Abmahnungen von Reichelt/Klute/Aßmann Rechtsanwälte

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Sergo4eva
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Re: Abmahnungen von Reichelt/Klute/Aßmann Rechtsanwälte

#601 Beitrag von Sergo4eva » Mittwoch 14. Dezember 2016, 10:23

Bei mir ist ebenfalls wie bei "FinrodCa" ein gerichtlicher Mahnbescheid im gelben Umschlag eingetrudelt.
Es geht um ein Spiel der "Koch Media GmbH" die durch die rka-Anwälte vertreten werden.
So viel zum chronologischen Ablauf:

1. 2016 eine Abmahnung durch die rka bekommen
2. modifizierte UE abgegeben
3. eine weitere Abmahnung erhalten
4. 3 Jahre Funkstille
5. kurz vor Ablauf der Verjährung gerichtlicher Mahnbescheid und
genau wie bei "FinrodCa" auch eine (dritte) außergerichtliche Aufforderung von rka zu zahlen.

Im Mahnbescheid steht, dass im Falle des Widerspruchs ein streitiges Verfahren beantragt wird.
Jetzt bin ich verwirrt, warum bekomme ich einen gerichtlichen Mahnbescheid und auch eine außergerichtliche Aufforderung.
Wollen sie mir doppelt Angst einjagen, dass ich endlich zahlen sollte?!
Ich werde auf jeden Fall zum Anwalt gehen.

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Steffen
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Re: Abmahnungen von Reichelt/Klute/Aßmann Rechtsanwälte

#602 Beitrag von Steffen » Mittwoch 14. Dezember 2016, 10:35

[quoteemSergo4eva]5. kurz vor Ablauf der Verjährung gerichtlicher Mahnbescheid und
genau wie bei "FinrodCa" auch eine (dritte) außergerichtliche Aufforderung von rka zu zahlen.[/quoteem]

Hallo @Sergo4eva,

kannst Du mir einmal beides einscannen der abfotografieren und per Mail zusenden? Keine Angst, wird nicht veröffentlicht. Man muss es erst einmal sehen, bevor man eine Einschätzung vornehmen kann.

Ansonsten ist der MB maßgebend.


VG Steffen

Sergo4eva
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Re: Abmahnungen von Reichelt/Klute/Aßmann Rechtsanwälte

#603 Beitrag von Sergo4eva » Mittwoch 14. Dezember 2016, 11:08

Hey Steffen, vielen Dank für deinen Einsatz.
Die außergerichtliche Forderung durch die rka enthält sonst einige Fehler:

1) statt gerichtl. Manhverfahren steht da: gerichjManhverfahren... ?!?!?!
2) es wird auf "I ZR 48/15 - Everyone we touch" verwiesen, aber dieses gibt es gar nicht, es gibt nämlich "I ZR 48/15 everytime we touch" !!!

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Steffen
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Re: Abmahnungen von Reichelt/Klute/Aßmann Rechtsanwälte

#604 Beitrag von Steffen » Mittwoch 14. Dezember 2016, 12:02

Hallo @Sergo4eva,

zu den beiden monierten Fehler

"gerichjMahnverfahrens." - statt "gerichtl. Mahnverfahrens."
(I ZR 48/15 -Everyone we touch) - statt "(I ZR 48/15 - "Everytime we touch")"

Natürlich ist mir bewusst, dass solche Fehler eines Abmahners immer höher bewertet werden und sicherlich auch bei entsprechender Prüfung/Kontrolle vermeidbar. Nur muss man auch rein rechtlich sehen, dass Schreib- bzw. Tippfehler - zwar peinlich - aber ansonsten i.S.d. § 319 Abs. 1 ZPO ("offenbare Unrichtigkeit") unbeachtlich.




zu dem MB und gleichzeitig außergerichtlichen Forderungsschreiben

Zuerst einmal danke für dein Vertrauen und den Scann. Man muss hier sehen, dass es sich einmal eine außergerichtliche Ankündigung handelt (09.12.), dass aus den thematisierten Gründen ein MB beantragt wird andermal um einen MB (beantragt 01.12.), wo ersichtlich ist, dass diese außergerichtliche Ankündigung gerichtlich umgesetzt wurde.

Ein normaler Vorgang, auch wenn die zeitliche Abfolge durcheinander kam. Zeigt es auch eindrücklich - Abmahner sind auch Menschen und machen kleine Fehler.

