2017, KW 33

Wochenrückblick für Filesharing-Fälle
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Steffen
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2017, KW 33

#1 Beitrag von Steffen » Samstag 19. August 2017, 09:19

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DER Wochenrückblick........................Bild......................Filesharing Fälle


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Ausgabe 2017, KW 33 ..................................Initiative AW3P.............................14.08. - 20.08.2017

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Annahme mod. UE wird abgelehnt!


AW3P: Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt Dr. Alexander Wachs. Die Initiative AW3P bietet seit Mitte 2007 das Musterschreiben einer modifizierten Unterlassungserklärung (kurz: "mod. UE") an, was in Zusammenarbeit mit Ihnen ständig rechtlich geprüft und aktualisiert wird. In dieser Zeit gab es von sehr vielen abmahnenden Kanzleien zu Recht und zu Unrecht Beanstandungen gegen den Inhalt des Musterschreibens. Wenn man als unbedarfter Nutzer das Musterschreiben verwendet, wird die Wiederholungsgefahr ausgeräumt und der Unterlassungsanspruch damit abgegolten. Natürlich sollte sich im jeweiligen Fall eine andere Konstellation ergeben, muss die mod. UE angepasst oder gar neu abgegeben werden. Dieses ist aber anwaltlich zu prüfen.


In einem aktuellen Beispiel wurde die abgegebene mod. UE abgelehnt.


Wortlaut (auszugsweise):

(...) in vorbezeichneter Angelegenheit nehmen wir Bezug auf die übersandte Unterlassungserklärung. Die vorgelegte Unterlassungserklärung entspricht nicht den Anforderungen an eine wirksame Unterlassungserklärung und wird daher abgelehnt.

Zum Sachverhalt haben Sie sich nicht eingelassen. Daher besteht weiterhin eine tatsächliche Vermutung, dass Sie die Rechtsverletzung begangen haben und daher für die Folgen einzustehen haben.

Diese rechtliche Beurteilung basiert einerseits darauf, dass die Rechtsverletzung nicht bestritten wurde, andererseits hat sie ihre Grundlage in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes und den zivilprozessualen Gegebenheiten in Fällen illegalen Filesharings.

Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung besteht, wenn eine Datei mit urheberrechtlich geschützten Inhalten der Öffentlichkeit von einem bestimmten Internetanschluss aus zugänglich gemacht wird, solange der Inhaber des Internetanschlusses sich zur Tat und zu etwaigen Mitnutzern seines Anschlusses, die ernsthaft als Täter in Betracht kommen, nicht äußert, eine tatsächliche Vermutung für seine eigene Verantwortlichkeit (vgl. BGH Urteil vom 12.05.2010, I ZR 121/08 - "Sommer unseres Lebens"; BGH Urteil vom 15.11.2012, I ZR 74/12, Rn. 33 - Morpheus; BGH, Urteil v. 12.05.2016, I ZR 48/15, Rz. 34 - "Everytime we touch").

(...)

Da vorliegend weder die Tatbegehung substantiiert bestritten, noch ein Dritter als Täter benannt, noch Umstände mitgeteilt wurden, die darauf schließen lassen, dass eine dritte Person ernsthaft als Alleintäter in Betracht kommt, bestehen - ungeachtet der Abgabe einer ausreichend strafbewehrten Unterlassungserklärung - verschuldensunabhängige Ansprüche auf Erstattung der Rechtsverfolgungskosten gemäß § 97a Abs. 3 S. 1 UrhG sowie auf Zahlung von Schadensersatz gemäß § 97 Abs. 2 UrhG (bei Nichtvorliegen von Vorsatz oder Fahrlässigkeit verschuldensunabhängig auf Zahlung einer angemessenen Lizenzgebühr für die vorgenommene Nutzung gemäß § 102a UrhG i.V.m. § 812 BGB).
(...)


