Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

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paradisebird
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10461 Beitrag von paradisebird » Mittwoch 9. Dezember 2015, 16:40

Hallo

Wollte einen Anwalt gegen Abmahnung anheuern.
Ich habe einen Berechtigungsschein für Abwehr gegen Amahnungen vom Gericht erhalten. Dort sagte man mir das der Anwalt nicht mehr als 15 € von mir selber verlangen kann.
Hatte ihm die Unterlagen der gegner Kanzlei gesendet. Jetzt mailte er mir jedoch und bittet um Überweisung eines anwaltsüblichen Vorschusses in Höhe von 300,00 € zu überweisen. Muss ich das Geld jetzt komplett aus eigenem Portemonnaie zahlen? oder wie genau läuft es ab?

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Steffen
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10462 Beitrag von Steffen » Mittwoch 9. Dezember 2015, 16:51

Bevor man einen Anwalt (per Unterschrift) beauftragt, sollte man - neben dem Versenden der Unterlagen - mit diesem einmal fernmündlich geredet haben. Hier muss deinerseits eindeutig darauf hingewiesen worden sein, das es sich um ein Beihilfemandat geht und dass du einen Beratungshilfeschein von deinem Amtsgericht bewilligt bekommen hast. Ansonsten berechnet er die üblichen Gebühren. Ich hoffe, Du hast noch nicht unterzeichnet.

Hier solltest Du auf alle Fälle deinen Anwalt schnell anrufen und das abklären. Inzwischen scannst Du den Beratungsschein ein und sendest ihm diesen nur erst einmal nur per E-Mail.

VG Steffen

paradisebird
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10463 Beitrag von paradisebird » Mittwoch 9. Dezember 2015, 17:33

Steffen hat geschrieben:Bevor man einen Anwalt (per Unterschrift) beauftragt, sollte man - neben dem Versenden der Unterlagen - mit diesem einmal fernmündlich geredet haben. Hier muss deinerseits eindeutig darauf hingewiesen worden sein, das es sich um ein Beihilfemandat geht und dass du einen Beratungshilfeschein von deinem Amtsgericht bewilligt bekommen hast. Ansonsten berechnet er die üblichen Gebühren.
Ja davon haben wir ihn gestern vorab in Kenntnis gesetzt. Das ist ja das eigenartige.

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Steffen
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10464 Beitrag von Steffen » Mittwoch 9. Dezember 2015, 18:08

Noch einmal mit ihm reden, mit Beratungshilfeschein, gibt es nur ein Beihilfemandat (die angesprochenen 15,- €). Nicht mehr!

VG Steffen

kirsten
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10465 Beitrag von kirsten » Donnerstag 10. Dezember 2015, 10:56

Hi Steffen

vielen Dank für Deine Antwort, jetzt ist es deutlich.
Leider bin ich schon beim wiedersprochenem Mahnbescheid. 1-3-4-s Macht dann die Akteneinsicht keinen Sinn mehr?

Grüße Kirsten

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Steffen
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10466 Beitrag von Steffen » Donnerstag 10. Dezember 2015, 16:01

Hallo @paradiesvogel,

falls es nicht so herüberkam. Mit dem Beratungshilfeschein gibt es nur "Beratung", sonst nichts - das spiegelt sich im Übrigen auch in dem Verdienst den der jeweilige Anwalt mit einem Beratungshilfeschein erzielt (ca. 85,00 €). In Bundesländern wie Bremen, wo der Beratungshilfeschein abgeschafft ist, gibt es übrigens nur noch eine öffentliche Rechtsberatung, bei der auch nichts weiter passiert, als eine Erstberatung.

Wer gerichtlich vertreten werden möchte, aber kein Geld hat, kann einen Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe stellen. Dessen Erfolg hängt allerdings davon ab, ob die Verteidigung gegen die Klage Aussicht auf Erfolg hat. Kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass noch nicht einmal das der Fall ist, gibt es auch keine PKH.


[quoteemkirsten]Leider bin ich schon beim widersprochenem Mahnbescheid. Macht dann die Akteneinsicht keinen Sinn mehr?[/quoteem]

Hallo @kirsten,

eine Akteneinsicht durch den Betroffenen selbst, macht nur innerhalb 14 Tage nach Erhalt einer Abmahnung Sinn. In einem Klageverfahren, erhält man dann sowieso alle Informationen mittels der Klageschrift.

VG Steffen

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Steffen
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Vorsicht! Fake-Abmahnungen PERCHYSHYN Collections Services!

#10467 Beitrag von Steffen » Donnerstag 10. Dezember 2015, 16:47

WBS-LAW:
Vorsicht! -
Fake-Abmahnungen von PERCHYSHYN Collections Services!



16:50 Uhr


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Rechtsanwalt Christian Solmecke

WILDE BEUGER SOLMECKE Rechtsanwälte GbR
Kaiser-Wilhelm-Ring 27-29 | 50672 Köln
Tel.: 0221 / 951 563 0 | Fax: 0221 / 400 675 52
E-Mail: info@wbs-law.de | Web: www.wbs-law.de


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Uns liegen mehrere Schreiben des angeblichen Inkassounternehmens "Perchyshyn Collections Services" vor, das im Auftrag der "GVZ Medien GmbH" wegen einer Filesharing-Urheberrechtsverletzung 325,00 EUR eintreiben will. Hierbei handelt es sich unserer Einschätzung nach um einen Betrugs-Versuch. Für Betroffene gilt: Auf keinen Fall zahlen!


In den vergangenen Tagen haben sich bei uns in der Kanzlei zahlreiche Betroffene gemeldet, die eine vermeintliche Filesharing-Abmahnung/ Inkasso Forderungseintreibung von einem Inkassounternehmen Namens "Perchyshyn Collections Services" (Kaiserwerther Str. 115, 40880 Ratingen) erhalten haben. Dabei soll "Perchyshyn Collections Services" laut eigenem Schreiben die Interessenvertretung einer "GVZ Medien GmbH" übernommen haben und in deren Auftrag handeln.

Von den Betroffenen wird die Zahlung von 325,00 Euro aufgrund einer angeblich über ein Filesharing-Programm begangenen Urheberrechtsverletzung gefordert. Als Beweis sollen eine IP-Adresse und das Datum sowie die Uhrzeit des vermeintlichen Urheberrechtsverstoßes dienen.



Inkasso-Forderung von "Perchyshyn Collections Services" - Vorsicht Betrugs-Versuch!

Unserer Ansicht nach handelt es sich hierbei eindeutig um einen Betrugs-Versuch und daher um eine Fake-Abmahnung beziehungsweise um ein Fake-Inkasso Forderungsschreiben und nicht um ein ernst zu nehmendes seriöses Anschreiben. Weder "PERCHYSHYN Collection Services" noch der angebliche Rechteinhaber, die "GVZ Medien GmbH" sind bei einer Online-Suche zu finden.

Die angegebene Adresse "Kaiserwerther Str. 115, 40880 Ratingen" ist zwar existent, hier jedoch befinden sich Büros des weltweit bekannten Büroraum-Vermieters "Regus". "PERCHYSHYN Collection Services" ist unter dieser Adresse jedenfalls nicht auffindbar. Sollten hier tatsächlich Büroräume vorübergehend angemietet worden sein, schafft dies alles andere als Vertrauen.



Kein Erhalt einer vorherigen Abmahnung

In keinem der uns bekannten Fälle haben Betroffene vor diesem Inkasso- Forderungsschreiben eine Abmahnung erhalten. In dem Schreiben lautet es jedoch wörtlich:
  • "Wir sind letztmalig außergerichtlich damit beauftragt worden (...)"
Den Betroffenen soll suggeriert werden, dass bereits zuvor ein Abmahn-Schreiben versendet wurde und dies nun eine Art letztmalige Zahlungsaufforderung durch ein hinzugeschaltetes Inkassounternehmen darstelle, um den Zahlungsdruck zu erhöhen. Dem ist jedoch nicht so. Ein vorheriges Abmahn-Schreiben existiert nicht.

"PERCHYSHYN Collection Services" selbst ist zudem nicht berechtigt, Abmahnungen zu versenden. Dieses Recht obliegt einzig Rechtsanwälten oder dem in seinem Recht Verletzten selbst.



Rechtsverstoß nicht konkretisiert

Zudem wird zwar ein angeblicher Tatzeitpunkt genannt und auch eine vermeintlich registrierte IP-Adresse, ein Rechtsverstoß jedoch wird nicht konkretisiert. Es wird überhaupt nicht ersichtlich, weswegen die Betroffenen eine Abmahnung erhalten haben- und nun eine Inkasso-Forderung begleichen sollen. Ein konkretes Werk, welches über eine Tauschbörse urheberrechtswidrig Dritten zugänglich gemacht worden sein soll, wird nicht aufgeführt.

Gemäß dem Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken muss jedoch verpflichtend der Forderungsgrund genau benannt werden. Auch dies ist in dem Schreiben nicht der Fall.



Genannte Registernummer aus dem Handelsregister existiert nicht

Im Briefkopf wird die Reg-Nr. "PR 547 B" genannt, um den Anschein zu erwecken, dass "Perchyshyn Collections Services" im Handelsregister eingetragen ist. Unsere Recherche hat jedoch ergeben, dass dies nicht der Fall ist und die genannte Registernummer im Handelsregister nicht existiert.

Der vermeintliche Handelsregister Eintrag lässt "Perchyshyn Collections Services" für Betroffene seriöser und professioneller wirken. Die angebliche Eintragung ins Handelsregister schafft auf fälschliche Art Vertrauen. Fallen Sie hierauf nicht herein!



Angabe einer französischen Kontoverbindung

Natürlich beinhaltet das Schreiben eine Bankverbindung, wohin Betroffene die geforderten 325,00 Euro innerhalb von wenigen Werktagen überweisen sollen. Ein uns vorliegendes Schreiben ist auf den 04.12.2015 datiert. Zahlungsfrist ist der 14.12.2015. Die genannten Bankverbindungsdaten

  • IBAN FR 59 2004 1010 1113 3341 3W03 275
    BIC PSSTTFRPPNTE

führen zur französischen Bank "La Banque Postale" in Montpellier. Ein Inkassobüro mit ausländischem Bankkonto erscheint in diesem Zusammenhang ebenfalls wenig vertrauenserweckend.



Wie soll ich mich als Betroffener Verhalten?

Für Betroffene ist wichtig: Zahlen Sie keinesfalls die geforderten 325,00 Euro. Es handelt sich um einen ganz offensichtlichen Betrugs-Versuch. Gezahlte Beträge sind erfahrungsgemäß kaum - und wenn doch - nur unter unverhältnismäßig großem Aufwand zurückzuerhalten.

Betroffene können bei jeder Polizeidienststelle Anzeige wegen Betrugs stellen.

Droht ein SCHUFA Eintrag? In dem Schreiben wird zwar damit gedroht, dass fällige und unbestrittene Forderungen an die SCHUFA Holding weitergeleitet werden. Es ist unwahrscheinlich und mehr als fraglich, ob bei einem solchen offensichtlichen Betrugs-Versuch die Hintermänner von PERCHYSHYN Collection Services tatsächlich einen SCHUFA-Eintrag lancieren würden. Davon ist nicht auszugehen. Unserer Ansicht nach dient der Hinweis einzig dazu, Betroffene zu einer Zahlung zu bewegen.

Und dennoch: Immer wieder versuchen Unternehmen, offene Forderungen durch Drohung mit einem SCHUFA-Eintrag in Mahnschreiben durchzusetzen. In letzter Zeit wurde wiederholt höchstrichterlich festgestellt, dass eine solche SCHUFA-Drohung rechtswidrig sein kann und daher auch nicht zur Lancierung eines SCHUFA-Eintrags führen darf. Betroffene sollten sich insofern nicht veranlasst fühlen, aus Angst vor einen SCHUFA-Eintrag auf eine nicht bestehende Forderung zu zahlen. Zudem kann die Drohung mit einem Schufa-Eintrag den Straftatbestand der versuchten Nötigung erfüllen.

Wir raten daher dazu, Ruhe zu bewahren und sich von der angedrohten SCHUFA-Eintragung nicht beeinflussen zu lassen. Eine Eintragung kann zudem nur erfolgen, wenn die Forderung fällig ist und der Betroffene mindestens zweimal schriftlich gemahnt wurde. Hier handelt es sich jedoch um lediglich ein einzigen Schreiben. Ein SCHUFA-Eintrag droht hier nicht!

Sollten Sie zukünftig dennoch wider erwartend von einem negativen SCHUFA-Eintrag wegen dieser unberechtigten Forderung durch die "PERCHYSHYN Collection Services" erfahren, können Sie sich gerne bei unserer Kanzlei melden. Wir helfen Ihnen sodann dabei, gegen den unberechtigten negativen SCHUFA-Eintrag vorzugehen.



Verstoß gegen Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken

Sollte "PERCHYSHYN Collection Services" doch existieren gilt folgendes: Wird ein Inkassoschreiben eines Inkassounternehmens nicht mit den gemäß dem Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken notwendigen Angaben versehen, oder sind die Angaben unvollständig, liegt eine Ordnungswidrigkeit vor, die mit einer Geldbuße bis zu 50.000,00 Euro geahndet werden kann (Vgl. §20 RDG). Zudem kann die zuständige Behörde bei einer Verletzung der Informationspflichten die Fortsetzung des Betriebs verhindern, §15a RDG.




Hier ein Schreiben von "PERCHYSHYN Collection Services" im Volltext:
Inkasso-Forderungsschreiben "PERCHYSHYN Collection Services"




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Autor: Rechtsanwalt Christian Solmecke
Quelle: www.wbs-law.de
Link: https://www.wbs-law.de/abmahnung-filesh ... 089-65089/


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Steffen
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BGH: Tauschbörse I - III

#10468 Beitrag von Steffen » Donnerstag 10. Dezember 2015, 17:14

WALDORF FROMMER Rechtsanwälte:
Bundesgerichtshof -
Urteilsgründe "Tauschbörse I-III"



17:15 Uhr


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WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

Beethovenstraße 12 | 80336 München
Telefon: 089 / 52 05 72 10 | Telefax: 089 / 52 05 72 30
E-Mail: web@waldorf-frommer.de | Web: www.waldorf-frommer.de


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Der Bundesgerichtshof hat die schriftlichen Urteilsgründe der bereits im Juni ergangenen Leitentscheidungen vom 11.06.2015, Tauschbörse I (Az. I ZR 19/14), Tauschbörse II (Az. I ZR 7/14) und Tauschbörse III (Az. I ZR 75/14) veröffentlicht.


In den umfangreichen Ausführungen wurden gleich eine ganze Reihe grundsätzlicher Fragestellungen beantwortet, die auf der Ebene der Instanzgerichte immer wieder für divergierende Entscheidungen gesorgt hatten. Insbesondere hat sich der Bundesgerichtshof mit folgenden Themenkomplexen beschäftigt:



I. Nachweis der Aktivlegitimation durch die Rechteinhaber

Der Vollbeweis der Rechteinhaberschaft kann von den klagenden Parteien in der Praxis oftmals nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten geführt werden. Der Bundesgerichtshof hat daher klargestellt, dass sich ein Leistungsschutzberechtigter "in besonderem Maße" auf Indizien - wie beispielsweise die Eintragung als Rechteinhaber in einer offiziellen Datenbank - berufen darf, um die tatsächlichen Schwierigkeiten des Rechtenachweises auszugleichen.



II. Ermittlung der streitgegenständlichen Rechtsverletzung und Zuordnung der Rechtsverletzung zu einem Internetanschluss

Auch hier hat sich der Bundesgerichtshof klar positioniert und den Anschlussinhabern "den Ball zurückgespielt":

Kann der Rechteinhaber substantiiert darstellen und belegen, dass die Rechtsverletzung ordnungsgemäß ermittelt und einem bestimmten Internetanschluss zugeordnet wurde, so ist es Aufgabe des Anschlussinhabers, konkrete Anhaltspunkte für Fehler im jeweiligen Fall aufzuzeigen. Gelingt dem Anschlussinhaber dies nicht, steht fest, dass der Internetanschluss zu den ermittelten Zeiten aktiv für die Rechtsverletzung genutzt wurde.



III. Täterhaftung des Anschlussinhabers

Der Bundesgerichtshof hat mit dem Leitsatz der Entscheidung Tauschbörse III endgültig klargestellt, dass sich ein Anschlussinhaber grundsätzlich nicht mit pauschalen Sachverhaltsdarstellungen aus der eigenen Haftung befreien kann.
  • "Der Inhaber eines Internetanschlusses, über den eine Rechtsverletzung begangen wird, genügt seiner sekundären Darlegungslast im Hinblick darauf, ob andere Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten, nicht dadurch, dass er lediglich pauschal die theoretische Möglichkeit des Zugriffs von in seinem Haushalt lebenden Dritten auf seinen Internetanschluss behauptet (Fortführung von BGH, Urteil vom 8. Januar 2014, I ZR 169/12, BGHZ 200, 76 - BearShare)"
Entsprechend konkretisiert der Bundesgerichtshof die bereits in seiner Entscheidung BearShare angesprochenen Nachforschungspflichten. Im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast ist der Anschlussinhaber gehalten, innerhalb seiner Sphäre zu forschen und anschließend konkret zu den Umständen der Verletzungshandlung vorzutragen:
  • "In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat (vgl. BGHZ 200, 76 Rn. 20 - BearShare; BGH, Urteil vom 11. April 2013 - I ZR 61/12, TransportR 2013, 437 Rn. 3)"


IV. Schutzfähigkeit kleinster Werkteile

Manche Gerichte hatten in der Vergangenheit die rechtlichen Unterschiede zwischen Urheber- und Leistungsschutzrechten übersehen und die Schutzfähigkeit kleinster Werkteile, sog. "Chunks", verneint.

