Amtsgericht Hamburg,
Urteil vom 31.10.2014,
Aktenzeichen 36a C 114/14
Auf dem Blog:
"www.anwaltblog24.de" des Rechtsanwaltes A. Gerstel wird über ein klageabweisendes Urteil des Amtsgericht Hamburg informiert. Geklagt hatte in diesem Fall die "LFP Video Group LLV", vertreten durch "Negele, Zimmel, Greuter, Beller - Rechtsanwälte". Das Amtsgericht Hamburg setzt hier konsequent seinen Kurs hinsichtlich der sekundären Darlegungslast fort und atomisiert die uneingeschränkte Täterschaftsvermutung der Abmahner. Im Weiteren nahm das Amtsgericht Stellung zum Urheberschutz eines Pornofilms.
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Das Amtsgericht Hamburg:
(...) erkennt das Amtsgericht Hamburg - Abteilung xx - durch den Richter am Amtsgericht xxxxxx auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 24.09.2014 für Recht:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt Erstattung von Abmahnkosten und Schadensersatz für das angebliche widerrechtliche öffentliche Zugänglichmachen eines Films in einer Dateitauschbörse über den Internetanschluss des Beklagten.
Die Klägerin ist Herstellerin des Pornofilms "xxxxxxx". Auf dem DVD-Cover ist die Firma der Klägerin mit einem ©-Vermerk aufgeführt und auch an anderer Stelle genannt (s. Anlage K1). Der Film wurde am 17.10.2012 in den Vereinigten Staaten von Amerika erstmals als DVD angeboten und in den Verkehr gebracht. Ab demselben Datum war er ebenfalls als DVD über den Händler xxxxxx, welcher auch nach Deutschland liefert, erhältlich.
Nach den Ermittlungen der von der Klägerin mit der Recherche von Urheberrechtsverletzungen im Internet beauftragten Firma xxxxxx GmbH und dem daraufhin von der Klägerin angestrengten gerichtlichen Auskunftsverfahren und der darauf erteilten Providerauskunft wurde die Filmdatei am 22.10.2012 um 18:24:13 Uhr vom privaten Internetanschluss des Beklagten in einer Dateitauschbörse anderen Nutzern zum Herunterladen angeboten.
Neben dem Beklagten nutzte auch seine Ehefrau den Internetanschluss. Die Söhne des Beklagten besaßen jeweils einen Laptop, ein Smartphone und einen stationären PC. Die weiteren Umstände zur Nutzung des Anschlusses sind streitig.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 12.11.2012 ließ die Klägerin den Beklagten wegen des behaupteten Urheberrechtsverstoßes am 22.10.2012 abmahnen und zur Abgabe einer Unterlassungsverpflichtungserklärung sowie zur Zahlung eines Vergleichsbetrages auffordern (Anlage K6). Sie warf dem Beklagten vor, den Film "xxxxxx" über eine Dateitauschbörse anderen Nutzern dieser Börse zum Herunterladen zur Verfügung gestellt zu haben. Der Beklagte gab daraufhin mit anwaltlichen Schreiben vom 14.11.2012 eine Unterlassungserklärung ab, leistete aber keine Zahlung.
Der Beklagte befragte seine beiden Söhne nach der Rechtsverletzung, und diese verneinten jeweils ihre Tatbegehung. Seine Ehefrau fragte der Beklagte nicht, ob sie den Film heruntergeladen bzw. zur Verfügung gestellt habe. Der Beklagte schließt jedoch aus bzw. hält es für äußerst unwahrscheinlich, dass seine Ehefrau die in Streit stehende Rechtsverletzung begangen haben könnte.
Mit Schreiben vom 26.10.2012 wurde der Beklagte in einer anderen Sache, jedoch ebenfalls durch die Klägervertreter und ebenfalls wegen Filesharings abgemahnt.
Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage Erstattung der Anwaltskosten für die Abmahnung des Beklagten in Höhe von 651,80 EUR sowie sog. lizenzanalogen Schadensersatz - im Wege der Teilklage - in Höhe von 500,00 EUR für die behauptete Urheberrechtsverletzung. Hinsichtlich des Abmahnschreibens geht die Klägerin von einem Gegenstandswert von 10.000,00 EUR für den damit geltend gemachten Unterlassungsanspruch aus.
Die Klägerin behauptet, der Beklagte sei Täter der Urheberrechtsverletzung.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 1.151,80 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte trägt vor, er habe zwei Söhne, welche zum fraglichen Zeitpunkt 20 und 17 Jahre alt gewesen seien und noch im Haushalt des Beklagten und seiner Ehefrau gewohnt hätten. Diese hätten beide ebenfalls auf den Internetanschluss zugreifen können. Der Internetzugriff sowohl mittels eines WLAN-Netzwerkes als auch über LAN-Verbindungen stattgefunden.
Er trägt vor, seine beiden Söhne seien bereits längere Zeit vor dem hier in Streit stehenden Fall darüber belehrt worden, dass Downloads aus dem Internet verboten seien.
Das Gericht hat den Beklagten im Haupttermin am 24.09.2014 persönlich angehört, nachdem dieser auf die gerichtlichen Hinweise aus dem frühen ersten Termin am 14.05.2014 trotz zweier gerichtlicher Fristsetzungen nicht reagiert hatte. Wegen des Ergebnisses der Anhörung wird auf das Protokoll 24.09.2014 vom Bezug genommen. Das Gericht hat der Klägerin ihrem Antrag entsprechend auf den im Haupttermin gehaltenen Vortrag des Beklagten einen Schriftsatznachlass bis zum 17.10.2014 gewährt. Mit Schriftsatz vom 17.10.2014, eingegangen bei Gericht am selben Tag, hat die Klägerin weiter vorgetragen und Zeugenbeweis u.a. dafür angeboten, dass die Söhne des Beklagten nicht darüber belehrt worden seien, dass Downloads aus dem Internet verboten seien.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Das angerufene Gericht ist sachlich gemäß §§ 21 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG und örtlich nach § 104a Abs. 1 UrhG i.V.m. § 1 Nr. 2 der Hamburgischen Landesverordnung über die Zuständigkeit des Amtsgerichts Hamburg in Zivil- und Handelssachen sowie für die Erledigung inländischer Rechtshilfeersuchen vom 01.09.1987 (HmbGVBI. 1987, S. 172) zuständig.
Gegenstand des Verfahrens ist ein widerrechtliches öffentliches Zugänglichmachen eines urheberrechtlich geschützten Films in einer Dateitauschbörse im Internet gegenüber dem Beklagten als natürlicher Person, wobei kein Zusammenhang mit einer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit des Beklagten besteht.
Die Klage ist aber nicht begründet.
1.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Kostenersatz gemäß § 97a Abs. 1 S. 2 UrhG in der bis zum 08.10.2013 geltenden Fassung (im Folgenden: "a.F".) in Höhe von 651,80 EUR.
a)
Die Klägerin ist zwar aktivlegitimiert. Sie ist unstreitig Herstellerin des streitgegenständlichen Films. Dieser ist zumindest als Bildfolge gemäß § 95 UrhG geschützt. Zudem greift für die Klägerin die Vermutungswirkung nach §§ 10 Abs. 1, 94 Abs. 4, 95 UrhG, da diese auf dem DVD-Cover mit dem ©-Vermerk in üblicher Weise als Herstellerin bezeichnet ist.