Nach dem Verlangen der abmahnenden Kanzlei wird jetzt aber einmal gefordert, dass der Abgemahnte eine auf einer konkreten Täterschaft bezogene Unterlassungserklärung abgibt, zumindest einen Täter namentlich benennt, andermal der Versuch unternommen, den reinen Unterlassungsanspruch mit der Täterschaftsvermutung und sekundäre Darlegungslast zu verknüpfen. Wenn man davon ausgeht, dass in den wenigsten Fällen mit Erhalt der Abmahnung der genaue Sachverhalt bekannt ist (z.B. Mitbenutzer können sich im Urlaub befinden, Trennung, Wohnortwechsel usw.) und vor allem zur Einhaltung der kurzgestellten Frist zur Abgabe einer strafbewährten Unterlassungserklärung (Ausräumung der Wiederholungsgefahr) notwendig vor der endgültigen Nachforschung und Recherche, dann ist es doch ein Schmarrn, dass man zur Ausräumung des reinen Unterlassungsanspruchs des Rechteinhabers eine täterschaftsbezogene Unterlassungserklärung abgeben soll oder einen Täter benennen muss.


Herr Rechtsanwalt Dr. Alexander Wachs. Welchem Standpunkt vertreten sie hierzu. Muss das Musterschreiben vielleicht sogar geändert werden und wie sollte sich ein Betroffener hierbei verhalten?



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Rechtsanwalt Dr. Alexander Wachs: Offen gestanden verstehe ich die Argumentation der Ablehnung der abgeänderten Unterlassungserklärung nicht. Eine Begründung kann ich der Ablehnung nicht entnehmen. Selbst wenn man Ihre Interpretation der Zurückweisung folgt, dass eine Unterlassungserklärung nur auf die konkrete Verletzungsform abgegeben werden soll, gibt es dazu keine Verpflichtung. Es steht dem Abgemahnten frei sich "weiter" zu verpflichten als er muss. Das gibt auch keinen Anlass die Ernsthaftigkeit der Unterlassungserklärung anzuzweifeln. Ich würde in dem Verfahren den Abmahner auffordern klarzustellen, was genau er rügt. Dies sollte aber wegen des Kostenrisikos im konkreten Fall durch einen Anwalt erfolgen, um kein wirtschaftliches Risiko einzugehen. Mittlerweile gibt es ja genug spezialisierte Anwälte, die in diesem Bereich tätig sind.


Ihr Rechtsanwalt Dr. Alexander Wachs



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...................................................................Rechtsanwalt Marc Hügel

...................................................................WALDORF FROMMER Rechtsanwälte
...................................................................Beethovenstraße 12 | 80336 München
...................................................................Telefon: 089 / 52 05 72 10 | Telefax: 089 / 52 05 72 30
...................................................................E-Mail: web@waldorf-frommer.de | https://www.waldorf-frommer.de/





AW3P: Sehr geehrter Herr Marc Hügel. Sie sind Rechtsanwalt und Partner der Münchner Kanzlei "Waldorf Frommer Rechtsanwälte". In einem aktuellen Artikel auf dem Onlineportal: "Anwalt.de" wird die These vertreten, dass einmal der Nutzer einer Internettauschbörse sich nicht über das Uploaden im Klaren sei. Dieser Nutzer sieht nur die Maske zum Download. Es wird ihm nicht klargemacht, dass er zugleich anbietet. Andermal, und als eigentliche Hauptaussage, dass diese perfide Art und Weise der Abmahnungen weitergeht, so lange ihre Kanzlei dem Treiben von BitTorrent und anderen Tauschbörsen nicht Einhalt gebietet.

Warum nimmt die Kanzlei "Waldorf Frommer Rechtsanwälte" keinen Einfluss auf die Anbieter von Filesharing-Programmen, wenn dem Nutzer sein rechtswidriges Handeln eigentlich nicht klar ist?