Der Bundesgerichtshof hat jedoch zutreffend darauf hingewiesen, dass es für die Bejahung einer schadensersatzpflichtigen Rechtsverletzung genügt, wenn kleinste Werkteile öffentlich zugänglich gemacht werden:
  • "Maßgeblicher Verletzungsgegenstand ist mithin kein urheberrechtlich geschütztes Werk im Sinne von § 2 UrhG. Es kommt vielmehr darauf an, ob der Beklagte die Leistungsschutzrechte des Herstellers von Tonträgern im Sinne von § 85 UrhG verletzt hat. Schutzgegenstand des § 85 Abs. 1 Satz 1 UrhG ist aber nicht der Tonträger oder die Tonfolge selbst, sondern die zur Festlegung der Tonfolge auf dem Tonträger erforderliche wirtschaftliche, organisatorische und technische Leistung des Tonträgerherstellers. Da der Tonträgerhersteller diese unternehmerische Leistung für den gesamten Tonträger erbringt, gibt es keinen Teil des Tonträgers, auf den nicht ein Teil dieses Aufwands entfällt und der daher nicht geschützt ist. Mithin stellt selbst die Entnahme kleinster Tonpartikel einen Eingriff in die durch § 85 Abs. 1 Satz 1 UrhG geschützte Leistung des Tonträgerherstellers dar (BGH, GRUR 2009, 403 Rn. 14 - Metall auf Metall I)."


V. Schadensersatz im Rahmen der Lizenzanalogie

Der Bundesgerichtshof hat im Rahmen der Schadensberechnung nach der Lizenzanalogie die Auffassung des Oberlandesgerichts Köln bestätigt, welches für die Veröffentlichung von insgesamt 15 Musiktiteln (entspricht in etwa einem Musikalbum) insgesamt EUR 3.000,00 als angemessenen Schaden angesehen hat. Die vorliegend relevante Verletzungshandlung sei hier die dem einzelnen Tauschbörsen-Nutzer vorzuwerfende "Eröffnung der Zugriffsmöglichkeit an Dritte", so der Bundesgerichtshof.



VI. Rechtsanwaltskosten als erstattungsfähiger Schaden

Auch die Kosten für die berechtigte und zulässige Abmahnung, die sich grundsätzlich nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz berechnen, sind danach erstattungsfähig: der Bundesgerichtshof bestätigt auch hier die Auffassung des Oberlandesgerichts, welches den zugrundeliegenden Abmahnungen je nach Einzelfall Streitwerte zwischen 80.000,00 EUR und 200.000,00 EUR zugrunde gelegt hatte.




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Quelle: http://news.waldorf-frommer.de/bundesge ... rse-i-iii/
Link: http://news.waldorf-frommer.de/bundesge ... rse-i-iii/


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BGH Tauschbörse I - III

#10469 Beitrag von Steffen » Freitag 11. Dezember 2015, 16:58

Rasch Rechtsanwälte:
Gewonnen!
Entscheidungsgründe zu "Tauschbörse I-III" liegen vor




16:55 Uhr



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Rasch Rechtsanwälte
An der Alster 6
20099 Hamburg
Fon 040 244 297-0
Fax 040 244 297-20
Mail kanzlei@raschlegal.de
Internet www.raschlegal.de


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Im Juni haben Rasch Rechtsanwälte drei Verfahren vor dem BGH gewonnen. Nun liegen endlich die Urteilsgründe vor. Der I. Zivilsenat klärt darin viele bislang umstrittene Punkte. Die von Rasch Rechtsanwälte geführten Verfahren verbessern damit die prozessualen Rechte aller betroffenen Rechteinhaber - seien sie aus der Musik-, Film- oder Softwarebranche.

In allen drei Verfahren geht es um Urheberrechtsverletzungen durch Filesharing im 2007 populären "Gnutella"-Netzwerk. Die Inhaber von drei Internetanschlüssen wurden vom Oberlandesgericht (OLG) Köln zu hohen Schadensersatz- und Kostenersatzzahlungen verurteilt, weil über ihre Internetanschlüsse jeweils zwischen 400 und 5.000 Musikaufnahmen öffentlich zugänglich gemacht wurden. Diese Urteile hat der BGH jetzt insgesamt bestätigt.



Der Sachverhalt

In zwei Verfahren verurteilte der BGH den Anschlussinhaber als Täter. Im Fall "Tauschbörse III" (I ZR 75/14) hatte die Familie behauptet, zum Tatzeitpunkt im Urlaub auf Mallorca gewesen zu sein, doch das OLG glaubte den Zeugen aufgrund zahlreicher Widersprüche nicht. In einem weiteren Fall ("Tauschbörse I"; I ZR 19/14) hatte der Anschlussinhaber, nach eigenen Angaben IT-Fachmann, seinen Rechner zum Tatzeitpunkt angeschaltet und mit dem Internet verkabelt, seine Frau hatte jedoch kein Administratorenpasswort und sein Sohn verfügte nicht über das Passwort des Rechners. Hier scheiden nach dem BGH andere Personen als Täter aus. In dem dritten Verfahren verurteilte der BGH die Anschlussinhaberin wegen einer Aufsichtspflichtverletzung; Täter war dort die damals 14-jährige Tochter. Sie sei nicht ausreichend belehrt worden, dass die Teilnahme an "Tauschbörsen" rechtswidrig ist.



Von Rasch Rechtsanwälte erstritten: Tonträgerhersteller können ihre Rechte mit dem offiziellen Bestellkatalog beweisen

Rasch Rechtsanwälte ist es gelungen, in der Rechtsprechung bis zum BGH eine mittelbare Beweisführung über die Rechtekette mit Einträgen aus dem offiziellen Bestellkatalog Phononet zu etablieren. Der BGH stellt nämlich klar, dass die Eintragung als Lieferant eines Musiktitels in der für den Handel einschlägigen Datenbank der Phononet GmbH als Indiz für die Inhaberschaft von Tonträgerherstellerrechten in Betracht kommt. Ein weitergehender Vortrag ist erst erforderlich, wenn der angebliche Verletzer konkrete Anhaltspunkte darlegt, die gegen die Richtigkeit der Phononet-Eintragung sprechen.

Hierzu beruft sich der BGH auf eine Fundstelle im bekannten UrhG-Kommentar von Dreier/Schulze. Dieser Kommentar zitiert u.a. zwei Entscheidungen des OLG Köln, die Rasch Rechtsanwälte 2012 und 2014 erstritten haben (BGH I ZR 7/14, Abs. 20 - Tauschbörse I; Dreier/Schulze, UrhG § 10 Rn 63; OLG Köln 6 U 67/11; OLG Köln 6 U 109/13).



BGH verwirft sämtliche Angriffe auf die proMedia-Ermittlungen

In zwei der drei Urteile setzt sich der BGH seitenlang mit den Ermittlungen der Urheberrechtsverletzungen auseinander. Danach durften sich Land- und Oberlandesgericht ihre Überzeugung von der Richtigkeit der Ermittlungen auf Grundlage der von den Klägerinnen eingereichten Unterlagen (u.a. Screenshots) bilden. Die Zeugenaussagen u.a. des Ermittlungsleiters der proMedia Frank Lüngen hätten dazu gedient, diese Vorgänge für das Gericht verständlich zu erläutern.

Auch sei kein zweifelsfreier Nachweis der vollständigen Fehlerfreiheit des Auskunftsverfahrens beim Internet-Provider erforderlich. Man müsse nämlich annehmen, dass die Regionalstelle für staatliche Sonderaufgaben (ReSa) der Telekom Anfragen der Staatsanwaltschaft grundsätzlich gewissenhaft und zuverlässig bearbeitet habe. Für die richterliche Überzeugungsbildung brauche man auch keine absolute Gewissheit, sondern es reiche "ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit, der vernünftigen Zweifeln Schweigen gebietet" (BGH I ZR 19/14, Abs. 34-40 - Tauschbörse I; I ZR 19/14, Abs. 34-51 - Tauschbörse II; I ZR 75/14, Abs. 17-35 - Tauschbörse III).



Der populäre "Chunks"-Einwand verfängt nicht

In gebotener Kürze stellt der BGH dabei klar, dass selbstverständlich auch das Anbieten kleinster Tonpartikel ein Eingriff in das Leistungsschutzrecht des Tonträgerherstellers darstellt - so dass es auf die Frage nicht ankommt, ob die Tonaufnahmen ganz oder nur teilweise auf der Festplatte des Rechtsverletzers vorhanden waren (Tauschbörse II, Abs. 20, BGH I ZR 112/06 - Metall auf Metall; vgl. zu diesem Einwand schon Bolm, MMR-Aktuell 2011, 323317).

Wann darf das Gericht davon ausgehen, dass der Anschlussinhaber selbst Täter ist - und wann gilt diese Vermutung als widerlegt?

Mit Spannung erwartet wurden die Ausführungen des BGH zum Beweisrecht. Im Termin vom 11. Juni 2015 war der Vorsitzende Büscher vor voll besetztem Saal nacheinander auf die beiden Beweiserleichterungen "tatsächliche Vermutung der Täterschaft des Anschlussinhabers" und "sekundäre Darlegungslast" eingegangen. Er hatte klargestellt, dass der zur Erschütterung der Tätervermutung geeignete Sachvortrag vorgetragen und bewiesen sein muss. Auch die beiden BGH-Anwälte Zwade und Geisler hatten unwidersprochen von einem Anscheinsbeweis gesprochen.

Hier soll kurz der Unterschied zwischen den beiden Beweiserleichterungen erklärt werden: Da weder die verletzten Tonträgerhersteller noch deren Ermittlungsfirmen Einsicht in die Umstände im Haushalt der angeblichen Rechtsverletzer haben, müssen diese eine so genannte sekundäre Darlegungslast erfüllen. Das heißt, sie müssen sich zu den Umständen der Rechtsverletzung, zur Internetnutzung in ihrem Haushalt und zu etwaigen Nachforschungen und deren Ergebnis erklären. Ob sie insoweit genügend vorgetragen haben, um den Klägern ihrerseits die Benennung weiterer Zeugen oder anderen Beweisantritt zu ermöglichen, ist eine Kernfrage in den meisten "Tauschbörsen"-Prozessen. Kommt der Anschlussinhaber dem nicht nach, gilt der vom Kläger behauptete Umstand, dass er Täter war, als zugestanden (§ 138 Abs. 3 ZPO).

Zugleich kreist der Streit vor Gericht meist um die Frage, wie der Anschlussinhaber eine gegen ihn sprechende "tatsächliche Vermutung der Täterschaft" erschüttern kann. Der BGH stellt bei dieser Vermutung auf die Lebenserfahrung ab, dass derjenige, der einen Internetanschluss einrichten lässt und bezahlt, diesen mit Tatherrschaft kontrolliert, selbst nutzt und andere von der Nutzung ausschließen kann. Diese Vermutung ist wie "tatsächliche Vermutungen" in anderen Rechtsgebieten rechtsdogmatisch ein Anscheinsbeweis (ständige Rspr. des OLG Köln; LG München I Urteil 37 O 5394/14 vom 01.07.2015; LG Stuttgart Urteil 17 O 329/14 vom 24.03.2015). Sie kann nur durch den Vollbeweis der so genannten Anknüpfungstatsachen - d.h. durch den Beweis der Umstände, die für die mögliche Täterschaft einer anderen Person sprechen - erschüttert werden. In bisherigen Fällen hat der BGH sie nur dann als erschüttert angesehen, wenn entweder ein anderer Täter namentlich feststand oder das WLAN unverschlüsselt war und weder der Anschlussinhaber noch ein anderer Mitbewohner das Internet genutzt hatte.



Behauptung, andere hätten das Internet mitbenutzt, reicht zur Entlastung nicht aus

Die Entscheidung "Tauschbörse III" enthält zu diesen Punkten interessante Ausführungen.

So muss der Anschlussinhaber sich im Rahmen der sekundären Darlegungslast dazu äußern, ob er auf seinem Rechner die verfügbar gemachte Musik oder eine Filesharingsoftware gefunden hat (Abs. 41). Behauptet er dagegen nur pauschal, andere Familienmitglieder hätten seinen Anschluss mit nutzen können, reicht das nicht aus (Leitsatz und Abs. 42). Auch der Vortrag, ein Tauschbörsenbesuch eines der Söhne sei möglich, denn dieser habe sich für eine Musikrichtung interessiert, aus der Stücke angeboten wurden, reicht dem BGH nicht aus (Abs. 43).

Auch die Erschütterung der Tätervermutung setzt eine konkrete und nicht nur eine theoretische Nutzungsmöglichkeit des angeblichen möglichen Täters zum Tatzeitpunkt voraus (Abs. 39 und 48). Waren zum Tatzeitpunkt (angeblich) alle Familienmitglieder im Urlaub, konnte keiner den Internetanschluss nutzen, und die Tätervermutung ist nicht erschüttert.

Mit der Frage, ob die Behauptungen, mit denen der Anschlussinhaber die Tätervermutung erschüttern will, auch bewiesen werden müssen, hat sich der BGH in den Urteilsgründen selbst nicht mehr befasst. Aus seiner Sicht ist das konsequent, denn schon die Behauptungen (also der einseitige Parteivortrag) des Beklagten reichten dem BGH nicht aus für die mögliche Annahme, ein Dritter könne Täter sein (Abs. 48). Es wäre wünschenswert, wenn der BGH hier noch einmal die Selbstverständlichkeit klargestellt hätte, dass es im Filesharing kein "Sonder-Beweisrecht" gibt, sondern dass Tätervermutung wie tatsächliche Vermutungen in anderen Rechtsgebieten als Anscheinsbeweis zu behandeln ist (vgl. BGH IX ZR 73/93; BGH IX ZR 125/10; BGH I ZR 163/51; BGH X ZR 82/93; BGH VIII ZR 251/10). Selbst die beiden BGH-Anwälte der Revisionsführer hatten die tatsächliche Vermutung in ihren Plädoyers am 11. Juni als "Anscheinsbeweis" bezeichnet, ohne dass der BGH ihnen widersprach.



Verantwortlichkeit für Minderjährige: Generelle Belehrung reicht nicht

In "Tauschbörse II" stellt der BGH klar, dass es für eine Belehrung Minderjähriger nicht ausreicht, wenn die Eltern dem Kind nur die Einhaltung "allgemeiner Regeln zu einem ordentlichen Verhalten" aufgeben. Eltern müssen Ihre Kinder vielmehr qualifiziert über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Internettauschbörsen belehren und ihnen die Nutzung verbieten (Leitsatz a).



Schadensersatz: Strategie von Rasch Rechtsanwälte geht auf - 200 Euro angemessen

Beim Schadensersatz bestätigt der BGH die Linie der Oberlandesgerichte Hamburg (5 U 222/10), Frankfurt (11 U 115/13) und Köln (ständige Rechtsprechung), wonach ein Betrag von 200,00 Euro je Musikaufnahme den angemessenen Mindestschaden des Tonträgerherstellers abbildet. Auch damit ist die Strategie der Kanzlei Rasch Rechtsanwälte aufgegangen, die für ihre Mandanten und deren wertvolles Repertoire gerichtlich stets einen angemessenen und nicht nur symbolischen Schadensersatz eingefordert haben:

Im Rahmen der Schadensschätzung, so der BGH, könne man verkehrsübliche Entgeltsätze für legale Downloadangebote im Internet und in Rahmenvereinbarungen der Tonträgerbranche heranziehen. Damit nimmt der BGH Bezug auf einen von den Klägerinnen vorgelegten Rahmenvertrag über Kauf-Downloads (z.B. bei iTunes) zum Verbleib beim Kunden - und nicht wie andere Gerichte auf GEMA-Tarife. Nach dem vorgelegten Rahmenvertrag behält der Tonträgerhersteller vom Händlerabgabepreis für einen Titel zwischen rund 50 und 92 Cent, aus denen er Künstler, Produzenten und weitere Beteiligte vergütet. Dieser Betrag ist mit 400 zu multiplizieren, denn mit dem BGH ist wegen der Popularität des Tauschnetzwerks von mindestens 400 möglichen Abrufen durch unbekannte Tauschbörsenteilnehmer auszugehen (Tauschbörse III, Abs. 53). Da die Klägerinnen die Berechnungsart der Lizenzanalogie gewählt haben, mussten sie nicht dazu vortragen, ob diese Zahl auf konkreten Erfahrungswerten beruhe. Einschränkend merkt der BGH an, dieser Betrag gelte jedenfalls als angemessen, solange die Ansprüche für eine überschaubare Titelanzahl wie 15 Musikaufnahmen geltend gemacht werden.



Einwand der "Überkompensation" verfängt nicht

Eine Absage erteilt der I. Zivilsenat dem beliebten Einwand einer "Überkompensation" - dass also mehrere Rechtsverletzer für dieselbe Tat mehrfach zur Kasse gebeten würden. Die Revision, so der BGH, liege schon falsch, wenn sie davon ausgehe, dass bei einer Tauschbörsennutzung Anbieter und Tauschpartner dieselbe Rechtsverletzung begingen. Wer eine Zugriffsmöglichkeit für Dritte eröffne, begehe eine eigenständige Rechtsverletzung (Tauschbörse I, Abs. 64), die nicht mit dem Absenden und Empfangen von Dateifragmenten im Zweipersonenverhältnis vergleichbar sei.



Abmahnkosten auch ohne Aufschlüsselung sämtlicher Titel in der Abmahnung ...

