskunftsanspruchs ist zwar gemäß § 101 Abs. 9 UrhG eine richterliche Anordnung erforderlich, wenn hierfür Verkehrsdaten im Sinne von § 3 Nr. 30 TKG verwendet werden müssen. Die Vorschrift dient dem Zweck, im Hinblick auf die besondere Schutzwürdigkeit von Verkehrsdaten den Internet-Provider von der Prüfung zu entlasten, ob eine offensichtliche Rechtsverletzung im Sinne von § 101 Abs. 2 UrhG vorliegt (Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums, BT-Drucks. 16/5048, S. 40). Die von der Klägerin begehrte Auskunft über den Namen und die Anschrift derjenigen Nutzer, denen die in Rede stehenden IP-Adressen zu den jeweiligen Zeitpunkten zugewiesen waren, kann nur unter Verwendung von Verkehrsdaten (§ 3 Nr. 30 TKG) erteilt werden (§ 101 Abs. 9 Satz 1 UrhG). Verkehrsdaten sind nach der Begriffsbestimmung des § 3 Nr. 30 TKG Daten, die bei der Erbringung eines Telekommunikationsdienstes erhoben, verarbeitet oder genutzt werden. Sie sind von den Bestandsdaten zu unterscheiden. Dabei handelt es sich nach der Legaldefinition des § 3 Nr. 3 TKG um Daten eines Teilnehmers, die für die Begründung, inhaltliche Ausgestaltung, Änderung oder Beendigung eines Vertragsverhältnisses über Telekommunikationsdienste erhoben werden. Bei den Namen und Anschriften der Nutzer, denen IP-Adressen zu bestimmten Zeitpunkten zugewiesen waren, handelt es sich um Daten, die für die Begründung eines Vertragsverhältnisses über Telekommunikationsdienste erhoben werden, und damit um Bestandsdaten. Die begehrte Auskunft über diese Daten kann nur unter Verwendung von Daten erteilt werden, die bei der Erbringung eines Telekommunikationsdienstes erhoben, verarbeitet oder genutzt werden. Eine dynamische IP-Adresse ist keinem bestimmten Nutzer dauerhaft zugeordnet, sondern wird unterschiedlichen Nutzern jeweils nur für eine Sitzung ("dynamisch") zugeteilt. Eine Verknüpfung der dynamischen IP-Adresse mit dem Nutzer, dem sie zu einem bestimmten Zeitpunkt zugewiesen war, ist daher nur unter Verwendung der jeweils hierzu gespeicherten Verkehrsdaten wie des Datums und der Uhrzeit der Verbindung möglich (BGHZ 195, 257 Rn. 37 ff. - Alles kann besser werden).


(3)

Soll nach dem Klagebegehren die Löschung von Verkehrsdaten vorläufig zur Sicherung der begehrten Auskunft unterbleiben, weist dies eine besondere Nähe zu dem zu sichernden Auskunftsanspruch auf, weil der Rechtsinhaber ohne eine solche Sicherung die erstrebte Auskunft nicht erhalten kann. Dem stehen keine schützenswerten Interessen des Internet-Providers entgegen.

Die Vorschrift des § 101 Abs. 9 UrhG schränkt das verfassungsrechtlich geschützte Fernmeldegeheimnis (Art. 10 Abs. 1 GG) ein, § 101 Abs. 10 UrhG. Im Gestattungsverfahren gilt der Amtsermittlungsgrundsatz. Dies dient dem Schutz des von der Auskunft Betroffenen, der zum Zeitpunkt der Anordnung nicht bekannt ist und gegen den mangels Bekanntgabe der Verbindungsinformationen ein zivilrechtliches Verfahren nicht eingeleitet werden kann (vgl. Bohne in Wandtke / Bullinger, Urheberrecht, 4. Aufl., § 101 Rn. 14). Der Internet-Provider ist bei behaupteten Urheberrechtsverletzungen im Internet deshalb nur formal Antragsgegner. Dem trägt § 101 Abs. 9 Satz 5 UrhG Rechnung. Danach trägt der Verletzte die Kosten der richterlichen Anordnung.

Macht der Kläger dagegen den Auskunftsanspruch gegen den Internet-Provider in einem streitigen Zivilverfahren geltend, ist der Internet-Provider Partei. Stellt der Internet-Provider seine Verpflichtung zur Auskunftserteilung in Frage, ist im Rechtsstreit zu prüfen, ob die hierfür in § 101 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 UrhG vorgesehenen Voraussetzungen vorliegen, die der Verletzte darlegen und beweisen muss. Ergeht im Rechtsstreit eine Entscheidung über den Auskunftsanspruch, hat der Internet-Provider im Falle seiner Verurteilung die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Im vorliegenden Verfahren begehrt die Klägerin eine Verurteilung des beklagten Internet-Providers zur Unterlassung der Löschung von Daten, die dieser benötigt, um die ihn gesetzlich treffende Auskunftsverpflichtung nach § 101 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 UrhG erfüllen zu können. Der Sache nach handelt es sich dabei um ein Begehren, das den Umfang der gesetzlich vorgesehenen Auskunftsverpflichtung betrifft und auf eine Nebenpflicht gestützt wird, ohne deren Erfüllung eine Auskunft nicht möglich ist. Dies rechtfertigt es, das vorliegende Verfahren - ebenso wie ein Verfahren, in dem es um die Auskunftspflicht selbst geht - als streitige Zivilsache anzusehen.


2.

Die Annahme des Berufungsgerichts, dass der Klageantrag zu 1 unzulässig ist, hält im Ergebnis rechtlicher Nachprüfung stand. Dagegen ist der Klageantrag zu 2 zulässig. Insoweit hat das Berufungsgericht die Klage zu Unrecht durch Prozessurteil abgewiesen.


a)

Das Berufungsgericht hat angenommen, für die Klage fehle in der gewählten Verfahrensart das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis. Die Klägerin habe in dem Eilverfahren vor dem Landgericht Hamburg zum Aktenzeichen 308 O 62/11 ihren zunächst im Verfahren nach der Zivilprozessordnung gestellten Antrag offenbar aufgrund eines telefonischen Hinweises des Landgerichts nicht weiterverfolgt und durch einen Antrag nach den Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit ersetzt. Sie sei damit der Rechtsauffassung des Landgerichts gefolgt. Für den gleichwohl zwei Tage später im vorliegenden Rechtsstreit gestellten Antrag, der mit dem zurückgenommenen Verfügungsantrag in den rechtlich wesentlichen Bestandsteilen inhaltsgleich sei, bestehe deshalb kein Rechtsschutzbedürfnis. Der Klägerin sei bekannt gewesen, dass die zuständige Zivilkammer davon ausgehe, dass der von der Klägerin gewählte prozessuale Weg nicht eröffnet sei. Es sei außerdem fraglich, ob in Fällen der vorliegenden Art überhaupt ein Rechtsschutzbedürfnis für die Durchführung eines Hauptsacheverfahrens bestehen könne, weil der geltend gemachte Anspruch den einzigen Zweck verfolge, die Durchsetzbarkeit des Auskunftsanspruchs des Rechtsinhabers zu sichern. Würden die Dateien mit den Informationen gelöscht, die die Klägerin im Wege der Auskunft erlangen wolle, wäre der Beklagten die geschuldete Auskunftserteilung unmöglich. Selbst wenn man jedoch ein auf Untersagung der Löschung gerichtetes Hauptsacheverfahren für möglich halten wollte, müsse die Klägerin das Begehren im Verfahren nach den Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltend machen.


b)

Mit diesen Erwägungen kann die Zulässigkeit der Klage nicht verneint werden.


aa)

Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt allgemein, wenn eine Klage oder ein Antrag objektiv schlechthin sinnlos ist, wenn also der Kläger oder Antragsteller unter keinen Umständen mit seinem prozessualen Begehren irgendeinen schutzwürdigen Vorteil erlangen kann. Jedoch kann Rechtsuchenden nur unter ganz besonderen Umständen der Zugang zu einer sachlichen Prüfung durch die Gerichte verwehrt werden. Grundsätzlich haben sie einen Anspruch darauf, dass die staatlichen Gerichte ihr Anliegen sachlich prüfen und darüber entscheiden (BGH, Urteil vom 28. März 1996 - IX ZR 77/95, NJW 1996, 2035, 2037). Das Erfordernis des Rechtsschutzbedürfnisses soll verhindern, dass Rechtsstreitigkeiten in das Stadium der Begründetheitsprüfung gelangen, für die eine solche Prüfung nicht erforderlich ist. Bei Leistungsklagen ergibt sich ein Rechtsschutzbedürfnis regelmäßig schon aus der Nichterfüllung des behaupteten materiellen Anspruchs, dessen Vorliegen für die Prüfung des Interesses an seiner gerichtlichen Durchsetzung zu unterstellen ist (st. Rspr.; BGH, Urteil vom 9. April 1987 - I ZR 44/85, GRUR 1987, 568, 569 = WRP 1987, 627 - Gegenangriff; Urteil vom 4. März 1993 - I ZR 65/91, GRUR 1993, 576, 577 - Datatel).


bb)

Nach diesen Maßstäben kann den von der Klägerin zuletzt gestellten Klageanträgen ein allgemeines Rechtsschutzbedürfnis nicht abgesprochen werden.


(1)

Die Klägerin hat ein rechtlich schützenswertes Interesse daran, den ihr zustehenden Auskunftsanspruch nach § 101 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 UrhG durchzusetzen, um nachfolgend diejenigen Personen in Anspruch nehmen zu können, die nach ihrer Behauptung die ihr zustehenden ausschließlichen Verwertungsrechte verletzen. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass der Auskunftsanspruch nicht durchgesetzt werden kann, wenn die Beklagte die in Rede stehenden Dateien löscht. Diese Umstände rechtfertigen ohne Weiteres die Annahme, dass es für das Begehren der Klägerin ein Rechtsschutzbedürfnis gibt, der Beklagten vorläufig die Löschung der für die Auskunftserteilung erforderlichen Dateien zu untersagen.


(2)

Der Umstand, dass die Klägerin im Eilverfahren an ihrer Auffassung nicht festgehalten hat, sie könne ihr Rechtsschutzbegehren nach den Rechtsvorschriften der Zivilprozessordnung verfolgen, steht der Zulässigkeit der im allgemeinen Zivilverfahren erhobenen Hauptsacheklage nicht entgegen. Die Klägerin ist nicht gehindert, die im Eilverfahren vertretene Rechtsauffassung des erstinstanzlichen Gerichts zur Unzulässigkeit der gewählten Verfahrensart in einem Hauptsacheverfahren überprüfen zu lassen.


(3)

Soweit das Berufungsgericht erwogen hat, das Rechtsschutzbedürfnis im Hinblick darauf zu verneinen, dass es der Klägerin lediglich um eine vorläufige Sicherung ihres Auskunftsanspruchs gehe und bei einer solchen Sachlage für ein Hauptsacheverfahren kein Raum sei, kann dem nicht zugestimmt werden.

Nur ausnahmsweise können besondere Umstände das Verlangen des Klägers, in die materiell-rechtliche Prüfung seines Anspruchs einzutreten, als nicht schutzwürdig erscheinen lassen. Solche Umstände hat das Berufungsgericht nicht aufgezeigt. Der Klägerin geht es mit der vorliegenden Klage darum, ihren Auskunftsanspruch gemäß § 101 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 UrhG zu sichern und die Beklagte zu verpflichten, es vorläufig zu unterlassen, die für die Erfüllung dieses Anspruchs notwendigen Daten zu löschen. Die Frage, ob ihr ein derartiger Sicherungsanspruch zusteht, hat für die Durchsetzbarkeit des Auskunftsanspruchs maßgebliche Bedeutung, weil - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - die Durchsetzung des Auskunftsanspruchs vereitelt wird, wenn die Beklagte durch die Löschung der maßgeblichen Dateien dessen Erfüllung unmöglich macht. Bei einer solchen Sachlage spricht nichts dafür, der Klägerin unter Hinweis auf den vorläufigen Charakter des geltend gemachten Anspruchs das Rechtsschutzbedürfnis abzusprechen. Vielmehr hat in einem solchen Fall der Kläger Anspruch darauf, dass das Gericht in die Begründetheitsprüfung eintritt und eine Entscheidung darüber trifft, ob für sein Begehren eine materiell-rechtliche Anspruchsgrundlage besteht.

Der Umstand, dass es der Schuldner in den Fällen der vorliegenden Art durch die Löschung der in Rede stehenden Dateien regelmäßig in der Hand hat, nicht nur die Erfüllung Auskunftsanspruchs nach § 101 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 UrhG, sondern auch die Erfüllung der von der Klägerin behaupteten Pflicht zur vorläufigen Sicherung der für die Auskunftserteilung erforderlichen Daten unmöglich zu machen, führt lediglich dazu, dass sich das Verfahren - wie im Streitfall - vor einer gerichtlichen Entscheidung in der Hauptsache erledigt. Dies rechtfertigt jedoch nicht die Annahme, dass der Klägerin von vornherein die gerichtliche Geltendmachung des behaupteten Anspruchs versagt ist.


c)

Die Klage ist dennoch nur teilweise zulässig.


aa)

Der Klageantrag zu 1, mit dem die Klägerin die Feststellung begehrt, dass die Beklagte verpflichtet gewesen ist, diejenigen Dateien zu speichern, die es der Klägerin ermöglicht hätten, diejenigen Personen zu ermitteln, die nach ihrer Behauptung ihre Verwertungsrechte verletzt haben, ist wegen Fehlens eines Feststellungsinteresses unzulässig.


(1)

Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses geklagt werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung durch richterliche Entscheidung hat. Dieses Feststellungsinteresse ist gegeben, wenn dem Recht oder der Rechtslage des Klägers eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht und wenn das erstrebte Urteil geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen. Ein allgemeines Klärungsinteresse reicht nicht aus (BGH, Urteil vom 5. März 2014 - IV ZR 102/13, juris Rn. 18 mwN).


(2)

Die Klägerin hat geltend gemacht, ihr könne, falls die Beklagte zur vorläufigen Speicherung der Daten verpflichtet gewesen wäre, wegen einer Verletzung dieser Pflicht ein Schadensersatzanspruch zustehen. In einem derartigen Fall ist eine Feststellungsklage nicht zulässig, weil der Kläger bessere Rechtsschutzmöglichkeiten hat und Leistungsklage erheben kann (BGH, Urteil vom 15. Dezember 2016 - I ZR 63/15, NZG 2017, 268 Rn. 52). Im Streitfall ist der Klägerin eine Klage auf Leistung in Form einer Schadensersatzklage möglich.


bb)

Der Klageantrag zu 2 ist dagegen zulässig. Diesem Klageantrag liegt ein auf vorläufige Speicherung von Dateien gerichtetes Leistungsbegehren der Klägerin zugrunde, das sich in der Hauptsache erledigt hat. Zwar ist der Klageantrag nunmehr ebenfalls auf eine Feststellung gerichtet. Für die Feststellung der Erledigung der Hauptsache in Fällen der einseitig gebliebenen Erledigungserklärung liegt das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse in der dem Kläger günstigen Kostenfolge, die er bei einer Erledigung der Hauptsache während des Rechtsstreits nur mit einem entsprechend geänderten Antrag erreichen kann (vgl. BGH, Urteil vom 16. März 2006 - I ZR 92/03, GRUR 2006, 879 Rn. 20 = WRP 2006, 1027 - Flüssiggastank).



III.

Damit kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben, soweit es die Entscheidung über den Klageantrag zu 2 angeht. Insoweit ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO).


1.

Die Klägerin hat den Rechtsstreit hinsichtlich eines Teils der streitgegenständlichen IP-Adressen in der Hauptsache für erledigt erklärt, nachdem die Beklagte unter Vorlage von mehreren Screenshots, die als Erstellungsdatum den 22. März 2011 ausweisen, mitgeteilt hatte, darüber hinaus lägen ihr keine Daten vor. Die Klägerin geht davon aus, dass sie eine über den Inhalt der von der Beklagten vorgelegten Screenshots hinausgehende Auskunft gemäß § 101 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 UrhG nicht erlangen kann. Damit hat sich ihr im vorliegenden Rechtsstreit verfolgtes Begehren, die Beklagte zu verpflichten, die für die Erteilung der Auskunft notwendigen Datensätze, die es der Beklagten ermöglichen, eine Zuordnung zu denjenigen ihrer Kunden vorzunehmen, denen die in Rede stehenden IP-Adressen zu den im Streitfall maßgeblichen Zeitpunkten zugeordnet waren, bis zur Erteilung der Auskunft nicht zu löschen, in der Hauptsache erledigt.


2.

Die Beklagte hat sich der Erledigungserklärung nicht angeschlossen.

Hat der Kläger im Zivilprozess den Rechtsstreit einseitig in der Hauptsache für erledigt erklärt, ist zu prüfen, ob der Unterlassungsantrag bis zum geltend gemachten erledigenden Ereignis zulässig und begründet war und - wenn dies der Fall ist - durch dieses Ereignis unzulässig oder unbegründet geworden ist. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, ist die Erledigung der Hauptsache festzustellen; anderenfalls ist die Klage abzuweisen oder - wenn die Klage in der Vorinstanz erfolglos war - das Rechtsmittel zurückzuweisen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 27. Oktober 2011 - I ZR 131/10, GRUR 2012, 651 Rn. 17 = WRP 2012, 1118 - regierung-oberfranken.de; Urteil vom 30. Januar 2014 - I ZR 107/10, GRUR 2014, 385 Rn. 13 = WRP 2014, 443 - H 15). Eine solche Prüfung, die das Berufungsgericht bislang nicht vorgenommen hat, wird es im wiedereröffneten Berufungsverfahren nachzuholen haben.


3.

Dabei wird das Berufungsgericht der Prüfung, ob die von der Klägerin ursprünglich erhobene Klage begründet war, zugrunde zu legen haben, dass der Rechteinhaber vom Dritten, der ihm gemäß § 101 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 UrhG zur Auskunft verpflichtet ist, nicht nur Auskunft beanspruchen, sondern - soweit dies zur Erteilung der Auskunft erforderlich ist - auch Unterlassung der Löschung erhobener Daten verlangen kann, die für die Auskunftserteilung erforderlich sind.


a)

In Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung oder in Fällen, in denen der Verletzte gegen den Verletzer Klage erhoben hat, besteht der Anspruch unbeschadet von § 101 Abs. 1 UrhG auch gegen eine Person, die in gewerblichem Ausmaß - was im vorliegenden Fall allein von Bedeutung ist - für rechtsverletzende Tätigkeiten genutzte Dienstleistungen erbrachte, es sei denn, die Person wäre nach den §§ 383 bis 385 ZPO im Prozess gegen den Verletzer zur Zeugnisverweigerung berechtigt (§ 101 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 UrhG). Der zur Auskunftserteilung Verpflichtete kann von dem Verletzten den Ersatz der für die Auskunftserteilung erforderlichen Aufwendungen verlangen (§ 101 Abs. 2 Satz 3 UrhG). Die Ansprüche nach den Absätzen 1 und 2 des § 101 UrhG sind ausgeschlossen, wenn die Inanspruchnahme im Einzelfall unverhältnismäßig ist (§ 101 Abs. 4 UrhG). Kann die Auskunft nur unter Verwendung von Verkehrsdaten (§ 3 Nr. 30 TKG) erteilt werden, ist für ihre Erteilung nach § 101 Abs. 9 UrhG eine vorherige richterliche Anordnung über die Zulässigkeit der Verwendung der Verkehrsdaten erforderlich, die von dem Verletzten zu beantragen ist.

Der Auskunftsanspruch gegen Dritte soll es in Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung gemäß § 101 Abs. 2 Satz 1 Fall 1 UrhG dem Rechtsinhaber ermöglichen, den Rechtsverletzer zu ermitteln (BGHZ 195, 257 Rn. 19 - Alles kann besser werden). Der Auskunftsanspruch gegen Dritte gemäß § 101 Abs. 2 UrhG ist ein Hilfsanspruch zur Vorbereitung von Unterlassungsansprüchen und Schadensersatzansprüchen gegen den Verletzer. Er ist daher nicht an die Bedingung geknüpft, dass die Voraussetzungen des Auskunftsanspruchs gegen den Verletzer aus § 101 Abs. 1 UrhG vorliegen, sondern daran, dass die Voraussetzungen eines Unterlassungsanspruchs oder Schadensersatzanspruchs aus § 97 UrhG erfüllt sind. Diese Ansprüche setzen - anders als der Auskunftsanspruch gegen den Verletzer nach § 101 Abs. 1 UrhG - keine Rechtsverletzung in gewerblichem Ausmaß voraus, sondern bestehen bei jeder Rechtsverletzung (BGHZ 195, 257 Rn. 20 - Alles kann besser werden).


b)

Der an der Verletzung des Urheberrechts oder eines anderen nach dem Urheberrechtsgesetz geschützten Rechts nicht beteiligte Dritte ist in Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung oder in Fällen, in denen der Verletzte gegen den Verletzer Klage erhoben hat, nach § 101 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 UrhG nicht nur zur Auskunftserteilung verpflichtet, sondern auch zum Unterlassen der Löschung von bei ihm vorhandenen Daten, die die Auskunftserteilung erst ermöglichen (OLG Köln GRUR-RR 2009, 9, 10; OLG Karlsruhe, GRUR-RR 2009, 379, 380; OLG Hamburg, MMR 2010, 338, 339; aA OLG Frankfurt, GRUR-RR 2010, 91 f.; vgl. hierzu Wimmers in Schricker / Loewenheim, Urheberrecht, 5. Aufl., § 101 UrhG Rn. 112; Dreier in Dreier/Schulze, UrhG, 5.Aufl. § 101 Rn. 37). Es braucht im Streitfall nicht entschieden werden, ob eine abstrakte Speicherpflicht im Hinblick auf drohende, aber noch nicht verübte Rechtsverletzungen besteht (ablehnend: OLG Hamm, MMR 2011, 193, 194; OLG Düsseldorf, MMR 2011, 546, 547; OLG München, MMR 2012, 764; LG München, MMR 2010, 111, 113 ff.).


