AG Staufen im Breisgau, Urteil vom 30.06.2015, Az. 2 C 296/14
- rechtskräftig!
Dr. Wachs Rechtsanwälte:
Amtsgericht Staufen im Breisgau weist "BaumgartenBrandt"-Klage zurück,
da die Ermittlung der IP-Adresse unter Verstoß gegen datenschutzrechtliche
Bestimmungen des TKG erfolgte.
Die Gestattungsanordnung (§ 101 Abs. 9 UrhG9) richtete sich nur gegen
den Backbone-Provider, nicht aber gegen den Reseller-Provider.
13:29 Uhr Uhr
Wie ein Beklagter im Forum von AW3P informiert, wurde mit dem Urteil des Amtsgericht (AG) Staufen im Breisgau (Urt. v. 30.06.2015, Az. 2 C 296/14) eine unbegründete Filesharingklage der "KSM GmbH", vertreten durch die Berliner Kanzlei "BaumgartenBrandt", erfolgreich abgewiesen, da die Ermittlung der streitgegenständlichen IP-Adresse unter Verstoß gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen des TKG erfolgte. Der Beklagte wurde - anwaltlich - vertreten von der Hamburger Kanzlei ...
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Rechtsanwalt Dr. Alexander Wachs
Dr. Wachs Rechtsanwälte
Osterstraße 116 | 20259 Hamburg
Telefon: 040 411 88 15 70
Fax: 040 411 88 15 77 | 040 444 65 51 0
E-Mail: info@dr-wachs.de | Web: www.dr-wachs.de
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Abmahnfall
Der Beklagte wurde wegen einer vermeintlichen Verwertung des Films "Battle of the Brave" (Log: 12/2009) 10/2010 abgemahnt. Nach der Erwirkung eines Beschlusses zur Herausgabe von Verkehrsdaten (§ 101 Abs. 9 UrhG) an dem Backbone-Provider (Netzvermieter), wurde beauskunftet, das die IP-Adresse einem Reseller-Provider (Netzmieter) zum Tatzeitpunkt zugewiesen war. Aus entsprechender Anfrage des Abmahners hat dann der Reseller-Provider die Daten seines Kunden, die des Beklagten, herausgegeben. Nachdem die Zahlung verweigert wurde, reichte die Klägerin am AG Staufen im Breisgau die Klage ein.
Antrag
Urteil
Entscheidungsgründe
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AG Staufen im Breisgau, Urteil vom 30.06.2015, Az. 2 C 296/14
Urteil im Volltext als PDF-Download (2,75 MB)
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Glückwunsch an den Beklagten und seinen Anwalt, Herrn Rechtsanwalt Dr. Alexander Wachs, sowie der Bereitstellung dieser Entscheidung durch den Beklagten.
AW3P-Bauernregel:
»Sei ständig Dir bewusst,
immer zum Anwalt,
nie zum Pflaumenaugust.«
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Autor: Steffen Heintsch für AW3P
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AG Staufen im Breisgau, Urteil vom 30.06.2015, Az. 2 C 296/14
Amtsgericht Staufen im Breisgau weist "BaumgartenBrandt"-Klage zurück,
da die Ermittlung der IP-Adresse unter Verstoß gegen datenschutzrechtliche
Bestimmungen des TKG erfolgte.
Die Gestattungsanordnung (§ 101 Abs. 9 UrhG9) richtete sich nur gegen
den Backbone-Provider, nicht aber gegen den Reseller-Provider.
13:29 Uhr Uhr
Wie ein Beklagter im Forum von AW3P informiert, wurde mit dem Urteil des Amtsgericht (AG) Staufen im Breisgau (Urt. v. 30.06.2015, Az. 2 C 296/14) eine unbegründete Filesharingklage der "KSM GmbH", vertreten durch die Berliner Kanzlei "BaumgartenBrandt", erfolgreich abgewiesen, da die Ermittlung der streitgegenständlichen IP-Adresse unter Verstoß gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen des TKG erfolgte. Der Beklagte wurde - anwaltlich - vertreten von der Hamburger Kanzlei ...