Auch mussten die Klägerinnen in ihrem Abmahnschreiben nicht jeden einzelnen Musiktitel einem Rechteinhaber zuordnen, damit die Abmahnung wirksam ist (Tauschbörse I, Abs. 71). Denn auch durch das Anhängen einer Liste mit angebotenen Musikaufnahmen ohne Rechtezuordnung konnte der Abgemahnte "den Vorwurf tatsächlich und rechtlich [zu] überprüfen und die gebotenen Folgerungen daraus [zu] ziehen." Damit hat der BGH insbesondere den überzogenen Anforderungen des OLG Düsseldorf (Urteil I-20 W 132/11) eine Absage erteilt.



... und ohne zugleich auf Unterlassung zu klagen

Auch dass die Klägerinnen im Verfahren "Tauschbörse III" neben der Klage auf Schadensersatz und Abmahnkostenerstattung nicht auch Unterlassungsklage erhoben haben, lässt die Berechtigung der Abmahnung nicht entfallen (Abs. 61). Denn sie hatten dort vorgerichtlich in vier Schreiben eine UVE eingefordert. Bei Übernahme der Geschäftsführung beabsichtigten sie folglich, den Unterlassungsanspruch gegebenenfalls einzuklagen.



Verjährung frühestens mit der Abmahnung

In "Tauschbörse II" stellt der BGH außerdem klar, dass die Verjährungsfrist für den Anspruch auf Abmahnkostenerstattung erst dann zu laufen beginnt, wenn eine Abmahnung ausgesprochen wurde (Abs. 71). Denn der Gebührenanspruch des Rechtsanwalts, der die Abmahnung formuliert, wird frühestens dann - ggf. noch später - fällig. Diese Entscheidung hat Bedeutung für Fälle, in denen zwischen der Auskunft des Internetproviders und der Abmahnung ein Jahreswechsel liegt.



Ein großer Erfolg für die Rechteinhaber

Der BGH klärt in den gut lesbaren Urteilen wichtige Rechtsfragen, so dass mit einer künftig einheitlicheren Instanzenrechtsprechung zu rechnen ist. Von den Urteilen profitieren neben der Musikindustrie auch viele andere Rechteinhaber, die von Rechtsverletzungen im Internet betroffen sind. Auch sie können darauf vertrauen, dass derartige Rechtsverletzungen durch sorgfältige Ermittlungen mit einem vernünftigen Aufwand nachgewiesen werden können, deren Richtigkeit nicht durch bloß theoretische Einwände widerlegt werden kann.



BGH, Urteile I ZR 19/14; I ZR 7/14; I ZR 75/14 vom 11.06.2015 - "Tauschbörse I bis III"

Die Verfahren wurden geführt von
  • Rechtsanwalt Christian Braune,
  • Rechtsanwältin Melanie Sievers und
  • Rechtsanwalt Jan Hendrik Petersen;
  • Korrespondenzanwalt: Prof. Dr. Christian Rohnke.


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Verfasser: Rechtsanwalt Martin Bolm
Quelle: www.raschlegal.de/news
Link: http://www.raschlegal.de/news/newsletter-22015/


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Schönes 3. Adventswochenende!

#10470 Beitrag von Steffen » Samstag 12. Dezember 2015, 10:00

AW3P wünscht allen Engagierten, Interessierten, Betroffenen, Abgemahnten, Abmahnern, Logfirmen, unserem Gerichtssaalflugbegleiter und allen anderen eine geruhsame, friedliche, gesegnete und christliche Advents-, Vorweihnachts- und Weihnachtszeit.


Bild

Bedenkt, dass es gerade aktuell sehr viele wichtigere Probleme in der Welt, in Europa, im Nahen Osten und in Deutschland gibt, als eine Filesharing-Abmahnung oder dem Wohnen in einem Forum. Und wer doch ein paar Cent über die Jahr durch die Forenwelt sich ersparte, kann sich jetzt gern darauf besinnen und anderen Hilfsbedürftigen egal welcher Nationalität oder Religionsangehörigkeit einen Teil zurückgeben und diesen ihnen ohne spektakuläre Nennung zukommen lassen.


Steffen Heintsch für AW3P





Rosa ist die Farbe des 3. Adventssonntag - Ihr Banausen!



____________________________________

Hinweis:
Ich setzte Kommas wie mit dem Salzstreuer und verstehe den Satzaufbau als Mikado.
Wer in diesem Bericht Rechtschreibfehler findet,
  • a) darf sie behalten,
    b) in der Zeit
    • Mo. - Fr.; 18:00 Uhr - 20:00 Uhr,
    • Sa. - So.; 16:00 - 18:00 Uhr bei @watt_ihr_volt melden, oder
    c) auf eBay versteigern.
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Ein ganz normales Klageverfahren

#10471 Beitrag von Steffen » Samstag 12. Dezember 2015, 22:34

Ein ganz normales Klageverfahren ...


22:30 Uhr


In der Regel liest man auf einem Anwaltsblog oder durch Informationen eines Beklagten völlig unspektakulär:
  • (...) hat die Zivilkammer (...) beschlossen:
    1. Die Zurücknahme der Berufung hat für die Klägerin (...)
    2. Der Berufungsstreitwert wird auf (...).

Die wenigsten Leser wissen aber, welch immenser Aufwand und Zeit damit tatsächlich verbunden ist, angefangen von der Klageerhebung an dem Amtsgericht, dem ergangenen Urteil, dem Einlegen der Berufung bis hin zur Zurücknahme der Berufung.

Mit freundlicher Genehmigung eines Beklagten habe ich sein Material zu seinem Klageverfahren zugeschickt bekommen, gesichtet und darf darüber geschwärzt berichten, um einem interessierten Leser das oft langsame Mahlen der Justizmühlen näherzubringen. Die realen Aktenzeichen werde ich aber nicht entpersonalisieren. Dieses Material ist aber so umfangreich, das ich nicht alles in Detail veröffentlichen werde, sondern vielmals nur hierzu zitiere.



Der Beklagte wurde anwaltlich vertreten von der Berliner Kanzlei ...

Sievers & Coll. Rechtsanwälte
Olympische Straße 10 | 14052 Berlin
Telefon: +49 (0)30 / 323 015 90 | Telefax: +49 (0)30 / 323 015 911
E-Mail: mail@recht-hat.de | Internet: www.recht-hat.de





Amtsgericht Charlottenburg - Az. 225 C 162/14 - "Harry Brown"

Der Beklagte ["Herr X"] wurde am 13.09.2010 wegen eines vermeintlichen Urheberverstoßes gegenüber einem Filmwerk abgemahnt (Log: xx.03.2010 um 09:xx:xx Uhr). Gefordert wurden die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung und die Zahlung eines pauschalen Abgeltungsbetrages i.H.v. 850,00 EUR. Nachdem "Herr X" die Abmahnung ignorierte, wurde 12/2013 fristgemäß ein Mahnbescheid beantragt, der bewilligt wurde und am 02.01.2014 im Briefkasten von "Herrn X" lag. "Herr X" legte gegenüber dem Mahnbescheid Widerspruch ein und es wurde am 11.10.2014 die Anspruchsbegründung der Klägerin durch das Amtsgericht Charlottenburg zugestellt. Durch die Kanzlei "Sievers & Coll. Rechtsanwälte" wurde die aktive Verteidigung angezeigt, die Klageerwiderung abgefasst und fristgerecht versendet. Am 04.12.2014 wurde durch die Klägerin auf die Klageerwiderung in der Replik geantwortet.


AW3P-Hinweis: Schriftsätze im Zivilverfahren
  • 1. Klageschrift des Klägers
    2. Klageerwiderung des Beklagten
    3. Replik des Klägers
    4. Duplik des Beklagten
    5.Triplik des Klägers
    6. Quadruplik des Beklagten

In der Replik wurde nun wiederum auf die Argumente der Beklagtenseite eingegangen und abschließend ein Vergleichsvorschlag eröffnet.

  • (...) 9. Vergleich

    Zum Zwecke der schnellen Einigung wird Folgendes vorgeschlagen:

    Die Beklagtenseite zahlt bezogen auf die geltend gemachte Hauptforderung einen pauschalen Abgeltungsbetrag von 700,00 EUR an die Klägerseite. Die Zahlung ist durch Überweisung bis zum 30.12.2014 auf die folgende Kontoverbindung zu leisten:

    [Kontoangaben]

    Maßgeblich für die Wahrung der Frist ist der Zahlungseingang auf den o. g. Konten.

    Die Gerichtskosten trägt die Beklagtenseite.

    Die Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs werden im Übrigen gegeneinander aufgehoben.

    Mit diesem Vergleich sind alle gegenseitigen Ansprüche - auch gegenüber Familienangehörigen - abgegolten. (...)


Protokoll Termin mündliche Verhandlung
  • (...) Öffentliche Sitzung des Amtsgerichts Charlottenburg

    Berlin, den 16.12.2014

    Zivilprozessabteilung 225
    Geschäftszeichen: 225 C 162/14

    Gegenwärtig:
    Richterin am Amtsgericht [Name]

    [Name], Justizbeschäftigte
    als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle


    In dem Rechtsstreit

    [Name] ./. [Name] erschienen bei Aufruf:

    für die Klägerin Rechtsanwalt[Name],
    der Beklagte in Person und für ihn Rechtsanwalt [Name].

    Die Parteien treten zunächst gemäß § 278 ZPO in die Güteverhandlung ein. Die Güteverhandlung ist gescheitert. Die streitige Verhandlung schließt sich an.

    Die Sach- und Rechtslage wird erörtert.

    Der Klägervertreter stellt die Anträge aus der Anspruchsbegründung vom 30.09.2014, BI. 8 d. A.
    Beklagtenvertreter stellt den Antrag aus dem Schriftsatz vom 20.10.2014, BI. 65 d. A.

    B. u. v.: Entscheidung am Schluss der Sitzung. Am Schluss der Sitzung b. u. v.:
    Termin zur Verkündung einer Entscheidung wird anberaumt auf den

    06. Januar 2015, 12.00 Uhr, Saal 1/118.

    Ein Erscheinen zu diesem Termin ist nicht erforderlich!

    [Name] [Name] (...)


Termin zur Verkündung einer Entscheidung 06.01.2015

In Rahmen diesen Verkündungstermin wurde durch Amtsgericht Charlottenburg beschlossen, zum Beweisangebot der Klägerin ein unabhängiges Gutachten zu erheben.



Beschluss
  • (...) I. Es soll Beweis erhoben werden über die Behauptungen der Klägerin,

    die zur Ermittlung der streitgegenständlichen Downloads am xx.03.2010 von dem von der Klägerin beauftragten Sicherheitsdienstleister G. verwendete Software "O." funktioniere fehlerfrei, stelle Downloadvorgänge im Peer-to-Peer-Netzwerk zuverlässig fest, dokumentiere diese fehlerfrei und ordne diese fehlerfrei den jeweiligen IP-Adressen zu;

    durch Einholung eines Sachverständigengutachtens.

    II. Zum Sachverständiger wird benannt

    Herr Dr. [Name]
    [Name]
    [Straße Nr.]
    50672 Köln.

    III. Die Beauftragung des Sachverständigen wird davon abhängig gemacht, dass die Klägerin binnen zwei Wochen einen Kostenvorschuss in Höhe von 2.000,00 EUR bei Gericht einzahlt.

    [Name]
    Richterin am Amtsgericht (...)


Protokoll
  • (...) Öffentliche Sitzung des Amtsgerichts Charlottenburg

    Berlin, den 06.01.2015

    Zivilprozessabteilung 225
    Geschäftszeichen: 225 C 162/14

    Gegenwärtig:
    Richterin am Amtsgericht [Name]

    [Name], Justizbeschäftigte
    als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle


    In dem Rechtsstreit

    [Name] ./. [Name] erschien bei Aufruf:

    niemand.

    Es wurde anliegender Beschluss verkündet.

    [Name] [Name] (...)


Stellungnahme der Klägerin

Am 13.02.2015 ging bei der Beklagtenseite die Stellungnahme der Klägerin vom 04.02.2015 auf den Beschluss des Amtsgerichtes hinsichtlich eines Gutachtens ein.
  • (...) wird der mit gerichtlichen Verfügung vom 06.01.2015 geforderte Kostenvorschuss in Höhe von 2000,00 EUR zum Nachweis der "Zuverlässigkeit" der Software "O." von der Klägerin nicht eingezahlt.

    Die Klägerin ist nicht bereit, ein entsprechendes Kostenrisiko einzugehen, wenn der Beklagte weder seiner sekundären Darlegungslast noch seinen Pflichten nach § 138 ZPO nachgekommen ist.

    Die Beklagtenseite kann den Vorgang der Datenermittlung nicht pauschal bestreiten, solange er selbst keine Nachforschungen im eigenen Rechtskreis angestellt hat. Dies ergibt sich bereits aus der Wahrheits- und Vollständigkeitspflicht nach § 138 Abs. 1, Abs. 3 ZPO.

    Das LG Berlin (Beschluss vom 29.07.2014, Az. 15 S 15/14) führt hierzu aus:

    "... Die Kammer weist zugleich darauf hin, dass das Pauschalbestreiten der angeblichen Verletzungshandlung und der Ermittlungsergebnisse unzulässig sein dürfte, da der Beklagte nicht einmal angibt, wer - und gegebenenfalls in welchem Verwandtschaftsgrad - zum angeblichen Tatzeitpunkt mit ihm zusammen in seinem Haushalt gelebt habe und ob er diese (voll- oder minderjährigen) Angehörigen mit welchem Ergebnis dazu befragt habe, ob sie den streitgegenständlichen Upload des Films ... begangen hätten. Denn dem Beklagten obliegt eine Nachforschungspflicht in seinem Rechtskreis (vgl. BGH - BearShare - Leitsatz c). Wer sich schon nicht erkundigt, bestreitet aber unzulässig ins Blaue hinein. Das gilt unabhängig von der Frage, ob eine Täter-/Teilnehmer oder Störer-Haftung in Frage kommt ..."

    Das AG Hamburg, Verfügung vom 30.10.2014, Az. 25a C 219/14, führt in diesem Sinne aus:

    "Der Beklagte hat die Richtigkeit der Ermittlungen der Klägerseite bestritten. Die Behauptung der Klageseite, dass über den Internetanschluss des Beklagten eine Rechtsverletzung stattgefunden hat, wird der Beklagte gemäß e 138 Abs. 1, 3 ZPO jedoch nur dann wirksam bestreiten können, wenn er in seinem Haushalt zumutbare Nachforschungen über die mögliche Rechtsverletzung angestellt hat (LG Hamburg, Beschluss vom 26.09.2012, 308 0 242/11 juris, vgl. OLG Köln, Beschluss vorn 21.04.2011 - 6 W 58/11, BeckRS 2012, 01117, sowie BGH, Urteil vorn 15.11.1989, NJW 1990, 453, 454). Demnach müsste der Beklagte nicht nur mitteilen, welche Personen Zugriff auf seinen Internetanschluss nehmen konnten, sondern auch, ob er diese Personen nach der Rechtsverletzung befragt hat."

    Zu Nachforschungen hat die Beklagtenseite nicht vorgetragen.

    Ferner ist unklar, was der Beklagte konkret bestreitet. Die Klägerin hat hier verschiedene Ermittlungsschritte dargelegt. Für welchen Ermittlungsschritt hier Beweis erhoben werden soll, geht weder aus der Klageerwiderung noch aus dem richterlichen Hinweis im Termin hervor. Auf die "Zuverlässigkeit" der Software kann nur aus verschiedenen konkreten Tatsachen geschlossen werden.

    Hierzu führt auch das LG Hamburg in seinem Urteil vom 04.04.2014, Az. 310 0 409/11, aus:

    "Die Beklagte hat lediglich unspezifiziert bestritten, dass die eingesetzte Software "fehlerfrei" arbeite. Was genau an dem vorstehenden Vortrag der Klägerin bestritten werden soll, ist nicht ersichtlich. Das Zitat aus einem Schriftsatz, aus einem Verfahren der G Ltd. gegen eine BB GbR hat in der vorliegenden Form keinerlei Aussagekraft. Auch der Hinweis auf den Beschluss des OLG Köln vom 20.1.2012 (Az.: 6 W 242/11) greift nicht. Zwar hält es das OLG Köln darin für erforderlich, dass der Rechteinhaber die Überprüfung und Kontrolle der Software durch einen unabhängigen Sachverständigen dokumentieren kann. Dieses bezieht sich jedoch nur auf den Nachweis der Offensichtlichkeit einer Rechtsverletzung (§ 101 II UrhG), die für das Auskunftsverfahren nach § 101 IX UrhG erforderlich ist. Demgegenüber kommt es in vorliegendem Verfahren nicht auf eine Offensichtlichkeit der Rechtsverletzung an. Auch wenn sich der Ermittlungsvorgang und die Funktion der eingesetzten Ermittlungssoftware der Wahrnehmung der Beklagten entziehen, ist die Beklagte nicht davon entbunden, spezifiziert auf den klägerischen Vortrag einzugehen, soweit ihr das möglich ist. Denn sonst ist nicht ersichtlich, über welchen Schritt des behaupteten Ermittlungsvorgangs im Einzelnen Beweis zu erheben ist. Insofern ist ihr Bestreiten prozessual nicht beachtlich, zumal die Beklagte nicht behauptet, dass ihr Internetanschluss zu der behaupteten Zeit gar nicht genutzt worden sei. Sie trägt vielmehr vor, dass ihr damaliger Lebensgefährte, der nach ihrem Vortrag als Täter in Betracht komme, "an diesem Tag auch dort gewesen" sei."