b)
Der in Rede stehende Pornofilm ist auch urheberrechtlich geschützt. Der Schutz des zumindest als Laufbilder einzuordnenden Films ergibt sich aus §§ 128 Abs. 2, 126 Abs. 2 S. 1, 95, 94 UrhG. Danach genießen ausländische Unternehmen ohne Sitz in Deutschland den Schutz für ihre in Deutschland erschienenen Bild- und Tonträger, es sei denn, dass diese früher als dreißig Tage vor dem Erscheinen in Deutschland außerhalb Deutschlands erschienen sind. Unstreitig ist der hier in Rede stehende Film am 17.10.2012 in den Vereinigten Staaten von Amerika erstmals als DVD angeboten und in den Verkehr gebracht worden, und unstreitig war er ab demselben Datum ebenfalls als DVD über den Händler xxxxxx, welcher auch nach Deutschland liefert, erhältlich. Letzteres ergibt sich auch aus Anlage K9, denn dort ist Deutschland als Lieferort ausdrücklich genannt. Damit liegt ein gleichzeitiges Erscheinen gemäß § 6 Abs. 2 UrhG im Ausland und in Deutschland vor.
Der Beklagte hat zwar mit der Klageerwiderung bestritten, dass die Voraussetzungen des § 126 Abs. 2 S. 1 UrhG hier erfüllt seien und dass der Film überhaupt als DVD vertrieben und in Deutschland angeboten wurde. Er hat jedoch nach diesem Ersten pauschalen, jedoch in dieser Prozesslage angesichts des zunächst sehr pauschalen Vortrags der Klägerin dennoch zumindest hinsichtlich der Erscheinungsdaten zulässigem Bestreiten auf den sodann mit Schriftsatz vom 02.06.2014 erheblich konkretisierten Vortrag der Klägerin unter Beifügung der Anlagen K8 und K9 nichts weiter vorgetragen und insbesondere die unter Beifügung der genannten Anlagen vorgetragenen Erscheinungsdaten und auch den Vertrieb nach Deutschland nicht (mehr) bestritten. Damit ist dieser Vortrag der Klägerin gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden anzusehen, denn angesichts des erheblich konkretisierten Vortrags der Klägerin hätte nun auch der Beklagte konkret bestreiten und ggf. Gegenvortrag halten müssen.
Der Beklagte hat auch bestritten, dass der Film gemäß § 95 UrhG als Laufbilder schutzfähig sei. Er hat dazu jedoch keinerlei konkreten Vortrag gehalten, warum dem so sein sollte. Es ist zwar nicht ohne weiteres davon auszugehen, dass ein Pornofilm ein Filmwerk gemäß § 94 UrhG darstellt. Allerdings ist im Grundsatz bei einem Pornofilm mit einer Lauflänge von 130 Minuten (s. Anlage K1) davon auszugehen, dass damit Laufbilder vorliegen. Angesichts dessen hätte es konkreteren Vortrags des Beklagten bedurft, warum hier kein Laufbildschutz greifen sollte. Das reine Bestreiten reicht nicht aus.
c)
Der Beklagte ist aber nicht als Täter oder Teilnehmer für die öffentliche Zugänglichmachung des streitgegenständlichen Films in der Dateitauschbörse verantwortlich.
Der Beklagte haftet nicht als Täter für die Rechtsverletzung. Er hat die Rechtsverletzung nach dem Ergebnis des Prozesses nicht selbst begangen. Die dafür beweisbelastete Klägerin hat zu ihrer entsprechenden Behauptung keinen Beweis angeboten.
Es besteht keine tatsächliche Vermutung dafür, dass der Beklagte als Anschlussinhaber für die streitgegenständliche Verletzung als Täter verantwortlich ist. Unabhängig davon, ob diese von der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. insoweit BGH GRUR 2010, 633 ff. - Sommer unseres Lebens) angenommene tatsächliche Vermutung überhaupt tragfähig ist (dagegen mit beachtlicher ausführlicher Begründung AG Düsseldorf, Urteil vom 19.11.2013, Az. 57 C 3144/13 - zitiert nach juris), besteht hier eine solche Vermutung gar nicht. Denn wenn eine Rechtsverletzung über einen Internetanschluss begangen wird, ist eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers dann nicht gegeben, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung (auch) andere Personen diesen Anschluss benutzen konnten. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Internetanschluss zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde (BGH GRUR 2014, 657 ff - BearShare; BGH a.a.0 - Sommer unseres Lebens m.w.N.).
