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Steffen
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LG Düsseldorf, Az. 12 S 47/15,

#10921 Beitrag von Steffen » Dienstag 20. Dezember 2016, 20:23

WALDORF FROMMER: Landgericht Düsseldorf kassiert Entscheidung des Amtsgerichts - Einfaches Nachfragen in Tauschbörsenverfahren unzureichend!


20:25 Uhr


Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen. Der Beklagte hatte sich bereits im erstinstanzlichen Verfahren dahingehend verteidigt, dass er die streitgegenständliche Rechtsverletzung nicht begangen habe. Den häuslichen Internetanschluss hätten auch seine Ehefrau und der gemeinsame Sohn nutzen können. Auf Nachfrage des Beklagten hätten sowohl die Ehefrau, als auch der Sohn die Begehung der Rechtsverletzung abgestritten. Der Sohn habe jedoch eingeräumt, dass er durchaus auch am späten Abend - entsprechend der hier maßgeblichen Zeiten der Rechtsverletzung - seinen Computer und das Internet nutzen würde. Der Beklagte könne folglich nicht ausschließen, dass sein Sohn für die Rechtsverletzung verantwortlich gewesen sei, wenngleich er eher einen unberechtigten Drittzugriff von außen auf das mit WPA2 verschlüsselte und individuell passwortgesicherte WLAN-Netzwerk vermuten würde. Im Übrigen wurde der klägerische Vortrag umfassend bestritten.



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WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

Beethovenstraße 12 | 80336 München
Telefon: 089 / 52 05 72 10 | Telefax: 089 / 52 05 72 30
E-Mail: web@waldorf-frommer.de | Web: www.waldorf-frommer.de




Bericht

Link:
http://news.waldorf-frommer.de/waldorf- ... ureichend/

Urteil als PDF:
http://news.waldorf-frommer.de/wp-conte ... _47_15.pdf




Autor:

Rechtsanwalt David Appel



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Das Amtsgericht Düsseldorf hatte die Klage zunächst abgewiesen und hierzu ausgeführt, die Klägerin habe ihre Aktivlegitimation nicht schlüssig dargelegt. Zudem habe der Beklagte eine ihn treffende Vermutung der Täterschaft des Anschlussinhabers widerlegt.

Das Landgericht Düsseldorf hat in dem von der Klägerin geführten Berufungsverfahren das erstinstanzliche Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf aufgehoben und den Beklagten zur Zahlung von Schadensersatz, Rechtsanwaltskosten sowie der Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen verurteilt.

In seiner umfassenden Urteilsbegründung setzte sich das Landgericht zunächst durchaus kritisch mit der Frage der Aktivlegitimation der Klägerin auseinander und bestätigte die Rechteinhaberschaft anhand der weiter vorgetragenen und unbestrittenen mittelbaren Tatsachen im Sinne einer Indizienbeweiswürdigung.

Auch die Ermittlung und Zuordnung der streitgegenständlichen Rechtsverletzung wurde von den Prozessbevollmächtigten des Beklagten lediglich pauschal - also ohne konkreten Fallbezug - bestritten. Die Berufungskammer würdigte dieses Bestreiten in ihren Entscheidungsgründen wie folgt:
  • "Der Internetanschluss des Beklagten ist zuverlässig ermittelt worden als der Anschluss, von dem der streitgegenständliche Film öffentlich zugänglich gemacht wurde. Nach Gestattung des Gerichts ist durch den zuständigen Provider beauskunftet worden, dass die IP-Adresse, die von der Klägerin als jene ermittelt worden ist, unter der der gegenständliche Upload erfolgte, zu dem fraglichen Zeitpunkt dem Beklagtenanschluss zugeordnet war. Gründe, die für eine Fehlerhaftigkeit der Beauskunftung durch den Provider sprechen können, bringt der Beklagte nicht vor; das bloß pauschale Bestreiten genügt insofern nicht (vgl. OLG Köln, Urteil vom 14 03 2014, Az. 1-6 U 210/12, 6 U 210/12, juris).

    Ausgehend von dem Vortrag der Klägerin ist auch von einer ordnungsgemäßen Ermittlung der IP-Adresse auszugehen.

    Die Klägerin hat umfänglich zu der von ihr eingesetzten Software vorgetragen und zu dem Zeitabgleich (Timestamp), dem Dateiabruf, dem Datenabgleich und der Protokollierung der Daten ausgeführt [...] Hatte der Beklagte in der Klageerwiderung pauschal das fehlerfreie Funktionieren der Software der von der Klägerin beauftragten Firma ipoque GmbH bestritten, so hat er nach den weiteren Ausführungen der Klägerseite in der Sache keinen konkreten Ermittlungsschritt oder dessen Protokollierung und auch nicht die Mangelfreiheit der Software als solche angegriffen. Die Funktionsfähigkeit der Software und deren korrekter Einsatz sind daher zugestanden."
Der tauschbörsenimmanente Umstand, dass Dateien lediglich fragmentarisch übertragen werden, stehe der Annahme eines öffentlichen Zugänglichmachens nicht entgegen, so das Landgericht in seiner Urteilsbegründung:
  • "Auch der Umstand, dass bei Peer-to-Peer-Netzwerken lediglich Dateifragmente oder einzelne Chunks von einer Quelle heruntergeladen werden, steht der Annahme öffentlicher Zugänglichmachung des Films nicht entgegen. Es ist auch unerheblich, ob auf dem Computer des Beklagten lediglich Dateifragmente vorhanden waren. Schutzgegenstand des § 94 UrhG ist nicht der Film selbst, sondern die wirtschaftliche und organisatorische Leistung, die sich in dem Filmträger niederschlägt. Da der Filmhersteller diese unternehmerische Leistung für den gesamten Film bzw. die Filmdatei erbringt, gibt es keinen Teil der Filmdatei, auf die nicht ein Teil dieses Aufwands entfällt und der daher nicht geschützt ist. Mithin stellt selbst die Entnahme kleinster Partikel einen Eingriff in die durch § 94 Abs. 1 Satz 1 UrhG geschützte Leistung des Filmherstellers dar (entsprechend für Tonträger BGH NJW 2016, 942 - Tauschbörse I, zum Recht an Filmteilen Dreier/Schulze, a.a.O., § 94, Rn 42)."
Das Landgericht kam schließlich auch zum Ergebnis, dass der Beklagte als Täter der Rechtsverletzung anzusehen sei:
  • "Die zugunsten der Klägerin sprechende Vermutung der Alleinverantwortung des Beklagten als Anschlussinhaber hat dieser nicht widerlegt bzw. er hat keinen die Vermutung ausschließenden Sachverhalt vorgetragen; den Anforderungen der sich an ihn stellenden sekundären Darlegungslast hat der Beklagte nicht genügt und so seine Täterschaft zugestanden.

    Die Kammer braucht nicht entscheiden, ob der Umstand, dass im Haushalt des Beklagten auch dessen 1993 geborener Sohn und dessen Ehefrau lebten, ein WLAN-Netz eingerichtet war und die Angehörigen jeweils einen eigene Computer hatten, bereits die zur Anwendung der Vermutung vorauszusetzende Typizität des Sachverhalts widerlegt, insbesondere, ob die Darlegung hinreichend tatzeitpunktbezoqen war. [...] Jedenfalls aber hat der Beklagte nicht der ihn in Sachverhalten wie dem vorliegenden treffenden sekundären Darlegungslast genügt. [...]

    Der Beklagte hat lediglich pauschal zur Nutzungsmöglichkeit des Anschlusses für seine Familienmitglieder, zu deren Nutzungsgewohnheiten und Kenntnissen und zum Vorhandensein weiterer Computer vorgetragen und die weiteren Familienmitglieder namhaft gemacht.

    Auch auf den Hinweis der Kammer [...] hin hat er jedoch nicht mitgeteilt, ob er seinen Sohn zum Vorhandensein und zur Nutzung einer Tauschbörsensoftware und der Filmdatei befragte. Eine solche Nachfrage war aber schon deswegen veranlasst, da der Sohn nach dem eigenen Vorbringen des Beklagten auf die an ihn gerichteten Fragen nach der Rechtsverletzung und nach der Nutzung des PC am Abend des dokumentierten Downloads widersprüchlich bzw. ausweichend bzw. schlicht leugnend geantwortet haben soll. Der Beklagte trägt vor, sein Sohn habe einerseits die Rechtsverletzung "nicht eingeräumt" bzw. sein Sohn habe, "die Befragung nach der Täterschaft verneint", der Sohn habe andererseits angegeben, er könne sich "nicht mehr erinnern" Mit den inkonsistenten Rückäußerungen hätte sich der Beklagte nicht begnügen dürfen [...]."
Das von den Beklagtenvertretern im Berufungsverfahren vertrete Verständnis der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs lehnte das Landgericht explizit ab:
  • "Auch hat der Beklagte nicht umfassend zur Überprüfung der Rechner in seinem Haushalt vorgetragen. lm Hinblick auf den eigenen Rechner hat er nicht vorgetragen, diesen auch auf das Vorhandensein der konkreten Filmdatei untersucht zu haben, hinsichtlich der Rechner seiner Ehefrau und seines Sohnes fehlt es an jeglicher Darlegung. Jedenfalls eine auf die Computer bezogene weitere Nachfrage bei seinen Familienangehörigen und eine umfassende Nachforschung auf dem eigenen Rechner hält sich auch unter Berücksichtigung der jüngsten höchstrichterlichen Entscheidungspraxis zum Umfang der sekundären Darlegungslast (vgl. zuletzt Bundesgerichtshof GRUR 2016, 1280 - Everytime we touch) innerhalb des Zumutbaren und berücksichtigt den grundgesetzlichen verbürgten Schutz von Ehe und Familie ebenso wie die Wertung des § 383 ZPO.

    Anders als von dem Beklagten suggeriert geht es vorliegend auch nicht darum, ob eine Durchsuchung des Computers des Sohnes auch gegen dessen Willen erforderlich gewesen wäre; dass diesbezüglich überhaupt ein Wille geäußert wurde, nachdem schon die Frage nach dem Vorhandensein der Software und der Filmdatei nicht einmal gestellt wurde, ist jedenfalls nicht vorgetragen.

    Auch geht es nicht um eine faktische Beweislastumkehr oder, wie in der vom Beklagten angeführten Entscheidung des BGH vom 06.10.2016, Az. I ZR 154/15, um die Frage, ob der Anschlussinhaber die weiteren Anschlussnutzer namhaft machen muss; dies erst hier unstreitig geschehen, ferner ist auch nicht eine anlasslose Dauer-Überwachung von Familienangehörigen gefordert, wie der Beklagte durch das Zitat der Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 21.07.2015, Az. 1-20 U 172/14, zu suggerieren versucht."






LG Düsseldorf, Urteil vom 14.12.2016, Az. 12 S 47/15


  • (...) Beglaubigte Abschrift (Telekopie gemäß § 169 Abs. 3 ZPO)


    12 S 47/15

    57 C 6205/14
    Amtsgericht Düsseldorf


    Verkündet am 14.12.2016
    [Name], Justizbeschäftigte
    als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle



    Landgericht Düsseldorf


    IM NAMEN DES VOLKES


    Urteil




    In dem Rechtsstreit


    [Name],
    Klägerin und Berufungsklägerin,

    Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwalte Waldorf Frommer, Beethovenstraße 12, 80336 München,


    gegen


    [Name],
    Beklagten und Berufungsbeklagten,

    Prozessbevollmächtigte:
    [Name],


    hat die 12. Zivilkammer des Landgerichts Dusseldorf im schriftlichen Verfahren mit Schriftsatzfrist bis zum 16 11 2016 durch die Vorsitzende Richterin am Landgericht [Name], den Richter am Landgericht [Name] und den Richter [Name] für Recht erkannt:

    Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf vom 08.06.2015, Az. 57 C 6205/14, abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst.

    Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Schadensersatz in Hohe von 600,00 EUR nebst Zinsen in Hohe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 16.08.2013 zu zahlen.

    Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 506,00 EUR nebst Zinsen in Hohe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.08.2013 zu zahlen.

    Die Kosten des Rechtsstreits, einschließlich der Kosten des Berufungsverfahrens, trägt der Beklagte. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.



    Grunde:



    I.

    Die Klägerin verlangt von dem Beklagten wegen behaupteter öffentlicher Zugänglichmachung des Films [Name] in einem Internet-Filesharing-Netzwerk Schadensersatz nach Grundsätzen der Lizenzanalogie in Hohe von mindestens 600,00 EUR sowie Ersatz von Abmahnkosten in Hohe von 506,00 EUR, jeweils nebst Zinsen.

    Wegen des tatsächlichen Vorbringens der Parteien wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen, § 540 Abs 1 ZPO.

    Mit dem am 08.06.2015 verkündeten Urteil hat das Amtsgericht die Klage abgewiesen und hierzu ausgeführt, die Klägerin habe ihre Aktivlegitimation nicht schlüssig dargelegt. Sie habe zu ihrer Rechteinhaberschaft widersprüchlich vorgetragen In Betracht käme die Inhaberschaft "originärer Urheberrechte nach § 94 UrhG" oder die Übertragung von "Nutzungsrechten der Filmherstellerin nach § 31 UrhG". Aus dem Vortrag der Klägerin gehe nicht hervor, ob sie Filmherstellerin oder Lizenznehmerin sei. Sie müsse aber darlegen, welche Rechte ihr zustunden Ausweislich eines Wikipedia-Eintrags über den Film sowie einer gegenüber der Abteilungsrichterin erfolgten Äußerung eines Prozessbevollmächtigten in einem Parallelrechtsstreit handele es sich bei der Klägerin nicht um die Filmherstellerin. Auch aus dem Copyright-Vermerk sei die Berechtigung nicht zu schließen Der Beklagte habe eine ihn treffende Vermutung der Täterschaft des Anschlussinhabers widerlegt. Dem Beweisangebot der Klägerin, die Ehefrau und den Sohn des Beklagten zu vernehmen, sei nicht nachzugehen, da die Klägerin keine Umstande vorgetragen habe, aus denen sich die Möglichkeit ergebe, dass die Genannten den Internetanschluss nicht mitbenutzt hätten Eine Störerhaftung des Beklagten habe die Klägerin nicht substantiiert behauptet, so dass der Beklagte auch keinen Abmahnkostenersatz schulde Auch sei in dem Abmahnschreiben die Sachbefugnis nicht nachvollziehbar dargelegt und die genutzte Filesharingsoftware nicht genannt worden.

    Die Klägerin wendet sich gegen die Abweisung der Klage und verfolgt mit der Berufung ihr erstinstanzliches Klagebegehren in vollem Umfang weiter, wobei sie die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 955,60 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit beantragt Der Beklagte beantragt die Zurückweisung der Berufung.

    Wegen der Anträge erster Instanz und des ergänzenden Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die gewechselten Schriftsatze Bezug genommen



    II.

    Die zulässige Berufung hat Erfolg. Die zulässige Klage ist begründet, so dass die Entscheidung des Gerichts wie erfolgt abzuändern war.


    1.

    Die Klägerin ist aktivlegitimiert.


    a)

    Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin auch in der Berufungsinstanz keinen tatsächlichen Lebenssachverhalt vorgetragen hat, der die gesetzlichen Voraussetzungen zum Erwerb originärer oder abgeleiteter Verwertungsrechte als Filmherstellerin erfüllt. Die Darlegung in der Anspruchsbegründung, sie, die Klägerin, "werte [die streitgegenständliche Aufnahme] exklusiv aus" und verfüge über "die ausschließlichen Nutzungs- bzw. Verwertungsrechte" enthält kein tatsächliches Vorbringen zur Entstehung und / oder einem derivativen Erwerb des Rechts, etwa zu einer inhaltlichen und organisatorische Steuerung der Herstellung der Erstfixierung des Filmträgers oder zu dem Abschluss eines Lizenzvertrags. Der Vortrag ist, wie das Amtsgericht zutreffend ausführt, zudem mehrdeutig dahingehend, ob sich die Klage auf originär oder abgeleitet erworbene Rechte stützt, was die Klägerin letztlich auch einräumt, wenn sie angibt, sie sei zu einem Vortrag, auf welche Weise sie die Rechtsposition erlangt habe, nicht verpflichtet (vgl. Berufungsbegründung, S 7, Bl. 277 GA, sowie Ss v 30 08 2016, S 1, Bl. 370 GA).

    Es ist in einem solchen Fall jedoch stets auch zu prüfen, ob sich der Klagegrund im Wege der Auslegung der Klageanträge und des Klagevorbringens ermitteln lasst. Fehlt es wie hier an einer ausdrücklichen Erklärung zu der Entstehung der Berechtigung, hat das Gericht die Klage dahingehend zu untersuchen, ob sich aus den Einzelheiten des Vortrags oder der dargestellten rechtlichen Bewertung Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Kläger bzw die Klägerin aus originärem oder abgetretenen Recht vorgeht, oder dass er bzw sie beide Grunde gleichzeitig oder alternativ geltend gemacht werden. Verbleiben Zweifel, was hier der Fall ist, ist von einer alternativen Geltendmachung auszugehen, da das Klageziel stets das Gleiche ist und die alternative Geltendmachung dem Interesse des Klägers bzw der Klägerin am besten entspricht (vgl. von Ungern-Sternberg, GRUR 2011, 486, 494).


    b)

    Die Aktivlegitimation der Klägerin ergibt sich nicht schon aus der Vermutungswirkung des § 10 UrhG wegen des Copyright-Vermerks auf der von der Klägerin vorgelegten DVD bzw. dem DVD-Cover. Denn die Vermutungswirkung eines ©-Vermerks, die sich auch auf die Inhaberschaft an Filmherstellerrechten beziehen kann (vgl. OLG Karlsruhe GRUR-RR 2009, 379; Dreier/Schulze, a. a. 0., § 10, Rn 44), gilt ausweislich der Regelung des § 10 Abs. 3 S. 1 UrhG nur für die Geltendmachung von Unterlassungs-, nicht aber von Schadensersatzansprüchen (so BGH NJW 2016, 942 - Tauschbörse I, GRUR 2016, 1280 - Everytime we touch, wonach in den entschiedenen Fallen § 10 Abs. 3 UrhG auf die dort jeweils geltend gemachten Schadensersatzansprüche nicht anwendbar sei) § 10 Abs 3 S. 1 UrhG ist trotz des unterbliebenen Verweis in § 94 Abs 4 UrhG und entgegen der Auffassung der Klägerin auch bei einem Vorgehen aus (übertragenen) Leistungsschutzrechten einschlägig. Dies ergibt sich bereits aus § 10 Abs. 3 S 2 UrhG (vgl. Dreier/Schulze, UrhG, 5 Aufl., § 10, Rn 37 ff , 56 ff., § 94, Rn 62a).

    Auch da häufig der Inhaber abgeleiteter Rechte in gleicher Weise bezeichnet wird wie der Hersteller und ursprüngliche Inhaber der Rechte, und da die Bezeichnung nicht notwendig auf eine umfassende Berechtigung verweist, kann jedenfalls im Zusammenhang mit der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, die im ©-Vermerk bezeichnete Gesellschaft sei auch die Filmherstellerin oder sonst ausschließlich berechtigt, Schadensersatzansprüche geltend zu machen (vgl. Dreier/Schulze, a. a. 0., Rn. 46). Mit ©-Vermerken auf Film-DVDs wird häufig lediglich der bzw ein Rechtsinhaber und nicht notwendig der Hersteller bezeichnet (vgl. OLG Karlsruhe a. a. 0., Schricker/Loewenheim/Vogel, UrhR, 4. Aufl., § 85 UrhG, Rn. 30). Die Klägerin behauptet ihrerseits nicht, der Vermerk verweise üblicherweise nur auf den Filmhersteller. Allein, dass Filmherstellerrechte vollständig übertragbar sind, genügt für die Anwendung des § 10 Abs. 1 UrhG oder eine ansonsten anzuwendende Vermutung nicht.

    Weitere Darlegungsnotwendigkeit ergibt sich im Streitfall ferner auch daraus, dass es sich bei der Klägerin ausweislich ihres Namens um eine "Verleihgesellschaft" und damit nicht notwendigerweise (auch) um eine Produktionsgesellschaft handelt.

    Gerichtsbekannt existieren in der Unternehmensgruppe der [Name] u.a. auch die [Name] und die [Name] sowie weitere rechtlich eigenständige Gesellschaften. Als Vermutungsgrundlage unzureichend ist auch der Hinweis auf die Gestattung im IP-Auskunftsverfahren, da diese ausweislich des Klägervortrags allein wegen des ©-Vermerks auf der DVD erfolgte. Die pauschale Darlegung in der Anspruchsbegründung, "Bild-/Tonaufnahmen der Klägerseite" wurden "regelmäßig (...) ausgewertet" ist ebenso ohne Aussagekraft hinsichtlich der Berechtigung der Klägerin wie der Umstand der Abgabe der geforderten Unterlassungserklärung durch den Beklagten, von dem nicht vorgetragen ist, er habe die Berechtigung besonders geprüft, und der die Erklärung zudem ohne Anerkennung einer Rechtspflicht tätigte (vgl. BGH GRUR 2013, 1252).


    c)

    Die Berechtigung der Klägerin kann jedoch aus den weiter vorgetragenen mittelbaren Tatsachen geschlossen werden (vgl. zur Zulässigkeit eines Indizienbeweises, teilweise unter Annahme einer über § 10 Abs. 3 UrhG hinausgehenden Vermutung' BGH NJW 2016, 942 - Tauschbörse I; BGH GRUR 2016, 1280 - Everytime we touch, OLG Köln ZUM-RD 2012, 256; LG Frankfurt MMR 2007, 675, Dreier/Schulze, a. a. 0.; Wandtke/Bullinger, UrhR, 4. Aufl. , § 10, Rn. 53).

