Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

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Steffen
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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5521 Beitrag von Steffen » Freitag 21. Oktober 2016, 23:52

Hallo @Planetx,

ich würde empfehlen, hier einmal einen Anwalt zu konsultieren, denn es nützt nichts aus dem Bauchgefühl heraus zu handeln.

Die Abmahnung bei einem Rechteverstoß geht immer an den vertraglichen Anschlussinhaber sowie erfolgt die Briefzustellung an die Adresse, die beim Vertragspartner (Provider) gelistet ist. Eventuelle Änderungen müssen durch den Anschlussinhaber beim Provider angezeigt werden.

Ich persönlich weiß nicht, was in dieser Spezial-Konstellation das Gescheiteste wäre. Es gab aber einige Gerichtsentscheidungen, wo letztendlich der Anschlussinhaber trotzdem in die Haftung musste.

Natürlich kann ich dir jetzt dies oder das sagen, man muss sehen wie der Abmahner bei einem eventuellen Vortrag zur Anschluss-Situation reagiert. Hält er an der Verantwortung des vertraglichen Anschlussinhabers fest, oder wendet er sich mit dem entsprechenden Vortrag und Belegen (Mietvertrag usw.) an den wahren Nutzer und Du bist raus. Ich weiß es nicht. Hierbei lieber einen Anwalt befragen.

VG Steffen

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Steffen
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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5522 Beitrag von Steffen » Samstag 22. Oktober 2016, 04:36

Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Bundesgerichtshof veröffentlicht Urteilsgründe der Entscheidungen vom 12.05.2016


04:35 Uhr


Der Bundesgerichtshof hat nunmehr die Gründe der am 12.05.2016 verhandelten Verfahren veröffentlicht, darunter die Begründung der Leitsatzentscheidung "Tannöd" (Az. I ZR 1/15), einem von der Kanzlei WALDORF FROMMER geführten Verfahren.


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

Beethovenstraße 12 | 80336 München
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Bericht

Link:
http://news.waldorf-frommer.de/bundesge ... 2-05-2016/



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Urteile als PDF-Download:

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In dieser Entscheidung hat der Senat mehrere viel diskutierte rechtliche Fragestellungen zugunsten der Rechteinhaber beantwortet.

Bei Rechtsverletzungen im Internet, so der Bundesgerichtshof, bemisst sich der Streitwert für den Unterlassungsanspruch nach den Umständen des Einzelfalls und wird maßgeblich durch die Art des Verstoßes, insbesondere seiner Gefährlichkeit und Schädlichkeit für den Rechtsinhaber bestimmt. Anhaltspunkte hierfür sind der wirtschaftliche Wert des verletzten Rechts sowie die Intensität und der Umfang der Rechtsverletzung.

Bei Rechtsverletzungen in Tauschbörsen ist regelmäßig ein schwerwiegender Eingriff in die urheberrechtlich geschützten Verwertungsrechte anzunehmen, da die Nutzung von Tauschbörsen die kommerzielle Auswertung des Werks insgesamt in Frage stellt, so der erste Zivilsenat

Pauschale Berechnungsweisen, wie z.B. die Verdoppelung des Lizenzschadens, würden diesen Umständen nicht ausreichend Rechnung tragen. Der Senat stellt weiter fest, dass bei einem durchschnittlichen Werk ein Gegenstandswert von "nicht unter 10.000,00" Euro anzunehmen sei. Endgültig klargestellt wurde auch, dass die Veröffentlichung eines Werkes in einer Tauschbörse keine unerhebliche Rechtsverletzung im Sinne des § 97a Abs. 2 a.F. UrhG darstellt, womit die noch von einigen wenigen Gerichten vertretene Auffassung nunmehr ebenfalls keinen Bestand haben dürfte.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs reiht sich damit in die Linie der Entscheidungen Tauschbörse I-III ein.


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BGH, Urteil vom 12.05.2016, I ZR 1/15
BGH, Urteil vom 12.05.2016, I ZR 272/14

Planetx
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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5523 Beitrag von Planetx » Samstag 22. Oktober 2016, 08:32

Hallo Steffen,
danke für die Antwort. Zur hinterlegten Adresse beim Provider: habe mich gestern auf diesem Vertrag eingeloggt, eingeben kann ich die Anschlussadresse und eine abweichene Rechnungsadresse die nicht angelegt ist, da ich die Rechnungen sowieso online erhalte. Ich habe beim Provider auch einen weiteren Vertrag für meine Adresse.

Grüße Chris

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Steffen
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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5524 Beitrag von Steffen » Samstag 22. Oktober 2016, 09:26

Hallo @Planetx,

sicherlich machen sich die Wenigsten Gedanken, wenn es um Änderungen beim Anschlussinhaber geht (Adressänderung, Inhaberwechsel usw.). Für den Provider und dem Abmahner ist es erst einmal egal - wer die Rechnung bezahlt - sondern wichtig, wer ist (juristische Person) Vertragspartner des Providers. Dieser ist nur beauskunftbar, abmahnbar und möglich haftbar.

Noch einmal, natürlich kann alles gut gehen, wenn Du dem Abmahner die Situation mit den entsprechenden Belegen erklärst, oder Du sitzt mit im Boot (zumindest für die mod. UE). Darauf kann ich dir keine Antwort geben. Der sicherste Weg hierzu wäre einfach einen Anwalt zu konsultieren.

Letztendlich sollte man auch schleunigst die Anschlussinhaberschaft abklären.

VG Steffen

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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5525 Beitrag von Planetx » Samstag 22. Oktober 2016, 10:32

Hallo Steffen,
der Anschlussinhaber bin ganz klar ich, nur nutze ich diesen nicht. Dass ist letztendlich eine ähnliche Situation wie bei der Vermietung einer Ferienwohnung die bei mir durch Scheidung eingetreten ist.

Ich verstehe, dass du keine klare Antwort geben kannst, trotzdem helfen mir Antworten um mir eine Meinung bilden zu können. Letztendlich stehen zunächst 915 Euro aus, mein Bestreben wären zunächst 0 Euro und nun gilt es für mich herrauszufinden mit welchem Wagnis und Risiko ich wo lande, die Gegegenseite macht das nicht anders sitzt allerdings am längeren Hebel.

Eigentlich gibt es nur drei Zahlen: 915 Euro, Schadensersatz + Aufwendungsatz, 215 Euro, kein Schadensersatz, nur Aufwendungssatz, 0 Euro, die Forderung ist unbegründet.

Nun gilt es einzuschätzen wie ich bei den zwei Szenarien zum Ziel komme. Die 0 Euro Variante setzt vorraus, dass meine vorgetragende Situation für die Gegenseite ein zu hohes Risiko für eine Klage bietet. Kommt die Klage benötige ich einen Anwalt und die Wahrscheinlichkeit, dass es wirklich bei 0 bleibt ist gering, die Wahrscheinlichkeit 215 Euro Aufwendungssatz + Betrag X Anwalt + Gerichtskosten? hoch.

Bei der 215 Euro Variante schildere ich ebenfalls meine Situation und biete an den Aufwendungsatz zu bezahlen. Die Gegenseite wird bewerten ob durch eine Klage mehr Gewinn generiert werden kann, Risiko bei den aktuellen BGH Urteilen sicher nicht gering. Nehme ich nun zur Absicherung einen Anwalt sind es 215 Euro + Betrag X, wenn auch Betrag X kleiner ausfallen wird wie der Beistand bei der Klage der 0 Euro Lösung.

In wie weit ich mit meiner obigen Einschätzung richtig liege weiß ich nicht und daher probiere ich mich zu informieren, dass ich dies letztendlich selbst beurteilen muss und das Risiko tragen ist mir klar. Aber um zum Anwalt zu gehen braucht es dieses Forum nicht unbedingt.

Grüße Chris

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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5526 Beitrag von Steffen » Samstag 22. Oktober 2016, 11:15

Hallo Chris,

natürlich braucht es kein Forum, um zu einem Anwalt zu gehen, aber genau so wenig darf ein Forum auf eine konkret Frage zu einem konkreten Fall keine konkrete Antwort gegeben.

Es geht doch nicht darum, ob Du den Anschluss nutzt oder nicht, sondern dass Du der vertragliche Anschlussinhaber bist. Wie diese letztendlich zu werten ist - weiß ich nicht.

Der Abmahner möchte aber eine UE (Ausräumung der Wiederholungsgefahr) und Kohle. Spätestens, wenn die Nutzer eventuell alles abstreiten, wendet man sich wieder an den angeschriebenen und abgemahnten AI. Oder akzeptiert man, dass Du zwar der AI bist, aber seit geraumer Zeit nicht da wohnst und diesen nicht selbst nutzt. Oder interessiert es überhaupt nicht und man verlangt die UE + Kohle nur von dir. Dann, wie sieht es letztendlich der Richter usw. usf.

In deiner Spezial-Konstellation kann ich dir - nichts - verbindliches sagen.



Zum besseren Verständnis.

- ich sage dir - Du willst ein klärende Ergebnis - ruf' einfach beim Abmahner an und erkläre die Situa-tion - schon auf Hinsicht des Fristverstreichens
a) gibt man sich damit zufrieden, dann wendet man sich an den Nutzer des Internetzuganges - Du bist zufrieden
b) sagt man, egal Du musst zumindest eine UE abgeben und schriftlich alles darlegen - dann bist Du mit meinem Rat unzufrieden
c) sagt man Dir, egal Du hast dien Prüf- und Aufsichtpflichten verletzt, deshalb UE + Kohle - dann kommst Du ins Forum und lässt Luft ab

- ich sage dir - mach nicht und du erhältst eine EV - dann ist aber der Mops munter und Du kommst ins Forum und lässt Luft ab

- es kommen erst in ein paar Jahren Folgeschreiben und ein MB - dann kannst Du selbst widerspre-chen oder einen Anwalt beauftragen.

Der sicherste Weg in deiner Konstellation wäre ein Anwalt. Punkt.


VG Steffen

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Steffen
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LG Berlin, Az. 15 S 50/15

#5527 Beitrag von Steffen » Sonntag 23. Oktober 2016, 20:43

WALDORF FROMMER: Landgericht Berlin verurteilt Anschlussinhaber, da er keinen anderen greifbaren Täter liefert - Bloße Befragung und stichprobenartige Kontrolle reichen nicht aus, um die sekundäre Darlegungslast zu erfüllen


20:40 Uhr



Gegenstand des Berufungsverfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen. Im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens vor dem Amtsgericht Charlottenburg (Urteil vom 10.09.2015, Az. 210 C 162/15) hatte der Beklagte seine eigene Täterschaft bestritten und darauf verwiesen, dass neben seiner Ehefrau auch seine minderjährigen Kinder Zugriff auf seinen Internetanschluss hätten nehmen können. Auf Nachfrage habe jedoch niemand die Rechtsverletzung eingeräumt. Eine stichprobenartige Kontrolle der internetfähigen Geräte habe keine weiteren Hinweise auf den Täter geliefert.


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

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E-Mail: web@waldorf-frommer.de | Web: www.waldorf-frommer.de




Bericht

Link:
http://news.waldorf-frommer.de/waldorf- ... undaere-d/

Urteil als PDF:
http://news.waldorf-frommer.de/wp-conte ... _50_15.pdf




Autorin:
Rechtsanwältin Claudia Lucka



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Dem Amtsgericht hatte dieser Vortrag gereicht, um den Anschlussinhaber aus der Haftung zu entlassen und die Klage abzuweisen. Gegen die Klageabweisung legte der geschädigte Rechteinhaber Berufung beim Landgericht Berlin ein - mit Erfolg.

Die zuständige Berufungskammer hat die erstinstanzliche Entscheidung aufgehoben und den Beklagten zur Zahlung von Schadenersatz, zur Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten sowie zur Übernahme sämtlicher Kosten beider Rechtszüge verurteilt.

Unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die aktuelle Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (insbesondere "Tauschbörse III", I ZR 75/14 vom 11.06.2015) bestätigt das Landgericht die Auffassung der Klägerin, dass ein pauschaler Verweis auf Dritte ohne weitergehende Nachforschungen nicht ausreicht, um die sekundäre Darlegungslast zu erfüllen.

Insofern führt das Landgericht in seiner Urteilsbegründung aus, dass es nicht genügt, bloß anzugeben
  • "wer im Haushalt lebt und / oder ebenfalls den Internetzugang nutzen konnte. Erforderlichenfalls sind eigene Ermittlungen des Anschlussinhabers vorzunehmen, welcher Rechner zur Tatzeit online war und/oder ein Tauschbörsenprogramm installiert hatte [...].
    Die Befragung der Zugangsberechtigten ohne Verifikation deren Angaben ist nicht ausreichend. Der Anschlussinhaber muss vielmehr Tatsachen vortragen, die eine bestimmte andere Person ernstlich als Täter in Betracht kommen lassen (vgl. BGH - Tauschbörse "Ill" - a.a.O., Rn. 42 nach juris). Wer sich nicht erkundigt, bestreitet unzulässig ins Blaue hinein.
    [...]
    Es ist also die Entscheidung der beklagten Partei, ob sie zumutbare Nachforschungen in ihrem Haushalt anstellt und das Ergebnis in den Prozess einführt oder sie die prozessualen Konsequenzen trägt, indem sie untätig bleibt bzw. zum Schutz der Familie schweigt [...].
    Sagt er indes nichts oder nichts Hinreichendes, was der Klägerin einen spiegelbildlichen Beweisantritt ermöglichte, bleibt es bei der Vermutungswirkung zulasten des Anschlussinhabers als Täter."
Im vorliegenden Fall genügte das Vorbringen des Beklagten diesen Anforderungen nicht. Er konnte, so das Landgericht, "keinen greifbaren anderen Täter" liefern. Stattdessen bot der Beklagte "lediglich eine Vielzahl nach Möglichkeit und Gelegenheit theoretisch durchaus Tatverdächtiger an, ohne aber eine konkrete Person fundiert "ans Messer" liefern zu können."

Das Berufungsgericht stellte ferner klar, dass die Höhe der klägerischen Ansprüche angemessen sei.