1ööüüää1


VG Steffen

Vestone
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Re: Abmahnungen von Reichelt/Klute/Aßmann Rechtsanwälte

#605 Beitrag von Vestone » Samstag 24. Dezember 2016, 16:16

Servus zusammen und frohe Weihnachten erst mal,

ich wünschte ich hätte heute andere Weihnachtspost im Briefkasten gehabt, aber erst mal zur Vorgeschichte:

Ich hatte im Herbst 2013 eine Abmahnung von der Koch Media GmbH erhalten, in der ich zur Zahlung von 800 Euro aufgefordert wurde. Tatbestand war das illegale Downloaden des Spiels "Hitman Absolution" über das Torrent Netzwerk. Anbei auch meine IP-Adresse und Uhrzeit. Leider habe ich wirklich genanntes Spiel über Bittorent geladen. . Damals habe ich mir einen Anwalt gesucht, welcher darauf hin eine modifizierte Unterlassungserklärung an die Koch Media Gruppe geschickt hat. Danach war auch sofort Funktstille für 3 Jahre...bis heute eben.

Heute kam ein Brief von meinem Anwalt rein, der mich darüber informierte, dass die Koch Media sich wieder gemeldet hat. Diese wollen jetzt von mir "nur" noch 500 Euro haben. Als Alternative bot mir der Anwalt einen Vergleich an, den er sich aber auch gut bezahlen lässt. Ich habe das Schreiben von heute komplett hochgeladen, wäre nett, wenn ihr euch das Mal durchlesen könntet. Die ersten beiden Seiten sind von meinem Anwalt, die anderen beiden von der Koch Media Gruppe. Meine Frage lautet jetzt: Wie soll ich vorgehen?


1.Den Vergleich des Anwalts annehmen 818 Euro
3. Das Schreiben komplett ignorieren.

Zu 1.: Wenn ich die 500 Euro zahlen sollte, bin ich dann wirklich zu 100% aus der Sache raus? In dem Schreiben der Koch Media Gruppe steht dies zwar drinne, aber ich habe gelesen, dass man sich Probleme anhängt, wenn man die ursprüngliche Unterlassungserklärung ausfüllt und bezahlt. Ist das hier nicht mehr der Fall?


Zu 3.: Von dem was ich bisher gelesen habe, soll dies die klügste Entscheidung sein, aber ich würde mir gerne nochmal von euch einen Rat hören. Ich selber gehe davon aus, dass die Koch Media Gruppe einfach nochmal versuchen will, schnell Kohle zu machen, bevor die Verjährung eintritt. Am 31.12 müsste doch die 3 Jährige Verjährung eintreten und ich habe bis 30.12 Zeit zu reagieren. Glaube weniger, dass innerhalb von 24 Stunden ein richterlicher Bescheid eintrudelt oder? Könnte ich dieses Schreiben wirklich getrost ignorieren oder muss ich noch einen Widerspruch oder sonstiges verschicken? Und wie hoch schätzt ihr die Wahrscheinlichkeit, dass so was wirklich vor Gericht geht und wenn ja, was kommt dann auf mich zu?

Danke für eure Hilfe schon mal und euch angenehme Feiertage!



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Steffen
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Re: Abmahnungen von Reichelt/Klute/Aßmann Rechtsanwälte

#606 Beitrag von Steffen » Samstag 24. Dezember 2016, 17:35

Hallo @Vestone,

man sollte, nein man muss unmissverständlich sagen: "Wer sich für das Nichtzahlen entschied, wählte für sich entweder Klage oder Verjährung". Die Chancen liegen bei 50:50.

Natürlich, dies ist verständlich, fallen die meisten 2013 Abgemahnten aus allen Wolken, wenn zum Teil nach Abgabe der mod. UE 3 Jahre Funkstille war und jetzt kurz Verjährungsbeginn ein Mahnbescheid im Briefkasten liegt oder ein Folgeschreiben (mit Vergleich oder Mahnung). Noch ärgerlicher, da man zu Weihnachten sowieso andere Sorgen hat. Aber, es war und ist kein Kinderspiel.


[quoteemVestone](...) Ich habe das Schreiben von heute komplett hochgeladen, wäre nett, wenn ihr euch das Mal durchlesen könntet. (...)[/quoteem]

Bitte die Board-Regeln beachten. Schreiben die fallbezogen sind, dürfen nur vollständig entpersonalisiert im Forum eingestellt werden. Ich werde sie deshalb herausnehmen, da auch durch Verwendung einiger Klardaten die Schreiben fallbezogen sind und eine klare Identifizierung (wie z.B Az. rka.-RAe) möglich wäre.