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Abmahnfall
Der Beklagte wurde wegen einer vermeintlichen Verwertung des Films "Battle of the Brave" (Log: 12/2009) 10/2010 abgemahnt. Nach der Erwirkung eines Beschlusses zur Herausgabe von Verkehrsdaten (§ 101 Abs. 9 UrhG) an dem Backbone-Provider (Netzvermieter), wurde beauskunftet, das die IP-Adresse einem Reseller-Provider (Netzmieter) zum Tatzeitpunkt zugewiesen war. Aus entsprechender Anfrage des Abmahners hat dann der Reseller-Provider die Daten seines Kunden, die des Beklagten, herausgegeben. Nachdem die Zahlung verweigert wurde, reichte die Klägerin am AG Staufen im Breisgau die Klage ein.
Antrag
- (...) Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. (...)
(...) Der Beklagte bestreitet, die behauptete Rechtsverletzung begangen zu haben. (...) Der Beklagte ist weiter der Ansicht, dass die Klägerin seine Adresse unter Verstoß gegen das Datenschutzgesetz erlangt habe, weil die Klägerin ausweislich des Beschlusses des Landgerichts Köln vom xx.01.2010 - Az. "..." nur die Telekom AG befragen durfte, sich aber auch an die 1&1-AG gewandt hat. (...)
Urteil
- (...) hat das Amtsgericht Staufen im Breisgau durch die Richterin "..." am 30.06.2015 aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 05.06.2015 für Recht erkannt:
- 1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.(...)
- 1. Die Klage wird abgewiesen.
Entscheidungsgründe
- (...) Die zulässige Klage ist unbegründet. (...)
(...) Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch aus Lizenzanalogie gemäß § 97 Abs. 2 UrhG. Die Ermittlung der streitgegenständlichen IP-Adresse erfolgte unter Verstoß gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen des TKG. Damit wird in das verfassungsrechtlich geschützte Persönlichkeitsrecht des Beklagten eingegriffen und ein Verwertungsverbot des widerrechtlich erlangten Beweismittels begründet. (...)
(...) 1. Grundsätzlich gilt, dass die Ermittlungen des Anschlussinhabers über eine dem mutmaßlich Verletzten durch von diesem angestrengte Ermittlungsmaßnahmen bekanntgewordene IP-Adresse in einem zweistufigen Verfahren erfolgt. In einem ersten Schritt muss der Netzbetreiber (sogenannter Access-Provider oder Zugangsanbieter) über die durch den Verletzten mitgeteilte IP-Adresse die Benutzerkennung des vom Teilnehmer und mutmaßlichen Urheberrechtsverletzer verwendeten Anschlusses ermitteln. Im vorliegenden Fall ist die Deutsche Telekom AG der maßgebliche Access-Provider. In einem weiteren zweiten Schritt ordnet der Netzbetreiber anhand seines Datenbestandes den Anschluss einen bestimmten Teilnehmer zu und übermittelt auf diese Weise ermittelte Identität des Anschlussinhabers dem auskunftsverlangenden Rechteinhaber. Insoweit liegt vorstehend eine richterliche Gestattung dieser Übermittlung durch die Deutsche Telekom AG gemäß § 101 Abs. 1 Nr. 3, As. 9 UrhG durch Beschluss des Landgerichts Köln vom xx.01.2010 - Az. "..." - vor. (...)
(...) Ungeachtet dessen verstößt diese Übermittlung gegen datenschutzrechtliche Vorschriften, ohne insoweit durch diese gerichtliche Genehmigung abgedeckt zu sein. Die Erhebung der Bestandsdaten des Teilnehmers (Rufnummer, Name, Adresse, Geburtsdatum des Teilnehmers und ggf. Anschrift des Anschlusses), die durch die Verknüpfung mit der ermittelten dynamischen IP-Adresse ebenfalls zu Verkehrsdaten werden, erfolgt nämlich primär nicht durch den Access-Provider, sondern durch den Vertragspartner und Provider des Anschussinhabers (sogenannter Reseller). Ein solcher Reseller, bei dem es sich regelmäßig nicht um die Deutsche Telekom AG handelt, sondern entweder eine von deren rechtlich selbstständigen Konzerntöchtern oder einem außerhalb des Konzerns der Deutschen Telekom AG agierenden Drittanbieter, erbringt als Vertragspartner des Endkunden dessen Zugang zum Internet als Leistung im eigenen Namen und nutzt hierfür lediglich die Telekommunikationsnetze der Netzbetreiber. Bei diesem Reseller handelt es sich im streitgegenständlichen Fall um die 1&1-AG. Nur zwischen dem Reseller und dem Endkunden bestehen überhaupt telekommunikationsrechtliche vertragliche Beziehungen. (...)