Der Anschlussinhaber trägt aber eine sekundäre Darlegungslast. Dieser genügt der Anschlussinhaber dadurch, dass er vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen verpflichtet. Eine wie auch immer geartete Beweislastumkehr zu Lasten des Beklagten ist damit allerdings nicht verbunden. Genügt der Anschlussinhaber der sekundären Darlegungslast, ist es also wiederum Sache der klagenden Partei, die Täterschaft des Beklagten zu beweisen (vgl. BGH, a.a.O. - BearShare).
Der Beklagte hat seine sekundäre Darlegungslast, wenn auch erst im Haupttermin am 24.09.2014, vollständig erfüllt. Unstreitig hatte die Ehefrau des Beklagten ebenfalls Zugriff auf den Internetanschluss.
Zudem hat der Beklagte vorgetragen, dass auch die beiden gemeinsamen Söhne Zugriff mittels mehrerer Geräte auf den Anschluss hatten. Damit hat der Beklagte Tatsachen vorgetragen hat, die die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs in Form der Nutzung des Internetanschlusses durch einen Dritten, dem die Nutzung überlassen worden ist, begründen. Aufgrund des Vortrags des Beklagten in Zusammenschau mit seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung und des von ihm gewonnenen persönlichen Eindrucks besteht die ernsthafte Möglichkeit, dass nicht der Beklagte den Film unerlaubt zum Download Dritten angeboten hat, sondern einer seiner Söhne. Dass der Beklagte seine Ehefrau nicht danach gefragt hat, ob diese die Rechtsverletzung begangen habe, ändert daran nichts. Die sekundäre Darlegungslast des Beklagten bezieht sich nur darauf, ob er diese Fragen gestellt habe und wenn ja, wie ihm geantwortet worden ist. Er ist aber nicht verpflichtet, Nachforschungen dahingehend anzustellen, wer der Täter der Rechtsverletzung ist (BGH, BearShare, a.a.O.). Der Umstand, dass der Beklagte seine Ehefrau nicht nach ihrer Begehung der Rechtsverletzung befragt hat, kann sich daher nur dahingehend auswirken, dass ein Bestreiten der korrekten Ermittlung und Zuordnung seines Internetanschlusses wohl nicht zulässig wäre, denn insoweit wäre ihm vor einem Bestreiten eine entsprechende Nachfrage bei allen Mitnutzern des Anschlusses zuzumuten. Darum geht es an dieser Stelle jedoch nicht.
Der Beklagte hat daher ausreichend und glaubhaft dargelegt, dass eine ernsthafte Möglichkeit besteht, dass ein Dritter, dem die Nutzung überlassen war, die Verletzung begangen haben könne. In diesem Fall besteht grundsätzlich die Möglichkeit, dass diese Personen die Rechtsverletzung begangen haben, auch wenn sie dies gegenüber dem Anschlussinhaber abgestritten haben sollten.