[quoteemVestone](...) Die ersten beiden Seiten sind von meinem Anwalt, die anderen beiden von der Koch Media Gruppe. Meine Frage lautet jetzt: Wie soll ich vorgehen? (...)[/quoteem]

Du bist anwaltlich vertreten, bezahlst diesen (schon 2013) und möchtest von einem Forum voller Nichtjuristen deine Reaktion vorgegeben erhalten. So wird es wohl nicht funktionieren, auch nicht Weihnachtsabends.



Es ist doch ganz einfach.

1. Man zahlt den geforderten Vergleich.

a) natürlich fällt eine Vergleichs- und Abschlussgebühr für den eigenen Anwalt an
b) mit Vergleich (Ratenzahlung je 50,- € möglich) sind alle Ansprüche und Forderungen des Rechteinhabers abgegolten. Wenn man keine weitere Abmahnung sein Eigen nennt, ist ein Vergleich zum status quo denkbar


2. Man lehnt den Vergleich ab (trotzdem wird eine Gebühr für den eigenen Anwalt anfallen)

a) bei Nichteingang der entweder ersten Rate oder des Vergleichsbetrages, wird man einen MB beantragen bzw. eine Leistungsklage einreichen
oder
b) hat man erst einmal trügerische Ruhe wenn bis Mitte Januar Folgejahr nichts kommt, da der geltend zu machende Schadensersatz (ca. 1.000,- €) - im Gegensatz zu den Anwaltsgebühren (ca. 500,- €) - noch weiterhin gerichtlich einklagbar wäre (siehe § 102 Satz 2 UrhG)


Klagewert: 1.500,- € (Verlierfall = Störer/Täter - ohne Zeugen , Gutachten etc.) [=> Zahlen in Klammer für nur reinen SE (Täter) = 1.000,- €]

eigener Anwalt. ca. 277,- € [ca. 200,- €]
rka.-RAe: ca. 366,- € [ca. 261,- €]
Gericht: 213,- € [ca. 159,- €] +
_____________________________________
856,- € [620,- €] +

Gericht + Klagewert = 2.356,- € [1.620,- €]
======================================




rka.-RAe klagen, genau wie andere abmahnende Kanzleien. Natürlich kann niemand eine Klagewahrscheinlichkeiten dir anbieten, da diese Zahl sowieso nur der Abmahner kennt, niemand anders.

Wo wir wieder bei der Ausgangslage eines jeden Abgemahnten wären: "Wer sich für das Nichtzahlen entschied, wählte für sich entweder Klage oder Verjährung". Die Chancen liegen bei 50:50.


VG Steffen




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Vestone
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Re: Abmahnungen von Reichelt/Klute/Aßmann Rechtsanwälte

#607 Beitrag von Vestone » Sonntag 25. Dezember 2016, 15:37

Hallo @Steffen,

ich habe die meine ausführliche Antwort als private Nachricht zukommen lassen, da ich einige Informationen gerne nicht öffentlich haben möchte.

Beste Grüße und vielen Dank,

Vestone

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Steffen
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AG Lübeck, Az. 20 C 19/16

#608 Beitrag von Steffen » Donnerstag 29. Dezember 2016, 17:58

.rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR (Hamburg): Amtsgericht Lübeck zum Filesharing - Tatverneinung der Nutzungsberechtigten führt zur Haftung des Anschlussinhabers (Lizenzschaden Computerspiel: 700,00 EUR)


17:50 Uhr


Hamburg/Lübeck, 29.12.2016 (eig). Die Tatverneinung weiterer Nutzungsberechtigte eines Internetanschlusses führt in Filesharingfällen zur Haftung des Anschlussinhabers. Dies hat das Amtsgericht Lübeck in einer jüngst ergangenen Entscheidung befunden (Urt. v. 28.11.2016, Az. 20 C 19/16).



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Bild

Rechtsanwalt Nikolai Klute
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz




.rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR

Johannes-Brahms-Platz 1 | 20355 Hamburg
Telefon +49 (040) 5 50 06 05 0 | Telefax +49 (040) 5 50 06 05 55
E-Mail kanzlei@rka-law.de | Web: www.rka-law.de




Bericht

Link:
http://rka-law.de/filesharing/ag-luebec ... sinhabers/

Urteil als PDF:
http://rka-law.de/wp-content/uploads/20 ... -15-16.pdf



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Der Beklagte wurde als Anschlussinhaber für Rechtsverletzungen in Anspruch genommen, die von seinem Internetanschluss aus begangen worden waren. Er selbst stellte die Tatbegehung in Abrede und verwies auf den Mieter in seinem Haus, auf seine beiden Kinder und die Ehegattin als weitere Nutzungsberechtigte des Internetanschlusses. In der Beweisaufnahme stellten alle weiteren Nutzungsberechtigten ihre Tatverantwortung in Abrede.