    Das OLG Köln hat inzwischen selbst klargestellt (GRUR-RR 2014, 281, 282), dass Zweifel an der Richtigkeit der IP-Adressermittlung nur in solchen begründeten Einzelfällen und nicht generell bestehen (so auch das AG Oldenburg, Urteil vom 28.11.2014, Az. 8 C 8097/14 (XXVII)).

    Das AG Frankfurt/Main (Urteil vom 11.12.2014, Az. 32 C 2879/14 (84)), führt hierzu ebenso aus:

    "Ohne Erfolg bleiben auch die angedeuteten Einwendungen des Beklagten gegen die Ermittlungen der Rechtsverletzung durch die G. Konkrete Anhaltspunkte, die an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Feststellung der Urheberrechtsverletzung zweifeln lassen, zeigt er insoweit nicht auf. Allgemeine Verweisungen auf Internetdiskussionen vermögen den in Bezug auf die Feststellung der Rechtsverletzung substantiierten Vortrag der Klägerseite, der die Ermittlungsschritte im Einzelnen aufzeigt, nicht zu erschüttern. Der Beklagte ist der konkreten Darlegung der Ermittlung nicht im Einzelnen entgegengetreten."

    Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage ist die Klägerin nach alledem nicht bereit, den geforderten Vorschuss einzuzahlen. Der Beklagte ist antragsgemäß zu verurteilen. (...)


Schriftsatz Beklagtenseite zum Ruhen des Verfahrens
  • (...) teilen wir auf das Schreiben des Gerichts vom 18.05.2015 hin mit, dass mit einem Ruhen des Verfahrens kein Einverständnis besteht.

    Zum einen ist schon nicht ersichtlich, ob in den von der Klägerin parallel geführten Rechtsstreiten ebenfalls dieselbe Softwareversion begutachtet wird, wie sie hier eingesetzt wurde. Zum anderen hätte die Klägerin den Kostenvorschuss gemäß Beweisbeschluss längst einzahlen müssen. Auch ist die Klage bereits abweisungsreif, da die Klägerin ihre Aktivlegitimation nicht nachgewiesen hat.

    Es wird insofern angeregt, ohne weiteren Termin zur mündlichen Verhandlung nunmehr durch Urteil zu entscheiden. (...)


Amtsgericht Charlottenburg, Urteil vom 02.06.2015, Az. 225 C 162/14
  • (...) das Amtsgericht Charlottenburg, Zivilprozessabteilung 225, auf die mündliche Verhandlung vom 02.06.2015 durch die Richterin am Amtsgericht [Name] für Recht erkannt:
    • 1. Die Klage wird abgewiesen.
      2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
      3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages zuzüglich 10 % abwenden, wenn der Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
    Rechtsanwaltskosten für die Abmahnung seien von dem Beklagten nach einem Gegenstandswert von 7.500,00 EUR zu erstatten. Darüber hinaus stehe der Klägerin ein Schadensersatz nach der Lizenzanalogie in Höhe von zumindest 400,00 EUR zu. Jedenfalls hafte die Beklagte insoweit als Störerin.

    Die Klägerin beantragt,
    • 1. den Beklagte zu verurteilten, an sie einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen das Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 400,00 EUR betragen soll, nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
      2. den Beklagte zu verurteilten, an sie einen Betrag in Höhe von 555,60 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
    Die Beklagte beantragt,
    • die Klage abzuweisen.
    Er behauptet, den Film zu keinem Zeitpunkt über das Internet Dritten zum Download zur Verfügung gestellt zu haben. Besuche, wie Freunde und Familienangehörige, hätte grundsätzlich den Internetanschluss nutzen könne, wenn sie bei ihm zu Besuch gewesen seien. Ihm sei es bei Erhalt der Abmahnung 6 Monate nach der behaupteten Urheberverletzung aber nicht mehr möglich gewesen, zu rekonstruieren, ob sich zu dem angegebenen Tatzeitpunkt weitere Personen bei ihm aufgehalten und den Anschluss genutzt hätten. Der Anschluss sei im Jahr 2010 immer entweder mit VVPA/2 oder WPA/1 abgesichert gewesen.


    Entscheidungsgründe

    Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

    Das Amtsgericht Charlottenburg ist gemäß §§ 12, 13, 281 ZPO, 104a, 105 UrhG ausschließlich zuständig.

    Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung von insgesamt 955,60 EUR.

    Ein Anspruch auf Lizenzschadensersatz ergibt sich nicht gemäß § 97 Abs. 2 UrhG gegen den Beklagten als Täter der von der Klägerin behaupteten Urheberrechtsverletzung. Es kann insoweit dahin stehen, ob die Ermittlung der IP-Adresse und deren Zuordnung zu dem Anschluss der Beklagten zu dem behaupteten Zeitpunkt zutreffend waren und ob tatsächlich von dieser IP-Adresse ein Upload des streitgegenständlichen Films erfolgte sowie, schließlich, ob der Beklagte selbst Täter war.

    Denn jedenfalls ist die Klägerin schon nicht aktiv legitimiert.

    Entgegen der Ansicht der Klägerin ist das diesbezügliche Bestreiten des Beklagten nicht etwa unzulässig, vielmehr ist der Vortrag der Klägerin schon unschlüssig.

    Nach ihrem eigenen Vortrag soll sie Produzentin des Films sein. Diese Behauptung wird aber durch die von ihr selbst eingereichte Anlage K8 widerlegt, denn danach ist Produzentin eine "Marv Films". Eine "Hanway Films" ist nach den dortigen Angaben zwar "sales representative" (in etwa zu übersetzen als: Vertriebsbeauftragte); die Klägerin trägt aber weder vor, inwieweit sie ("Hanway Brown Limited") mit der dort genannten "Hanway Films" identisch sei, noch, was sich hinter "sales representative" verberge, insbesondere im Vergleich zu "distributor" (in etwa zu übersetzen als: Vertriebshändlerin), was nach der Anlage K8 eine "Samuel Goldwyn Films" ist. Ein Copyright-Vermerk hätte im vorlegenden Verfahren ohnehin keine Wirkung, vgl. § 10 Abs. 2 UrhG, wird aber auch nur unzureichend behauptet. Vortrag dazu, wie die Klägerin "Inhaberin des ausschließlichen Rechts, den Film im deutschsprachigen Raum auf DVD und im Internet zu vertreiben", geworden sein soll, erfolgt gar nicht, ein Beweisantritt ebenso wenig. Eine Versicherung an Eides Statt mag für das Auskunftsverfahren zur Glaubhaftmachung ausgereicht haben, ist jedoch zur Führung des Vollbeweises i.S.d. § 286 ZPO ungeeignet. (...)


Landgericht Berlin - Az. 16 S 37/15 - "Harry Brown"

Am 14.07.2015 ging bei der Kanzlei "Sievers & Kollegen" die Berufungsmitteilung ein.

  • (...) Sehr geehrte Damen und Herren, in dem Rechtsstreit

    [Name] ./. [Name]

    wird Ihnen anliegend die beglaubigte Abschrift der Berufungsschrift zugestellt, die am 10.07.2015 (Fax) beim Landgericht Berlin eingegangen ist.


    Anlage

    (...) wird namens der Berufungsklägerin gegen das am 02.06.2015 verkündete und am 10.06.2015 zugestellte Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg

    Berufung

    eingelegt.

    Die Berufungsbegründung bleibt einem gesonderten Schriftsatz vorbehalten.

    Eine Kopie des angefochtenen Urteils liegt anbei.

    Beglaubigte und einfache Abschriften anbei.

    [Name]
    Rechtsanwalt (...)


Berufungsschrift nach beantragter Fristverlängerung (10.08.2015)
  • (...) In der Berufungssache

    [Name] ./. [Name]

    danken wir für die gewährte Fristverlängerung und begründen die namens der Klägerin und Berufungsklägerin mit Schriftsatz vom 10.07.2015 eingelegte Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg und beantragen unter Abänderung des am 02.06.2015 verkündeten und am 10.06.2015 zugestellten Urteils des Amtsgerichts wie folgt.

    Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 955,60 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

    1. Umfang der Anfechtung

    Das Amtsgericht hat zu Unrecht die Klage der Klägerin und Berufungsklägerin abgewiesen. Das Urteil wird daher im beantragten Umfang zur Überprüfung durch das Berufungsgericht gestellt. Die Berufungsklägerin stützt ihre Berufung darauf, dass die Entscheidung des Amtsgerichts auf den im Folgenden dargelegten Rechtsverletzungen beruht.

    2. Rügen

    Nach Ansicht des Amtsgerichts habe die Klägerin ihre Aktivlegitimation nicht hinreichend unter Beweis gestellt. Die diesbezüglichen Ausführungen des Amtsgerichts sind rechtsfehlerhaft.

    An die Darlegung der Rechtekette sind keine überzogenen Anforderungen zu stellen. (...)


Hinweisbeschluss des Landgericht Berlin

LG Berlin, Beschluss vom 22.09.2015, Az. 16 S 37/15
  • (...) hat die Zivilkammer 16 des Landgerichts Berlin am 22.09.2015 durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht Dr. [Name] und die Richter am Landgericht [Name] und Dr. [Name] beschlossen:

    Die Klägerin wird darauf hingewiesen, dass die Kammer beabsichtigt, ihre Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg vom 02.06.2015 - 225 C 162/14 - gemäß § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO zurückzuweisen, weil die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert. Auch ist eine mündliche Verhandlung nicht geboten.


    Gründe

    Das Amtsgericht hat die Klage durch sein Urteil zu Recht abgewiesen. Der Klägerin steht der geltend gemachte Zahlungsanspruch gegen den Beklagten nicht zu.

    Die Annahme des Amtsgerichts, die Klägerin sei nicht aktivlegitimiert, lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Die Klägerin hat in ihrer Klageschrift widersprüchlich und damit unschlüssig zu ihren Rechten an dem streitgegenständlichen Film "[Name] " vorgetragen. Sie hat ausgeführt, sie sei Produzentin des Films. Dies ergibt sich aber nicht aus der als Anlage K 6 vorgelegten Kopie des DVD-Covers, die bereits nicht lesbar ist. Zudem wird in der Anlage K 8, wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat, die Firma "Marv Films" als "Production Company" benannt. Trotz Bestreitens der Rechtsinhaberschaft durch den Beklagten in der Klageerwiderung hat die Klägerin hierzu mit Schriftsatz vom 02.12.2014 nicht weiter ausgeführt. Danach blieb erstinstanzlich unklar, welche Rechte die Klägerin geltend macht bzw. aus welcher Rechtekette sie Rechte herleitet. Sofern die Klägerin nunmehr erstmals im Berufungsverfahren ausführt, die Firma "Harry Brown Limited" sei Herstellerin des Films und habe der Klägerin mit dem als Anlage K 10 vorgelegten Lizenzvertrag ausschließliche Nutzungsrechte zum umfassenden Vertrieb des Films in der Bundesrepublik Deutschland eingeräumt, ist dieser neue Vortrag im Berufungsverfahren gemäß § 531 Abs. 2 ZPO nicht zu berücksichtigen. Denn angesichts des Bestreitens der Rechtsinhaberschaft durch den Beklagten oblag es der Klägerin, die Rechtekette nachvollziehbar und schlüssig darzulegen.

    Die Parteien erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb eines Monats seit Zustellung dieses Beschlusses.

    [Name] [Name] [Name] (...)


Berufungsrücknahme durch die Klägerin am 13. November 2015
  • (...) In der Berufungssache

    [Name] ./. [Name]

    wird die Berufung zurückgenommen.

    Beglaubigte und einfache Abschrift anbei. (...)


Landgericht Berlin, Beschluss vom 17.11.2015, Az. 16 S 37/15
  • (...) hat die Zivilkammer 16 des Landgerichts Berlin am 17.11.2015 durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht [Name], die Richterin am Landgericht [Name] und den Richter am Landgericht Dr. [Name], beschlossen:

    Die Zurücknahme der Berufung hat für die Klägerin den Verlust des eingelegten Rechtsmittels und die Verpflichtung zur Folge, die durch das Rechtsmittel entstandenen Kosten zu tragen (§ 516 Abs. 3 ZPO). (...)

    Der Berufungsstreitwert wird auf 955,60 EUR festgesetzt. (...)


Ich bin der Meinung, dass dieser Abmahnfall - stellvertretend für sehr viele Klageverfahren in diesem Jahr - deutlich macht, dass meist nur das Urteil oder ein Beschluss gelesen wird, ohne zu wissen, was für eine Zeit und Arbeitsaufwand dahintersteckt. Allein über der Beantragung des Mahnbescheides im Dezember 2013 bis hin zur Rücknahme der Berufung im November 2015 liegen immerhin fast 2 Jahre auseinander. Deshalb ist es enorm wichtig immer die Ruhe zu bewahren und dem "Anwalt seines Vertrauens" seinen Fall in seine qualifizierten Hände legen. Glückwunsch an die Kanzlei "Sievers & Kollegen" sowie an den Beklagten zum Obsiegen und Verfügungsstellens des Materials.



Natürlich sollte abschließend auch der Beklagte zu Wort kommen. Hierzu werde ich seinen Kommentar unzensiert veröffentlichen.
  • (...) Die erste paar Briefe kamen im Jahr 2010. Es gab insgesamt drei Schreiben vom Abmahner und die wurden insgesamt alle von mir ignoriert. Auch, weil die Briefe einen aggressiven Ton hatten und mir den Eindruck von einer eher unseriösen Organisation und nicht eines seriösen Anwalt vermittelte. Danach war eine lange Pause und ich dachte ich wurde nie mehr von BB hören. Nach dem Ich die Verjährung gefeiert habe (31.12.2013), kam dennoch am 02.01.2014 der Mahnbescheid. Scheinbar war die Sache doch nicht verjährt. Schade. Ich habe sofort den Widerspruch eingelegt und musste bis 11.10.2014 zur Anspruchsbegründung warten. Glücklicherweise hab ich '[Url]' gefunden und dort einen guten Anwaltstipp erhalten: "Sievers & Kollegen". Diese Kanzlei war auch die Einzige, die für mich kämpfen wollte. Alle die anderen Anwälte wollten nur einen Vergleich machen (einfaches Geld). Naja stimmt nicht, Alexander Wachs war auch bereit, aber er kostet mehr als das legale Limit. Das heißt, ich würde meine Anwaltskosten nach Gewinn nicht zurückerhalten. Als alleiniger Bewohner (Single-Haushalt) bin ich ein "schlechter Fall" und wir haben uns für die Strategie: "Fehlerhafte Log-Software" entscheiden. Und vor dem Kläger im Gericht selbst zu stehen fand ich gar nicht so schlecht. Es waren alle sehr freundlich und korrekt sowie war es auch schnell vorbei. Man müsste kaum etwas sagen, nur kurz 'ja' oder 'nein' auf zwei bis drei Fragen der Richterin antworten. Die Terminvertretung des Klägers, Marvin Schumacher, gab nach meiner Meinung einen schlechten Eindruck und verspätete sich auch noch. Das hat mich gefreut.

    Die Richter verlangten 2.000,00 EUR als Kostenvorschuss für ein Gutachten über die Log-Software, aber dies wollte die Klägerseite natürlich nicht zahlen und hat damit den Prozess am Amtsgericht verloren.

    Es hat mich gewundert, dass der Kläger danach weiter gegangen ist zum Landesgericht, denn da würde ich selbstverständlich auch die Log-Software anzweifeln. Aber das Landesgericht fand sowieso das der Berufungskläger keine Chance haben würde. Nach einem Hinweisbeschluss des Landesgerichts haben BB die Klage zurückgezogen. Sobald wurden mir meine 261,80 EUR vom Amtsgericht Prozess zurückerstattet und dann habe ich am Ende NULL Euro bezahlt. Es hat sich gelohnt zu kämpfen und ich kann gut schlafen, weil BB von mir kein Geld erhielt. (...)


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AW3P Hinweis


Ich setzte Kommas wie mit dem Salzstreuer und verstehe den Satzaufbau als Mikado.
Wer in diesem Bericht Rechtschreibfehler findet,
  • a) darf sie behalten,
    b) in der Zeit
    • Mo. - Fr.; 18:00 Uhr - 20:00 Uhr,
    • Sa. - So.; 16:00 - 18:00 Uhr bei @watt_ihr_volt melden, oder
    c) auf eBay versteigern.

Natürlich gibt es sehr viel Schlauere als mich, aber die würden - niemals - diesen Beitrag in ihrer Freizeit verfassen.



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Steffen Heintsch für AW3P

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9 Jahre ICH

#10472 Beitrag von Steffen » Montag 14. Dezember 2015, 00:05

14.12.2006 -
Dr. Karl, Urmann & Wagner -
Az. 2006-9132-187439 -
Abmahnung wegen Urheberrechtsverletzung und
Aufforderung zur Abgabe einer Unterlassungserklärung




00:05 Uhr





Meine P2P-Abmahnung datiert 14.12.2006:

Bild Bild

Bild Bild

Bild


Zum Vergrößern - anklicken!



Schon hier fällt auf:
Steffen Heintsch,
An der Kirche 11,
07343 Wurzbach,
- nicht quarkbemme0815" - hat nichts zu verbergen,
  • weder Gutes noch Böses,
  • weder Intellektuelles noch Dummes,
  • weder Starkes noch Schwaches ...
... ich behaupte nicht, dass ich
  • Jura mit der Muttermilch erhielt
  • Anwalt bin
  • sehr viel Ahnung habe
  • keine Fehler mache, obwohl ... wenn ich welche hätte, würde ich diese zugeben
  • abgemahnt wurde oder mache mir deswegen in die Buchse, sondern sage: "Hier ist meine Abmahnung - alle können es sehen - ich habe nichts zu verbergen und vor allem keine Angst mehr!"
[/b]


Unsere Schwäche ist doch - schon eh und je - unsere Anonymität, hinter der wir unsere Angst und Verantwortung verstecken. Punkt.