Der Schadenersatz in Höhe von 600,00 EUR sei "nach der sog. Lizenzanalogie nach § 97 Abs. 2 S. 2 UrhG begründet, denn die eigenen Verwertungsmöglichkeiten und Absatzwege der Klägerin wurden nicht nur spürbar beeinträchtigt, sondern das Nachfrageinteresse auf den kostenlosen Download via Filesharing umgeleitet und dort gesättigt. Für diesen Fall der Marktverstopfung erscheint es gerechtfertigt gemäß § 287 ZPO ebenfalls auf die Schadensberechnung der Lizenzanalogie zurückzugreifen. Für einen Spielfilm ist der geltend gemachte Lizenzschaden von 600,00 EUR nach ständiger Rechtsprechung der Berliner Urheberrechtskammer angemessen [...]"

Auch den angesetzten Gegenstandswert in Höhe von 10.000,00 EUR hat das Landgericht bestätigt und darauf verwiesen, dass das Kammergericht grundsätzlich "bei Filmwerken einen Wert von nicht unter 20.000,00 EUR ansetzt [...]."





LG Berlin, Urteil vom 20.09.2016, Az. 15 S 50/15

  • (...) Beglaubigte Abschrift


    Landgericht Berlin

    Im Namen des Volkes



    Geschäftsnummer: 15 S 50/15
    210 C 162/15 Amtsgericht Charlottenburg

    verkündet am : 20.09.2016
    [Name],
    Justizbeschäftigte


    In dem Rechtsstreit


    [Name],
    Klägerin und Berufungsklägerin,

    -Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldorf Frommer, Beethovenstraße 12, 80336 München,



    gegen


    [Name],
    Beklagten und Berufungsbeklagten,

    - Prozessbevollmächtigte:
    [Name],


    hat die Zivilkammer 15 des Landgerichts Berlin in Berlin - Mitte, Littenstraße 12-17, 10179 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom 20.09.2016 durch den Richter am Landgericht [Name] als Vorsitzendem und die Richter am Landgericht [Name] und [Name]

    für Recht erkannt:

    1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg vom 10. September 2015 - 210 C 162/15 - geändert:

    Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.106,- EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 10. Mai 2015 zu zahlen.

    2. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.

    3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    4. Die Revision wird nicht zugelassen.



    Gründe


    A.

    Auf die tatbestandlichen Feststellungen der angefochtenen Entscheidung wird Bezug genommen. Im übrigen wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a ZPO von der Darstellung des Tatbestandes abgesehen.


    B.

    Die statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet, §§ 516 ff. ZPO; sie ist auch ansonsten zulässig. Das angefochtene Urteil erweist sich als sachlich unrichtig.

    Denn der Klägerin stehen ein Schadensersatzanspruch auf den Lizenzschaden nach §§ 97, 19a UrhG sowie die geltend gemachten Abmahnkosten nach § 97a UrhG zu.

    Die Kammer hat dazu in ihrem Hinweisbeschluss vom 09.09.2016 ausgeführt:

    Die Aktivlegitimation der Klägerin - zumindest als Lizenznehmerin des Filmherstellers (= Inhaber eines Leistungsschutzrechts nach § 94 UrhG) - ist gemäß § 10 Abs. 3 S. 1 UrhG aufgrund des (c)-Vermerks auf dem DVD-Cover zu vermuten. In dem blau unterlegten Textfeld neben dem Barcode ist ausdrücklich niedergelegt, dass die Klägerin "Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte" für die Kauf-DVD ist. Ein einfaches Bestreiten genügt daher nicht. Es geht um Leistungsschutz-, und nicht um Urheberrechte.

    Die Klägerin musste illegale Online-Nutzungen nicht hinnehmen, die die wirtschaftliche Verwertung der ihr eingeräumten ausschließlichen Nutzungsrechte beeinträchtigen, selbst wenn ihr selbst das Recht nach § 19a UrhG nicht übertragen worden sein sollte (vgl. BGH ZUM-RD 2013, 514, Rn. 47, 49 nach juris). Das Verbietungsrecht geht insoweit weiter als das eigene Nutzungsrecht (vgl. BGH GRUR 1992, 697 - ALF - Rn. 20; s.a. jüngst AG Hamburg, Urteil v. 06.02.2015 - Az. 36a C 38/14 - Rn. 49ff. nach juris und Kammer, Urteil vom 03.11.2015 - Az. 15 S 5 /15 -).

    Der Beklagte haftet nach derzeitigem Sach- und Streitstand auch als Täter, denn er ist seiner Nachforschungspflicht nicht gerecht geworden.

    Der Beklagte ist passivlegitimiert.

    Konkrete Anhaltpunkte für eine Fehlerhaftigkeit des Ermittlungsergebnisses seitens der ipoque GmbH bestehen nicht. Ein pauschales Bezweifeln genügt insoweit nicht. Der zweifelsfreie Nachweis der vollständigen Fehlerfreiheit des Auskunftsverfahrens ist nicht erforderlich (vgl. BGH GRUR 2016, 171 - "Tauschbörse I" - Rn. 40 nach juris).

    Die Mitteilung rechtlicher Würdigungen anderer Gerichte ersetzt keinen erforderlichen Tatsachenvortrag:

    Einen Hackerzugriff schließt der Beklagte wegen hinreichender Schutzmaßnahmen selbst aus.

    Der BGH hat in Leitsatz c) seiner BearShare-Entscheidung (GRUR 2014, 675) ausgeführt: Wird über einen Internetanschluss eine Rechtsverletzung begangen, trägt der Anschlussinhaber eine sekundäre Darlegungslast. Dieser entspricht er dadurch, dass er vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. Insoweit ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen verpflichtet (Fortführung von BGH, Urteil vom 12.05.2010 - I ZR 121/08, BGHZ 185, 330 - "Sommer unseres Lebens" -; Urteil vom 15.11.2012 - I ZR 74/12, GRUR 2013, 511 - "Morpheus" -). Es genügt aber nicht bloß anzugeben, wer im Haushalt lebt und/oder ebenfalls den Internetzugang nutzen konnte. Erforderlichenfalls sind eigene Ermittlungen des Anschlussinhabers vorzunehmen, welcher Rechner zur Tatzeit online war und/oder ein Tauschbörsenprogramm installiert hatte (vgl. BGH GRUR 2016, 191 - "Tauschbörse III" - Rn. 41 nach juris; KG Beschluss vom 25.04.2013 - Az. 24 W92/12 und Az. 24 W 99/12 -). Die Befragung der Zugangsberechtigten ohne Verifikation deren Angaben ist nicht ausreichend. Der Anschlussinhaber muss vielmehr Tatsachen vortragen, die eine bestimmte andere Person ernstlich als Täter in Betracht kommen lassen (vgl. BGH - Tauschbörse III - a.a.O., Rn. 42 nach juris). Wer sich nicht erkundigt, bestreitet unzulässig ins Blaue hinein (vgl. Kammer, Beschluss vom 29. Juli 2014 - 15 S 15/14 -). Lediglich nahe stehende Personen wie Familienangehörige müssen nicht "ans Messer" geliefert werden (Kammer, Beschluss vom 17.10.2014 - Az. 15 S 17/13 -).

    § 383 ZPO steht aber einer weitergehenden prozessualen Würdigung eines Stillschweigens grundsätzlich nicht entgegen; als Prozesspartei unterliegt der Beklagte vielmehr der prozessualen Wahrheitspflicht und den aus einem Aussage- oder Zeugnisverweigerungsrecht von potentiellen Zeugen folgenden allgemeinen Beweislast- und Prozessrisiken, welche bei einer Verweigerung der Mitwirkung dennoch prozessual etwa über eine Vermutungswirkung gegen ihn als Anschlussinhaber wirken können. Es ist also die Entscheidung der beklagten Partei, ob sie zumutbare Nachforschungen in ihrem Haushalt anstellt und das Ergebnis in den Prozess einführt oder sie die prozessuale Konsequenzen trägt, indem sie untätig bleibt bzw. zum Schutz der Familie schweigt (Kammer, Hinweisbeschluss vom 28. Juli 2015 - 15 S 5)15 -, bei juris).

    Sagt er indes nichts oder nichts Hinreichendes, was der Klägerin einen spiegelbildlichen Beweisantritt ermöglichte, bleibt es bei der Vermutungswirkung zulasten des Anschlussinhabers als Täter.

    Diesen Anforderungen werden die Einlassungen des Beklagten indes nicht gerecht, indem er vorträgt:

    Er habe den Internetanschluss nicht allein, sondern gemeinsam mit seiner Ehefrau, seinem volljährigen Sohn [Name] sowie zwei weiteren - unbenannten und ohne Altersangaben zu machen minderjährigen Kindern ohne individuelle Nutzungsbeschränkung genutzt. Nach Zugang der Abmahnung habe er alle internetfähigen Geräte (5 Desktop-PC und ein WLAN-fähiges Handy) stichprobenartig kontrolliert, aber keine Filesharing-Software gefunden. Ehefrau und Soh hätten auf sein Befragen hin glaubwürdig versichert, dass sie die Rechtsverletzung nicht begangen hätten.

    Die ebenfalls als Täter zumindest theoretisch ebenfalls in Frage kommenden minderjährigen weiteren Kinder hat er schon nicht befragt; dies wäre erforderlich gewesen, denn es handelt sich bei [Name Film] um einen Familienfilm mit der FSK-Freigabe 0.

    Warum er den Angaben von Ehefrau und volljährigem Sohn habe glauben schenken dürfen, insbesondere ob und wie er deren Einlassung verifiziert habe, sagt er nicht. Vertrauen ist zwar gut, aber Kontrolle wäre besser - und notwendig - gewesen. Es hätte etwa nahe gelegen, das Router-Protokoll auf auffälligen Upload-Datenverkehr (Traffic) im angeblichen Tatzeitraum - immerhin wurde die Internet-Verbindung gut 90 Minuten aufrechterhalten - hin zu überprüfen oder die Browser-Verläufe im einzelnen nachzuvollziehen.

    Worin die stichprobenartige Kontrolle bestanden haben soll - notwendig wäre eine Durchsicht aller Programmordner jedes internetfähigen Endgerätes gewesen -, sagt er im einzelnen nicht. Wenn er damit meint, die Icons auf dem Desktop-Fenster geprüft zu haben, genügte dies jedenfalls nicht. Es stellt sich schließlich die Frage, wie er Filesharing-Programme habe erkennen wollen, wenn er selbst diese nicht verwende, diese also offenbar nicht einmal dem Namen nach kennt.

    Ob und welche Personen zur Tatzeit zu Hause waren, ist irrelevant, da die gängige Filesharing-Software die Gegenwart des Nutzers nicht erfordert.

    Er vermag mithin keinen greifbar anderen Täter zu liefern. Der Beklagte bietet lediglich eine Vielzahl nach Möglichkeit und Gelegenheit theoretisch durchaus Tatverdächtiger an, ohne aber eine konkrete Person fundiert "ans Messer" liefern zu können. Das genügt - entgegen der Ansicht des Amtsgerichts - jedoch nicht (vgl. BGH - "Tauschbörse III" - a.a.O., Rn. 42 nach juris), so dass es nach alledem bei der Anscheinswirkung zulasten des Anschlussinhabers, mithin des Beklagten als Täter, verbleibt. Einer Beweisaufnahme bedarf es daher nicht.

    Die für den Unterlassungsanspruch als Voraussetzung erforderliche Wiederholungsgefahr ergibt sich aus dem Verletzungsgeschehen; sie hätte nur durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ausgeräumt werden können (BGH GRUR 1985, 155, 156 - Vertragsstrafe bis zu ... I - m.w.N.).

    Der Beklagte handelte auch schuldhaft, jedenfalls wenigstens fahrlässig, denn er trägt selbst vor, dass ihm die Rechtswidrigkeit des Uploads im Filesharing nach eigener Einlassung bekannt war, sonst hätte er nicht seine minderjährigen Kinder entsprechend belehren können, so dass auch nach §§ 97 Abs. 2 S. 1, 19a UrhG Schadensersatz wegen der Rechtsverletzung verlangt werden kann.

    Deshalb war sowohl die anwaltliche Abmahnung berechtigt, so dass die dadurch verursachten Anwaltskosten unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677, 683 Satz 1, § 670 BGB) ebenso wie als Schadensersatz nach § 97a Abs. 1 S. 3 UrhG 2008 - gegen die geltend gemachte unterdurchschnittliche 1,0 Geschäftsgebühren nach Nr. 2300 W-RVG nach einem Gegenstandswert von 10.000,00 EUR ist, zumal das Kammergericht bei Filmwerken einen Wert von nicht unter 20.000,00 EUR ansetzt, nichts zu erinnern - in Höhe von 506,00 EUR von dem Beklagten zu erstatten sind, wobei der ursprüngliche Freistellungsanspruch nach § 250 S. 2 BGB infolge fruchtloser Fristsetzung zur Zahlung sich in einen Geldanspruch umgewandelt hat (vgl. BGH NJW 1992, 222; 1999, 1542; 2004, 1868; OLGR Rostock 2009, 134), als auch ist ein Schadensersatzanspruch nach der sog. Lizenzanalogie nach § 97 Abs. 2 S. 2 UrhG begründet, denn die eigenen Verwertungsmöglichkeiten und Absatzwege der Klägerin wurden nicht nur spürbar beeinträchtigt, sondern das Nachfrageinteresse auf den kostenlosen Download via Filesharing umgeleitet und dort gesättigt. Für diesen Fall der Marktverstopfung erscheint es gerechtfertigt gemäß § 287 ZPO ebenfalls auf die Schadensberechnung der Lizenzanalogie zurückzugreifen. Für einen Spielfilm ist der geltend gemachte Lizenzschaden von 600,- EUR nach ständiger Rechtsprechung der Berliner Urheberrechtskammer angemessen, zumal bei einem Upload in Filesharing-Netzwerken mit einer Vervielfachung des Verletzungspotenzials bei zahlreichen dort zu erwartenden Vervielfältigungen mittels Upload anderer User zu rechnen ist, was der Beklagten zuzurechnen ist (Kammer, Urteil vom 3. November 2015 - 15 S 5/15 -; Urteil vom 8. April 2016 - 15 S 27/15 -). Bei der Festsetzung einer fiktiven Lizenzgebühr stellt sich auch nicht die Frage einer Überkompensation und Vorteilsausgleichung, soweit vielfach derselbe Schaden geltend gemacht werde, ohne die bereits erlangte Ersatzleistung anderer Abgemahnter zu berücksichtigen, die sich außergerichtlich auf Vergleiche eingelassen hätten. Denn die relevante Verletzungshandlung besteht in der Eröffnung der Zugriffsmöglichkeit für Dritte und nicht in dem Absenden und Empfangen eines Dateifragments im Zweipersonenverhältnis. Daraus ergibt sich, dass eine eigenständige Verwertungshandlung im Sinne von §§ 94 Abs. 1, 19a UrhG vorliegt, wenn die Zugriffsmöglichkeit für Dritte eröffnet wird (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 19/14, Rn. 64 - Tauschbörse I - für den Tonträgerhersteller). Die Klägerin ist hier Lizenznehmerin des Filmherstellers. Inhaber des Leistungsschutzrechts nach § 94 Abs. 1 UrhG ist der Inhaber des Unternehmens, das den Film herstellt. Von diesem leitet die Klägerin ihre Rechte ab.