(...) Die Erhebung der Bestandsdaten des Teilnehmers durch den Reseller erfolgt auf der Grundlage des § 111 Abs. 1 TKG. Der Reseller übermittelt diese Daten an den Netzbetreiber, hier die Deutsche Telekom AG, auf der Grundlage des § 111 Abs. 2 RKG. Nach dieser Vorschrift hat der Vertriebspartner die Daten zu erheben und an den Dienstanbieter zu übermitteln. Zweck dieser Datenerhebung und Datenübermittlung sind allein die Auskunftsverfahren nach §§ 112, 113 TKG. (...)
(...) Auskünfte aus den Datensätzen dürfen jedoch gemäß § 112 Abs. 2 TKG nur an Gerichte und Strafverfolgungsbehörden, Polizeivollzugsbehörden, Zollkriminalamt, Zollfahndungsdienst, Zollbehörden, Verfassungsschutzbehörden, Notrufabfragestellen sowie an die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht erteilt werden, sowie gemäß " 113 Abs. TKG an die Strafverfolgungsbehörden, Bußgeldstellen, Sicherheitsbehörden und Verfassungsschutzbehörden. Die Beauskunftung gegenüber anderen Stellen, insbesondere Dritte mit rein privatrechtlichem Interesse ist jedoch nach diesen Vorschriften nicht zulässig. (...)
(...) Zulässig wäre daher in den Fällen, in denen der Reseller die Leistung im eigenen Namen erbringt und nicht mit dem Access-Provider (Netzbetreiber) identisch ist, lediglich die Mitteilung des Namens und der Anschrift des Resellers durch den Netzbetreiber. Der Reseller müsste dann seinerseits die Auskunft über die Daten des Anschlussinhabers erteilen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen des § 101 Abs. 9 UrhG vorliegen, also wenn diesem die Auskunfterteilung gerichtlich gestattet wurde, da auch diese Auskunftserteilung auf die ermittelte IP-Adresse zurückgeht und damit unter Verwendung von Verkehrsdaten erfolgt. Dies ist im vorliegenden Fall nicht ersichtlich. Der streitgegenständliche Gestattungsbeschluss richtet sich nur gegen die Deutsche Telekom AG als Access-Provider. (...)
(...) Daher ist die Beauskunftung rechtswidrig und unter Verstoß gegen die einschlägigen datenschutzrechtlichen Bestimmungen erfolgt. Dies impliziert gleichzeitig eine Verletzung des verfassungsrechtlichen geschützten Persönlichkeitsrechts des beklagten, das ein Verwertungsverbot hinsichtlich des rechtswidrig erlangten Beweismittels nach sich zieht (ebenso AG Koblenz, Hinweisbeschluss vom 14.11.2014, Az. 411 C 250/14, BeckRS 2015, 01801). (...)
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AG Staufen im Breisgau, Urteil vom 30.06.2015, Az. 2 C 296/14
Urteil im Volltext als PDF-Download (2,75 MB)
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Glückwunsch an den Beklagten und seinen Anwalt, Herrn Rechtsanwalt Dr. Alexander Wachs, sowie der Bereitstellung dieser Entscheidung durch den Beklagten.
AW3P-Bauernregel:
»Sei ständig Dir bewusst,
immer zum Anwalt,
nie zum Pflaumenaugust.«
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Autor: Steffen Heintsch für AW3P
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AG Staufen im Breisgau, Urteil vom 30.06.2015, Az. 2 C 296/14