Das Gericht erachtete die Aussagen der Zeugen als glaubhaft und die Zeugen selbst als im hohen Maße glaubwürdig (der Mieter war Polizeibeamter). Somit aber war nach Auffassung des Lübecker Richters die gegen den Beklagten streitende Täterschaftsvermutung nicht ent- sondern bekräftigt. Alternative Geschehensabläufe oder die ernsthafte Möglichkeit der Täterschaft eines anderen lägen nicht vor, und da damit feststand, "dass kein Dritter den Internetanschluss des Beklagten zur Tatzeit genutzt hat, lebt die tatsächliche Vermutung der Täterschaft des Beklagten wieder auf, die weder durch die Erklärung des Beklagten, nicht der Täter zu sein noch durch die Bekundung der Zeugin ..., dass ihr Mann Computerspiele nicht leiden könne, beseitigt wird", so das Amtsgericht in seinem Urteil.

Dabei unterstrich das Gericht die besondere Glaubwürdigkeit der tatverneinenden Familienangehörigen als Zeugen, deren Aussagen zusätzliche Beweiskraft aufgrund des Umstandes erlangt hätten, dass sie von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht keinen Gebrauch gemacht haben. "Für Anschlussinhaber ergibt sich aus diesem Urteil eine prekäre Situation", erläutert Rechtsanwalt Nikolai Klute aus der Kanzlei .rka Rechtsanwälte, "denn sagen Familienangehörige aus und verneinen die eigene Täterschaft folgt daraus die Haftung des Beklagten. Machen sie von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch, haftet der Anschlussinhaber, weil die ernsthafte Möglichkeit eines alternativen Geschehensablaufs nicht bewiesen ist."

Entsprechendes jedenfalls hat der Bundesgerichtshof in einem Urteil vom 12.05.2016, I ZR 48/15 - "Everytime we touch", in diesem Jahr geurteilt und damit den Versuchen der Anschlussinhaber, sich selbst aus der Haftung zu begeben ohne zu viel von Dritten als möglichen Tätern preis geben zu müssen und diese zu schützen, einen Riegel vorgeschoben.





AG Lübeck, Urteil vom 28.11.2016, Az. 20 C 19/16

  • (...) 20 C 15/16


    Verkündet am 28.11.2016

    gez.
    [Name], JFAnge
    als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle




    Amtsgericht Lübeck

    Urteil

    Im Namen des Volkes




    In dem Rechtsstreit


    [Name],
    - Klägerin -

    Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte .rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR, Johannes-Brahms-Platz 1, 20355 Hamburg,



    gegen


    [Name],
    - Beklagter -

    Prozessbevollmächtigte:
    [Name],


    wegen Urheberrecht


    hat das Amtsgericht Lübeck durch den Richter am Amtsgericht Dr. [Name] auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 31.10.2016

    für Recht erkannt:

    Das Versäumnisurteil vom 11.07.2016 wird aufgehoben.

    Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.351,80 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 06.09.2016 zu zahlen.

    Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Hiervon ausgenommen sind die durch den Erlass des Versäumnisurteils entstandenen Kosten, die die Klägerin zu tragen hat.

    Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.



    Beschluss
    Der Streitwert wird auf 1.351,80 EUR festgesetzt.



    Tatbestand

    Die Klägerin verlangt vom Beklagten wegen öffentlicher Zugänglichmachung eines Computerspiels in einem Filesharing-Netzwerk Schadensersatz und Ersatz vorprozessualer Rechtsverfolgungskosten.

    Vom Internetanschluss des Beklagten wurde am 06.04.2013 gegen 04:34 Uhr (also in der Nacht von Freitag auf Samstag) eine Datei mit dem Computerspiel "[Name]" über ein Filesharing-Netzwerk Dritten zum Download bereitgehalten. Die Erstveröffentlichung dieses Computerspiels war am 27.04.2012 erfolgt.

    Mit Anwaltsschreiben vom 27.06.2013 mahnte die Klägerin den Beklagten ab und forderte ihn unter Fristsetzung zum 08.07.2013 zur Abgabe einer Unterlassungserklärung wegen der streitgegenständlichen Urheberrechtsverletzung und zur Zahlung von Schadensersatz und Abmahnkosten - zugleich unter Abgabe eines Vergleichsangebots in Höhe von 900,00 EUR - auf. Der Beklagte gab daraufhin lediglich eine Unterlassungserklärung ab.