    Ohne dass dies von dem Beklagten bestritten worden ist, hat die Klägerin dargelegt, dass in den marktführenden Online-Portalen für den entgeltlichen elektronischen Download zu dem streitgegenständlichen Film angegeben ist: "© Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte ist die [Name] (vgl. Bl. 127 GA). Einen entsprechenden Screenshot des Anbieters "iTunes" hat die Klägerin vorgelegt (der Screenshot der Firma "maxdome" ist wegen der bloßen Angabe unergiebig) Die Klägerin hat auf den Hinweis der Kammer ihren Vortrag dahingehend vertieft, es handele sich bei den Portalen um zentrale Einkaufskataloge für sämtliche Erwerber digitaler Kopien des streitgegenständlichen Films, was es unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls rechtfertigt, den Portalen eine einer Katalogdatenbank vergleichbare Bedeutung zuzubilligen Die Portale legen zudem unstreitig einen großen Wert auf die Richtigkeit der darin enthaltenen Dateien und es ist bezüglich des vorliegenden Films nicht vorgetragen, die Klägerin oder die Portale seien wegen der Nennung der Klägerin in den Verkaufs- bzw Mietofferten bereits einmal durch einen Dritten unter Verweis auf eine eigene Rechtsinhaberschaft in Anspruch genommen worden.

    Dieses Indiz lasst im Hinblick darauf, dass der Beklagte die Berechtigung der Klägerin lediglich pauschal mit Nichtwissen bestreitet, jedenfalls im Zusammenhang mit der Kennzeichnung auf der DVD-Hülle einen Rückschluss auf eine umfassende und ausschließliche Berechtigung der Klägerin zu (vgl. zu einem ähnlich gelagerten Fall' OLG Köln a.a.0., Dreier/Schulze, a.a.0 , Rn 68).


    2.

    Der Internetanschluss des Beklagten ist zuverlässig ermittelt worden als der Anschluss, von dem der streitgegenständliche Film öffentlich zugänglich gemacht wurde.

    Nach Gestattung des Gerichts ist durch den zuständigen Provider beauskunftet worden, dass die IP-Adresse, die von der Klägerin als jene ermittelt worden ist, unter der der gegenständliche Upload erfolgte, zu dem fraglichen Zeitpunkt dem Beklagtenanschluss zugeordnet war. Gründe, die für eine Fehlerhaftigkeit der Beauskunftung durch den Provider sprechen können, bringt der Beklagte nicht vor; das bloß pauschale Bestreiten genügt insofern nicht (vgl. OLG Köln, Urteil vom 14.03.2014, Az. 1-6 U 210/12, 6 U 210/12, juris).

    Ausgehend von dem Vortrag der Klägerin ist auch von einer ordnungsgemäßen Ermittlung der IP-Adresse auszugehen.

    Die Klägerin hat umfänglich zu der von ihr eingesetzten Software vorgetragen und zu dem Zeitabgleich (Timestamp), dem Dateiabruf, dem Dateiabgleich und der Protokollierung der Daten ausgeführt (Schriftsatz vom 28.08.2015, S. 6 ff / Bl.128 GA) Hatte der Beklagte in der Klageerwiderung pauschal das fehlerfreie Funktionieren der Software der von der Klägerin beauftragten Firma ipoque GmbH bestritten, so hat er nach den weiteren Ausführungen der Klägerseite in der Sache keinen konkreten Ermittlungsschritt oder dessen Protokollierung und auch nicht die Mangelfreiheit der Software als solche angegriffen. Die Funktionsfähigkeit der Software und deren korrekter Einsatz sind daher zugestanden.

    Soweit der Beklagte einwendet, es ließe sich nicht anhand eines Teildownloads und Abgleichs von Hashwerten das Angebot zum Download eines Werks festhalten (Klageerwiderung, S 7 / Bl. 102 GA), greift dies nicht durch. Der Verweis auf einen Aufsatz von Morgenstern in CR 2011, 203 besagt für den vorliegenden Sachverhalt nichts, da der Aufsatz mit der konkret eingesetzten Software oder dem eingeschalteten Unternehmen nicht befasst hat (so für den dort zu beurteilenden Fall auch bereits: OLG Köln, a.a.0.; bestätigt durch BGH NJW 2016, 953 - Tauschbörse III). In dem Aufsatz sind ausdrücklich nur bis 2011 vorgelegte Gutachten über die bis dahin bekannten Ermittlungssoftwares und seinerzeit bekannte Datenprotokollierungen bewertet Die Eignung der eingesetzten Software "Peer-to-Peer Forensic System (PFS)" hingegen wurde in Gerichtsentscheidungen, in denen eingeholte Gutachten gewürdigt wurden, bestätigt (vgl. etwa OLG Köln, a.a.0.; OLG Köln BeckRS 2012, 05245, AG München BeckRS 2013, 08504; LG Bochum GRURRS 2015, 10066). Das OLG Köln führt aus:

    "Die J. GmbH und das von ihr eingesetzte Ermittlungssystem [Peer-to-Peer Forensic System] sind dem Senat bereits aus früheren Verfahren bekannt (s. z B. Beschluss vom 07.10.2013, Az. 6 W 84/13, MMR 2014, 68 - Life of Pi; Beschluss vom 01.08.2014, Az. 6 W 114/14; Beschluss vom 16.08.2013, Az. 6 W 126/13; Beschluss vom 21.09.2012, Az. 6 W 190/12) In keinem dieser Verfahren ergaben die Ermittlungen bisher Anlass zu Beanstandungen, vielmehr ist das Peer-to-Peer Forensic System der J GmbH durch verschiedene Sachverständige, u.a. durch Gutachten des Fraunhoferinstituts, überprüft worden Danach ist das System grundsätzlich zuverlässig und geeignet, das Angebot bestimmter Dateien unter bestimmten IP-Adressen zu ermitteln." (OLG Köln, Beschluss vom 19.10.2015, Az. 1-6 W 111/15, 6 W 111/15 - juris)."


    Die bloße Möglichkeit der Manipulation eines Hashwerts genügt nicht für ein substantiiertes Bestreiten, wenn, wie hier, nicht konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen einer derartigen Manipulation vorgetragen werden (vgl. BGH a a.0 Tauschbörse III).

    Auch der Umstand, dass bei Peer-to-Peer-Netzwerken lediglich Dateifragmente oder einzelne Chunks von einer Quelle heruntergeladen werden, steht der Annahme öffentlicher Zugänglichmachung des Films nicht entgegen Es ist auch unerheblich, ob auf dem Computer des Beklagten lediglich Dateifragmente vorhanden waren Schutzgegenstand des § 94 UrhG ist nicht der Film selbst, sondern die wirtschaftliche und organisatorische Leistung, die sich in dem Filmträger niederschlagt Da der Filmhersteller diese unternehmerische Leistung für den gesamten Film bzw die Filmdatei erbringt, gibt es keinen Teil der Filmdatei, auf die nicht ein Teil dieses Aufwands entfallt und der daher nicht geschützt ist. Mithin stellt selbst die Entnahme kleinster Partikel einen Eingriff in die durch § 94 Abs. 1 Satz 1 UrhG geschützte Leistung des Filmherstellers dar (entsprechend für Tonträger: BGH NJW 2016, 942 - Tauschbörse I, zum Recht an Filmteilen Dreier/Schulze, a.a.0., § 94, Rn. 42) Der Beklagte wendet auch nicht ein, dass es wegen der kurzen Dauer der bestehenden Verbindung unmöglich sei, auch nur einen Chunk herunterzuladen bzw. dass dieser im Upload zur Verfügung stand (vgl. zu dieser Problematik den Beschluss der Kammer vom 04.01.2016, Az. 12 S 74/15); zu berücksichtigen ist insoweit, dass nicht bloß ein Zeitpunkt, sondern ein Zeitraum ([Datum] bis [Datum]) der Zugänglichmachung ermittelt worden ist.


    3.

    Der Beklagte ist Täter der Rechtsverletzung.

    Die zugunsten der Klägerin sprechende Vermutung der Alleinverantwortung des Beklagten als Anschlussinhaber hat dieser nicht widerlegt bzw er hat keinen die Vermutung ausschließenden Sachverhalt vorgetragen, den Anforderungen der sich an ihn stellenden sekundären Darlegungslast hat der Beklagte nicht genügt und so seine Täterschaft zugestanden.

    Die Kammer braucht nicht entscheiden, ob der Umstand, dass im Haushalt des Beklagten auch dessen [Jahr] geborener Sohn und dessen Ehefrau lebten, ein WLAN-Netz eingerichtet war und die Angehörigen jeweils einen eigene Computer hatten, bereits die zur Anwendung der Vermutung vorauszusetzende Typizität des Sachverhalts widerlegt, insbesondere, ob die Darlegung hinreichend tatzeitpunktbezogen war Schwierigkeiten ergeben sich, als aus der Rechtsprechung des BGH nicht zu entnehmen ist, ob der - in den entsprechenden Fallen zumeist einzig ermittelte - Eintritt des Verletzungserfolgs (die Maßgeblichkeit der "Rechtsverletzung" angebend. BGH, Urt. v. 08.01.2014, Az 1 ZR 169/12 - BearShare, BGH MMR 2016, 131 - Tauschbörse III) oder die zeitlich meist nicht mehr aufzuklärende Vornahme der Verletzungshandlung (diesen Begriff verwendend nunmehr: BGH GRUR 2016, 1280 - Everytime we touch) maßgeblich ist Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Nutzung einer Filesharingsoftware die eigene Anwesenheit im Zeitpunkt des Datenaustauschs nicht voraussetzt und die Software oftmals bereits zu einem (viel) früher liegenden Zeitpunkt aktiviert worden sein kann (vgl. OLG Dusseldorf, Urt. v. 21.07.2015, Az 1-20 U 172/14 juris, LG Bochum BeckRS 2015, 10066). Jedenfalls für den Zeitpunkt des konkreten Down/Uploadvorgangs und den unmittelbar davor liegenden Zeitraum hat der Beklagte keine Einzelheiten zur Nutzung der in seiner Wohnung vorhandenen Rechner durch die Familienmitglieder vorgetragen.

    Jedenfalls aber hat der Beklagte nicht der ihn in Sachverhalten wie dem vorliegenden treffenden sekundären Darlegungslast genügt. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshof trifft den Anspruchsgegner eine sekundäre Darlegungslast, wenn die primär darlegungsbelastete Partei keine nähere Kenntnis der maßgeblichen Umstände und keine Möglichkeit zu weiterer Sachverhaltsaufklärung hat, während dem Prozessgegner nähere Angaben dazu ohne weiteres möglich und zumutbar sind Die sekundäre Darlegungslast fuhrt weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 Abs 1, Abs 2 ZPO) hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast dadurch, dass er vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen In diesem Umfang ist er im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen und zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Rechtsverletzung gewonnen hat (vgl. BGH a.a 0.).

    Der Beklagte hat lediglich pauschal zur Nutzungsmöglichkeit des Anschlusses für seine Familienmitglieder, zu deren Nutzungsgewohnheiten und Kenntnissen und zum Vorhandensein weiterer Computer vorgetragen und die weiteren Familienmitglieder namhaft gemacht.

    Auch auf den Hinweis der Kammer vom 07.09.2016 (BI. 407 GA) hin hat er jedoch nicht mitgeteilt, ob er seinen Sohn zum Vorhandensein und zur Nutzung einer Tauschbörsensoftware und der Filmdatei befragte. Eine solche Nachfrage war aber schon deswegen veranlasst, da der Sohn nach dem eigenen Vorbringen des Beklagten auf die an ihn gerichteten Fragen nach der Rechtsverletzung und nach der Nutzung des PC am Abend des dokumentierten Downloads widersprüchlich bzw ausweichend bzw. schlicht leugnend geantwortet haben soll Der Beklagte tragt vor, sein Sohn habe einerseits die Rechtsverletzung "nicht eingeräumt" bzw. sein Sohn habe "die Befragung nach der Täterschaft verneint", der Sohn habe andererseits angegeben, er könne sich "nicht mehr erinnern" Mit den inkonsistenten Rückäußerungen hatte sich der Beklagte nicht begnügen dürfen (vgl. zu ähnlich gelagerten Fallen BGH GRUR 2016, 1280 - Everytime we touch, LG Berlin, Urt. v. 10.03.2016, Az. 16 S 31/15; LG München I, 22.04.2015, Az. 21 S 10340/14, LG Stuttgart, Urt. v. 25.11 2014, Az. 17 0 468/14, einschränkend: Solmecke/Rüther/Buring, MMR 2016, 153, 155).

    Auch hat der Beklagte nicht umfassend zur Überprüfung der Rechner in seinem Haushalt vorgetragen Im Hinblick auf den eigenen Rechner hat er nicht vorgetragen, diesen auch auf das Vorhandensein der konkreten Filmdatei untersucht zu haben, hinsichtlich der Rechner seiner Ehefrau und seines Sohnes fehlt es an jeglicher Darlegung. Jedenfalls eine auf die Computer bezogene weitere Nachfrage bei seinen Familienangehörigen und eine umfassende Nachforschung auf dem eigenen Rechner halt sich auch unter Berücksichtigung der jüngsten höchstrichterlichen Entscheidungspraxis zum Umfang der sekundären Darlegungslast (vgl. zuletzt' BGH GRUR 2016, 1280 - Everytime we touch) innerhalb des Zumutbaren und berücksichtigt den grundgesetzlichen verbürgten Schutz von Ehe und Familie ebenso wie die Wertung des § 383 ZPO Anders als von dem Beklagten suggeriert geht es vorliegend auch nicht darum, ob eine Durchsuchung des Computers des Sohnes auch gegen dessen Willen erforderlich gewesen wäre; dass diesbezüglich überhaupt ein Wille geäußert wurde, nachdem schon die Frage nach dem Vorhandensein der Software und der Filmdatei nicht einmal gestellt wurde, ist jedenfalls nicht vorgetragen. Auch geht es nicht um eine faktische Beweislastumkehr oder, wie in der vom Beklagten angeführten Entscheidung des BGH vom 06.10.2016, Az. I ZR 154/15) um die Frage, ob der Anschlussinhaber die weiteren Anschlussnutzer namhaft machen muss; dies ist hier unstreitig geschehen; ferner ist auch nicht eine anlasslose Dauer-Überwachung von Familienangehörigen gefordert, wie der Beklagte durch das Zitat der Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 21.07.2015, Az. 1-20 U 172/14, zu suggerieren versucht.

    Schließlich liegt in der Darlegung des Beklagten, er habe alle gebotenen technischen Schutzmaßnahmen gegen einen Drittzugriff vorgenommen (unstreitig war der Anschluss WPA-2-gesichert) und er vermute eine Täterschaft seines Sohnes "eher nicht" (Schriftsätze vom 11.08.2014 und vom 11.12.2014, jeweils S. 4), dann, wenn zudem keine konkreten Anhaltspunkte für ein Hacking des Anschlusses bzw. Routers vorgetragen werden, kein Vortrag einer ernsthaften Möglichkeit, ein Dritter bzw sein Sohn habe die Datei öffentlich zugänglich gemacht


    4.

    Der Schadensersatz ist der Höhe nach zu schatzen, § 287 ZPO Nach Ergänzung des Vortrags der Klägerin zu den Produktionskosten des Films [Zahl] Mio. US-Dollar), dem Einspielergebnis [Zahl] Mio. US-Dollar), der Zahl der Kinozuschauer [Zahl] Mio.) und dem vorgetragenen Downloadpreis von anfänglich 14,99 EUR (SD-Fassung) und gegenwärtig 9,99 EUR sowie angesichts des Umstands, dass die Rechtsverletzung noch vor der DVD- und Internet-Veröffentlichung des Films erfolgte, halt die Kammer den geltend gemachte Mindestlizenzschaden in Höhe von 600,00 EUR für angemessen. Dabei findet Berücksichtigung, dass von einer ausschließlichen Berechtigung der Klägerin auch für den Online-Vertrieb des Filmes auszugehen ist und die Klägerin daher nicht lediglich anteilig Schadensersatz geltend macht bzw. verlangen darf.


    5.

    Die Abmahnkosten sind nach § 97a Abs. 1 S. 2 UrhG a.F. erstattungsfähig.

    Der Beklagte hat nicht konkret behauptet, es bestehe eine Gebührenverzichtsabrede, sein Vortrag beschränkt sich auf Mutmaßungen. Ohnehin ist für die Erstattungsfähigkeit eine Abrede für den Fall, dass keine Rechtsverletzung durch das Gericht festgestellt wird, ohne Bedeutung, wenn - wie hier - der Beklagte als Rechtsverletzer haftet Dass auch für diesen Fall vereinbart ist, dass etwa bei Uneinbringlichkeit der Forderung keine Inanspruchnahme der Klägerin als Auftraggeberin vereinbart ist, ist nicht vorgetragen.

    Die Abmahnung genügt noch den an sie zu stellenden Anforderungen Insbesondere waren der gegenständliche Film, die Rechtsposition der Klägerin - wenn auch pauschal - und das verwendete Filesharing-Netzwerk (BitTorrent) genannt. Weitergehende Nachfrage etwa nach dem konkret verwendeten Client durch den Beklagten, der zudem vorprozessual die erbetene Unterlassungserklärung abgab, erfolgte nicht.

    Der zugrundegelegte Gegenstandswert (10.000,00 EUR) für die lediglich in Hohe einer 1,0-Gebühr geltend gemachten Abmahnkosten bzw. den mit der Abmahnung verfolgten Unterlassungsanspruch ist unter Berücksichtigung aller in die Betrachtung einzubeziehenden Umstände (vgl. hierzu: BGH, Urteil vom 12.05.2016, Az. I ZR 272/14, beck online) angemessen. Zu berücksichtigen waren insbesondere die rund einstündige Dauer der Rechtsverletzung, die Aktualität und der Einspielerfolgs des zugänglich gemachten Spielfilms (einen Betrag von 10.000,00 EUR als Untergrenze für einen Spielfilm nennend: BGH a.a.0.). Die Begrenzung nach § 97a Abs 2 UrhG a.F. greift im Fall des Filesharings wegen der exponentiellen Verbreitungsmöglichkeit nicht.


    6.

    Die Zinsansprüche auf die geltend gemachten Forderungen ergeben sich aus §§ 286, 288 BGB.



    III.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO Soweit die Kammer die Klägerin im Berufungsrechtszug zu weitergehenden Vortrag aufgefordert hat und ihr Prozesserfolg auch auf dem nachfolgend getätigten Vorbringen beruht, war eine Kostenquotelung gleichwohl nicht veranlasst, da das Amtsgericht die Klägerin nach der dort vertretenen Auffassung konsequent nicht auf die Notwendigkeit weitergehenden Vortrags hinzuweisen hatte und auch nicht hingewiesen hat.

    Die Vollstreckungsentscheidung beruht auf §§ 708 Nr 10 ZPO, 711, 713 ZPO, § 26 Nr 8 EGZPO.

    Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert



    IV.

    Das Vorbringen im Schriftsatz vom 08 12 2016 rechtfertigt eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nicht, da es keinen neuen entscheidungserheblichen Tatsachenvortrag enthalt.


    Streitwert (Berufung): 1.106,00 EUR (...)



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


LG Düsseldorf, Urteil vom 14.12.2016, Az. 12 S 47/15,
Vorinstanz: AG Düsseldorf, Urteil vom 08.06.2015, Az. 57 C 6205/14,
Klage Waldorf Frommer,
Berufung Waldorf Frommer,
Rechtsanwalt David Appel,
pauschales Bestreiten,
sekundäre Darlegungslast,
Aktivlegitimation

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#10922 Beitrag von Steffen » Mittwoch 21. Dezember 2016, 16:51

Dr. Wachs Rechtsanwälte (Hamburg): Das Amtsgericht Leipzig weist eine Filesharing Klage der G & G Media Foto-Film GmbH, vertreten durch die Kanzlei Sarwari, vollständig ab. Berufen sich Zeugen zulässigerweise auf ein Aussageverweigerungsrecht, so geht dies zu Lasten der Klägerin.


16:50 Uhr


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Bild

Rechtsanwalt Dr. Alexander Wachs



Dr. Wachs Rechtsanwälte

Osterstraße 116 | 20259 Hamburg
Telefon: +49 (0)40 411 88 15 70 | Fax: +49 (0)40 411 88 15 77 | Fax 2: +49 (0)40 444 655 10
E-Mail: info@dr-wachs.de | Web: www.dr-wachs.de



..............