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Rechtsanwalt Marc Hügel: Die hier angesprochene Auffassung beruht in vielfacher Hinsicht auf einem tatsächlichen sowie juristischen Fehlverständnis:

Zum einen ist schon stark zu bezweifeln, dass der Nutzer einer Tauschbörse tatsächlich nicht weiß, dass die Teilnahme an dem Netzwerk mit einem gleichzeitigen Upload verbunden ist. Dies beruht darauf, dass es hier nicht um einen "versehentlichen Klick" auf den falschen Button, sondern das bewusste Herunterladen und Installieren einer entsprechenden Software geht. Bevor ein Nutzer diese Schritte unternimmt, wird er sich in aller Regel wenigstens rudimentär informiert haben (Welche Software ist die "richtige"? Was "kann" sie und wie funktioniert das grob?). Schon eine sehr oberflächliche Internetsuche führt dann sehr schnell zu Beschreibungen, denen eben die Funktionsweise inklusive des Upload-Prozesses durch alle Teilnehmer entnommen werden kann.

In rechtlicher Hinsicht liegt zudem bereits dann ein fahrlässiges Handeln vor, wenn man die "im Verkehr erforderliche Sorgfalt" außer Acht lässt. Hierfür genügt auch, dass der Handelnde etwaige Umstände zwar nicht kannte, aber hätte kennen müssen. Die Rechtsprechung ist völlig einhellig der Auffassung, dass dem Nutzer einer Tauschbörse aufgrund der verfügbaren Informationen, nicht zuletzt aber auch aufgrund der öffentlich geführten Diskussion die entsprechende Funktionsweise bekannt sein müsste.

Doch auch unabhängig davon wäre eine "Einflussnahme" auf die Anbieter von Filesharing-Programmen weder faktisch, noch juristisch möglich. Zum einen handelt es sich bei den meisten Programmen um Open Source - Entwicklungen, bei denen ein konkreter "Anbieter" nicht ohne Weiteres identifizierbar ist. Zum anderen sind weder die Herstellung noch das Angebot der Software per se urheberrechtswidrig. Der Verstoß gegen das UrhG ergibt sich vielmehr erst aus der konkret rechtswidrigen Nutzung.

Einer unserer Kollegen hat im Übrigen bereits mehrfach erfolgreich Verfahren gegen BitTorrent-Tracker geführt, die daraufhin zum Teil sogar abgeschaltet wurden. Wer sich mit der Systemarchitektur von BitTorrent beschäftigt hat, weiß jedoch, dass BitTorrent sich nicht ernsthaft durch das Abschalten von Trackern beeindrucken lässt - Stichwort: Trackerless P2P.


Ihr Rechtsanwalt Marc Hügel



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1. Wilde, Beuger, Solmecke (Köln): Auer Witte Thiel - Vorsicht vor Fake-Mahnungen wegen Youporn.com - UPDATE 18.08.2017


(...) Achtung vor E-Mail-Mahnungen der Wondo GmbH & Co KG wegen einer angeblichen Nutzung der Pornoseite Youporn.com. Die E-Mails werden angeblich durch die Rechtsanwaltskanzlei Auer Witte Thiel versendet. Bei den massenhaft verschickten E-Mails handelt es sich jedoch um Fake-Mahnungen und einen klaren Betrugsversuch. Betroffene sollen daher keinesfalls die geforderten Summen zahlen. (...)



Quelle: 'www.wbs-law.de'
Link: https://www.wbs-law.de/allgemein/youpor ... mbh-74673/










2. Oberlandesgericht München, 17. August 2017, Pressemitteilung Zivilsachen 3/17: AdBlocker verstoßen nicht gegen Kartell-, Wettbewerbs- und Urheberrecht


(...) Heute hat das Oberlandesgericht München in drei Parallelverfahren über die wettbewerbs-, kartell- und urheberrechtliche Zulässigkeit einer Open Source-Software geurteilt, die Werbung auf Websites unterdrückt. (...)