9 Jahre - Abmahnung "Die Gilde 2"

Wenn mich jemand 2006/2007 gefragt hätte, wie lange ich mich engagiere, hätte ich vielleicht gesagt: "Zwei, drei Jahre dann würde Schluss sein." Pustekuchen! Dato sind es mittlerweile schon 9 Jahre. Eine lange Zeit, die wenig Gutes und viel weniger Gutes brachte. Es hat aber auch einen Vorteil. Ich kenne die meisten anonymen "Verbalhereos" von Anbeginn.

Wenn man dann meine Abmahnung über den Tellerrand hinaus betrachtet: Steffen Heintsch ist immer noch hier, andere sind schon längst Geschichte. Aber auch, das ein Dokument mit der Unterschrift eines bestimmten Rechtsanwaltes aus Regensburg heute schon fast eine Art Sammlerwert hat.


Es war für mich jedenfalls eine spannende Zeitreise.


Gesetze:
  • 2. Korb der Urheberrechtsreform (BGBl 2007 I, 2513) - Download jetzt auch strafbar - 01.01.2008
  • Gesetz zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums - GEigDuVeG (BGBl 2008 I, 1191) - 01.09.2008
  • Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken (BGBl 2013 I, 3714)- GguGpr - 09.10.2013

BGH Rechtsprechung:
  • BGH, Urteil vom 12.05.2010 - I ZR 121/08 -"Sommer unseres Lebens"
  • BGH, Urteil vom 15.11.2012 - I ZR 74/12 - "Morpheus"
  • BGH, Urteil vom 08.01.2014 - I ZR 169/12 - "BearShare"
  • BGH, Urteil vom 11.06.2015 - I ZR 19/14 - "Tauschbörse I"
  • BGH, Urteil vom 11.06.2015 - I ZR 7/14 - "Tauschbörse II"
  • BGH, Urteil vom 11.06.2015 - I ZR 75/14 - "Tauschbörse III"

Wer kam und ging?
  • In den Jahren kamen viele Engagierte und gingen leider auch wieder, spätestens mit ihrer Verjährung. Viele blieben, dabei ist die Motivation ihres Engagement ('Werbe- und Kopfgeld + Provision' ./. 'kostenlos und kostenfrei') dahingestellt. Warum ich es noch mache? Zu viel Freizeit, zu viel Dummschwätzer, zu viel Geldverdiener. Mehr ist es mittlerweile nicht mehr. Auf alle Fälle nichts Heroisches.
  • "kuw-Rechtsanwälte" firmierten teilweise um zu "U+C Rechtsanwälte" und verschwanden mit Rechtsanwalt Thomas Urmann in die Versenkung.
  • leuchtend neuer Stern am Abmahnerfirmament: DigiProtect - Gesellschaft zum Schutze Digitaler Medien mbH - gegründet aus dem Label P3 des M. Pelham heraus - vereinte erstmals innovativ Logger und Rechteinhaber in einem. Erlosch aber noch rechtzeitig und schnell in der Insolvenz, vor einer drohenden Sammelklage. Welch für ein Glück!
  • Abmahnwelle von dtsch. RI 2008/2009 in Österreich. Kam schnell und ging auch wieder schnell. AW3P war dabei ...
  • Kanzlei "Nümann + Lang" und Logfirma: "Evidenzia GmbH & Co. KG" - unvergessen die VÖ des Log-Gutachtens durch das Zuspielen ..., unzähligen Berichten in TV und Printmedium, oder das dümmliche nächtliche Geschwafel eines Bentz: "Peterle, Du weißt nicht was ich gerade schreibe ...".
  • Die m.M.n. teuerste Abmahnung bislang, durch die Kanzlei "Demirci & Dr. Nal" (München) i.A. des türkischen Musikverbandes gegenüber einen DJ bzgl. Remixe (türkischer Musik) - 07/2008:
    Streitwert von 3.000.000,00 EUR (300 Lieder bei Streitwert von je 10.000,00 EUR)
    AG: 13.000,00 EUR + noch zu bestimmenden Schadensersatz:
    • "Des weiteren stehen unserer Mandantin Schadensersatzansprüche gem. § 97 Abs.1 Satz 1 3 HS. UrhG zu. Die konkrete Höhe des Schadensersatzanspruchs bleibt ausdrücklich einem weiteren Schreiben vorbehalten."
  • Pannen. Pannen gab es in großer Anzahl auf beiden Seiten. Dies würde heute den Rahmen sprengen. Ein Beispiel - ich glaube jetzt wird auch RA Auffenberg lächeln -

    "Die Auffenbergsche-Null-Nummer"

    Auszug - nur - aus der UVE:
    Bild
    usw. usf. Aber nächstes Jahr zu meinem 10. Jubiläum - hurra - mehr. Versprochen.

    Hier dann als Bonus, diverse Lösch-und Droh-E-Mails von Ingo Bentz (Urheber Ausmalbild "Der Rattenfänger von Hameln"; gegenüber einem Schriftsteller; gegenüber einem Journalisten), dem stetigen Ausheulen bei einem Rechtsanwalt über mich sowie das berühmt berüchtigte Droh-Fax der IGGDAW gegenüber einen freien Journalisten. Versprochen.


    Steffens Vita:
    • 25.04.2008
      Abmahnung Internetseite: AW3P; Forum: AW3P
      Wer: RA Edel aus München (Steuerrecht – Straßenverkehrsrecht – Versicherungsrecht)
      Grund: Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz
      Forderungen (21 Seiten): strafbewehrte UVE; AG (Gegenstandswert 25.000,00 EUR) 1,5 GG RVG: 1.049,00 EUR
      Reaktion: nicht unterschrieben; nicht bezahlt, verjährt

      ……………………………

      30.09.2009
      Aufforderung zur Löschung diverser Beiträge im Forum AW3P
      Grund: Persönlichkeitsverletzung gegenüber Herrn Michael E*****
      Wer: RA Zimmel aus Augsburg (Urheberrecht)
      Forderung: Löschung oder Editierung der streitgegenständlichen Postings
      Reaktion: Löschung nach Kenntnis

      ……………………………

      14.08.2010
      Aufforderung zur Löschung diverser Beiträge im Forum AW3P
      Grund: Rechtswidrige Texte, unwahre Tatsachenbehauptungen, Manipulation des Besucherzählers im Forum - geschäftsschädigende Wirkung
      Wer: RA Zimmel aus Augsburg (Urheberrecht)
      Forderung: Löschung oder Editierung der streitgegenständlichen Postings
      Reaktion: Löschung nach Kenntnis

      ……………………………

      26.05.2010
      Abmahnung Betreiber der Internetseite: AW3P
      Wer: Schertz, Bergmann RAe aus Berlin i.A. Scheffler (München)
      Grund: Persönlichkeitsverletzung, Verletzung Recht am Bild von Scheffler
      Forderungen: strafbewehrte UVE; AG (Gegenstandswert 10.000,00 EUR) 1,3 GG RVG: 775,64 EUR
      Reaktion: RA Dr. Alexander Wachs; mod. UE; nichts gezahlt – Risiko Klage und -alle- Konsequenzen bewusst
      a) 29.06.2011 Strafanzeige Scheffler; STA Coburg, Az. 102 Js 6179/11
      Grund: Üble Nachrede (Anwalts Stalking, Betreiben eines anonymen Facebook Account)
      08.08.2011: Vorladung Polizei Kronach – Beschuldigtenvernehmung
      Reaktion: Aussage getätigt
      28.09.2011: STA Coburg
      Grund: Einstellung der Ermittlungen mangels öffentlichen Interesses
      b) 03.08.2011: Hinweisbeschluss AG Berlin Mitte, Az. 7 C 176/11
      Grund: Hinweisbeschluss zur Durchführung eines schriftlichen Vorverfahrens
      14.12.2011: Anerkenntnis, Urteil Az. 7 C 176/11;
      Höhe: 651,80 EUR
      27.02.2012: Kostenfestsetzungsbeschluss Anerkenntnisurteil Az. 7 C 176/11
      Höhe: 227,50 EUR
      Reaktion: Mitteilung über die wirtschaftliche Lage
      27.04.2012: Pfändungsbeschluss über Pfändung der Domain AW3P
      Höhe: 943,22 EUR
      Reaktion: Bezahlung + Ratenzahlungsvereinsbahrung (monatliche Kleinstrate 30,00 EUR - erledigt!)

      ……………………………

      21.10.2010
      Aufforderung per Briefpost
      Grund: Verletzung Markenrecht (Wort/Bildmarke DE302009017918 sowie Wortmarke DE302009017917)
      Wer: RA Dr. Reber aus München (Urheberrecht)
      Forderung: Löschung oder Editierung des Kanzleinamens im Forum bzw. des entsprechenden Thread
      Reaktion: Änderung des Kanzleinamens im Forum nach Kenntnis (war gerade im 1. richtigen Urlaub an der Nordsee)

      ……………………………

      13.07.2012
      Abmahnung AW3P
      Wer: RA Nagel aus Augsburg (Urheberrecht)
      Grund: unlauterer Wettbewerb,
      Forderungen: strafbewehrte UVE; Löschung einer Aussage
      Reaktion: Zurückweisung der Abmahnung

      ……………………………

      15.11.2012
      Abmahnung Steffen Heintsch
      Wer: RA Dr. Werner aus Schwäbisch Gemünd (Strafrecht - Verkehrsrecht - Versicherungsrecht) i.A. RA Hechler aus Schwäbisch Gemünd
      Grund: Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz; falsche Aussagen in einer E-Mail; unerlaubte Zusammenstellung von Unterlassungserklärungen
      Forderungen: strafbewehrte UVE; AG wurde angekündigt, aber nicht thematisiert
      Reaktion: Nicht beachtet - verjährt!

      ……………………………

      02.04.2013
      EV - LG Berlin (Az. 103 O 60/13) - unerlaubte Rechtsdienstleistung, geschäftliches Handeln im eigenen und im Interesse anderer (Letzteres wurde richterlich nicht gesehen!) - Widerspruch am KG Berlin durch mich (5 U 145/13) - Widerspruch wurde nach dem Hinweisbeschluss des KG zurückgenommen. Letzte Amtshandlung - Abschlusserklärung.

      ……………………………

      25.04.2013
      EV - LG Berlin (Az. 97 O 75/13) - Bezeichnung der 1. EV als "Schmarrn" - EV wurde per Urteil aufgehoben, "Deutschland darf Schmarrn sagen!"

      ……………………………

      Kosten bislang und insgesamt für mich ca. 5.500,- €
      - keine - Spendenaktion, alles aus privater Tasche, kein Null-Vergleich akzeptiert!

      ……………………………

      Hinweis:
      Diverse Anrufe, E-Mails, Faxe von anderen Rechtsanwälten bzw. Logfirmen nicht mit eingerechnet.

      ……………………………



    Richtigstellung

    Leider machen einige unbedachte Äußerungen einiger anonymer "Verbalhereos" es notwendig, das ich einiges Richtigstellen muss. Da diese unbedachten Äußerungen ausschließlich von dem gewerblichen Werbeforum der IGGDAW kommen, verzichte ich auf der Pseudoniknamen-Nennung.


    • (...) So etwas kommt halt dabei heraus, wenn man die wenige Grütze, die man hat, nicht für eine schöne ... rote, grüne oder in der Wurst nutzt, sondern versucht sie zum Nachdenken zu verwenden, weil man entweder nicht in der Lage ist oder der Mut fehlt, seinen (eigenen) Verstand zu benutzen. (...)
    Das ist lustig. Hä, versteh' ich nicht! Steffen Heintsch hat - viel - Grütze!
    Beweis: Ich habe extra in meinen Speicher geschaut und ein Foto geschossen.

    Bild


    • (...) armeseligen "Wurzbacher Minipegida" (...)
    Nun, wenn man heute für seine politische Meinung sofort "Pegidaist" ist, dann zeigt es nur, arme und Politikverdossene Deutsche. Punkt.


    • (...) Nun wird eine erboste Beschwerde eintreffen, die eine ausdrückliche Nennung + Maßregelung desjenigen fordert, welcher dahergelaufenen Dritten ohne Erlaubnis der Parteien und ohne "rechtliches Interesse" Akteneinsicht gewährte.
      .......................
      Ihm droht nun Ärger - aber nicht mit der Bank.
      Seine ganze Gülle doch schon immer nach Persönlichkeitsrechtsverletzungen stank! (...)
    Machen, nicht reden! Außerdem ist noch nichts - was großspurig gegen mich angekündigt wurde - je eingetroffen. Und so richtig Angst bekomme ich nun auch nicht wegen euch Kinders.


    • (...) Wenn Steffen schon traurig, frustriert und alleine vorm Weihnachtsbaum sitzen muss, soll er nicht auch noch eine weitere Rüge fürchten. Es ist auch ein Zeichen von Stärke dem eindeutig Unterlegenen Barmherzigkeit entgegenzubringen. (...)
    Ich bin zwar immer noch auf die brutale Beschwerde oder Rüge wie ein Flitzebogen gespannt - wie lächerlich ihr doch eigentlich seit - und mache mir bestimmt deswegen nicht in die Buchse. Machen, nicht so viel reden!

    Ich muss deutlich sagen, dass ich Weihnachten - nicht - allein zu Hause sitzen werde, sondern Weihnachten bis Sylvester im Kreise meiner lieben Familie außerhalb Wurzbachs verbringe und in dieser Zeit auch das Forum schließe (Rechte: 'nur Lesen'). Man wird dann deutlich sehen - wer - tatsächlich keine Weihnachten feiert, im Forum wohnt und sein Geld oder "Boni von Cheffe" mit Dummposting verdient.


    • (...) Laberte mal wieder Müll, ob er wohl wieder zu viel trank? (...)
    Der gesunde Mensch sollte wohl so täglich bis ca. 3 l Wasser trinken. Dabei besteht der Mensch zu 70 Prozent aus Wasser. Durch Ausscheidungen und über die Haut gehen pro Tag rund 2,5 Liter verloren. Die müssen wieder rein. Daran halte ich mich und trinke so ca. 2 - 3 l (Mineral-) Wasser. Ansonsten bin ich - darauf bin ich stolz, ohne jeglicher fremder Hilfe - seit 2004 trockener Alkoholiker. Würde ich jeden sofort empfehlen. Bei manchen sogar mehr als ratsam.



    Zitat/Kalauer des Jahres 2015 kommt von Ingo Bentz (das Shual, Professor):
    10.06.2015 - wenn auch mittlerweile vom Autor hastig umgeschrieben -:

    • (...) Am 11.06.2015 gibt's - die RA Christian-Solmecke-RTL-Show"
      Stimmt ja gar nicht! Wagner-Halbe, Köln ist dran! (...)

Nur, das Internet vergisst nicht:

Bild

Zum Vergrößern - anklicken!


O.K. Dies sollte es erst einmal gewesen sein. Weiter geht's zum 10.


Nein, einen habe ich noch ...




Steffen-Style: Gerichtssaalflugbegleiter Inge

Bild




Euer

Steffen Heintsch für AW3P






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ffischer
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10473 Beitrag von ffischer » Montag 14. Dezember 2015, 17:52

freu dich doch den Urmann hast doch locker überlebt .-:; .-:;

und vielen dank für deine arbeit :an :an :rp

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Werdermann | von Rüden

#10474 Beitrag von Steffen » Montag 14. Dezember 2015, 22:49

Rechtsanwaltskanzlei Werdermann | von Rüden:
Das Amtsgericht Lübeck weist Klage der I-ON New Media GmbH ab




22:50 Uhr


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Werdermann | von Rüden
Partnerschaft von Rechtsanwälten

Leipziger Platz 9 | 10117 Berlin
Telefon: 030 - 965 356 2975 | Telefax: +49 (0)30 / 200 590 77 11
E-Mail: info@wvr-law.de | Internet: www.wvr-law.de
Internet: www.abmahnhelfer.de


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Berlin/Lübeck: Die Rechtsanwaltskanzlei Werdermann | von Rüden hat erneut eine Klage der Hamburger Rechtsanwaltskanzlei Schulenberg & Schenk abgewehrt. Die Kölner I-ON New Media GmbH hatte einen Familienvater auf Schadenersatz und Erstattung von Rechtsanwaltskosten in Anspruch genommen. Ihm wurde vorgeworfen, über seinen Internetanschluss das Filmwerk "Cherry Bomb" öffentlich zugänglich gemacht zu haben. Hierfür verlangte der Rechteinhaber 646,20 Euro Schadenersatz sowie 651,80 Euro für entstandene Rechtsanwaltskosten.




Anschlussinhaber gab modifizierte Unterlassungserklärung ab

Nach Erhalt der Abmahnung hatte der Anschlussinhaber von der Rechtsanwaltskanzlei Werdermann | von Rüden eine modifizierte Unterlassungserklärung abgeben lassen und ansonsten alle weiteren Zahlungen verweigert. Die Kanzlei steht hinter dem Portal: 'Abmahnhelfer.de', über das jährliche Hunderte von Abmahnungen der Film- und Musikindustrie abgewehrt werden.