(1)

Nach Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die zuständigen Gerichte im Zusammenhang mit einem Verfahren wegen Verletzung eines Rechts des geistigen Eigentums auf einen begründeten und die Verhältnismäßigkeit wahrenden Antrag des Klägers hin anordnen können, dass Auskünfte über den Ursprung und die Vertriebswege von Waren oder Dienstleistungen, die ein Recht des geistigen Eigentums verletzen, vom Verletzer (Art. 8 Abs. 1 Fall 1 der Richtlinie 2004/48/EG) und/oder jeder anderen Person erteilt werden, die nachweislich rechtsverletzende Dienstleistungen in gewerblichem Ausmaß erbrachte (Art. 8 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2004/48/EG). Diese Regelung gilt gemäß Art. 8 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 2004/48/EG unbeschadet anderer gesetzlicher Bestimmungen, die dem Rechtsinhaber weitergehende Auskunftsansprüche einräumen. § 101 Abs. 2 UrhG dient der Umsetzung dieser Richtlinienbestimmungen. Zwar regeln die Richtlinie 2004/48/EG und § 101 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 UrhG lediglich einen Auskunftsanspruch. Sie sehen weder vor, dass der Dritte verpflichtet ist, Daten zu speichern, oder dass er es zu unterlassen hat, gespeicherte Daten zu löschen. Aus § 101 Abs. 2 und 9 UrhG in Verbindung mit § 96 Abs. 1 Satz 1 TKG ergibt sich jedoch ein Speicherungsrecht und eine damit korrespondierende Speicherpflicht des Internet-Providers für die Dauer des Gestattungsverfahrens.


(2)

Da die von der Klägerin begehrte Auskunft über den Namen und die Anschrift derjenigen Nutzer, denen die in der Anlage K47 aufgeführten und im Klageantrag zu 2 genannten IP-Adressen zu den jeweiligen Zeitpunkten zugewiesen waren, nur unter Verwendung von Verkehrsdaten (§ 3 Nr. 30 TKG) erteilt werden kann, ist für ihre Erteilung eine vorherige richterliche Anordnung über die Zulässigkeit der Verwendung der Verkehrsdaten erforderlich, § 101 Abs. 9 Satz 1 UrhG (dazu II 1 b ee (2)).

Nach § 96 Abs. 1 Satz 1 TKG darf der Internet-Provider als Diensteanbieter diese Verkehrsdaten für bestimmte im Telekommunikationsgesetz genannte Zwecke erheben. Er darf sie nach § 96 Abs. 1 Satz 2 TKG nur für diese oder durch andere gesetzliche Vorschriften begründeten Zwecke verwenden. Im Übrigen sind Verkehrsdaten vom Diensteanbieter nach Beendigung der Verbindung unverzüglich zu löschen (§ 96 Abs. 1 Satz 3 TKG).

Dies schränkt die Möglichkeiten der Rechteinhaber, Urheberrechtsverletzungen im Internet zu verfolgen, in erheblichem Umfang ein. Die in § 96 Abs. 1 Satz 3 TKG vorgesehene Pflicht des Diensteanbieters, Verkehrsdaten unverzüglich zu löschen, führt dazu, dass der Auskunftsanspruch des Verletzten nach § 101 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 UrhG von vornherein ins Leere geht, wenn der Diensteanbieter bei Geltendmachung des Auskunftsbegehrens die Verkehrsdaten bereits gelöscht hat. Der Verletzte kann deshalb überhaupt nur die ihm zustehenden Rechte wegen einer widerrechtlichen Verletzung des Urheberrechts oder eines anderen nach dem Urheberrechtsgesetz geschützten Rechts im Internet durchsetzen, wenn es ihm gelingt, die Auskunft vom Diensteanbieter zu einem Zeitpunkt zu verlangen, zu dem entweder die Verbindung noch besteht oder aber der Diensteanbieter nach Beendigung der Verbindung die Verkehrsdaten noch nicht gelöscht hat.


(3)

Aus dem Zweck der Richtlinie 2004/48/EG und der sie umsetzenden Regelung in § 101 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 9 UrhG ergibt sich, dass der zur Auskunft verpflichtete Dritte bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen nicht nur verpflichtet ist, die vom Rechtsinhaber begehrte Auskunft zu erteilen, sondern auch dazu, die hierfür erforderlichen Daten bis zur Auskunftserteilung oder bis zur rechtkräftigen Abweisung des Auskunftsgestattungsantrags vorzuhalten, wenn er vor deren Löschung vom Rechtsinhaber auf eine Rechtsverletzung aufmerksam gemacht worden ist.

Nach Art. 1 und Art. 3 der Richtlinie 2004/48/EG sehen die Mitgliedstaaten Maßnahmen, Verfahren und Rechtsbehelfe vor, die zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums erforderlich sind. Nach Erwägungsgrund 20 der Richtlinie 2004/48/EG muss sichergestellt werden, dass wirksame Mittel zur Vorlage, zur Erlangung und zur Sicherung von Beweismitteln zur Verfügung stehen. Die Verfahren sollten den Rechten der Verteidigung Rechnung tragen und die erforderlichen Sicherheiten einschließlich des Schutzes vertraulicher Informationen bieten, weil Beweismittel für die Feststellung einer Verletzung der Rechte des geistigen Eigentums von zentraler Bedeutung sind. Nach Art. 7 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2004/48/EG stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die zuständigen Gerichte selbst vor Einleitung eines Verfahrens in der Sache auf Antrag einer Partei, die alle vernünftigerweise verfügbaren Beweismittel zur Begründung ihrer Ansprüche, dass ihre Rechte an geistigem Eigentum verletzt worden sind oder verletzt zu werden drohen, vorgelegt hat, schnelle und wirksame einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der rechtserheblichen Beweismittel hinsichtlich der behaupteten Verletzung anordnen können, sofern der Schutz vertraulicher Informationen gewährleistet wird.

Ziel der Richtlinie ist es damit, dem Inhaber des verletzten Rechts die Möglichkeit zu eröffnen, diejenigen Beweismittel zu sichern, derer er bedarf, um den Verletzer zu identifizieren, und ihn sodann wegen der Rechtsverletzung in Anspruch nehmen zu können. Zur Auskunftserteilung, die der Identifikation des Verletzers dient, können Internet-Provider herangezogen werden, die die Rechtsverletzung nicht selbst vorgenommen haben. Dem mit der Richtlinie verfolgten Ziel der Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums liefe es zuwider, wenn es im freien Belieben des aufgrund von Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2004/48/EG nach § 101 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 UrhG zur Auskunft verpflichteten Dritten stünde, in Kenntnis einer möglichen Rechtsverletzung die Auskunftserteilung unmöglich zu machen und damit den Anspruch des Rechtsinhabers gegen den Verletzer zu vereiteln (vgl. OLG Köln, GRUR-RR 2009, 9, 11; OLG Karlsruhe, GRUR­RR 2009, 379, 380; OLG Hamburg, MMR 2010, 338, 339; Reber in Ahlberg / Götting, BeckOK UrhR, 16. Edition, Stand: 1. April 2017, § 101 Rn. 8; aA OLG Frankfurt, MMR 2010, 62, 63; Braun in Beck'scher TKG-Kommentar, 4. Aufl., § 96 Rn. 17).


(4)

Einer solchen Auslegung von § 101 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 9 UrhG steht die Regelung in § 96 Abs. 1 und Abs. 2 TKG nicht entgegen. Der Diensteanbieter darf nach § 96 Abs. 1 Satz 1 TKG bestimmte Verkehrsdaten erheben, soweit dies für die in den §§ 91 bis 107 TKG genannten Zwecke erforderlich ist. Verkehrsdaten dürfen neben den in § 96 Abs. 1 Satz 1 TKG genannten Zwecken auch für durch andere gesetzliche Vorschriften begründete Zwecke verwendet werden, § 96 Abs. 1 Satz 2 TKG. Im Übrigen sind Verkehrsdaten vom Diensteanbieter nach Beendigung der Verbindung zu löschen (§ 96 Abs. 1 Satz 3 TKG). Eine nach § 96 Abs. 1 Satz 2 TKG zulässige Verwendung von Verkehrsdaten ist die in § 101 Abs. 9 UrhG vorgesehene, dort an das Erfordernis einer richterlichen Erlaubnis geknüpfte Verwendung von Verkehrsdaten für die Erteilung der Auskunft nach § 101 Abs. 2 UrhG. Es ergibt sich aus der Natur der Sache, dass die Löschung der benötigten und vom Diensteanbieter bereits erhobenen Verkehrsdaten vorläufig unterbleiben darf und muss, soweit die Daten für die Auskunftserteilung erforderlich sind.


(5)

Eine solche Auslegung von § 101 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 UrhG steht mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union in Einklang.

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union sind die Mitgliedstaaten durch das Unionsrecht, insbesondere Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2004/48/EG (Durchsetzungsrichtlinie) in Verbindung mit Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2002/58/EG (Datenschutzrichtlinie) nicht daran gehindert, eine Verpflichtung zur Weitergabe personenbezogener Verkehrsdaten an private Dritte zum Zweck der zivilgerichtlichen Verfolgung von Urheberrechtsverstößen vorzusehen. Die Mitgliedstaaten und ihre Gerichte sind unionsrechtlich in diesem Zusammenhang verpflichtet, die verschiedenen beteiligten Grundrechte miteinander zum Ausgleich zu bringen und die allgemeinen Grundsätze des Unionsrechts, wie etwa den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, zu beachten (vgl. EuGH, Urteil vom 29. Januar 2008 - C-275/06, Slg. 2008, I-271 = GRUR 2008, 241 Rn. 68, 70 - Promusicae / Telefónica; Beschluss vom 19. Februar 2009 - C-557/07, Slg. 2009, I-1227 = GRUR 2009, 579 Rn. 29 - LSG/Tele 2; Urteil vom 19. April 2012 - C-461/10, GRUR 2012, 703 Rn. 55 f. - Bonnier Audio; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 17. Februar 2011 - 1 BvR 3050/10, ZUM-RD 2011, 395 Rn. 8). Diese Anforderungen sind erfüllt, soweit bei offensichtlichen Rechtsverstößen der Internet-Provider verpflichtet ist, nach § 96 Abs. 1 Satz 1 TKG erhobene Verkehrsdaten bis zum Abschluss des in § 101 Abs. 9 UrhG vorgesehenen Auskunftsgestattungsverfahrens nicht zu löschen.

Dem steht das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 8. April 2014 (C-293/12, NJW 2014, 2169 - Digital Rights Ireland Ltd. u.a.), mit dem die Ungültigkeit der Richtlinie 2006/24/EG über die Vorratsspeicherung von Daten, die bei der Bereitstellung öffentlich zugänglicher elektronischer Kommunikationsdienste oder öffentlicher Kommunikationsnetze erzeugt oder verarbeitet werden, und zur Änderung der Richtlinie 2002/58/EG ausgesprochen wurde, nicht entgegen. Maßgeblich für die Ungültigkeit dieser Richtlinie, die eine anlasslose Vorratsspeicherung von Verkehrs- und Bestandsdaten für mindestens sechs Monate vorsah, war das Fehlen eines objektiven Kriteriums, das es ermöglichte, den Zugang der zuständigen nationalen Behörden zu den Daten und deren spätere Nutzung zur Verhütung und Verfolgung von Straftaten auf solche Delikte zu beschränken, die unter Berücksichtigung des Ausmaßes und der Schwere des Grundrechtseingriffs als hinreichend gewichtig angesehen werden konnten, um den Eingriff zu rechtfertigen (EuGH, NJW 2014, 2169 Rn. 60). Der Gerichtshof der Europäischen Union hat beanstandet, dass die Richtlinie keine materiell- und verfahrensrechtlichen Voraussetzungen für den Zugang der zuständigen nationalen Behörden zu den gespeicherten Daten und deren spätere Nutzung enthielt. Es fehle eine ausdrückliche Bestimmung, dass sich der Zugang zu den und die spätere Nutzung der Daten strikt auf die Zwecke der Verhütung und der Verfolgung genau abgegrenzter schwerer Straftaten beschränke (EuGH, NJW 2014, 2169 Rn. 61). Vor allem unterliege der Zugriff der nationalen Behörden zu den auf Vorrat gespeicherten Daten keiner vorherigen Kontrolle eines Gerichts oder einer anderen unabhängigen Stelle, deren Entscheidung die Wahrung der Verhältnismäßigkeit gewährleiste (EuGH, NJW 2014, 2169 Rn. 62). Schließlich beanstandete der Gerichtshof der Europäischen Union, dass die Mindestspeicherfrist für sämtliche Datenkategorien sechs Monate betragen sollte, ohne dass die Festlegung auf objektiven Kriterien beruhte, die gewährleisteten, dass sie auf das absolut Notwendige beschränkt wurde (EuGH, NJW 2014, 2169 Rn. 63 f.).

Diesen Erwägungen, die sich auf den Zugriff nationaler Behörden auf gespeicherte Daten beziehen und im Streitfall nicht direkt einschlägig sind, tragen die Regelungen in § 101 UrhG Rechnung. § 101 Abs. 2 UrhG beschränkt die Auskunftspflicht des Internet-Providers auf Fälle offensichtlicher Rechtsverletzungen. Diese Pflicht steht unter dem Vorbehalt der Verhältnismäßigkeit (§ 101 Abs. 4 UrhG). Zudem besteht für die Erteilung der Auskunft ein Richtervorbehalt (§ 101 Abs. 9 UrhG).


(6)

Die Annahme des Bestehens eines Anspruchs des Rechtsinhabers auf Unterlassung der Löschung von Daten zur Sicherung des Auskunftsanspruchs nach § 101 Abs. 2 und Abs. 9 UrhG ist verfassungsrechtlich genauso wenig zu beanstanden wie der Auskunftsanspruch selbst. Bei der Regelung handelt es sich um eine gesetzliche Eingriffsermächtigung, die eine hinreichend klare Entscheidung des Gesetzgebers enthält, unter welchen Voraussetzungen eine Verwendung von Verkehrsdaten zur Identifizierung von dynamischen IP-Adressen erlaubt ist. Die Vorschrift genügt den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Sie ermöglicht die Zuordnung von Telekommunikationsnummern zur Ermittlung von Urheberrechtsverletzungen im Internet. Dazu ist die Bestimmung nicht nur geeignet und erforderlich, sondern auch maßvoll ausgestaltet. Sie stellt sicher, dass eine Auskunft nicht ins Blaue hinein, sondern nur bei einer offensichtlichen Rechtsverletzung eingeholt werden kann (BGHZ 195, 257 Rn. 42 ff. - Alles kann besser werden).


4.

Die auf Feststellung der Erledigung des Klageantrags zu 2 gerichtete Klage ist nur dann begründet, wenn der Klägerin bis zur das Klagebegehren erledigenden teilweisen Auskunftserteilung durch die Beklagte ein Auskunftsanspruch gemäß § 101 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 UrhG zugestanden hat. Dies ist auch Voraussetzung für die Begründetheit des geltend gemachten Anspruchs auf Unterlassung der Löschung der für die Auskunftserteilung erforderlichen Daten. Hierzu hat das Berufungsgericht bislang keine Feststellungen getroffen. Dies wird es im wiedereröffneten Berufungsverfahren nachzuholen haben.



Büscher

Koch

Löffler

Schwonke

Feddersen




Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 16.12.2011 - 308 O 64/11 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 04.02.2016 - 5 U 10/12 - (...)




~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



BGH, Urteil vom 21.09.2017, I ZR 58/16 - Sicherung der Drittauskunft
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Urteil vom 16.12.2011, Az. 308 O 64/11
OLG Hamburg, Urteil vom 04.02.2016, Az. 5 U 10/12

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#11166 Beitrag von Steffen » Montag 13. November 2017, 23:51

Wilde, Beuger, Solmecke (Köln): Filesharing Sieg gegen Waldorf Frommer - Das Amtsgericht Hannover schützt Arbeitgeber


23:20 Uhr


In einem von unserer Kanzlei geführten Filesharing Verfahren hat das Amtsgericht Hannover klargestellt, dass ein Arbeitgeber nicht für seine Mitarbeiter haftet. Es hat daher eine Klage von Waldorf Frommer abgewiesen.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Bild

Rechtsanwalt Christian Solmecke, LL. M.



WILDE BEUGER SOLMECKE Rechtsanwälte GbR

Kaiser-Wilhelm-Ring 27-29 | 50672 Köln
Tel.: 0221 / 951 563 0 | Fax: 0221 / 400 675 52
E-Mail: info@wbs-law.de | Web: www.wbs-law.de




Bericht

Link:
https://www.wbs-law.de/abmahnung-filesh ... ber-75722/

Urteil als PDF:
https://www.wbs-law.de/wp-content/uploa ... 313470.pdf



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Die Kanzlei Waldorf Frommer aus München hatte den Inhaber eines Internetanschlusses wegen illegalen Filesharing des Films "Breaking Dawn - Bis zum Ende der Nacht 1" abgemahnt. Die Abmahnung erfolgte im Auftrag der Tele München Fernseh GmbH & Co. Produktionsgesellschaft.

Demgegenüber berief sich unser Mandant darauf, dass sowohl seine bei ihm lebende Ehefrau als auch seine Mitarbeiter Zugriff auf seinen Internetanschluss haben. Seine Arbeitnehmer hätten dabei eine weitere Fritzbox nutzen dürfen, die ausschließlich geschäftlich genutzt worden sei. Seine Frau habe über ihr eigenes Notebook Zugriff genommen. Insofern könnten auch Dritte die ihm zur Last gelegte Urheberrechtsverletzung begangen haben.

Waldorf Frommer verklagte unseren Mandanten gleichwohl auf Schadensersatz in Höhe von 600,00 Euro sowie Ersatz der Abmahnkosten in Höhe von 506,00 Euro.

Das Amtsgericht (AG) Hannover wies jedoch die Klage von Waldorf Frommer mit Urteil vom 07.11.2017, Az. 543 C 5612/17 ab. Eine Heranziehung des Ehemanns als Anschlussinhabers zum Schadensersatz nach § 97 Abs. 2 UrhG scheidet aus. Denn zumindest eine seiner Arbeitnehmer nutzte seinen Anschluss regelmäßig für buchhalterische Tätigkeit. Hierzu gehörte die Ausführung von Online-Überweisungen. Ebenso bestehen keine Zweifel daran, dass die Ehefrau den Internetanschluss ihres Mannes genutzt hat. Dass alle Familienmitglieder auf einen Internetanschluss Zugriff haben, entspricht heutzutage der allgemeinen Lebenserfahrung. Aufgrund dessen sieht das Gericht die Täterschaftsvermutung gegenüber dem Anschlussinhaber als entkräftet an.

Darüber hinaus braucht der Anschlussinhaber nicht für die Abmahnkosten nach § 97a UrhG aufzukommen. Denn eine Haftung als Störer scheidet aus. Dies ergibt sich zunächst einmal daraus, dass er seine Mitarbeiter hinreichend belehrt hatte. Seine Arbeitnehmer hätten alle eine entsprechende Erklärung unterschrieben. Darüber hinaus habe er auch seine minderjährigen Kinder hinreichend belehrt gehabt.



"Afterlife"-Entscheidung zum Filesharing unter Eheleuten

Diese Gerichtsentscheidung steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes. In der "Afterlife"-Entscheidung (BGH, 06.10.2016 – I ZR 154/15) hatte der BGH festgestellt, dass Nachforschungen lediglich auf einen möglichen Zugriff potentieller Täter und deren Namen bezogen sind. Für Verheiratete genügt es daher, wenn sie dem Gericht mitteilen, dass der Ehepartner eigenständig Zugriff auf den Computer hatte. Weitergehende Nachforschungen sind dem Anschlussinhaber nicht zuzumuten. Näheres können Sie diesem Beitrag entnehmen:

"Grundsatzentscheidung des BGH - Anschlussinhaber muss nicht bei Ehepartner nachforschen".



Amtsgericht Charlottenburg zum Filesharing am Arbeitsplatz: Arbeitgeber haftet nicht

Dass Arbeitgeber nicht für Filesharing ihrer Mitarbeiter am Arbeitsplatz haften, ergibt sich aus einer Entscheidung des Amtsgerichtes Charlottenburg (AG Charlottenburg, Urteil vom 08.06.2016, Az. 231 C 65/16). Das Gericht zog dabei in Zweifel, ob die für private Internetanschlüsse geltende Täterschaftsvermutung auch für die geschäftliche Nutzung gilt. Dies gilt zumindest dann, wenn sich dieser außerhalb der Wohnung in einer Werkstätte befindet. Darüber hinaus hatte der Arbeitgeber seiner sekundären Darlegungslast genügt. Denn er hatte sich darauf berufen, dass sein Mitarbeiter ebenfalls Zugriff auf seinen Internetanschluss gehabt hatte. Dies sah das Gericht als ausreichend an. Näheres können Sie unserem folgenden Text entnehmen:

"Haftet Chef für Filesharing am Arbeitsplatz? AG Charlottenburg schränkt Haftung ein."



Fazit:

Neben Familien und Eheleuten sollten sich vor allem auch Arbeitgeber gegen den Vorwurf des illegalen Filesharings zur Wehr setzen. Zu Recht verweist das AG Hannover zudem daraus, dass Internetanschlüsse normalerweise auch von Ehegatten und Kindern als Familienanschluss benutzt werden. Diesen Realitäten in Familien und am Arbeitsplatz müssen die Gerichte hinreichend Rechnung tragen.


Über weitere gewonnene Filesharing-Verfahren unserer Kanzlei können Sie sich unter folgendem Link informieren:

Siegreiche Filesharing-Verfahren der Kanzlei WBS








AG Hannover, Urteil vom 07.11.2017, Az. 543 C 5612/17


(...)

Amtsgericht
Hannover




543 C 5612/17

Verkündet am 07.11.2017
[Name], als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle



Im Namen des Volkes

Urteil




in dem Rechtsstreit


[Name],
Klägerin

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldorf pp., Beethovenstraße 12, 80336 München,



gegen


[Name],
Beklagter

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte Wilde, Beuger, Solmecke, Kaiser-Wilhelm-Ring 27 - 29, 50672 Köln,



wegen Forderung




hat das Amtsgericht Hannover - Abt. 543 - aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 30.10.2017 durch die Richterin am Amtsgericht [Name]

für Recht erkannt:

Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.





Tatbestand

Der Beklagte ist Inhaber eines Internetanschlusses unter der Anschrift "[Name]". Der Internetanschluss besteht aus 2 Fritzboxen, die über eine Site-to-SiteVPN verbunden sind. Eine Fritzbox nutzt der Beklagte ausschließlich geschäftlich, die zweite Fritzbox wird sowohl geschäftlich als auch privat genutzt. Im November 2012 hat unter der Anschrift des Beklagten ebenfalls dessen Ehefrau, die Zeugin [Name] gewohnt.