Bericht aus Blog AW3P:

Link:
http://aw3p.de/archive/2041



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Durch vorliegenden Informationen wurde bekannt, dass die Hamburger Kanzlei Dr. Wachs Rechtsanwälte vor dem Amtsgericht Leipzig gegen die G & G Media Foto-Film GmbH, vertreten durch die Hamburger Kanzlei Sarwari, ein Klage abweisendes Urteil erstritt. Die G & G Media Foto-Film GmbH mahnte den Beklagten 2015, wegen einer vermeintlichen Urheberverletzung des Film: "Extrem - Mies ins Maul gefickt", in Rahmen von Filesharing ab. Da der Beklagte die Zahlung verweigerte, machte die Klägerin ihren vermeintlichen Anspruche hinsichtlich 215,00 EUR Aufwendungsersatz sowie 600,00 EUR gerichtlich geltend.

Der Beklagte trug vor, dass er weder Täter, Teilnehmer oder Störer sei. Zu dem Internetanschluss hätten Zugriff die Ehefrau sowie die Kinder [Name], [Name] und [Name]. Die Kinder wären darüber belehrt worden, keine Tauschbörsen zu benutzen. Das Amtsgericht Leipzig wies die Klage vollständig zurück. Keinesfalls hat die Beweiserhebung ergeben, dass der Beklagte allein als Täter der von der Klägerin geltend gemachten Pflichtverletzung in Frage kommt. Das Amtsgericht Leipzig wörtlich: "Berufen sich die Zeugen zulässigerweise auf ein Aussageverweigerungsrecht, so geht dies zu Lasten der Klägerin, und diese hat damit, wie bereits dargelegt, die Pflichtverletzung des Beklagten nicht nachgewiesen."





AG Leipzig, Urteil vom 23.11.2016, Az. 113 C 9324/15


  • (...) - Ausfertigung -

    Amtsgericht Leipzig

    Zivilabteilung I


    Aktenzeichen: 113 C 9324/15


    Verkündet am: 23.11.2016
    [Name],
    Urkundsbeamter/in der Geschäftsstelle



    IM NAMEN DES VOLKES

    URTEIL




    In dem Rechtsstreit


    [Name],
    - Klägerin -

    Prozessbevollmächtigte: [Name],


    gegen


    [Name]
    - Beklagter -

    Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt Dr. Alexander Wachs, Osterstraße 116, 20259 Hamburg,



    wegen Urheberrecht


    hat das Amtsgericht Leipzig durch Richter am Amtsgericht [Name] auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 26.10.2016 am 23.11.2016 für Recht erkannt:
    • 1. Die Klage wird abgewiesen.

      2. Die Kosten des Rechtsstreit hat die Klägerin zu tragen.

      3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
      Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

    Beschluss:
    Der Streitwert wird auf 815,00 EUR festgesetzt.



    Tatbestand

    Die Parteien streiten um die Verpflichtung des, Beklagten von Schadenersatz wegen des unerlaubten Anbieten eines Filmes.

    Die Klägerin behauptet,
    ausschließliche Inhaberin der Nutzungs- und Verwertungsrechte an dem Film "[Name]" zu sein. Die Ermittlungen durch die Firma [Name] hätte ergeben, dass über den Internetanschluss des Beklagten am 19.04.2015 der Film anderen Teilnehmern des Filesharingsystems zum Herunterladen angeboten und somit öffentlich zugänglich gemacht worden wäre. Der Beklagte sei als Täter in Anspruch zu nehmen. Die Beweisaufnahme hätte ergeben, dass die Zeugen die Rechtsverletzung nicht begangen hätten.

    Der Klägerin stünde ein Anspruch auf Schadenersatz und Ersatz der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten zu.

    Im Übrigen wird Bezug genommen im vollen Umfang auf die schriftsätzlichen Darlegungen.

    Die Klägerin stellte folgende Anträge:
    • 1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Schadenersatzbetrag in Höhe von 600,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
      2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 215,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
      3. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

    Der Beklagte beantragt
    die Klage abzuweisen.

    Der Beklagte bestreitet, dass die Klägerin aktivlegitimiert sei.

    Die Passivlegitimation des Beklagten würde bestritten. Er sei nicht Täter, Teilnehmer oder Störer.

    Zu dem Internetanschluss hätten Zugriff die Ehefrau sowie die Kinder [Name], [Name] und [Name]. Die Kinder wären darüber belehrt worden, keine Tauschbörsen zu benutzen.

    Sämtliche der genannten Personen hätten auf Befragen erklärt, ob sie eine Rechtsverletzung begangen hätten oder ob einer der Nutzer dazu etwas wisse. All dies wäre von diesen bestritten worden.

    Auch würden die Feststellungen hinsichtlich der IP-Adresse und des Umfangs der behaupteten Pflichtverletzung bestritten.

    Des Weiteren sei der geltend gemachte Schadenersatz überhöht.

    Im Übrigen wird Bezug genommen auf das schriftsätzliche Vorbringen.

    Das Gericht hat im Termin der mündlichen Verhandlung vom 26.10.2016 die Zeugen[Name], [Name], [Name]und [Name] gehört. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweiserhebung wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 26.10.2016 verwiesen.



    Entscheidungsgründe

    Der Klägerin steht gegen den Beklagten weder ein Anspruch auf Bezahlung von Schadenersatz in Höhe von 600,00 EUR noch ein Anspruch auf Erstattung von Rechtsanwaltskosten in Höhe von 215,00 EUR gemäß der §§ 97, 19a UrhG zu.

    Vorliegend kann dahingestellt bleiben, ob die Klägerin aktivlegitimiert ist und ob die IP-Adresse richtig ermittelt wurde.

    Im vorliegenden Fall ist jedoch nicht festzustellen, dass der Beklagte Täter der ihm vorgeworfenen Pflichtverletzung ist. In seiner Entscheidung vom 11.06.2015 (I. ZR 75/14) hat der BGH festgestellt:

    "Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast vielmehr dadurch, dass er dazu vorträgt, ob andere Personen, und gegebenenfalls welche anderen Personen, selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen ... Entspricht der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast, ist es wieder Sache der Klägerin als Anspruchstellerin, die für eine Haftung des Beklagten als Täter einer Urheberrechtsverletzung entsprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen."

    Keinesfalls hat die Beweiserhebung ergeben, dass der Beklagte allein als Täter der von der Klägerin geltend gemachten Pflichtverletzung in Frage kommt. Das Gericht hat keinerlei Bedenken hinsichtlich des Wahrheitsgehalts der Aussagen der Zeugen. Der Zeuge [Name] hat sich zulässigerweise von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch gemacht. Der Zeuge [Name] erklärte zulässigerweise, dass er auf die Frage hin, ob er diesen Film am 19.04.2015 heruntergeladen habe, nicht antworten möchte.

    Berufen sich die Zeugen zulässigerweise auf ein Aussageverweigerungsrecht, so geht dies zu Lasten der Klägerin, und diese hat damit, wie bereits dargelegt, die Pflichtverletzung des Beklagten nicht nachgewiesen.

    Da dem Beklagten keine Urheberrechtsverletzung bewiesen werden kann, hat die Klägerin keinen Anspruch auf Schadenersatz und Erstattung von Rechtsanwaltskosten in der geltend gemachten Höhe, so dass die Klage abzuweisen war. Es bedurfte auch diesbezüglich keiner Entscheidung zur Höhe der geltend gemachten Forderung.

    Mangels Anspruch in der Hauptsache kann die Klägerin auch keine Nebenforderungen geltend machen. Diese waren ebenso abzuweisen.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO entsprechend dem Unterliegen der Klägerin im Rechtsstreit.

    Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 , 711 ZPO und die Höhe des Streitwerts gemäß § 3 ZPO aus der Höhe der geltend gemachten Forderung.



    Rechtsbehelfsbelehrungen:

    Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,

    a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt

    oder

    b) wenn die Berufung durch das Amtsgericht Leipzig zugelassen worden ist Der Wert des Beschwerdegegenstandes ist glaubhaft zu machen.

    Die Berufung muss binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich oder in elektronischer Form mit einer qualifizierten Signatur im Sinne des Signaturgesetzes beim

    Landgericht Leipzig,
    Harkortstraße 9,
    04107 Leipzig


    eingegangen sein.

    Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich oder in elektronischer Form gegenüber dem Landgericht Leipzig zu begründen. Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Leipzig durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen Berufungs- und Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.

    Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

    Soweit in diesem Urteil der Streitwert festgesetzt wurde, ist gegen diesen Beschluss das Rechtsmittel der Beschwerde für jede Partei, die durch diesen Beschluss in ihren Rechten benachteiligt ist, zulässig,

    - wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt

    oder

    - das Amtsgericht Leipzig die Beschwerde in diesem Beschluss zugelassen hat.

    Die Beschwerde ist schriftlich oder durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle beim

    Amtsgericht Leipzig,
    Bernhard-Göring-Straße 64,
    04275 Leipzig


    einzulegen. Die Beschwerdeschrift ist zu unterzeichnen. Die Erklärung über die Beschwerde kann auch zu Protokoll der Geschäftsstelle eines jeden anderen Amtsgerichts abgegeben werden, wobei die Beschwerdefrist nur dann als gewahrt gilt, wenn die Erklärung rechtzeitig bei dem Amtsgericht Leipzig eingeht. Die Beschwerde kann auch in elektronischer Form mit einer qualifizierten elektronischen Signatur im Sinne des Signaturgesetzes eingereicht werden. Eine bloße E-Mail genügt hierfür nicht. Die Beschwerdeschrift muss die Bezeichnung des Beschlusses, gegen den sie gerichtet ist, sowie die Erklärung, dass gegen diesen Beschluss Beschwerde eingelegt werde, enthalten. Die Gerichtssprache ist deutsch.



    Beschwerdefrist:

    Die Beschwerde muss binnen sechs Monaten nach Rechtskraft der Hauptsache oder deren anderweitiger Erledigung bei dem Amtsgericht Leipzig eingegangen sein. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, muss sie innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses bei dem Amtsgericht Leipzig eingegangen sein. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.



    [Name]
    Richter am Amtsgericht (...)


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

AG Leipzig, Urteil vom 23.11.2016, Az. 113 C 9324/15,
Klage Sarwari,
Klage G & G Media Foto-Film GmbH,
Dr. Wachs Rechtsanwälte,
Rechtsanwälte Dr. Alexander Wachs,
IT-Firma "cs elektronic produktion",
sekundäre Darlegungslast,
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Frohe Weihnachten

#10923 Beitrag von Steffen » Freitag 23. Dezember 2016, 17:27

Die Initiative AW3P,


wünscht allen Lesern,
Frohe Weihnachten,
gesegnete Festtage
im Kreise Eurer Liebsten.


Steffen Heintsch




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Frohe Weihnachten GB Pics - GBPicsOnline.de

The Grinch
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10924 Beitrag von The Grinch » Sonntag 25. Dezember 2016, 06:38

Frohe Weihnachten!

Und den ganzen Abmahnschergen wünsche ich die Pest an den Hals.

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10925 Beitrag von Steffen » Sonntag 25. Dezember 2016, 09:42

The Grinch hat geschrieben:Und den ganzen Abmahnschergen wünsche ich die Pest an den Hals.
Gerade Weihnachten ist doch das Fest des Friedens und der Liebe. Der Herr hat seinen Sohn geschickt, dass dieser die Sünden der Menschen aller Zeiten auf sich nimmt. Wenn ich manchmal die Beiträge in den Foren und der Medien sehe, höre oder lese, glaube ich dass dieser Sühnetod umsonst war, da wir Menschen nicht daraus lernen (wollen).

Ich persönlich würde niemand - auch nicht metaphorisch - die Pest an den Hals wünschen. Es gibt jemand, der einen Rechtsverstoß tätigt, einen anderen, der i.A. diesen rechtmäßig ahndet. Wer "unschuldig" sei, dieser soll sich aktiv dagegen wehren.


Aber wie sieht es denn wirklich aus?

  • - 2009: Alle Abgemahnten sind unschuldig;
    - 2010: Alle Abgemahnten hatten ein offenes WLAN;
    - 2012: Alle Abgemahnten schieben ihre minderjährigen Kinder vors Loch; upsi, die können ja jetzt verklagt werden
    2014 -: Alle Abgemahnten benennen pauschal Mitnutzer; alle Abgemahnten und Mitnutzer sagen: ich war es nicht!
    2017 -: Alle Abgemahnten kennen den wahren Filesharer, sagen ihn aber nicht - ätzschi - Schutz der Familie
So funktioniert es nun einmal nicht!


VG Steffen




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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10926 Beitrag von fiesthies » Sonntag 25. Dezember 2016, 11:54

Ich wünsche Euch allen frohe Weihnachten und denkt einfach mal NICHT an Abmahnungen, Mahnbescheide, ModUe`s, etc. 1ööüüää1 !!!

Sqizzy
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10927 Beitrag von Sqizzy » Sonntag 25. Dezember 2016, 16:01

Gerade kurz vor der Weihachtszeit trudeln die Abmahnungen und Mahnbescheide ein - die Abmahner wollen auch ihre Bescherung i3456.66 .
fiesthies hat geschrieben:Ich wünsche Euch allen frohe Weihnachten und denkt einfach mal NICHT an Abmahnungen, Mahnbescheide, ModUe`s, etc. 1ööüüää1 !!!

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AG Koblenz, Az. 142 C 544/16

#10928 Beitrag von Steffen » Sonntag 25. Dezember 2016, 23:39

NIMROD RECHTSANWÄLTE Bockslaff Strahmann GbR (Berlin): Urteil des Amtsgericht Koblenz vom 03.11.2016, Az. 142 C 544/16. Beklagter muss zumindest zu den Sicherungsmaßnahmen seines Internetanschlusses im einzelnen vortragen (40-fache IP-Ermittlung)



23:40 Uhr


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


NIMROD RECHTSANWÄLTE
Bockslaff Strahmann GbR


Emser Straße 9 | 10719 Berlin
Tel.: +49 (0) 30 544 61 793 | Fax: +49 (0) 30 544 61 794
E-Mail: info@nimrod-rechtsanwaelte.de | Internet: www.nimrod-rechtsanwaelte.de




Bericht

Link:
https://nimrod-rechtsanwaelte.de/2016/1 ... 2-c-54416/

Urteil als PDF:
https://nimrod-rechtsanwaelte.de/wp-con ... 544_16.pdf



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Das Amtsgericht Koblenz hat die Rechtsauffassung der NIMROD Rechtsanwälte wieder einmal bestätigt und einen Filesharer zur Erstattung von Anwaltskosten von 1.099,00 EUR und Zahlung von 510,00 EUR Schadensersatz verurteilt, weil dieser das Computerspiel "Landwirtschaft Simulator 2013" in einer Tauschbörse anbot.

Das Gericht schreibt insbesondere:
  • "Diese Vermutung hat der Beklagte nicht ausreichend erschüttert. Eine die tatsächliche Vermutung der Urheberrechtsverletzung durch den Inhaber des Internetanschlusses ausschließende Nutzungsmöglichkeit Dritter ist zwar anzunehmen, wenn der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde (BGH a.a.O.). In solchen Fällen trifft jedoch den Inhaber des Internetanschlusses eine sekundäre Darlegungslast. Er hat daher darzulegen, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständig Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung Betracht kommen. Dabei wird allerdings die bloße pauschale Behauptung der theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von seinem Haushalt lebenden dritten auf seinen Internetanschluss den an die Erfüllung der sekundären Darlegungslast zu stellenden Anforderungen nicht gerecht (BGH a a.O.). Da der Beklagte dieser sagt sekundären Darlegungslast trotz mehrfachen gerichtlichen Hinweises nicht genügt hat, ist weiterhin von seiner Täterschaft auszugehen.

    Denn der Beklagte behauptet insofern lediglich, dass er den ganzen Tag arbeiten gewesen sei. Eine Täterschaft des Beklagten hinsichtlich der streitigen stattlichen Urheberrechtsverletzungen ist aber auch dann nicht ausgeschlossen, wenn er tatsächlich zu den Zeiten der einzelnen Verstöße nicht zu Hause gewesen sein sollte. Denn der Beklagte übersieht, dass Tauschbörsenprogramme selbstständig arbeiten und es für den Vorgang des Herunterladens sowie für das Anbieten zum Download keiner Bedienung bedarf, sodass nach dem Anklicken des gewünschten Titels eine Anwesenheit des Beklagten nicht mehr erforderlich war.

    Soweit der Beklagte zudem behauptet, seine Familienangehörigen hätten den vorgeworfenen Urheberrechtsverstoß nicht begangen, ist dies im Hinblick auf die vermutete Täterschaft einer Person bereits unbeachtlich. Soweit er schließlich vermutet, dass ein Datendiebstahl erfolgt sein müsse, ist auch dieser Vortrag unbeachtlich, da der Beklagte nicht weiter dafür vorträgt wie ein solcher Diebstahl von statten gegangen sein soll. Insoweit wäre von dem Beklagten zumindest zu verlangen gewesen, dass er zu den Sicherungsmaßnahmen seines Internetanschlusses im einzelnen vorträgt. Dass er gegebenenfalls einen Laptop mit einem Code gesichert hat, ist insofern unerheblich."




AG Koblenz, Urteil vom 03.11.2016, Az. 142 C 544/16


  • (...) Vollstreckbare Ausfertigung

    Aktenzeichen:
    142 C 544/16

    Amtsgericht
    Koblenz



    IM NAMEN DES VOLKES

    Urteil



    In dem Rechtsstreit


    [Name],
    - Klägerin -

    Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte NIMROD Rechtsanwälte Bockslaff u. Scheffen GbR, Emser Straße 09, 10719 Berlin,



    gegen


    [Name],
    - Beklagter -

    Prozessbevollmächtigter:
    [Name],


    wegen Urheberrecht


    hat das Amtsgericht Koblenz durch die Richterin am Amtsgericht (weitere aufsichtführende Richterin) [Name] auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 03.11.2016 für Recht erkannt:
    1. Das Versäumnisurteil vom 18.08.2016 wird mit der Maßgabe aufrechterhalten, dass sich seine vorläufige Vollstreckung nach diesem Urteil richtet.
    2. Der Beklagte hat die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
    3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil vom 18.08.2016 darf nur gegen Leistung dieser Sicherheit fortgesetzt werden.



    Tatbestand

    Die Parteien streiten um Schadensersatz und Abmahnkosten wegen einer behaupteten Urheberrechtsverletzung.

    Die Klägerin ist ausweislich des Copyrightvermerks Inhaberin der Online-Vertriebsrechte für Deutschland, Österreich, Schweiz und Luxemburg für das Computerspiel [Name]. Sie ließ von einem Dienstleister das Internet auf Urheberrechtsverletzungen überwachen. Von diesem erhielt sie die Mitteilung, dass von den IP-Adressen [IP's] und [IP] in der Zeit zwischen dem [Datum], [Uhrzeit] Uhr und dem [Datum], [Uhrzeit] Uhr bei insgesamt 40 Gelegenheiten das Spiel in einem Filesharingprogramm zum Download angeboten worden sei. Nach Durchführung des Auskunftsverfahrens gemäß § 101 Abs. 9 UrhG hat die Klägerin den Beklagten als Inhaber des Internetzugangs ermitteln lassen, dem die vorgenannten IP-Adressen zugeordnet werden konnten. Mit Schreiben vom 08.03.2013 mahnten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin den Beklagten daraufhin ab und forderten ihn erfolglos zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung sowie zur Zahlung von Schadensersatz und Abmahnkosten auf.

    Die Abmahnkosten beziffert die Klägerin ausgehend von einem Gegenstandswert von 35.000,00 EUR unter Zugrundelegung einer 1,3 Geschäftsgebühr und der Pauschale für Post und Telekommunikation mit 1.099,00 EUR. Darüber hinaus berechnet sie ihren Schaden auf der Grundlage einer fiktiven Lizenzgebühr und beziffert ihn mit mir wenigstens 510,00 EUR.

    Der Beklagte hat im Laufe des Prozesses die Einrede der Verjährung erhoben.

    Die Klägerin behauptet, der Beklagte hätte das streitgegenständliche Spiel über seinen Internetanschluss unerlaubt zum Download angeboten.

    Die Klägerin hat zunächst mit der dem Beklagten am 13.04.2016 zugestellten Klage beantragt, den Beklagten zu verurteilen, sie von Anwaltskosten in Höhe von 1.099,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit freizustellen sowie dem Beklagten zur Zahlung eines angemessenen Schadensersatzes in Höhe von mindestens 510,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu verurteilen. Da für die Klägerseite im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 09.06.2016 niemand erschienen war, ist auf Antrag des Beklagten mit Versäumnisurteil vom 09.06.2016 die Klage abgewiesen worden. Gegen dieses Versäumnisurteil, das ihr am 15.06.2016 zugestellt worden ist, hat die Klägerin mit einem am 29.06.2016 bei Gericht eingehenden Schriftsatz Einspruch eingelegt. Im daraufhin anberaumten Einspruchstermin vom 18.08.2016 erschien der Beklagte nicht, so das auf Antrag der Klägerin das Versäumnisurteil vom 09.06.2016 aufgehoben wurde und der Beklagte antragsgemäß nach den zunächst von der Klägerin gestellten Klageanträgen verurteilt worden ist. Dabei hat das Gericht einen Schadensersatz von 510,00 EUR als angemessen erachtet. Gegen dieses, ihm am 24.08.2016 zugestelltes Versäumnisurteil hat der Beklagte mit einem am 24.08.2016 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz Einspruch eingelegt.