Aufgrund der damit schon nicht begründeten Vermutung einer täterschaftlichen Haftung des Beklagten traf die volle Beweislast für die Täterschaft die Klägerin (vgl. BGH a.a.O - BearShare, LG Hamburg, Urteil vom 09.07.2014 - 308 S 26/13 - rechtskräftig; Beschluss vom 09.09.2014 - 310 S 16/14). Die anwaltlich vertretene Klägerin hat jedoch insoweit - trotz Hinweisen des Gerichts - keinen Beweis für die behauptete Täterschaft des Beklagten angeboten. Die Klägerin geht fehl, wenn sie meint, dass der Beklagte hinsichtlich der zu einer "Entkräftung" der tatsächlichen Vermutung führenden Umstände beweisen müsste. Das ist nach der inzwischen insoweit eindeutigen Rechtsprechung des BGH (BearShare, a.a.O.) gerade nicht der Fall. Denn es besteht schon gar keine Vermutung, wenn es andere Anschlussnutzer gibt bzw. der Anschlussinhaber das vorträgt. Bei der Mitbenutzung des Anschlusses durch andere Personen ist eine "tatsächliche Vermutung" der Täterschaft des Anschlussinhabers "nicht begründet". Sie greift also bereits nicht ein und kann und muss in diesen Fällen daher nicht erschüttert oder entkräftet werden (so ausdrücklich auch Neurauter, GRUR 2014, 660, 661 mit Hinweis auf BGH, NJW 2012, 608, und NJW 2011, 685). Will sich der Rechteinhaber auf die tatsächliche Vermutung berufen, muss er deren - nunmehr verschärfte - Voraussetzungen darlegen und gegebenenfalls beweisen. Dies bedeutet, dass der Anschlussinhaber, der substantiiert vorträgt, er habe den Anschluss nicht allein genutzt, zur Abwendung der täterschaftlichen Haftung grundsätzlich nicht beweisen muss, dass eine andere Person ernsthaft als Verantwortliche in Betracht kommt. Vielmehr muss der Anspruchsteller entweder beweisen, dass keine anderen Anschlussnutzer als Täter in Betracht kommen, oder dass der Anschlussinhaber aus dem Kreis der in Betracht kommenden Personen tatsächlich der Täter ist (Neurauter, a.a.O.).
Diesen Beweis hätte die Klägerin nach den im Haupttermin abgegebenen Erklärungen des Beklagten, spätestens aber mit dem nachgelassenen Schriftsatz vom 17.10.2014 antreten können und auch müssen. Die Namen der etwa zu benennenden Zeugen, also der Ehefrau und der beiden Söhne des Beklagten, waren ihr nunmehr bekannt. Dennoch hat sie keinen Beweis angetreten. Angesichts dessen ist der Vortrag des Beklagten auch nicht verspätet im Sinne von § 296 Abs. 1 oder Abs. 2 ZPO. Der Beklagte hat den Prozess zwar insoweit nachlässig geführt und mehrere gerichtlich gesetzte Fristen verstreichen lassen. Das Verhalten des Beklagten ist überaus ärgerlich und entspricht weder den Vorgaben, die § 282 ZPO an seine Prozessförderungspflicht stellt, noch denjenigen, die an eine ordnungsgemäße anwaltliche Vertretung und Prozessführung zu stellen sind. Dennoch fehlt es an einer darauf beruhenden absoluten Verzögerung des Rechtsstreits, welche Voraussetzung für eine Zurückweisung des Vorbringens im Termin am 24.09.2014 als verspätet wäre. Denn mangels Beweisantritts der Klägerin zur Täterschaft des Beklagten ist der Rechtsstreit bereits entscheidungsreif. Eine Verzögerung hätte sich also nur ergeben, wenn die Klägerin der ihr obliegenden Beweislast entsprechend tauglichen Beweis für die Täterschaft des Beklagten angeboten hätte und dieser sodann - in einem weiteren, dritten Termin - hätte erhoben werden müssen (Sternberg, GRUR 2010, 386-396). Die Beklagte musste auch nicht ihrem Ehemann ohne konkrete Anhaltspunkte grundsätzlich misstrauen und daher Vorsorgemaßnahmen treffen, damit von diesem keine Rechtsverletzungen begangen werden können. Der Beklagte haftet auch nicht als Teilnehmer für die Rechtsverletzung. Voraussetzung dafür wäre neben einer objektiven Gehilfenhandlung (Anstiftung oder Beihilfe) ein zumindest bedingter Vorsatz in Bezug auf die Haupttat, einschließlich des Bewusstseins ihrer Rechtswidrigkeit (vgl. dazu: BGH GRUR 2011, 152 - "Kinderhochstühle im Internet"). Es ist nicht ersichtlich, dass der Beklagte Kenntnis von der Haupttat hatte oder auch nur Kenntnis hätte haben können, dass der streitgegenständliche Film über ihren Anschluss angeboten wurde. Auch insoweit hat die beweisbelastete Klägerin überdies keinen Beweis angetreten.