    Bei der Schadenshöhe ist schließlich zu berücksichtigen, dass es sich um die Realverfilmung der gleichnamigen bereits 1974 erschienenen Zeichentrick-Fernsehserie [Name] mithin um ein zeitloses Thema handelt. Die DVD ist am 11.03.2010 erschienen (vgl. wikipedia). Die Zweitverwertung war zur Tatzeit also noch recht frisch.

    Entgegen der Auffassung des Beklagten ist der Anspruch der Klägerin auf Erstattung der ihr erwachsenen Anwaltskosten nicht durch § 97a Abs. 2 UrhG in der bis zum 8. Oktober 2013 geltenden Fassung auf 100,00 Euro begrenzt. Die Kammer schließt sich insoweit vollinhaltlich den Ausführungen des OLG München (WRP 2016, 385 Rn. 50ff. nach juris) zu Filesharing-Sachverhalten an.

    Die Ansprüche sind auch nicht verjährt.

    Auf den Lizenzschaden findet § 852 BGB mit einer zehnjährigen Verjährung Anwendung (vgl. BGH GRUR 2012, 715 - "Bochumer Weihnachtsmarkt" - Rn. 41 a.E. nach juris). Schadensersatzanspruch nach § 97 Abs. 2 S. 1 UrhG und Bereicherungsanspruch nach §§ 812, 818 BGB (Eingriffskondiktion) bestehen nebeneinander (vgl. § 97 Abs. 3 UrhG), gehen beide auf den sog. Lizenzschaden, d.h. die übliche Lizenzgebühr (vgl. BGH GRUR 1982, 301, 303 - "Kunststoffhohlprofil II" - nach juris), und unterliegen selbstständig der Verjährung. Für die Bereicherung aus unerlaubter Handlung gilt die längere Frist des § 852 BGB. Dieses Rechtsgrundsätze sind auch auf Filesharing-Fälle anwendbar. Dass die Klägerin das Geschäftsmodell des Filesharing gar nicht betreibt, und deshalb bei ihr kein tarifiertes Lizenzmodell existiert, steht der Anwendung der Grundsätze der sog. Lizenzanalogie nicht entgegen (vgl. BGH - "Kunststoffhohlprofil II" - a.a.O.).

    Die Verjährung ihrer Ansprüche gegen den Beklagten wäre erst mit Vollendung des 31. Dezember 2014 eingetreten, ist aber rechtzeitig durch den bestimmten Mahnantrag vom 26.08.2014 und die demnächstige Zustellung des Mahnbescheids am 02.09.2014 gehemmt worden, § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB i.V.m. § 167 ZPO. Die Information über den Beklagten als Nutzer der Tat-IP erlangte die Klägerin erst durch die Auskunft des Accessproviders.

    Die Einzahlung der weiteren Gerichtskosten für das streitige Verfahren erfolgt war nicht unter Wahrung der 6-Monatsfrist des § 204 Abs. 2 S. 1 BGB - die Kostenrechnung datiert vom 11.09.2014; gezahlt ist am 20.04.2015. Die am gleichen tag eingegangene Anspruchsbegründung überschritt diese Frist zwar um rund 1,5 Monate, so dass die Verjährung gemäß § 209 BGB in dieser Zeit weiterlief. Da die Zustellung aber auf den Eingang der Anspruchsbegründung am 20.04.2015 zurückwirkt, ist auch unter Anrechnung dieser 1,5 Monate die Verjährung nicht vollendet.

    Für Rechtsmissbrauch (§ 242 BGB) ist weder etwas vorgetragen noch sonst ersichtlich. Die Klägerin geht aus absolutem Recht vor. Es kann ihr daher grundsätzlich nicht verwehrt werden, sich gegen die Verletzer ihrer Rechte - und sei diesen diese auch in großer Anzahl - zur Wehr zu setzen. Soweit der Beklagten hierin unzulässige Massenabmahnungen sieht, geht er fehl. Diese Problematik stellt sich (nur) im Wettbewerbsrecht, wo es aber nicht um absolute Rechte geht (§ 8 Abs. 4 UWG).

    Der Beklagte kann der Erforderlichkeit der ersetzt verlangten Aufwendungen auch nicht entgegen halten, dass der Honoraranspruch für die anwaltliche Abmahnung verjährt sei und die Klägerin sich ihren Prozessbevollmächtigten gegenüber darauf berufen könnten und müssten. Der im Jahr 2011 entstandene Vergütungsanspruch ist nicht verjährt, weil die Klägerin ihn mit den Aufträgen zur Beantragung eines Mahnbescheids Ende 2014 und zur Weiterverfolgung im Streitverfahren anerkannt hat (§ 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB; vgl. OLG Köln, Urteil vom 20.12.2013 - Az. 6 U 205/12 -, Rn. 52 nach juris)."

    Hieran ist auch nach dem Ergebnis der Berufungsverhandlung festzuhalten.

    Dabei kann letztlich dahinstehen, ob - wie das Amtsgericht in Würdigung des widersprüchlichen Vorbringens aus dem nachgelassenen Schriftsatz vom 12.08.2015 - angenommen hat - und von dem Beklagten vor der Berufungsverhandlung auch nicht als unrichtig beanstandet wurde -, im Haushalt des Beklagten zur Tatzeit am 12.10.2011 der volljährige [Name] gelebt hatte. Denn bereits dieser weitere Hausgenosse wurde von dem Beklagten erst eingeführt, nachdem das Amtsgericht in der mündlichen Verhandlung am 16. Juli 2015 darauf hingewiesen hatte, dass das bisherige Verteidigungsvorbringen nicht den höchstrichterlichen Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast genüge. Nun - in der Berufungsverhandlung - nimmt er von diesem Vorbringen wieder Abstand und behauptet, er habe niemals vorgetragen, dass der Zeuge [Name] in seinem Haushalt zur Tatzeit gelebt habe. Dieses neue Vorbringen ist nicht nur verspätet, sondern auch widersprüchlich, und daher nach § 138 Abs. 1 ZPO nicht zu berücksichtigen.

    Ebenfalls'als - zudem nach § 529 ZPO verspätete - Schutzbehauptung hat er erstmals - weder in dem amtsrichterlichen Sitzungsprotokoll noch in seinem Urteil sind dazu Feststellungen zu finden; schriftsätzlich ist ebenso zuvor nichts dargetan worden - in der Berufungsverhandlung vorgetragen, dass ihm ein Telekom-Techniker erzählt habe, dass an seinem Telefon-Hausanschlusskasten zwei Leitungsabgänge parallel geklemmt gewesen seien, zu welcher Wohnung die zweite Leitung geführt habe, habe dieser ihm aber nicht sagen wollen; jener - unbenannte - andere Wohnungsinhaber komme deshalb als einzig wahrer Täter ernstlich in Frage, denn dieser habe über seinen Anschluss ebenfalls Internetzugang haben können. Im gleichen Atemzug erklärte der Beklagte zudem, dass es in seiner Familie üblich sei, Handy-Passwörter auszutauschen, um Flatrate-Kontingente möglichst restlos auszuschöpfen. Übertragen auf den Internetzugang lässt dies den naheliegenden Schluss zu, dass der Beklagte auch diesem - ihm also sicherlich namentlich bekannten - Dritten Zugang eröffnet hat, um das eingekaufte Daten-Volumen bzw. die Internet-Zugriffsmöglichkeit an sich auszuschöpfen. Ein Internet-Zugang über einen eigenen Router erforderte aber neben der Nutzerkennung stets zwingend die Kenntnis des Passwords des Providers, zu der unmittelbaren Zugriff indes nur der Beklagte als Providerkunde hatte. Das bloße Anklemmen an die Telefonleitung allein verschaffte noch keinen Zugang. Hier hat der Beklagte seine neue Geschichte offenbar nicht zu Ende gedacht. Denn diese (gestattete) Drittnutzung fiele letztlich auf ihn zurück.

    Abgesehen davon bestehen Zweifel, ob der gleichzeitige Betrieb von zwei Routern an einem Festnetzanschluss technisch überhaupt möglich ist.

    Der Beklagte hatte hinreichend Zeit, sich auf den gerichtlichen Hinweis schriftsätzlich im einzelnen und unter Beweisantritt einzulassen.

    Die Richtigkeit der Ermittlungen schließlich hat er im Berufungsverfahren nicht mehr in Zweifel gezogen.

    Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

    Die Revision ist nicht zuzulassen, da es sich um eine Einzelfallentscheidung handelt, die weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer, einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO).

    Die Entscheidung folgt der höchstrichterlichen Rechtsprechung und sie beruht auf den besonderen Umständen des vorliegenden Falles.



    [Name]
    Vorsitzender Richter am Landgericht

    [Name]
    Richter am Landgericht

    [Name]
    Richter am Landgericht



    Für die Richtigkeit der Abschrift
    Berlin, den 12.10.2016

    [Dienstsiegel]

    [Name], Justizbeschäftigte

    Durch maschinelle Bearbeitung beglaubigt - ohne Unterschrift gültig. (...)



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

LG Berlin, Urteil vom 20.09.2016, Az. 15 S 50/15,
Vorinstanz: AG Charlottenburg, Urteil vom 10.09.2015, Az. 210 C 162/15,
Rechtsanwältin Claudia Lucka,
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Berufung Waldorf Frommer,
sekundäre Darlegungslast,
pauschaler Verweis auf Dritte,
"ans Messer" liefern,
Verjährung Filesharing

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Steffen
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#5528 Beitrag von Steffen » Mittwoch 26. Oktober 2016, 17:24

Pressemitteilung der Kanzlei WALDORF FROMMER (München): Bundesverfassungsgericht bestätigt "Sofern-Sofern"-Rechtsprechung des Landgerichts München I - hohe Anforderungen an Sachvortrag des Anschlussinhabers


17:20 Uhr


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

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Pressemitteilung der Kanzlei WALDORF FROMMER vom 26. Oktober 2016


Link:
http://news.waldorf-frommer.de/bundesve ... sinhabers/



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Pressemitteilung der Kanzlei WALDORF FROMMER vom 26. Oktober 2016

Das Bundesverfassungsgericht hatte sich kürzlich mit gleich zwei Verfassungsbeschwerden gegen Urteile des Landgerichts München I zu befassen, u.a. in einem von WALDORF FROMMER geführten Verfahren. Die beiden vor dem Landgericht München unterlegenen Anschlussinhaber hatten sich insbesondere gegen die Nichtzulassung der Revision gewehrt. Das Bundesverfassungsgericht hat beide Verfassungsbeschwerden nicht zu Entscheidung angenommen (Az. 2 BvR 2193/15 und Az. 2 BvR 1797/15).

Zwar sei die Zulassung der Revision zum Zeitpunkt der Entscheidung angesichts der damals noch divergierenden Rechtsprechung möglicherweise erforderlich gewesen. Spätestens mit der Entscheidung Tauschbörse III des Bundesgerichtshofs sei die Rechtslage jedoch eindeutig geklärt.


Das Landgericht München I habe daher zu Recht angenommen, dass die Beschwerdeführer ihre sekundäre Darlegungslast nicht erfüllt hätten.

In einem der Verfahren hatte die Anschlussinhaberin lediglich vorgetragen, auch ihre weiteren Familienmitglieder hätten zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung auf den Internetanschluss zugreifen können. Sie selbst jedenfalls habe zu dieser Zeit das Abendbrot gerichtet und könne die Rechtsverletzung daher nicht begangen haben.




Das Bundesverfassungsgericht führte insoweit aus (Az. 2 BvR 2193/15):

  • "Das Landgericht München I ist davon ausgegangen, dass aufgrund des Vortrags der Beschwerdeführerin zwar nicht bereits eine tatsächliche Vermutung für ihre Täterschaft spreche, ihr Vortrag jedoch nicht der ihr obliegenden sekundären Darlegungslast gerecht werde. Hierfür sei es nicht ausreichend vorzutragen, ob und welche weiteren Personen ungehinderten Zugang zu ihrem Internetanschluss gehabt hätten. Vielmehr bedürfe es weiteren Vortrags dazu, warum die Personen als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kämen. Das erfordere einen konkreten, verletzungsbezogenen Vortrag zum Tatzeitpunkt, der vorliegend fehle. Ebenso fehle jeglicher Vortrag zu diesbezüglichen Nachforschungen, zu denen die Beschwerdeführerin ebenfalls verpflichtet sei.

    c) Der Bundesgerichtshof hat in seiner - zum Zeitpunkt des angegriffenen Urteils noch nicht veröffentlichten - Entscheidung vom 11. Juni 2015 dem Einwand des dortigen Anschlussinhabers, dass in den Fällen, in denen der Internetanschluss von mehreren Personen im Haushalt genutzt werde, kein Raum für eine tatsächliche Vermutung der Täterschaft des Anschlussinhabers bestehe, ausdrücklich eine Absage erteilt und dabei klargestellt, dass es nicht auf die Nutzungsmöglichkeit von Familienangehörigen im Allgemeinen, sondern konkret auf die Situation zum Verletzungszeitpunkt ankomme (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 75/14 -, MMR 2016, S. 131 -132-). Er hat zudem ausdrücklich festgestellt, dass es im Rahmen der sekundären Darlegungslast nicht ausreichend sei, dass der Anschlussinhaber nur die eigene Täterschaft in Abrede stelle und pauschal die bloß theoretische Möglichkeit des Zugriffs von in seinem Haushalt lebenden Dritten auf seinen Internetanschluss behaupte (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 75/14 -, MMR 2016, S. 131 -Leitsatz, 132-).

    d) Die Beschwerdeführerin hat im Ausgangsverfahren die Möglichkeit einer Tatbegehung durch ihre Familienangehörigen nicht über den pauschalen Hinweis auf die allgemein bestehende Möglichkeit einer Internetnutzung durch diese hinaus konkretisiert. Hierzu hätte es Darlegungen zum konkreten Nutzungsverhalten ihrer Familienmitglieder zum Tatzeitpunkt oder zum Vorhandensein von Filesharing-Software auf dem Computer beziehungsweise zu auffindbaren Spuren des Hörbuchs auf dem Computer bedurft (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 75/14 -, MMR 2016, S. 131 -132-). Insofern ist deutlich absehbar, dass der Klage gegen die Beschwerdeführerin auch im Fall einer Aufhebung und Zurückverweisung unter Beachtung des vom Bundesgerichtshof inzwischen konkretisierten Umfangs der sekundären Darlegungslast des Anschlussinhabers stattgegeben würde."