    Die Klägerin beantragt nunmehr,
    das Versäumnisurteil vom 18.08.2016 aufrechtzuerhalten.


    Der Beklagte beantragt,
    das Versäumnisurteil vom 18.08.2016 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

    Der Beklagte bestreitet, das angebliche Programm der Klägerin im Internet genutzt zu haben. Er habe die Internetseiten der Klägerin nicht besucht und das Programm nicht heruntergeladen. Er sei den ganzen Tag arbeiten und habe keinen Gebrauch für dieses Programm. Auch seine Familienangehörigen hätten den vorgeworfenen Urheberverstoß nicht begangen. Er vermute, dass ein Datendiebstahl erfolgt sei.



    Entscheidungsgründe

    Die zulässige Klage ist begründet.

    Aufgrund des Einspruchs des Beklagten gegen das Versäumnisurteil vom 18.08.2016 ist der Prozess nach § 342 ZPO in die Lage vor dessen Säumnis zurückversetzt worden. Der Einspruch ist zulässig; er ist statthaft sowie form- und fristgemäß in Sinne der §§ 338 ff. ZPO eingelegt worden.

    Die Klage ist zulässig, insbesondere ist die Zuständigkeit des Amtsgerichts Koblenz gegeben. Das Amtsgericht Koblenz ist für die Urheberrechtsstreitigkeiten für den Bezirk des Oberlandesgerichts Koblenz nach § 6 der Landesverordnung über die gerichtliche Zuständigkeit in Zivilsachen und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zuständig.

    Die Klage ist auch begründet. Der Klägerin steht gegen den Beklagten aus § 97a Abs. 2 UrhG zunächst ein Anspruch auf Freistellung der ihr entstandenen Anwaltskosten für die vorgerichtliche Tätigkeit ihrer Prozessbevollmächtigten in Höhe von 1.099,00 EUR zu. Die Klägerin hat den Beklagten berechtigterweise mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 08.03.2013 abmahnen lassen, weil der Beklagte in die Verwertungsrechte der Klägerin eingegriffen hat, indem er den Abruf des streitgegenständlichen Computerspiels in einer Tauschbörse ermöglicht hat.

    Die Klägerin ist Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte an dem streitgegenständlichen Computerspiel. Dies wird aufgrund des Copyrightvermerks auf den Werkstücken gemäß § 10 Abs. 3, Abs. 1 UrhG vermutet. Dieser Vermutungswirkung ist der Beklagte durch sein bloßes Bestreiten, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Spiel um ein Programm der Klägerin handeln würde, nicht ausreichend entgegen getreten.

    Der Beklagte hat die ausschließlichen Nutzungsrechte der Klägerin an dem streitgegenständlichen Computerspiel auch verletzt. Zwar bestreitet der Beklagte dies. Sein Bestreiten ist jedoch unbeachtlich.

    Nach den allgemeinen Grundsätzen trägt zwar die Klägerin als Anspruchstellerin die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzung des geltend gemachten Anspruchs erfüllt sind. Sie hat daher darzulegen und im Bestreitensfall nachzuweisen, dass der Beklagte für die von ihr behauptete Urheberrechtsverletzung als Täter verantwortlich ist. Bei Rechtsverletzungen, die über einen Internetanschluss begangen werden, besteht jedoch die tatsächliche Vermutung dafür, dass der Anschlussinhaber für die begangene Rechtsverletzung verantwortlich ist, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine andere Person diesen Internetanschluss benutzen konnte (BGH, Urteil vom 12.05.2016, Az. 1 ZR 48/15 m.w.N.). Hiervon ausgehend spricht vorliegend eine Vermutung dafür, dass der Beklagte die Urheberrechtsverletzung begangen hat, da unstreitig die IP-Adressen, über die bei insgesamt 40 Gelegenheiten das streitgegenständliche Spiel über eine Tauschbörse zum Herunterladen angeboten worden war, dem Internetanschluss des Beklagten zuzuordnen waren.

    Diese Vermutung hat der Beklagte nicht ausreichend erschüttert. Eine die tatsächliche Vermutung der Urheberrechtsverletzung durch den Inhaber des Internetanschlusses ausschließende Nutzungsmöglichkeit Dritter ist zwar anzunehmen, wenn der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde (BGH a.a.O.). In solchen Fällen trifft jedoch den Inhaber des Internetanschlusses eine sekundäre Darlegungslast. Er hat daher darzulegen, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständig Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. Dabei wird allerdings die bloße pauschale Behauptung der theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von in seinem Haushalt lebenden Dritten auf seinen Internetanschluss den an die Erfüllung der sekundären Darlegungslast zu stellenden Anforderungen nicht gerecht (BGH a.a.O.). Da der Beklagten dieser sekundären Darlegungslast trotz mehrfachen gerichtlichen Hinweises nicht genügt hat, ist weiterhin von seiner Täterschaft auszugehen ist.

    Denn der Beklagte behauptet insoweit lediglich, dass er den ganzen Tag arbeiten gewesen sei. Eine Täterschaft des Beklagten hinsichtlich der streitgegenständlichen Urheberrechtsverletzungen ist aber auch dann nicht ausgeschlossen, wenn er tatsächlich zu den Zeiten der einzelnen Verstöße nicht zu Hause gewesen sein sollte. Denn der Beklagte übersieht, dass Tauschbörsenprogramme selbstständig arbeiten und es für den Vorgang des Herunterladens sowie für das Anbieten zum Download keiner Bedienung bedarf, so dass nach dem Anklicken des gewünschten Titels eine Anwesenheit des Beklagten nicht mehr erforderlich war.

    Soweit der Beklagte zudem behauptet, seine Familienangehörigen hätten den vorgeworfenen Urheberverstoß nicht begangen, ist dies im Hinblick auf die vermutete Täterschaft seiner Person bereits unbeachtlich. Soweit er schließlich vermutet, dass ein Datendiebstahl erfolgt sein müsse, ist auch dieser Vortrag unbeachtlich, da der Beklagte nichts weiter dafür vorträgt, wie ein solcher Diebstahl von statten gegangen sein soll. Insoweit wäre von dem Beklagten zumindest zu verlangen gewesen, dass er zu den Sicherungsmaßnahmen seines Internetanschlusses im einzelnen vorträgt. Dass er gegebenenfalls seinen Laptop mit einem Code gesichert hat, ist insoweit unerheblich.

    Da die Urheberrechtsverletzung auch rechtswidrig erfolgte, ist der Beklagte der Klägerin gegenüber zum Ersatz der Anwaltskosten, die durch das Abmahnschreiben entstanden sind, bzw. zur Freistellung von diesen Kosten verpflichtet. Der von der Klägerin in Ansatz gebrachte Gegenstandswert von 35.000,00 EUR ist dabei nicht zu beanstanden. Der Gegenstand einer Abmahnung wegen Verletzung eines Schutzrechts ist nach § 23 Abs. 3 RVG nach billigem Ermessen zu bestimmen. Der Wert eines Unterlassungsanspruchs bestimmt sich dabei nach dem Interesse des Anspruchstellers an der Unterbindung weiterer gleichartiger Verstöße. Hierbei muss insbesondere das einer fortgesetzten Rechtsverletzung innewohnende Gefährdungspotenzial für das Schutzrecht insgesamt und dessen wirtschaftliche Auswertung berücksichtigt werden. Unter besonderer Berücksichtigung des wirtschaftlichen Interesses der Klägerin ist daher der angesetzte Gegenstandswert nicht in Zweifel zu ziehen. Unter Berücksichtigung einer 1,3 Geschäftsgebühr und der Pauschale für Post und Telekommunikation ergeben sich daher Anwaltskosten in Höhe von 1.099,00 EUR.

    Der Klägerin steht gegen den Beklagten des weiteren ein Anspruch auf Zahlung von 510,00 EUR zu. Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass der Beklagte als Täter der Urheberrechtsverletzung nach § 97 Abs. 1 UrhG auch auf Schadensersatz haftet. Die Berechnung des Schadens durch die Klägerin mittels einer fiktiven Lizenz ist dabei nicht zu beanstanden (BGH a.a.O.).

    Der Zinsanspruch der Klägerin ergibt sich aus §§ 291, 288 BGB.

    Die Ansprüche der Klägerin sind entgegen der Ansicht des Beklagten auch nicht verjährt. Nach §§ 102 S. 1 UrhG, 195 BGB gilt im Urheberrecht die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren. Diese Frist beginnt gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Die 3-jährige Verjährungsfrist ist vorliegend, da der erste Urheberrechtsverstoß vom 30.12.2012 datiert und die Klägerin die notwendigen Ermittlungsmaßnahmen zur Feststellung des Täters nicht mehr in im Jahr 2012 konnte, gemäß §§ 195,199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres 2013 in Lauf gesetzt worden und war daher bei Erhebung der Klage im Jahre 2016 noch nicht abgelaufen.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in § 709 ZPO.



    Rechtsbehelfsbelehrung:

    Gegen die Entscheidung kann das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600,00 EUR übersteigt oder das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

    Die Berufung ist binnen einer Notfrist von einem Monat bei dem

    Landgericht Frankenthal (Pfalz)
    Bahnhofstraße 33
    67227 Frankenthal (Pfalz)


    einzulegen.

    Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung der Entscheidung.

    Die Berufung muss mit Schriftsatz durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt eingelegt werden. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt werde.

    Die Berufung muss binnen zwei Monaten mit Anwaltsschriftsatz begründet werden. Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.



    [Name]
    Richterin am Amtsgericht (weitere aufsichtführende Richterin)



    Beschluss
    Der Streitwert wird auf 1.609,00 EUR festgesetzt.



    Rechtsbehelfsbelehrung:

    Gegen die Entscheidung, mit der der Streitwert festgesetzt worden ist, kann Beschwerde eingelegt werden, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,00 EUR übersteigt oder das Gericht die Beschwerde zugelassen hat.

    Die Beschwerde ist binnen sechs Monaten bei dem

    Amtsgericht Koblenz
    Karmeliterstraße 14
    56068 Koblenz


    einzulegen.

    Die Frist beginnt mit Eintreten der Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache oder der anderweitigen Erledigung des Verfahrens. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf der sechsmonatigen Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.

    Die Beschwerde ist schriftlich einzulegen oder durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle des genannten Gerichts. Sie kann auch vor der Geschäftsstelle jedes Amtsgerichts zu Protokoll erklärt werden; die Frist ist jedoch nur gewahrt, wenn das Protokoll rechtzeitig bei dem oben genannten Gericht eingeht. Eine anwaltliche Mitwirkung ist nicht vorgeschrieben.



    [Name]
    Richterin am Amtsgericht (weitere aufsichtführende Richterin)


    Verkündet am 08.12.2016

    [Name], Justizbeschäftigte
    als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
    (...)




~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

AG Koblenz, Urteil vom 03.11.2016, Az. 142 C 544/16,
NIMROD RECHTSANWÄLTE Bockslaff Strahmann GbR,
Klage NIMROD,
Verjährung,
Versäumnisurteil,
bloßes Bestreiten,
Datendiebstahl,
sekundäre Darlegungslast,
Mehrfachermittlung

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10929 Beitrag von The Grinch » Montag 26. Dezember 2016, 07:13

Weihnachten, ein Fest der Liebe?!?
Wieso soll ich Vergebung leben für jemanden der das System ohne Skrupel und Scham ausnutzt?

Einen Shice muss ich!

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10930 Beitrag von Steffen » Montag 26. Dezember 2016, 08:21

Schau mal, natürlich gibt s für jeden seine Meinungsfreiheit, für Shual, The Grinch und el Chupa Cabra etc. Nur woanders bist Du froh, dass so wörtlich: "Und endlich halten die ganze Zicken mal die Klappe.", outest dich aber selbst zu einer (Ober-) Zicke, postet, was niemand benötigt, und kannst wiederum deine nicht halten, wo eigentlich angebracht.

Es gibt jemand, der gegen bestehendes Recht - bewusst/unbewusst - verstößt, nämlich der Filesharer ... und jemand, der in Auftrag diesen Rechtsverstoß ahndet. Es gibt nun einmal diese Gesetze, Rechtsvorschriften und Rechtsprechung - mit dieser müssen wir alle gleich zurechtkommen. Da nutzen einen keine verbalen Parolen, sondern Erfahrungen und Informationen.

Das ist doch - unsere - reale Wahrheit:
  • - 2009: Alle Abgemahnten sind unschuldig;
    - 2010: Alle Abgemahnten hatten ein offenes WLAN;
    - 2012: Alle Abgemahnten schieben ihre minderjährigen Kinder vors Loch; upsi, die können ja jetzt verklagt werden
    2014 -: Alle Abgemahnten benennen pauschal Mitnutzer; alle Abgemahnten und Mitnutzer sagen: ich war es nicht!
    2017 -: Alle Abgemahnten kennen den wahren Filesharer, sagen ihn aber nicht - ätzschi - Schutz der Familie
Und sicherlich - dieses liegt letztendlich in deiner Reife - kann und werde ich dir dein Denken sowie Meinung nicht vorschreiben. Aber ich kann eine Meinung, einen Standpunkt dazu haben. Weihnachten war schon immer- seit ich zurückdenke - ein Fest der Liebe, der Familie, der Freude und auch der Bescherung.
Es kommt immer darauf an, was wir (Menschen) selbst daraus machen und wie den eigentlichen Grundgedanken umsetzen. Und das liegt bei uns und nicht am System.

1ööüüää1

VG Steffen


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#10931 Beitrag von Steffen » Montag 26. Dezember 2016, 08:39

NIMROD RECHTSANWÄLTE Bockslaff Strahmann GbR (Berlin): Urteil des Amtsgericht Bochum vom 07.12.2016, Az. 67 C 354/16. Keine ausreichende Überwachung sowie kein Verbot einer Tauschbörse gegenüber dem minderjährigen Kind (Verletzung der Aufsichts- und Belehrungspflicht)


08:35 Uhr


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


NIMROD RECHTSANWÄLTE
Bockslaff Strahmann GbR


Emser Straße 9 | 10719 Berlin
Tel.: +49 (0) 30 544 61 793 | Fax: +49 (0) 30 544 61 794
E-Mail: info@nimrod-rechtsanwaelte.de | Internet: www.nimrod-rechtsanwaelte.de




Bericht

Link:
https://nimrod-rechtsanwaelte.de/2016/1 ... 7-c-35416/

Urteil als PDF:
https://nimrod-rechtsanwaelte.de/wp-con ... 354_16.pdf



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Auch das AG Bochum bestätigte die von den Nimrod Rechtsanwälten vertretene Rechtsauffassung und verurteilte einen Rechtsverletzer als Anschlussinhaber für die Rechtsverletzung seines Sohnes. Es nahm für die Anwaltskosten einen Gegenstandswert von 10.000,00 EUR an. Den Schadensersatz bezifferte das Gericht antragsgemäß auf 600,00 EUR.





AG Bochum, Urteil vom 07.12.2016, Az. 67 C 354/16


  • (...) Beglaubigte Abschrift

    67 C 354/16

    Verkündet am 07.12.2016

    [Name], Justizbeschäftigte
    als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

    Amtsgericht Bochum


    IM NAMEN DES VOLKES

    Urteil



    In dem Rechtsstreit

    der [Name],
    Klägerin,

    Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte NIMROD Rechtsanwälte Bockslaff u. Scheffen GbR, Emser Straße 09, 10719 Berlin,



    gegen


    [Name],
    Beklagten,

    Prozessbevollmächtigte:
    [Name],


    hat das Amtsgericht Bochum auf die mündliche Verhandlung vom 07.12.2016 durch den Richter am Amtsgericht [Name] für Recht erkannt:

    Der Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von Anwaltskosten in Höhe von 651,80 EUR freizustellen und an diese 600,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gem. DÜG seit dem 12.10.2016 zu zahlen.

    Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

    Die Kosten des Rechtsstreits werden zu % der Klägerin und im Übrigen dem Beklagten auferlegt.

    Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

    Die Klägerin darf die Vollstreckung durch die Beklagtenseite gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht diese vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

    Der Streitwert wird gem. §§ 3 - 5 ZPO auf 1.709,00 EUR festgesetzt, wobei das Gericht den Wert des Feststellungsantrags auf etwa 100,00 EUR schätzt.



    Tatbestand:

    Mit der vorliegenden Klage verlangt die Klägerin von dem Beklagten Schadens- und Aufwendungsersatz anlässlich mehrerer Vorfälle in der Zeit vom 06.07. - 22.07.2013. An diesen Tagen wurde nach den Ermittlungen der Klägerin das Spiel [Name] im Rahmen einer Tauschbörse vom Internetanschluss des Beklagten zum Download angeboten.

    Zur Vorfallzeit hatte auch der minderjährige Sohn des Beklagten, der Zeuge [Name] Zugang zum Internetanschluss.

    Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrags der Klägerin zur IP-Ermittlung, der Rechteinhaberschaft und der Vorstellung zum Wert des Schadens bzw. Aufwendungsersatzanspruch wird auf den Inhalt der Klageschrift nebst Anlagen (Blatt 1 ff. d. A.) sowie Schriftsatz vom 02.11.2016 (Blatt 18 d. A.) verwiesen.


    Die Klägerin beantragt,
    den Beklagten zu verurteilen die Klägerin von Anwaltskosten in Höhe von 1.099,00 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank ab Rechtshängigkeit freizustellen sowie den Beklagten zu verurteilen an sie einen angemessenen Schadensersatz zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der den Betrag von 510,00 EUR zzgl. Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der europäischen Zentralbank seit Rechtshängigkeit nicht unterschreiten sollte sowie festzustellen, dass der mit dem vorgenannten geltend gemachten Schadensersatzanspruch aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung resultiert,


    der Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen.

    Er behauptet der minderjährige Sohn des Beklagten habe nicht das vollwertige Spiel in einer Tauschbörse heruntergeladen sondern lediglich eine "Demo-Version".

    Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrags des Beklagten wird auf den Inhalt der Klageerwiderung vom 20.10.2016 (Blatt 13 ff. d. A.) verwiesen.



    Entscheidungsgründe:

    Die Klage ist auch nach dem Sachvortrag des Beklagten im Wesentlichen begründet.

    Die Klägerin hat gegen den Beklagten zunächst einen Zahlungsanspruch in Höhe von 600,00 EUR aus §§ 832 BGB, 97 I UrhG.

    Auch nach dem Sachvortrag des Beklagten steht nämlich fest, dass an den von der Klägerin näher ermittelten Tagen das streitgegenständliche Spiel ob in einer Demo-Version oder in einer Vollversion vom Internetanschluss des Beklagten aus öffentlich angeboten worden ist.

    Dabei handelt es sich auch dann um eine Urheberrechtsverletzung, wenn es sich lediglich um die Demo-Version des Spieles gehandelt hat.

    Aus den Ermittlungen der Klägerin und den entsprechenden Auskünften folgt aber klar, dass es sich um die Vollversion des Spiels, wenn auch in englischer Sprache, handelt.

    Es fehlt nämlich bei den Dateien der Zusatz "Demo-Version".

    Auch nach dem Sachvortrag des Beklagten kann nicht festgestellt werden, dass dieser seinen Sohn vor dem hier fraglichen Zeitpunkt ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass er nicht an "Tauschbörsen" teilnehmen darf.

    Zudem kann auch dem Sachvortrag des Beklagten nicht entnommen werden, dass er seinen Sohn bei der Internetnutzung ausreichend überwachte.

    Zu beidem war der Beklagte nämlich im Rahmen seiner elterlichen Aufsichtspflicht verpflichtet. Dieser Aufsichtspflicht ist der Beklagte danach nicht hinreichend nachgekommen, so dass sich der Schadensersatzanspruch aus § 832 BGB in Verbindung mit § 97 I UrhG ergibt.

    Wegen der fehlenden Belehrung war der Beklagte auch Störer im Sinne des § 97 UrhG.

    Danach schuldet er die Freistellung der Klägerin von Rechtsanwaltskosten nach einem Wert von bis zu 10.000,00 EUR.

    Dabei schätzt das Gericht den Wert der Abmahnung inkl. Unterlassung auf ein Vielfaches des Spielpreisen und entsprechend der Rechtsprechung auch des LG Bochums auf etwa 10.000,00 EUR.

    Daraus errechnen sich Rechtsanwaltskosten in Höhe von 651,80 EUR unter Berücksichtigung einer 1,3-fachen Gebühr in Höhe von 631,80 EUR und 20,00 EUR Postauslagen.

