2017, KW 21

Wochenrückblick für Filesharing-Fälle
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Steffen
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2017, KW 21

#1 Beitrag von Steffen » Freitag 26. Mai 2017, 21:58

------------------------------------------------------ - Abmahnwahn Deutschland - Filesharing - --------------------------------------------


DER Wochenrückblick........................Bild......................Filesharing Fälle


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Ausgabe 2017, KW 21 ..................................Initiative AW3P.............................22.05. - 28.05.2017

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AW3P: Herr Doktor Wachs. Letzte Woche wurde in einem Anwalts-Blog voll fett in durchaus lustiger Art und Weise eine abmahnende Kanzlei gerügt, weil diese statt üblicher "Faxbomben" nun Schriftsätze per E-Mail (im Anhang als PDF) versendet. Natürlich erntete der Blogger bei seinen Lesern dafür frenetischen Beifall. Er beruft sich auf den traditionellen Weg des Postwegs und verweist, dass sich in heutiger Zeit sehr viele Viren und Trojaner in Anhängen versteckten, so dass man diese Anhänge nicht öffnen braucht.

Darf ein Anwalt einen anderen Anwalt einen Schriftsatz im Anhang per E-Mail versenden; muss er diesen Anhang überhaupt öffnen (Stichpunkt: Viren / Trojaner); kann er diese sofort ungelesen löschen und kann man gegen das schändliche Vorgehen des Abmahner rechtlich bzw. berufsstandlich vorgehen - was gilt?



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Doktor Wachs: Wenn ein Anwalt eine E-Mail Adresse auf seinem Briefkopf vorhält, und er auch von Mandanten E-Mails erhalten sollte, finde ich es schon ungewöhnlich dann E-Mails einer Kanzlei nicht entgegenzunehmen.

Solange die E-Mail nicht Anhänge als ZIP- oder RAR-Archiv enthält - diese würde ich auch zurückweisen - sondern als PDF-Dokument, halte ich das Risiko bei einem guten Virenscanner für vertretbar.

Andererseits ist die unverschlüsselte Versendung von E-Mails aufgrund des geringeren Datenschutzes eine Versandmethode, welche der empfangende Anwalt zustimmen sollte. Gegen eine Versendung kann man allenfalls dann vorgehen, wenn vorher klar die Versendung über E-Mails untersagt wurde - aus welchem Grund auch immer. Ich persönlich glaube, dass die Versendung über E-Mail ohnehin mit dem Anwaltspostfach kommt und viele Mandanten wünschen auch die Versendung über E-Mail, weil es schneller geht.

Aus diesem Grund ist das eine Diskussion, die mehr unterhält als auf längere Sicht Bedeutung hat.


Ihr Rechtsanwalt Dr. Alexander Wachs


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Querbeet



1. Rechtsanwalt Markus Brehm (Frankfurt am Main): Das Landgericht Frankfurt am Main mit einer neuen Herangehensweise zur theoretischen Möglichkeit der Täterschaft bei gleichzeitigen Bestreiten der Täterschaft durch die Mitnutzer - Berufungsrücknahme durch Waldorf Frommer Rechtsanwälte (Az. 2-06 S 003/16)


LG Frankfurt am Main, Beschluss vom 28.03.2017, Az. 2-06 S 003/16

Vorinstanz:
AG Frankfurt am Main, Urteil vom 17.12.2015, Az. 31 C 392/15 (83)


Sicherlich eine Einzelfallentscheidung. Sicherlich nicht ohne Weiteres auf alle weiteren Filesharing Verfahren anwendbar. Wurde aber hier durch den Gerichtsstandort Frankfurt am Main eine interessante Ermessensgrundlage getroffen.