In dem weiteren Verfahren hatte der beklagte Anschlussinhaber ebenfalls vorgetragen, dass auch weitere Familienmitglieder eine Zugriffsmöglichkeit auf den Internetanschluss hatten. Diese hätten dem Beklagten jedoch mitgeteilt, nicht Täter der Rechtsverletzung zu sein.



Das Bundesverfassungsgericht führte hierzu aus (Az. 2 BvR 1797/15):

  • "a) Das Landgericht München I hat festgestellt, dass der Vortrag des Beschwerdeführers, sofern er dahingehend zu verstehen sei, dass er sich die Aussagen seiner Familienangehörigen zu eigen mache und damit vortrage, weder er noch seine Familienangehörigen hätten die Rechtsverletzung begangen, nicht plausibel sei und damit der sekundären Darlegungslast nicht genüge. Sofern der Vortrag des Beschwerdeführers dahingehend zu verstehen sei, dass es zwar theoretisch möglich sei, dass seine Ehefrau oder eine der Töchter die Rechtsverletzung begangen habe, er hiervon jedoch nicht ausgehe, weil er ihrer Auskunft glaube, aber nicht mit Sicherheit wisse, ob die Auskunft zutreffend sei, genüge der Vortrag der sekundären Darlegungslast ebenfalls nicht. Denn dieser sei zum einen widersprüchlich und zum anderen ergebe sich hieraus gerade nicht, dass auch eine andere Person als der Anschlussinhaber als Täter in Betracht komme. Um der sekundären Darlegungslast zu genügen, hätte der Beschwerdeführer vielmehr konkret darlegen müssen, ob und warum seine Ehefrau oder eine seiner Töchter dennoch - obwohl sie die Rechtsverletzung nicht zugestanden hätten und er ihnen guten Glauben schenken wolle - als Täter in Betracht kämen. Der Beschwerdeführer habe sich insoweit mit der pauschalen Auskunft seiner Familienangehörigen begnügt, die im Widerspruch zur feststehenden Rechtsverletzung über seinen Internetanschluss und zu seiner eigenen Einlassung, dass er es nicht gewesen sei, stehe. Er habe vorgetragen, seinen Computer überprüft und darauf keine Spuren des Films gefunden zu haben. Es fehle jeglicher Vortrag dazu, inwiefern der Computer dahingehend überprüft worden sei, ob sich auf ihm eine Software für ein Tauschbörsenprogramm befunden habe.

    b) Auch der Bundesgerichtshof geht in seiner die sekundäre Darlegungslast konkretisierenden Entscheidung vom 11. Juni 2015 davon aus, dass ein Vortrag des Anschlussinhabers, zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung habe keine andere Person seinen Internetanschluss benutzen können, die tatsächliche Vermutung seiner Täterschaft nicht widerlege (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 75/14 -, MMR 2016, S. 131 -132-). Er erteilte dem Einwand des dortigen Anschlussinhabers, dass in den Fällen, in denen der Internetanschluss von mehreren Personen im Haushalt genutzt werde, kein Raum für eine tatsächliche Vermutung der Täterschaft des Anschlussinhabers bestehe, ausdrücklich eine Absage und stellte dabei klar, dass es nicht auf die Nutzungsmöglichkeit von Familienangehörigen im Allgemeinen, sondern konkret auf die Situation zum Verletzungszeitpunkt ankomme (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 75/14 -, MMR 2016, S. 131 -132-). Er hat zudem ausdrücklich festgestellt, dass es im Rahmen der sekundären Darlegungslast nicht ausreichend sei, dass der Anschlussinhaber nur die eigene Täterschaft in Abrede stelle und pauschal die bloß theoretische Möglichkeit des Zugriffs von in seinem Haushalt lebenden Dritten auf seinen Internetanschluss behaupte (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 75/14 -, MMR 2016, S. 131 -Leitsatz, 132-).

    c) Der Beschwerdeführer hat im Ausgangsverfahren lediglich seine eigene Täterschaft in Abrede gestellt und entweder gleichzeitig auch die Täterschaft seiner Familienmitglieder bestritten und damit (konkludent) abstrakt auf einen trotz der Verschlüsselung des Anschlusses mit einem Passwort möglichen Zugriff eines Dritten verwiesen oder sich - unter (konkludentem) Bestreiten des Wahrheitsgehalts von deren Aussage - auf die generell bestehende Zugriffsmöglichkeit der in seinem Haushalt lebenden Familienangehörigen berufen. Es fehlen jedoch konkrete Darlegungen zur Möglichkeit, dass ein unbefugt handelnder Dritter Täter der Rechtsverletzung sein könnte. Zudem wurde die Möglichkeit einer Tatbegehung durch die Familienangehörigen des Beschwerdeführers - trotz der unternommenen und mitgeteilten Nachforschungen - nicht über die allgemein bestehende Möglichkeit einer Internetnutzung durch diese hinaus konkretisiert. Hierzu hätte es Darlegungen des Beschwerdeführers zum konkreten Nutzungsverhalten seiner Familienmitglieder zum Tatzeitpunkt oder zum Vorhandensein von Filesharing-Software auf dem Computer beziehungsweise zu auffindbaren Spuren des Films auf dem Computer bedurft (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 75/14 -, MMR 2016, S. 131 -132-)."


Zu Recht hatte das Landgericht München I nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts daher Vortrag zum konkreten Nutzungsverhalten der Familienmitglieder zum Tatzeitpunkt und/oder zum Vorhandensein von Filesharing-Software auf den internetfähigen Endgeräten verlangt. Es sei deutlich absehbar, dass der Klage gegen die Beschwerdeführerin auch im Fall einer Aufhebung und Zurückverweisung unter Beachtung des vom Bundesgerichtshof inzwischen konkretisierten Umfangs der sekundären Darlegungslast des Anschlussinhabers stattgegeben worden wäre.




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BVerfG, Beschluss vom 23.09.2016, 2 BvR 2193/15,
BVerfG, Beschluss vom 23.090.2016, 2 BvR 1797/15,
WALDORF FROMMER Rechtsanwälte,
LG München I, Urteil vom 20.08.2015, Az. 21 S 3340/14,
LG München I, Urteil vom 30.09.2015, Az. 21 S 23706/14

abm4ahnw4hn
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Re: Zum Zweck dieses Forums bei grundsätzlich berechtiger Abmahnung

#5529 Beitrag von abm4ahnw4hn » Samstag 29. Oktober 2016, 15:42

jb2ip12d hat geschrieben:Ich lese als ebenfalls hinzugewonnener Fan des Waldorf-Frommer-Clubs nun schon seit Jahren in diesem Thread und dennoch hat sich mir der Sinn dieses Forums, zu dem Steffen nach wie vor Dank gebührt, nicht in Gänze erschlossen. Warum? ....
Steffen hat geschrieben:Ein Forum ist im Grundsatz ein Treffpunkt wo verschiedene Argumente diskutiert werden. Aber, dieser Diskussion sind Grenzen gesetzt. Wenn es um ein konkreten Fall geht bzw. eine Frage zu einem konkreten Fall, dann kommen wir doch schon wieder an die unerlaubte Rechtsberatung. Das bedeutet, ein Forum - egal welches - darf ...
Das sind zwei sehr gute Beiträge (vom Montag 26. September 2016).

So gesehen hätte ich vielleicht doch zahlen sollen. Ich bin beim "Mahnbescheid ( Kreuz bei Punkt 2 und verschicken )"
und rechne mit einer Klage. In ein paar Tagen wäre der Vorgang des Filesharens nun fast drei Jahre her. Ich bin innerlich aber voll auf Gerichtstermin eingestellt.

Die Verjährung fällt umfänglich evtl auch nicht mehr nach drei Jahren weg "Lebende Tote".

Den Bittorrent hat niemand aus meiner Familie genutzt - ich kann einen Besucher nennen. Ich habe Teilnehmer des verschlüsselten WLANs immer darauf hingewiesen, dass sie kein Filesharing betreiben dürfen. Wie wäre es denn in einem Gerichtsfall, wenn man einen Besucher(wahrscheinlichen Nutzer/Täter) nennen kann?

An Steffen: Vielen vielen Dank für diese interessanten aufschlussreichen Seiten.
Kann ich etwas für dich tun?

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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5530 Beitrag von Steffen » Samstag 29. Oktober 2016, 19:04

[quoteemabm4ahnw4hn]So gesehen hätte ich vielleicht doch zahlen sollen. Ich bin beim "Mahnbescheid ( Kreuz bei Punkt 2 und verschicken )" und rechne mit einer Klage. In ein paar Tagen wäre der Vorgang des Filesharens nun fast drei Jahre her. Ich bin innerlich aber voll auf Gerichtstermin eingestellt.[/quoteem]

Ich kann jeden verstehen, der sich mit Erhalt einer Abmahnung entweder zahlt, vergleicht, oder nur eine mod. UE abgibt und erst einmal die Zahlung verweigert. Bei letztere Variante hat man ja erst einmal zwei Chancen, entweder man wird verklagt, oder verjährt. Selbst bei Erhalt eines MB hat man wieder die Möglichkeit nach dem Widerspruch, entweder zahlen bzw. vergleichen oder abwarten was da wirklich passiert. Werden die Ansprüche tatsächlich begründet (Klage im Mahnverfahren) hat man wieder verschiedene Möglichkeiten (anerkennen, versäumen, vergleichen (außergerichtlich / gerichtlich) oder aktiv (mit Anwalt) verteidigen). Hat man dafür keine Nerven, dann sollte man mit Erhalt der Abmahnung sich mit dem Abmahner einigen.


[quoteemabm4ahnw4hn]Die Verjährung fällt umfänglich evtl auch nicht mehr nach drei Jahren weg "Lebende Tote".[/quoteem]

Es tun jetzt alle überrascht oder weinen Bielefeld nach. Der BGH hat nur das Recht gesprochen, was der Gesetzgeber im § 102 UrhG schon immer festlegt hat. Dabei geht es bei der 10-jährigen Verjährungsfrist auch um den (Rest-) Schadensersatzanspruch bzw. Wertersatzanspruch. Dieser wird erst interessant, wenn eine Täterschaft feststeht.


Kommentare

Schricker/Wild 4. Aufl.; § 102 Rn.: 6:
  • (...) Ist der Verletzer aufgrund der Rechtsverletzung bereichert, greift § 102 S. 2 i.V.m. § 852 BGB. Dadurch kann der Verletzte auch nach Eintritt der dreijährigen Verjährung des Schadensersatzanspruchs noch die Bereicherung nach § 812 ff. BGB geltend machen. Der Anspruch bleibt Schadensersatzanspruch aus unerlaubter Handlung, ist jedoch im Umfang der ungerechtfertigten Bereicherung von der deliktischen Verjährung ausgenommen. Es handelt sich um eine Rechtsfolgenverweisung; die §§ 812 ff. BGB gelten nur für den Umfang, nicht jedoch für die Voraussetzungen des Anspruchs (hM; Palandt/Heinrichs § 852 BGB Rdnr. 2;Wandke/Bullinger/Bohne Rdnr. 9). (...) Es handelt sich um einen Restschadensersatzanspruch in Höhe der Bereicherung, der lediglich auf das auf Kosten des Verletzten erlangte beschränkt ist (BGHZ 71, 86). (...)

Pallandt, § 852, 72. Auflage, 2013, Seite 1437:
  • (...) Herausgabeanspruch nach Eintritt der Verjährung:
    Hat der Ersatzpflichtige durch eine unerlaubte Handlung auf Kosten des Verletzten etwas erlangt, so ist er auch nach Eintritt der Verjährung des Anspruchs auf Ersatz des aus einer unerlaubten Handlung entstandenen Schadens zur Herausgabe nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet. (...)

[quoteemabm4ahnw4hn]Den BitTorrent hat niemand aus meiner Familie genutzt - ich kann einen Besucher nennen. Ich habe Teilnehmer des verschlüsselten WLANs immer darauf hingewiesen, dass sie kein Filesharing betreiben dürfen. Wie wäre es denn in einem Gerichtsfall, wenn man einen Besucher (wahrscheinlichen Nutzer/Täter) nennen kann?[/quoteem]

Dieses hängt doch von der Gesamtheit des Vortrages ab. Je qualitativer und substantiierter (beweisbarer / plausibel), desto besser. Natürlich wird es gegen WF kein Zuckerschlecken, aber man muss sich zu gewissen Sachen auch in München hinsetzen. Es kommt auch darauf an, wenn man selbst die Störer- /Täterhaftung für sich als AI verneint und Mitnutzer benennt, einmal auf die Möglichkeit, dass dieser Benannte als Täter infrage kommen kann. Dies klingt nur sehr einfach, da die Gerichtsstände hier unterschiedliche hoch oder tief die Messlatte legen. Der nächste Punkt, wie wird es richterlich eingeschätzt, wenn der Benannte dann vielleicht weder Nutzung zum Log noch Täterschaft zugibt: die Nutzung aber nicht die Täterschaft etc.