    Wegen der Freistellung konnte die Klägerin allerdings keine Zinsen geltend machen, denn Zinsen schuldet der Beklagte nur für tatsächlich gezahlte Anwaltskosten. Nach der Darstellung der Klägerin sind die Abmahnkosten allerdings noch nicht gezahlt worden, so dass es an einem schon bestehenden Zinsschaden mangelt.

    Auch wegen des Feststellungsantrags ist die Klage unbegründet, denn eine vorsätzliche unerlaubte Handlung kann das Gericht nicht feststellen.

    Bei Verletzung der Aufsichts- und Belehrungspflicht handelt es sich lediglich um fahrlässige Taten. Etwas anderes hätte nur dann gegolten, wenn der Beklagte positiv wusste, dass sein Sohn die Tauschbörse nutzt. Dafür fehlt jeglicher Vortrag.

    Im Übrigen folgt der Zinsanspruch aus den oben genannten Haftungsvorschriften.

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 I ZPO.

    Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.



    Rechtsbehelfsbelehrung:

    A) Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,

    1. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt
    oder
    2. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.

    Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem

    Landgericht Bochum,
    Westring 8,
    44787 Bochum,


    eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.

    Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Bochum zu begründen.

    Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Bochum durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.

    Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.


    B) Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Amtsgericht Bochum statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem

    Amtsgericht Bochum,
    Viktoriastr. 14,
    44787 Bochum,


    schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden.

    Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. (...)




~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

AG Bochum, Urteil vom 07.12.2016, Az. 67 C 354/16,
Demo Version,
Minderjährige,
Minderjährige Kinder,
BGH Morpheus,
Belehrung,
Aufsichtspflicht,
NIMROD RECHTSANWÄLTE Bockslaff Strahmann GbR,
Klage NIMROD

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10932 Beitrag von The Grinch » Dienstag 27. Dezember 2016, 06:12

Ich kann doch nichts dafür das, obwohl ich für meinen Teil es vorlebe, die Abmahnschergen es nicht in ihr Spatzenhirn bekommen!
Und bitte, steck mich nicht in den gleichen Sack wie die Vollhonks die es nicht raffen das man es auch mal gut sein lassen sollte.

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10933 Beitrag von Steffen » Dienstag 27. Dezember 2016, 12:56

Focus Online: Obdachloser in Berlin angezündet - Die Verdächtigen haben sich der Polizei gestellt


(...) Nach dem Angriff auf einen Obdachlosen in einem Berliner U-Bahnhof haben sich sechs der sieben Tatverdächtigen der Polizei gestellt. Der siebte, ein 21-jähriger Syrer, ließ sich ohne Widerstand von einer Zivilstreife festnehmen. Sie hätten sich seit Montagabend bei verschiedenen Dienststellen gemeldet, sagte eine Polizeisprecherin am Dienstag FOCUS Online. (...) Bei den sieben Tatverdächtigen handele es sich um sechs Syrer und einen Libyer, bestätigte eine Sprecherin der Berliner Polizei FOCUS Online. (...)

Quelle: Focus Online
Link:
http://www.focus.de/panorama/welt/obdac ... 09436.html



Interessant, wie viele Gazetten die Nationalität - bewusst - verschweigen! Ach so, es ist ja bald Sylvester, liebe Frauen denkt daran ...

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#10934 Beitrag von Steffen » Donnerstag 29. Dezember 2016, 17:58

.rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR (Hamburg): Amtsgericht Lübeck zum Filesharing - Tatverneinung der Nutzungsberechtigten führt zur Haftung des Anschlussinhabers (Lizenzschaden Computerspiel: 700,00 EUR)


17:50 Uhr


Hamburg/Lübeck, 29.12.2016 (eig). Die Tatverneinung weiterer Nutzungsberechtigte eines Internetanschlusses führt in Filesharingfällen zur Haftung des Anschlussinhabers. Dies hat das Amtsgericht Lübeck in einer jüngst ergangenen Entscheidung befunden (Urt. v. 28.11.2016, Az. 20 C 19/16).



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


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Rechtsanwalt Nikolai Klute
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz




.rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR

Johannes-Brahms-Platz 1 | 20355 Hamburg
Telefon +49 (040) 5 50 06 05 0 | Telefax +49 (040) 5 50 06 05 55
E-Mail kanzlei@rka-law.de | Web: www.rka-law.de




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Der Beklagte wurde als Anschlussinhaber für Rechtsverletzungen in Anspruch genommen, die von seinem Internetanschluss aus begangen worden waren. Er selbst stellte die Tatbegehung in Abrede und verwies auf den Mieter in seinem Haus, auf seine beiden Kinder und die Ehegattin als weitere Nutzungsberechtigte des Internetanschlusses. In der Beweisaufnahme stellten alle weiteren Nutzungsberechtigten ihre Tatverantwortung in Abrede.

Das Gericht erachtete die Aussagen der Zeugen als glaubhaft und die Zeugen selbst als im hohen Maße glaubwürdig (der Mieter war Polizeibeamter). Somit aber war nach Auffassung des Lübecker Richters die gegen den Beklagten streitende Täterschaftsvermutung nicht ent- sondern bekräftigt. Alternative Geschehensabläufe oder die ernsthafte Möglichkeit der Täterschaft eines anderen lägen nicht vor, und da damit feststand, "dass kein Dritter den Internetanschluss des Beklagten zur Tatzeit genutzt hat, lebt die tatsächliche Vermutung der Täterschaft des Beklagten wieder auf, die weder durch die Erklärung des Beklagten, nicht der Täter zu sein noch durch die Bekundung der Zeugin ..., dass ihr Mann Computerspiele nicht leiden könne, beseitigt wird", so das Amtsgericht in seinem Urteil.

Dabei unterstrich das Gericht die besondere Glaubwürdigkeit der tatverneinenden Familienangehörigen als Zeugen, deren Aussagen zusätzliche Beweiskraft aufgrund des Umstandes erlangt hätten, dass sie von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht keinen Gebrauch gemacht haben. "Für Anschlussinhaber ergibt sich aus diesem Urteil eine prekäre Situation", erläutert Rechtsanwalt Nikolai Klute aus der Kanzlei .rka Rechtsanwälte, "denn sagen Familienangehörige aus und verneinen die eigene Täterschaft folgt daraus die Haftung des Beklagten. Machen sie von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch, haftet der Anschlussinhaber, weil die ernsthafte Möglichkeit eines alternativen Geschehensablaufs nicht bewiesen ist."

Entsprechendes jedenfalls hat der Bundesgerichtshof in einem Urteil vom 12.05.2016, I ZR 48/15 - "Everytime we touch", in diesem Jahr geurteilt und damit den Versuchen der Anschlussinhaber, sich selbst aus der Haftung zu begeben ohne zu viel von Dritten als möglichen Tätern preis geben zu müssen und diese zu schützen, einen Riegel vorgeschoben.





AG Lübeck, Urteil vom 28.11.2016, Az. 20 C 19/16

  • (...) 20 C 15/16


    Verkündet am 28.11.2016

    gez.
    [Name], JFAnge
    als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle




    Amtsgericht Lübeck

    Urteil

    Im Namen des Volkes




    In dem Rechtsstreit


    [Name],
    - Klägerin -

    Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte .rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR, Johannes-Brahms-Platz 1, 20355 Hamburg,



    gegen


    [Name],
    - Beklagter -

    Prozessbevollmächtigte:
    [Name],


    wegen Urheberrecht


    hat das Amtsgericht Lübeck durch den Richter am Amtsgericht Dr. [Name] auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 31.10.2016

    für Recht erkannt:

    Das Versäumnisurteil vom 11.07.2016 wird aufgehoben.

    Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.351,80 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 06.09.2016 zu zahlen.

    Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Hiervon ausgenommen sind die durch den Erlass des Versäumnisurteils entstandenen Kosten, die die Klägerin zu tragen hat.

    Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.



    Beschluss
    Der Streitwert wird auf 1.351,80 EUR festgesetzt.



    Tatbestand

    Die Klägerin verlangt vom Beklagten wegen öffentlicher Zugänglichmachung eines Computerspiels in einem Filesharing-Netzwerk Schadensersatz und Ersatz vorprozessualer Rechtsverfolgungskosten.

    Vom Internetanschluss des Beklagten wurde am 06.04.2013 gegen 04:34 Uhr (also in der Nacht von Freitag auf Samstag) eine Datei mit dem Computerspiel "[Name]" über ein Filesharing-Netzwerk Dritten zum Download bereitgehalten. Die Erstveröffentlichung dieses Computerspiels war am 27.04.2012 erfolgt.

    Mit Anwaltsschreiben vom 27.06.2013 mahnte die Klägerin den Beklagten ab und forderte ihn unter Fristsetzung zum 08.07.2013 zur Abgabe einer Unterlassungserklärung wegen der streitgegenständlichen Urheberrechtsverletzung und zur Zahlung von Schadensersatz und Abmahnkosten - zugleich unter Abgabe eines Vergleichsangebots in Höhe von 900,00 EUR - auf. Der Beklagte gab daraufhin lediglich eine Unterlassungserklärung ab.

    Die Klägerin begehrt Anwaltskosten für die Abmahnung in Höhe von 651,80 EUR (Gegenstandswert 10.000,00 EUR) und Schadensersatz in Höhe von 700,00 EUR.

    Die Klägerin behauptet, aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung mit der Entwicklerin des Computerspiels, der Firma [Name] ausschließliche Inhaberin der Nutzungsrechte an dem Spiel zu sein. Sie behauptet ferner, die Rechtsverletzung sei durch den Beklagten und nicht durch die Familienangehörigen des Beklagten oder durch den Mieter des Beklagten begangen worden.

    Mit Versäumnisurteil vom 11.07.2016, zugestellt am 19.07.2016, hat das Gericht die Klage abgewiesen. Die Klägerin hat hiergegen mit am 01.08.2016 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz Einspruch eingelegt.



    Die Klägerin beantragt,
    das Versäumnisurteil vom 11.07.2016 aufzuheben und den Beklagten zur Zahlung von 651,80 EUR sowie weiterer 700,00 EUR, jeweils nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.09.2013, an die Klägerin zu verurteilen.



    Der Beklagte beantragt,
    das Versäumnisurteil vom 11.07.2016 aufrecht zu erhalten.

    Der Beklagte trägt vor, er habe die Rechtsverletzung nicht begangen; auf seinem Computer habe sich weder die Spieldatei - ganz oder teilweise - noch ein Filesharing-Progamm befunden. Zur Tatzeit hätten mehrere Personen Zugriff auf den Internetanschluss gehabt. Zum einen sein im Dachgeschoss lebender Mieter, zum anderen seine Familienmitglieder, namentlich seine Ehefrau, seine damals volljährige Tochter und sein damals kurz vor dem 18. Geburtstag stehender Sohn. Alle hätten zur Tatzeit über eigene Computer und dadurch über Zugang zum Internetanschluss des Hauses verfügt. Befragt nach der streitgegenständlichen Rechtsverletzung hätten alle Personen bekundet, das Spiel nicht zu kennen und es auch nicht heruntergeladen zu haben. Ihm sei zuvor niemals eine Abmahnung ins Haus gekommen. Er habe auch keinen Anlass gehabt, die Internetnutzung der anderen Bewohner zu überwachen. Der WLAN-Anschluss des Hauses sei hierneben per WPA-PSK verschlüsselt und mit individuell gewähltem, aus Groß- und Kleinbuchstaben, Zahlen und Sonderzeichen bestehendem Passwort gesichert.

    Der Beklagte ist der Ansicht, der der Abmahnung zugrunde liegende Gegenstandswert von 10.000,00 EUR sei ebenso übersetzt wie der begehrte Lizenzschaden in Höhe von 700,00 EUR. Er bestreitet ferner mit Nichtwissen, dass die Klägerin die Anwaltskosten bereits bezahlt hat.

    Das Gericht hat den Beklagten angehört und Beweis erhoben durch Vernehmung des Mieters sowie der Familienangehörigen des Beklagten. Wegen des Ergebnisses wird auf das Protokoll der Sitzung vom 31.10.2016 (Bl. 104 ff. d. A.) verwiesen. Ergänzend wird auf alle zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.



    Entscheidungsgründe

    Durch den zulässigen, insbesondere fristgerechten Einspruch der Klägerin wurde der Prozess in die Lage zurückversetzt, in der er sich vor Eintritt der Versäumnis befand, § 342 ZPO.

    Die zulässige Klage ist vollumfänglich begründet.



    I.

    Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Erstattung des Lizenzschadens in Höhe von 700,00 EUR aus § 97 Abs. 2 UrhG zu. Nach dieser Vorschrift ist derjenige, der das Urheberrecht oder ein anderes nach dem Urhebergesetz geschütztes Recht widerrechtlich und schuldhaft verletzt, zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

    Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

    Zur Überzeugung des Gerichts steht fest, dass der Klägerin die ausschließlichen Nutzungsrechte an dem Computerspiel "[Name]" zustehen. Diese Überzeugung stützt sich zum einen auf den unstreitigen Umstand, dass auf dem Datenträger des Spiels und seiner Verpackung die Klägerin als Inhaberin des Copyrights ausgewiesen ist, zum anderen auf den unstreitigen Umstand, dass in allen öffentlich zugänglichen Handelsquellen - etwa bei "Amazon.de" - die Klägerin als Rechteinhaberin des Spiels bezeichnet wird, und schließlich auf den unstreitigen Umstand, dass in der vorgelegten Vertragskopie zwischen der Klägerin und der Entwickler-Firma der Klägerin die ausschließlichen, weltweiten und zeitlich unbeschränkten Verwertungsrechte an dem Spiel eingeräumt werden. Angesichts dessen bestehen - auch mit Blick auf den Umstand, dass der Beklagte die Aktivlegitimation lediglich vorsorglich mit Nichtwissen bestreitet - keine vernünftigen Zweifel daran, dass die Klägerin aktivlegitimiert ist.

    Der Beklagte ist passivlegitimiert.

    Nach den allgemeinen Grundsätzen trägt die Klägerin als Anspruchstellerin die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs erfüllt sind. Sie hat demgemäß darzulegen und im Bestreitensfall nachzuweisen, dass der Beklagte für die behauptete Urheberrechtsverletzung als Täter verantwortlich ist. Allerdings spricht eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen diesen Internetanschluss benutzen konnten oder benutzt haben (ständige Rechtsprechung, zuletzt BGH v. 12.05.2016, 1 ZR 48/15 - "Everytime we touch").

    Dass zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung kein Dritter - namentlich keines der Familienmitglieder und auch nicht der Mieter des Beklagten - den Internetanschluss des Beklagten benutzt hat, steht zur Überzeugung des Gerichts mit der für das Beweismaß des § 286 ZPO erforderlichen Sicherheit fest.

    Nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. Dabei setzt die Überzeugung von der Wahrheit einer beweisbedürftigen Tatsache keine absolute oder unumstößliche Gewissheit voraus, da eine solche nicht zu erreichen ist. Es genügt ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit, der den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (BGH, Urteil vom 14.12.1993 - VI ZR 221/92, NJW-RR 1994, 567, 568 m.w.N.).

    Danach ist vorliegend aufgrund der Beweisaufnahme davon auszugehen, dass kein Dritter den Internetanschluss des Beklagten zur Tatzeit genutzt hat - mit der Folge, dass damit wieder die tatsächliche Vermutung der Täterschaft des Beklagten auflebt.

    Der Zeuge [Name], der Mieter des Beklagten, hat bekundet, er habe das Computerspiel nicht heruntergeladen. Beruflich - als Hauptkommissar bei der Bundespolizei und Fachlehrer an der Bundespolizeiakademie - stehe er bereits den halben Tag auf dem Schießstand und habe daher abends kein Bedürfnis, Schießspiele zu spielen, zumal er privat Pazifist sei und nur gelegentlich ins Internet gehe. An dem Wochenende habe er sich zudem um seine Tochter gekümmert, die sich bei ihm zu Hause von einer Mandel-OP erholt habe. Von daher könne er sich sogar noch daran erinnern, dass es sich bei der betreffenden Nacht um eine ruhige Nacht gehandelt habe.

    Die Zeugin [Name], die Ehefrau des Beklagten, hat bekundet, das Computerspiel nicht heruntergeladen zu haben. Sie kenne das Spiel nicht. Mit der Möglichkeit, so etwas runterzuladen, kenne sie sich zudem nicht aus.

    Die Zeugin [Name], die Tochter des Beklagten, hat bekundet, keine Angabe dazu machen zu können, wer das Spiel heruntergeladen habe. Sie selber sei es jedenfalls nicht gewesen. Sie habe damals zwar einen internetfähigen Laptop besessen, könne heute aber schon nicht mehr mit Sicherheit sagen, ob sie den überhaupt dabei gehabt habe.

    Der Zeuge [Name], der Sohn des Beklagten, hat bekundet, nach so langer Zeit zwar nicht mehr mit Sicherheit sagen zu können, was er zu der Tatzeit gemacht habe, aber davon ausgehe, dass er morgens um 04:00 Uhr geschlafen habe. Das Computerspiel sei ihm jedenfalls erst durch das Verfahren bekannt geworden. Er habe das Spiel nicht heruntergeladen. Er habe, nachdem er in 2013 von seinem Vater wegen der Abmahnung angesprochen worden sei, seinen Computer sogar nochmals genau untersucht und nichts gefunden.

    Aufgrund der Aussagen der Zeugen ist das Gericht mit der für das Beweismaß des § 286 ZPO erforderlichen Sicherheit davon überzeugt, dass keiner der Zeugen das Computerspiel heruntergeladen hat. Dass einer der Zeugen das Spiel heruntergeladen hat und sich heute nicht mehr daran erinnert - mithin irrtümlich/fahrlässig die Unwahrheit bekundet hat -, kann ausgeschlossen werden, ohne dass dies der näheren Erörterung bedarf, zumal der Beklagte alle Zeugen bereits im Zusammenhang mit der Abmahnung, also nur wenige Wochen nach der Rechtsverletzung, auf diese angesprochen hat. Das Gericht schließt aber auch aus, dass einer der Zeugen vorsätzlich die Unwahrheit gesagt hat. Alle Zeugen haben dem Gericht sehr glaubhaft den Eindruck vermittelt, nach bestem Wissen und Gewissen ihre Erinnerung an die Tatnacht wiederzugeben. Die Aussagen der Zeugen waren allesamt schlüssig und widerspruchsfrei. Da die Zeugen im Wesentlichen eine Negativtatsache bekundet haben (nämlich, dass sie den Rechtsverstoß nicht begangen haben), war eine besonders ausführliche und detailhafte Aussage auch nicht zu erwarten. Soweit es die Aussage der Familienangehörigen des Beklagten betrifft, verleiht deren Aussage zusätzliche Beweiskraft der Umstand, dass sie (überhaupt) ausgesagt haben, obwohl sie von der primär beweisbelasteten Klägerseite als Zeugen benannt wurden und damit im Ergebnis gegen ihren Ehemann und Vater ausgesagt haben, anstatt sich auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht (über das sie belehrt wurden) zu berufen und die Klägerseite damit in unüberbrückbare Beweisnot zu bringen. Schließlich vermittelte auch das Auftreten der Zeugen vor Gericht und ihr Aussageverhalten dem Gericht den belastbaren Eindruck, dass die Zeugen subjektiv die Wahrheit bekunden. Alle Zeugen haben ihre Aussagen in ruhiger, entspannter Weise und ohne auffällige Emotionalität oder Nervosität getätigt.

    Da damit feststeht, dass kein Dritter den Internetanschluss des Beklagten zur Tatzeit genutzt hat lebt die tatsächliche Vermutung der Täterschaft des Beklagten wieder auf, die weder durch die Erklärung des Beklagten, nicht der Täter zu sein, noch durch die Bekundung der Zeugin [Name], dass ihr Mann Computerspiele nicht leiden könne, beseitigt wird.

    Das für einen Schadensersatzanspruch erforderliche Verschulden liegt beim Einsatz einer Tauschbörse jedenfalls in Form einfacher Fahrlässigkeit vor, ohne dass dies näherer Erläuterung bedarf.

    Der danach der Klägerseite dem Grunde nach zustehende Schadensersatzanspruch besteht jedenfalls in Höhe der geltend gemachten 700,00 EUR. Die Schadensschätzung des Gerichts erfolgt da auf bestehende Tarifwerke nicht zurückgegriffen werden kann - nach freiem Ermessen des Gerichts unter Berücksichtigung aller Umstände (§ 287 ZPO). Dabei ist u.a. zu berücksichtigen der Umstand, dass die Rechtsverletzung noch innerhalb eines Jahres nach der Erstveröffentlichung des - damit mithin noch aktuellen - Spiels erfolgt ist. Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 11.06.2015 (BGH I ZR 19/14 - "Tauschbörse I") die Annahme unbeanstandet gelassen, dass ein Musiktitel rund 400 mal von der Filesharingquelle herunter geladen wurde. Der BGH ist so bei einem Downloadwert von 50 ct / Titel auf einen Betrag von 200,00 EUR / Titel gekommen. Bei einem hier nicht fernliegenden Downloadpreis für das vorliegende Computerspiel von 10,00 EUR ergäbe sich der geltend gemachte Schadensersatz schon bei 70 Downloads. Hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte, die im Streitfall zu einem niedrigeren Ansatz führen müssten, sind jedenfalls weder dargetan noch ersichtlich.