Anschlussinhaber war zum Tatzeitpunkt nicht zu Hause

Vor dem Amtsgericht Lübeck verteidigte sich der Anschlussinhaber: Zu dem fraglichen Tatzeitpunkt sei er nicht zu Hause gewesen. Er habe sich mit seiner Ehefrau auf einer Geburtstagsfeier aufgehalten. Neben ihm habe aber auch sein damals bereits volljähriger Sohn Zugang zu dem Internetanschluss gehabt, der auch über einen eigenen Computer in seinem Zimmer verfügte. Zwar habe er beide zu den Vorwürfen befragt, diese haben aber die Rechtsverletzung abgestritten.

Das Amtsgericht Lübeck (AG Lübeck, Urt. v. 30.11.2015, 20 C 3/15, nicht rechtskräftig) wies die Klage vollständig ab, denn der Klägerin stünde "unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt" der begehrte Anspruch zu. Mit Verweis auf eine Entscheidung des Amtsgerichts Hamburg (AG Hamburg, Urt. v. 27.03.2015, 36a C 363/14) führte das Gericht aus, dass zwar eine tatsächliche Vermutung gegen den Anschlussinhaber streitet, diese aber gerade dann nicht besteht, wenn feststünde, dass zum fraglichen Tatzeitpunkt auch andere Personen Zugang zu dem Internetanschluss gehabt haben könnten. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der Internetanschluss zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde. Nachdem die Parteien ihr Einverständnis zum schriftlichen Verfahren erteilt hatten, brauchten sich die Parteien auch nicht vor Gericht treffen (vgl. § 128 Abs. 2 ZPO).



Anschlussinhaber genügt sekundärer Darlegungslast

Seiner sekundären Darlegungslast habe der Anschlussinhaber dadurch genügt, dass auch der Sohn als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommt. Ob dieser seine eigene Täterschaft in Abrede gestellt hat, ist unerheblich. Der Anschlussinhaber sei nur dazu verpflichtet gewesen, nachzuforschen, wer selbstständigen Zugang zum Internetanschluss hatte. Es sei nicht erforderlich vorzutragen, wer tatsächlich Täter der Rechtsverletzung ist. Auch sei es nicht erforderlich, vorzutragen, welche Person zum Zeitpunkt der behaupteten Rechtsverletzung den Anschluss tatsächlich genutzt hat.



Störerhaftung ist ausgeschlossen

Mit Blick auf die BearShare-Entscheidung des Bundesgerichtshofs verweist das Amtsgericht Lübeck auch abschließend darauf, dass kein Anlass dazu bestand, die anderen Anschlussnutzer anlasslos über die Illegalität des Filesharings zu belehren und ihnen die Teilnahme an solchen Tauschbörsen zu verbieten. Auch brauchte der Anschlussinhaber nicht mehr vorzutragen, ob der Internetanschluss ausreichend gesichert war. Denn eine fehlende Verschlüsselung des Internetanschlusses hätte sich nur dann auf die Rechtsverletzung ausgewirkt, wenn diese auch kausal gewesen wäre. In Anbetracht der Tatsache, dass der Sohn hier ernsthaft als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommt, kann es dahin stehen, ob der Anschluss durch WPA2 gesichert war.


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Autor: Rechtsanwalt Johannes von Rüden
Quelle: www.wvr-law.de
Link: https://www.wvr-law.de/Filesharing_Amts ... a_GmbH_ab+


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AG Lübeck, Urteil vom 30.11.2015, Az. 20 C 3/15

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10475 Beitrag von kirsten » Dienstag 15. Dezember 2015, 13:05

Hi Steffen,

macht es Sinn, sich schon jetzt mit einem Anwalt zu besprechen oder reicht es mit dem Erhalt der Klageschrift.

Mir fällt es schwer, mir eine Verteidigungsstrategie zu überlegen, bei dem Wildwuchs an Urteilen und ich find es auch ziemlich verwirrend.

Kommt es eigentlich auf jeden Fall zur Klage oder kann es auch sein dass auf die Klage verzichtet wird?

Eigentlich möchte ich gerne erreichen, dass eine Klage abgewiesen wird, weil ich den Eindruck habe, dass es sich bei der Angelegenheit um Drückermethoden handelt und ich es traurig finde, dass ein "Rechtsstaat" das zulässt.

Grüße Kirsten

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10476 Beitrag von Steffen » Dienstag 15. Dezember 2015, 13:17

Hallo Kirsten,

mit Erhalt eines Mahnbescheides befindest Du dich doch schon in einem gerichtlichen Verfahren. Natürlich kann ich dir nicht sagen, ob mit Einlegung des Widerspruchs der Anspruchsteller:
  • a) blufft oder
    b) die Ansprüche begründet (Klage). Denn wenn ich das könnte, wäre ich der Mann in DE.
Es ist wie immer, die Chancen stehen 50-50, wenn man nicht zahlt. Entweder man verjährt oder wird verklagt. Dies sollte jedem klar sein.

Es macht aber Sinn, mit Erhalt der Anspruchsbegründung - dann sofort - einen Anwalt zu beauftragen und mit ihm die Gedanken zu ordnen.

In der Regel hat man nach dem Widerspruch sowieso erst einmal Zeit bis so Juni/Juli 2016. Dann sollte man sehen, was eingeklagt wird - wenn man klagt - und mit seinem Anwalt alles bereden. Natürlich möchte jeder Beklagte, dass seine Klage abgewiesen wird, aber die Realität ist vom qualifizierten Sachvortrag und deinem Beweisen abhängig (+ einer Portion Glück).

VG Steffen

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RedTube-Urteil

#10477 Beitrag von Steffen » Dienstag 15. Dezember 2015, 22:38

"RedTube-Abmahnung" war vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung
Thomas Urmann sowie die "Z9 Verwaltungs-GmbH" zum Schadensersatz verurteilt



22:40 Uhr



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Autor:
Rechtsanwalt Alexander Bräuer
FA für gewerblichen Rechtsschutz


Anwaltskanzlei Weiß & Partner® Rechtsanwälte, Patentanwalt
Katharinenstraße 16 | 73728 Esslingen
Tel.: +49 (0) 711 - 88241006 | Fax: +49 (0) 711 - 88241009
Web: www.ratgeberrecht.eu | E-Mail: kanzlei@ratgeberrecht.eu


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Ende des Jahres 2013 machten die "RedTube-Abmahnungen" der Firma "The Archive AG", Blumenweg 3a, 8303 Bassersdorf, durch die Kanzlei "U + C Rechtsanwälte URMANN+COLLEGEN" die Runde. Die Abmahnwelle platze im sprichwörtlichen Sinne.

Nun hat das Amtsgericht Regensburg mit Urteil vom 08.12.2015 sowohl Ex-Anwalt Thomas Urmann als auch die "Z9 Verwaltungs-GmbH" (zum bisherigen Verfahren und zum Versäumnisurteil) nach beinahe zwei Jahren gesamtschuldnerisch zum Schadensersatz verurteilt sowie gegenüber Thomas Urmann festgestellt, dass eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung vorliegt. Nach Ansicht des Amtsgericht Regensburg liegen ausreichende Anhaltspunkte für ein arglistiges Verhalten des beklagten Urmann vor.


Das Urteil des Amtsgerichts Regensburg vom 08.12.2015, Az. 3 C 451/14, im Volltext: ...

... weiterlesen auf 'www.ratgeberrecht.eu'






AG Regensburg, Urteil vom 08.12.2015, Az. 3 C 451/14

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Störerhaftung vor dem EuGH!

#10478 Beitrag von Steffen » Mittwoch 16. Dezember 2015, 09:54

+++ Die "Störerhaftung" landet vor dem Europäischen Gerichtshof! +++

o9:50 Uhr

"Tobias McFadden" bayrischer Pirat klagt gegen die hochumstrittene deutsche Störerhaftung für Anbieter von WLAN-Hotspots ...


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Quelle: www.piratenpartei.de

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10479 Beitrag von Steffen » Donnerstag 17. Dezember 2015, 00:25

Das Amtsgericht Halle (Saale) weist Filesharing Klage ab, da alle Ansprüche verjährt sind (vgl. § 195 BGB). Ein sogenannter deliktischer Bereicherungsanspruch gemäß § 102 S. 2 UrhG i.V.m. § 852 BGB wurde nicht hinreichend dargelegt bzw. ist in Anwendung von § 287 ZPO zu verneinen.


00:25 Uhr



Wie die Hamburger Kanzlei ...

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Rechtsanwalt Dr. Alexander Wachs

Dr. Wachs Rechtsanwälte
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Zusammenstellung einiger ausgewählter Entscheidungen
der Kanzlei Dr. Wachs Rechtsanwälte: Link


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... informiert, wurde mit dem Urteil vom 27.11.2015 (Az. 91 C 2484/14) des Amtsgerichts Halle (Saale) eine unbegründete Filesharingklage der "KSM GmbH", vertreten durch die Berliner Kanzlei "Baumgarten und Brandt", erfolgreich abgewiesen, da alle Ansprüche verjährt sind (vgl. § 195 BGB). Ein sogenannter deliktischer Bereicherungsanspruch gemäß § 102 S. 2 UrhG i.V.m. § 852 BGB wurde nicht hinreichend dargelegt bzw. ist in Anwendung von § 287 ZPO zu verneinen.




Amtsgericht Halle (Saale), Urteil vom 27.11.2015, Az. 91 C 2484/14

  • (...) hat das Amtsgericht Halle (Saale) auf die mündliche Verhandlung vom 27.10.2015 durch den Richter am Amtsgericht [Name] für Recht erkannt:
    1. Die Klage wird abgewiesen.
    2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
    3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.


    Tatbestand

    Der Beklagte war im Dezember 2009 Inhaber eines Internetanschlusses der [Name]. Eine von der Klägerin mit der Überwachung des Internets beauftragte Firma stellte am xx.12.2009 gegen 17:xx:xx Uhr einen Internetnutzer fest, der das Filmwerk "[Name]" im Wege des Filesharing zum Download anbot. Auf Antrag der Klägerin gestattete das Landgericht [Name] mit Beschluss vom xx.01.2010 der [Name], der Klägerin Auskunft zu erteilen, welchem Internetnutzer zu dem genannten Zeitpunkt die IP-Adresse zugeordnet war, über die das Downloadangebot erfolgt war. Nach der daraufhin von der [Name] mit Schreiben vom xx.02.2010 erteilte Auskunft war dies der Beklagte. Die Klägerin veranlasste daraufhin die Versendung des im Rechtsstreit als Anl. K9 vorgelegten anwaltlichen Abmahnschreibens vom 14.10.2010, dessen Zugang an den Beklagten zwischen den Parteien streitig ist.

    Die Klägerin behauptet, sie sei Inhaberin ausschließlicher Nutzungs- und Verwertungsrechte an dem streitgegenständlichen Filmwerk. Das von ihr ermittelte Downloadangebot sei vom Internetanschluss des Beklagten ausgegangen. Durch die Verbreitung des Films im Internet vom Anschluss des Beklagten aus sei der Klägerin ein Lizenzschaden in Höhe von mindestens 400,00 EUR sowie - mittelbar durch Beauftragung eines Rechtsanwaltes mit der im Rechtsstreit vorgelegten Abmahnung - ein weiterer Schaden in Form von Abmahnkosten i.H.v. 555,60 EUR entstanden. Der Beklagte habe das Download Angebot selbst geschaffen. Darüber hinaus hafte er aber auch als Störer, da sein Internetanschluss zur Tatzeit nicht ausreichend gegen unbefugte Zugriffe von außen gesichert gewesen sei.


    Die Klägerin beantragt,
    • 1. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 400,00 EUR betragen soll, nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
      2. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag i.H.v. 555,60 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

    Der Beklagte beantragt,
    • die Klage abzuweisen.
    Er erhebt die Einrede der Verjährung und behauptet das Abmahnschreiben der Klägerin sei ihm nicht zugegangen. Auf seinen Internetanschluss habe außer ihm noch sein damals minderjähriger Sohn sowie seine Lebensgefährtin jeweils mit deren eigenem Laptop zugreifen können. Beide hätten bestritten, den streitgegenständlichen Film heruntergeladen zu haben. Er habe die im Haushalt vorhandenen Geräte nach Erhalt des Mahnbescheides auf den streitgegenständlichen Film hin untersucht, die von der Klägerin im Rechtsstreit benannte Software jedoch auf keinem der Geräte finden können. Der Internetanschluss sei durch einen Bekannten für ihn eingerichtet worden. Bei dieser Einrichtung sei das werkseitige Passwort des Anschlussanbieters in ein persönliches Passwort abgeändert worden.


    Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die vor und nach bereiteten Schriftsätze sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 27.10.2015 Bezug genommen.


    Entscheidungsgründe

    Die Klage war abzuweisen, weil Schadenersatzansprüche der Klägerin sowie Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag, die der regelmäßigen Verjährungsfrist von 3 Jahren gemäß § 195 BGB unterliegen, verjährt sind und ein sogenannter deliktischer Bereicherungsanspruch gemäß § 102 S2. UrhG i.V.m. § 852 BGB nicht hinreichend dargelegt bzw. in Anwendung von § 287 ZPO zu verneinen ist.

    1.

    Schadensersatzansprüche der Klägerin sowie Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag sind verjährt, weil die Klageforderungen im Mahnbescheid nicht hinreichend individualisiert worden sind und die Zustellung des Mahnbescheides daher den Eintritt der Verjährung nicht gehemmt hat. Eine Hemmung der Verjährung durch Zustellung des Mahnbescheides (§ 204 Nr. 3 BGB) tritt nur dann ein, wenn der geltend gemachte Anspruch im Mahnbescheid so genau bezeichnet ist, dass der Schuldner erkennen kann, welcher Anspruch gegen ihn geltend gemacht wird. Ein im Mahnbescheid in Bezug genommenes Schreiben ist zu berücksichtigen, auch wenn es nicht beigefügt ist. Voraussetzung ist aber, dass es dem Anspruchsgegner bereits bekannt ist (vergleiche Palandt, 74. Auflage zu § 204 Rn. 18 mit weiteren Nachweisen). Die aus dem Mahnbescheid ersichtliche Bezeichnung der Hauptforderung ("Rechtsanwalts-/ Rechtsbeistands Honorar gemäß Abmahnung K00 5x-xxxxxxxx10 vom 14.10.2010 und Schadensersatz aus Lizenzanalogie Abmahnung vom 14.10.2010, Az. K00 5x-xxxxxxxx10 vom 14.10.2010") sind nur für den Empfänger ausreichend, dem die Abmahnung vom 27.05.2010 bekannt ist.

    Dessen Zugang bestreitet der Beklagte jedoch und die Klägerin bietet insoweit keinen geeigneten Beweis an. Sie bietet lediglich Zeugenbeweis für die Absendung des Mahnschreibens an. Die Absendung der Abmahnung reicht aber nicht aus, um den Beweis oder den Anscheinsbeweis für den Zugang der Abmahnung zu erbringen. Soweit sich die Klägerin für die gegenteilige Rechtsauffassung auf die BGH-Entscheidung "GRUR 2007, S. 629 ff." beruft, so steht diese Entscheidung nicht im Widerspruch zu der hier vertretenen Auffassung, denn die genannte BGH Entscheidung enthält explizit nur Ausführungen zur Verteilung der Darlegung und Beweislast für die Tatsachen, die den Ausnahmetatbestand des §§ 93 ZPO begründen. Soweit sich die Klägerin auf die von ihr im Rechtsstreit zitierten Urteile des Landgerichts Berlin und des Amtsgerichts München beruft, so folgt das Gericht der von diesen Gerichten vertretenen Rechtsauffassung nicht. Das Abmahnschreiben datiert vom 14.10.2010. Das Gericht hält es nicht für zumutbar, dass der Beklagte darlegen und beweisen soll, Mitte Oktober 2010 und somit vor mehr als 5 Jahren ein Abmahnschreiben nicht erhalten zu haben. Zumutbar wäre es vielmehr für die Klägerin gewesen, eine Versendungsart zu wählen, die ihr den Nachweis des Zugangs erlaubt, wobei sie sich zudem noch auf die Fälle hätte beschränken können, in denen ihr kein Antwortschreiben zugeht. Unabhängig von Zumutbarkeitserwägungen läuft die Rechtsmeinung des LG Berlin und des Amtsgerichts München sowie der Klägerin darauf hinaus, aus dem Beweis der Absendung des Mahnschreibens einen Anscheinsbeweis für den Zugang des Mahnschreibens abzuleiten. Dies steht im Widerspruch zu der Rechtsprechung des BGH, die für Postsendungen gerade keinen Anscheinsbeweis dafür annimmt, dass ein zur Post gegebenes Schreiben den Empfänger auch erreicht (vergleiche Palandt, 74. Auflage zu Rn. 21 zu § 130, BGH NJW 1964,1176). Die Zustellung des Mahnbescheides war daher nicht geeignet, die Verjährung von Schadensersatzansprüchen und von Ansprüchen aus Geschäftsführung ohne Auftrag zu hemmen.

    Spätestens mit Zugang der Anl. K4 (Schreiben der [Name] vom xx.02.2010) waren der Klägerin nicht nur die den Anspruch begründenden Umstände, sondern auch die Person des Beklagten als dem in Betracht kommenden Anspruchsgegner bekannt und die Verjährung dieser Ansprüche begann daher mit dem Schluss des Jahres 2010 zu laufen (§ 199 Abs. 1 BGB). Im Zeitpunkt der Zustellung der Anspruchsbegründung am 16.01.2015 waren diese Ansprüche somit verjährt.

    2.