Dies ist sehr komplex, dass kein Forum die eine Antwort erteilen kann, sondern dann nur dein Anwalt.


[quoteemabm4ahnw4hn]An Steffen: Vielen, vielen Dank für diese interessanten aufschlussreichen Seiten.
Kann ich etwas für dich tun?[/quoteem]

Bleib gesund und denke daran, heute Nacht wird die Uhr um 1 Stunde zurückgestellt. 1ööüüää1

VG Steffen

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AG Bremen-Blumenthal, Az. 42 C 494/15,

#5531 Beitrag von Steffen » Mittwoch 2. November 2016, 00:09

WALDORF FROMMER: Amtsgericht Bremen-Blumenthal zu den Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast eines Anschlussinhabers in Filesharingverfahren - Bloßer Verweis auf die theoretische Zugriffsmöglichkeit Dritter reicht nicht aus


00:06 Uhr


Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen. Nachdem sämtliche Bemühungen um eine außergerichtliche und gütliche Beilegung des Rechtsstreits gescheitert waren, hatte die Rechteinhaberin Klage wegen der unlizenzierten Verbreitung ihres urheberrechtlich geschützten Filmwerks erhoben.


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

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Bericht

Link:
http://news.waldorf-frommer.de/waldorf- ... sche-zugr/

Beschluss als PDF:
http://news.waldorf-frommer.de/wp-conte ... 494_15.pdf




Autorin:
Rechtsanwältin Carolin Kluge



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Der in Anspruch genommene Anschlussinhaber hatte seine Verantwortlichkeit für die Urheberrechtsverletzung bestritten und insbesondere vorgetragen, dass er im streitgegenständlichen Zeitraum geschlafen habe und auch seine mit ihm im Haushalt lebende Verlobte Zugriff auf seinen Internetanschluss gehabt hätte. Auf Nachfrage habe sie die Rechtsverletzung abgestritten. Auf dem von beiden genutzten Computer hätte es zudem keine Hinweise auf eine illegale Tauschbörsennutzung gegeben. Weitere Nachforschungen seien dem Beklagten nicht abzuverlangen.

Das Amtsgericht Bremen-Blumenthal weist mit Hinweisbeschluss vom 18.10.2016 "nach neuerlicher und vertiefter rechtlicher Prüfung darauf hin, dass der Beklagte mit seinem Vortrag, er habe seine Verlobte nach Erhalt der Abmahnung befragt und sie habe ihm versichert, die angebliche Urheberrechtsverletzung nicht begangen zu haben, seiner sekundären Darlegungslast nicht im hinreichenden Maße nachgekommen sein dürfte. [...]

Das Gericht appelliert dringend an die wirtschaftliche Vernunft der Parteien und rät zur Vermeidung der bevorstehenden langwierigen und vor allem kostenintensiven Beweisaufnahme zu einer gütlichen Beilegung des Rechtsstreits."





AG Bremen-Blumenthal, Beschluss vom 18.10.2016, Az. 42 C 494/15

  • (...) Amtsgericht Bremen-Blumenthal

    42 C 494/15
    Bremen-Blumenthal, 18.10.2016



    Beschluss

    In dem Rechtsstreit

    [Name] gegen [Name],

    wird der Termin zur mündlichen Verhandlung/Beweisaufnahme am 28.10.2016 aufgehoben.

    Dieser Beschluss gilt als Abladung für den Termin am 28.10.2016.

    Das Gericht weist nach neuerlicher und vertiefter rechtlicher Prüfung darauf hin, dass der Beklagte mit seinem Vortrag, er habe seine Verlobte nach Erhalt der Abmahnung befragt und sie habe ihm versichert: die angebliche Urheberrechtsverletzung ebenfalls nicht begangen zu haben, seiner sekundären Darlegungslast nicht im hinreichenden Maße nachgekommen sein dürfte. Vor diesem Hintergrund wäre nunmehr die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Ermittlung der behaupteten Rechtsverletzung bzw. der IP angezeigt.

    Das Gericht appelliert dringend an die wirtschaftliche Vernunft der Parteien und rät zur Vermeidung der bevorstehenden langwierigen und vor allem kostenintensiven Beweisaufnahme zu einer gütlichen Beilegung des Rechtsstreits.

    Vor Erlass eines entsprechenden Beweisbeschlusses mit entsprechender Vorschussanforderung besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 2 Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses.


    gez. Dr. [Name]
    Richter (...)



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


AG Bremen-Blumenthal, Beschluss vom 18.10.2016, Az. 42 C 494/15,
WALDORF FROMMER Rechtsanwälte,
Rechtsanwältin Carolin Kluge,
Klage Waldorf Frommer,
sekundäre Darlegungslast

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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5532 Beitrag von NNirom » Donnerstag 3. November 2016, 04:27

Die modifizierte Unterlassungserklärung haben wir abgeschickt.
Danach haben wir ein paar Bettelbriefe erhalten.
Heute ist Brief Punkt 5. eingetroffen
Weiterhin ignorieren?
Wenn der Mahnbescheid kommt und man widerspricht, kann man sich dann noch immer vergleichen, BEVOR es zur Klage kommt?
Und woran bemisst sich der Vergleich? An der Ausgangsforderung der Abmahnung oder an den erhöhten Forderungen der Folgeschreiben?

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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5533 Beitrag von Steffen » Donnerstag 3. November 2016, 10:49

Ende des Jahres - Mögliche Folgeschreiben oder gar Mahnbescheid


10:40 Uhr



Hallo @NNirom, hallo @All,

natürlich ist es nichts Neues, das Jahr neigt sich dem Ende entgegen und die Zahlungsverweigerer werden - bevor man vielleicht sich in die Verjährung rettet - erst einmal außergerichtlich angeschrieben, um eben bis zum Schluss des Jahres bei weiterer Zahlungsweigerung notfalls eine gerichtliche Geltendmachung zu suchen. Hierbei hat sich in der Forenwelt eine Art Abmahner- Schriftsatz-Zähler herauskristallisiert.

Schriftsatzzähler Waldorf Frommer (nach Erhalt Abmahnschreiben)

1. Aufforderung Abgabe einer Unterlassungserklärung (kurz: UE; wichtig, wenn eine UE - nur eine mod. UE!)
2. Letzte Zahlungsaufforderung nach Abgabe mod. UE (Folgeschreiben - abheften)
3. Zahlungsaufforderung vor Klageerhebung (Folgeschreiben - abheften)
- Bestätigung Erfüllung Unterlassungsansprüche
- Zahlungsansprüche noch nicht erfüllt
- Angebot der Ratenzahlung
4. Vorbereitung Klageerhebung (verschärftes Folgeschreiben - abheften)
- Erhöhung der geforderten Summe
5. Vorbereitung Klageerhebung abgeschlossen (verschärftes Folgeschreiben - abheften)
- Mitteilung Datum zur Einleitung Gerichtsverfahren
- Mitteilung des Prozesskostenrisikos
- WF forciert die ladungsfähige Anschrift zu bestätigen (nur bei Adressänderung, in Hinblick der Verjährung, Stichpunkt: Meldepflicht)
6. Mahnbescheid (Kreuz bei Punkt 2 und verschicken.
- wenn man unberechtigt abgemahnt wurde)
7. Abgabemitteilung vom Mahngericht mit Az. des künftigen Prozessgerichtes
8. WF muss Klage begründen und erheben
9. Gerichtsverfahren

Hinweis:
Reihenfolge, Anzahl, Inhalt kann variieren!

Bitte aber beachten, dieser "Zähler" stellt - kein - Dogma dar. Das heißt, Schriftsätze (ugs. "Bettelbriefe") können in der Reihenfolge und/oder/bzw. inhaltlich abweichen; einer kann vielleicht sogar komplett fehlen sowie eine Neuer - noch nicht aufgelisteter - sogar dazukommen. Es ist eben nicht als Schema-F zu sehen.

Die einen sagen Bettelbriefe, die anderen, dass es sich um den Versuch einer außergerichtlichen Einigung handelt, bevor man den Gerichtsweg geht. Es liegt immer im Auge des Betrachters. Wichtig nur, und dieses Damoklesschwert schwebt über jeden der die Zahlung mit Erhalt des Abmahnschreibens verweigerte,

»Gebe ich nur eine mod. UE ab, zahle nicht und wähle die "Schweigende Verteidigung", entscheide ich mich für entweder Klage oder Verjährung. Die Chancen stehen 50:50, deshalb sollte ich mich mit Erhalt der Abmahnung stetig auf den Worst Case (Klage) vorbereiten (Fakten, Beweise, Geld).«

Dabei ist es egal, wer was schreibt bzw. wo was steht. Diese Entscheidung liegt bei jeden Abgemahnten allein und nicht beim anonymen Ratgeber. Verjährt der Fall, hat man alles richtig gemacht, wenn nicht ... hat man aber nicht alles falsch gemacht, sondern muss den neuen Sachverhalt einschätzen, beurteilen und sich neu entscheiden.


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Man sollte sehen, eine Abmahnung ist - kein - Kinderspiel, es kann dein Geld kosten, nichts meines.



Aufgrund der Rechtsprechung ist zu erkennen, dass 2016 eine Erhöhung im Schadesnersatz zu verzeichnen ist.


Beispiel: Film (Gegenstandswert 10.000,- €)

vormals

AG: 506,- €
SE: 450,- €
__________________
Klagewert 956,- €
==================


2016

AG: 506,- €
SE: 600,- €
____________________
Klagewert 1.106,- €
====================


Da man - jedenfalls hier - umfassend informiert, kann man dies auch jederzeit in den veröffentlichten Gerichtsentscheidung (Verlorene / Gewonnene) im Thread nachlesen.


Das bedeutet, Klagewert 1.006,- € (allgemein, ohne Gutachten, Reisekosten, Kosten Mahnverfahren usw.) im Verlierfall (Worst Case):

Klagewert: 1.006,- €
AG (eigene): 277,- €
AG (Gegner): 366,- €
Gerichtskosten: 213,- €
_______________________
Gesamt: 1.862,- €
=======================

Und nen, es ist - keine - Panikmache meinerseits, sondern der Hinweis und Berechnung, was auf einen zukommen könnte, wenn man verklagt wird und verliert (Störer / Täter, nur Störer, nur Täter). Natürlich gibt es aber selbst mit Erhalt einer Klageschrift noch weitere Möglichkeiten, wie, man verteidigt sich und gewinnt, erkennt an, versäumt, vergleicht sich (außergerichtlich / gerichtlich). Ich denke, dass man aber jede Variante wissen und gedanklich durchspielen sollte.



[quoteemNNirom](...) Weiterhin ignorieren? (...)[/quoteem]

Diese Entscheidung kann ich dir nicht - kein Forum - abnehmen! Zur Wiederholung,
»Gebe ich nur eine mod. UE ab, zahle nicht und wähle die "Schweigende Verteidigung", entscheide ich mich für entweder Klage oder Verjährung. Die Chancen stehen 50:50, deshalb sollte ich mich mit Erhalt der Abmahnung stetig auf den Worst Case (Klage) vorbereiten (Fakten, Beweise, Geld).

Dabei ist es egal, wer was schreibt bzw. wo was steht. Diese Entscheidung liegt bei jeden Abgemahnten - allein - und nicht beim anonymen Ratgeber. Verjährt der Fall, hat man alles richtig gemacht, wenn nicht ... hat man aber nicht alles falsch gemacht, sondern muss den neuen Sachverhalt einschätzen, beurteilen und sich neu entscheiden. «



[quoteemNNirom](...) Wenn der Mahnbescheid kommt und man widerspricht, kann man sich dann noch immer vergleichen, BEVOR es zur Klage kommt?
Und woran bemisst sich der Vergleich? An der Ausgangsforderung der Abmahnung oder an den erhöhten Forderungen der Folgeschreiben? (...)[/quoteem]


Je höher der Aufwand, desto höher die Kosten. Erhält man einen Mahnbescheid, gilt - allgemein -


Mahnbescheid (allgemein):
  • 1. Widerspruch - insgesamt - (siehe Link, bei unberechtigten Forderungen)
    2. Abwarten
    • 2.1. klagt man
      • 2.1.1. beauftragt man sofort einen Anwalt
        2.1.2. versucht sofort einen außergerichtlichen Vergleich (siehe Link)
    • 2.2. klagt man nicht
      • 2.2.1. antwortet auf keine weitere außergerichtliche Post
        2.2.2. berichtet einmal hier, wenn man Abstand gefunden hat.
    3. Natürlich kann man sich auch jetzt (aus reinen Kostengründen) außergerichtlich vergleichen.

Wenn man mit Erhalt eines Mahnbescheides und nach eingelegtem Widerspruch (Insgesamt) sowie einer Verfügung eines Gerichtes zur Durchführung eines schriftliches Vorverfahrens (Klage normal) für den außergerichtlichen Vergleich entscheidet, sollte einiges beachten.

1. Nicht zögern, sondern - sofort - den Abmahner telefonisch kontaktieren. Es ist keine Zeit mehr für schriftliches Versteckspiel (wie?).
2. In der Regel ist man vergleichsbereit, nur ist man jetzt selbst der Bettler (Hart? Nein, die Wahrheit!).
3. Es ist aber zwischen den Vergleich zur Abmahnung und den separaten Forderungen zum Gerichtsverfahren zu unterscheiden.

Nachfolgend ist auch kein Dogma und hängt von vielen Faktoren ab (Verhandlungsgeschick, konkreten Fall, mit oder mit ohne Anwalt usw. usf.)

MB - Widerspruch:
Vergleich: ca. 650,- - 800,- €
Mahnverfahren: ca. 150,- € (oder die im MB thematisierten)

MB - Widerspruch - Anspruchsbegründung (Klage im Mahnverfahren)
Vergleich: ca, 650,- - 800,- €
separater richterlicher Kostenfestsetzungsbeschluss: ca. 300,- - 400,- €

Bitte beachten: Kein Dogma und hängt von vielen Faktoren ab (Verhandlungsgeschick, konkreten Fall, mit oder mit ohne Anwalt usw. usf.)!