    Die Klägerin begehrt Anwaltskosten für die Abmahnung in Höhe von 651,80 EUR (Gegenstandswert 10.000,00 EUR) und Schadensersatz in Höhe von 700,00 EUR.

    Die Klägerin behauptet, aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung mit der Entwicklerin des Computerspiels, der Firma [Name] ausschließliche Inhaberin der Nutzungsrechte an dem Spiel zu sein. Sie behauptet ferner, die Rechtsverletzung sei durch den Beklagten und nicht durch die Familienangehörigen des Beklagten oder durch den Mieter des Beklagten begangen worden.

    Mit Versäumnisurteil vom 11.07.2016, zugestellt am 19.07.2016, hat das Gericht die Klage abgewiesen. Die Klägerin hat hiergegen mit am 01.08.2016 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz Einspruch eingelegt.



    Die Klägerin beantragt,
    das Versäumnisurteil vom 11.07.2016 aufzuheben und den Beklagten zur Zahlung von 651,80 EUR sowie weiterer 700,00 EUR, jeweils nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.09.2013, an die Klägerin zu verurteilen.



    Der Beklagte beantragt,
    das Versäumnisurteil vom 11.07.2016 aufrecht zu erhalten.

    Der Beklagte trägt vor, er habe die Rechtsverletzung nicht begangen; auf seinem Computer habe sich weder die Spieldatei - ganz oder teilweise - noch ein Filesharing-Progamm befunden. Zur Tatzeit hätten mehrere Personen Zugriff auf den Internetanschluss gehabt. Zum einen sein im Dachgeschoss lebender Mieter, zum anderen seine Familienmitglieder, namentlich seine Ehefrau, seine damals volljährige Tochter und sein damals kurz vor dem 18. Geburtstag stehender Sohn. Alle hätten zur Tatzeit über eigene Computer und dadurch über Zugang zum Internetanschluss des Hauses verfügt. Befragt nach der streitgegenständlichen Rechtsverletzung hätten alle Personen bekundet, das Spiel nicht zu kennen und es auch nicht heruntergeladen zu haben. Ihm sei zuvor niemals eine Abmahnung ins Haus gekommen. Er habe auch keinen Anlass gehabt, die Internetnutzung der anderen Bewohner zu überwachen. Der WLAN-Anschluss des Hauses sei hierneben per WPA-PSK verschlüsselt und mit individuell gewähltem, aus Groß- und Kleinbuchstaben, Zahlen und Sonderzeichen bestehendem Passwort gesichert.

    Der Beklagte ist der Ansicht, der der Abmahnung zugrunde liegende Gegenstandswert von 10.000,00 EUR sei ebenso übersetzt wie der begehrte Lizenzschaden in Höhe von 700,00 EUR. Er bestreitet ferner mit Nichtwissen, dass die Klägerin die Anwaltskosten bereits bezahlt hat.

    Das Gericht hat den Beklagten angehört und Beweis erhoben durch Vernehmung des Mieters sowie der Familienangehörigen des Beklagten. Wegen des Ergebnisses wird auf das Protokoll der Sitzung vom 31.10.2016 (Bl. 104 ff. d. A.) verwiesen. Ergänzend wird auf alle zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.



    Entscheidungsgründe

    Durch den zulässigen, insbesondere fristgerechten Einspruch der Klägerin wurde der Prozess in die Lage zurückversetzt, in der er sich vor Eintritt der Versäumnis befand, § 342 ZPO.

    Die zulässige Klage ist vollumfänglich begründet.



    I.

    Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Erstattung des Lizenzschadens in Höhe von 700,00 EUR aus § 97 Abs. 2 UrhG zu. Nach dieser Vorschrift ist derjenige, der das Urheberrecht oder ein anderes nach dem Urhebergesetz geschütztes Recht widerrechtlich und schuldhaft verletzt, zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

    Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

    Zur Überzeugung des Gerichts steht fest, dass der Klägerin die ausschließlichen Nutzungsrechte an dem Computerspiel "[Name]" zustehen. Diese Überzeugung stützt sich zum einen auf den unstreitigen Umstand, dass auf dem Datenträger des Spiels und seiner Verpackung die Klägerin als Inhaberin des Copyrights ausgewiesen ist, zum anderen auf den unstreitigen Umstand, dass in allen öffentlich zugänglichen Handelsquellen - etwa bei "Amazon.de" - die Klägerin als Rechteinhaberin des Spiels bezeichnet wird, und schließlich auf den unstreitigen Umstand, dass in der vorgelegten Vertragskopie zwischen der Klägerin und der Entwickler-Firma der Klägerin die ausschließlichen, weltweiten und zeitlich unbeschränkten Verwertungsrechte an dem Spiel eingeräumt werden. Angesichts dessen bestehen - auch mit Blick auf den Umstand, dass der Beklagte die Aktivlegitimation lediglich vorsorglich mit Nichtwissen bestreitet - keine vernünftigen Zweifel daran, dass die Klägerin aktivlegitimiert ist.

    Der Beklagte ist passivlegitimiert.

    Nach den allgemeinen Grundsätzen trägt die Klägerin als Anspruchstellerin die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs erfüllt sind. Sie hat demgemäß darzulegen und im Bestreitensfall nachzuweisen, dass der Beklagte für die behauptete Urheberrechtsverletzung als Täter verantwortlich ist. Allerdings spricht eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen diesen Internetanschluss benutzen konnten oder benutzt haben (ständige Rechtsprechung, zuletzt BGH v. 12.05.2016, 1 ZR 48/15 - "Everytime we touch").

    Dass zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung kein Dritter - namentlich keines der Familienmitglieder und auch nicht der Mieter des Beklagten - den Internetanschluss des Beklagten benutzt hat, steht zur Überzeugung des Gerichts mit der für das Beweismaß des § 286 ZPO erforderlichen Sicherheit fest.

    Nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. Dabei setzt die Überzeugung von der Wahrheit einer beweisbedürftigen Tatsache keine absolute oder unumstößliche Gewissheit voraus, da eine solche nicht zu erreichen ist. Es genügt ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit, der den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (BGH, Urteil vom 14.12.1993 - VI ZR 221/92, NJW-RR 1994, 567, 568 m.w.N.).

    Danach ist vorliegend aufgrund der Beweisaufnahme davon auszugehen, dass kein Dritter den Internetanschluss des Beklagten zur Tatzeit genutzt hat - mit der Folge, dass damit wieder die tatsächliche Vermutung der Täterschaft des Beklagten auflebt.

    Der Zeuge [Name], der Mieter des Beklagten, hat bekundet, er habe das Computerspiel nicht heruntergeladen. Beruflich - als Hauptkommissar bei der Bundespolizei und Fachlehrer an der Bundespolizeiakademie - stehe er bereits den halben Tag auf dem Schießstand und habe daher abends kein Bedürfnis, Schießspiele zu spielen, zumal er privat Pazifist sei und nur gelegentlich ins Internet gehe. An dem Wochenende habe er sich zudem um seine Tochter gekümmert, die sich bei ihm zu Hause von einer Mandel-OP erholt habe. Von daher könne er sich sogar noch daran erinnern, dass es sich bei der betreffenden Nacht um eine ruhige Nacht gehandelt habe.

    Die Zeugin [Name], die Ehefrau des Beklagten, hat bekundet, das Computerspiel nicht heruntergeladen zu haben. Sie kenne das Spiel nicht. Mit der Möglichkeit, so etwas runterzuladen, kenne sie sich zudem nicht aus.

    Die Zeugin [Name], die Tochter des Beklagten, hat bekundet, keine Angabe dazu machen zu können, wer das Spiel heruntergeladen habe. Sie selber sei es jedenfalls nicht gewesen. Sie habe damals zwar einen internetfähigen Laptop besessen, könne heute aber schon nicht mehr mit Sicherheit sagen, ob sie den überhaupt dabei gehabt habe.

    Der Zeuge [Name], der Sohn des Beklagten, hat bekundet, nach so langer Zeit zwar nicht mehr mit Sicherheit sagen zu können, was er zu der Tatzeit gemacht habe, aber davon ausgehe, dass er morgens um 04:00 Uhr geschlafen habe. Das Computerspiel sei ihm jedenfalls erst durch das Verfahren bekannt geworden. Er habe das Spiel nicht heruntergeladen. Er habe, nachdem er in 2013 von seinem Vater wegen der Abmahnung angesprochen worden sei, seinen Computer sogar nochmals genau untersucht und nichts gefunden.