    Dagegen wäre ein deliktischer Bereicherungsanspruch gemäß § 102 S. 2 UrhG i.V.m. § 852 Abs. 1 BGB erst in 10 Jahren nach Eintritt der Entreicherung verjährt. Voraussetzung für einen solchen Anspruch wäre gemäß § 852 S. 1 BGB, dass der Beklagte durch eine unerlaubte Handlung auf Kosten der Klägerin etwas erlangt hat. Der Teilnehmer an einer Filesharing-Tauschbörse erlangt durch seinen Eingriff in das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung des Filmwerks (§ 19a UrhG) jedoch allenfalls den persönlichen Genuss des Filmwerks, nicht aber einen geldwerten Vorteil, der mit der öffentlichen Zugänglichmachung des Werkes verknüpft ist. Denn weder beabsichtigt er, mit der Teilnahme am Filesharingsystem einen solchen geldwerten Vorteil zu erzielen, noch ist die Teilnahme am Filesharingsystem objektiv zur Erzielung eines solchen Vorteils geeignet. Die Nutzung des Filmwerkes durch den Teilnehmer am Filesharingsystem ist somit zwar notwendigerweise mit einer Nutzung des Filmwerkes in Form der öffentlichen Zugänglichmachung des Filmwerkes verbunden, jedoch hat diese Nutzung subjektiv und objektiv für den Teilnehmer keinen Wert. Soweit der Bundesgerichtshof in der von der Klägerin zitierten BGH Entscheidungen "Bochumer Weihnachtsmarkt" (1 ZR 175/10 davon ausgeht, dass der objektive Gegenwert für den Gebrauch eines Immaterialgüterrechts grundsätzlich in der angemessenen Lizenzgebühr besteht, so hilft dies nicht darüber hinweg, dass Lizenzen für eine dem Filesharing vergleichbare Nutzung auf dem Markt nicht gehandelt werden und es daher für eine dem Filesharing vergleichbare Nutzung keine angemessene Lizenzgebühr gibt.

    Diese Tatsache ist auch nicht verwunderlich, denn das Recht zur öffentlichen Zugänglichmachung eines bestimmten Filmwerks wäre wirtschaftlich praktisch wertlos, wenn es gleichzeitig einer praktisch unbegrenzten Vielzahl von Personen eingeräumt würde. Bei dem Teilnehmer an einem Filesharing-System tritt daher keine Bereicherung ein, die über den Wert des persönlichen Filmgenusses hinausgeht. Vielmehr liegt die Besonderheit des Filesharingsystems gerade darin, dass dem durch das System als Ganzes dem Rechteinhaber zugefügten Schaden keine Bereicherung des einzelnen Teilnehmers am System entspricht. Also ist auch ein Anspruch auf Herausgabe einer solchen Bereicherung zu verneinen.

    Ob der Beklagte persönlich in den Genuss des streitgegenständlichen Filmwerks gekommen ist, steht im vorliegenden Fall nicht fest, denn auf seinen Internetanschluss hatten nach seinem Sachvortrag außer ihm auch noch seine Ehefrau sowie sein minderjähriger Sohn Zugriff.

    Darüber hinaus trägt die Klägerin zum Wert der Bereicherung, die in der ersparten Aufwendung für den persönlichen Genuss an dem in Rede stehenden Filmwerk liegt, nicht explizit vor. Die Schätzung eines Mindestwertes wäre insoweit in entsprechender Anwendung von § 287 ZPO zwar möglich, würde im vorliegenden Fall aber dazu führen, dass das Gericht in eine kostspielige Beweisaufnahme zu den streitigen Fragen der Rechtsinhaberschaft der Klägerin sowie zu der Frage eintreten müsste, ob die Ermittlungen der Klägerin zu treffen, ob also das streitgegenständliche Downloadangebot tatsächlich vom Internetanschluss des Beklagten ausgegangen ist. Da der zu schätzende Mindestwert für den persönlichen Genuss des Filmwerkes kaum höher als 30,00 EUR angesetzt werden kann, würde die Beteiligung der Klägerin an den Kosten der Beweisaufnahme aller Voraussicht nach höher ausfallen, als der Betrag, der der Klägerin im Falle eines ihr günstigen Beweisergebnisses zugesprochen werden könnte. Das Gericht hat daher gemäß § 287 Abs. 2 ZPO von einer solchen Beweisaufnahme abgesehen und die Klage in vollem Umfang abgewiesen.

    3.

    Die Entscheidung zu den Kosten des Rechtsstreits folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


    Rechtsbehelfsbelehrung

    Diese Entscheidung kann mit der Berufung angefochten werden. Sie ist einzulegen innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem

    Landgericht Halle,
    Hansering 13,
    06108 Halle (Saale). (...)




AW3P (Nach-) Gedanken

Glückwunsch an den Beklagten und seinen Prozessbevollmächtigten, die Kanzlei "Dr. Wachs Rechtsanwälte" aus Hamburg.



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Bereicherungsrecht:
Abschöpfung der Bereicherung des bereicherten Schuldners.
Ob der Gläubiger hierbei entreichert wurde, ist nicht relevant!


Ich möchte in keinster Weise das Urteil, die Leistung der Juristen oder des Beklagten schlechtreden. Schon aus dem Grund, dass viele wieder sagen werden: "Das Amtsgericht Halle (Saale) hat ja so recht!" Nur sollte man aber schon einmal berechtigte Kritik üben. Obwohl das Amtsgericht Halle (Saale) eine neue falsche Definition für "etwas erlangt" in "Persönlicher Genuss" fand, wird deren Anlehnung an den Entscheidungen der Gerichtsstandorte Bielefeld und Frankenthal zur Frage, dass § 102 Satz 2 UrhG (10-jährige Verjährung) auf Filesharing-Fälle keine Anwendung findet nicht besser. Es ist und bleibt Murks.

  • Amtsgericht Halle (Saale):
    (...) Der Teilnehmer an einer Filesharing-Tauschbörse erlangt durch seinen Eingriff in das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung des Filmwerks (§ 19a UrhG) jedoch allenfalls den persönlichen Genuss des Filmwerks, nicht aber einen geldwerten Vorteil, der mit der öffentlichen Zugänglichmachung des Werkes verknüpft ist. (...)



Maßgeblich in der Rechtsprechung ist auch nicht das Amtsgericht Halle (Saale), sondern der Gesetzeswortlaut und die Anwendung / Auslegung, wie sie der Bundesgerichtshof vornimmt (wie bei allen anderen Rechtsfragen auch). Danach verjähren Schadensersatzansprüche als bereicherungsrechtliche Herausgabeansprüche gem. § 102 Satz 2 UrhG i.V.m. § 852 BGB frühestens innerhalb von zehn Jahren ab ihrer Entstehung sowie nehmen Filesharing-Fälle keinen Sonderstatus ein.

Im Rahmen des bereicherungsrechtlichen Herausgabeanspruches (§ 102a UrhG i.V.m. §§ 812 ff. BGB) ist das "erlangte Etwas" i.S.d. § 812 BGB,
  • a) nicht der Download,
    b) nicht der ersparte Kaufpreis für einen Download,
    c) nicht die ersparte Lizenzvergütung, sondern,
    => der Gebrauch des Rechts als solcher (nämlich ohne rechtlichen Grund und auf Kosten eines anderen (h.M.: ein Vermögenswert ist nicht erforderlich)), der angemaßte (rechtswidrige) Gebrauch des Rechts der öffentlichen Zugänglichmachung nach § 19a UrhG), den sich der Verletzer durch das Anbieten des Werks in einer Internettauschbörse verschafft hat.
Im gesamten Urheberrecht geltende Grundsätze zur Verjährung - wie auch alle anderen Regelungen - für alle Rechtsverletzungen,
  • a) egal, ob online oder offline begangen,
    b) egal, ob es sich um ein Foto, ein Musikstück oder eine andere Werkgattung handelt,
    c) egal, in welches Recht eingegriffen wird,
    • aa) Vervielfältigung (§ 16 UrhG),
      ab) Verbreitung (§ 17 UrhG),
      ac) öffentlicher Zugänglichmachung (§ 19a UrhG) etc.
Insoweit gilt § 102 UrhG, § 852 BGB sowie die 10-jährige Verjährung.


  • Landgericht Frankfurt, Urteil vom 08.07.2015, Az. 2-06 S 21/14:

    (...) Gemäß § 102 S. 2 UrhG findet, wenn der Verpflichtete durch die Verletzung auf Kosten des Berechtigten etwas erlangt hat, § 852 BGB entsprechende Anwendung. Nach letztgenannter Vorschrift ist der Ersatzpflichtige, der durch eine unerlaubte Handlung auf Kosten des Verletzten etwas erlangt hat, auch nach Eintritt der Verjährung des Anspruchs auf Ersatz des aus einer unerlaubten Handlung entstandenen Schadens zur Herausgabe nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet, wobei dieser Anspruch frühestens innerhalb von zehn Jahren verjährt (§ 852 S. 1 und 2 BGB; sog. Restschadensersatzanspruch bzw. deliktischer Bereicherungsausgleich). (...)

    (...) Die Klageforderung erstreckt sich auf diesen Restschadensersatzanspruch, bei dem es sich um einen Anspruch aus unerlaubter Handlung handelt, der in Höhe der Bereicherung nicht verjährt ist (vgl. BGH (Urt. v. 15.01.2015 - BGH Aktenzeichen IZR14813 I ZR 148/13) - "Motorradteile", juris, Leitsatz 2. sowie Rn. 27, 29, 31). (...)

    (...) (a) Soweit in der Rechtsprechung in jüngerer Zeit vermehrt die Auffassung vertreten wird, die Vorschrift des § 852 BGB sei in Filesharingfällen unanwendbar, Schadensersatzansprüche nach der Berechnungsmethode der Lizenzanalogie seien im Fall einer Verjährungseinrede nach Ablauf der dreijährigen Regelverjährung nicht mehr durchsetzbar, tritt die Kammer dieser Ansicht nicht bei. (...)

    (...) (b) Entgegen der Rechtsprechung der vorzitierten Land- und Amtsgerichte liegt Filesharingfällen keine "grundlegend andere" Fallgestaltung als der BGH-Entscheidung "Bochumer Weihnachtsmarkt" zugrunde (BGH (Urt. v. 27.10.2011 - BGH Aktenzeichen IZR17510 I ZR 175/10) - "Bochumer Weihnachtsmarkt", bei juris). (...)

    (...) Insofern unterscheidet sich die vom Bundesgerichtshof entschiedene Fallkonstellation nicht grundlegend vom Streitfall. (...)

    (...) Auch derjenige, der ein Werk illegal über eine Tauschbörse öffentlich zugänglich macht, greift ohne Zustimmung des Berechtigten in dessen Zuweisungsgehalt ein und erlangt dadurch einen Gebrauchsvorteil. (...)

    (...) Eine Schadensberechnung nach entgangener Lizenz scheidet nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs - entgegen der oben dargestellten Auffassung der Landgerichte Bielefeld und Frankenthal - auch nicht deshalb aus, weil der Rechtsinhaber dem Nutzer von vornherein keine Lizenz erteilt hätte. Denn ihrer normativen Zielsetzung nach setzt die - fiktive - Lizenz nicht voraus, dass es bei korrektem Verhalten des Verletzers tatsächlich zum Abschluss eines Lizenzvertrages gekommen wäre (vgl. z. B. BGH (Urt. v. 17.06.1992 - BGH Aktenzeichen IZR10790 I ZR 107/90) - "Tchibo" / "Rolex II", juris, Rn. 28; Fromm / Nordemann, UrhG, 11. Aufl. 2014, § 97 Rn. 88). (...)

  • LG Köln, Beschluss vom 21.07.2015, 14 S 30/15:

    (...) Soweit vereinzelt einige Amtsgerichte eine Anwendung von § 852 BGB im Sinne von § 102 Satz 2 UrhG ablehnen, verkennen sie den Gehalt und die Bedeutung der Regelung im Rechtsgefüge des gewerblichen Rechtsschutzes und des Urheberrechts. Hier gilt allgemein der Grundsatz, dass das durch eine Schutzrechtsverletzung oder einen Wettbewerbsverstoß Erlangte auch nach Eintritt der Verjährung des Anspruchs aus unerlaubter Handlung als ungerechtfertigte Bereicherung herauszugeben ist (vgl. BGH, Urteil vom 15.01.2015, ZR I 148/13 - "Motorradteile"). Unzutreffend ist auch die weitere Auffassung des Beklagten, dass ein "bereicherungsrechtlich abschöpfbarer Vorteil" bei ihm gar nicht eingetreten sei, weil der Hauptzweck beim Filesharing darin liege, ein Musikstück oder eine Filmdatei zu erhalten, der Teilnehmer an einem Filesharing-Netzwerk sich mithin keine Lizenzgebühren erspare, sondern allenfalls den üblichen Kaufpreis für eine CD gezahlt hätte. Dieser Maßstab ist bereits im Ansatz und grundlegend ungeeignet. Die von der Klägerin geltend gemachte Rechtsverletzung besteht nicht in dem einzelnen Download, also der einzelnen Vervielfältigung, die ein Filesharing Teilnehmer erstellt, wenn er ein Werk über das Netzwerk auf seinen Computer herunterlädt. Die streitgegenständliche Verletzungshandlung ist das öffentliche Zugänglichmachen gemäß § 19a UrhG, liegt also in dem Angebot an die unübersehbare Vielzahl der Teilnehmer in Filesharingnetzwerken, solche Vervielfältigungen vorzunehmen. (...)




Gebrauchs- und Nutzungsvorteil = Bereicherungsgegenstand

Erlangt ist schon die bloße Gebrauchsmöglichkeit als Vermögenswert, so dass § 812 BGB bejaht wird.

Es ist dabei nicht erforderlich, dass es sich bei dem Bereicherungsgegenstand um ein gegenständlich "fassbares Etwas" handelt.

Quelle: Hemmer/Wüst/Gold, Bereicherungsrecht, 14. Aufl., Rn 106, 113




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Denn Grundgedanke des Bereicherungsrechts ist es:
»Wenn jemand etwas ohne Rechtfertigung erlangt hat, muss er dies zurückgeben.«


Dies entspricht bereits dem natürlichen Empfinden - außer - dem eines Filesharing-Abgemahnten oder "Foren-Experten". Und nicht à la Amtsgericht Halle (Saale), das wenn jemand etwas ohne Rechtfertigung erlangt hat, er dieses behalten kann wenn es nur seinem persönlichen Genuss dient. Das ist mehr als Murks. Jeder Bäcker hat ein Recht seine Ware als Einziger zu verkaufen und für seine Leistung entlohnt zu werden. Dieser würde mehr als erbost sein, wenn irgendjemand in seinen Verkaufsraum kommt sowie ohne ersichtlichen Grund, entweder ohne Erlaubnis oder ohne Bezahlung, sich einfach ein Brötchen nimmt und wieder hinausgeht. Und warum sollte es online und bei Filesharing-Fällen anders sein?



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Steffen Heintsch für AW3P


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AG Halle (Saale), Urteil vom 27.11.2015, Az. 91 C 2484114

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BGH-Urteil - "dieselbe Angelegenheit" - VI ZR 492/14

#10480 Beitrag von Steffen » Freitag 18. Dezember 2015, 10:14

Bundesgerichtshof:
Geltendmachung von Unterlassungs-, Gegendarstellungs-
und Richtigstellungsansprüchen ist regelmäßig nicht
dieselbe Angelegenheit im Sinne von § 15 Abs. 2 RVG





BGH, Urteil vom 17.11.2015, VI ZR 492/14



Bei der Geltendmachung von Unterlassungs-, Gegendarstellungs- und Richtigstellungsansprüchen liegt regelmäßig nicht dieselbe Angelegenheit im Sinne des § 15 Abs. 2 RVG vor.



Quelle: juris.bundesgerichtshof.de





Volltext:



  • BUNDESGERICHTSHOF
    IM NAMEN DES VOLKES
    URTEIL


    VI ZR 492/14

    Verkündet am:
    17. November 2015


    Bei der Geltendmachung von Unterlassungs-, Gegendarstellungs- und Richtigstellungsansprüchen liegt regelmäßig nicht dieselbe Angelegenheit im Sinne des § 15 Abs. 2 RVG vor.


    Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 17. November 2015 durch den Vorsitzenden Richter Galke, die Richter Wellner und Stöhr und die Richterinnen Dr. Oehler und Dr. Roloff für Recht erkannt:

    Die Revision gegen das Urteil der 27. Zivilkammer des Landgerichts Berlin vom 4. November 2014 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

    Von Rechts wegen


    Tatbestand:

    Der Kläger verlangt von der Beklagten die Erstattung von Rechtsanwaltskosten für die Geltendmachung von Unterlassungs-, Gegendarstellungs- und Richtigstellungsansprüchen.

    Die Beklagte ist Verlegerin und Herausgeberin der Print- und Onlineausgabe der "B.". Der Kläger ist Unternehmer und war vormals in dem Unternehmen A. beschäftigt. Unmittelbar nach dem Ende dieser Tätigkeit arbeitete er für das Unternehmen M. B. AG und danach für die Firma G.. In den Print- und Onlineausgaben der "B." vom 21. November 2012 veröffentlichte die Beklagte einen Artikel, der in Bezug auf den Kläger unter voller Namensnennung die folgenden Tatsachenbehauptungen enthielt:

    "Vor seinem Engagement bei der angeblichen Biotech-Firma war P. J. Vorstandschef des großen Bremer Fruchthandelsunternehmens A.. Bei einer Übernahme verlor J. dort seinen Job. Seitdem, so heißt es in Bremen, sei er auf der Suche nach neuen Angeboten."