Quelle: 'www.justiz.bayern.de/gericht/olg/m/presse'
Link: http://www.justiz.bayern.de/gericht/olg ... /index.php










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3. Landesrechtsprechungsdatenbank Hessen: Oberlandesgericht Frankfurt am Main zur vollen Terminsgebühr für den Anwalt bei einem Versäumnisurteil


OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 24.07.2017, Az. 6 W 47/17


(...) Ergeht im Verhandlungstermin gegen den säumigen Gegner ein Versäumnisurteil, entsteht für den Anwalt eine volle Terminsgebühr nur dann, wenn über die Stellung des Antrags auf Erlass des Versäumnisurteils hinaus eine inhaltliche Erörterung stattgefunden hat. Zur Glaubhaftmachung dieses Umstandes kann eine anwaltliche Versicherung ausreichen; aus dem Sitzungsprotokoll muss sich die Erörterung nicht ergeben. (...)



Quelle: 'www.lareda.hessenrecht.hessen.de'
Link: http://www.lareda.hessenrecht.hessen.de ... id:7901757










4. Steiger Legal (Schweiz ): COPYTRACK Abmahnungen - Inkassobüro EOS Schweiz AG verschickt Zahlungsaufforderungen für COPYTRACK GmbH (Deutschland)


(...) Wer nicht auf urheberrechtliche Abmahnungen reagiert, muss neuerdings damit rechnen, vom Inkassobüro EOS Schweiz AG eine Zahlungsaufforderung zu erhalten.

EOS bezieht sich in ihren Zahlungsaufforderungen insbesondere auf Forderungen aus deutschen Massenabmahnungen der WENN GmbH. Diese Abmahnungen wurden unter anderem 2013 und 2014 von Anwaltskollege Jan Denecke von der Anwaltskanzlei Denecke Priess & Partner in Berlin verschickt.
(...)



Quelle: 'www.steigerlegal.ch'
Link: https://steigerlegal.ch/2017/08/13/eos- ... rderungen/













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Gerichtsentscheidungen



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  • AG Bremen, Urteil vom 21.07.2017, Az. 25 C 12/17 [WF gewinnen; sek. Darlegungslast (kein Mitnutzer kommt als Täter in Frage)]








Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München):



AG Bremen, Urteil vom 21.07.2017, Az. 25 C 12/17


Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Das Amtsgericht Bremen verurteilt Anschlussinhaber in Filesharingverfahren - bloßes Benennen von Mitnutzern reicht nicht aus, um klägerische Ansprüche zu erschüttern



Quelle: 'www.news.waldorf-frommer.de'
Link: https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... chuettern/













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Forenwelt




1. Neues vom Neanderuler: "Hab' noch freie Werbefläche. Ich bin alt, faul und brauch' das Geld!"




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2. Steffen's Kurzkommentar




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Die mod. UE wurde abgelehnt - was nun?

Wer sich entscheidet ohne anwaltliche Prüfung eine modifizierte Unterlassungserklärung abzugeben, muss einiges beachten.

a) die Nutzungshinweise sind - strikt - umzusetzen
b) Ziel: Abgeltung des Unterlassungsanspruchs, auf Grund kurzer Friststellung und fristübergreifende Nachforschungen
c) bei offensichtlichen Beanstandungen, kann der Abmahnende die mod. UE ablehnen

Das Musterschreiben der mod. UE ist - unstreitig - geeignet den Unterlassungsanspruch abzugelten. Punkt. Das heißt, die Wiederholungsgefahr entfällt bereits bei Abgabe und nicht erst bei einer Annahme. Wenn die mod.UE hingegen abgelehnt bzw. inhaltlich beanstandet wird, ist es für den Betroffenen kompliziert und mit Risiken verbunden. Das ist eben so, wenn man mit ohne Anwalt reagiert und sollte jedem klar sein. In diesen Fällen sollte man einen Anwalt konsultieren.









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Steffen Heintsch für AW3P




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