    Aufgrund der Aussagen der Zeugen ist das Gericht mit der für das Beweismaß des § 286 ZPO erforderlichen Sicherheit davon überzeugt, dass keiner der Zeugen das Computerspiel heruntergeladen hat. Dass einer der Zeugen das Spiel heruntergeladen hat und sich heute nicht mehr daran erinnert - mithin irrtümlich/fahrlässig die Unwahrheit bekundet hat -, kann ausgeschlossen werden, ohne dass dies der näheren Erörterung bedarf, zumal der Beklagte alle Zeugen bereits im Zusammenhang mit der Abmahnung, also nur wenige Wochen nach der Rechtsverletzung, auf diese angesprochen hat. Das Gericht schließt aber auch aus, dass einer der Zeugen vorsätzlich die Unwahrheit gesagt hat. Alle Zeugen haben dem Gericht sehr glaubhaft den Eindruck vermittelt, nach bestem Wissen und Gewissen ihre Erinnerung an die Tatnacht wiederzugeben. Die Aussagen der Zeugen waren allesamt schlüssig und widerspruchsfrei. Da die Zeugen im Wesentlichen eine Negativtatsache bekundet haben (nämlich, dass sie den Rechtsverstoß nicht begangen haben), war eine besonders ausführliche und detailhafte Aussage auch nicht zu erwarten. Soweit es die Aussage der Familienangehörigen des Beklagten betrifft, verleiht deren Aussage zusätzliche Beweiskraft der Umstand, dass sie (überhaupt) ausgesagt haben, obwohl sie von der primär beweisbelasteten Klägerseite als Zeugen benannt wurden und damit im Ergebnis gegen ihren Ehemann und Vater ausgesagt haben, anstatt sich auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht (über das sie belehrt wurden) zu berufen und die Klägerseite damit in unüberbrückbare Beweisnot zu bringen. Schließlich vermittelte auch das Auftreten der Zeugen vor Gericht und ihr Aussageverhalten dem Gericht den belastbaren Eindruck, dass die Zeugen subjektiv die Wahrheit bekunden. Alle Zeugen haben ihre Aussagen in ruhiger, entspannter Weise und ohne auffällige Emotionalität oder Nervosität getätigt.

    Da damit feststeht, dass kein Dritter den Internetanschluss des Beklagten zur Tatzeit genutzt hat lebt die tatsächliche Vermutung der Täterschaft des Beklagten wieder auf, die weder durch die Erklärung des Beklagten, nicht der Täter zu sein, noch durch die Bekundung der Zeugin [Name], dass ihr Mann Computerspiele nicht leiden könne, beseitigt wird.

    Das für einen Schadensersatzanspruch erforderliche Verschulden liegt beim Einsatz einer Tauschbörse jedenfalls in Form einfacher Fahrlässigkeit vor, ohne dass dies näherer Erläuterung bedarf.

    Der danach der Klägerseite dem Grunde nach zustehende Schadensersatzanspruch besteht jedenfalls in Höhe der geltend gemachten 700,00 EUR. Die Schadensschätzung des Gerichts erfolgt da auf bestehende Tarifwerke nicht zurückgegriffen werden kann - nach freiem Ermessen des Gerichts unter Berücksichtigung aller Umstände (§ 287 ZPO). Dabei ist u.a. zu berücksichtigen der Umstand, dass die Rechtsverletzung noch innerhalb eines Jahres nach der Erstveröffentlichung des - damit mithin noch aktuellen - Spiels erfolgt ist. Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 11.06.2015 (BGH I ZR 19/14 - "Tauschbörse I") die Annahme unbeanstandet gelassen, dass ein Musiktitel rund 400 mal von der Filesharingquelle herunter geladen wurde. Der BGH ist so bei einem Downloadwert von 50 ct / Titel auf einen Betrag von 200,00 EUR / Titel gekommen. Bei einem hier nicht fernliegenden Downloadpreis für das vorliegende Computerspiel von 10,00 EUR ergäbe sich der geltend gemachte Schadensersatz schon bei 70 Downloads. Hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte, die im Streitfall zu einem niedrigeren Ansatz führen müssten, sind jedenfalls weder dargetan noch ersichtlich.



    II.