    II.

    Der Klägerin steht ferner ein Anspruch gegen den Beklagten aus § 97 Abs. 2 UrhG in Höhe von 651,80 EUR, berechnet nach einer 1,3 Geschäftsgebühr zzgl. Post- und Telekommunikationspauschale und auf Grundlage eines Streitwerts von 10.000,00 EUR zu, und zwar unabhängig davon, ob die Klägerin die entstandenen Anwaltskosten bereits bezahlt hat. Denn die Abmahnung war - wie oben ausgeführt - in vollem Umfang gerechtfertigt. Der in diesem Fall bestehende Befreiungsanspruch gegenüber dem Verletzer nach § 249 BGB verwandelt sich in einen Zahlungsanspruch, wenn dieser eindeutig zu erkennen gibt, dass er die Erfüllung ablehnt. Ein solches Verweigern stellt jedenfalls der mit einer Begründung versehene Klageabweisungsantrag dar (LG Hamburg v. 12.02.2014, Az. 308 0 227/13 RN 38 ff. m.w.N.- juris).

    Der von der Klägerin in Ansatz gebrachte Gegenstandswert in Höhe von 10.000,00 EUR ist für das öffentliche Zugänglichmachen eines unter einem Jahr auf dem Markt befindlichen Computerspiels nicht zu beanstanden. Bei der Bemessung des maßgeblichen Gegenstandswerts ist nicht nur auf das Wertinteresse des Gläubigers, sondern auch auf die Angriffsintensität abzustellen. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass hier nicht lediglich eine Störerhaftung, sondern eine täterschaftliche Begehung des Beklagten gegeben ist, so dass ein Gegenstandswert von 10.000,00 EUR angemessen erscheint (vgl. LG Berlin v. 24.01.2014, Az. 15 S 16/12, ZUM 2014, 821 ff.; OLG Köln v. 03.04.2009, Az. 6 W 20/09 - juris).



    III.

    Die zugesprochenen Zinsen hinsichtlich Schadensersatzanspruch und Anwaltskosten ergeben sich aufgrund der Zahlungsaufforderung in der Abmahnung mit Fristsetzung zum 08.07.2013 aus §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 1, 288 BGB.

    Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 709, 91, 344 ZPO.



    Rechtsbehelfsbelehrung:

    Gegen die Entscheidung kann das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600,00 EUR übersteigt oder das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

    Die Berufung ist binnen einer Notfrist von einem Monat bei dem

    Landgericht Flensburg
    Südergraben 22
    24937 Flensburg


    einzulegen.

    Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung der Entscheidung.

    Die Berufung muss mit Schriftsatz durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt eingelegt werden. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt werde.

    Die Berufung muss binnen zwei Monaten mit Anwaltsschriftsatz begründet werden. Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.

    Gegen die Entscheidung, mit der der Streitwert festgesetzt worden ist, kann Beschwerde eingelegt werden, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,00 EUR übersteigt oder das Gericht die Beschwerde zugelassen hat.

    Die Beschwerde ist binnen sechs Monaten bei dem

    Amtsgericht Lübeck
    Am Burgfeld 7
    23568 Lübeck


    einzulegen.

    Die Frist beginnt mit Eintreten der Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache oder der anderweitigen Erledigung des Verfahrens. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf der sechsmonatigen Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.

    Die Beschwerde ist schriftlich einzulegen oder durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle des genannten Gerichts. Sie kann auch vor der Geschäftsstelle jedes Amtsgerichts zu Protokoll erklärt werden; die Frist ist jedoch nur gewahrt, wenn das Protokoll rechtzeitig bei dem oben genannten Gericht eingeht. Eine anwaltliche Mitwirkung ist nicht vorgeschrieben.



    Dr. [Name]
    Richter am Amtsgericht (...)




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AG Lübeck, Urteil vom 28.11.2016, Az. 20 C 19/16,
alternativer Geschehensablauf,
Bestreiten der Täterschaft,
sekundäre Darlegungslast,
Mitnutzer,
Mieter,
.rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR,
Rechtsanwalt Nikolai Klute,
Klage .rka Rechtsanwälte,
Zeugnisverweigerungsrecht

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LG Leipzig, Az. 05 S 332/16

#10935 Beitrag von Steffen » Donnerstag 29. Dezember 2016, 20:48

.rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR (Hamburg): Landgericht Leipzig weist Amtsgericht zurecht - Verkennen der Beweislast begründet einen erheblichen Verfahrensmangel - Kein technisches Gutachten im Filesharingfall


20:45 Uhr


Hamburg / Leipzig (eig). Das Landgericht Leipzig hat auf die Berufung der Klägerin des dortigen Verfahrens eine Entscheidung des Amtsgerichts Leipzig aufgehoben, dass die Klage in einem Filesharingfall abgewiesen hatte. Die Klägerin hatte sich geweigert, einen Vorschuss von einigen tausend Euro für den technischen Sachverständigen einzuzahlen, der auf Grund eines Beweisbeschlusses des Amtsgerichts die Richtigkeit der Datenermittlung prüfen sollte.



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Bild

Rechtsanwalt Nikolai Klute
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz




.rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR

Johannes-Brahms-Platz 1 | 20355 Hamburg
Telefon +49 (040) 5 50 06 05 0 | Telefax +49 (040) 5 50 06 05 55
E-Mail kanzlei@rka-law.de | Web: http://www.rka-law.de




Bericht

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LG Leipzig, Urteil vom 16.12.2016, Az. 05 S 332/16

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AG Leipzig, Urteil vom 11.05.2016, Az. 113 C 6992/14

Link:
http://rka-law.de/wp-content/uploads/20 ... 992-14.pdf




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Im in Streit stehenden Fall gab es insgesamt acht Erfassungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten und mit unterschiedlichen IP-Adressen, teilweise aber an identischen Tagen. Das Amtsgericht sah die Klägerin als beweisfällig geblieben an und wies die Klage ab (AG Leipzig, Urt. v. 11.05.2016, Az. 113 C 6992/14). Auf die Berufung der Klägerin hat das Landgericht das Urteil des Amtsgerichts aufgehoben und den Rechtsstreit zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht Leipzig zurück verwiesen (LG Leipzig, Urt. v. 16.12.2016, Az. 05 S 332/16):
  • "Bereits in seinem Schriftsatz vom 19.11.2015 hatte der Klägervertreter auf die vorliegend streitgegenständliche Mehrfachermittlung des Internetanschlusses des Beklagten und die Rechtsprechung unter anderem des OLG Köln ... hingewiesen. In diesen Fällen spricht nach der Lebenswahrscheinlichkeit eine tatsächliche Vermutung der Richtigkeit der Ermittlung. Gegenteiliges hat dieser (sic: der Beklagte) zu beweisen. Dieses Verkennen der Beweislast begründet einen erheblichen Verfahrensmangel."
In der Folge war das Urteil des Amtsgerichts aufzuheben und der Rechtsstreit zur weiteren Entscheidung zurück zu verweisen. Für den Beklagten führt dies nun dazu, dass er seine sekundären Darlegungslasten im Sinne der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu erfüllen haben wird, auf die das Landgericht in seinem Urteil noch einmal ausdrücklich hingewiesen hat.
  • "Die Entscheidung macht deutlich, dass die Linie, die der Bundesgerichtshof in die Filesharingfällen fährt, über die Berufungsgerichte irgendwann auch bei den Amtsgerichten ankommt, die allein hohe Anforderungen an Vortrag und Beweislast der jeweiligen Kläger stellen. Dem ist bei weitem nicht so", erläutert Rechtsanwalt Nikolai Klute von .rka Rechtsanwälte die Entscheidung, "denn tatsächlich hängen die Hürden nach den neuerlichen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs für die Beklagten deutlich höher, die sich entscheiden müssen, entweder die eigene Haftung hinzunehmen oder aber ihre Darlegungsverpflichtungen so zu erfüllen, dass damit - naturgemäß - das Risiko der Inanspruchnahme Dritter erheblich steigt."




LG Leipzig, Urteil vom 16.12.2016, Az. 05 S 332/16


  • (...) Ausfertigung

    Landgericht Leipzig

    Zivilkammer

    Aktenzeichen: 05 S 332116
    Amtsgericht Leipzig, 113 C 6992/14

    Verkündet am: 16.12.2016
    [Name], Urkundsbeamter/in der Geschäftsstelle



    IM NAMEN DES VOLKES

    ENDURTEIL




    In dem Rechtsstreit


    [Name],
    - Kläger und Berufungskläger -

    Prozessbevollmächtigte: .rka Rechtsanwälte Reichen Klute, Johannes-Brahms-Platz 1, 20355 Hamburg,



    gegen


    [Name],
    - Beklagter und Berufungsbeklagter -

    Prozessbevollmächtigte:
    [Name],


    wegen Urheberrecht


    hat die 5. Zivilkammer des Landgerichts Leipzig durch Richterin am Landgericht Dr. [Name] als Einzelrichterin am 16.12.2016

    für Recht erkannt:

    1. Das Urteil des Amtsgerichts Leipzig vom 11.05.2016 - Az. 113 C 6992/14 - wird aufgehoben.
    2. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Leipzig zurückgewiesen, dem auch die Entscheidung über die Kosten der Berufung vorbehalten bleibt.
    3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.



    Gründe:



    I.

    Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird zunächst Bezug genommen auf das angefochtene Urteil des Amtsgerichts Leipzig vom 11.05.2016, BI. 167 ff. d. A..

    Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger die erstinstanzlich geltend gemachten Ansprüche weiter und begründet diese mit einer unrichtigen Rechtsanwendung und Mängeln der Tatsachenfeststellung durch das Amtsgericht, insbesondere dem Nichtbeachten der in der BGH-Rechtsprechung zu Tauschbörsen mitgeteilten Anforderungen an die Darlegung und den Beweis von Rechtsverletzungen der streitgegenständlichen Art. Insbesondere habe das Amtsgericht verkannt, dass sich aus der Vielzahl der ermittelten und dem Anschluss des Beklagten zugeordneten IP-Adressen nach der Lebenswahrscheinlichkeit keine Zweifel an der Richtigkeit der Zuordnung ergäben; der Beklagtenseite obliege in einem solchen Fall der Gegenbeweis. Die Beweislast sei verkannt geworden, der Beklagte für seine Behauptung, seine IP-Adresse würde sich nur einmal täglich ändern, beweisbelastet. Im Einzelnen wird auf den Schriftsatz vom 17.08.2016 Bezug genommen.



    Der Berufungskläger hat beantragt,

    1. unter Abänderung des am 11.05.2016 verkündeten Urteils des Amtsgerichts Leipzig (Az. 113 C 6692/14) wird der Beklagte verurteilt,

    a) an den Kläger 350,00 Euro nebst jährlicher Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.03.2011 zu zahlen,

    b) an den Kläger einen weiteren Betrag über 58,65 Euro nebst jährlicher Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

    c) an den Kläger 500,00 EUR nebst jährlicher Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.03.2011 zu zahlen.

    2. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.



    Der Berufungsbeklagte beantragt,
    die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise das Verfahren an das Amtsgericht Leipzig zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

    Er hält unter Beweisantrag an der Behauptung, die Anschlussermittlung sei fehlerhaft erfolgt, fest und trägt ergänzend zur Nutzung des Internetanschlusses durch Dritte vor (Schriftsatz vom 29.09.2016).


    Auf die Erörterung im Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 03.11.2016 wird Bezug genommen.



    II.

    Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden. Nach § 538 Abs. 2 S. 1 ZPO war das angegriffene Urteil des Amtsgerichts Leipzig aufzuheben und das Verfahren auf Hilfsantrag des Beklagten an das Amtsgericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.


    1.

    Das Amtsgericht ist rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dem Kläger obliege eine über die erfolgten, im Einzelnen bereits in der Anspruchsbegründung vom 25.07.2014 dargelegten Ermittlungen der IP-Adressen, über die das Computerspiel der Insolvenzschuldnerin zum Download angeboten wurde (Bl. 11 ff.), hinausgehende Beweislast. Darauf beruht der Beweisbeschluss vom 21.10.2015, in dem der Kläger als beweisbelastete Partei die Kosten für ein Sachverständigengutachten zur Zuordnung der festgestellten IP-Adressen zum Anschluss des Beklagten tragen sollte.

    Bereits in seinem Schriftsatz vom 19.11.2015 hatte der Klägervertreter auf die vorliegend streitgegenständliche Mehrfachermittlung des Internetanschlusses des Beklagten und die Rechtsprechung unter anderem des OLG Köln (Beschluss vom 21.04.2011, Az. 6 W 58/11; Urteil vom 16.05.2012, NJW-RR 2012, 1327; BGH, IZR 19/14, Urteil vom 11.06.2015) hingewiesen. In diesen Fällen spricht nach der Lebenswahrscheinlichkeit eine tatsächliche Vermutung für die Richtigkeit der Ermittlung. Der Kläger hat eine Kette aus eidesstattlicher Versicherungen eines Mitarbeiters des Ermittlungsunternehmens [Name] der Angabe der Verletzungshandlung in Bezug auf eine mit einem bestimmten Hashwert benannte Datei ([Name]) mit dem Werk "[Name]" über den bestimmten P2P-Client und die Zuordnung zu der jeweiligen IP-Adresse nebst Tatzeitpunkt nachgewiesen, ferner deren Zuordnung zum Internetanschluss des Beklagten im Verfahren nach § 101 Abs. 9 UrhG. In der Gesamtbetrachtung dieser Indizien bestehen keine Zweifel für das Begehen der streitgegenständlichen Verletzungshandlung über den Internetanschluss des Beklagten. Gegenteiliges hat dieser zu beweisen.

    Dieses Verkennen der Beweislast begründet einen erheblichen Verfahrensmangel, da das erstinstanzliche Gericht auf Grund dieses Fehlers keine Grundlage für eine Entscheidung des Berufungsgerichts sein kann. Er ist auch ursächlich dafür, dass sich das Erstgericht mit der Frage, wer Täter der streitgegenständlichen Rechtsverletzung ist, gar nicht mehr befasst hat.


    2.

    Der Kläger nimmt den Beklagten als Täter, nicht als Störer in Anspruch. Der Beklagte hat bereits erstinstanzlich zu Dritten (Familienmitgliedern), die am 28.12.2010 Zugang zu seinem Internetanschluss hatten, vorgetragen (Schriftsatz vom 17.10.2014, S. 3). Der BGH hat in seiner neuesten Entscheidung vom 12.05.2016 (I ZR 48/15, bei Juris Rn. 32 ff.) zu den Anforderungen an die Annahme einer tatsächlichen Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers (auch bei Nutzung des Anschlusses durch mehrere Familienangehörige) und zum Umfang der sekundären Darlegungslast in Bezug darauf, ob andere Personen als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen (a.a.O., Rn. 34, Rn. 50) umfassend ausgeführt. Das Amtsgericht wird, gegebenenfalls nach Beweiserhebung auf Antrag des Beklagten, zur Fehlerhaftigkeit der Ermittlung seines Internetanschlusses, zu prüfen haben, ob der Beklagte in diesem Sinne nachvollziehbar vorträgt, welcher der genannten Personen "mit Rücksicht auf Nutzerverhalten, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht Gelegenheit hatten, die fraglichen Rechtsverletzungen ... zu begehen". Nach dem schriftsätzlichen Vorbringen (zuletzt im Schriftsatz vom 29.08.2016) kommen verschiedene Dritte für eine Nutzung des Anschlusses im streitgegenständlichen Zeitraum ohne Wissen des Beklagten in Betracht. Damit könnte er seiner Nachforschungspflicht genügt haben; einen Täter muss er nicht präsentieren. Gegebenenfalls hat der Beklagte die zugrundeliegenden Tatsachen zu beweisen (Zeugenbeweis wurde angeboten). Es wäre dann Sache des Klägers, den Beweis zu führen, dass keiner der genannten Dritten die Rechtsverletzung begangen hat und die Vermutungswirkung wieder auflebt (Geständnisfixion). Verspätet ist der Vortrag des Beklagten nicht, da auf Grund der Sachbehandlung in der ersten Instanz der Prozessstoff nicht vollumfänglich erörtert worden ist (§ 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO).



    Dr. [Name]
    Richterin am Landgericht (...)




~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


LG Leipzig, Urteil vom 16.12.2016, Az. 05 S 332/16,
Vorinstanz: AG Leipzig, Urteil vom 11.05.2016, Az. 113 C 6992/14,
.rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR,
Klage .rka Rechtsanwälte,
Berufung .rka Rechtsanwälte,
Rechtsanwalt Nikolai Klute,
sekundäre Darlegungslast

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AG Köln, Az. 137 C 170/16

#10936 Beitrag von Steffen » Freitag 30. Dezember 2016, 10:07

Wilde, Beuger, Solmecke Rechtsanwälte (Köln): Filesharing Sieg - Amtsgericht Köln hat Zweifel an IP Adressen Ermittlung (Einfachermittlung)


10:05 Uhr


Die Kanzlei WILDE BEUGER SOLMECKE hat in einem weiteren Filesharing Verfahren gewonnen. Das Amtsgericht Köln hat die Klage gegen unsere Mandantin abgewiesen. Das Gericht hat Zweifel daran gehabt, ob der richtige Anschlussinhaber ermittelt worden ist.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Bild

Rechtsanwalt Christian Solmecke, LL.M.



WILDE BEUGER SOLMECKE Rechtsanwälte GbR

Kaiser-Wilhelm-Ring 27-29 | 50672 Köln
Tel.: 0221 / 951 563 0 | Fax: 0221 / 400 675 52
E-Mail: info@wbs-law.de | Web: www.wbs-law.de




Bericht

Link:
https://www.wbs-law.de/abmahnung-filesh ... ung-70804/

Urteil als PDF:
https://www.wbs-law.de/wp-content/uploa ... 170-16.pdf



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Die G&G Media Foto-Film GmbH hatte unsere Mandantin wegen Filesharing eines Pornofilms abgemahnt. Sie warf ihr vor, dass sie als Anschlussinhaberin den Film illegal über ein Peer-to-Peer-Netzwerk verbreitet haben soll. Doch unsere Mandantin bestritt dies und weigerte sich zu zahlen. Die Rechteinhaberin verklagte sie daraufhin auf Zahlung von 600,00 EUR Schadensersatz für den angeblich entstandenen Lizenzschaden. Ferner sollte sie für die Abmahnkosten in Höhe von 215,00 EUR aufkommen.



Filesharing: Einmalige Ermittlung von Anschluss reicht normalerweise nicht

Das Amtsgericht Köln entschied jedoch mit Urteil vom 15.12.2016 (Az. 137 C 170/16), dass der Firma G&G Media Foto-Film GmbH diese Ansprüche nicht zustehen. Eine Haftung als Täterin scheidet aus. Denn es war bereits zweifelhaft, ob überhaupt der richtige Anschluss ermittelt worden war. Hierbei gab das Amtsgericht Köln zu bedenken, dass die Ermittlung eines einzigen Ermittlungszeitpunktes nicht ausreicht.



Fehlerquote über 50% bei Filesharing Ermittlung

Das kommt daher, weil es hier leicht zu einem Ermittlungsfehler kommen kann. Die Fehlerquote liegt hier teilweise bei über 50%. Dies hat die Staatsanwaltschaft Köln festgestellt. Anders sieht das nur dann aus, wenn eine Vielzahl von Urheberrechtsverletzungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten festgestellt worden ist. Eine Heranziehung der Abgemahnten als Störer kommt daher ebenfalls nicht in Betracht.



Fazit:

Viele Gerichte haben mittlerweile Zweifel an der Zuverlässigkeit von Filesharing Ermittlungen. Das gilt zumindest, wenn ein bestimmter Anschluss nur einmalig ermittelt worden ist. Dies ergibt sich etwa aus einem von unserer Kanzlei geführten Verfahren vor dem Amtsgericht Köln (AG Köln, Urteil vom 06.10.2016 (Az. 137 C 121/15)). Aber auch in diesen Verfahren musste die Abmahnindustrie eine Niederlage hinnehmen: AG Köln, Urteil vom 02.05.2016 (Az. 137 C 450/15), AG Köln, Urteil vom 22.04.2013 (Az. 125 C 602/09), AG Düsseldorf, Urteil vom 20.10.2015 (Az. 57 C 10122/14), AG Frankfurt, Urteil vom 09.05.2016 (Az. 31 C 2860/15 (96)). Diesen Trend in der Rechtsprechung zugunsten der Abgemahnten begrüßen wir. Denn aufgrund der Aussage der Staatsanwaltschaft Köln steht fest, dass Unschuldige schnell ins Visier von geschäftstüchtigen Rechtsanwälten geraten. Aus diesem Grund genießen Abmahnanwälte häufig einen schlechten Ruf. (HAB)






AG Köln, Urteil vom 15.12.2016, Az. 137 C 170/16


  • (...) Beglaubigte Abschrift

    137 C 170/16

    Verkündet am 15.12.2016
    [Name], Justizhauptsekretärin
    als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle



    Amtsgericht Köln


    IM NAMEN DES VOLKES


    Urteil




    In dem Rechtsstreit


    der [Name]
    Klägerin,


    gegen


    [Name]
    Beklagte,


    hat das Amtsgericht Köln auf die mündliche Verhandlung vom 17.11.2016 durch den Richter am Amtsgericht [Name]

    für Recht erkannt:

    1. Die Klage wird abgewiesen.
    2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.'
    3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor der Beklagte Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.