Über die geschäftlich genutzte Fritzbox hatten auch die Mitarbeiter des Beklagten Zugriff auf den Internetanschluss.


Die Klägerin behauptet,
der Beklagte habe von seinem Internetanschluss am 19.11.2012 um 20.45 Uhr bzw. 20.51 Uhr eine Urheberrechtsverletzung begangen, indem er das Filmwerk "[Name]" oder Teile davon zum Herunterladen zur Verfügung gestellt habe. Die Klägerin behauptet, sie sei die Inhaberin der ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrechte an dem streitgegenständlichen Filmwerk.

Die Ermittlung der Urheberrechtsverletzung sei durch die Firma ipoque GmbH mittels des Software-Programmes PFS ordnungsgemäß erfolgt. Mit Schreiben vom 18.01.2013 sei der Beklagte - unstreitig - abgemahnt worden.


Die Klägerin beantragt,
die Beklagtenseite zu verurteilen, an die Klägerseite einen angemessenen Schadenersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichtes gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 600,00 EUR betragen sollte, zzgl. Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2015 zu zahlen.


Die Klägerin beantragt weiter,
die Beklagtenseite zu verurteilen, an die Klägerseite 506,00 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5 %- Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2015 zu zahlen.



Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.


Er bestreitet,
eine Urheberrechtsverletzung begangen zu haben. Die Ermittlungen der Firma ipoque GmbH seien nicht ordnungsgemäß erfolgt.


Wegen der weiteren Parteivortrags im Einzelnen wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der prozessleitend geladenen Zeugen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der Sitzung vom 30.10.2017 verwiesen.




Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung von Schadenersatz in Höhe von 600,00 EUR aus § 97 Abs. 2 Urheberrechtsgesetz und auf Zahlung der anwaltlichen Abmahnkosten in Höhe von 506,00 EUR aus § 97a Urheberrechtsgesetz.

Es kann dahinstehen, ob die Klägerin die von ihr behauptete Urheberrechtsverletzung am 19.11.2012 durch die Firma ipoque GmbH ordnungsgemäß hat ermitteln lassen. Die Klägerin kann sich zum Beweis der Täterschaft des Beklagten nicht auf eine tatsächliche Vermutung stützen. Zwar besteht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass der Inhaber eines Internetanschlusses für das illegale Angebot zum Download einer geschützten Datei verantwortlich ist. Diese tatsächliche Vermutung, die zu Lasten des Beklagten sprechen könnte, ist jedoch in diesem Fall von ihm entkräftet worden. Es besteht die ernsthafte Möglichkeit, dass ein Dritter und nicht der Anschlussinhaber den Internetanschluss für die behauptete Urheberrechtsverletzung genutzt hat.

Der Beklagte hatte im November 2012 über seinen Internetanschluss zwei Fritzboxen laufen. Die von ihm geschäftlich eingesetzte Fritzbox konnte von seinen Mitarbeitern genutzt werden.

So war die Zeugin [Name] alle zwei Wochen im Betrieb des Beklagten vor Ort und hat dort buchhalterische Tätigkeiten erledigt, zu denen auch die Durchführung von Überweisungen gehörte. Insofern war der von ihr genutzte PC für eine Internetnutzung freigeschaltet.

Dies hat die Zeugin [Name] nachvollziehbar und in sich widerspruchsfrei bestätigt. Es bestehen keine Bedenken an der Glaubwürdigkeit der Zeugin und der Glaubhaftigkeit ihrer Angaben.

Darüber hinaus hat der Beklagte unstreitig vorgetragen, dass die Zeugin ebenfalls die Möglichkeit hatte, von zu Hause aus auf den geschäftlichen Anschluss des Beklagten Zugriff zu nehmen. Es kann offenbleiben, ob dies tatsächlich so ist bzw. ob der Zeugin dies überhaupt bekannt war, was der Beklagte selbst bezweifelte.

Weiterhin hat auch die Zeugin [Name] als Ehefrau des Beklagten glaubhaft bekundet, dass sie mit einem eigenen Notebook selbstständig und ungehindert Zugriff zu dem Internetanschluss des Beklagten hatte. Es entspricht auch der Lebenserfahrung, dass ein vorhandener Internetanschluss innerhalb einer Familie von allen Mitgliedern genutzt wird.

Vor diesem Hintergrund ist der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast nachgekommen und hat die tatsächliche Vermutung, die für seine Täterschaft spricht, erschüttert.

Eine Störerhaftung des Beklagten scheidet ebenfalls aus, denn er hat nachvollziehbar dargelegt, dass er nicht nur seine minderjährigen Kinder ständig darüber belehrt habe, was erlaubt sei und was nicht. Vielmehr hat er auch seine Mitarbeiter belehrt und sich von diesen eine entsprechende Erklärung unterschreiben lassen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Dem Beklagten brauchte auf den Schriftsatz der Klägerin vom 23.10.2017 keine Nachlassfrist bewilligt zu werden, weil er keinen neuen Sachvortrag enthielt.




Rechtsbehelfsbelehrung

Diese Entscheidung kann mit der Berufung angefochten werden. Sie ist einzulegen innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem

Landgericht Hannover,
Volgersweg 65,
30175 Hannover.


Die Frist beginnt mit der Zustellung der in vollständiger Form abgefassten Entscheidung. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Beschwerdegegenstand 600,00 EUR übersteigt oder das Gericht die Berufung in diesem Urteil zugelassen hat. Zur Einlegung der Berufung ist berechtigt, wer durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Die Berufung wird durch Einreichung einer Berufungsschrift eingelegt Die Berufung kann nur durch einen Rechtsanwalt eingelegt werden.



[Name]
Richterin am Amtsgericht (...)






~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~




AG Hannover, Urteil vom 07.11.2017, Az. 543 C 5612/17,
Klage Waldorf Frommer,
Rechtsanwalt Christian Solmecke,
sekundäre Darlegungslast,
WILDE BEUGER SOLMECKE Rechtsanwälte GbR,
Mitarbeiter,
Filesharing am Arbeitsplatz

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#11167 Beitrag von Steffen » Montag 13. November 2017, 23:52

Rasch Rechtsanwälte (Hamburg): Sechstes und siebtes BGH-Verfahren gewonnen - Wieder hat die Kanzlei um Namensgeber Clemens Rasch zwei Verfahren geführt, die vor dem Bundesgerichtshof erfolgreich waren


23:50 Uhr


Die bereits im März dieses Jahres bekannt gewordene BGH-Entscheidung "Loud" dürfte inzwischen hinlänglich bekannt sein (Urt. v. 30.03.2017, I ZR 19/16), insbesondere der Umstand, dass eine Pflicht zur Benennung des auch aus der Familie stammenden Täters besteht, wenn er bekannt ist. Beachtlich ist außerdem, dass der Bundesgerichtshof in diesem Verfahren sogar Schadensersatz oberhalb von 200,00 EUR je verfügbar gemachter Tonaufnahme als rechtsfehlerfrei bestätigt hat (2.500,00 EUR für elf Tonaufnahmen).



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Rasch Rechtsanwälte

An der Alster 6 | 20099 Hamburg
Fon 040 244 297-0 | Fax 040 244 297-20
E-Mail kanzlei@raschlegal.de | Internet www.raschlegal.de




Bericht:

Link:
http://www.raschlegal.de/aktuelles/rasc ... -gewonnen/

Autorin:
Rechtsanwältin Anja Heller



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Juristisch noch spannender ist hingegen ein Urteil aus September (Urt. v. 21.09.2017, I ZR 58/16 - Sicherung der Drittauskunft), dessen Entscheidungsgründe inzwischen vorliegen: denn erstmals wurde vom Bundesgerichtshof ein Speicherungsanspruch gegenüber einem Provider bestätigt, der im Moment einer laufenden Internetsession eines seiner Nutzer über dessen rechtsverletzende Aktivitäten informiert wird (ab Rz. 54). Das bedeutet, dass es keiner vorherigen richterlichen Anordnung bedarf, um den Provider zu einer Speicherung von IP-Adressen zu zwingen. Der Bundesgerichtshof bestätigt in weiten Teilen die Argumente, die Rasch Rechtsanwälte in den Vorinstanzen für die betroffene Tonträgerherstellerin vorgebracht hatten und sieht weder datenschutz- noch verfassungsrechtliche Probleme.

Dieses Verfahren konnte nur geführt werden, weil in der Kanzlei Rasch Rechtsanwälte immer wieder neue juristische Ansätze gesucht werden, um Medieninhalte ihrer Mandanten effektiv zu schützen. Im inzwischen siebten BGH-Verfahren konnten die juristisch wohl durchdachten Argumente nun überzeugen.



BGH_I_ZR_58-16_Sicherung_der_Drittauskunft.pdf (148 KB)
BGH_I_ZR_19-16_Loud.pdf (139 KB)







~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

BGH, Urteil vom 30.03.2017, I ZR 19/16 - Loud
BGH, Urteil vom 21.09.2017, I ZR 58/16 - Sicherung der Drittauskunft


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LG Bochum, Az. I-8 S 17/17

#11168 Beitrag von Steffen » Dienstag 14. November 2017, 11:46

JurPC (Wiesbaden): Landgericht Bochum, Urteil vom 07.09.2017, Az. I-8 S 17/17 - Sekundäre Darlegungslast in Filesharing-Fällen (JurPC Web-Dok. 159/2017)


11:45 Uhr


Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast, indem er vorträgt, welche Personen selbständigen Zugang zu dem Internetanschluss hatten. Es obliegt sodann dem Rechteinhaber, die fehlende Täterschaft dieser Personen sachlich zu begründen.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Prof. Dr. Maximilian Herberger (mh)
JurPC - Internet-Zeitschrift für Rechtsinformatik und Informationsrecht


Patrickstr. 43 | 65191 Wiesbaden
Telefon: 0611 / 957820 | Telefax: 0611 / 9578228
E-Mail: mail@jurpc.de | Web: http://www.jurpc.de/



JurPC Web-Dok. 159/2017

Link:
http://www.jurpc.de/jurpc/show?id=20170159

Einsender:
RA Dr. Bernd Lorenz, Essen



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~






LG Bochum, Urteil vom 07.09.2017, Az. I-8 S 17/17



(...) - Abschrift -


I-8 S 17/17
Az. 65 C 168/16
Amtsgericht Bochum


Verkündet am 07.09.2017
[Name], Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle



Landgericht Bochum

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil




In dem Rechtsstreit


[Name],
Klägerin und Berufungsklägerin,

Prozessbevollmächtigter: [Name],



gegen


[Name],
Beklagte und Berufungsbeklagte,

Prozessbevollmächtigter: [Name],





hat die 8. Zivilkammer Bochum aufgrund mündlicher Verhandlung vom 07.09.2017 durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht [Name], den Vorsitzenden Richter am Landgericht [Name] und den Richter [Name]

für Recht erkannt:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 21.02.2017 verkündete Urteil des Amtsgerichts Bochum wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.





Gründe:

(abgekürzt gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO)

Die zulässige Berufung der Klägerin gegen das am 21.02.2017 verkündete Urteil des Amtsgerichts Bochum ist unbegründet.

Der Klägerin steht kein Anspruch auf Schadensersatz aus §§ 97 Abs. 2 S. 3 UrhG, 823 Abs. 1 BGB und kein Anspruch auf Ersatz von Abmahnkosten aus § 97 a UrhG zu. Der Klägerin ist es nicht gelungen, die Täterschaft der Beklagten im Hinblick auf die streitgegenständlichen Urheberrechtsverletzungen zu beweisen.

Grundsätzlich trifft die Klägerin die Darlegungs- und Beweislast für die behauptete Urheberrechtsverletzung. Bei Urheberrechtsverletzungen durch Teilnahme an einer Internettauschbörse trifft den Anschlussinhaber nach der Rechtsprechung des BGH aber eine sekundäre Darlegungslast, da die primär darlegungsbelastete Partei regelmäßig keine nähere Kenntnis der maßgeblichen Umstände und auch keine Möglichkeit zur weiteren Sachverhaltsaufklärung hat, während dem Anschlussinhaber nähere Angaben dazu ohne weiteres möglich und zumutbar sind. Die Bestimmung der Reichweite der dem Anschlussinhaber obliegenden sekundären Darlegungslast hat mit Blick darauf zu erfolgen, dass erst die Kenntnis von den Umständen der Anschlussnutzung durch den Anschlussinhaber dem Verletzten eine Rechtsverfolgung ermöglicht (BGH vom 06.10.2016 - I ZR 154/16). Grundsätzlich entspricht der Anschlussinhaber dieser sekundären Darlegungslast dadurch, dass er vorträgt, ob andere Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen (BGH vom 08.01.2014, I ZR 169/12). Dieser sekundären Darlegungslast hat die Beklagte vorliegend genügt.

Denn sie hat vorgetragen, dass der Internetanschluss in dem relevanten Zeitraum, in dem die Urheberrechtsverletzungen begangen wurden, regelmäßig in der Zeit nach 23 Uhr von ihrem damals 44 Jahre alten Sohn genutzt worden sei. Dabei hat sie darüber hinaus behauptet, dass ihr Sohn auch Internettauschbörsen und ihren Internetanschluss zum Herunterladen von größeren Datenmengen genutzt habe, da dessen Internetanschluss eine zu geringe Bandbreite aufgewiesen habe. Der Computer sei auch über Nacht an geblieben. Dieser Vortrag ist unbestritten geblieben und deckt sich mit den Zeitpunkten der festgestellten Urheberrechtsverstöße, die vornehmlich in die Nachtzeit fielen. Dieses Vorbringen der Beklagten genügt der sekundären Darlegungslast, da sie hiermit die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Täters aufgezeigt hat. Es ist nicht ersichtlich, welche weiteren Informationen die Beklagte der Klägerin noch hätte offenbaren können, uni dieser die Verfolgung ihrer Rechte gegenüber dem Sohn zu ermöglichen.

Da die Beklagte einen ernsthaft in Betracht kommenden Täter benannt hat, obliegt es nunmehr der Klägerin, den vollen Beweis für die Täterschaft der Beklagten zu führen. Das diesbezügliche Vorbringen der Klägerin beschränkt sich indes auf die ins Blaue hinein aufgestellte Behauptung, der Sohn der Beklagten habe die Rechtsverletzung nicht begangen. Angesichts des konkreten und unbestrittenen Vortrages der Beklagten wäre es Sache der Klägerin gewesen, die fehlende Täterschaft des Sohnes der Beklagten zumindest sachlich zu begründen. Dem entsprechenden Beweisangebot der Klägerin - Vernehmung des Sohnes der Beklagten als Zeugen - konnte die Kammer mangels konkreten Vortrages hierzu nicht nachgehen. Es hätte sich insoweit um einen unzulässigen Ausforschungsbeweis gehandelt, da erst die Beweiserhebung selbst Tatsachen zur Kenntnis der Klägerin gebracht hätte, die ihr weiteren Vortrag ermöglicht hätten (vgl. Greger in Zöller, ZPO, 31 Aufl., vor § 284 Rn. 5).

Die Berufung war daher mit den aus §§ 97, 708 Nr. 11, 711 ZPO folgenden prozessualen Nebenentscheidungen zurückzuweisen.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Entscheidung der Kammer auf den Urteilen des BGH vom 08.01.2014 (I ZR 169/12) und vom 06.10.2016 (I ZR 154/16) beruht.

Der Streitwert der I. und II. Instanz wird auf 815,00 EUR festgesetzt. (...)



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

LG Bochum, Urteil vom 07.09.2017, Az. I-8 S 17/17,
Vorinstanz: AG Bochum, Urteil vom 21.02.2017, Az. 65 C 168/16,
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AG München, Az. 264 C 4216/17

#11169 Beitrag von Steffen » Dienstag 14. November 2017, 23:40

Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Amtsgericht München - Pauschaler Fingerzeig auf dritte Personen genügt nicht zur Erschütterung der Täterschaftsvermutung


23:38 Uhr


Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen. Im vorstehenden Verfahren gab die Beklagte an, ihr ehemaliger Ehemann habe die in Frage stehende Rechtsverletzung begangen und dies ihr gegenüber nach Erhalt der Abmahnung zugegeben. Sie selbst käme nicht als Täterin in Betracht, da sie zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung bereits geschlafen habe.


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

Beethovenstraße 12 | 80336 München
Telefon: 089 / 52 05 72 10 | Telefax: 089 / 52 05 72 30
E-Mail: web@waldorf-frommer.de | Web: www.waldorf-frommer.de




Bericht

Link:
https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... vermutung/

Urteil als PDF:
https://news.waldorf-frommer.de/wp-cont ... 216_17.pdf

Autorin:
Rechtsanwältin Cornelia Raiser



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Der betreffende Ex-Partner wurde im weiteren Verfahren seitens des Amtsgerichts als Zeuge vernommen. Im Rahmen dessen gab dieser jedoch an, die Rechtsverletzung nicht begangen zu haben. Er habe erst im Zuge der Abmahnung von der Rechtsverletzung erfahren und gegenüber der Beklagten niemals seine Täterschaft eingestanden.

Im Nachgang zu der erfolgten Beweisaufnahme änderte die Beklagte ihren Vortrag dahin gehend, dass die beiden Kinder des Zeugen die Rechtsverletzung begangen haben könnten.

Diesen Vortrag sah das Gericht allerdings als verspätet sowie zu pauschal an und verurteilte die Beklagte vollumfänglich.

Zwar ist die Nennung des tatsächlichen Täters grundsätzlich zur Erfüllung der sekundären Darlegungslast geeignet. Allerdings hat sich der diesbezügliche Vortrag der Beklagten vorliegend nicht bestätigt. Denn nach Ansicht des Gerichts hat der Zeuge glaubhaft bekundet, dass er die Rechtsverletzung nicht begangen habe.

In Bezug auf die Kinder des Zeugen fehlt es hingegen an einem detaillierten Sachvortrag.

"Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass die Kinder zum Tatzeitpunkt tatsächlich Zugriff auf den PC hatten, auch fehlt Vortrag zum konkreten Nutzungsverhalten der Kinder zum Tatzeitpunkt oder zu sonstigen Hinweisen der Kinder (vgl. BVerfG, Beschl. v. 23.09.2015, 2 BvR 1979/15). Insoweit ist das Vorbringen der Beklagten zudem widersprüchlich, da sie zunächst ausschließlich den Zeugen [...] als Rechtsverletzer benannt hat."

Im Übrigen bestätigte das Gericht die Höhe der geforderten außergerichtlichen Anwaltskosten von 506,00 EUR. Ein Gegenstandswert von weniger als 10.000,00 EUR kommt nach Ansicht des Gerichts nicht in Betracht.







AG München, Urteil vom 06.10.2017, Az. 264 C 4216/17



(...) - Beglaubigte Abschrift -



Amtsgericht München

Az.: 264 C 4216/17



IM NAMEN DES VOLKES



In dem Rechtsstreit


[Name],
- Klägerin -

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldorf Frommer, Beethovenstraße 12, 80336 München,



gegen


[Name], 85221 Dachau,
- Beklagte -

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte [Name], 85221 Dachau,



wegen Forderung




erlässt das Amtsgericht München durch den Richter [Name] aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 07.09.2017 folgendes


Endurteil


1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.106,00 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 21.08.2015 zu zahlen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.



Beschluss:
Der Streitwert wird auf 1.106,00 EUR festgesetzt.




Tatbestand

Die Parteien streiten um Schadensersatz und Abmahnkosten wegen der illegalen Vervielfältigung geschützter Bild- / Tonaufnahmen.

Am [Datum] wurde im Zeitraum von [Uhrzeit] bis [Uhrzeit] Uhr über den Internetanschluss der Beklagten der Film [Name] über das Internet in einer Tauschbörse zum Download angeboten. Zum diesem Zeitpunkt wohnten in der Wohnung der Beklagten auch ihr damaliger Ehemann, der Zeuge [Name] mit seinen beiden Kindern im Alter von damals 13 und 15 Jahren sowie das gemeinsame dreijährige Kind. Die Klägerin ist im Hersteller- bzw. Urhebervermerk als Rechteinhaberin ausgewiesen und auf dem Video-on-Demand Portal maxdome als Rechteinhaberin des streitgegenständlichen Films angegeben. Der Beklagten wurden bzgl. des streitgegenständlichen Films keinerlei Verwertungsrechte und keine Erlaubnis zur Verwertung in Tauschbörsen eingeräumt. Eine entsprechende Lizenz für einen aktuellen Spielfilm wie dem streitgegenständlichen kostet je nach Bekanntheit, Aktualität, Laufzeit und Bildqualität regelmäßig zwischen 5,88 EUR und 9,99 EUR netto.

Mit Schreiben der Klägervertreter wurde die Beklagte am [Datum] zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung sowie zur Zahlung von Schadensersatz und der Erstattung außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten aufgefordert. Die Beklagte gab daraufhin die Unterlassungserklärung ab, lehnte aber eine Zahlung auch nach mehrfacher Mahnung und letztmaliger Fristsetzung bis zum [Datum] ab. Sie behauptete im Schreiben an die Klägervertreter vom [Datum] (Anl. B1), dass "möglicherweise zwei minderjährige Kinder am PC waren, welche um diese Zeit bei Besuch zu ihr waren".


Die Klägerin behauptet,
sie sei aktivlegitimiert. Die Beklagte sei für die Rechtsverletzung verantwortlich. Sie ist der Ansicht, für die Berechnung des Schadens sei die Methode der Lizenzanalogie anzuwenden. Sie hält einen Gegenstandswert von 10.000,00 EUR für angemessen.

Sie beantragt:
Die Beklagtenseite wird verurteilt, an die Klägerseite einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 600,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 21.08.2015 sowie 506,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.08.2015 zu bezahlen.



Die Beklagte beantragt:
Klageabweisung.

Sie behauptet,
der Zeuge [Name] habe den Film heruntergeladen und dies ihr gegenüber nach Erhalt der Abmahnung auch zugegeben. Sie selbst sei mit dem gemeinsamen kleinen Kind immer spätestens gegen 22:00 Uhr schlafen gegangen. Sie wisse auch nicht, wie das Herunterladen eines Films funktioniere. Sie ist der Auffassung, es handle sich nur um ein bagatellartiges Vergehen, da der Film nur ca. 20 Minuten angesehen wurde und es sich nicht um einen Gewerbebetrieb mit vielen Zuschauern handle.