d)
Der Beklagte haftet auch nicht als Störer. Nach ständiger Rechtsprechung kann der Anschlussinhaber als Störer haften, wenn Familienangehörige oder andere Personen über seinen Anschluss urheberrechtlich geschützte Werke im Rahmen von Tauschbörsen Dritten öffentlich zugänglich machen im Sinne des § 19a UrhG und dem Anschlussinhaber eine Pflichtverletzung zur Last fällt. Dem Anschlussinhaber können Prüf-, Belehrungs- oder Überwachungspflichten obliegen, wenn er seinen Anschluss Dritten zur Verfügung stellt. Ob und inwieweit dem Störer als in Anspruch Genommenem eine Prüfung zuzumuten ist, richtet sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung seiner Funktion und Aufgabenstellung sowie mit Blick auf die Eigenverantwortung desjenigen, der die rechtswidrige Beeinträchtigung selbst unmittelbar vorgenommen hat (vgl. BGH GRUR 2010, 633 - Sommer unseres Lebens). Gegenüber Ehepartnern und anderen volljährigen Familienangehörigen bestehen keine anlasslosen Belehrungs- und Überwachungspflichten über das Verbot der Teilnahme an Dateitauschbörsen (BGH, a.a.O. - BearShare). Den Anschlussinhaber trifft erst dann eine Pflicht, die Benutzung sei¬nes Internetzugangs durch volljährige Familienmitglieder zu überwachen und gegebenenfalls zu verhindern, wenn er konkrete Anhaltspunkte dafür hat, dass die Mitnutzer den Anschluss zu Rechtsverletzungen missbrauchen. Solche Anhaltspunkte bestehen grundsätzlich nicht, solange dem Anschlussinhaber keine früheren Verletzungen dieser Art durch den Nutzer oder andere Hinweise auf eine Verletzungsabsicht bekannt sind, oder hätten bekannt sein können. Dies gilt sowohl im Verhältnis des Anschlussinhabers gegenüber seinem Ehegatten wie gegenüber seinen Kindern, bei Letzteren jedenfalls dann, wenn sie volljährig sind. Auch wenn Urheberrechtsverletzungen im Internet häufig vorkommen und darüber in den Medien umfangreich berichtet wird, hat ein Anschlussinhaber nicht bereits deshalb Anlass, ihm nahestehende Personen wie enge Familienangehörige bei der Nutzung seines Anschlusses zu überwachen (vgl. u.a. OLG Düsseldorf, Urteil vom 05.03.2013 -1-20 U 63/12, 20 U 63/12 - juris).
Der Beklagte war somit weder gegenüber seiner Ehefrau noch gegenüber seinem älteren Sohn xxxxxx zu einer anlasslosen Belehrung verpflichtet, denn letzterer war nach Angabe des Beklagten am 22.10.2012 bereits 20 Jahre alt, also volljährig.
Der Beklagte hatte auch vor der hier in Rede stehenden Rechtsverletzung vom 22.10.2012 keinen Anlass, tätig zu werden. Denn das weitere Abmahnschreiben datiert erst vom 26.10.2012, konnte ihm also am 22.10.2012 noch nicht bekannt sein. Andere Anhaltspunkte, die konkreten Anlass für eine Überwachung oder Überprüfung durch den Beklagten geben könnten, hat die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Klägerin (vgl. LG Hamburg, Urteil vom 29.08.2014, Az. 308 S 18/13) nicht vorgetragen.