    Tatbestand:

    Mit der nach Durchführung des Mahnverfahrens am 10.06.2016 bei dem Amtsgericht Köln eingegangenen' Klage begehrt die Klägerin von der Beklagten Lizenzschadensersatz und Abmahnkosten für eine streitige Urheberverletzung durch Filesharing.

    Von einem Internetanschluss wurde am 17.10.2015 der Pornofilm "Enge Teenie Spalten #1" in einem Peer-to-Peer-Netzwerk im Wege des Filesharing anderen Nutzern dieses Netzwerkes zum kostenlosen Herunterladen angeboten.

    Mit Schreiben vom 01.12.2015 wandte sich die Klägerin an die Beklagte und mahnte diesen aufgrund dieser Urheberverletzung unter Zugrundelegung eines Gebührenstreitwertes von 1.600,00 EUR ab. Die hierdurch entstandenen Anwaltskosten in Höhe von 215,00 EUR verlangt diese nunmehr von der Beklagten ersetzt. Darüber hinaus macht sie einen Lizenzschaden von mindestens 600,00 EUR geltend.

    Die Klägerin trägt im Wesentlichen vor, alleinige Rechteinhaberin des streitgegenständlichen Werks zu sein. Der Film sei unter den zutreffend und zuverlässig ermittelten und dem Beklagten zuzuordnenden IP-Adressen im Wege des Filesharing durch diesen zum Herunterladen angeboten worden. Wegen der weiteren Einzelheiten ihres Vortrages wird auf die Schriftsätze Bezug genommen.



    Die Klägerin beantragt zuletzt,
    1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Schadensersatzbetrag in Höhe von 600,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
    2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 215,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.



    Die Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen.

    Sie bestreitet im Wesentlichen die Rechtsverletzung begangen zu haben. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrages wird auf die Schriftsätze Bezug genommen.


    Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und sonstigen Aktenbestandteilen Bezug genommen.



    Entscheidungsgründe:

    Die zulässige Klage ist unbegründet, denn jedenfalls gelingt der darlegungs- und beweisbelasteten Klägerin der Nachweis einer Urheberverletzung der Beklagten nicht, so dass ein Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von Schadensersatz nach Lizenzanalogie (§ 97 Abs. 2 S. 3 UrhG) nicht besteht. Das Gericht geht nicht davon aus, dass die Beklagte den streitgegenständlichen Film am 17.10.2015 in einem Peer-to-Peer-Netzwerk im Wege des Filesharing anderen Nutzern dieses Netzwerkes zum Herunterladen angeboten hat, so dass offen bleiben kann, ob die Klägerin tatsächlich Rechteinhaber ist, bzw. ob die Beklagte der sekundären Darlegungslast genüge getan hat. Im Einzelnen gilt Nachfolgendes:


    Der BGH führt zuletzt im Urteil vom 11.06.2015 (Az. I ZR 75/14 "Tauschbörse III") aus:
    • "Die Klägerinnen tragen nach den allgemeinen Grundsätzen als Anspruchsteller die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs erfüllt sind. Danach ist es grundsätzlich ihre Sache, darzulegen und nachzuweisen, dass der Beklagte für die von ihnen behauptete Urheberrechtsverletzung als Täter verantwortlich ist (BGH, Urteil vom 15. November 2012 - I ZR 74/12, GRUR 2013, 511 Rn. 32 = WRP 2013, 799 - "Morpheus"; Urteil vom 8. Januar 2014 - I ZR 169/12, BGHZ 200, 76 Rn. 14 - "BearShare"). Allerdings spricht eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen diesen Internetanschluss benutzen konnten. Eine die tatsächliche Vermutung ausschließende Nutzungsmöglichkeit Dritter ist anzunehmen, wenn der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde. In diesen Fällen trifft den Inhaber des Internetanschlusses jedoch eine sekundäre Darlegungslast. Diese führt zwar weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 Abs. 1 und 2 ZPO) hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast vielmehr dadurch, dass er dazu vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen verpflichtet. Entspricht der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast, ist es wieder Sache der Klägerinnen als Anspruchsteller, die _ für eine Haftung des ' Beklagten als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen (BGHZ 200, 76 Rn. 15 ff. - "BearShare", m.w.N.) (BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 -1 ZR 75/14 -, Rn. 37, juris).

      Der Inhaber eines Internetanschlusses, über den eine Rechtsverletzung begangen wird, genügt seiner sekundären Darlegungslast im Hinblick darauf, ob andere Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten, nicht dadurch, dass er lediglich pauschal die theoretische Möglichkeit des Zugriffs von in seinem Haushalt lebenden Dritten auf seinen Internetanschluss behauptet (Fortführung von BGH, Urteil vom 8. Januar 2014, I ZR 169/12, BGHZ 200, 76 - "BearShare") (BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 75/14 -, Leitsatz, juris)."
    Dies setzt indes voraus, dass feststeht, dass die Urheberverletzung vom Anschluss des Beklagten aus begangen wurde. Ermittelt wurde vorliegend jedoch nur ein einziger angeblicher Verletzungszeitpunkt. Hierbei können Fehler der Ermittlung oder Zuordnung, die eine Vielzahl von Ursachen haben können, anders als bei Ermittlung und Zuordnung einer Vielzahl von Rechtsverletzungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten, niemals völlig ausgeschlossen werden. Diese Unsicherheit geht zu Lasten der Klägerin.


    Das AG Köln hat in seinem Urteil vom 22. April 2013 (Az. 125 C 602/09 -, Rn. 25, juris) folgendes festgestellt:
    • "Liegt - wie hier - bloß ein einziges Ermittlungsergebnis vor, so kommt ein Ermittlungsfehler von vorn herein ernsthaft in Betracht: Hiermit befasste Stellen, beispielsweise die Staatsanwaltschaft Köln, wissen von einer hohen Quote nicht zuverlässig ermittelter bzw. zugeordneter IP-Adressen, die teilweise zweistellige Prozentsätze erreichen und in einzelnen Sektionen über 50 % ausmachten. Das Gericht kann nicht aus eigener Sachkunde entscheiden, wann und unter welchen Voraussetzungen solche hohen Fehlermittlungszahlen vorliegen können; es ist daher auf sachverständige Hilfe insoweit angewiesen. Das Gericht hält es insoweit - im Gegensatz zu dem Kläger - ersichtlich nicht für ausreichend, wenn der Sachverständige im Wege eines Kurzgutachtens die generelle Tauglichkeit der Vorgehensweise der Firma F. bejaht. Denn nach aller Lebenserfahrung führen auch generell taugliche Arbeits- und Vorgehensweisen im Einzelfall zu Fehlern, weil solche während der verschiedenen Arbeitsschritte unterlaufen können und erfahrungsgemäß hin und wieder tatsächlich auch unterlaufen."
    Diesen zutreffenden Ausführungen schließt sich das Gericht an.

    Die angebotene Vernehmung der Zeugen ist nicht geeignet, die Zuverlässigkeit der Ermittlungen der Rechtsverletzungen ,durch die Software "FileGuard" festzustellen, da sich dies nicht auf Grundlage der Wahrnehmung von Zeugen beurteilen lässt. Auch die Beauftragung eines Sachverständigen ist vorliegend nicht geboten, da es bereits an den erforderlichen Anknüpfungstatsachen fehlt. Eine nachträgliche Untersuchung der eingesetzten Software durch das Gericht mit ungewissem Ausgang, ist nicht zum Nachweis im maßgebenden Zeitpunkt geeignet. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass es nicht Aufgabe des Sachverständigen und mit den Beibringungsgrundsatz durch die Parteien unvereinbar ist, dass sich ein Sachverständiger durch ein "Nachstellen" oder eine Rekonstruktion durch (nochmaliges) Anbieten der streitgegenständlichen Filmwerks in einer Tauschbörse diese Anknüpfungstatsachen selbst beschaffen soll. Gleiches gilt für den vorgelegten Hashwert, der regelmäßig lediglich einer sogenannten Torrent-Datei zugeordnet ist und den Internetstandort eines Zieldownloads angibt. Bei der Ermittlung eines einzigen Verletzungszeitpunkts können Fehler aber auch bei einer grundsätzlich zuverlässigen Software nicht ohne weiteres mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden.

    Eine Haftung als Störer kommt ebenfalls nicht in Betracht. Da eine Rechtsverletzung über den Internetanschluss der Beklagten aufgrund der nicht feststehenden Zuverlässigkeit des Ermittlungsvorgangs nicht bewiesen ist, ist es bereits unerheblich, ob der Internetzugang der Beklagten im angeblichen Verletzungszeitpunkt ordnungsgemäß gesichert gewesen ist.

    Die Zinsforderung teilt das Schicksal der Hauptforderung.

    Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.


    Streitwert: bis 1.000,00 EUR



    Rechtsbehelfsbelehrung:

    A) Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden,zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
    1. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt
    oder
    2. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Anntsgeriäht zugelassen worden ist.

    Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem

    Landgericht Köln,
    Luxemburger Str. 101,
    50939 Köln,


    eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.

    Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Köln zu begründen.

    Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.

    Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.


    B) Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Amtsgericht Köln statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem

    Amtsgericht Köln,
    Luxemburger Str. 101,
    50939 Köln,


    schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden.

    Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. (...)



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


AG Köln, Urteil vom 15.12.2016, Az. 137 C 170/16,
WILDE BEUGER SOLMECKE Rechtsanwälte GbR,
Rechtsanwalt Christian Solmecke,
IP Ermittlung,
fehlerhafte IP Ermittlung,
Einfachermittlung,
Klage G&G Media Foto-Film GmbH,
Klage Sarwari Rechtsanwälte,
Enge Teenie Spalten #1

ffischer
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10937 Beitrag von ffischer » Freitag 30. Dezember 2016, 12:00

mal wieder was Intresanntes auf Golem.de
http://www.golem.de/news/filesharing-ka ... 25280.html
von den da genannten "Abmahnbeantworter" würde ich die Finger lassen, das könnte hetig in die Hosen gehen.

gruss frank

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#10938 Beitrag von Steffen » Freitag 30. Dezember 2016, 14:23

.rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR (Hamburg): Amtsgericht Bielefeld - Reine Benennung Dritter in Filesharingfällen langt zur Entlastung des Anschlussinhabers nicht aus


14:20 Uhr


Hamburg / Bielefeld, 30.12.2016 (eig.). Die Benennung Dritter als weitere Nutzungsberechtigte eines Internetanschlusses reicht nicht aus, um die sekundäre Darlegungslast zu erfüllen und die ernsthafte Möglichkeit eines alternativen Geschehensablaufs aufzuzeigen.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Bild

Rechtsanwalt Nikolai Klute
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz




.rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR

Johannes-Brahms-Platz 1 | 20355 Hamburg
Telefon +49 (040) 5 50 06 05 0 | Telefax +49 (040) 5 50 06 05 55
E-Mail kanzlei@rka-law.de | Web: www.rka-law.de




Bericht

Link:
http://rka-law.de/filesharing/ag-bielef ... nicht-aus/

Urteil als PDF:
http://rka-law.de/wp-content/uploads/20 ... 240-16.pdf



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Dies hat das Amtsgericht Bielefeld in einem jüngst ergangenen Urteil noch einmal betont. Mit Hinweis auf den BGH-Entscheid:"Everytime we touch" (Urteil vom 12.05.2016, I ZR 48/15) führt das Amtsgericht aus, dass es im Rahmen der sekundären Darlegungslast erforderlich ist, "dass der Anschlussinhaber nachvollziehbar vorträgt, welche Personen mit Rücksicht auf Nutzerverhalten, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht Gelegenheit hatte, die fragliche Verletzungshandlung ohne Wissen und Zutun des Anschlussinhabers zu begehen" (AG Bielefeld, Urteil vom 15.12.2016, Az. 42 C 240/16).

"Pauschale Hinweise auf abstrakte Nutzungsmöglichkeiten reichen für eine solche Entlastung nicht aus", so Rechtsanwalt Nikolai Klute aus der Kanzlei .rka Rechtsanwälte, "und in der Folge steht der Anschlussinhaber auch vor dem Amtsgericht Bielefeld vor der Wahl, entweder die eigene Haftung in Kauf zu nehmen oder aber konkrete Anhaltspunkte für die Täterschaft eines Dritten zu nennen, was zu seiner Entlastung führen kann, die Risiken der Inanspruchnahme dieses Dritten aber evident erhöht."

Vor dem Amtsgericht Bielefeld ist die dortige Beklagte zur Zahlung von Anwaltskosten und Schadensersatz verurteilt worden, nachdem auch Zweifel an der Richtigkeit der Datenermittlung aufgrund dokumentierter Mehrfacherfassungen nicht aufkamen.





AG Bielefeld, Urteil vom 15.12.2016, Az. 42 C 240/16



(...) Abschrift

42 C 240/16

Verkündet am 15.12.2016

[Name], als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle



Amtsgericht Bielefeld

IM NAMEN DES VOLLES

Urteil




In dem Rechtsstreit


[Name],
Klägerin,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte .rka Rechtsanwälte, Johannes-Brahms-Platz 1, 20355 Hamburg,



gegen


[Name],
Beklagte,

Prozessbevollmächtigte:
[Name],


hat das Amtsgericht Bielefeld durch den Richter am Amtsgericht [Name] auf die mündliche Verhandlung vorn 15.12.2016

für Recht erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1,500,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.4.2013 zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar



Tatbestand:

Die Klägerin macht gegenüber der Beklagten Schadensersatzansprüche wegen des Zurverfügungstellens des Computerspiels "[Name]" im Rahmen einer P2P-Tauschbörse geltend.

Die Beklagte wurde von der Klägerin mit anwaltlichem Schreiben vom 11.04.2013 wegen des behaupteten Anbietens des Computerspiels "[Name]" im Rahmen einer Internet-Tauschbörse abgemahnt. Die Beklagte gab eine strafbewährte Unterlassungserklärung ab.



Die Klägerin behauptet,
ihr stünden an dem Computerspiel "[Name]" sämtliche Vertriebs- und Nutzungsrechte zu. Das Computerspiel "[Name]" sei am 22.01.2013 um 19:57 Uhr und 20:10:08 Uhr von der IP-Adresse [IP] im Rahmen einer Internet-Tauschbörse zum Download angeboten worden. Der Internet-Anschluss sei zu den fraglichen Zeitpunkten der Beklagten zugewiesen. Die Beklagte hafte auf Grund der begangenen Urheberrechtsverletzung auf Erstattung der rechtsanwaltlichen Abmahnkosten nach einem Gegenstandswert von 20.000,00 EUR in Höhe von 859,80 EUR und auf Zahlung einer Lizenzgebühr in Höhe von 640,20 EUR. Die von der Beklagten benannten Personen [Name] und [Name] hätten keinen Zugriff auf den Internet-Anschluss gehabt. Zudem sei [Name] nicht ausreichend belehrt worden. Die Beklagte habe die ihr obliegende sekundäre Darlegungslast nicht erfüllt.



Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.500,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.04.2013 zu zahlen.



Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, sie habe die Rechtsverletzung nicht begangen. Die Klägerin sei nicht aktivlegitimiert. Auch seien die Ermittlungen fehlerhaft. Es sei kein Schaden entstanden. Zudem bestehe eine abweichende interne Vereinbarung bzgl. der Verteilung des Erlöses. Die Beklagte habe zum fraglichen Zeitpunkt mit ihrem Lebensgefährten [Name] und dem gemeinsamen am xx.xx.2009 geborenen Sohn seines Bruders zusammengelebt. Ihr Lebensgefährte und ihr Sohn hätten den Internetanschluss nutzen können. Sie - die Beklagte - sei am 22.01.2013 nicht zuhause gewesen. Zudem weise der Router eine Sicherheitslücke auf.



Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren für die Abmahnung vom 11.04.2013 in Höhe von 859,80 EUR und auf Zahlung einer Lizenzgebühr in Höhe von 640,20 EUR aus §§ 97, 97a Abs. 1 S. 2 UrhG.

Die Beklagte haftet für die begangene Urheberrechtsverletzung durch das Anbieten des Computerspiels "[Name]" im Rahmen einer Internettauschbörse am 22.01.2013. Die Klägerin hat unter Einsatz entsprechender Ermittlungs-Software festgestellt, dass das Computerspiel "[Name]" am 22.01.2013 zu zwei Zeitpunkten vom Internetanschluss des Beklagten im Rahmen einer Filesharing-Tauschbörse angeboten wurde. Die Beklagte hat insgesamt keine substantiierten Einwendungen gegen die ordnungsgemäße Feststellung und Ermittlung der IP-Adresse erhoben. Die Klägerin hat umfangreich und ausführlich die einzelnen Ermittlungsschritte und Feststellungsmaßnahmen dargelegt und durch entsprechende Schriftstücke belegt. Angesichts der Feststellung von zwei Erfassungszeitpunkten ist daher ein Ermittlungsfehler auszuschließen, so dass feststeht, dass das Computerspiel "[Name]" am 22.01.2013 um 19:57:57 Uhr und 20:10:08 Uhr vom Internetanschluss der Beklagten zum Download im Rahmen einer Internet-Tauschbörse zur Verfügung gestellt wurde.

Der Klägerin stehen auch die Nutzungs- und Verwertungsrechte an dem Computerspiel "[Name]" zu. Die Klägerin hat im Rahmen der Klagebegründung die Rechtekette, auf Grund derer sie die Nutzungs- und Auswertungsrechte erworben hat im Einzelnen dargelegt. Daran, dass der Klägerin die Nutzungsrechte an dem Computerspiel "[Name]" zustehen, bestehen daher keinerlei Zweifel mehr.

Die Beklagte haftet für die über ihren Internetanschluss begangene Rechtsverletzung, die darin zu sehen ist, dass das urheberrechtlich geschützte Computerspiel "[Name]" ohne Gestattung der Klägerin im Rahmen einer Internet-Tauschbörse zum Download angeboten wurde.

Nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 12.05.2010, ZR 121/08, "Sommer unseres Lebens") besteht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass dann, wenn ein geschütztes Werk der Öffentlichkeit von einer IP-Adresse aus zugänglich gemacht wird, die zum fraglichen Zeitpunkt einer bestimmten Person zugeteilt ist, diese Person für die Rechtsverletzung verantwortlich ist. Nach den im "BearShare"-Urteil aufgestellten Grundsätzen (BGH, Urteil vom 08.01.2014 - I ZR 169/12) ist eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers dann nicht begründet, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung auch andere. Personen diesen Anschluss benutzen konnten. Den Anschluss-Inhaber trifft eine sekundäre Darlegungslast, sofern über seinen Internetanschluss eine Rechtsverletzung begangen wurde. Der Inhaber eines Internet-Anschlusses, über den eine Rechtsverletzung begangen wird, genügt seiner sekundären Darlegungslast im Hinblick darauf, ob andere Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten, nicht dadurch, dass er lediglich pauschal die theoretische Möglichkeit des Zugriffs von in seinem Haushalt lebenden Dritten auf seinen Internetanschluss behauptet (BGH, Urteil vom 11.06.2015, I ZR 75/14).

Darüber hinaus ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen verpflichtet. Der Anschlussinhaber hat die Person, die selbständig Zugriff auf den Internet-Anschluss hatte, unter Angabe einer ladungsfähigen Anschrift namentlich zu benennen. Ferner sind nähere Angaben zum generellen Nutzungsverhalten der Personen, denen die Nutzung des Internet-Anschlusses gestattet wurde, zu machen.

Hierzu gehören Angaben, wie die Personen Zugang zum Internet-Anschluss erhalten, wie häufig diese Personen das Internet nutzen, wozu das Internet genutzt wird und wie das Nutzungsverhalten im Einzelfall kontrolliert wurde. Im Rahmen der sekundären Darlegungslast ist es erforderlich, dass der Anschlussinhaber nachvollziehbar vorträgt, welche Personen mit Rücksicht auf Nutzerverhalten, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht Gelegenheit hatten, die fragliche Verletzungshandlung ohne Wissen und Zutun des Anschlussinhabers zu begehen (BGH, Urteil vom 12.05.2016, I ZR 48/15).


