2018, KW 03

Wochenrückblick für Filesharing-Fälle
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Steffen
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2018, KW 03

#1 Beitrag von Steffen » Sonntag 21. Januar 2018, 11:23

------------------------------------------------------ - Abmahnwahn Deutschland - Filesharing - --------------------------------------------


DER Wochenrückblick........................Bild......................Filesharing Fälle


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Ausgabe 2018, KW 03 ..................................Initiative AW3P............................15.01. - 21.01.2018

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1. Kanzlei Stefan Loebisch (Passau): Urteil des Oberlandesgericht München - Sonderkündigungsrecht gegenüber Internet-Provider bei Umzug


OLG München, Urteil vom 18.01.2018, Az. 29 U 757/17 (noch keine Volltextveröffentlichung)


(...) Internet- und Kabelfernseh-Kunden müssen bei einem Umzug ihren alten Vertrag drei Monate weiterzahlen, auch wenn der Provider am neuen Wohnort keinen Zugang anbietet - das Oberlandesgericht (OLG) München entschied mit Urteil vom 18.01.2017: Das Sonderkündigungsrecht mit Kündigungsfrist von drei Monaten nach § 46 Abs. 8 TKG gilt auch dann erst ab dem Tag des Umzugs, wenn der Provider am neuen Wohnort nicht vertreten ist. (...)



Quelle: 'http://www.jurablogs.com'
Link: http://www.jurablogs.com/go/urteil-sond ... -bei-umzug











2. Amtsgericht München - Pressemitteilung 5 vom 19.01.2018: Traum vom eBay Schnäppchen geplatzt


AG München, Urteil vom 09.03.2017, Az. 274 C 21792/16


(...) Wer irrtümlich bei eBay anstelle der beabsichtigten Auktion einen Sofortpreisverkauf zu 1,00 EUR aktiviert, kann dies unverzüglich anfechten.
(...)
Das Berufungsgericht hielt zwar den Vertrag aufgrund unzweifelhaft eindeutiger Erklärungen für zunächst geschlossen, sah aber in der Erklärung des Beklagten ebenfalls eine wirksame Anfechtung und wies die Berufung des Klägers zurück.
(...)



Quelle: 'https://www.justiz.bayern.de'
Link: https://www.justiz.bayern.de/gerichte-u ... 2018/5.php















Gerichtsentscheidungen





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  • AG Bielefeld, Urteil vom 16.11.2017, Az. 42 C 224/17 [WF gewinnen; lediglich pauschaler Verweis auf mögliche Dritte führt zur Verurteilung; 'nachvollziehbar' ./. 'theoretisch möglich']
  • AG Leipzig, Urteil vom 07.06.2017, Az. 109 C 1063/17 [WF gewinnen; lediglich pauschaler Verweis auf mögliche Dritte führt zur Verurteilung (Beklagter ohne Anwalt, LAN-Party-Veranstalter)]









Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München):



1. AG Bielefeld, Urteil vom 16.11.2017, Az. 42 C 224/17



Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Das Amtsgericht Bielefeld verurteilt Anschlussinhaber in Tauschbörsenverfahren antragsgemäß - lediglich pauschales Bestreiten der Tatbegehung reicht nicht aus



Quelle: 'https://news.waldorf-frommer.de'
Link: https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... nicht-aus/









2. AG Leipzig, Urteil vom 07.06.2017, Az. 109 C 1063/17



Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Das Amtsgericht Leipzig verurteilt "LAN-Party"-Veranstalter wegen einer Urheberrechtsverletzung in einer Tauschbörse über seinen Anschluss (Beklagter ohne Anwalt)



Quelle: 'https://news.waldorf-frommer.de'
Link: https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... anschluss/















Steffen's Kurzkommentar





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Die Münchener Kanzlei "Waldorf Frommer Rechtsanwälte" hat zwei spannende Gerichtsentscheidungen veröffentlicht. Schonungslos wurden erneut - unsere - Defizite aufgedeckt. Hierzu "Steffens KuKo".





1. AG Bielefeld - Az. 42 C 224/17


Das Amtsgericht geht auf die Tatsachenmerkmale ein, die zur Erfüllung der sekundären Darlegungslast von Bedeutung sind. Der Beklagte hat in der sekundären Darlegungslast diesbezüglich vorzutragen - zu jeden benannten Mitnutzer.