Und man sollte auf alle Fälle davon abgehen, dass man selbst in der besseren Ausgangslage wäre, dies ist nur lt. der Forenwelt so. Da diesbezügliche Fragen sich häufen werden, sollte es für jeden Leser als Einführung gelten. Zu komplizert, dann sollte man zu einem Anwalt gehen.




Wann verjährt mein Fall?


Die Berliner Landesrichter haben mir per EV (Urt. v. 30.08.2013, Az. 103 O 60/13) per Strafe bei Zuwiderhandlung (Ordnungsgeld bis 250.000,00 EUR oder Ordnungshaft bis 6 Monaten) untersagt, auf konkrete Verjährungsfragen, konkret zu antworten. Denn dies bedürfe einer Einzelfall-Beurteilung der entsprechenden - dabei egal, ob von einem anonymen Account - Rechtsfrage und wäre deshalb unerlaubte Rechtsberatung.


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Verjährung Filesharing Allgemein

Der BGH hat mittlerweile ein Machtwort gesprochen (I ZR 48/15 - Everytime we touch) und die teilweise rechtsirrigen Auffassungen zur Verjährung bei Filesharing Fälle revidiert.


Kommentare

Schricker/Wild 4. Aufl.; § 102 Rn.: 6:
  • (...) Ist der Verletzer aufgrund der Rechtsverletzung bereichert, greift § 102 S. 2 i.V.m. § 852 BGB. Dadurch kann der Verletzte auch nach Eintritt der dreijährigen Verjährung des Schadensersatzanspruchs noch die Bereicherung nach § 812 ff. BGB geltend machen. Der Anspruch bleibt Schadensersatzanspruch aus unerlaubter Handlung, ist jedoch im Umfang der ungerechtfertigten Bereicherung von der deliktischen Verjährung ausgenommen. Es handelt sich um eine Rechtsfolgenverweisung; die §§ 812 ff. BGB gelten nur für den Umfang, nicht jedoch für die Voraussetzungen des Anspruchs (hM; Palandt/Heinrichs § 852 BGB Rdnr. 2; Wandke/Bullinger/Bohne Rdnr. 9). (...) Es handelt sich um einen Restschadensersatzanspruch in Höhe der Bereicherung, der lediglich auf das auf Kosten des Verletzten erlangte beschränkt ist (BGHZ 71, 86). (...)
Pallandt, § 852, 72. Auflage, 2013, Seite 1437:
  • (...) Herausgabeanspruch nach Eintritt der Verjährung:
    Hat der Ersatzpflichtige durch eine unerlaubte Handlung auf Kosten des Verletzten etwas erlangt, so ist er auch nach Eintritt der Verjährung des Anspruchs auf Ersatz des aus einer unerlaubten Handlung entstandenen Schadens zur Herausgabe nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet. (...)


Kurz und knapp:

Verjährungsfrist - allgemein gemäß § 102 UrhG

1. § 102 Satz 1 UrhG = Abmahnkosten - 3 Jahre
a) unabhängig ihrer Rechtsgrundlage (§§ 97, 97a Abs. 3 UrhG) = drei Jahren (§ 195 BGB)
b) Beachte: mögliche Unterschiede in den Höchstfristen (§ 199 BGB)


2. § 102 Satz 2 UrhG = (Rest-) Schadensersatzanspruch aus unerlaubter Handlung - 10 Jahre
a) Unabhängig von den Abmahnkosten
b) Verletzung durch eine unerlaubte Handlung (schuldhaft, widerrechtlicher Eingriff in einen fremden Rechtskreis; § 852 BGB)
c) ist im Umfang der ungerechtfertigten Bereicherung, die der Schädiger aus der unerlaubten Handlung erlangt hat und von der deliktischen Verjährung ausgenommen.



Aufsatz zum Thema Verjährung in Filesharing Fälle (leider nur in Bibliotheken ausleihbar):
  • Zeitschrift ZUM, 60. Jahrgang 2016, Heft 2, S. 192:
    "Weber, Christian:
    Die Verjährung von urheberrechtlichen Ansprüchen mit besonderem Augenmerk auf Fälle illegalen Filesharings - Anmerkung zu LG Frankfurt am Main, Urteil vom 08.07.2015, Az. 2-06 S 21/14"



VG Steffen

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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5534 Beitrag von NNirom » Sonntag 6. November 2016, 03:59

Hallo Steffen,

erstmal vielen Dank für deine ausführliche Antwort. Ich gehe darauf später noch ein, habe jetzt aber erstmal eine andere Frage, bevor ich endgültig ins Bett hüpfe:
Sind die Zeiträume zwischen Log, Auskunftsbeschluss und Abmahnung nach oben hin begrenzt? Sagen wir mal hypothetisch, dass jemand im Mai 2011 geloggt wird, kann er dafür dann noch 5 Jahre später eine Abmahnung bekommen oder gibt es einzuhaltende Fristen? Könnte man für etwas, das man 2012 "gesaugt" hat, noch heute eine Abmahnung erhalten? Falls Ja, kommt sowas überhaupt vor oder ist das eher selten? Und beginnt die Verjährungsfrist mit dem Log oder mit Abmahnungsdatum?

Danke schon mal im Voraus für jegliche Mühen :=)
Viele Grüße,
NNorim

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Steffen
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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5535 Beitrag von Steffen » Sonntag 6. November 2016, 10:11

[quoteemNNorim](...) Sind die Zeiträume zwischen Log, Auskunftsbeschluss und Abmahnung nach oben hin begrenzt? Sagen wir mal hypothetisch, dass jemand im Mai 2011 geloggt wird, kann er dafür dann noch 5 Jahre später eine Abmahnung bekommen oder gibt es einzuhaltende Fristen? Könnte man für etwas, das man 2012 "gesaugt" hat, noch heute eine Abmahnung erhalten? Falls Ja, kommt sowas überhaupt vor oder ist das eher selten? Und beginnt die Verjährungsfrist mit dem Log oder mit Abmahnungsdatum? (...)[/quoteem]


Hallo @NNorim,

ich hoffe Du bist unfallfrei ins Bett gehüpft. 1ööüüää1


Man - muss - hier allgemein den § 102 UrhG betrachten. Dieser besagt,

Satz 1 = Abmahnkosten - 3 Jahre:
a) unabhängig ihrer Rechtsgrundlage (§§ 97, 97a Abs. 3 UrhG) = drei Jahren (§ 195 BGB)
b) Beachte: mögliche Unterschiede in den Höchstfristen (§ 199 BGB)

Satz 2 = (Rest-) Schadensersatzanspruch aus unerlaubter Handlung - 10 Jahre:
a) Unabhängig von den Abmahnkosten
b) Verletzung durch eine unerlaubte Handlung (schuldhaft, widerrechtlicher Eingriff in einen fremden Rechtskreis; § 852 BGB)
c) ist im Umfang der ungerechtfertigten Bereicherung, die der Schädiger aus der unerlaubten Handlung erlangt hat und von der deliktischen Verjährung ausgenommen.


Betrachtet man sich jetzt den § 199 BGB, steht da.

Absatz 1:
(...) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem
1. der Anspruch entstanden ist und
2. der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. (...)

Aufgeschlüsselt heißt es nichts anderes,
(...) mit dem Schluss des Jahres, in dem
1. der Urheberverstoß in der Tauschbörse geloggt wurde UND (nicht oder / bzw.)
2. der Rechteinhaber nach einem Gestattungsbeschluss (§ 101 Abs. 9 UrhG) bzw. resultierend nachfolgenden Reseller-Antrag vom Provider Name + Hausnummer des Anschlussinhabers übermittelt bekam. (...)

Das ist ja eigentlich auch verständlich, da die P2P-IP nicht die Person dahinter offenbart, sondern nur im Rahmen des zivilrechtlichen Auskunftsanspruch der Provider zu dieser IP einen seiner Kunden (vertraglicher AI) zuordnen und verauskunften kann.

Nur kann sich der Rechteinhaber nicht unbefristet Zeit lassen seine Ansprüche bzw. Forderungen vorgerichtlich abzumahnen oder notfalls gerichtlich durchzusetzen. Beispiel: Log.: 2009; Providerauskunft 2010 - hier sind die Abmahnkosten (§ 102 Satz 1 UrhG) Sylvester 2016 verjährt. Rein theoretisch könnte man es, da die Verjährung nicht von Amts wegen geprüft wird. Sobald aber die Beklagtenseite dann Einrede erhebt, würde die Klage als unbegründet abgewiesen werden. Nur, dies wissen auch die Abmahner und ich bin mir sicher, dass dein Abmahner so etwas nicht nötig hat. Und man muss leider auch sagen, dass die Abmahner in der Regel über eine bessere Qualifikation verfügen. Verschwörungstheorien gehören meist nur und allein in die Forenwelt.

Das Komplizierte sind aber sogenannten Sonderfällen (wie z.B. Jahreswechsel, Adressänderung usw.). So gab es auch z.B. bei WSYCR einzelne Abmahnungen aus dem Jahr 2013 mit Log. 2009. Die Abmahnkosten wären Sylvester 2012 nach § 102 Satz 1 UrhG verjährt. Es stellte sich aber heraus, dass der betreffende Provider - warum auch immer - erst 2010 oder später den Namen + Hausnummer seines Kunden den Rechteinhaber mitteilte.

Deshalb ist es ja auch in den meisten Fällen unmöglich, dass ein Forum jemand genau seine Verjährung berechnen kann - selbst wenn man es rechtlich dürfte. In der Regel kennt ja nicht einmal der Abgemahnte selbst - alle - Umstände und Faktoren, ansonst würden nicht so viele Fragende in die Foren kommen und genau nach ihrer Verjährung fragen. Wer es genau für seinen Fall wissen möchte und mit der allgemeinen Hilfestellung (Link) nicht zurechtkommt - es klingt hart und herzlos - muss diesbezüglich einen Anwalt beauftragen.


VG Steffen

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AG Charlottenburg, Az. 206 C 336/16

#5536 Beitrag von Steffen » Montag 7. November 2016, 20:21

WALDORF FROMMER: Amtsgericht Charlottenburg bestätigt Haftung eines Anschlussinhabers trotz behaupteter Ortsabwesenheit - Höhe der Abmahnkosten und des Schadensersatzes angemessen


20:20 Uhr


Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Musikaufnahmen. Nachdem sämtliche Versuche einer außergerichtlichen und gütlichen Beilegung des Rechtsstreits gescheitert waren, hatte die Rechteinhaberin Klage wegen der unlizenzierten Verbreitung eines Musikalbums erhoben.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

Beethovenstraße 12 | 80336 München
Telefon: 089 / 52 05 72 10 | Telefax: 089 / 52 05 72 30
E-Mail: web@waldorf-frommer.de | Web: www.waldorf-frommer.de




Bericht

Link:
http://news.waldorf-frommer.de/waldorf- ... ngemessen/


Urteil als PDF:
http://news.waldorf-frommer.de/wp-conte ... 336_16.pdf




Autorin:
Rechtsanwältin Cornelia Raiser



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Der Beklagte hatte vor Gericht seine Täterschaft bestritten und insbesondere vorgetragen, dass er sich im streitgegenständlichen Zeitraum überwiegend im Ausland aufgehalten habe. Zudem habe er seine Wohnung seinerzeit Dritten zur Nutzung überlassen. Auch würde das betreffende Album nicht seinen Musikgeschmack entsprechen.

Nach Ansicht des erkennenden Gerichts war dieser Vortrag nicht ausreichend, um die den Anschlussinhaber treffenden Vortragsobliegenheiten zu erfüllen. Insbesondere kann der Beklagte hierdurch nicht den Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast entsprechen.

Der Beklagte hatte es insofern bereits versäumt, im Einzelnen vorzutragen, wo er sich genau zum jeweiligen Verletzungszeitpunkt aufgehalten hatte. Zudem habe er zur Erfüllung der sekundären Darlegungslast unter Angabe des Namens und der Anschrift darzulegen, welchen Personen er konkret seine Wohnung zur Verfügung gestellt hatte und welche dieser Personen Zugriff auf seinen Internetanschluss hätten nehmen können.

Auch die Behauptung, das abgemahnte Werk treffe nicht seinen Geschmack, reicht nicht aus, um einer Haftung zu entgehen, da ein Download des Albums auch für andere erfolgt sein konnte. Dies hatte der Bundesgerichtshof bereits in seiner Entscheidung Tauschbörse I entschieden. Im Ergebnis blieb es daher bei der vermuteten Täterschaft des Beklagten.

Auch der vom Beklagten eingewandten Rechtsmissbräuchlichkeit erteilte das Gericht eine Absage: Wer gegen die unlizenzierte Verbreitung seiner Werke vorgeht, tut dies nicht rechtsmissbräuchlich. Denn die Vielzahl von Abmahnungen resultiere gerade aus der Vielzahl der Rechtsverstöße.

Das Gericht bestätigte auch die Höhe des geltend gemachten Schadenersatzes sowie der anwaltlichen Abmahnkosten. Dabei erachtet das Gericht insbesondere den in Ansatz gebrachten Gegenstandswert in Höhe von 10.000,00 EUR als angemessen.

Der Anwendung von § 97a Abs. 2 UrhG a.F. erteilte das Gericht ebenfalls eine Absage, da es sich nach einhelliger Rechtsprechung bei illegalem Filesharing nicht um einfach gelagerte Fälle handelt. Eine Begrenzung des Streitwerts aus § 97a Abs. 3 Satz 2 UrhG n.F. kam ebenfalls nicht in Frage, da allein das im Zeitpunkt der Rechtsverletzung geltende Recht maßgebend ist.






AG Charlottenburg, Urteil vom 04.10.2016, Az. 206 C 336/16


  • (...) - Beglaubigte Abschrift -


    Amtsgericht Charlottenburg

    Im Namen des Volkes


    Urteil


    Geschäftsnummer. 206 C 336/16
    verkündet am: 18.10.2016
    [Name], Justizobersekretärin


    In dem Rechtsstreit


    [Name],
    Klägerin,

    - Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldorf Frommer, Beethovenstraße 12, 80336 München, -



    gegen


    [Name],
    Beklagten,

    - Prozessbevollmächtigte: [Name], -



    hat das Amtsgericht Charlottenburg, Zivilprozessabteilung 206, auf die mündliche Verhandlung vom 04.10.2016 durch die Richterin am Amtsgericht [Name] für Recht erkannt:
    1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 956,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.03.2015 zu zahlen.
    2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
    3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.