Ausgangslage:
a) wenn AI ortsabwesend, dann Router aus
b) AI bestreitet und benennt Mitnutzer, die ihrerseits auch bestreiten.
c) Kläger argumentiert seinerseits, das eine theoretische Möglichkeit der Täterschaft nicht ausreicht, es käme auf die konkreten Möglichkeit an

Das Landgericht Frankfurt am Main bestätigte das Urteil des Amtsgericht und sagte sinngemäß,

» Wenn für beide Parteien unstreitig feststeht, dass bei Abwesenheit des AI das Internet ausgeschaltet ist und damit niemand der benannten Mitnutzer als möglicher Täter infrage kommen kann, dann käme nur eine fehlerhafte Ermittlung von IP- Adresse oder ihr zugeordnetem Internetanschluss in Betracht. Insgesamt stellt sich die Zugriffsmöglichkeit der übrigen Familienmitglieder damit keinesfalls als bloß theoretisch dar. «



Quelle: Blog Initiative AW3P
Link: https://aw3p.de/archive/2805










2. ZPO Blog (Rastede): Recht auf Anhörung des Sachverständigen (§§ 397, 402 ZPO) darf nicht übergangen werden


OLG Hamm, Beschluss vom 19.12.2016, Az. 6 U 82/15

Jeder Partei steht gemäß §§ 397, 402 ZPO das Recht zu, einen gerichtlichen Sachverständigen persönlich zu befragen



Quelle: zpoblog.de
Link: http://www.zpoblog.de/recht-auf-anhoeru ... en-werden/










3. Kanzlei Dr. Bahr (Hamburg): Landgericht Köln - Unterlassungserklärung bei Online-Wettbewerbsverstoß ist weit auszulegen


LG Köln, Urteil vom 14.02.2017, Az. 31 S 2/16

Eine Unterlassungserklärung, in der sich der Schuldner verpflichtet, den unter einem bestimmten Link auffindbaren Webauftritt zu löschen, ist im Zweifel weit auszulegen. Auch wenn die schriftliche Verpflichtung lediglich den konkreten Link bezeichnet, ist der Schuldner nicht berechtigt, etwaige weitere Verstöße unter anderen Web-Adressen bestehen zu lassen.



Quelle:
Link: http://www.dr-bahr.com/news/unterlassun ... legen.html













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Gerichtsentscheidungen



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  • AG Charlottenburg, Urteil vom 13.04.2017, Az. 218 C 365/16 [WF gewinnen; sek. Darlegungslast; Beklagter ohne Anwalt]
  • AG Leipzig, Urteil vom 12.04.2017, Az. 102 C 7361/16 [WF gewinnen; sek. Darlegungslast; Beklagte legte Berufung ein]








Waldorf Frommer (München):



1. AG Charlottenburg, Urteil vom 13.04.2017, Az. 218 C 365/16


Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Anschlussinhaber haftet für Rechtsverletzungen über eine Tauschbörse - Bloße Spekulationen zu Hackerangriffen sowie der Verweis auf generell Nutzungsberechtigte sind unbeachtlich (Beklagter ohne Anwalt)



Quelle: Waldorf Frommer Rechtsanwälte
Link: https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... eachtlich/






2. AG Leipzig, Urteil vom 12.04.2017, Az. 102 C 7361/16


Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Ehemann als Täter ausgeschlossen - Das Amtsgericht Leipzig verurteilt Anschlussinhaberin antragsgemäß zur Zahlung von 1.106,00 EUR wegen illegaler Tauschbörsennutzung - Beklagtenseite legt Berufung ein!



Quelle: Waldorf Frommer Rechtsanwälte
Link: https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... ennutzung/














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Forenwelt





Steffen's Kurzkommentar





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O.K. Meine Aufgabe ist ja nicht irgend jemanden Brei oder Met in oder um den Bart zu schmieren, sondern meine persönliche Meinung öffentlich wiederzugeben. In meinen Augen schon zumindest schuftig gegenüber Abgemahnten, wird durch das Werbeforum - der neuerdings "Interessengemeinschaft blogge jeden Käse von WBS" - bewusst negative Gerichtsentscheidungen verschwiegen.



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Und damit man ja keine eigene Arbeit hat, wird den Fragenden veralteter Murks von (Vor-) Gestern empfohlen.