    Mit getrennten Schreiben vom 23. November 2012 forderten die Prozessbevollmächtigten des Klägers in dessen Auftrag die Beklagte zur Unterlassung, Gegendarstellung und Richtigstellung auf. Die Beklagte gab daraufhin mit Schreiben vom 26. November 2012 die geforderte Unterlassungserklärung ab. Sie erklärte sich bereit, den Gegendarstellungs- und Richtigstellungsanspruch durch eine Korrekturberichterstattung zu erfüllen, was in der Folgezeit geschah.

    Am 29. November 2012 machten die Prozessbevollmächtigten des Klägers gegenüber der Beklagten Ansprüche auf Erstattung der durch die Aufforderungsschreiben entstandenen Rechtsanwaltsgebühren geltend, wobei sie die Begehren auf Unterlassung, Gegendarstellung und Richtigstellung als drei Angelegenheiten im gebührenrechtlichen Sinne abrechneten. Für die Begehren auf Unterlassung und Richtigstellung legten sie jeweils eine 1,3-Geschäftsgebühr, für das Begehren auf Gegendarstellung eine 1,5-Geschäftsgebühr zugrunde. Auf diese Forderungen in Höhe von insgesamt 4.813,14 € zahlte die Beklagte einen Teilbetrag in Höhe von 1.530,58 €. Mit der Klage hat der Kläger Zahlung eines nicht erstatteten Betrags in Höhe von 3.238,56 € verlangt.

    Das Amtsgericht hat die Beklagte unter Zugrundelegung nur einer gebührenrechtlichen Angelegenheit im Sinne des § 15 Abs. 2 RVG und einer 1,3 Geschäftsgebühr auch für das Begehren auf Gegendarstellung verurteilt, an den Kläger 587,86 € zu zahlen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landgericht die Beklagte verurteilt, an den Kläger 2.826,60 € nebst Zinsen zu zahlen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren weiter, die Klage abzuweisen.



    Entscheidungsgründe:

    I.

    Das Berufungsgericht hat ausgeführt, dem Kläger stehe gegen die Beklagte dem Grunde nach wegen der rechtswidrigen Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts für die Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung unstreitig ein Schadensersatzanspruch zu. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts handele es sich bei der außergerichtlichen Geltendmachung von Unterlassung, Gegendarstellung und Richtigstellung aber nicht um dieselbe Angelegenheit im Sinne des § 15 Abs. 2 RVG. Weisungsgemäß erbrachte anwaltliche Leistungen beträfen ein und dieselbe Angelegenheit, wenn zwischen ihnen ein innerer Zusammenhang bestehe und sie sowohl inhaltlich als auch in der Zielsetzung so weitgehend übereinstimmten, dass von einem einheitlichen Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit gesprochen werden könne. Ein innerer Zusammenhang zwischen verschiedenen Gegenständen sei zu bejahen, wenn diese bei objektiver Betrachtung und unter Berücksichtigung des mit der anwaltlichen Tätigkeit nach dem Inhalt des Auftrags erstrebten Erfolgs zusammengehörten. Danach lägen drei verschiedene gebührenrechtliche Angelegenheiten vor. Entscheidend sei, dass wegen der großen inhaltlichen und verfahrensrechtlichen Unterschiede der Ansprüche kein so großer innerer Zusammenhang bestehe, dass noch von einem einheitlichen Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit gesprochen werden könne.

    Der Ansatz einer 1,5-Gebühr gemäß Nr. 2300 VV RVG sei nach der ständigen Rechtsprechung der Kammer für die außergerichtliche Formulierung einer Gegendarstellung nicht zu beanstanden, da diese im Regelfall wegen des Alles-oder-Nichts-Prinzips und des Zeitdrucks schwierig im Sinne der Nr. 2300 VV RVG sei. Eine ganz einfach gelagerte Gegendarstellung liege schon deshalb nicht vor, weil die Ausgangsmitteilung zwei falsche Behauptungen über den Kläger enthalten habe, auf die mit der Gegendarstellung erwidert werden sollte. Allerdings sei die Beklagte im Außenverhältnis als Schädigerin insoweit nur nach einem Gegenstandswert von 20.000 € zur Kostenerstattung verpflichtet, da hinsichtlich der Onlinegegendarstellung die erbrachte anwaltliche Leistung wegen Verstoßes gegen die aus § 56 Abs. 2 Nr. 4 RStV (Staatsvertrag für Rundfunk und Telemedien in der Fassung vom 10.10.2006 - Rundfunkstaatsvertrag) folgende Erfordernis der eigenhändigen Unterzeichnung der Gegendarstellung nicht zweckmäßig gewesen sei. Insgesamt ergebe sich deshalb bei einem Gegenstandswert von 40.000 € hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs und von 60.000 € hinsichtlich des Richtigstellungsanspruchs unter Abzug der bereits gezahlten 1.530,58 € eine noch offene Schadensersatzforderung des Klägers von 2.826,60 €.

    II.

    Die Erwägungen des Berufungsgerichts halten der revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Das Berufungsgericht hat einen Erstattungsanspruch des Klägers für dessen außergerichtliche anwaltliche Kosten in der zugesprochenen Höhe ohne Rechtsfehler bejaht.

    1.

    Die Kosten der Rechtsverfolgung und deshalb auch die Kosten eines mit der Sache befassten Rechtsanwalts, soweit sie zur Wahrnehmung der Rechte erforderlich und zweckmäßig waren, gehören grundsätzlich zu dem wegen einer unerlaubten Handlung zu ersetzenden Schaden (vgl. Senatsurteile vom 8. November 1994 - VI ZR 3/94, BGHZ 127, 348, 350; vom 4. Dezember 2007 - VI ZR 277/06, VersR 2008, 413 Rn. 13 mwN; vom 4. März 2008 - VI ZR 176/07, VersR 2008, 985 Rn. 5). Dementsprechend wird von der Beklagten auch nicht weiter infrage gestellt, dass sie wegen der abgemahnten Veröffentlichungen zum Ersatz der notwendigen Rechtsanwaltskosten verpflichtet ist, die der Kläger dem für ihn tätigen Rechtsanwalt zu zahlen hat. Die Revision macht nur geltend, es handele sich bei den mit den drei Anwaltsschreiben vom 23. November 2012 angemeldeten Ansprüchen um eine Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne und es sei nur eine 1,3-Geschäftsgebühr für die außergerichtliche Geltendmachung einer Gegendarstellung anzusetzen.

    2.

    Die Bemessung der Höhe des Schadensersatzanspruchs ist in erster Linie Sache des nach § 287 ZPO besonders freigestellten Tatrichters. Sie ist revisionsrechtlich nur daraufhin überprüfbar, ob der Tatrichter Rechtsgrundsätze der Schadensbemessung verkannt, wesentliche Bemessungsfaktoren außer Betracht gelassen oder seiner Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt hat (vgl. Senatsurteile vom 3. August 2010 - VI ZR 113/09, VersR 2011, 896 Rn. 12; vom 12. Juli 2011 - VI ZR 214/10, NJW 2011, 3657 Rn. 15; jeweils mwN). Derartige Rechtsfehler sind nicht gegeben.

    3.

    Das Berufungsgericht hat im Streitfall mit Recht drei verschiedene Angelegenheiten im gebührenrechtlichen Sinne angenommen.

    a)

    Wie die Revision nicht infrage stellt, ist das Berufungsgericht bei seiner Beurteilung im rechtlichen Ausgangspunkt von den Grundsätzen ausgegangen, welche der erkennende Senat für Klagen auf Erstattung der Rechtsanwaltsgebühren im Zusammenhang mit der Geltendmachung presserechtlicher Ansprüche wegen Veröffentlichungen in Presseorganen entwickelt hat. Es hat insbesondere berücksichtigt, dass ein Erstattungsanspruch grundsätzlich voraussetzt, dass der Geschädigte im Innenverhältnis zur Zahlung der in Rechnung gestellten Kosten verpflichtet ist und die konkrete anwaltliche Tätigkeit im Außenverhältnis aus der maßgeblichen Sicht des Geschädigten mit Rücksicht auf seine spezielle Situation zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig war (vgl. Senatsurteile vom 3. August 2010 - VI ZR 113/09, aaO Rn. 14 mwN; vom 11. Januar 2011 - VI ZR 64/10, VersR 2012, 121 Rn. 11; vom 1. März 2011 - VI ZR 127/10, NJW 2011, 2591 Rn. 7; vom 21. Juni 2011 - VI ZR 73/10, NJW 2011, 3167 Rn. 8; vom 12. Juli 2011 - VI ZR 214/10, aaO Rn. 17).

    b)

    Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht die vom Senat entwickelten Grundsätze auch nicht rechtsfehlerhaft angewendet. Es ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass es den Kläger im Innenverhältnis zu seinen Anwälten für verpflichtet gehalten hat, die ihm in Rechnung gestellten Anwaltsgebühren in der zugesprochenen Höhe zu bezahlen, und es diese Anwaltskosten im Außenverhältnis des Klägers zur Beklagten für erstattungsfähig gehalten hat.

    aa)

    Das Berufungsgericht hat insbesondere den Begriff der Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne nicht verkannt. Es hat mit Recht im Hinblick auf die Begründung des erkennenden Senats in seinem Urteil vom 3. August 2010 (VI ZR 113/09, VersR 2011, 896 Rn. 18 ff.) im Streitfall angenommen, dass es sich bei der außergerichtlichen Geltendmachung des Unterlassungs-, Gegendarstellungs- und Richtigstellungsanspruchs um drei verschiedene Angelegenheiten im gebührenrechtlichen Sinne handelt. Nach den Ausführungen des Senats unterscheiden sich die von den Anwälten des Klägers im Rahmen der Geltendmachung der verschiedenen presserechtlichen Ansprüche erbrachten anwaltlichen Leistungen sowohl inhaltlich als auch in der Zielsetzung maßgeblich. Gegendarstellungs- und Berichtigungsbegehren sind gegenüber dem Unterlassungsbegehren ihrem Wesen nach verschieden. Während der Unterlassungsanspruch der Abwehr zukünftigen rechtswidrigen Verhaltens dient, zielt der Berichtigungsanspruch auf die Beseitigung einer rechtswidrigen Störung durch den Verletzer. Er räumt dem Betroffenen das Recht ein, die Richtigstellung einer unwahren Tatsachenbehauptung zu verlangen, um einem Zustand fortdauernder Rufbeeinträchtigung ein Ende zu machen. Demgegenüber gewährt der Gegendarstellungsanspruch dem Betroffenen ein Entgegnungsrecht in dem Medium, das über ihn berichtet hat. Sein Zweck besteht darin, den Verletzten ohne Prüfung der Wahrheit seiner Erklärungen selbst zu Wort kommen zu lassen. Die Presse muss eine Gegendarstellung auch dann abdrucken, wenn sie von der Richtigkeit der Erstmitteilung überzeugt ist (Senatsurteil vom 3. August 2010 - VI ZR 113/09, aaO Rn. 18 mwN). Hinzu kommt, dass die verschiedenen Ansprüche vom Rechtsanwalt ein unterschiedliches Vorgehen verlangen. So gelten für den Anspruch auf Gegendarstellung zeitliche und inhaltliche Besonderheiten und die vom Anwalt im Rahmen der Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs zu formulierende Unterlassungsverpflichtungserklärung bzw. das Berichtigungsbegehren weichen inhaltlich maßgebend sowohl vom Gegendarstellungsverlangen als auch voneinander ab (vgl. Senatsurteil vom 3. August 2010 - VI ZR 113/09, aaO Rn. 19). Zudem kann die gerichtliche Geltendmachung der verschiedenen Ansprüche sinnvoll nicht einheitlich erfolgen, wobei insbesondere der Gegendarstellungsanspruch in einem spezifischen presserechtlichen Verfahren durchzusetzen ist (vgl. Senatsurteil vom 3. August 2010 - VI ZR 113/09, aaO Rn. 20).

    bb)

    Auch wenn der Senat in seinem Urteil vom 3. August 2010 auf die Umstände des Einzelfalls abgestellt hat, handelt es sich entgegen der Auffassung der Revision nicht um eine rechtsfehlerhaft "schematische Betrachtungsweise", wenn das Berufungsgericht aus der Begründung dieses Urteils folgert, dass regelmäßig bei der Geltendmachung von Unterlassungs-, Richtigstellungs- und Gegendarstellungsansprüchen nicht dieselbe Angelegenheit im Sinne des § 15 Abs. 2 RVG vorliegt. Zu den konkreten Umständen des Einzelfalls gehört die Art der Ansprüche, welche der Anwalt eines Geschädigten in dessen Auftrag geltend macht. Die in diesem Sinne verstandene Entscheidung des Senats vom 3. August 2010 fand im Schrifttum Zustimmung, welches ebenfalls bei der Geltendmachung dieser verschiedenen presserechtlichen Ansprüche von verschiedenen Angelegenheiten im gebührenrechtlichen Sinne ausgeht (vgl. Frauenschuh, AfP 2014, 410, 411, 416; Kleinke, GRUR-Prax 2010, 409 f.; Mayer, GRUR-Prax 2010, 472; Soehring/Hoene, Presserecht, 5. Aufl., § 29 Tz. 49; kritisch Schlüter/Soehring, AfP 2011, 317, 321 f.). Im Übrigen entspricht es gefestigter Rechtsprechung, dass auftragsgemäß erbrachte anwaltliche Leistungen nur dann in der Regel ein und dieselbe Angelegenheit betreffen, wenn zwischen ihnen ein innerer Zusammenhang besteht und sie sowohl inhaltlich als auch in der Zielsetzung so weitgehend übereinstimmen, dass von einem einheitlichen Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit gesprochen werden kann (vgl. Senatsurteile vom 26. Mai 2009 - VI ZR 174/08, VersR 2009, 1269 Rn. 23; vom 11. Januar 2011 - VI ZR 64/10, aaO Rn. 13; vom 21. Juni 2011 - VI ZR 73/10, aaO Rn. 10; vom 12. Juli 2011 - VI ZR 214/10, aaO Rn. 22). Nach den vorstehenden Ausführungen stimmen die unterschiedlichen presserechtlichen Ansprüche inhaltlich und in ihrer Zielsetzung gerade nicht überein.

    cc)

    Im Hinblick darauf, dass die im Rahmen der Geltendmachung der verschiedenen presserechtlichen Ansprüche erbrachten anwaltlichen Leistungen weder inhaltlich noch in der Zielsetzung übereinstimmen, ist es aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht das Vorliegen eines sachlichen Grundes für ein getrenntes Vorgehen wegen der Unterschiede der geltend gemachten Ansprüche und zur besonderen Übersichtlichkeit im Außenverhältnis als erforderlich und zweckmäßig angesehen hat.

    4.

    Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen den Ansatz einer 1,5-Gebühr gemäß Nr. 2300 VV RVG für die außergerichtliche Formulierung der Gegendarstellung. Eine Erhöhung der Geschäftsgebühr über die Regelgebühr von 1,3 hinaus kann nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit des Rechtsanwalts umfangreich oder schwierig war (vgl. Senatsurteil vom 5. Februar 2013 - VI ZR 195/12, NJW-RR 2013, 1020 Rn. 7; BGH, Urteile vom 11. Juli 2012 - VIII ZR 323/11, NJW 2012, 2813 Rn. 8 ff.; vom 13. November 2013 - X ZR 171/12, GRUR 2014, 206 Rn. 23). Im Streitfall hat das Berufungsgericht den Ansatz der höheren Gebühr damit begründet, dass eine Gegendarstellung wegen des Allesoder-Nichts-Prinzips und des Zeitdrucks als schwierig im Sinne der Nr. 2300 VV RVG anzusehen sei (§ 287 ZPO). Zudem hat es darauf abgestellt, dass es sich bei den Ausgangsveröffentlichungen um zwei falsche Behauptungen über den Kläger gehandelt habe, auf die mit der Gegendarstellung erwidert werden sollte. Dies ist jedenfalls vertretbar. Wie sich aus der Begründung des Senatsurteils vom 3. August 2010 (VI ZR 113/09, aaO Rn. 19) ergibt, sind bei der Formulierung von Gegendarstellungsbegehren formell und inhaltlich Anforderungen zu beachten, die bei der Bearbeitung Spezialkenntnisse erfordern, welche die Einstufung als schwierig als vertretbar erscheinen lassen (vgl. auch OLG Hamburg, ZUM 2010, 976, 978; AnwK-RVG/Onderka, 7. Aufl., Rn. 13; Frauenschuh, AfP 2014, 410, 414, 416). Zudem ist bei der Geltendmachung des Anspruchs auf Gegendarstellung nicht nur aus rechtlichen, sondern auch aus tatsächlichen Gründen Eile geboten, weil die publizistische Wirkung, die sicherzustellen Zweck einer Gegendarstellung ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. August 2001 - 1 BvR 35/01, NJW 2002, 356, 357), umso weniger erreicht werden kann, je mehr Zeit seit der Behauptung des Anspruchsgegners vergangen ist. Dies gilt - wegen des Verbreitungsgrads - insbesondere, wenn es sich um eine Veröffentlichung in einer Tageszeitung und in deren Online-Ausgabe handelt. Entgegen der Auffassung der Revision steht der Hinweis des Berufungsgerichts auf eine ständige Rechtsprechung der Kammer der Annahme einer Prüfung im Einzelfall nicht entgegen, weil es sich insoweit regelmäßig um vergleichbare Sachverhalte handelt, was bei einer solchen Prüfung auch im Hinblick auf die Gleichbehandlung der Parteien zu berücksichtigen ist. (...)



    Vorinstanzen:
    LG Berlin, Entscheidung vom 04.11.2014 - 27 S 8/14 -
    AG Berlin-Charlottenburg, Entscheidung vom 10.06.2014 - 229 C 294/13 -

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