    Tatbestand

    Die Klägerin ist Inhaberin der ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrechte an dem Album [Name] der Künstlerin [Name].

    In dem Zeitraum am [Datum] [Uhrzeit] Uhr bis [Uhrzeit] Uhr sowie am [Datum] zwischen [Uhrzeit] Uhr und [Uhrzeit] Uhr wurde das Album ohne Erlaubnis der Klägerin auf einer Internet-Tauschbörse zum Download angeboten. Dies wurde durch Recherchen einer von der Klägerin beauftragten Firma festgestellt. Deren Ermittlungen ergaben, dass das Album jeweils von der IP-Adresse [IP] aus hochgeladen wurde.

    Die Klägerin führte ein Auskunftsverfahren in Bezug auf die genannte IP-Adresse durch. Ihr wurde von dem Provider die Auskunft erteilt, dass die genannte IP-Adresse zu den angegebenen Tatzeitpunkten dem Anschluss des Beklagten zugeordnet gewesen sei.

    Mit anwaltlichem Schreiben der jetzigen Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 07.12.2015 wurde der Beklagte im Auftrag der Klägerin wegen Anbietens des streitgegenständlichen Albums abgemahnt sowie zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 450,00 EUR und zum Ersatz von Rechtsanwaltskosten in Höhe von 506,00 EUR aufgefordert. Der Beklagte gab die geforderte Unterlassungserklärung ab, leistete jedoch keine Zahlungen an die Klägerin, auch nicht auf die Mahnung vom 12.03.2015 mit Fristsetzung zum [Datum].

    Der Internetanschluss des Beklagte ist mit einem WPA2 Passwort verschlüsselt, das er alle ein bis zwei Jahre wechselt.


    Die Klägerin behauptet:
    Der Beklagte habe das Album zum Download angeboten.

    Die Klägerin ist der Ansicht, ihr stehe eine fiktive Lizenzgebühr in Höhe von 450,00 EUR zu, ferner Rechtsanwaltskosten für die Abmahnung nach einem Gegenstandswert in Höhe von 10.000,00 EUR (1,0 Geschäftsgebühr zzgl. 20,00 EUR Auslagenpauschale).


    Die Klägerin beantragt,
    den Beklagten zu verurteilen, an sie
    1. einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 450,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.03.2015 sowie
    2. 506,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten aber dem Basiszinssatz seit dem 20.03.2015 zu zahlen.


    Der Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen


    Der Beklagte behauptet:

    Er habe die Urheberrechtsverletzung nicht begangen. Er besitze eine umfassende Musiksammlung, darunter 66 CDs der Klägerin, jedoch nicht einen einzigen Titel der Künstlerin deren Musikstil ihm nicht zusage. Auf seinem Rechner würde sich keinerlei Software befinden, die den Austausch von Medien im Sinne eines zur Verfügungsstellens ermögliche. Er habe sich in der Zeit vom [Datum]bis [Datum] berufsbedingt in [Name] und [Name] aufgehalten.

    Da er sich überwiegend nicht in der eigenen Wohnung aufhalte, stelle er sie hin und wieder Freunden zur Verfügung, In der Zeit vorgenannter Abwesenheit hätten sich in seiner Wohnung jeweils vorübergehend Familienmitglieder aus Großbritannien, Frankreich und den Philippinen aufgehalten, darüber hinaus Freunde aus Großbritannien, Dubai, Frankreich, Italien und der Schweiz.

    Der Beklagte bestreitet die Richtigkeit des mit der Anlage K3 dargestellten Datenmaterials (bei der Anlage K3 handelt es sich um die von der Telekom beauskunfteten Daten). In den vergangenen Jahren seien zahlreiche Fehler bei der angeblich beweiskräftigen Ermittlung von mutmaßlichen Urheberrechtsverletzungen und bei der Feststellung und Zuordnung von IP-Adressen im Zusammenhang mit Filesharing-Verfahren bekannt geworden. In einem gerichtlichen Gutachten, welches das AG Köln in Auftrag gegeben habe, sei festgestellt worden, dass seitens der Telekom ein Zeitversatz von ca. 1 Sekunde bestehe, so dass bei einer nicht unerheblichen Anzahl der Auskünfte der deutschen Telekom AG falsche Adresszuordnungen nicht ausgeschlossen werden könnten.

    Der Beklagte ist ferner der Auffassung, das Vorgehen der Klägerin sei rechtsmissbräuchlich und der Streitwert zu hoch, angemessen sei ein Streitwert in Höhe von 1.000,00 EUR.

    Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird ergänzend auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.



    Entscheidungsgründe

    Die Klage ist begründet.


    I.

    Die Klägerin hat gegen den Beklagten gemäß §§ 97 Abs. 2 UrhG Anspruch auf Schadensersatz wegen unerlaubten Anbietens des Musikalbums [Name] auf einer Internet-Tauschbörse in der geltend gemachten Höhe.

    Das streitgegenständliche Musikalbum ist zunächst ein gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 UrhG urheberrechtlich geschütztes Werk. Die Klägerin ist unstreitig Inhaberin der ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrechte an dem Album Dieses ist gemäß § 19a UrhG öffentlich zugänglich gemacht worden, indem es für eine unbekannte Vielzahl von Nutzern zum Download angeboten worden ist.

    Auch ist davon auszugehen, dass das Musikalbum von dem Internetanschluss des Beklagten aus für eine unbekannten Vielzahl von Nutzern zum Download zur Verfügung gestellt und damit gemäß § 19a UrhG öffentlich zugänglich gemacht worden ist. Der Beklagte bestreitet nicht die Ermittlung als solche, sondern die Richtigkeit der Auskunft der Telekom Deutschland, da seitens der Telekom ein Zeitversatz von ca. 1 Sekunde bestehe, so dass bei einer nicht unerheblichen Anzahl der Auskünfte falsche Adresszuordnungen nicht ausgeschlossen werden könnten. Vorliegend wurde jedoch an zwei Tagen zu unterschiedlichen Zeitpunkten dieselbe IP-Adresse ermittelt und bezüglich beider Zeitpunkte hat die Telekom den Beklagten als Anschlussinhaber ermittelt. Selbst wenn man den Vortrag hinsichtlich des Zeitversatzes als richtig unterstellt, erscheint es vorliegend ausgeschlossen, dass der Beklagte gleich zwei Mal fälschlich als Anschlussinhaber von der Telekom ermittelt wurde.

    Und schließlich ist auch von einer täterschaftlichen Haftung des Beklagten auszugehen.

    Wird ein urheberrechtlich geschütztes Werk der Öffentlichkeit von einer IP-Adresse aus zugänglich gemacht, die zum fraglichen Zeitpunkt einer bestimmten Person zugeordnet ist, so spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass diese Person für die Rechtsverletzung verantwortlich ist. Daraus ergibt sich eine sekundäre Darlegungslast des Anschlussinhabers, der geltend macht, eine andere Person habe die Rechtsverletzung begangen (BGH NJW 2010, 2061 Tz 12 - "Sommer unseres Lebens"). Der Anschlussinhaber muss seine Verantwortlichkeit deshalb im Rahmen des ihm Zumutbaren substantiiert bestreiten sowie Tatsachen darlegen, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines abweichenden Geschehensablaufs ergibt. Die tatsächliche Vermutung ist entkräftet, wenn die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass allein ein Dritter und nicht auch der Anschlussinhaber den Internetzugang für die behauptete Rechtsverletzung genutzt hat (BGH, Urteil vom 15.11 2012 - I ZR 74/12, Rn. 34 - "Morpheus", zitiert nach juris).

    Dieser sekundären Darlegungslast ist der Beklagte jedoch nicht ausreichend nachgekommen.

    Er hat lediglich vage vorgetragen, er habe sich in der Zeit vom [Datum] bis zum [Datum] berufsbedingt in [Name] aufgehalten. Da er sich überwiegend nicht in der eigenen Wohnung aufhalte, stelle er sich hin und wieder Freunden zur Verfügung, In der Zeit vorgenannter Abwesenheit hätten sich in seiner Wohnung jeweils vorübergehend Familienmitglieder aus Großbritannien, Frankreich und den Philippinen aufgehalten, darüber hinaus Freunde aus Großbritannien, Dubai, Frankreich, Italien und der Schweiz.

    Er hat jedoch nicht im Einzelnen vorgetragen, wo genau er sich in dem allein interessierenden Zeitraum vom [Datum] aufhielt, und gegebenenfalls welcher konkreten Person (unter Angabe von Name und Anschrift) er seine Wohnung in diesem Zeitraum zur Verfügung gestellt und Zugriff auf seinen Internetanschluss gewährt hat.

    Der Vortrag reicht daher nicht annähernd aus, um die Vermutung, dass der Anschlussinhaber für die Rechtsverletzung verantwortlich ist, zu erschüttern. Allein die Beteuerung, er selbst sei es nicht gewesen, ihm sage der Musikstil nicht zu, reicht erst recht nicht aus.

    Unbekannte Dritte scheiden als Täter ebenfalls aus, da der WLAN-Anschluss nach dem eigenen Vortrag des Klägers ausreichend geschützt war. Im Ergebnis bleibt es mithin bei der Täterschaftsvermutung.

    Von einer schuldhaften Verletzung des Urheberrechts ist ebenfalls auszugehen.

    Der Höhe nach ist die Klägerin berechtigt, den Schadensersatz auf Basis der Lizenzanalogie gemäß § 97 Abs. 2 Satz 3 UrhG zu berechnen. Der Verletzer hat danach dasjenige zu zahlen, was vernünftige Parteien bei Abschluss eines fiktiven Lizenzvertrages in Kenntnis der wahren Rechtslage und der Umstände des konkreten Einzelfalles als angemessene Lizenzgebühr vereinbart hätten (vgl. nur Dreier / Schulze, UrhG, 3. Aufl., § 97 Rn. 61 m.w.N.). Dabei kann dahin stehen, inwieweit eine Lizenzierung der vorliegenden Art von der Klägerin überhaupt vorgenommen worden wäre, da es sich bei dieser Art der Schadensberechnung gerade um eine Fiktion handelt.

    Die geltend gemachte Höhe der Lizenzgebühren von 450,00 EUR überschreitet die der gerichtlichen Schätzung (§ 287 ZPO) unterliegende übliche Höhe einer ordnungsgemäßen Lizenz nicht. Angesichts der unbeschränkten und kostenlosen Weiterverbreitung des geschützten Werkes im Rahmen einer Internet-Tauschbörse und angesichts der Erwerbskosten eines einzigen Vervielfältigungsstückes des streitgegenständlichen Werks geht das Gericht von einer fiktiven Lizenzgebühr aus, welche die eingeklagten 450,00 EUR um ein Vielfaches übersteigt.

    Des Weiteren schuldet der Beklagte die durch die Einschaltung von Rechtsanwälten angefallenen Abmahnkosten. Die insoweit geltend gemachten 506,00 EUR liegen an der unteren Grenze dessen, was die Klägervertreter als Vergütung berechnen durften. Der zu Grunde gelegte Gegenstandswert von 10.000,00 EUR ist ohne Weiteres angemessen, und die berechnete 1,0 Gebühr liegt unter dem Mittelwert. Eine Begrenzung des Streitwertes auf 1.000,00 EUR gemäß § 97a Abs. 3 Satz 2 UrhG n.F. kommt nicht in Betracht, da diese Vorschrift auf Abmahnungen, die vor dem Inkrafttreten der Neufassung des § 97a UrhG ausgesprochen wurden, keinen Anwendung findet. Der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen ist auch nicht gemäß § 97a Abs. 2 UrhG a F auf 100,00 EUR beschränkt, da es sich nach einhelliger Rechtssprechung bei Filesharing nicht um einfach gelagerte Fälle handelt.

    Und schließlich ist auch ein Rechtsmissbrauch zu verneinen. Allein aus der Anzahl der abgemahnten Fälle kann nicht auf Rechtsmissbrauch geschlossen werden. Denn die Vielzahl der Abmahnungen folgen aus der Vielzahl der Rechtsverstöße. Es kann der Klägerin nicht versagt werden, diese zu verfolgen.



    II.

    Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 288 BGB.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPIO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr 11, 711 ZPO.



    Rechtsbehelfsbelehrung

    Gegen die Entscheidung können Sie, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder die Berufung vom Gericht, das die Entscheidung getroffen hat, zugelassen worden ist, Berufung einlegen, wenn Sie durch die Entscheidung in Ihren Rechten beeinträchtigt sind.

    Im Berufungsverfahren müssen Sie sich von einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt vertreten lassen.

    Dies gilt für das Einlegen der Berufung und die Begründung.

    Die Berufung muss schriftlich in deutscher Sprache durch Ihre Rechtsanwältin oder Ihren Rechtanwalt beim

    Landgericht Berlin
    Littenstraße 12-17
    10179 Berlin


    oder

    Landgericht Berlin
    Tegeler Weg 17-21
    10589 Berlin


    oder

    Landgericht Berlin,
    Turmstraße 91,
    10559 Berlin


    eingelegt werden.

    Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt wird.

    Die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift müssen von Ihrer Rechtsanwältin / Ihrem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

    Die Berufung ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem oben genannten Gericht einzulegen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Verkündung der Entscheidung, wenn die Entscheidung nicht zugestellt werden konnte.

    Die Berufungsschrift muss innerhalb der Frist beim Gericht eingegangen sein.

    Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, innerhalb von zwei Monaten schriftlich zu begründen.

    Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.


    [Name],
    Richterin


    Für die Richtigkeit der Abschrift
    Berlin, den 18.10.2016


    [Dienstsiegel]


    [Name], Justizobersekretärin

    Durch maschinelle Bearbeitung beglaubigt - ohne Unterschrift gültig



    Hinweis zur Sicherheitsleistung

    Kann aufgrund der vorliegenden gerichtlichen Entscheidung eine Partei Sicherheit leisten, so ist diese durch die schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts oder durch Hinterlegung zu bewirken Die Hinterlegung ist bei der Hinterlegungsstelle eines Amtsgerichts - in Berlin nur bei dem

    Amtsgericht Tiergarten,
    Turmstraße 91,
    10559 Berlin


    - auf dem dort erhältlichen Vordruck zu beantragen. Bei Antragstellung ist eine Abschrift der gerichtlichen Entscheidung vorzulegen Die Vordruckbenutzung ist nicht vorgeschrieben, ist aber wegen der notwendigen Formalien dringend zu empfehlen. Ohne einen Antrag kann nicht wirksam hinterlegt werden.