Das Gericht hat auf Antrag der Klägerin Beweis erhoben über die Behauptung, der Zeuge habe den Film in die Tauschbörse gestellt, durch Vernehmung des besagten Zeugen. Für das Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 07.09.2017 verwiesen.

Mit Schriftsatz vom 28.09.2017 behauptet die Beklagte nach Schluss der mündlichen Verhandlung erstmals im Prozess, die Kinder des Zeugen [Name] hätten die Rechtsverletzung begangen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf alle zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 09.05.2017 und vom 07.09.2017 sowie auf sonstige Aktenbestandteile Bezug genommen.




Entscheidungsgründe



I.

Die zulässige Klage ist begründet, die Klägerin hat einen Anspruch auf Aufwendungsersatz in Höhe von 506,00 EUR aus § 97a Abs. 3 UrhG sowie auf 600,00 EUR Schadensersatz aus § 97 UrhG.


1.

Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten für die Abmahnung vom [Datum] zu. Der Anspruch setzt eine berechtigte Abmahnung des Verletzten voraus. Eine Abmahnung ist berechtigt, wenn sie begründet war, also der geltend gemachte Unterlassungsanspruch bestand und sie zugleich erforderlich war, um dem Abgemahnten den kostengünstigsten Weg aus dem Konflikt aufzuzeigen. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.


a)

Der Kläger ist nach Überzeugung des Gerichts Rechteinhaber und damit aktivlegitimiert, wie sich aus Anlage K1 ergibt. Hierfür reichen die von der Klägerin vorgetragenen Indizien aus (vgl. BGH GRUR 2016, 176). Die Klägerin ist im Hersteller- bzw. Urhebervermerk als Rechteinhaberin ausgewiesen und auf der bekannten Website maxdome als Rechteinhaber angegeben, es erscheint dem Gericht ausgeschlossen, dass ein tatsächlicher Rechteinhaber das entgeltliche Zurverfügungstellen des Werks auf einer bekannten Website dulden würde, so dass die Aktivlegitimation gemäß § 94 Abs. 4 UrhG i.V.m. § 10 Abs. 1 UrhG zu vermuten ist. Jedenfalls aber hätte die Beklagte angesichts des konkreten Vortrags und der genannten Anhaltspunkte der Klägerin die Aktivlegitimation substantiiert bestreiten und konkrete Anhaltspunkte benennen müssen, die gegen eine Rechteinhaberschaft der Klägerin sprechen. Dies ist nicht erfolgt.


b)

Der Film ist auch nach § 95 UrhG urheberrechtlich geschützt. Die Beklagte hat dieses Recht der öffentlichen Zugänglichmachung, § 19a UrhG, verletzt, indem sie den Film zum Download in einer Tauschbörse angeboten hat.


aa)

Unstrittig wurde der besagte Film über den Internetanschluss der Beklagten zum Download auf einer Tauschbörse angeboten, obwohl die Beklagte hierzu nicht berechtigt war.


bb)

Die Beklagte ist nach Überzeugung des Gerichts auch für das öffentliche Zugänglichmachen des Films verantwortlich. Die Klägerin trägt nach den allgemeinen Grundsätzen die Darlegungs-und Beweislast für die Voraussetzungen des Anspruchs. Daher muss sie auch nachweisen, dass die Beklagte für die behauptete Urheberrechtsverletzung verantwortlich ist. Allerdings spricht eine tatsächliche Vermutung für die Täterschaft des Anspruchsinhabers, wenn keine andere Person diesen Internetanschluss benutzen konnte. Diese Vermutung wird widerlegt, wenn der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt auch von anderen Personen benutzt werden konnte. In diesen Fällen trifft den Anschlussinhaber eine sekundäre Darlegungslast (vgl. BGH GRUR 2014, 657; GRUR 2016, 1280). Dieser sekundären Darlegungslast hat die Beklagte entsprochen, indem sie konkret und substantiiert einen anderen Geschehensablauf vorgetragen hat und den Zeugen [Name] als Rechtsverletzer benannt hat. Damit verbleibt es bei der Beweislast der Klägerin, da die Vermutung der Täterschaft nicht zu einer Beweislastumkehr führt. Diesen Beweis durch die Klägerin sieht das Gericht allerdings als erbracht an.

Der Zeuge [Name] hat bei seiner Vernehmung glaubhaft ausgesagt, dass er den Film nicht heruntergeladen habe. Er habe erst durch die Abmahnung von der Rechtsverletzung erfahren und diese gegenüber seiner Frau nicht zugegeben. Er hat zudem ausgesagt, dass seine Frau zwar für gewöhnlich früh ins Bett gehe, dass aber zum Zeitpunkt der behaupteten Rechtsverletzung häufig Gäste anwesend waren wegen des orthodoxen Weihnachtsfestes. Der Zeuge hat nach Ansicht des Gerichts schlüssig und nachvollziehbar seine Täterschaft verneint. Auch wenn der Zeuge ein Interesse daran hatte, seine eigene Täterschaft zu bestreiten, sieht das Gericht aufgrund der Vernehmung keine Anhaltspunkte, an der Aussage des Zeugen zu zweifeln. Der Zeuge hat keinen Belastungseifer gegenüber seiner Ehefrau erkennen lassen und zugegeben, dass seine Kinder als Täter in Betracht kommen. Zudem handelt es sich bei dem streitgegenständlichen Film um einen Film, der für gewöhnlich eher von einem jüngeren Publikum angesehen wird, was gegen eine Täterschaft des Zeugen [Name] spricht.


cc)

Soweit die Beklagte mit Schriftsatz vom 28.09.2017 vorträgt, die Töchter des Zeugen hätten die Rechtsverletzung begangen, ist dies zum einen unsubstantiiert, zum anderen auch verspätet. Die Beklagte ist hinsichtlich der Kinder ihrer sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen und hat die Vermutung der Täterschaft auch insofern nicht widerlegt. Eine Entkräftung der tatsächlichen Vermutung erfordert hinsichtlich des fraglichen Tatzeitpunkts Sachvortrag, nach dem die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass allein ein Dritter und nicht auch der Anschlussinhaber den Internetzugang für die behauptete Rechtsverletzung genutzt hat (vgl. BGH NJW 2013, 1441). Der Anschlussinhaber muss seine Verantwortlichkeit deshalb im Rahmen des ihm Zumutbaren substantiiert bestreiten sowie Tatsachen darlegen und ggf. beweisen, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines abweichenden Geschehensablaufs - nämlich die Alleintäterschaft eines anderen Nutzers des besagten Internetanschlusses - ergibt (OLG Köln MMR 2014, 338). An die im Rahmen der sekundären Darlegungslast vorgebrachten Tatsachen ist hierbei bezüglich Detailgrad und Plausibilität ein strenger Maßstab anzulegen (LG München I, 22.03.2013, Az. 21 S 28809/11), worauf die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 09.05.2017 durch das Gericht auch hingewiesen wurde. Den so skizzierten Anforderungen genügt der Vortrag der Beklagten nicht, insbesondere ersetzt der pauschale Verweis auf die Aussage des Zeugen [Name] nicht den eigenen Tatsachenvortrag. Die Beklagte hat nicht detailliert dargelegt, dass die Kinder zum Tatzeitpunkt tatsächlich Zugriff auf den PC hatten, auch fehlt Vortrag zum konkreten Nutzungsverhalten der Kinder zum Tatzeitpunkt oder zu sonstigen Hinweisen auf eine Täterschaft der Kinder (vgl. BVerfG, Beschl. v. 23.09.2015, 2 BvR 1979/15). Insoweit ist das Vorbringen der Beklagten zudem widersprüchlich, da sie zunächst ausschließlich den Zeugen Mals Rechtsverletzer benannt hat.

Jedenfalls aber ist der Vortrag hinsichtlich der Kinder verspätet. Die Beklagte hat erstmals nach Schluss der mündlichen Verhandlung mit Schriftsatz vom 28.09.2017 im Prozess behautet, dass die Kinder die Rechtsverletzung begangen haben, dies ist gemäß § 296a ZPO verspätet.


c)

Die Abmahnung war auch objektiv erforderlich, um dem Beklagten einen Weg zu weisen, den Streit ohne gerichtliche Hilfe zu beenden.


d)

Die Höhe der geforderten Abmahngebühren von 506,00 EUR ist nicht zu beanstanden. Der Wert des Unterlassungsanspruchs bestimmt sich nach dem Interesse des Anspruchsstellers an der Unterbindung weiterer gleichartiger Verstöße. Dieses Interesse ist pauschalierend unter Berücksichtigung des Einzelfalls zu berücksichtigen. Vorliegend hat die Beklagte einen populären, finanziell erfolgreichen Film zum Download angeboten, der zum Zeitpunkt des Angebots in der Tauschbörse auch aktuell war. Hinzu kommt, dass Tauschbörsen die Gefahr begründen, dass Filme massenhaft weiter verbreitet werden, da das Werk einer unbestimmten Vielzahl von Dritten zugänglich gemacht wird (vgl. BGH NJW 2016, 942), so dass ein Gegenstandswert von weniger als 10.000,00 EUR nicht in Betracht kommt. Die Begrenzung des § 97a Abs. 3 S. 2 UrhG ist vorliegend nicht anwendbar, da diese Vorschrift am 09.10.2013 und damit erst nach der Abmahnung vom 15.01.2013 in Kraft getreten ist (vgl. BGH MMR 2012, 39; OLG Köln BeckRS 2014, 03437).

Entgegen der Auffassung der Beklagten liegt auch keine bloße unerhebliche Rechtsverletzung i.S.v. § 97a Abs. 2 a.F. UrhG vor. Davon war gemäß der Vorschrift in der Fassung vor dem 09.10.2013 auszugehen, wenn die Rechtsverletzung sich nach Art und Ausmaß auf einen geringfügigen Eingriff beschränkt und deren Folgen durch schlichte Unterlassung beseitigt werden können. Allein die Tatsache, dass es sich um ein Handeln im Privatbereich handelt, genügt hierfür jedoch nicht, da dies schon Tatbestandsvoraussetzung des § 97a Abs. 2 a.F. UrhG ist (Wandtke / Bullinger, UrhG, 3. Aufl., § 97a Rn. 36). Der Begriff der Unerheblichkeit ist eng auszulegen, in der Regel indiziert die Erforderlichkeit der Abmahnung die Erheblichkeit der Rechtsverletzung. Erfasst sind der Norm nur einfach gelagerte Fälle, die in qualitativer und quantitativer Hinsicht unerheblich sind (BT-Drs. 16/5048, S. 49). Dies ist bei einer Tauschbörse nicht der Fall, da es gerade deren Sinn und Zweck ist, urheberrechtlich geschützte Inhalte einer unbegrenzten Anzahl von Personen kostenlos zur Verfügung zu stellen. Eine Vervielfältigung wird dadurch unbegrenzt ermöglicht.


2.

Die Beklagte haftet ferner gemäß § 97 Abs. 1 S. 1 Abs. 2 Urhebergesetz auf Schadensersatz in Höhe von 600,00 EUR da die Urheberrechtsverletzung schuldhaft begangen wurde. Die Beklagte hat die Rechtsverletzung zumindest fahrlässig begangen, weil sich, wer einen fremden, urheberrechtlich geschützten Film nutzen will, über den Bestand und Umfang des bestehenden Schutzes informieren muss. Die Beklagte hätte sich daher vergewissern müssen, dass sie berechtigt ist, den Film in einer Tauschbörse anzubieten. Auch die Höhe des Schadensersatzanspruchs von 600,00 EUR hält das Gericht für angemessen. Die Klägerin kann ihren Schadensersatzanspruch gemäß § 97 Abs. 2 S. 3 UrhG nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie berechnen (vgl. BGH NJW 2017, 814 m.w.N.). Für den konkreten Fall schätzt das Gericht den Betrag gemäß § 287 Abs. 1 ZPO auf Basis der von der Klägerin in der Klageschrift mitgeteilten Schätzgrundlage. Unbestritten würde eine Lizenzgebühr bei einer Mindestabruflizenz von 5,88 EUR selbst bei nur 200 Abrufen mehr. als 1.000,00 EUR kosten. Der Eingriff beschränkt sich aber im Falle der Bereitstellung eines Werks über eine Internettauschbörse nicht nur auf die Erlangung einer Einzelkopie durch den in Anspruch genommenen Nutzer. Vielmehr erhält durch die Bereitstellung über die Tauschbörse zugleich eine Vielzahl von Nutzern Zugriff auf das Werk. Diesem Umstand ist bei der Bemessung des Schadensersatzes Rechnung zu tragen Dabei kommt es nicht entscheidend darauf an, ob das Werk tatsächlich von Dritten heruntergeladen wurde, ausreichend ist, dass der Zugriff auf das Werk eröffnet wird (BGH GRUR 2016, 176).

Zu Gunsten der Beklagten spricht hierbei allerdings, dass der Film nur für 20 Minuten zum Download angeboten wurden. Das Gericht hält daher unter Berücksichtigung dieser Tatsache den von der Klägerin geforderten Mindestbetrag von 600,00 EUR für angemessen.


3.

Die Zinsentscheidung ergibt sich aus §§ 280 Abs. 1, 2, 286, 288 BGB. Verzugsbeginn war der 21.08.2017, da die Klägerin eine Zahlungsfrist bis 20.08.2015 gesetzt hat.



II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 11, 711 ZPO.




Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen die Entscheidung kann das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600,00 EUR übersteigt oder das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

Die Berufung ist binnen einer Notfrist von einem Monat bei dem

Landgericht München I
Prielmayerstraße 7
80335 München


einzulegen.

Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens, mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung der Entscheidung.

Die Berufung muss mit Schriftsatz durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt eingelegt werden. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt werde.

Die Berufung muss binnen zwei Monaten mit Anwaltsschriftsatz begründet werden. Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.

Gegen die Entscheidung, mit der der Streitwert festgesetzt worden ist, kann Beschwerde eingelegt werden, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,00 EUR übersteigt oder das Gericht die Beschwerde zugelassen hat.

Die Beschwerde ist binnen sechs Monaten bei dem

Amtsgericht München
Pacellistraße 5
80333 München


einzulegen.

Die Frist beginnt mit Eintreten der Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache oder der anderweitigen Erledigung des Verfahrens. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf der sechsmonatigen Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.

Die Beschwerde ist schriftlich einzulegen oder durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle des genannten Gerichts. Sie kann auch vor der Geschäftsstelle jedes Amtsgerichts zu Protokoll erklärt werden; die Frist ist jedoch nur gewahrt, wenn das Protokoll rechtzeitig bei dem oben genannten Gericht eingeht. Eine anwaltliche Mitwirkung ist nicht vorgeschrieben.



gez.
[Name]
Richter



Verkündet am 06.10.2017
gez.
[Name], JAng
Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (...)






~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



AG München, Urteil vom 06.10.2017, Az. 264 C 4216/17,
Waldorf Frommer Rechtsanwälte,
Rechtsanwältin Cornelia Raiser,
Klage Waldorf Frommer,
sekundäre Darlegungslast,
verspäteter Sachvortrag,
pauschaler Sachvortrag

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Wochenrückblick

#11170 Beitrag von Steffen » Samstag 18. November 2017, 00:06

------------------------------------------------------ - Abmahnwahn Deutschland - Filesharing - --------------------------------------------


DER Wochenrückblick........................Bild......................Filesharing Fälle


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Ausgabe 2017, KW 46 ..................................Initiative AW3P.............................13.11. - 19.11.2017

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1. Rasch Rechtsanwälte (Hamburg): Sechstes und siebtes BGH-Verfahren gewonnen - Wieder hat die Kanzlei um Namensgeber Clemens Rasch zwei Verfahren geführt, die vor dem Bundesgerichtshof erfolgreich waren



BGH, Urteil vom 21.09.2017, I ZR 58/16 - Sicherung der Drittauskunft


(...) Juristisch noch spannender ist hingegen ein Urteil aus September (Urt. v. 21.09.2017, I ZR 58/16 - Sicherung der Drittauskunft), dessen Entscheidungsgründe inzwischen vorliegen: denn erstmals wurde vom Bundesgerichtshof ein Speicherungsanspruch gegenüber einem Provider bestätigt, der im Moment einer laufenden Internetsession eines seiner Nutzer über dessen rechtsverletzende Aktivitäten informiert wird (ab Rz. 54). Das bedeutet, dass es keiner vorherigen richterlichen Anordnung bedarf, um den Provider zu einer Speicherung von IP-Adressen zu zwingen. Der Bundesgerichtshof bestätigt in weiten Teilen die Argumente, die Rasch Rechtsanwälte in den Vorinstanzen für die betroffene Tonträgerherstellerin vorgebracht hatten und sieht weder datenschutz- noch verfassungsrechtliche Probleme. (...)



Quelle: 'www.raschlegal.de'
Link: http://www.raschlegal.de/aktuelles/rasc ... -gewonnen/
Urteil als PDF: http://www.raschlegal.de/uploads/media/ ... skunft.pdf











2. Österreich - Oberster Gerichtshof (Wien): Provider müssen Sperraufforderungen auch dann nachkommen, wenn eine Seite selber keine illegalen Inhalte, sondern nur Magnet-Links zu Torrents bereitstellt (Netzsperren gegen die Torrent-Seite: "The Pirate Bay")



OGH, Beschluss vom 24.10.2017, Az. 4Ob121/17y


(...) Die Provider müssen demnach Sperraufforderungen auch dann nachkommen, wenn eine Seite selber keine illegalen Inhalte, sondern nur Magnet-Links zu Torrents bereitstellt. […]. In der Begründung heißt es, dass das Anbieten eines Torrent-Verzeichnisses auf Online-Plattformen bereits eine öffentliche Wiedergabe sei. Bei urheberrechtlich geschützten Inhalten reicht damit das Verweisen auf Torrents bereits aus, um eine Netzsperre zu rechtfertigen [...] (...)



Quelle: 'www.ris.bka.gv.at'
Link: https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe? ... 7Y0000_000











3. Kanzlei Dr. Bahr (Hamburg): Oberlandesgericht München - Amazon haftet nicht für Markenverletzungen seiner Marketplace-Verkäufer



OLG München, Urteil vom 29.09.2017, Az.: 29 U 745/16


(...) Als Störer könne bei der Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer in irgendeiner Weise willentlich und adäquat-kausal zur Verletzung des geschützten Rechtsguts beitrage. Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden dürfe, die die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen hätten, setzte die Haftung des Störers die Verletzung von Prüfpflichten voraus. Deren Umfang bestimme sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten sei.

Ähnlich wie dem Betreiber einer Internetplattform sei es Amazon unzumutbar sämtliche Verkaufsangebote der Marketplace-Händler im Vorwege auf mögliche Rechtsverletzung hin zu untersuchen. Eine Verantwortlichkeit trete erst dann ein, wenn Amazon auf eine klare Verletzung von Markenrechten im konkreten Einzelfall hingewiesen werde.
(...)



Quelle: 'www.online-und-recht.de'
Link: http://www.online-und-recht.de/urteile/ ... -20170929/















.............................................................Bild





Gerichtsentscheidungen





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  • LG Bochum, Urteil vom 07.09.2017, Az. I-8 S 17/17 [sekundäre Darlegungslast; pornografischer Film]
  • AG Hannover, Urteil vom 07.11.2017, Az. 543 C 5612/17 (WF verlieren; sekundäre Darlegungslast (Anschlussinhaber haftet nicht für seine Mitarbeiter)]




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  • AG München, Urteil vom 06.10.2017, Az. 264 C 4216/17 [WF gewinnen; pauschaler, widersprüchlicher und verspäteter Sachvortrag]









JurPC (Wiesbaden):



LG Bochum, Urteil vom 07.09.2017, Az. I-8 S 17/17


JurPC (Wiesbaden): Landgericht Bochum, Urteil vom 07.09.2017, Az. I-8 S 17/17 - Sekundäre Darlegungslast in Filesharing-Fällen (JurPC Web-Dok. 159/2017)



Quelle: 'www.jurpc.de'
Link: http://www.jurpc.de/jurpc/show?id=20170159











Wilde, Beuger, Solmecke Rechtsanwälte (Köln):



AG Hannover, Urteil vom 07.11.2017, Az. 543 C 5612/17


Wilde, Beuger, Solmecke Rechtsanwälte (Köln): Filesharing Sieg gegen Waldorf Frommer - Das Amtsgericht Hannover schützt Arbeitgeber



Quelle: 'www.wbs-law.de'
Link: https://www.wbs-law.de/abmahnung-filesh ... ber-75722/











Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München):



AG München, Urteil vom 06.10.2017, Az. 264 C 4216/17


Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Amtsgericht München - Pauschaler Fingerzeig auf dritte Personen genügt nicht zur Erschütterung der Täterschaftsvermutung



Quelle: 'www.news.waldorf-frommer.de'
Link: https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... vermutung/















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Forenwelt





Rechtsanwalt Dr. Bernhard Knies (München): Wie sollte man auf eine Abmahnung von Waldorf Frommer Rechtsanwälte antworten?



(...) Viele Privatpersonen, die heute eine Abmahnung von Waldorf Frommer wegen Filesharings erhalten, ignorieren die Abmahnung einfach, stapeln die Mahnschreiben, die sie von Waldorf bekommen und warten ab, ob sich das Problem von alleine löst. Andere schicken der Münchner Kanzlei ohne weiteren Kommentar eine modifizierte Unterlassungserklärung und hoffen, dass sich der Fall dadurch löst. (...)



Quelle: 'www.new-media-law.net'
Link: https://www.new-media-law.net/wie-sollt ... antworten/














...................................................................................Sonntag, 19.11. - Volkstrauertag


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...................................................................................Steffen Heintsch für AW3P




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Delia
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#11171 Beitrag von Delia » Sonntag 19. November 2017, 21:56

Hallo Forum!

Weiss jemand von Euch, ob die Angaben des Waldorf Frommer Anwalts stimmen, gibt es wirklich kein Gutachten über das Ermittlungssystem, dass die Kanzlei verloren hat (früher ipoque nun Digital Forensics)?

Habe im Internet gesucht und bisher nichts gefunden. Danke!

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Steffen
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#11172 Beitrag von Steffen » Montag 20. November 2017, 04:44

Hallo Delia,

einfach in der Suchfunktion (o.r.) einmal "Gutachten" eingeben. Es kommen dann relevante Verweise.