Originalzitat: IGGDAW



(...) Grundlagen der Verjährung

(...)

8. Drei oder zehn Jahre - ja was denn nu?

Bei der Frage, wie lange die Verjährungsfrist läuft, streiten sich die Geister.

Der Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten (Rechtsanwalts- und Nebenkosten) verjährt zwar unstrittig nach drei Jahren. Beim Schadensersatz herrscht jedoch Uneinigkeit unter den Rechtsgelehrten. Während manche Rechtsanwälte und auch Richter sich unter Berufung auf das BGH-Urteil I ZR 175/10 ("Bochumer Weihnachtsmarkt") für eine zehnjährige Verjährungsfrist aussprechen, gibt es mehr und mehr Urteile, die auch hier die dreijährige Regelverjährung ansetzen.

Anstoß des Streits ist der BGB-Paragraf zur ungerechtfertigten Bereicherung (§ 852 BGB), die den Verletzer bis zu zehn Jahre zur "Herausgabe des Erlangten" verpflichtet. Das angeblich Erlangte, nämlich das Vervielfältigungsrecht, kann natürlich nicht herausgegeben werden, weswegen manche Gerichte eine analoge Lizenzgebühr als Ausgleich vorschlagen - in Höhe des geforderten Schadensersatzes.

Anderen Gerichten geht das zu weit. Entweder sehen Sie überhaupt keine Bereicherung, oder allenfalls eine in Höhe des Wertes des geshareten Werkes (also z.B. 20 Euro für einen Film). Dafür lohnt es sich kaum, zu klagen, weswegen die zehnjährige Verjährungsfrist für den Schadensersatz eher eine akademische Frage ist. Bisher gibt es kaum Klagen, in denen versucht wird die übliche dreijährige Verjährung auszuhebeln.
(...)




O.K. Vielleicht ist das massenhafte Posten von WBS-Beiträgen für Neißes Potmanaise lukrativer, als umfassende Information zum Thema "Filesharing Abmahnungen" und Aktualisierung der eigenen Beiträge. Und hierbei streiten sich wahrscheinlich keine Geister.





1. Amtsgericht Charlottenburg (Urteil vom 13.04.2017, Az. 218 C 365/16)



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Ein typischer Fall, wo ein hochbegabter und technisch versierter Abgemahnter schlauer als studiert Anwälte sein will und kläglich wernimanmäßig scheitert. Trotz 10 unterschiedlich ermittelten IP-Adressen, wird alles vorgetragen was theoretisch sein können, dabei fehlen die einfachsten juristischen Grundlagen (Bestreiten, substantiierter Vortrag) gänzlich.






2. Amtsgericht Leipzig (Urteil vom 12.04.2017, Az. 102 C 7361/16)



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Mehr kann man eigentlich diesbezüglich sich nicht äußern. Nun weiß ich persönlich nicht, ob der Torgauer Prozessbevollmächtigte erst zum Termin der mündlichen Verhandlung dazustieß, ansonsten ist es definitiv kein Ruhmeszeichen, weder für den Anwalt noch für die Beklagte. Und Gipfel der strotzenden Unfähigkeit, beklagtenseits legt man auch noch Berufung ein.


Dabei war die Ausgangslage unstreitig:

Bis zur Hauptverhandlung wurde der Internetzugang durch die Beklagte nicht genutzt und man ging von Hacker aus. Zur Krönung wurden von der Klägerin zusätzlich zum Klagegegenstand 2 weitere gleichgelagerte Verstöße dem Gericht auf dem Silbertablett präsentiert. Was man eigentlich nie liest - mir bislang nicht bekannt - rügte das Amtsgericht die Qualität und Inhalt der Klageerwiderung. Erst zum mündlichen Termin, wurde dann der Mitnutzer Ehemann aus dem Zylinder gezaubert, der natürlich den Vorwurf leugnet.

Da kann man nur noch alles Glück dieser Welt im völlig unverständlichen Berufungsverfahren wünschen. Die Beklagte wird es wohl brauchen.





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Steffen Heintsch für AW3P




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