Ausgehend von den vorstehenden Erwägungen ist die Beklagte der ihr obliegenden sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen, so dass von einer täterschaftlichen Begehung auszugehen ist. Der Beklagte bestreitet lediglich pauschal, selbst die Rechtsverletzung nicht begangen zu haben. Insoweit trägt sie vor, sie sei am 22.01.2013 nicht zu Hause gewesen. Zum fraglichen Zeitpunkt habe sie mit ihrem Lebensgefährten [Name] und ihrem Sohn [Name] zusammengelebt, die den Internetanschluss nutzen konnten. Ob die beiden Personen den Internetanschluss tatsächlich wann und in welchem Umfang genutzt haben, trägt die Beklagte nicht vor. Es fehlt auch jeglicher Vortrag der Beklagten dazu, ob und welche Ermittlungen die Beklagte im Hinblick auf die Feststellung des Verursachers für die Rechtsverletzung durchgeführt hat. Damit hat der Beklagte gerade keine ernsthafte Möglichkeit dafür vorgetragen, dass ein Dritter die Urheberrechtsverletzung begangen haben könnte. Die Beklagte hat daher die ihr obliegende sekundäre Darlegungslast nicht erfüllt und haftet dementsprechend auf Grund der begangenen Urheberrechtsverletzung.

Auf Grund der begangenen Rechtsverletzung steht der Klägerin gegenüber der Beklagten ein Anspruch auf Erstattung` der Rechtsanwaltsgebühren für die Abmahnung mit Schreiben vom 11.04.2013 in Höhe von 859,80 EUR nach einem Gegenstandswert von 20.000,00 EUR zu, Der Gegenstandswert für die Abmahnung ist zutreffend mit 20.000,00 EUR angesetzt worden. Der Gegenstandswert für das Unterlassungsbegehren ist mit 20.000,00 EUR zu bewerten. Ausgangspunkt für die Bemessung des Gegenstandswertes für die Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten der Klägerin ist das Interesse an einer wirkungsvollen Abwehr nachhaltiger und eklatanter Verstöße gegen ihre Schutzrechte und ihre daraus resultierende Vermögensposition. Unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, wie sie sich aus den Urteilen des BGH vom 11.06.2015 und 12.05.2016 (Az. I ZR 7/14, 1 ZR 19/14, I ZR 75/14, 1 ZR 272/14, I ZR 1/15, I ZR 43/15, I ZR 44/15, I ZR 48/15 und I ZR 86/15) ergibt, ist der Gegenstandswert für das Unterlassungsbegehren mit 20.000,0 EUR zu bemessen. Das Vorbringen der Beklagten, es bestehe eine abweichende interne Vereinbarung bezüglich der Erlösverteilung ist als eine ohne konkreten korrespondieren Tatsachenvortrag ins Blaue hinein aufgestellte Behauptung unbeachtlich.

Der Klägerin steht gegenüber der Beklagten auf Grund der begangenen Urheberrechtsverletzung des weiteren ein Anspruch auf Zahlung einer Lizenzgebühr in Höhe von 640,20 EUR zu. Bei der Verletzung von Immaterialrechtsgütern ermöglicht die Rechtsprechung dem Verletzten wegen der besonderen Schwierigkeiten neben dem Ersatz des konkreten Schadens weitere Wege der Schadensermittlung. Danach kann der Schaden auch in Höhe einer angemessenen Lizenzgebühr berechnet werden. Bei der Berechnung der angemessenen Lizenzgebühr ist rein objektiv darauf abzustellen, was bei vertraglicher Einräumung der Rechte ein vernünftiger Lizenzgeber fordert und ein vernünftiger Lizenzgeber gewährt hätte, wenn beide im Zeitpunkt der Entscheidung die angegebene Sachlage erkannt hätten. Unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, wie sie sich aus den Urteilen des BGH vom 11.06.2015 und 12.05.2016 (Az. I ZR 7/14, I ZR 19/14, 1 ZR 75/14, I ZR 272/14,1 ZR 1/15, I ZR 43/15, I ZR 44/15, I ZR 48/15 und I ZR 86115) ergibt, ist der Ansatz einer Lizenzgebühr in Höhe von 640,20 EUR für das Computerspiel "[Name]" angemessen.

Daneben hat die Klägerin gegen die Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen aus § 286 Abs. 1 BGB.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91. 708 Nr. 11 709 ZPO.


Der Gegenstandswert wird auf 1.500,00 EUR festgesetzt.



Rechtsbehelfsbelehrung:

A) Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,

1. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt
oder
2. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.

Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem

Landgericht Bielefeld,
Niederwall 71,
33602 Bielefeld,


eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.

Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Bielefeld zu begründen.

Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Bielefeld durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.

Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.


B) Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Amtsgericht Bielefeld statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat,, bei dem

Amtsgericht Bielefeld,
Gerichtstraße 6,
33602 Bielefeld,


schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. (...)




~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

AG Bielefeld, Urteil vom 15.12.2016, Az. 42 C 240/16,
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Klage .rka Rechtsanwälte,
Rechtsanwalt Nikolai Klute,
sekundäre Darlegungslast,
pauschales Benennen,
Mehrfachermittlung,
Nachforschungspflichten

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Steffen
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#10939 Beitrag von Steffen » Samstag 31. Dezember 2016, 11:05

Wütender IT'ler (mit keinen Plan) und eine Datenschutztrulla (mit wenig Plan) sprechen über Filesharing-Abmahnungen


09:18 Uhr


Da ich ins Neue mit guten Vorsätzen rutschen möchte, noch eine letzte bissige Zusammenfassung. Es gab dieses Jahr ein vom CCC (erdgeist, RAin Hubrig) neu entdecktes Thema. Nach 11 Jahren bewusstes Wegsehen - man hatte wichtigere Themen zu bedenken - entdeckte man 2016 für sich das - Tusch - das Geschäftsmodell Abmahnung, was einen als Zugabe auch noch sehr wütend machte.


Kampf dem Abmahnunwesen
Wider die automatisierte Rechtsdurchsetzung (Event CCC)

https://media.ccc.de/v/33c3-8388-kampf_ ... deo&t=1427

Interview: Kampf der Abmahnindustrie
https://netzpolitik.org/2016/interview- ... industrie/


Da wird man schon einmal als Interessant eingestuft oder gar als Zeitreise gewertet. Ich persönlich finde es einfach nur Murks. Man könnte sogar sagen: "Wütender IT'ler mit keinen Plan und eine Datenschutztrulla mit wenig Plan, sprechen über Filesharing-Abmahnungen."

Natürlich bin ich in manchen Beziehungen nachtragend. Zu den Hochzeiten des Geschäftsmodell Abmahnung hat man nämlich Seiten des CCC kein offenen Ohr gehabt. Man hätte andere wichtigere Dinge zu diskutieren als Filesharing-Abmahnungen. Und hierbei hätte man nicht einmal Stellung beziehen sollen, sondern nur mit den technischen Wissen helfen bzw. unterstützen. Es war dem CCC Schnurzpiepegal. Jetzt ausgepennt - oder man hat keine wichtigen Themen mehr - widmet man sich wütend dem Geschäftsmodell Filesharing-Abmahnung und beweist wenig bis keinen Sachverstand. Denn hier geht es nicht um "Offene Netze", sondern um Filesharing-Abmahnungen nach einem UrhR-Verstoß.



RAin Hubrig und erdgeist im neusten CCC Event

Das Video kann sich jeder ansehen oder als Tonspur anhören (https://media.ccc.de/v/33c3-8388-kampf_ ... deo&t=1427).





10 juristische Punkte der RAin Hubrig für ein stutziges Contra (ich wähle nicht alle)


1. Auskunftsanspruch
  • (...) Auskunftsanspruch dürfte es nicht geben, da ein gewerbliches Ausmaß zugrunde gelegt wird. Aber es gibt keine konkrete Zahl der Verstöße! Es gibt aber keine Zahl oder konkrete Schätzung. Reine Vermutung. Gewerbsmäßiger Handelnder (...)
Wenn man es aber genau nimmt, geht es um ein "Handeln im gewerblichen Ausmaß". Der Auskunftsanspruch gemäß § 101 Abs. 9 UrhG setzt eine offensichtliche Rechtsverletzung im gewerblichen Ausmaß voraus. Ohne dieses erlangt niemand eine Gestattungsanordnung zur Herausgabe von Verkehrsdaten.


BGH, Beschluss vom 19.04.2012 - I ZB 80/11 - "Alles kann besser werden"

Im gewerblichen Ausmaß liegt vor:

- wenn die Rechtsverletzungen vorgenommen wurde, zwecks Erlangung eines unmittelbaren oder mittelbaren wirtschaftlichen oder kommerziellen Vorteils (keinen Unterschied macht es, ob das Werk gegen Entgelt oder kostenfrei angeboten wird, das heißt, eine Gewinnerzielungsabsicht oder eine gewisse Regelmäßigkeit oder Dauer sind danach für ein gewerbliches Ausmaß der Rechtsverletzung nicht erforderlich. Dasselbe gilt für die Erzielung dauerhafter Einnahmen),

- wenn eine Rechtsverletzung von erheblicher Qualität (wann und wie das betroffene Werk im Zeitpunkt der Rechtsverletzung am Markt platziert ist bzw. ob es sich in der aktuellen Veröffentlichungsphase 6 Monate befindet) vorliegt,

- dabei ist nicht nur die Anzahl der Rechtsverletzungen entscheidend, sondern auch die Schwere (Art und der wirtschaftliche Wert des Werkes) der Rechtsverletzungen.


Offensichtliche Rechtsverletzung
"Offensichtlich" im Sinne von § 101 Abs. 2, 7 UrhG ist eine Rechtsverletzung dann, wenn eine ungerechtfertigte Belastung des Dritten ausgeschlossen erscheint, wobei Zweifel in tatsächlicher, aber auch in rechtlicher Hinsicht die Offensichtlichkeit der Rechtsverletzung ausschließen würden. Die Notwendigkeit, einer Beweisaufnahme, um die Rechtsverletzung feststellen zu können, schließt das Vorliegen einer offensichtlichen Rechtsverletzung i.d.R. aus, es sei denn, das angebotene Beweismittel ist ausnahmsweise geeignet, den Beweis für die Rechtsverletzung mit der erforderlichen Eindeutigkeit zu erbringen (Dreyer / Kotthof / Meckel: Urheberrecht).


Und da diese Gestattungsanordnungen mit einem einstweiligen Verfügungsverfahren zu vergleichen sind, zählen hier Glaubhaftmachung und Anscheinsbeweis - ergo niedere Beweiskraft. Es ist auch nicht Aufgabe des Gestattungsgericht die Rechtmäßigkeit der Abmahnung zu prüfen!




2. Lizenzanalogie
  • (...) Rechtsstreit im Zivilrecht: Ist ein Schaden entstanden und wie hoch ist dieser. Wenn ich zu Hause einen Film illegal konsumiere, bin ich nicht in einem Geschäft gegangen oder andere legale Wege Möglichkeiten genutzt, also habe keine 30,- € ausgegeben, keine 50,- €, oder in den Dreh. Wäre dann ein Schaden in einer zweistelligen Summe, wenn man es so sauber anwenden würde. Es würde sich nicht lohnen deshalb gibt es die sogenannte Lizenzanalogie. Es wird gesagt, du hättest eine Lizenz kaufen müsste, um es weltweit anbieten zu können Gibt es nicht, wäre Quatsch. Trotzdem wird dieses behauptet, damit der Streitwert sich in mehreren Hundert Euro-Bereichen befindet, damit es auch Spaß macht. (...)
Schadensersatz-Arten im Urheberrecht:
  • 1. materieller (§ 97 Abs.1 UrhG)
    2. immaterieller (§ 97 Abs.2 UrhG)


Berechnungsmethoden (§ 97 Abs. 2 UrhG) - vom Geschädigten frei wählbar!
  • 1. Herausgabe des Verletzergewinns
    2. Eigener entgangener Gewinn
    3. Entschädigungslizenz, Lizenzanalogie
Lizenzanalogie:
Wenn ein Urheber Nutzungs- und Verwertungsrechte vergibt bekommt er dafür im Regelfall Geld. Nutzt ein anderer das Werk ohne dafür bezahlt zu haben, entgeht dem Urheber oder dem Rechteinhaber ein Geschäft. Für die Schadensberechnung wird ein fiktiver Lizenzvertrag angenommen, daher erfolgt die Schadensberechnung im Wege der Lizenzanalogie. Es kommt nicht darauf an, ob der Verletzer einen solchen Vertrag geschlossen hätte.



Prof. Dr. Karl-Nikolaus Peifer

(Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht mit Urheberrecht, Gewerblichen Rechtsschutz, Neue Medien und Wirtschaftsrecht - Uni Köln)

(...) Im Urheberrecht gilt ein anderer Schadensbegriff als im Bürgerlichen Gesetzbuch. Der Schaden bemisst sich an der Gebühr, die der Rechteinhaber hätte verlangen können, wenn er gefragt worden wäre. Rein technisch gesehen ist dass eine Lizenzanalogie. Der Jurist stellt einen fiktiven Schaden fest und gründet auf diesem den Anspruch auf Schadenersatz. (...)
Quelle: brand eins Online: Interview mit Prof. Pfeifer



BGH, Urteil vom 11.06.2015 - I ZR 7/14 - "Tauschbörse II"

(...) Soweit die Revision geltend macht, die Klägerinnen hätten ausreichende Anknüpfungstatsachen für die Ermittlung eines konkreten ihnen entstandenen Schadens darlegen müssen, verkennt sie, dass die Klägerinnen gerade nicht den Ersatz eines ihnen konkret entstandenen Schadens geltend machen, sondern die Berechnungsart der Lizenzanalogie gewählt haben. Das Berufungsgericht ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerinnen den gemäß § 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG a.F. zu ersetzenden Schaden nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie berechnen können (...)
(...) Zu Unrecht rügt die Revision, diese Berechnungsart sei nicht anzuwenden, weil die Klägerinnen erklärtermaßen nicht bereit seien, eine Lizenz zur Zugänglichmachung von Musiktiteln im Rahmen eines Filesharing-Modells zu erteilen. Ihrer normativen Zielsetzung entsprechend setzt die – fiktive – Lizenz nicht voraus, dass es bei korrektem Verhalten des Verletzten tatsächlich zum Abschluss eines Lizenzvertrages gekommen wäre (...)



BGH, Urteil vom 11.06.2015 - I ZR 19/14 - "Tauschbörse I"

(...) Für die Bestimmung der angemessenen Lizenzgebühr ist objektiv darauf abzustellen, was bei vertraglicher Einräumung ein vernünftiger Lizenzgeber gefordert und ein vernünftiger Lizenznehmer gewährt hätte, wenn beide die im Zeitpunkt der Entscheidung gegebene Sachlage gekannt hätten (...)




3. Streitwert
  • (...) Streitwert, der vom Gericht für die Unterlassungserklärung angenommen wird. Das ist mittlerweile komplette Willkür. Wir haben Richter, die sagen 1.000,00 €, als das was im Gesetz drin steht, ist nicht nur außergerichtlich sondern auch vor Gericht gültig. Dann haben wir Richter die sagen 5.000,00 €. Da sind wir dann beim Landgericht. Bei 5.000 plus. Und wir haben Richter, die sagen auch 15.00,00 €. Es gibt kein Begründung, warum der eine 1.000, ein anderer 5.000, wieder ein anderer 15.000 annimmt, sondern es wie Glücksrad. (...)

Gegenstandswert:
ist der Wert, der zur Berechnung und Ermittlung der anwaltlichen Gebühren dient unter Berücksichtigung, welcher Schaden
a) ist durch das Handeln des offensichtlichen Rechtsverletzers entstanden
b) bei einer andauernden Wiederholung der Rechtsverletzung in Zukunft entstehen könnte.

Der Gegenstandswert ist die Grundlage für die Berechnung der Gebühren des Abmahnanwaltes

Dieser kann vom Geschädigten frei gewählt werden.


Streitwert:
im Rechtsstreit macht eine Partei gegen die andere Ansprüche geltend. Der Geldwert dieser Ansprüche bildet den Streitwert. Bei Geldforderungen ist i.d.R. der geltend gemachte Betrag der Streitwert.

Der Streitwert ist die Grundlage für die Berechnung der Gebühren des Gerichts und der Rechtsanwälte.

Dann legt der § 3 f. ZPO fest, dass der Streitwert des Rechtsstreites vom Gericht im Einzelfall - nach freiem Ermessen (des Tatrichters) - festgelegt wird.


Und nein, der § 97a Abs. 3 Satz 2
  • (...) Für die Inanspruchnahme anwaltlicher Dienstleistungen beschränkt sich der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen hinsichtlich der gesetzlichen Gebühren auf Gebühren nach einem Gegenstandswert für den Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch von 1.000,00 Euro, (...)
gilt nicht außergerichtlich, wie gerichtlich!

Die Vorschrift des § 97a Abs. 3 Satz 2 UrhG gilt nur für die Abmahnung, also nur für den Versuch der außergerichtlichen Streitbeilegung. Die Vorschrift deckelt den Gegenstandswert nur für die außergerichtliche Streitbeilegung, nicht für nachfolgende Gerichtsverfahren. Das scheint in der juristischen Literatur unstreitig zu sein (die Deckelung gilt zudem nur für den Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten durch den Abgemahnten, während der Gegenstandswert im Verhältnis Kanzlei - Auftraggeber höher sein kann.). Dass der Gegenstandswert doch höher sein kann, wird durch § 97a Abs. 3 Satz 4 UrhG klargestellt (Öffnungsklausel: unbillig). Dass sich die Kanzlei bereits in der Abmahnung einen entsprechenden Vortrag vor Gericht vorbehält, ist daher nicht zu beanstanden. Der Wert im Verhältnis Kanzlei - Auftraggeber kann sich höher darstellen, und dann muss die Kanzlei aufgrund ihrer Pflichten gegenüber dem Auftraggeber sogar dafür sorgen, dass dieser höhere Abmahnaufwendungen als nach § 97a Abs. 3 Satz 2 UrhG erstattet bekommt, damit er nicht auf einem Teil der Kosten sitzen bleibt.



4. Störerhaftung
  • (...) Wenn ich nicht Täter war, also nachweisen kann, oder bzw. muss ich es gar nicht nachweisen, es nicht darlegen kann, dass ich nicht Täter war, dann habe ich immer noch das Problem, dass man mir sagt, ich habe eine sogenannte Gefahrenquelle eröffnet. Aus meiner Sicht totaler Humbug. Es ist nicht per se eine Gefahrenquelle (...)
Hier verkennt - völlig - Frau RAin Hubrig die Bedeutung der Störerhaftung, die nicht für Filesharing erfunden wurde, sondern im Straf- und Zivilrecht schon immer gibt.


BGH:
(...) Wer - ohne Täter oder Teilnehmer zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat-kausal zur Verletzung eines geschützten Rechtsguts beiträgt, kann als Störer für eine Schutzrechtsverletzung auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. (...)

Wenn man sich an deine Definition heranwagen möchte, dann muss man sagen: Störerhaftung ist die Unterbindung einer Urheberrechtsverletzung von einem bestimmten Internetzugang aus sowie die Erlangung von Schadenersatz. Liegt ein Fall der Störerhaftung vor, muss der eigentliche Täter nicht ermittelt werden. Das heißt nicht andere, unabhängig von der Haftung für Täterschaft und Teilnahme kann auch derjenige als Störer zur Unterlassung und Beseitigung verpflichtet sein, der - ohne eigenes Verschulden - [adäquat kausal] an der Herbeiführung oder Aufrechterhaltung einer Urheberrechtsverletzung mitgewirkt hat, z.B. indem er die Verletzung durch Dritte ermöglicht hat.

Und das ist das Komplizierte, was die meisten Betroffenen nicht verstehen. Es geht eben nicht um die Frage nach Unschuld oder Schuld, derjenige hat die Störerhaftung nicht begriffen. Es geht einzig allein um, kann der Verantwortliche - der abgemahnten Anschlussinhaber - seine mögliche Störer- und/oder/bzw. Täterhaftung entkräften. In keinem anderen Bereich konträr diskutiert. Filesharing-Abgemahnte wollen wieder - wie immer - einen Sonderstatus.



Beispiele:

Streupflicht des Hauseigentümers bei Glatteis

Jeder Kritiker der Störerhaftung würde ohne Überlegen den verantwortlichen Hauseigentümer oder Mieter zu einer Haftung heranziehen, wenn er auf spiegelglattem Fußweg stützt und sich verletzt. Da dieser seiner Streupflicht nicht nachkam.


Spinnen im Tiefgarage

Frau erschrickt sich vor Spinne in Tiefgarage, stürzt und bricht sich das Handgelenk. Hausmeister wird auf SE verklagt. Gericht sagt nein, Spinnen gehörten zum „allgemeinen Lebensrisiko“.

Ganz ehrlich und summa summarum, man sollte wissen über was man spricht. Aber für den CCC reicht es wohl.



VG Steffen




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ichzahldochnix
Beiträge: 2
Registriert: Samstag 31. Dezember 2016, 17:33

Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10940 Beitrag von ichzahldochnix » Samstag 31. Dezember 2016, 17:45

Ein Jahreswechsel ist auch immer die Zeit zur Besinnung und für Grüße an Brieffreunde.
Daher werde ich heute gegen 24 Uhr auch die Herren Rechtsanwälte Negele und Co. sowie die emsigen und phantasievollen Herren von Debcon.

Schade eigentlich, dass ich nach nunmehr fast vier Jahren einer überwiegend einseitigen Brieffreundschaft künftig kaum noch Post von ihnen bekommen werde.

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