Tatsachenmerkmale

a) Nutzerverhalten
b) Kenntnisse
c) Fähigkeiten
d) zeitliche Hinsicht




Amtsgericht:

(...) Der Inhaber eines Internetanschlusses, über den eine Rechtsverletzung begangen wird, genügt seiner sekundären Darlegungslast im Hinblick darauf, ob andere Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten, nicht dadurch, dass er lediglich pauschal die theoretische Möglichkeit des Zugriffs von in seinem Haushalt lebenden Dritten auf seinen Internetanschluss behauptet (BGH, Urteil vom 11.06.2015 - I ZR 75/14). Darüber hinaus ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen verpflichtet. Der Anschlussinhaber hat die Person, die selbständig Zugriff auf den Internetanschluss hatte, unter Angabe einer ladungsfähigen Anschrift namentlich zu benennen. Ferner sind nähere Angaben zum generellen Nutzungsverhalten der Personen, denen die Nutzung des Internetanschlusses gestattet wurde, zu machen. Hierzu gehören Angaben, wie die Personen Zugang zum Internetanschluss erhalten, wie häufig diese Personen das Internet nutzen, wozu das Internet genutzt wird und wie das Nutzungsverhalten im Einzelfall kontrolliert wurde. Im Rahmen der sekundären Darlegungslast ist es erforderlich, dass der Anschlussinhaber nachvollziehbar vorträgt, welche Personen mit Rücksicht auf Nutzerverhalten, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht Gelegenheit hatten, die fragliche Verletzungshandlung ohne Wissen und Zutun des Anschlussinhabers zu begehen (BGH, Urteil vom 12.05.2016 - I ZR 48/15). Auch in den beiden zeitlich nachfolgenden Entscheidungen (BGH, Urteil vom 06.10.2016 - I ZR 154/15 und,BGH, Urteil vom 27.07.2017 - I ZR 68/16) hält der Bundesgerichtshof an diesen Anforderungen, die zur Erfüllung der sekundären Darlegungslast erforderlich sind, fest. (...



Bei vollständigen Sachvortrag zu den Tatsachenmerkmalen prüft das Gericht ob es 'nachvollziehbar' ist, dass einer der benannten Mitnutzer des Internetanschlusses die Gelegenheit hatte, die fragliche Verletzungshandlung ohne Wissen und Zutun des Anschlussinhabers zu begehen. Dabei sind an die Erfüllung des Begriffes 'nachvollziehbar' graduell höhere Anforderungen als an die Erfüllung des Begriffes 'theoretisch möglich' zustellen. Nachvollziehbarkeit setzt eine logische Verkettung zwischen den Tatsachenmerkmalen und der Rechtsfolge, nämlich Begehung der fraglichen Verletzungshandlung, voraus.


Mit dem Foren-Irrtum, dass es nur ausreiche pauschal einen Mitnutzer zu benennen - ohne - dass dieser für das Gericht nachvollziehbar als möglicher Täter in Betracht kommt, wird hier ausgeräumt. Und man beachte, wir sind in Bielefeld, nicht im - aus unserer Sicht - "verhassten" München oder Leipzig.










2. Zu AG Leipzig - Az. 109 C 1063/17 - LAN-Party


Zeitpunkt der Nachforschungen:
=> mit Erhalt der Abmahnung


Ansonsten zeigt es wieder was passiert, wenn man ohne Plan i.V.m. fehlenden Fachwissen auf einen Anwalt verzichtet und Hinweise des Gerichts in den lilabunten Wind schießt.

Wo man jetzt wieder - wem wundert es - auf die glorreiche Forenwelt anknüpfen muss. Entschuldigung, mein Fehler. Natürlich auf die Opferwelt der Filesharer.














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Forenwelt





Alternative Wurst Fakten



["Alternative Wurst Fakten": der verschleiernde und irreführende Ausdruck für den Versuch, Falschbehauptungen, Halbwissen und fehlendem Verstand zum Sachverhalt als legitimes Mittel des Verbraucherschutzes in einem Forum salonfähig zu machen und dabei seine Unwissenheit öffentlich darzustellen.]



In einem gewerblichen Forum wurde diese Woche durch einen Forenuser Hilfe bei der Reaktion auf zwei erhaltenen Mahnbescheiden gesucht, und ob ein Widerspruch denn zum status quo die klügste Wahl sei. Dabei betrafen diese zwei Mahnbescheide nicht einmal den Forenuser selbst, sondern seinem Vater als Anschlussinhaber. Nachfolgender Rechtstipp wurde erteilt. O.K. eigentlich nur Alternative Wurst Fakten. Heute muss man eben nur anonym behaupten, dass man abgemahnt wurde, einen MB erhielt und dass nach eingelegten Widerspruch Ruhe war - und man ist cool und führender Professor für Urheberrecht. Selbst Ingo Bentz (alias Shual) wird dato der Rang abgelaufen.