VG Steffen

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Steffen
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Jamaika gescheitert!

#11173 Beitrag von Steffen » Dienstag 21. November 2017, 16:50

Ende von Jamaika - die Schuldfrage geht klar in Richtung FDP und SPD - tatsächlich?

oder

Frau Merkel, Herr Seehofer - treten Sie zurück!



16:50 Uhr


Die elitären Politikergruppe wurden erneut wach gerüttelt. Sollte man jedenfalls meinen.So sehen Verlierer aus (Merkel lässt sich nach dem Scheitern von ihren Unterhändlern frenetisch feiern) - Schalalalala. Was soll man dazu sagen? Keine Ahnung, da fehlen einen die Worte.



.............................................................Bild




Die FDP verlässt die Sondierungsverhandlungen, nach ellenlangen Fristverlängerungen sowie öffentlichen Zank und Streit. Ein Themenkatalog ohne Einigung.


Wolfgang Kubicki (FDP)
"Ein Spiel zu spielen, was Frau Merkel vielleicht aus anderen Verhandlungen kennt: ich schmeiße 123 Murmeln auf dem Tisch und jeder nimmt sich, was er will; dass ist keine Grundlage für eine stabile Regierung."


Und die Buhmänner sind schnell gefunden - FDP und SPD. Nach meiner laienhaften Meinung (»doofer AfD wählender Ossi-Mann«), haben ganz andere Personen und Parteien hier den ausschlaggebenden Anteil. Wer hat denn die BTW 2017 mittels Mehrheit gewonnen? Die CDU/CSU! Diese Parteienvereinigung (im Sieg) stellt nun den Bundeskanzler / die Bundeskanzlerin und ist in der Verantwortung eine Regierung zu bilden. Und mit dem Überlebensinstinkt der SPD und deren Absage einer Kroko war doch mit Jamaika klar, welche unterschiedliche Meinungen zu den Themen vorherrschten. Diese kann man nicht ausmerkeln ("aussitzen").

Wie soll eine Regierung, die sich bei den geringen Themen nicht einigen kann, regieren, wenn tatsächliche Probleme anstehen? Was sollen jetzt Gespräche des Bundestagspräsidenten bringen? Wenn die FDP kein Vertrauen zu dieser möglichen Jamaikaregierung hat, sollte sie auch in 4 Wochen keines haben. Ansonsten macht man sich unglaubwürdig.



Und als "doofer AfD wählender Ossi-Mann" ist es für mich sonnenklar.


1. Mich interessiert in erster Linie,
das ich einen sicheren und gut bezahlten Arbeitsplatz habe; eine ordentliche und bezahlbare Wohnung mieten kann, wo ich möchte; das Eltern ihre Kinder in bezahlbare Tagesstätten bringen kann; das Kinder ohne Armut aufwachsen, eine gute Bildung mit genügend Lehrer genießen und eine Zukunft haben; das ich über ordentliche Straßen und Brücken fahre; das ich nach 40 Jahren Arbeit nicht in Altersarmut falle, sondern von meinen eingezahlten Beiträgen mein Ruhestand genießen kann; das ich für 50,00 EUR zum Wochenendeinkauf der Inhalt des Einkaufswagens nicht stetig weniger wird; dass ich stolz auf meine gewählten Volksvertreter bin, da diese meine Belange kennen und dafür eintreten ...

... und in zweiter Linie Europa; Abschaffung von Hunger und Krieg; Weltklima; Flüchtlingsstrom, Integration und Familiennachzug. Denn geht es mir gut, dann denke ich auch an andere. Der Mensch ist nun einmal so.


2. Im Fußball schon gang und gäbe, sind die Spieler überbezahlt und faul, dann wird der Trainer gefeuert und ein neuer Trainer erhält die Chance.

Im Streit gibt es nach meiner Meinung keine zwei Parteien, sondern auch hier nur CDU/CSU. Und die beiden Trainer (Merkel, Seehofer) haben mehrmals versagt. Das bedeutet, sie müssen gefeuert werden, dass sie selbst keine Verantwortung für das Desaster übernehmen und mit Sekundenkleber an ihre Posten kleben.


Natürlich hat jeder vor Neuwahlen Angst und sind es Neues, damit kommen die "Alten" nicht klar. Danke an die sich selbstauflösende AfD und die FDP. Diese elitären Politikergruppen haben immer noch nicht dazugelernt. Man kann nicht mehr über die Köpfe der Wähler hinweg schalten und walten, wie man möchte. Und wenn Deutschland Geld für sinnbefreite Spionagesatelliten hat, dann werden Neuwahlen wohl kein Problem darstellen. Vielleicht wählt jeder so wie im September, oder watscht Merkel und Seehofer noch mehr ab. Fakt ist aber, das Deutschland nur wächst ohne die "Alte Riege".


Frau Merkel, Herr Seehofer - treten Sie zurück!


Und am Rande angemerkt. Eine Grüne (Macht geile) Partei braucht kleiner in einer Regierung. Außer: "Ausstieg Kohle", "Ausstieg Atomkraft"; "Abschaffung aller Verbrennungsmotoren", "kommt alle nach Deutschland" ... kommt nicht viel. Wer das bezahlen soll? Keine Antworten. Eine Partei, die vielleicht bei Joschka Fischer noch amüsant war, heute überflüssig. Nun sagt doch mal, was mit den Arbeitsplätzen bei Siemens passiert, da man durch die geplanten Ausstiege, die Standorte in Deutschland (z. B.) schließt?


Aber natürlich, ich sein nur ein "doofer AfD wählender Ossi-Mann", und habe keine Ahnung.



Steffen Heintsch, Thüringen (Wurzbach)

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AG Charlottenburg, Az. 203 C 255/17

#11174 Beitrag von Steffen » Donnerstag 23. November 2017, 16:04

Wilde, Beuger, Solmecke Rechtsanwälte (Köln): Filesharing Sieg gegen Waldorf Frommer - Das Amtsgericht Charlottenburg schützt Familie


16:00 Uhr


In einem von unserer Kanzlei geführten Filesharing Verfahren hat das Amtsgericht Charlottenburg eine Klage von der Münchner Kanzlei Waldorf Frommer abgewiesen. Erneut wurde festgestellt, dass das ungestörte eheliche und familiäre Zusammenleben durch die EU-Grundrechtecharta vor Beeinträchtigungen geschützt wird und dies massive Auswirkungen auf die Nachforschungspflichten der Anschlussinhaber hat.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Bild

Rechtsanwalt Christian Solmecke, LL. M.



WILDE BEUGER SOLMECKE Rechtsanwälte GbR

Kaiser-Wilhelm-Ring 27-29 | 50672 Köln
Tel.: 0221 / 951 563 0 | Fax: 0221 / 400 675 52
E-Mail: info@wbs-law.de | Web: www.wbs-law.de




Bericht

Link:
https://www.wbs-law.de/abmahnung-filesh ... lie-75882/

Urteil als PDF:
https://www.wbs-law.de/wp-content/uploa ... 309590.pdf



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Waldorf Frommer hatte einen Familienvater als Anschlussinhaber wegen illegalen Filesharing des Films "The Call - Leg nicht auf" abgemahnt. Die Abmahnung erfolgte im Auftrag der Universum Film GmbH aus München. Waldorf Frommer verlangte 1.000,00 EUR Schadensersatz wegen der angeblich von ihm begangenen Urheberrechtsverletzung. Darüber hinaus wollte die Kanzlei Abmahnkosten in Höhe von insgesamt 215,00 EUR ersetzt haben.



Ehefrau, Kinder und Schwägerin hatten Zugriff auf Internetanschluss

Doch unser Mandant wollte dafür nicht aufkommen. Er verwies darauf, dass er selbst kein Filesharing begangen habe. Zum Zeitpunkt der Urheberrechtsverletzung hätten mehrere Familienangehörige mit ihren internetfähigen Endgeräten Zugriff auf seinen Anschluss gehabt. Hierbei handelte es sich um seine Frau, seinen erwachsenen Sohn, seine erwachsene Tochter sowie seine Schwägerin. Diese Personen verfügten allesamt über gute Computerkenntnisse und nutzten den Anschluss unter anderem zum Konsum von Filmen, Serien, Musik sowie für soziale Netzwerke.



EU-Grundrechtecharta schützt ungestörte eheliche und familiäre Zusammenleben

Das Amtsgericht (AG) Charlottenburg entschied mit Urteil vom 14.11.2017(Az. 203 C 255/17), dass der Vater nicht im Wege der Täterhaftung nach § 97 Abs. 2 UrhG zum Schadensersatz herangezogen werden kann. Denn seine Verteidigung genügte den Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast. Die erfolglose Befragung seiner Familienangehörigen sei ausreichend gewesen.

Er war weder zur Dokumentation hinsichtlich der Nutzung des Anschlusses, noch zur Untersuchung der Rechner im Hinblick auf Filesharing-Software verpflichtet. Derartige Nachforschungspflichten wären für ihn nicht zumutbar. Zu bedenken sei, dass das ungestörte eheliche und familiäre Zusammenleben durch Art. 7 und Art. 6 Abs. 1 der EU-Grundrechtecharta vor derartigen Beeinträchtigungen geschützt werden.

Ebenso wenig greift hier die Störerhaftung hinsichtlich der Abmahnkosten. Denn dies setzt voraus, dass hier Prüfungspflichten im Hinblick auf die Nutzer des Anschlusses bestanden haben. Dies ist jedoch bei volljährigen Familienangehörigen normalerweise nicht der Fall. Hier brauchte er seine Angehörigen weder belehren noch überwachen.



Das Amtsgericht Charlottenburg orientiert sich an BGH

Diese Rechtsprechung steht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH). Hierzu gehört auch die durch unsere Kanzlei erstrittene Entscheidung "Afterlife" vom 06.10.2016 (I ZR 154/15). Hier hat der BGH festgestellt, dass Anschlussinhaber nicht ihre Familienmitglieder ausspionieren brauchen.

Sie brauchen und sollten nicht ihren Ehegatten und ihre Kinder Abmahnkanzleien wie Waldorf Frommer ans Messer liefern.

Näheres erfahren Sie in unserem Beitrag:
"Grundsatzentscheidung des BGH - Anschlussinhaber muss nicht bei Ehepartner nachforschen".

Diese familienfreundliche Ausrichtung hat der Bundesgerichtshof kürzlich erneut bestätigt (BGH, Urt. v. 27.07.2017 - I ZR 68/16). Das höchste deutsche Zivilgericht hat in dieser Entscheidung klargestellt, dass der Anschlussinhaber keine genauen Ausführungen über das Nutzungsverhalten seines Ehegatten zu machen braucht. Eine Dokumentation darf ihm nicht zugemutet werden.

Genaueres können Sie unserem Text:
"Filesharing - BGH stärkt Schutz der Familie".

entnehmen.



Fazit:

Vor allem Familien sollten sich von Abmahnkanzleien nicht einschüchtern lassen. Diese stellen häufig Anforderungen an Nachforschungen, denen der BGH in jüngster Zeit eine Absage erteilt hat.


Über weitere gewonnene Filesharing-Verfahren unserer Kanzlei können Sie sich unter folgendem Link informieren:
"Siegreiche Filesharing-Verfahren der Kanzlei WBS".








AG Charlottenburg, Urteil vom 14.11.2017, Az. 203 C 255/17



(...) - Beglaubigte Abschrift -



Amtsgericht Charlottenburg

Im Namen des Volkes

Urteil




Geschäftsnummer: 203 C 255/17

verkündet am : 14.11.2017
[Name], JB


In dem Rechtsstreit


[Name],
Klägerin,

- Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldorf Frommer, Beethovenstraße 12, 80336 München, -



gegen


[Name],
Beklagten,

- Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Wilde, Beuger, Solmecke, Kaiser-Wilhelm-Ring 27-29, 50672 Köln, -





hat das Amtsgericht Charlottenburg, Zivilprozessabteilung 203, auf die mündliche Verhandlung vom 10.10.2017 durch die Richterin [Name]

für Recht erkannt:

Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.





Tatbestand

Die Klägerin begehrt Erstattung von Abmahnkosten und Schadensersatz für das widerrechtliche öffentliche Zugänglichmachen eines Films in einer Dateitauschbörse über den Internetanschluss des Beklagten.

Aufgrund eines Beschlusses des Landgerichts Köln (Az. 227 0 14/14) teilte die Firma T-Online der Klägerin mit, dass die IP-Adresse [IP] am 18.01.2014 um 02:44:48 Uhr und 02:49:44 Uhr dem Anschluss des Beklagten zugewiesen war.

Unter dem 06.02.2014 mahnten die Rechtsanwälte der Klägerin den Beklagte wegen einer darin behaupteten Verletzung der Urheberrechte an dem Filmwerk "[Name]" ab. Wegen des genauen Inhalts des Schreibens vom 06.02.2014 wird auf Anlage K4, Blatt 41 ff., der Gerichtsakten verwiesen.

Die als Zeugen benannten [Name], [Name], [Name] und [Name] gaben gegenüber dem Beklagten an, mit dem streitgegenständlichen Sachverhalt nichts anfangen zu können.

Die Klägerin behauptet, sie sei Inhaberin des Rechts zur öffentlichen Zugänglichmachung des Filmwerks "[Name]". Der Beklagte habe die abgemahnte Urheberrechtsverletzung begangen. Die Ermittlung des Anschlusses des Beklagten sel zutreffend erfolgt. Die als Zeugen benannten [Name], [Name], [Name] und [Name] hätten zu den streitgegenständlichen Zeiten weder die Möglichkeit gehabt, auf den Internetanschluss zuzugreifen, noch zugegriffen und die Rechtsverletzung nicht bzw. nicht ohne Wissen und Wollen der Beklagten begangen.

Sie ist der Ansicht, der Beklagte habe seiner sekundären Darlegungslast nicht genügt.



Die Klägerin beantragt,
1. die Beklagtenseite zu verurteilen, an die Klägerseite einen angemessenen Schadenersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 1.000,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 22.11.2016 zu zahlen,
2. die Beklagtenseite zu verurteilen, an die Klägerseite einen Betrag i.H.v. 107,50 EUR als Hauptforderung nebst Zinsen 1.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.11.2016 zu zahlen,
3. die Beklagtenseite zu verurteilen, an die Klägerseite einen Betrag i.H.v. 107,50 EUR als Nebenforderung nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.11.2018 zu zahlen.



Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,

Er behauptet, die Rechtsverletzung nicht begangen zu haben. Sowohl seine Ehefrau, als auch der volljährige Sohn, seine volljährige Tochter und seine Schwägerin hätten zum fraglichen Zeitpunkt Zugang zum Internetanschluss gehabt und hätten diesen selbständig genutzt. Seine Ehefrau verfüge über ausreichende Computerkenntnisse und nutze den Internetanschluss mit einem Tablet-PC und einem Smartphone, vorwiegend zum Filmkonsum sowie zur Kommunikation über Facebook und andere soziale Netzwerke. Der Sohn verfüge über gute Computerkenntnisse und nutze den Internetanschluss mit einem Notebook, einem Smartphone und einer PlayStation zum Musik-und Filmkonsum sowie zur Kommunikation über Facebook. Seine Tochter verfüge über gute Computerkenntnisse und nutze den Internetanschluss mit einem Tablet und einem Smartphone, überwiegend zum Musik- und Filmkonsum, für den E-Mail-Verkehr sowie zur Kommunikation über Facebook und andere soziale Netzwerke. Die Schwägerin des Beklagten verfüge ebenso über gute Computerkenntnisse und nutze den Internetanschluss mit einem Notebook und einem Smartphone zum Film- und Musikkonsum sowie zur Kommunikation via E-Mail und Facebook.


Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 10.10.2017 (Bl. 172 d.A.) verwiesen.




Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Die Klage ist zulässig. Insbesondere genügt der unbezifferte Klageantrag zu 1. den Voraussetzungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Klägerin hat einen Mindestbetrag in der Klagebegründung und im Klageantrag genannt, sodass die Untergrenze der richterlichen Schätzung im Rahmen der nach § 287 ZPO zu erfolgenden Bemessung des Schadens ausreichend gezogen ist (vgl. BGH, NJW 2002, 3769).

Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung von mindestens 1.000,00 EUR Lizenzentschädigung sowie Kostenersatz für das Abmahnschreiben. Ein solcher Anspruch folgt insbesondere nicht aus §§ 97 Abs. 2, 97a Abs. 3 UrhG.

Der Beklagte ist weder als Täter, Teilnehmer oder Störer für die ihm zur Last gelegten Urheberrechtsverstoß verantwortlich. Dies gilt selbst dann, wenn man zu Gunsten der Klägerin für diese Entscheidung unterstellt, dass die Urheberrechtsverstöße auch tatsächlich von dem Internetanschluss des Beklagten aus begangen wurden.

Der Beklagte haftet nicht als Täter für die Urheberrechtsverletzung.

Wird ein geschütztes Werk der Öffentlichkeit von einer IP-Adresse aus zugänglich gemacht, die zum fraglichen Zeitpunkt einer bestimmten Person zugeteilt ist, so spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass diese Person für die Rechtsverletzung verantwortlich ist. Eine die tatsächliche Vermutung ausschließende Nutzungsmöglichkeit Dritter ist dabei nur anzunehmen, wenn der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde (vgl. BGH, Urt. v. 27. Juli 2017 - I ZR 68/16, juris; BGH, Urt. v. 11. Juni 2015 - I ZR 75/14, juris; BGH, Urt. v. 15. November 2012 - 1 ZR 74/12 -, juris). Will sich der Anspruchsteller dabei auf die tatsächliche Vermutung stützen, so obliegt es grundsätzlich ihm, diese Voraussetzungen darzulegen und nötigenfalls zu beweisen. Jedoch trifft in diesen Fällen den Anschlussinhaber eine sekundäre Darlegungslast, der er nur genügt, wenn er vorträgt, ob und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter in Betracht kommen; in diesem Umfang ist die beklagte Partei im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat. Diesen Anforderungen wird allerdings - zumindest grundsätzlich die pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt des Anschlussinhabers lebenden Dritten auf den Internetanschluss nicht gerecht (BGH, Urt. v. 06. Oktober 2016 - I ZR 154/15, juris; BGH, Urt. v. 12. Mai 2016 - I ZR 48115, juris; BGH, Ure v. 11. Juni 2015 - I ZR 75/14, juris).

Umgekehrt gilt, dass die Annahme der täterschaftlichen Haftung des Anschlussinhabers erst in Betracht kommt, wenn der Anschlussinhaber der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast hinsichtlich der Nutzung des Anschlusses durch Dritte nicht genügt, da keine generelle Vermutung im Sinne eines Anscheinsbeweises eingreift, dass der Anschlussinhaber Täter einer Urheberrechtsverletzung ist, die von seinem Anschluss aus begangen worden ist und die er widerlegen oder erschüttern müsste, nur weil er Inhaber des Anschlusses ist (BGH, Urt. v. 06. Oktober 2016 - I ZR 154/15, juris, Rn. 18).

Im vorliegenden Fall hat der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast indes in vollem Umfang genügt. Er hat dargelegt, dass sowohl seine Ehefrau, als auch der volljährige Sohn, seine volljährige Tochter und seine Schwägerin zum fraglichen Zeitpunkt Zugang zum Internetanschluss hatten und diesen mit verschiedenen internetfähigen Endgeräten selbständig genutzt haben.

Der Umstand, dass der Beklagte seine Familienangehörigen befragt hat und diese angaben, mit dem streitgegenständlichen Sachverhalt nichts anfangen zu können, rechtfertigt keine andere Bewertung. Trotz dieser Angaben, bleiben diese Personen mögliche Täter der Urheberrechtsverletzung und die Vermutungswirkung ist mit diesem Vortrag entkräftet Weiterer Vortrag ist dem Beklagten nicht zuzumuten. Auf Seiten des Anschlussinhabers schützen die Grundrechte gemäß Art. 7 EU Grundrechtecharta und Art. 6 Abs. 1 GG das ungestörte eheliche und familiäre Zusammenleben vor staatlichen Beeinträchtigungen (BGH, Urt. v. 06. Oktober 2016 - I ZR 154/15 -, Rn. 23, juris). Dieser Schutz verbietet die Annahme weitergehender Nachforschungs- und Mitteilungspflichten. Es ist dem Inhaber eines privaten Internetanschlusses nicht zumutbar, die Internetnutzung seines Familienmitglieds einer Dokumentation zu unterwerfen, um im gerichtlichen Verfahren seine täterschaftliche Haftung abwenden zu können. Ebenfalls unzumutbar ist es, dem Anschlussinhaber die Untersuchung des Computers des Familienmitglieds im Hinblick auf die Existenz von Filesharing-Software abzuverlangen (vgl. BGH, Urt. v. 06. Oktober 2016 - I ZR 154/15, juris, Rn. 26). Damit greift aber die täterschaftliche Vermutungswirkung zu Lasten der Beklagten nicht mehr ein, da der Internetanschluss anderen Personen zur Nutzung überlassen Wurde. Die Klägerin trägt nunmehr die volle Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs erfüllt sind (vgl. BGH, Urt. v. 06. Oktober 2016 - I ZR 154/15, juris; BGH, Urt. v. 12. Mai 2016 -I ZR 48/15, juris). Denn die sekundäre Darlegungslast der beklagten Partei führt weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen (vgl. BGH, Urt. v. 06. Oktober 2018 - I ZR 154/15, juris, Rn. 15).

An einem geeigneten Sachvortrag und Beweisantritt der Klägerin fehlt es aber. Eine Vernehmung der Seitens der Klägerin benannten Zeugen kam nicht in Betracht. Soweit die Klägerin vorträgt, die von dem Beklagten benannten Personen hätten zum streitgegenständlichen Zeitraum nicht auf den Internetanschluss des Beklagten zugegriffen und die streitgegenständliche Rechtsverletzung nicht begangen, ist dies ein Vortrag ins Blaue hinein, da die Klägerin ohne greifbare Anhaltspunkte für das vorliegen dieses Sachverhalts willkürlich Behauptungen aufs Geratewohl aufstellt. Die Klägerin kann nicht wissen, wer Zugriff bzw. die Zugriffsmöglichkeit auf den Internetanschluss hatte, da sie die Personen offenbar nicht im Vorfeld befragt hat. Ohnehin würde eine auf die Behauptung der Klägerin, die Zeugen hätten die Rechtsverletzung nicht begangen, gerichtete Beweisaufnahme nichts daran ändern, dass dann noch immer nicht der Beweis der Täterschaft gerade des Beklagten erbracht wäre. Selbst wenn die benannten Zeugen vernommen werden würden und angeben, selbst nicht Täter zu sein, wäre dann noch nicht der Beweis der Täterschaft der Beklagten geführt (vgl. BGH, Urt. v. 06. Oktober 2016 - I ZR 154/15, juris).