Gegenüber dem zum behaupteten Tatzeitpunkt 17 Jahre alten und daher noch minderjährigen Sohn xxxxxx dürfte den Beklagten hingegen eine Pflicht getroffen haben, diesen über die Rechtswidrigkeit der Teilnahme an Dateitauschbörsen zu belehren. Eine solche Belehrung hat der Beklagte auch vorgetragen. Die Klägerin hat diese in Abrede gestellt und dazu auch Zeugenbeweis angeboten. Dem war jedoch nicht nachzugehen. Es könnte nämlich im vorliegenden Fall nicht festgestellt werden, dass eine etwaige Verletzung der Belehrungspflicht des Beklagten gegenüber seinem jüngeren Sohn für die streitige Urheberrechtsverletzung kausal geworden wäre. Denn es könnte nicht ausgeschlossen werden, dass die Urheberrechtsverletzung nicht durch den jüngeren, sondern durch den älteren Sohn des Beklagten - dem gegenüber gerade keine Belehrungspflicht bestand - erfolgt wäre. Insoweit wäre es also wieder Sache der darlegungsbelasteten Klägerin, denjenigen Kausalverlauf schlüssig darzulegen und ggf. zu beweisen, der eine Störerhaftung des Beklagten begründen könnte. Können nämlich schon weitergehende - sekundäre - Darlegungen des Anschlussinhabers als diejenigen, dass Hausgenossen selbständig auf den Internetanschluss zugreifen können (s.o.), bei der täterschaftlichen Haftung nicht verlangt werden, kann dies erst recht nicht bei der Verteidigung gegen die Inanspruchnahme als Störer gefordert werden (so auch LG Köln, 11.09.20112, 33 0 353/11, auch in Bezug auf Sicherungspflichten bzgl. des Routers - zitiert nach juris). Angesichts dessen kommt auch hier eine Verspätung des Beklagtenvortrags gemäß § 296 Abs. 1 oder Abs. 2 ZPO jedenfalls nicht zum Tragen, so dass eine Zurückweisung ausscheidet.
2.
Der Beklagte haftet auch nicht gemäß § 97 Abs. 2 UrhG auf Schadensersatz.
Wie oben bereits ausgeführt, handelte der Beklagte weder als Täter noch als Teilnehmer. Im Rahmen des Schadensersatzanspruchs kann offenbleiben, ob der Beklagte Störer ist. Denn gegenüber dem Störer kommen lediglich Abwehr-, nicht dagegen Schadensersatzansprüche in Betracht (BGH GRUR 2010, 633 - Sommer unseres Lebens; OLG Hamburg ZUM 2010, 440 - Rapidshare II m.w.N.). Für einen Schadensersatzanspruch gegenüber dem Störer fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage (BGH GRUR 2002, 618 - Meißner Dekor).
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Eine Wiedereröffnung des Verfahrens gemäß § 156 Abs. 1 oder Abs. 2 ZPO war nicht angezeigt. Die Wiedereröffnung gemäß § 156 Abs. 1 ZPO steht im Ermessen des Gerichts. Ein Grund dafür besteht jedoch nicht. Es besteht auch Grund gemäß § 156 Abs. 2 ZPO, insbesondere nicht nach § 156 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die anwaltlich vertretene Klägerin wurde rechtzeitig, nämlich bereits im frühen ersten Termin und dann nochmals mit Verfügung vom 06.06.2014 und erneut mit Beschluss vom 19.06.2014 darauf hingewiesen, dass sie die Beweislast dafür trägt, dass der Beklagte Täter der behaupteten Rechtsverletzung sei und der Beklagte lediglich eine sekundäre Darlegungslast trägt. Ferner hat das Gericht die Klägerin mit dem genannten Beschluss auch explizit darauf hingewiesen, dass die Annahme der Klägerin ((Ziffer 2.b) ihres Schriftsatzes vom 02.06.2014) unzutreffend ist, der Beklagte müsse Umstände beweisen, die zur Entkräftung einer Täterschaftsvermutung führen könnten.
Schließlich hat das Gericht die Klägerin im Haupttermin darauf hingewiesen, dass der bisherige Beweisantritt nicht erheblich und ihm deswegen nicht nachzugehen sein dürfte, eine Verspätung des Beklagtenvortrags aber nur in Rede stehen dürfte, sofern noch ein erheblicher Beweisantritt erfolgt (S. 4 des Protokolls, vorletzter Absatz).
Die Klägerin hat trotz all dieser Hinweise keinen Beweisantrag betreffend die behauptete Täterschaft des Beklagten gestellt. (...)
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| Hinweis: Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. |
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Quelle: www.anwaltblog24.de
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