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(...) Waldi kann zunächst nur den Anschlussinhaber, das heißt, deinen Vater / Mutter, verklagen. Diese haften als Störer, wenn Minderjährige nicht über illegales Filesharing belehrt wurden. Der Anschlussinhaber muss auch Nachforschungen anstellen bzgl. des möglichen Täters. Das heißt, er muss die Familie befragen und deren Rechner durchsuchen. Dein Vater könnte dann z.B. vor Gericht argumentieren, seine Nachforschungen haben ergeben, dass trotz Belehrung eines der Kinder die Filme heruntergeladen hat. Vermutlich würden diese dann als Zeugen befragt werden und dann bei einem Eingeständnis selbst von Waldi verklagt werden. Wenn sie leugnen wird es allerdings schwer für Waldi zu beweisen wer es war, und die Klage läuft ins Leere. Vor Gericht besser mit Anwalt! (...)


Ich denke, man sollte sich hierzu einfach einmal die höchstrichterlich Rechtsprechung genauer ansehen (besser: Lesen und Verstehen), insbesondere die BGH-Entscheidungen "Morpheus" und "Loud". In der BGH-Entscheidung "Morpheus" wurde eine generelle Haftung für den / der beklagten Anschlussinhaber (allgemein) ausgeschlossen. Dieses wurde aber - unstreitig - von bestimmten Faktoren abhängig gemacht.

a) Einsichtsfähigkeit des Minderjährigen
b) Belehrung: Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Internettauschbörsen
c) Verbot: Teilnahme an Internettauschbörsen
d) keiner Kenntnis von Urheberrechtsverletzungen

Und als wenn es etwas ganz Neues wäre, soll bei fehlender Belehrung (und Verbot) der Beklagte nur als Störer haften. Das ist "Wurstshit" (vgl. etwa Bullshit)! Werden minderjährige Kinde als Mitnutzer nicht belehrt i.V.m. dem Verbot, ist man seiner Aufsichtspflicht nicht nachgekommen. Das heißt, der Beklagte haftet als Störer UND Täter. Dabei ist erst einmal völlig unbeachtlich, ob der Minderjährige als Zeuge die Aussage verweigert.

Und in der BGH-Entscheidung "Loud" wurde doch auch - unstreitig - ermessen, dass der Beklagte, wenn er den Täter kennt ("seine Nachforschungen haben ergeben, dass trotz Belehrung eines der Kinder die Filme heruntergeladen hat."), ihn namentlich mitteilen muss. Ob ein Gericht bei minderjährigen Kindern anders ermisst, ob der Kläger jetzt seine Klage nicht erweitert oder separat klagt, bleibt abzuwarten. Und mann sollte immer beachten, natürlich kann der Kläger jetzt die Klage auf den benannten Täter erweitern. Er kann aber auch den benannten Täter separat auf Schadensersatz verklagen. Jetzt muss der Benannte zum Sachverhalt aussagen. Beachte! Wird jetzt der Vorwurf bestritten muss logischerweise einer Lügen (Vater im 1. Prozess oder jetzt der Minderjährige). Das - könnte - strafrechtliche Folgen haben.

Und nur nebenbei erwähnt, geht es um 2 Abmahnungen (Abstand von zwei Monaten) und resultierenden 2 Mahnverfahren. Jeder Richter wird diesen Sachverhalt - durch den Kläger sicherlich thematisierten - im Hinterkopf haben. Denn entweder gibt es je Abmahnung nur 1 Ermittlungsdatensatz, unvorteilhaft, wenn mehrere Ermittlungsdatensätze vorliegen. Hier kann man sich nicht mehr in Richtung Fehlermittlung herausreden.

Zeigt doch der vermeintliche Rechtstipp, man kann (strotz-) dumm wie eine Wurst sein, Hauptsache cool und "Meister des geschriebenen Wortes". Gefährlich dieser Wurstshit nicht für den Coolen, sondern für den Hilfesuchenden. Eigentlich auch nicht richtig, gefährlich für den Vater, wenn er auf seinen Bengel hört, was dieser in einem gewerblichen Forum für einen famosen Rechtsrat erhielt. Und ja, ich merke, wie meine Halsschlagader anfängt schneller zu pulsieren. Sicherlich kann jeder bei einem erhaltenen Mahnbescheid sein Kreuz bei Widerspruch - insgesamt - setzen und weiter abwarten. Nur bei zwei erhaltenen Mahnbescheiden und der Seriosität des Antragstellers, sollte der Antragsgegner diese zwei Mahnverfahren definitiv ernst nehmen. Das bedeutet, ein No-Go - ein Forum; ein muss - ein Anwalt. Schade, das die Verantwortliche dort lieber ihre Ausrichtung auf Gulli:Board Parolen Anno 2006 legen und dem gewerblichen Handeln für die eigene Geldbörse (Werbung), als auf Richtigstellung fehlerhafter Rechtsberatung.










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Steffen Heintsch für AW3P




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