Die Klägerin hat gegen den Beklagten auch aus dem Gesichtspunkt der Störerhaftung keinen Anspruch auf Erstattung der Rechtsanwaltskosten als erforderliche Aufwendungen Im Sinne von § 97a Abs. 3 UrhG. Der Beklagte haftet nicht als Störer. Als Störer kann bei Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer - ohne Täter oder Teilnehmer zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechts beiträgt Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die nicht selbst die rechtswidrige Beeinträchtigung vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers die Verletzung von Prüfpflichten voraus; deren Umfang sich danach bestimmt, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist Den Beklagten treffen in Bezug auf seine Familienangehörigen weder Belehrungs-, noch anlasslose Prüf- oder Kontrollpflichten. Ohne konkrete Anhaltspunkte für eine bereits begangene oder bevorstehende Urheberrechtsverletzung Ist der Inhaber eines Internetanschlusses grundsätzlich nicht verpflichtet, volljährige Mitglieder seiner Wohngemeinschaft über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Tauschbörsen aufzuklären und ihnen die rechtswidrige Nutzung entsprechender Programme zu untersagen (BGH, Urt. v. 12. Mai 2016 - I ZR 86/15, Rn. 19, juris). Das hier konkrete Anhaltspunkte vorgelegen haben sollten, trägt die Klägerin nicht vor.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 i.V.m. 709 S. 2 ZPO.




Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen die Entscheidung können Sie unter bestimmten Voraussetzungen Berufung einlegen, wenn Sie durch die Entscheidung in Ihren Rechten beeinträchtigt sind.


1. Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit Sie Berufung einlegen können?

Der Wert des Beschwerdegegenstandes muss 600,00 EUR übersteigen
oder
Die Berufung ist vom Gericht, das die Entscheidung getroffen hat, zugelassen worden.


2. Müssen Sie sich anwaltlich vertreten lassen?

Im Berufungsverfahren müssen Sie sich von einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt vertreten lassen.

Dies gilt für das Einlegen der Berufung und die Begründung.


3. In welcher Form und bei welchem Gericht können Sie Berufung einlegen?

Die Berufung muss schriftlich durch Ihre Rechtsanwältin oder Ihren Rechtsanwalt beim

Landgericht Berlin
Littenstraße 12-17
10179 Berlin


eingelegt werden.

Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt wird.

Die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift müssen von Ihrer Rechtsanwältin/Ihrem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Der Schriftsatz Ist in deutscher Sprache zu verfassen.


4. Welche Fristen sind zu beachten?

Die Berufung Ist Innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem oben genannten Gericht einzulegen.

Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Verkündung der Entscheidung, wenn die Entscheidung nicht zugestellt werden konnte.

Die Berufungsschrift muss innerhalb der Frist beim Gericht eingegangen sein.

Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, innerhalb von zwei Monaten schriftlich zu begründen.

Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.



[Name]
Richterin am Amtsgericht



Für die Richtigkeit der Abschrift
Berlin, den 14.11.2017
[Name], Justizbeschäftigte
Durch maschinelle Bearbeitung beglaubigt - ohne Unterschrift gültig.




Hinweis zur Sicherheitsleistung

Kann aufgrund der vorliegenden gerichtlichen Entscheidung eine Partei Sicherheit leisten, so ist diese durch die schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts oder durch Hinterlegung zu bewirken. Die Hinterlegung ist bei der Hinterlegungsstelle eines Amtsgerichts - in Berlin nur bei dem

Amtsgericht Tiergarten,
Turmstraße 91,
10559 Berlin


- auf dem dort erhältlichen Vordruck zu beantragen. Bei Antragstellung Ist eine Abschrift der gerichtlichen Entscheidung vorzulegen. Die Vordruckbenutzung ist nicht vorgeschrieben, ist aber wegen der notwendigen Formalien dringend zu empfehlen. Ohne einen Antrag kann nicht wirksam hinterlegt werden.

Anstelle der Hinterlegung kann auch eine andere Form der Sicherheitsleistung in Betracht kommen, wenn dies In der gerichtlichen Entscheidung zugelassen Ist oder wenn sich die Parteien hierüber geeinigt haben.

Dient die Sicherheitsleistung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung, kann es zweckmäßig sein, die gegnerische Partei bzw. deren Verfahrensbevollmächtigten über die erfolgte Hinterlegung zu unterrichten.

Bei Geldhinterlegungen ist Bareinzahlung vorteilhaft, da das Einreichen von Schecks das Verfahren wesentlich verzögern kann. (...)




~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

AG Charlottenburg, Urteil vom 14.11.2017, Az. 203 C 255/17,
Rechtsanwalt Christian Solmecke,
sekundäre Darlegungslast,
WILDE BEUGER SOLMECKE Rechtsanwälte GbR,
Klage Waldorf Frommer,
BGH - Urteil vom 06.10.2016 - I ZR 154/15 - Afterlife,
Schutz Familie

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#11175 Beitrag von Steffen » Freitag 24. November 2017, 17:39

Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Klageverfahren nach Abmahnung vor dem Amtsgericht Magdeburg - Ein pauschaler Verweis auf Erinnerungslücken genügt nicht den Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast


17:35 Uhr



Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen. Der beklagte Anschlussinhaber hatte im genannten Verfahren eingewandt, "für sich selbst ausschließen zu können, ein Peer-to-Peer Netzwerk genutzt zu haben". Weiterhin hätten sowohl seine Ehefrau, als auch seine zwei Kinder grundsätzlich Zugriff auf den Internetanschluss gehabt. An den konkreten Tattag könne er sich allerdings nicht mehr erinnern. Im Übrigen berief sich der Beklagte zum einen auf eine angeblich eingetretene Verjährung, und zum anderen auf eine fehlerhafte Ermittlung der IP-Adressen.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

Beethovenstraße 12 | 80336 München
Telefon: 089 / 52 05 72 10 | Telefax: 089 / 52 05 72 30
E-Mail: web@waldorf-frommer.de | Web: www.waldorf-frommer.de




Bericht

Link:
https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... gungslast/

Urteil als PDF:
https://news.waldorf-frommer.de/wp-cont ... 16_114.pdf

Autor:
Rechtsanwalt David Appel



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Das Gericht erachtete die Einlassungen des Beklagten als unzureichend und verurteilte den Beklagten - mangels Erfüllung der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast - als Täter der streitgegenständlichen Rechtsverletzung.

Das Gericht führte in seinen Entscheidungsgründen aus, der Beklagte müsse "darlegen und beweisen, dass eine andere Person als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommt". Diesbezüglich habe jedoch "jeder Vortrag, als auch ein entsprechendes Beweisangebot der Beklagtenseite" gefehlt. Die bloße Darlegung der Nutzungsmöglichkeit weiterer Familienmitglieder genüge nicht, um die sekundäre Darlegungslast zu erfüllen. Dass der Beklagte sich nicht mehr an den Tag der Rechtsverletzung erinnern könne, wertete das Gericht zu Lasten des Beklagten.

Auch den Einwand einer fehlerhaften Ermittlung wies das Gericht zurück. Der Internetanschluss des Beklagten wurde an vier verschiedenen Tagen sowie zu acht verschiedenen Zeitpunkten und unter acht verschiedenen IP-Adressen als Ursprung der Rechtsverletzung ermittelt. Ohne konkrete Anhaltspunkte für etwaige Fehler ging das Gericht zu Recht davon aus, dass eine Fehlerhaftigkeit der Ermittlungen "nach den Grundsätzen der Wahrscheinlichkeit" auszuschließen sei.

Von Verjährung könne ebenfalls nicht ausgegangen werden. Der zwischenzeitlich ergangene Mahnbescheid sei nicht nur hinreichend bestimmt, sondern wurde auch innerhalb der Frist von drei Jahren beantragt.

Im Übrigen sah das Gericht sowohl die Höhe des geltend gemachten Lizenzschadens als auch der Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung als angemessen an. Unter Berücksichtigung der ebenfalls zu tragenden Verfahrenskosten verurteilte das Amtsgericht den Beklagten zu einer Gesamtzahlung in Höhe von über 2.000,00 EUR.






AG Magdeburg, Urteil vom 28.09.2017, Az. 114 C 247/16 (114)



(...) - Beglaubigte Abschrift -



Amtsgericht
Magdeburg




114 C 247/16 (114)

Verkündet am 28.09.2017
[Name], Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle



Im Namen des Volkes

Urteil




In dem Rechtsstreit


[Name],
Kläger,

Prozessbevollmächtigte: Waldorf - Frommer Rechtsanwälte, Beethovenstraße 12, 80336 München,



gegen


[Name], 39175 Biederitz,
Beklagter,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte [Name], 39108 Magdeburg,





hat das Amtsgericht Magdeburg auf die mündliche Verhandlung vom 15.08.2017 durch den Richter am Amtsgericht [Name]

für Recht erkannt:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 600,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5%Punkten seit dem 08.05.2015 sowie 509,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5%Punkten seit dem 08.05.2015 zu zahlen.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherungsleistung in Höhe von120 % des zu vollstreckendes Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.





Tatbestand

Die Parteien streiten um Ansprüche aus einer Urheberrechtsverletzung.

In der Zeit zwischen dem [Datum] und [Datum] wurde der Film [Name] in der Internettauschbörse "BitTorrent" ohne Erlaubnis der Klägerin zum Herunterladen angeboten. Dies erfasste die von der Klägerin beauftragte Firma ipoque GmbH und stellte die IP-Adresse des anbietenden Nutzers fest. Mit Beschluss vom [Datum] gestattete das Landgericht Köln der Deutschen Telekom, der Klägerin Auskunft über die zu dieser IP-Adresse gehörenden Daten zu geben. Die Deutsche Telekom erteilte der Klägerin die Auskunft über die Zuordnung der IP-Adresse zu dem Beklagten. Die Klägerin forderte anwaltlich vertreten den Beklagten zur Unterlassung seines Verhaltens auf und forderte den Beklagten zur Zahlung von 956,00 EUR auf. Der Beklagte ging hierauf nicht ein. Die Klägerin leitete ein Mahnverfahren ein. Gegen den ihm am 07.07.2015 zugestellten Mahnbescheid des Amtsgerichts Coburg vom 02.07.2015 legte der Beklagte am 15.07.2015 Widerspruch ein.



Die Klägerin beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie einen Schadensersatzbetrag in Höhe von 600,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.05.2015 zu zahlen und

den Beklagten zu verurteilen, an sie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 859,80 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.05.2015 zu zahlen.



Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Der Beklagte behauptet,
der Internetanschluss sei durch weitere Familienmitglieder genutzt worden. Er habe seine Ehefrau sowie seine Tochter und seinen Sohn ausdrücklich darüber belehrt, dass sie keinerlei Internettauschbörsen nutzen sollen. Der Internetanschluss sei ordnungsgemäß mittels WPA2-Verschlüsselung und privatem Passwort geschützt gewesen. Bei der Rückverfolgung der IP-Adresse sei ein Fehler nicht auszuschließen. Zudem erhebt der Beklagte die Einrede der Verjährung.


Wegen des weiteren Vortrags der Parteien und der Beweisangebote wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.




Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Die Klägerin hat Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 600,00 EUR gegen den Beklagte aus §§ 97 Abs. 2, 97a UrhG.

Danach ist dem Verletzten zum Ersatz des Schadens verpflichtet, wer vorsätzlich oder fahrlässig das Urheberrecht oder ein anderes nach diesem Gesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt. Dass die Klägerin aktivlegitimiert ist, hat sie hinreichend dargetan.

Der Beklagte haftet als Täter im Sinne des § 97 UrhG. Es spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die Person für die Rechtsverletzung verantwortlich ist, deren IP-Adresse ihr zum fraglichen Zeitpunkt zugeteilt ist, wenn ein geschütztes Werk der Öffentlichkeit von dieser IP-Adresse aus zugänglich gemacht wird (BGH, Urt. v. 12.05.2010, I ZR 121/08). Jedoch ist eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers nicht begründet, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung (auch) andere Personen diesen Anschluss benutzen konnten (BGH, Urt. v. 08.01.2014, I ZR 169/12). Den Anschlussinhaber trifft insoweit eine sekundäre Darlegungslast. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen verpflichtet (BGH, Urt. v. 08.01.2014, I ZR 169/12, Rdn. 18, m.w.N.). Der Beklagte muss darlegen und beweisen, dass eine andere Person als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommt.

Hierzu fehlt jeder Vortrag sowie ein entsprechendes Beweisangebot seitens des Beklagten. Der Beklagte führt vielmehr aus, dass er sich an diesem Tag nicht mehr erinnern könne und hat damit weder konkret vorgetragen noch unter Beweis gestellt, dass eine andere Person als Täter in Betracht kommt.

Der Beklagte genügt damit seiner sekundären Beweislast nicht.

Auch der Einwand der Beklagten, die Ermittlung der IP-Adresse könne fehlerhaft sein, stellt eine bloße Vermutung dar, die nicht belegt ist. Nach den Grundsätzen der Wahrscheinlichkeit ist einer solche vermutete Fehlerhaftigkeit auszuschließen.

Schließlich kann sich der Beklagte auch nicht auf Verjährung berufen. Der Mahnbescheid war hinreichend bestimmt und die Klägerin hat den Antrag auf Erlass des Mahnbescheids rechtzeitig innerhalb der Frist von 3 Jahren gestellt.

Die Klägerin hat auch Anspruch auf Zahlung der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 506,00 EUR aus § 97a UrhG. Insoweit kann zur Vermeidung von Wiederholungen auf den klägerischen Vortrag Bezug genommen werden.


Der Zinsanspruch hat seine Rechtsgrundlage in den Grundsätzen des Verzuges.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 708 Nr. 11 Alt. 2, 711 ZPO.




Rechtsbehelfsbelehrung

Diese Entscheidung kann mit der Berufung angefochten werden. Sie ist einzulegen innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem

Landgericht Magdeburg,
Halberstädter Straße 8,
39112 Magdeburg.


Die Frist beginnt mit der Zustellung der in vollständiger Form abgefassten Entscheidung. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Beschwerdegegenstand 600,00 EUR übersteigt oder das Gericht die Berufung in diesem Urteil zugelassen hat. Zur Einlegung der Berufung ist berechtigt, wer durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Die Berufung wird durch Einreichung einer Berufungsschrift eingelegt. Die Berufung kann nur durch einen Rechtsanwalt eingelegt werden.



[Name]
Richter am Amtsgericht



Beglaubigt
Magdeburg, 29.09.201
[Name], Justizangestellte
als Urkundsbeamtin/Urkundsbeamter des Amtsgerichts (...)




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AG Magdeburg, Urteil vom 28.09.2017, Az. 114 C 247/16 (114),
Waldorf Frommer Rechtsanwälte,
Rechtsanwalt David Appel,
Klage Waldorf Frommer,
Verjährung,
Einrede der Verjährung,
pauschaler Sachvortrag,
Keiner kommt als Täter infrage









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AG Leipzig, Az.106 C 1599/17

#11176 Beitrag von Steffen » Freitag 24. November 2017, 19:38

Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Amtsgericht Leipzig - Eine pauschale Benennung weiterer Mitnutzer ist in Filesharingverfahren nicht ausreichend, um als Anschlussinhaber der Haftung zu entgehen


19:35 Uhr



Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen. Im vorstehenden Verfahren wurde der beklagte Anschlussinhaber aufgrund des illegalen Tauschbörsenangebots eines Filmwerks auf Erstattung von Schadensersatz sowie anwaltlicher Abmahnkosten in Anspruch genommen.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

Beethovenstraße 12 | 80336 München
Telefon: 089 / 52 05 72 10 | Telefax: 089 / 52 05 72 30
E-Mail: web@waldorf-frommer.de | Web: www.waldorf-frommer.de




Bericht

Link:
https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... -entgehen/

Urteil als PDF:
https://news.waldorf-frommer.de/wp-cont ... 599_17.pdf

Autorin:
Rechtsanwältin Cornelia Raiser



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Im Rahmen des Gerichtsverfahrens behauptete der Beklagte, die Rechtsverletzung nicht selbst begangen zu haben, da er zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung nicht zu Hause gewesen sei. Allerdings seien weitere zugriffsberechtigte Familienmitglieder, insbesondere seine Kinder, welche über eingehende Computerkenntnisse verfügten, anwesend gewesen. Obgleich allesamt auf Nachfrage des Beklagten ihre jeweilige Verantwortlichkeit abgestritten hätten, könne er deren Täterschaft nicht ausschließen. Auch sei nicht auszuschließen, dass die Kinder das WLAN-Passwort an Freunde weitergegeben hätten.

Das Amtsgericht sah diesen Vortrag als nicht ausreichend an und verurteilte den Beklagten daher vollumfänglich.

Zur Begründung führte das Gericht aus, nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs spreche eine tatsächliche Vermutung für die Täterschaft hinsichtlich der Urheberrechtsverletzung zu Lasten des Beklagten. Diese Vermutung habe der Beklagte jedoch nicht widerlegen können.

Insbesondere kämen weitere Personen als Täter der Rechtsverletzung nicht ernsthaft in Betracht, da der dahin gehende Vortrag zu allgemein gehalten gewesen sei:

"Soweit er [der Beklagte] auf weitere Personen, die sich zum Tatzeitpunkt in seinem Haus aufgehalten haben verweist, bleibt der Beklagte bei allgemeinen Ausführungen. Er verweist lediglich darauf, dass als mögliche Täter Frau [Name], Herr [Name] und Herr [Name] in Betracht kommen. Diese pauschalen Ausführungen reichen nicht aus, um die Vermutungswirkung der eigenen Täterschaft zu entkräften. Allein der Umstand, dass diese Personen über bessere Computerkenntnisse verfügen, genügt nicht. [...] Erforderlich ist vielmehr, dass der Beklagte eine andere Person als möglichen Täter hinreichend plausibel beschreibt."

Im Übrigen erachtete das Gericht den klägerseits geltend gemachten Schadensersatz in Höhe von 1.000,00 EUR als angemessen.







AG Leipzig, Urteil vom 20.06.2017, Az.106 C 1599/17



(...) Ausfertigung



Amtsgericht Leipzig
Zivilabteilung 1




Aktenzeichen: 106 C 1599/17

Verkündet am: 20.06.2017
[Name],
Urkundsbeamter/in der Geschäftsstelle



IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL




In dem Rechtsstreit



[Name],
- Klägerin -

Unterbevollmächtigte: Rechtsanwälte [Name], 04229 Leipzig.

Prozessbevollmächtigte: Waldorf Frommer Rechtsanwälte, Beethovenstraße 12, 80336 München,



gegen


[Name], 02979 Elsterheide,
- Beklagter -

Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt [Name], 02977 Hoyerswerda,

Unterbevollmächtigte: Rechtsanwälte [Name], 04107 Leipzig,



wegen Urheberrecht




hat das Amtsgericht Leipzig durch Richter am Amtsgericht [Name] auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 30.05.2017 am 20.06.2017

für Recht erkannt:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.000,00 EUR zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.04.2016 zu zahlen.
2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 215,00 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.04.2016 zu zahlen.
3. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Beklagten bleibt nachgelassen, Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, soweit nicht die Gegenseite zuvor Sicherheit in selber Höhe leistet.





Tatbestand

Die Parteien streiten über Schadensersatz aus Urheberrechtsverletzung. Die Klägerin wertet zahlreiche nationale und internationale Bild-/ Tonaufnahmen in Deutschland exklusiv aus. Darunter befindet sich der Film mit dem Titel [Name]. Die Bild-/Tonaufnahmen der Klägerin werden regelmäßig im Kino, auf DVD/Blu-Ray und über kostenpflichtige Download und Streaming Portale im Internet ausgewertet.


Die Klägerin behauptet,
mittels des Peer-to-Peer Forensic Systems (PFS) sei festgestellt worden, dass der Beklagte am [Datum], [Uhrzeit] Uhr bis [Uhrzeit] Uhr den Film [Name] zum Download angeboten habe. Mit Schreiben vom [Datum] wurde der Beklagte zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung sowie zur Zahlung von Schadensersatz und der Erstattung der Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung aufgefordert. Der Beklagte hat daraufhin eine Unterlassungserklärung abgegeben. Eine Zahlung von Schadensersatz erfolgte nicht. Der Beklagte wurde mehrfach gemahnt.

Die Klägerin behauptet,
dass die Rechtsverletzung über den Internetanschluss des Beklagten erfolgt sei. Auf seinem Rechner sei eine Tauschbörsensoftware installiert, die für die Rechtsverletzung genutzt worden sei. Es bestehe daher die Vermutung der Täterschaft. Mit dem Angebot zum elektronischen Abruf des Filmwerks über das Internet habe er dieses öffentlich zugänglich gemacht. Die Klägerin begehrt einen Schadensersatz in Höhe von 1.000,00 EUR.

Die Klägerin beantragt,
1. die Beklagtenseite zu verurteilen, an die Klägerseite einen angemessenen Schadenersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 1.000,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 15.04.2016,
2. 107,50 EUR als Hauptforderung zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 15.04.2016, sowie
3. 107,50 EUR als Nebenforderung zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 15.04.2016 zu zahlen.



Der Beklagte bestreitet,[/b]
dass er den ihm nicht näher bekannten Film [Name] über eine Filesharing-Software Dritten zum Download angeboten habe. Er habe einen Film mit diesem Namen nicht als Video-Datei auf seinem eigenen Rechner gehabt. Er habe auf seinem Rechner weder eine Filesharingsoftware installiert noch betrieben. Der Beklagte könne es nicht ausschließen, dass das Tochter und dem Sohn mitgeteilte WLAN-Passwort von diesen ggf. guten Freunde weitergegeben wurden, zwecks Zugriff auf das Internet. Zum Tatzeitpunkt sei der Beklagte nicht zu Hause gewesen. Der PC habe eine Energiespareinrichtung, welche sich automatisch nach einiger Zeit abstellt.

Seine Angehörigen habe der Beklagte zu den erhobenen Vorwürfen befragt. Diese haben mitgeteilt, dass sie eine entsprechende Software nicht benutzen bzw. den fraglichen Film nicht zum Download angeboten hätten.

