Auskunftsprozedere gem. § 101 Abs. 9 UrhG

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Steffen
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Auskunftsprozedere gem. § 101 Abs. 9 UrhG

#1 Beitrag von Steffen » Donnerstag 15. August 2013, 10:51

Auskunftsprozedere § 101 Abs. 9 UrhG
oder
Wie kommen die an die jeweiligen Klardaten?


=> Log-Firma dokumentiert eine IP-Adresse, über die sowie in einem P2P-Netzwerk ein UrhR-Verstoß
getätigt wurde; diese wird dem Abmahner (RI, Anwalt) übermittelt
=> beauftragte Anwalt stellt einen Antrag zur Herausgabe von Verkehrsdaten gem. § 101 Abs. 9 UrhG
(Gestattungsanordnung) am für den jeweiligen Provider zuständigen Landgericht.

§ 101 Abs. 9 UrhG:
(...) Für den Erlass dieser Anordnung ist das Landgericht, in dessen Bezirk der zur Auskunft Ver-
pflichtete seinen Wohnsitz, seinen Sitz oder eine Niederlassung hat, ohne Rücksicht auf den Streit-
wert ausschließlich zuständig.
(...)

Bsp.: Telekom: Hauptsitz Bonn (NRW) = LG Köln usw.

Hinweis:
Hier handelt es sich um ein "körperloses" Verfahren. Das heißt, es wird schriftlich geführt.

=> Das jeweilige Landgericht erhält diesen Antrag und erlässt
  • a) Sicherungsbeschluss (EV betreffs sofortiger Sicherung der Daten zur P2P-IP bis Gestattungsanordnung),
    oder
    b) Gestattungsanordnung
Hinweis:
- die großen Provider haben die 7 Tage Speicherfrist (§ 100 TKG) -selbst- gesucht / gefunden / gewählt,
die Gerichte habe sie dann als gang und gäbe übernommen!
- Ja, liegt ein Sicherungsbeschluss oder eine Gestattungsanordnung vor, und die Daten sind noch nicht
gelöscht, muss der Provider diese speichern bzw. verauskunften


=> 2 Mögliche Wege nach einer Gestattungsanordnung

1. Gestattungsanordnung an den Provider

- dieser beauskunftet unter Hinzunahme von Verkehrsdaten, die zunächst verantwortliche Person hinter der
P2P-IP


2. Gestattungsanordnung an den Backbone-Provider, Auskunftsgesuch an den Reseller-Provider

Hinweis: Hier muss man zwischen Backbone-Provider (Netzvermieter; speichert die Verkehrsdaten) und Reseller-
Provider (Netzmieter; speichert die Bestandsdaten) unterscheiden.

- Die Gestattungsanordnung richtet sich im Grundsatz an den Backbone-Provider. Dieser beauskunftet nun die
Benutzerkennung des jeweiligen (immer noch nicht identifizierbaren) Reseller-Provider-Kunden.
- Jetzt geht der Abmahner zum Reseller-Provider und beantragt die Beauskunftung der Person hinter der
Benutzerkennung. Da kein Verkehrsdatum bedarf es hier -keiner- separaten Gestattungsanordnung und der Reseller
muss beauskunften.


=> 2 erkennbare Auskunftsrichtungen der Reseller-Provider
  • 1. Reseller-Provider verauskunftet zeitnah, der Abmahner macht die Ansprüche innerhalb der Verjährungsfrist
    geltend (lässt sich ugs Zeit)
    oder
    2. Reseller-Provider verauskunftet -nicht- zeitnah (lässt sich ugs sehr viel Zeit)
Hinweise:
- zu 1. solange in der gesetzlichen Verjährungsfrist, ist es moralisch vlt. nicht in Ordnung, rechtlich aber ja!
- zu 2. Wer hierin eine Fahrlässigkeit (§ 199, Abs. 1, Punkt 2 BGB) sieht, kann den Reseller-Provider doch
jederzeit verklagen. An der momentanen ergangenen Abmahnung ändert sicher erst einmal deswegen nichts. Denn
erst mit Kenntnis des Klarnamens, kann der Abmahner die Ansprüche geltend machen.
VG Steffen

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