    Anstelle der Hinterlegung kann auch eine andere Form der Sicherheitsleistung in Betracht kommen, wenn dies in der gerichtlichen Entscheidung zugelassen ist oder wenn sich die Parteien hierüber geeinigt haben.

    Dient die Sicherheitsleistung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung, kann es zweckmäßig sein, die gegnerische Partei bzw. deren Verfahrensbevollmächtigten über die erfolgte Hinterlegung zu unterrichten.

    Bei Geldhinterlegungen ist Bareinzahlung vorteilhaft, da das Einreichen von Schecks das Verfahren wesentlich verzögern kann. (...)



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


AG Charlottenburg, Urteil vom 04.10.2016, Az. 206 C 336/16,
WALDORF FROMMER Rechtsanwälte,
Klage Waldorf Frommer,
Rechtsanwältin Cornelia Raiser,
sekundäre Darlegungslast,
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Steffen
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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5537 Beitrag von Steffen » Mittwoch 9. November 2016, 16:45

Alle empfohlene Vorgehensweisen, Grundkurse und anonymen Tipps - auch die blödsinnigsten - funktionieren natürlich auch, wenn und solange der Abmahner - keine - Klage erhebt!


16:45 Uhr


Wenn sich das Jahr dem Ende zuneigt, ist in den Foren verstärkter Diskussionsbedarf gegeben. Warum? Die Abmahner werden jetzt außergerichtlich / gerichtlich ihre offenen Forderungen / Ansprüche vor Ende der gesetzlichen Verjährungsfrist (31.12.; 24:00 Uhr) geltend machen. Viele Abgemahnte werden aus dem jahrelangen "Dornrösschenschlaf" gerissen, innerlich abgeschlossen mit der Abmahnung, wird man jetzt erneut angeschrieben. Hierbei tauchen immer wieder die gleichen Fragen und Unklarheiten auf. Auch gibt es den einen oder anderen, der selbst eine vermeintlich neue Schwachstelle im Abmahnwesen entdeckt hat und diese in hochtechnischen und -juristischen Fachgesprächen -seitenlang - ausdiskutiert werden. Und diejenigen, die selbst hochtechnisch und -juristisch die Feinheiten der neuen Schwachstellen ausgiebig und in aller Feinheit und vermeintlichen Wichtigkeit ausdiskutieren, haben selber nichts gerissen - außer sich zu vergleichen oder Leichtgläubige in Vergleiche zu drängen.



Wann ist mein Abmahnfall verjährt?

Faustregel: Jahr Erhalt Abmahnschreiben - ab 31.12.; 24:00 Uhr - 3 Jahre.

Verjährung Filesharing + Hemmung durch einen Mahnbescheid - Allgemein (Link)

Wann nun im einzelnen ein Abmahnfall verjährt oder nicht; durch einen Mahnbescheid die Verjährung gehemmt wird oder nicht bzw. wie lange usw. ... dass ist nicht Aufgabe eines Forums zu beurteilen und zu klären.

  • Auszug aus den aktuellen Foren-Regeln:

    (...) Auszug aus dem § 2 - Begriff der Rechtsdienstleistung RDG
    (1) Rechtsdienstleistung ist jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert.
    (...)
    (1) Es dürfen jederzeit Fragen gestellt, Standpunkte sowie Meinungen vertreten und Erläuterungen gegeben werden zu Rechtsfällen und Rechtsfragen die nicht spezifisch auf eine Person bzw. auf einem Rechtsfall zugeschnitten sind. Diese Fragen sollten deshalb allgemein bzw. fiktiv verfasst werden. (...)

Wer mit der Faustregel (Jahr Erhalt Abmahnschreiben, ab 31.12.; 24:00 Uhr - 3 Jahre ) oder den allgemeinen Ausführungen im Link nicht allein zurecht kommt, derjenige muss einen Anwalt konsultieren. Es wird diesbezüglich keine Berechnungen im Einzelfall erfolgen.




Alle empfohlene Vorgehensweisen, Grundkurse und anonymen Tipps - auch die blödsinnigsten - funktionieren natürlich auch, wenn und solange der Abmahner keine Klage erhebt!

Natürlich tauchen auch gerade jetzt wieder dann Poster auf, die an Hand ihres Falles erklären wollen, dass alles gar nicht so schlimm sei. Natürlich gibt es Abgemahnte die keine EV erhielten, obwohl sie keine UE abgaben; natürlich gibt es Abgemahnte, die mehrere Abmahnungen erhielten und in keinem Fall verklagt worden usw. usf. Nur kann man nicht von Einzelfälle auf die Gesamtheit schlussfolgern. Jeder steht - mit - Erhalt seiner Abmahnung vor den immer währenden Gedankenprozess.


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Die Zeiten, wo - jedenfalls nach der lilabunten Foren-Welt - "die Dubiosesten der Dubiosen sowieso nicht klagen" sind spätestens mit dem BGH-Entscheid "Sommer unseres Lebens" (2010) vorbei, als unser (Foren- bzw. Abgemahnten-) Kartenhaus zusammenbrach. Eine Abmahnung = kein Kinderspiel!


Goldene AW3P-Regel:

»Gebe ich nur eine mod. UE ab, zahle nicht und wähle die "Schweigende Verteidigung", entscheide ich mich für entweder Klage oder Verjährung. Die Chancen stehen 50:50. Deshalb sollte ich mich mit Erhalt der Abmahnung stetig auf den Worst Case (mögliche Klage) vorbereiten (Fakten, Beweise, Geld).

Dabei ist es egal, wer was wo schreibt bzw. wo was wie steht. Diese Entscheidung liegt bei jeden Abgemahnten - allein - und nicht beim anonymen Ratgeber. Verjährt der Fall, hat man alles richtig gemacht, wenn nicht ... hat man aber nicht alles falsch gemacht, sondern muss den neuen Sachverhalt klarmachen, einschätzen und beurteilen sowie sich jeweils - neu - entscheiden.«

Und mehr ist es nicht. Wer wirklich eine neue Schwachstelle fand, der sollte diese dann auch nutzen und in den Foren berichten. Nur wird es sich wie vieles in der Foren-Welt als Verschwörungstheorie herausstellen. Ein Teil der 2013'er wird verjähren, ein Teil wird zahlen, ein Teil wird sich vorgerichtlich vergleichen, ein Teil wir einen Mahnbescheid erhalten, ein Teil wird verklagt werden und gewinnen, verlieren, vergleichen. Keiner der sich seriös engagiert, kann eine Garantie ausstellen welcher Teil bei wem zutrifft. Spätestens Ende Januar Folgejahr sind die Verschwörungstheoretiker sowieso wieder im Dornrösschenschlaf falls der "Kelch der Klage" vorbeizieht. Verbitterung oder Panikmache? Nein! Erfahrungen aus einem sich jährlich wiederholenden Sachverhalt.


Bild



1. Abmahnung

UE - ja / nein
Forderungen - zahlen / vergleichen / Nichtzahlen

Regel:
mod. UE + Nichtzahlen (schweigende Verteidigung)

Hinwies:
Natürlich muss mann innerhalb der Verjährungsfrist mit Folgeschreiben (ugs. Bettelbrief) rechnen



2. Folgeschreiben bzw. Erinnerungsschreiben

Forderungen - zahlen / vergleichen / Nichtzahlen

Regel:
Ignorieren



3. Letztes vorgerichtliches Schreiben vor Ende Verjährungsfrist

Forderungen - zahlen / vergleichen / Nichtzahlen

Regel:
Ignorieren



4. Mahnbescheid

Widerspruch (insgesamt) - abwarten / außergerichtlicher Vergleich

Abwarten:
a) die Ansprüche werden nicht begründet = keine Klage
b) die Ansprüche werden begründet = Klage (mindestens bis Ende Juli Folgejahr abwarten)
aa) aktiv verteidigen
ab) anerkennen, versäumen, gerichtlicher bzw. außergerichtlicher Vergleich

Außergerichtlicher Vergleich
a) außergerichtlicher Vergleich mit Widerspruch und ohne Anspruchsbegründung
- hier wird zu dem Betrag xxx,xx € Abmahnung noch einen Betrag Kosten Mahnverfahren (im Mahnbescheid ersichtlich, ca. 150,- - 180,- €) aufaddiert -
- Betrag Abmahnung + Kosten Mahnverfahren = Vergleich
b) außergerichtlicher Vergleich mit Widerspruch und mit Anspruchsbegründung
- hier wird zu dem Betrag xxx,xx € Abmahnung separat noch ein Betrag Gerichtskosten mittels gerichtlichen Kostenfestsetzungsbeschluss auf einen zukommen (ca. + 300,- - 400,- €)
- Betrag Abmahnung = Vergleich + separat Kostenfestsetzungsbeschluss Gericht


5. Leistungsklage

Hier erhält man - ohne vorherigen Mahnbescheid - sofort eine Verfügung eines Amtsgerichtes zur Durchführung eines z. B. schriftlichen Vorverfahren (mit beinhalteter Klageschrift)

Beachte 2 Fristen
a) 14 Tage Anzeige der aktiven Verteidigung
b) weitere 14 Tage Klageerwiderung

Reaktion
aa) aktiv verteidigen (nur mit erfahrenen Anwalt!)
ab) anerkennen, versäumen, gerichtlicher bzw. außergerichtlicher Vergleich

Jedes Klageverfahren hängt ab,
a) vom Einzelfall (Abmahnung bis Gerichtstermin)
b) Gesetzgebung + höchstrichterliche Rechtsprechung (BGH)
c) Ermessensgrundlage (Rechtsprechung) des jeweiligen Gerichts (AG, LG, OLG + AG <-> LG <-> OLG)
d) Ermessensgrundlage des Einzelplatzrichters (schnelle, nicht zeitaufwendige Entscheidung im Einzelfall)
e) Qualität (Vortrag, Risikobereitschaft, handwerkliches Geschick (ZPO, UrhG, BGB usw. / Erfahrung) Beweise, RI) des Klägers
f) Qualität (Vortrag, Risikobereitschaft, handwerkliches Geschick (ZPO, UrhG, BGB usw. / Erfahrung), Beweise) des Beklagten
g) "Vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand“

Außergerichtlicher Vergleich
- hier wird zu dem Betrag xxx,xx € Abmahnung separat noch ein Betrag Gerichtskosten mittels gerichtlichen Kostenfestsetzungsbeschluss auf einen zukommen (ca. + 300,- - 400,- €)


6. Verjährung

a) man erhält zwar Folgeschreiben aber es werden keine gerichtliche Schritte ausgeschöpft
b) man erhält weder Folgeschreiben noch werden gerichtliche Schritte ausgeschöpft


Und im Großen und Ganzen ist es nichts anders. Natürlich gibt es Ausnahmefälle, wie z.B. man erhält einen MB, hat aber nie ein Abmahnschreiben erhalten usw. usf. Dieses ist dann zu speziell um es mit aufzulisten und würde zu einem Roman werden.



VG Steffen

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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5538 Beitrag von ChiliPalmer » Sonntag 13. November 2016, 12:39

Hallo zusammen,

ich habe vor ein paar Wochen eine Abmahnung von Waldorf Frommer erhalten. Da ich bereits Kontakt mit der Kanzlei hatte war ich zu Beginn nicht allzu besorgt. Ich habe die modifizierte UE abgeschickt und wie erwartet die Bestätigung und Zahlungserinnerung erhalten. Diese habe ich nicht beachtet, und nun ein Schreiben erhalten, das mich ein wenig überrascht hat.

Es ist ein Vergleichsangebot, in dem mir angeboten wird, die Abmahnung in Raten zu zahlen. Sie weisen darauf hin, dass die Mandantschaft weiter eine einvernehmlichen Einigung anstrebt, und dass, sollte ich ein Gerichtsverfahren anstreben, auch solche Fälle oft auf Anraten der Gerichte per Vergleich beendet werden, dass in diesem Fall aber zusätzliche Kosten wie Gerichtsgebühren, Reisekosten etc. entstehen.
Angehangen ist eine Ratenzahlungsvereinbarung, in der ich mir eine monatliche Ratenzahlung von 100€ oder 50€ aussuchen kann.

Bei meinem ersten Kontakt mit der Kanzlei habe ich kurz vor Verjährung kalte Füße bekommen und auf Raten eines Anwalts meine Lage als Student erklärt und eine Ratenzahlung für einen verminderten Abmahnbetrag vorgeschlagen, ohne Schuldeingeständnis. Das wurde akzeptiert. Habe ich nun dieses Angebot vielleicht bekommen, weil WF in ihren Daten noch vorliegen hat, dass ich letztes Mal eine Ratenzahlung gemacht habe? Oder geht WF mittlerweile öfter auf diese Art vor? Also kann ich das Schreiben als eines der Bettelschreiben ansehen und ignorieren?

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Steffen
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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5539 Beitrag von Steffen » Sonntag 13. November 2016, 13:49

Hallo @ChiliPalmer,

ich muss diesbezüglich noch einmal nachhaken. Handelt es sich um ein und denselben Fall (Log. Werk, RI), der durch den Vergleich abgegolten ist, oder um zwei verschiedene? Es wird aus deinem Posting nicht so richtig ersichtlich.

VG Steffen

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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5540 Beitrag von ChiliPalmer » Sonntag 13. November 2016, 22:27

Steffen hat geschrieben:Hallo @ChiliPalmer,

ich muss diesbezüglich noch einmal nachhaken. Handelt es sich um ein und denselben Fall (Log. Werk, RI), der durch den Vergleich abgegolten ist, oder um zwei verschiedene? Es wird aus deinem Posting nicht so richtig ersichtlich.

VG Steffen
Tut mir leid, das stimmt, das hätte ich erwähnen sollen. Nein, es sind zwei verschiedene Fälle. Der erste ist komplett abgehakt und auch schon gute 5, 6 Jahre her.

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