Der Beklagte bestreitet, dass der Hersteller - oder Urhebervermerk die Klägerin als Rechteinhaberin ausweise.

Vorsorglich wird der Einwand der Verjährung und Verwirkung erhoben.


Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 30.05.2017 Bezug genommen.




Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

Der Beklagte schuldet Schadensersatz für eine Urheberrechtsverletzung am [Datum].

Eine Verjährung der streitgegenständlichen Forderungen liegt nicht vor. Verjährungsbeginn ist die Kenntnis der Klägerin vom Urheberrechtsverstoß. Erste Kenntnis entstand am [Datum]. Eine sichere Kenntnis von der Identität des Beklagten hatte die Klägerin aber erst nach dem Beschluss des Landgerichts Köln vom 03.01.2014 (Bl. 48 ff.). Damit beginnt die Verjährung am 31.12.2014 zu laufen. Der Mahnbescheid ist im Oktober 2016 bei Gericht eingereicht worden. Damit liegt eine unverjährte Forderung vor.

Zu Gunsten der Klägerin streitet eine Vermutung für die tatsächliche Täterschaft des Beklagten. Die Klägerin hat die Verletzungshandlung und deren Ermittlung durch das Peer-to-Peer Forensic System (PFS) dargestellt. Die Ausführungen sind plausibel und nachvollziehbar. Begründete Zweifel an der Richtigkeit des gewonnenen Ergebnisses besteht nicht. Die ermittelte IP-Adresse ist dem Beklagten zuzuordnen. Hinsichtlich des begangenen Urheberrechtsverstoßes vom Rechner des Beklagten hat das Gericht keine Zweifel.

Die Klägerin ist berechtigter Urheberrechtsinhaber. Der Aufdruck auf der DVD weist auf die Firma der Klägerin hin. Dort ist [Name] unmittelbar auf die DVD selbst aufgedruckt. Auf der 3. Seite der Anlage K1 wird die Firma der Klägerin in dem Copyright-Vermerk aufgeführt. Damit ist das Urheberrecht der Klägerin hinreichend dargelegt und nachgewiesen.

Aufgrund der aktuellen BGH Rechtsprechung (Tauschbörse I - III) spricht eine Vermutung für die Täterschaft hinsichtlich der Urheberrechtsverletzung gegen den Beklagten. Diese Vermutung hat der Beklagte nicht zu entkräften vermocht. Soweit er auf weitere Personen, die sich zum Tatzeitpunkt in seinem Haus aufgehalten haben verweist, bleibt der Beklagte bei allgemeinen Ausführungen. Er verweist lediglich darauf, dass als mögliche Täter Frau [Name], Herr [Name] und Herr [Name] in Betracht kommen. Diese pauschalen Ausführungen reichen nicht aus, um die Vermutungswirkung der eigenen Täterschaft zu entkräften. Allein der Umstand, dass diese Personen über bessere Computerkenntnisse verfügen, genügt nicht. Ein Bestreiten der Täterschaft anderer ist unzureichend. Erforderlich ist vielmehr, dass der Beklagte eine andere Person als möglichen Täter hinreichend plausibel beschreibt. Gerade dies ist in dem nachgelassenen Schriftsatz vom 14. Juni 2017 nicht erfolgt.

Die Höhe des geltend gemachten Schadens erachtet das Gericht mit 1.000,00 EUR für sachgerecht und angemessen.

Die weiteren Forderungen ergeben sich aus Verzug.

Der Beklagte trägt gemäß § 91 ZPO als unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits. Die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 11 i.V.m. § 711 ZPO.




Rechtsbehelfsbelehrungen

Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
b) wenn die Berufung durch das Amtsgericht Leipzig zugelassen worden ist Der Wert des Beschwerdegegenstandes ist glaubhaft zu machen.

Die Berufung muss binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich oder in elektronischer Form mit einer qualifizierten Signatur im Sinne des Signaturgesetzes beim

Landgericht Leipzig,
Harkortstraße 9,
04107 Leipzig


eingegangen sein.

Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich oder in elektronischer Form gegenüber dem Landgericht Leipzig zu begründen. Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Leipzig durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen Berufungs- und Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.

Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.



[Name]
Richter am Amtsgericht (...)




~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

AG Leipzig, Urteil vom 20.06.2017, Az.106 C 1599/17,
Waldorf Frommer Rechtsanwälte,
Klage Waldorf Frommer,
Rechtsanwältin Cornelia Raiser,
Peer-to-Peer Forensic Systems (PFS),
sekundäre Darlegungslast,
Aktivlegitimation,
pauschaler Sachvortrag







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Wochenrückblick

#11177 Beitrag von Steffen » Samstag 25. November 2017, 16:43

------------------------------------------------------ - Abmahnwahn Deutschland - Filesharing - --------------------------------------------


DER Wochenrückblick........................Bild......................Filesharing Fälle


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Ausgabe 2017, KW 47 ..................................Initiative AW3P.............................20.11. - 26.11.2017

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1. Kanzlei Dr. Bahr (Hamburg): Oberlandesgericht Düsseldorf - Eingeschränkte Unterlassungserklärung mit dem Zusatz "Im Falle von drei und mehr Verstößen, die gleichzeitig festgestellt werden, ist die Vertragsstrafe dreifach verwirkt" schließt die Wiederholungsgefahr nicht aus



OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.06.2017, Az. I-20 W 40/17


(...) Die Klausel könne daher nur dahingehend interpretiert werden, dass die Beklagte versuche, sich ihren Verpflichtungen in bestimmten Fällen unberechtigt zu entziehen. Sie erschwere bzw. schließe berechtigte Ansprüche des Gläubigers aus. Eine solche Einschränkung sei sachlich nicht gerechtfertigt und führe dazu, dass die Unterlassungserklärung insgesamt die Wiederholungsefahr nicht beende. (...)



Quelle: 'www.dr-bahr.com'
Link: http://www.dr-bahr.com/news/eingeschrae ... d-aus.html











2. Oberlandesgericht Brandenburg: Gerichtliche Zuständigkeit bei Online Persönlichkeitsverletzungen



OLG Brandenburg, Beschluss vom 07.11.2017 - Az. 1 AR 35/17 (SA Z)


(...) Die Antragstellerin begehrt Prozesskostenhilfe für die Geltendmachung verschiedener Unterlassungsansprüche, die sich nicht nur auf konkrete Äußerungen der Antragsgegnerin beschränken, sondern auch die unberechtigte Nutzung eines Bildnisses der Antragstellerin umfassen. Dieser Anspruch stützt sich jedenfalls auch auf § 22 Satz 1 KunstUrhG, der anerkanntermaßen ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB bildet (Münchener Kommentar/Wagner, BGB, 7. Auflage, § 823 Rdnr. 526 m. w. N.). (...)



Quelle: 'www.gerichtsentscheidungen.berlin-branden-burg.de'
Link: http://www.gerichtsentscheidungen.berli ... focuspoint











3. Dr. Nils Christian Haag, V.i.S.d.P. (Hamburg): Illegale Downloads bzw. Filesharing am Arbeitsplatz nachweisen



(...) Zahlreiche Arbeitgeber gestatten oder dulden die private Internetnutzung am Arbeitsplatz. Das könnte allerdings Probleme hervorrufen, da für einige Mitarbeiter die Versuchung groß ist, illegale Downloads von Musik- oder Videodaten (z. B. per Filesharing) zu tätigen. Wenn hierfür keine Schutzmaßnahmen getroffen wurden oder der Täter nicht ermittelt werden kann, wird u. U. sowohl das Unternehmen als auch die Geschäftsführung dafür haftbar gemacht. (...)



Quelle: 'www.datenschutzbeauftragter-info.de'
Link: https://www.datenschutzbeauftragter-inf ... achweisen/











4. Rechtsanwaltskanzlei Dr. Thomas Schwenke (Berlin): Haftung für Links, Embedding und Sharing - Urheberrecht und Datenschutz



(...) Das Setzen von Links gehört zum heutigen Alltag ebenso wie das Teilen von Beiträgen in sozialen Netzwerken oder Einbetten von Videos auf eigenen Webseiten. Daher ist es für uns alle wichtig zu wissen, ob und wann wir mit diesen Handlungen teure Urheberrechtsverstöße begehen können. (...)



Quelle: 'www.drschwenke.de'
Link: https://drschwenke.de/haftung-fuer-link ... tenschutz/















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Gerichtsentscheidungen





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  • AG Charlottenburg, Urteil vom 14.11.2017, Az. 203 C 255/17 [WF verlieren; keine Nachforschungspflichten durch Schutz der Familie (GG, EU-Grundrechtecharta)]





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  • AG Magdeburg, Urteil vom 28.09.2017, Az. 114 C 247/16 (114) [WF gewinnen; pauschaler Verweis auf Erinnerungslücken genügt nicht den Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast]
  • AG Leipzig, Urteil vom 20.06.2017, Az.106 C 1599/17 [WF gewinnen; pauschale Benennung weiterer Mitnutzer ist nicht ausreichend]









Wilde, Beuger, Solmecke Rechtsanwälte (Köln):



AG Charlottenburg, Urteil vom 14.11.2017, Az. 203 C 255/17



Wilde, Beuger, Solmecke Rechtsanwälte (Köln): Filesharing Sieg gegen Waldorf Frommer - Das Amtsgericht Charlottenburg schützt Familie



Quelle: 'www.wbs-law.de'
Link: https://www.wbs-law.de/abmahnung-filesh ... lie-75882/











Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München):



1. AG Magdeburg, Urteil vom 28.09.2017, Az. 114 C 247/16 (114)



Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Klageverfahren nach Abmahnung vor dem Amtsgericht Magdeburg - Ein pauschaler Verweis auf Erinnerungslücken genügt nicht den Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast



Quelle: 'www.news.waldorf-frommer.de'
Link: https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... gungslast/







2. AG Leipzig, Urteil vom 20.06.2017, Az.106 C 1599/17



Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Amtsgericht Leipzig - Eine pauschale Benennung weiterer Mitnutzer ist in Filesharingverfahren nicht ausreichend, um als Anschlussinhaber der Haftung zu entgehen



Quelle: 'www.news.waldorf-frommer.de'
Link: https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... -entgehen/















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Politik Splitter





1. Deutschlands ungeliebte Kinder - Von "Wir sind ein Volk!" zu "In the Ghetto"



(...) Trotz guter Auftragslage schließt Siemens seine Werke in Görlitz und Leipzig. Für 1.200 Mitarbeiter heißt das wenige Wochen vor Weihnachten ...
... Ostdeutschland liegt 27 Jahre nach der Wiedervereinigung bei der Wirtschaftskraft deutlich hinter den westdeutschen Ländern ...
... Bahntechnik-Konzern Bombardier schließt. Düstere Aussichten für Sachsen-Anhalt. Das Werk in Halle-Ammendorf hat 800 Mitarbeiter. ... Dazu gehört auch die Prüfungen von Schließungen von Standorten, insbesondere Görlitz und Bautzen ...
... Antrittsrede von Bundesratspräsident Michael Müller: "Es ist nicht hinnehmbar, dass immer wieder strukturschwache Regionen - zu denen leider noch immer die Bundesländer im Ostteil unseres Landes gehören - die ersten Opfer von Umstrukturierungen und Werksschließungen sein sollen." ...
(...)




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2. SPD - GroKo(dils) Tränen


(...) Liebe Genossen, macht Euch keine Gedanken. Ihr habt mit "Agenda 2010" schon einmal das Volk als sogenannte Volkspartei verraten; zu den letzten Sondierungsgesprächen - alles - abgenickt; sagt - ja - zu einer neuerlichen GroKo. Zur nächsten BTW bekommt ihr schon die Quittung für eure Volksverbundenheit. Oder ...
... oder geht es den Genossen nur um das, was ein Reporter diese Woche lakonisch andeutete? "Wenn es zu Neuwahlen käme, verliert auch die SPD weiter an Prozenten. Viele der Genossen, die jetzt ihr neues Büro eingerichtet haben, müssten es dann räumen."
(...)














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Forenwelt





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Steffen's Kurzkommentar





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Laienhafte Anmerkungen zum Urteil des Amtsgericht Charlottenburg (Urt. v. 14.11.2017, Az. 203 C 255/17)


Die Kölner Kanzlei WILDE BEUGER SOLMECKE Rechtsanwälte GbR informierte über ein weiteres gewonnenes Filesharing Verfahren vor dem Amtsgericht Charlottenburg. Erneut stand der Schutz der Familie im Vordergrund.

Die Münchner Kanzlei Waldorf Frommer verklagte einen Anschlussinhaber wegen illegalen Filesharing eines Filmwerkes. Der beklagte Familienvater bestritt den Vorwurf sowie trug vor, dass zum Zeitpunkt der Urheberrechtsverletzung mehrere Familienangehörige (Ehefrau, Kinder und Schwägerin) mit ihren internetfähigen Endgeräten Zugriff auf seinen Anschluss gehabt hätten. Obwohl durch seine erfolglose Befragung seiner Familienangehörigen kein benannter Mitnutzer als möglichen Täter infrage käme, sei dies hinsichtlich seiner sekundären Darlegungslast ausreichend gewesen.



Amtsgericht Charlottenburg:

(...) Im vorliegenden Fall hat der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast indes in vollem Umfang genügt. Er hat dargelegt, dass sowohl seine Ehefrau, als auch der volljährige Sohn, seine volljährige Tochter und seine Schwägerin zum fraglichen Zeitpunkt Zugang zum Internetanschluss hatten und diesen mit verschiedenen internetfähigen Endgeräten selbständig genutzt haben. Der Umstand, dass der Beklagte seine Familienangehörigen befragt hat und diese angaben, mit dem streitgegenständlichen Sachverhalt nichts anfangen zu können, rechtfertigt keine andere Bewertung. (...)


Das Amtsgericht weiter,

(...) Trotz dieser Angaben, bleiben diese Personen mögliche Täter der Urheberrechtsverletzung und die Vermutungswirkung ist mit diesem Vortrag entkräftet Weiterer Vortrag ist dem Beklagten nicht zuzumuten. Auf Seiten des Anschlussinhabers schützen die Grundrechte gemäß Art. 7 EU Grundrechtecharta und Art. 6 Abs. 1 GG das ungestörte eheliche und familiäre Zusammenleben vor staatlichen Beeinträchtigungen (BGH, Urt. v. 06. Oktober 2016 - I ZR 154/15 -, Rn. 23, juris). Dieser Schutz verbietet die Annahme weitergehender Nachforschungs- und Mitteilungspflichten. Es ist dem Inhaber eines privaten Internetanschlusses nicht zumutbar, die Internetnutzung seines Familienmitglieds einer Dokumentation zu unterwerfen, um im gerichtlichen Verfahren seine täterschaftliche Haftung abwenden zu können. Ebenfalls unzumutbar ist es, dem Anschlussinhaber die Untersuchung des Computers des Familienmitglieds im Hinblick auf die Existenz von Filesharing-Software abzuverlangen (vgl. BGH, Urt. v. 06. Oktober 2016 - I ZR 154/15, juris, Rn. 26). Damit greift aber die täterschaftliche Vermutungswirkung zu Lasten der Beklagten nicht mehr ein, da der Internetanschluss anderen Personen zur Nutzung überlassen Wurde. (...)


Das Amtsgericht wendet hier die BGH-Entscheidung "Afterlife" (Ehepartner - Ehepartner) ansatzlos auf weitere Mitglieder des Familienverbandes an. Die Behauptung des Klägers, dass die benannten Mitnutzer weder die Rechtsverletzung begangen hätten, noch Zugriff auf das Internet hatten, wies das Gericht als Vortrag ins Blaue hinein zurück. Selbst wenn die benannten Mitnutzer den Vorwurf nicht begangen hätten, ändere es nichts daran, dass durch den Kläger der Beweis, das der beklagte Familienvater als Täter infrage käme, nicht erbracht würde.


Die Argumentation ist zu begrüßen, erinnert sie mich aber an die Argumente des Revisionsführer im "Loud"-Verfahren vor dem Bundesgerichtshofes (Link: https://www.new-media-law.net/bgh-i-zr-19-16-loud/; Rechtsanwalt Dr. Bernhard Knies).


Sinngemäß:

In aktuellen Filesharing Verfahren geht es nicht mehr - wie früher - um eine Störerhaftung. Nur noch in Fällen, wo der Internetzugang unzureichend gesichert war. Heute geht es nur noch um die mögliche Täterschaft des Beklagten. Natürlich fallen neben dem Ehepartner auch die volljährigen Kinder und Verwandte in den Schutz der Familie und müssen nicht Aussagen oder muss der Beklagte unzureichende Nachforschungspflichten nachkommen. Der Kläger ist bei Weitem nicht benachteiligt. Er kann jederzeit die benannten Mitnutzer mit verklagen (Klageerweiterung), denn jetzt sind diese Partei und können die Aussage nicht mehr verweigern.



Es ist und bleibt in Filesharing Verfahren weiterhin spannend. Zeigt es aber auch, das diese Materie für Laien (Foren) immer komplizierter wird und nicht mehr in dessen Händen gehört. Natürlich wird man sehen, ob der Kläger in die Berufung geht, und wenn, ob das Urteil des Erstgerichts Bestand hat. Aber Vorsicht, es ist noch keine Zeit wieder den Fehler zu unternehmen und den Untergang der Abmahnindustrie abzufeiern. Denn die Rechtsprechung ist bundesweit leider zu unterschiedlich und andere Gerichtsstandorte sehen es eben nicht so. Deshalb kann es nur noch heißen, mit Erhalt eines Abmahnscheibens sollte man in ein Forum nur als Therapeuten nutzen, zur juristischen Beratungen den Profi - einen Anwalt.













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#11178 Beitrag von Steffen » Dienstag 28. November 2017, 09:58

Amtsgericht Nürnberg - Pressemitteilung vom 27.11.2017:
Eltern haften für die P2P-Urheberrechtsverletzungen ihrer Kinder



09:56 Uhr

Das Amtsgericht Nürnberg hat entschieden, dass der Anschlussinhaber nach einer Abmahnung wegen Urheberrechtsverletzungen verpflichtet ist, im Rahmen seiner Aufsichtspflicht die von minderjährigen Kindern genutzte Hardware darauf zu kontrollieren, ob dort die von der Abmahnung betroffenen Programme oder Dateien vorhanden sind.

Die Klägerin produziert und vermarktet digitale Entertainmentprodukte, wie etwa Spiele oder DVD-Filme. Im Sommer 2013 wurde vom Internetanschluss des Beklagten ein Computerspiel der Klägerin mittels einer sogenannten Tauschbörse Dritten illegal zum Download angeboten. Den Internetanschluss des Beklagten nutzten auch seine Ehefrau sowie der damals 18-jährige Sohn und die damals 16-jährige Tochter.

Es standen ein Familien-PC, aber auch ein ausschließlich von den Kindern genutzter Laptop zur Verfügung. Die Klägerin hat den Beklagten abgemahnt und verlangt wegen der Verletzung der Lizenz Schadensersatz in Höhe von 750,00 EUR. Der Beklagte gab an, dass er die Kinder über die Gefahren des Internets allgemein belehrt habe. Nach Erhalt des Abmahnschreibens hätten diese auf Nachfrage angegeben, das Spiel nicht zum Download bereitgestellt zu haben. Er habe zudem die Hardware auf das Vorhandensein einer Filesharing Software untersucht und darüber hinaus in den installierten Anwendungen nach dem Computerspiel gesucht. Das Amtsgericht Nürnberg hat der Klage stattgegeben.

Im Fall einer Tauschbörse bestehe zunächst eine Vermutung dafür, dass der Anschlussinhaber auch der Täter sei, wenn die Urheberrechtsverletzung über seinen Anschluss begangen wurde. Allerdings könne diese Vermutung dann widerlegt werden, wenn der Anschlussinhaber darlege, dass auch andere Personen berechtigterweise den Internetanschluss mitnutzten. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs müsse der Anschlussinhaber dies jedoch vortragen und den Computer im Hinblick auf vorhandene Filesharing Software untersuchen.

Das Internetnutzungsverhalten seines Ehegatten müsse der Nutzer hingegen nicht nachvollziehen, ebenso wenig sei es ihm zuzumuten, dessen Computer zu durchsuchen.

Das Amtsgericht Nürnberg hat im Hinblick auf von Kindern genutzte Hardware folgendes angenommen: Aus der Aufsichtspflicht, deren Verletzung unter Umständen sogar zu einer Haftung führen könne, ergebe sich die Verpflichtung, die Hardware der Kinder zu kontrollieren. Die Pflicht sei insoweit nicht nur darauf beschränkt, nach einer Abmahnung die Hardware auf Tauschbörsensoftware zu untersuchen, vielmehr müsse der Erziehungsberechtigte auf der Festplatte konkret nach dem urheberrechtlich geschützten Werk bzw. den diesbezüglichen Dateien suchen.

Im vorliegenden Fall habe der Beklagte angegeben, nur in den installierten Anwendungen nach Filesharing Software sowie dem Computerspiel gesucht zu haben. Der Beklagte hätte aber nach Auffassung des Amtsgerichts darüber hinaus auf der Festplatte nach dem Computerspiel und zugehörigen Dateien suchen müssen; dies wäre ihm auch technisch ohne weiteres möglich gewesen. Der Beklagte habe daher die Computernutzung durch Dritte nicht ausreichend dargelegt und müsse daher der Klägerin den geltend gemachten Lizenzschadensersatz sowie die Anwaltskosten für die Abmahnung erstatten.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Urteil des Amtsgerichts Nürnberg vom 25.10.2017, Az. 32 C 3784/17






Quelle: Amtsgericht Nürnberg

Fürther Straße 110 | 90429 Nürnberg
Telefax: 0911 / 3212617 | E-Mail: poststelle@ag-n.bayern.de


Link Pressemitteilung Juris:

https://www.juris.de/jportal/portal/pag ... hricht.jsp







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AG Nürnberg, Urteil vom 25.10.2017, Az. 32 C 3784/17

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#11179 Beitrag von Steffen » Freitag 1. Dezember 2017, 10:46

JurPC (Wiesbaden): Amtsgericht Bochum - Sicherheitslücke im Router - Beklagter haftet als Täter (Lizenzgebühr von 200,00 EUR für pornografisches Filmwerk angemessen)


10:44 Uhr



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Prof. Dr. Maximilian Herberger (mh)
JurPC - Internet-Zeitschrift für Rechtsinformatik und Informationsrecht


Patrickstr. 43 | 65191 Wiesbaden
Telefon: 0611 / 957820 | Telefax: 0611 / 9578228
E-Mail: mail@jurpc.de | Web: http://www.jurpc.de/




Bericht

JurPC Web-Dok. 163/2017

Link:
http://www.jurpc.de/jurpc/show?id=20170163




Beklagtenvertreter:

Schulz - Sozien, Rechtsanwälte, Notare, Fachanwälte (Essen)

Link:
http://st-sozien.de/aktuelles/news-deta ... im-router/



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~





AG Bochum, Urteil vom 26.09.2017, Az. 65 C 281/17



(...) - Abschrift -


65 C 281/17



Verkündet am 26.09.2017
[Name], Justizbeschäftigte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle



Amtsgericht Bochum

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil




In dem Rechtsstreit


[Name],
Klägerin,

Prozessbevollmächtigter: [Name],



gegen


[Name],
Beklagten,

Prozessbevollmächtigter: [Name],





hat das Amtsgericht Bochum auf die mündliche Verhandlung vom 26.09.2017 durch den Richter am Amtsgericht [Name]

für Recht erkannt:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 465,70 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29.06.2017 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 60 % und der Beklagte zu 40 %. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.





Tatbestand:

Die Klägerin begehrt Schadensersatzerstattung vorgerichtlicher Abmahnkosten wegen des unerlaubten Anbietens zum Download des Filmwerks [Name] am 02.02.2013 über den Internetanschluss des Beklagten in einer sog. Tauschbörse.


Die Klägerin trägt vor,
der Beklagte sei Täter der über seinen Internetanschluss begangenen Rechtsverletzung. Insoweit sei er zum Schadensersatzanspruch in Höhe von mindestens 500,00 EUR verpflichtet. Die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten seien nach einem Gegenstandswert in Höhe von 10.000,00 EUR, der in jedem Fall anzusetzen sei, zu berechnen. Insoweit ergibt sich ein Erstattungsanspruch in Höhe von 651,80 EUR.


Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 1.151,80 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.



Der Beklagte,
die Klage abzuweisen.

Der Beklagte trägt vor,
er habe die Rechtsverletzung nicht begangen. Zur angegebenen Tatzeit habe er sich nicht zu Hause, sondern bei seiner damaligen Lebensgefährtin aufgehalten. Auch seinen Laptop habe er mitgenommen. Der Beklagte lebe allein, Familienangehörige kämen als Täter nicht in Betracht. Der Anschluss sei auch nach dem aktuellen Sicherheitsstandard WPA2 gesichert gewesen. Nach seiner Erinnerung habe er zum angegebenen Zeitpunkt einen Anschluss bei der Firma [Name] und nicht bei der Fa. [Name] bzw. [Name] gehabt. Gegebenenfalls sei soweit die Zuordnung der IP-Adresse unzutreffend erfolgt. Zudem hätten zum damaligen Zeitpunkt die Router beider Anbieter schwerwiegende Sicherheitslücken aufgewiesen. Der Beklagte gehe daher davon aus, dass aufgrund der Sicherheitslücke Dritte in sein WLAN eingebrochen seien und den Anschluss für Urheberrechtsverletzungen missbraucht hätten. Jedenfalls seien die Ansprüche der Höhe nach nicht gerechtfertigt. Schließlich erhebt der Beklagte Einrede der Verjährung.


Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.




Entscheidungsgründe:

Die Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

Die Klägerin kann von dem Beklagten gem. § 97, 97a UrhG Schadensersatz und Erstattung vorgerichtlicher Abmahnkosten verlangen.

Unstreitig ist die Klägerin Inhaberin der Nutzungs- und Verwertungsrechte an dem Filmwerk [Name]. Dieses Filmwerk wurde am 02.02.2013 über die IP-Adresse [IP] in einer Tauschbörse zum Download angeboten. Nach Auskunft des Providers, der Fa. [Name], war diese IP-Adresse zum Tatzeitpunkt dem Anschluss des Beklagten zugeordnet. Das Bestreiten des Beklagten, zum damaligen Zeitpunkt überhaupt in vertraglicher Beziehung zur Fa. [Name] bzw. [Name] gestanden zu haben, ist offensichtlich ins Blaue hinein erfolgt und damit unerheblich. Der Beklagte trägt selbst vor, er habe mehrfach seinen Anbieter gewechselt und nach seiner Erinnerung sei sein Anbieter damals die [Name] gewesen. Konkrete Daten trägt der Beklagte jedoch nicht vor, auch Vertragsunterlagen, die seinen Vortrag stützen könnten, hat er nicht vorgelegt. Es bestehen damit keine Zweifel, dass die Rechtsverletzung über den Internetanschluss des Beklagten begangen worden ist.

Seiner sekundären Darlegungslast hat der Beklagte nicht genügt. Dass er zum damaligen Zeitpunkt nicht zu Hause gewesen sein will, steht einer täterschaftlichen Haftung nicht entgegen. Denn Tauschbörsenprogramme können so programmiert werden, dass eine persönliche Anwesenheit nicht erforderlich ist. Sonstige Familienangehörige kommen als Täter nicht in Betracht, da der Beklagte allein lebt. Nach seinem Vortrag war der Anschluss auch ordnungsgemäß WPA2 gesichert. Es mag sein, dass der zur Verfügung gestellte Router erhebliche Sicherheitslücken aufwies. Diese Sicherheitslücken sind jedoch erst zu einem späteren Zeitpunkt in der Öffentlichkeit bekannt geworden. Insoweit kommt im Zeitpunkt der Rechtsverletzung nur eine kleine Zahl von Kundigen in Betracht, die die Sicherheitslücke ausgenutzt habe könnte. Tatsächliche Anhaltspunkte für einen solchen Missbrauch sind von der Beklagtenseite jedoch nicht vorgetragen. Insoweit erscheint es höchst unwahrscheinlich, dass ein Dritter die Sicherheitslücke nur ausgenutzt haben soll, um einen pornografischen Film downzuloaden. Ein solcher Missbrauch kommt ernsthaft nicht in Betracht und steht der gegen den Beklagten sprechenden Vermutung nicht entgegen.

Der Verletzte kann den ihm entstanden Schaden im Wege der Lizenzanalogie ersetzt verlangen. Hierfür ist der objektive Wert der angemaßten Benutzungsberechtigung zu ermitteln, der in der angemessenen und üblichen Lizenz besteht. Da von der Klägerin ein Anbieten des streitgegenständlichen Films in einer Tauschbörse nicht lizenziert wird, kann auf eine eigene Vertragspraxis des Verletzten nicht abgestellt werden. Im Rahmen der Schätzung der Höhe der angemessenen Lizenz gern. § 287 ZPO sind die wesentlichen und schnell erkennbaren wertbildenden Faktoren zu berücksichtigen. Die hier bei gegebenen Schwierigkeiten entbinden das Gericht nicht von einer Einzelfallprüfung unter Berücksichtigung des Vortrags der Parteien. Insoweit erscheint er nicht möglich, davon abzusehen, einzelfallabhängige Schadensersatzbeträge zu ermitteln.Vielmehr sind bei Bemessung der Schadenshöhe insbesondere die wirtschaftliche Bedeutung des Films einerseits und der konkrete Umfang der Verletzungshandlung nach Zeit, Ort, Art und Intensität andererseits zu berücksichtigen. Angaben zum wirtschaftlichen Wert des Films hat die Klägerin nicht gemacht. Es ist offen, ob sich der Film zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung in seiner aktuellen Vermarktungsphase befand. Dies gilt auch für die Höhe der Produktionskosten und dem Preis, für den das Filmwerk legal als DVD erworben werden konnte. Der Schadensersatz wird zudem allein auf die Verletzung vom 02.02.2013 um 08:48:50 Uhr gestützt. Weitere im Schreiben vom 18.09.2017 aufgeführte Rechtsverletzungen sind nicht streitgegenständlich. Wie viele User zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung online waren und wie viele konkrete Zugriffe erfolgt sind, hat die Klägerseite nicht vorgetragen. Auch wenn es das Wesen einer Tauschbörse ist, dass die Teilnehmer von verschiedenen Festplatten Fragmente herunterladen und so sich die gesamte Datei zusammensetzen, kommt für die einzelne Rechtsverletzung einer schadensrechtlichen Gleichsetzung mit dem Angebot ganzer Werke nicht in Betracht. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der von den Rechteinhabern vielfach herangezogen "schneeballartigen Verbreitung".

Eine solche Verbreitung ist von den einzelnen Teilnehmern weder verursacht noch beinflussbar oder gewollt. Unter Berücksichtigung aller Umstände hält das Gericht im Einzelfall einen Schadensersatz in Höhe von 200,00 EUR für angemessen und ausreichend.

Auch die Abmahnkosten stellen grundsätzlich einen erstattungsfähigen Schaden dar. Nach der neuern Rechtsprechung des BGH kann der Gegenstandswert des vorgerichtlich geltend gemachten Unterlassungsanspruchs nicht schematisch bemessen werden. Vielmehr ist der Gegenstand der Abmahnung nach dem Interesse der Klägerin an der Unterbindung künftiger Rechtsverletzungen unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls zu bestimmen. Angesichts des dargelegten wirtschaftlichen Wertes für die Klägerin, der Aktualität und Popularität des Films einerseits, der Intensität und Dauer der Urheberrechtsverletzung und der subjektiven Umstände auf Seiten des Verletzers andererseits, geht das Gericht von einem berechtigten Gegenstandswert in Höhe von bis zu 2.000,00 EUR für den Unterlassungsanspruch aus, vgl. LG Bochum, Urteil vom 16.12.2016, Az. 5 S 75/16. Hinzuzurechnen ist der berechtigte Schadensersatzanspruch in Höhe von 200,00 EUR, so dass sich insgesamt ein Gegenstandswert in Höhe von 2.200,00 EUR ergibt. Auf dieser Grundlage beläuft sich 1,3 Geschäftsgebühr nebst Auslagenpauschale auf 265,70 EUR. Insgesamt ergibt sich damit ein berechtigter Anspruch in Höhe von 465,70 EUR.

Die von dem Beklagten erhobene Einrede der Verjährung greift nicht durch. Die Verjährungsfrist von 3 Jahren endete mit Ablauf des 31.12.2016. Am 16.12.2016 ist der Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids bei dem Mahngericht eingegangen. Der Mahnbescheid vom 19.12.2016 ist dem Beklagten am 21.12.2016 zugestellt worden.

Mit Zustellung des Mahnbescheids wurde die Verjährung gehemmt. Die Nachricht über den gesamten Anspruch ist am 27.12.2016 an den Klägervertreter abgesandt worden. Am 22.06.2017 ist der restliche Gerichtskostenvorschuss eingezahlt worden und am 23.06.2017 erfolgte die Abgabe an das Streitgericht. Damit ist das Verfahren vor Ablauf der Hemmung von Klägerseite weiter betrieben worden.

Insgesamt war daher der Klage in Höhe von 465,00 Euro stattzugeben. Im Übrigen war sie dagegen abzuweisen.

Der Zinsanspruch in gesetzlicher Höhe folgt aus dem Geschichtspunkt des Verzuges.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.




Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
1. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
2. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.

Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem

Landgericht Bochum,
Westring 8,
44787 Bochum,


eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Bochum zu begründen.

Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Bochum durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.

Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.



[Name]
Richter am Amtsgericht (...)






~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



AG Bochum, Urteil vom 26.09.2017, Az. 65 C 281/17,
JurPC,
JurPC Web-Dok. 163/2017,
Sicherheitslücke Router,
Behauptungen ins Blaue hinein,
unbekannte Dritte,
Singlehaushalt,
Einfachermittlung

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#11180 Beitrag von Steffen » Freitag 1. Dezember 2017, 12:28

Wilde, Beuger, Solmecke Rechtsanwälte (Köln): Filesharing Sieg gegen Waldorf Frommer - Das Amtsgericht Bochum schützt Familie vor Abmahnwahn

12:26 Uhr


In einem von unserer Kanzlei geführten Filesharing Verfahren hat das Amtsgericht Bochum eine Klage von Waldorf Frommer gegenüber einem Familienvater abgewiesen. Die Kanzlei Waldorf Frommer aus München hatte unseren Mandanten wegen illegalem Filesharing des Films "Need for Speed" eine Abmahnung geschickt. Die Abmahnung erfolgte im Auftrag der Constantin Film Verleih GmbH. Waldorf Frommer verlangte von ihm als Anschlussinhaber Schadensersatz in Höhe von 1.000,00 EUR wegen der angeblich von ihm begangenen Urheberrechtsverletzung. Darüber hinaus wollte sie Abmahnkosten in Höhe von 215,00 EUR ersetzt haben.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Bild

Rechtsanwalt Christian Solmecke, LL. M.


WILDE BEUGER SOLMECKE Rechtsanwälte GbR

Kaiser-Wilhelm-Ring 27-29 | 50672 Köln
Tel.: 0221 / 951 563 0 | Fax: 0221 / 400 675 52
E-Mail: info@wbs-law.de | Web: www.wbs-law.de



Bericht

Link:
https://www.wbs-law.de/abmahnung-filesh ... lie-75903/

Urteil als PDF:
https://www.wbs-law.de/wp-content/uploa ... 248-17.pdf



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Abgemahnter Familienvater war in Urlaub - Volljährige Kinder hatten Zugriff aufs Internet

Doch das sah der abgemahnte Familienvater nicht ein. Er verteidigte sich damit, dass er selbst die vorgeworfene Tat nicht begangen hat. Vielmehr habe er zu diesem Zeitpunkt mit einem Großteil seiner Familie Urlaub in Kroatien gemacht. Lediglich seine beiden volljährigen Kinder hätten mit ihren eigenen Geräten (Rechner und Smartphone) Zugriff auf seinen Anschluss gehabt. Sie würden das Internet regelmäßig nutzen, um sich etwa YouTube-Videos anzuschauen, zu recherchieren und an sozialen Netzwerken teilzunehmen. Nach Erhalt der Abmahnung hätte er nachgefragt, ob sie etwas mit den Urheberrechtsverletzungen zu tun gehabt hätten. Dies sei von ihnen verneint worden. Gleichwohl könne dies nicht ausgeschlossen werden.



Vater hat sekundärer Darlegungslast genügt

Das Amtsgericht Bochum stellte mit Urteil vom 08.11.2017, Az. 70 C 248/17 klar, dass der Anschlussinhaber nicht zum Schadensersatz im Wege der sogenannten Täterhaftung gemäß § 97 Abs. 2 UrhG herangezogen werden kann. Denn aus einer nachvollziehbaren Schilderung ergibt sich, dass zum Zeitpunkt des illegalen Filesharing der Internetanschluss allein seinen beiden erwachsenen Kindern zur Verfügung stand. Hierdurch hat er die Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast genügt.

Darüber hinaus haftet er nicht im Rahmen der Störerhaftung für die Abmahnkosten gemäß § 97a UrhG. Da hier keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich waren, dass seine Kinder illegales Filesharing begehen werden, bestand weder eine Belehrungspflicht, noch eine Überwachungspflicht.



Amtsgericht Bochum steht mit dem Bundesgerichtshof im Einklang

Diese Rechtsprechung steht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH). Hierzu gehört auch die durch unsere Kanzlei erstrittene Entscheidung "Afterlife" vom 06.10.2016, I ZR 154/15. Hier hat der BGH festgestellt, dass Anschlussinhaber nicht ihre Familienmitglieder auszuspionieren brauchen. Näheres erfahren Sie in unserem Beitrag:
"Grundsatzentscheidung des BGH – Anschlussinhaber muss nicht bei Ehepartner nachforschen."

Diese familienfreundliche Ausrichtung hat der Bundesgerichtshof kürzlich erneut bestätigt (BGH, Urt. v. 27.07.2017 – I ZR 68/16). Das höchste deutsche Zivilgericht hat in dieser Entscheidung klargestellt, dass der Anschlussinhaber keine genauen Ausführungen über das Nutzungsverhalten seines Ehegatten zu machen braucht. Eine Dokumentation darf ihm nicht zugemutet werden. Genaues können Sie unserem Text:
"Filesharing - BGH stärkt Schutz der Familie"
entnehmen.



Erfreuliche Rechtsprechung am Gerichtsstandort Bochum

Erfreulich ist, dass das Amtsgericht Bochum auch aufgrund der aktuellen Rechtsprechung des BGH zahlreich zu Gunsten unserer Mandanten entschieden hat (AG Bochum, Urt. v. 04.10.2017, Az. 67 C 235/17; AG Bochum, Urt. v. 17.10.2017, Az. 65 C 106/17). Ähnlich entschied kürzlich auch das Landgericht (LG) Bochum mit Urteil vom 07.09.2017, Az. I-8 S 17/17.



Fazit:

Insbesondere Familien sollten sich von Waldorf Frommer & Co. nicht einschüchtern lassen. Denn viele Gerichte sind mittlerweile kritisch gegenüber der Abmahnindustrie eingestellt.







AG Bochum, Urteil vom 08.11.2017, Az. 70 C 248/17



(...) - Beglaubigte Abschrift -


70 C 248/17



Verkündet am 08.11.2017
[Name], Justizbeschäftigte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle



Amtsgericht Bochum

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil




In dem Rechtsstreit


[Name],
Klägerin,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldorf Frommer Rechtsanwälte, Beethovenstraße 12, 80336 München,



gegen


[Name],
Beklagten,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Wilde Beuger Solmecke, Kaiser-Wilhelm-Ring 27-29, 50672 Köln,





hat das Amtsgericht Bochum

auf die mündliche Verhandlung vom 08:11.2017 durch den Richter am Amtsgericht [Name]

für Recht erkannt:

Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.





Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten Schadensersatz und Ersatz der Abmahnkosten anlässlich einer angeblichen Urheberrechtsverletzung Dazu behauptet die Klägerin, der Beklagte habe am 21.07.2014 den Film [Name] über seinen Internetanschluss ohne Erlaubnis der Klägerin, die Inhaberin der ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrechte sei, öffentlich anderen Nutzern zum Download angeboten. Dafür begehrt die Klägerin Schadensersatz in Höhe einer Lizenzgebühr von 1.000,00 EUR sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 215,00 EUR.


Die Klägerin beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerseite einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 1.000,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.11.2016,
2. 107,50 EUR als Hauptforderung zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 18.11.2016. sowie
3. 107,50 EUR als Nebenforderung zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 18.11.2016 zu zahlen.



Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Er macht geltend,
er habe sich selbst mit einem Großteil seiner Familie zur Zeit der angeblichen Urheberrechtsverletzung in einem Urlaub in Kroatien aufgehalten. Zur angeblichen Tatzeit hätten nur sein Sohn [Name] und seine ebenfalls volljährige Tochter [Name] Zugriff auf seinen Internetanschluss gehabt. Diese beiden Kinder verwendeten seinerzeit sowohl ihre eigenen Computer als auch die Smartphones regelmäßig zur Nutzung des Internets, u a. zum Anschauen von Youtube-Video, zur Recherche, zur Teilnahme an das soziale Netzwerk, für den Online-Einkauf, für Spiele sowie Online-Mediatheken. Die Kinder hätten auf Nachfrage angegeben, nichts mit der Urheberrechtsverletzung zu tun zu haben. Gleichwohl könne nicht ausgeschlossen werden, dass eines der beiden Kinder den Computer für die streitgegenständliche Urheberrechtsverletzung genutzt habe.


Für weitere Einzelheiten wird auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.




Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Der Beklagte haftet unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt für die geltend gemachte Urheberrechtsverletzung. Wird über einen Internetanschluss eine Rechtsverletzung begangen, ist eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers nicht begründet, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung noch andere Personen diesen Anschluss benutzen konnten. So war es auch im vorliegenden Fall. Der Beklagte hat seiner sekundären Darlegungslast ausreichend genügt. Er hat nachvollziehbar dargelegt, dass der Internetanschluss außer ihm unter anderem auch seinen beiden volljährigen Kindern, seinem Sohn [Name] und seiner Tochter [Name], zur Verfügung stand und zur Tatzeit sogar alleine zur Verfügung stand. Zugunsten der Klägerin spricht zwar eine tatsächliche Vermutung, die jedoch keine Beweislastumkehr bewirkt, dass eine festgestellte Urheberrechtsverletzung von dem Anschlussinhaber verursacht ist. Der aus der tatsächlichen Vermutung folgenden sekundären Darlegungslast hat der Beklagte aber genügt, denn nach seinem Vortrag besteht die ernsthafte Möglichkeit eines abweichenden Geschehensablaufs, nämlich einer Rechtsverletzung durch eines seiner namentlich benannten Kinder.

Danach war die Klägerin in vollem Umfang für eine Rechtsverletzung durch den in Anspruch genommenen Beklagten darlegungs- und beweispflichtig, was nicht erfolgt ist. Soweit ein Bestreiten des entlastenden Vortrags des Beklagten mit Nichtwissen ist nicht ausreichend. Soweit die Klägerseite aber einen entlastenden Vortrag des Beklagten ins Gegenteil kehrt und unter Beweis stellt, erfolgt dieser Vortrag ersichtlich ins Blaue hinein und würde zu einem Ausforschungsbeweis führen, der sich verbietet.

Auch eine Störerhaftung des Beklagten kommt nicht in Betracht. Belehrungspflichten gegenüber den volljährigen Kindern bestanden nicht. Eine Verpflichtung des Beklagten, die Nutzung seiner Kinder zu überwachen, bestand mangels Anhaltspunkten von Rechtsverletzungen durch die Kinder ebenfalls nicht.


Danach war die Klage mit den Nebenentscheidungen aus §§ 91, 708 Nr 11 in Verbindung mit § 711 ZPO abzuweisen




Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
1. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
2. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.

Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem

Landgericht Bochum,
Josef-Neuberger-Straße 1,
44787 Bochum,


eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Bochum zu begründen.

Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Bochum durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- Lind die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.

Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.



[Name]
Richter am Amtsgericht (...)





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AG Bochum, Urteil vom 08.11.2017, Az. 70 C 248/17,
Klage Waldorf Frommer,
Rechtsanwalt Christian Solmecke,
sekundäre Darlegungslast,
WILDE BEUGER SOLMECKE Rechtsanwälte GbR,
Anschlussinhaber ortsabwesend,
Anschlussinhaber im Urlaub

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