    Der Klägerin steht ferner ein Anspruch gegen den Beklagten aus § 97 Abs. 2 UrhG in Höhe von 651,80 EUR, berechnet nach einer 1,3 Geschäftsgebühr zzgl. Post- und Telekommunikationspauschale und auf Grundlage eines Streitwerts von 10.000,00 EUR zu, und zwar unabhängig davon, ob die Klägerin die entstandenen Anwaltskosten bereits bezahlt hat. Denn die Abmahnung war - wie oben ausgeführt - in vollem Umfang gerechtfertigt. Der in diesem Fall bestehende Befreiungsanspruch gegenüber dem Verletzer nach § 249 BGB verwandelt sich in einen Zahlungsanspruch, wenn dieser eindeutig zu erkennen gibt, dass er die Erfüllung ablehnt. Ein solches Verweigern stellt jedenfalls der mit einer Begründung versehene Klageabweisungsantrag dar (LG Hamburg v. 12.02.2014, Az. 308 0 227/13 RN 38 ff. m.w.N.- juris).

    Der von der Klägerin in Ansatz gebrachte Gegenstandswert in Höhe von 10.000,00 EUR ist für das öffentliche Zugänglichmachen eines unter einem Jahr auf dem Markt befindlichen Computerspiels nicht zu beanstanden. Bei der Bemessung des maßgeblichen Gegenstandswerts ist nicht nur auf das Wertinteresse des Gläubigers, sondern auch auf die Angriffsintensität abzustellen. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass hier nicht lediglich eine Störerhaftung, sondern eine täterschaftliche Begehung des Beklagten gegeben ist, so dass ein Gegenstandswert von 10.000,00 EUR angemessen erscheint (vgl. LG Berlin v. 24.01.2014, Az. 15 S 16/12, ZUM 2014, 821 ff.; OLG Köln v. 03.04.2009, Az. 6 W 20/09 - juris).



    III.

    Die zugesprochenen Zinsen hinsichtlich Schadensersatzanspruch und Anwaltskosten ergeben sich aufgrund der Zahlungsaufforderung in der Abmahnung mit Fristsetzung zum 08.07.2013 aus §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 1, 288 BGB.

    Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 709, 91, 344 ZPO.



    Rechtsbehelfsbelehrung:

    Gegen die Entscheidung kann das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600,00 EUR übersteigt oder das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

    Die Berufung ist binnen einer Notfrist von einem Monat bei dem

    Landgericht Flensburg
    Südergraben 22
    24937 Flensburg


    einzulegen.

    Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung der Entscheidung.

    Die Berufung muss mit Schriftsatz durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt eingelegt werden. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt werde.

    Die Berufung muss binnen zwei Monaten mit Anwaltsschriftsatz begründet werden. Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.

    Gegen die Entscheidung, mit der der Streitwert festgesetzt worden ist, kann Beschwerde eingelegt werden, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,00 EUR übersteigt oder das Gericht die Beschwerde zugelassen hat.

    Die Beschwerde ist binnen sechs Monaten bei dem

    Amtsgericht Lübeck
    Am Burgfeld 7
    23568 Lübeck


    einzulegen.

    Die Frist beginnt mit Eintreten der Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache oder der anderweitigen Erledigung des Verfahrens. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf der sechsmonatigen Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.

    Die Beschwerde ist schriftlich einzulegen oder durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle des genannten Gerichts. Sie kann auch vor der Geschäftsstelle jedes Amtsgerichts zu Protokoll erklärt werden; die Frist ist jedoch nur gewahrt, wenn das Protokoll rechtzeitig bei dem oben genannten Gericht eingeht. Eine anwaltliche Mitwirkung ist nicht vorgeschrieben.



    Dr. [Name]
    Richter am Amtsgericht (...)




~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


AG Lübeck, Urteil vom 28.11.2016, Az. 20 C 19/16,
alternativer Geschehensablauf,
Bestreiten der Täterschaft,
sekundäre Darlegungslast,
Mitnutzer,
Mieter,
.rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR,
Rechtsanwalt Nikolai Klute,
Klage .rka Rechtsanwälte,
Zeugnisverweigerungsrecht

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LG Leipzig, Az. 05 S 332/16

#609 Beitrag von Steffen » Donnerstag 29. Dezember 2016, 20:49

.rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR (Hamburg): Landgericht Leipzig weist Amtsgericht zurecht - Verkennen der Beweislast begründet einen erheblichen Verfahrensmangel - Kein technisches Gutachten im Filesharingfall


20:45 Uhr


Hamburg / Leipzig (eig). Das Landgericht Leipzig hat auf die Berufung der Klägerin des dortigen Verfahrens eine Entscheidung des Amtsgerichts Leipzig aufgehoben, dass die Klage in einem Filesharingfall abgewiesen hatte. Die Klägerin hatte sich geweigert, einen Vorschuss von einigen tausend Euro für den technischen Sachverständigen einzuzahlen, der auf Grund eines Beweisbeschlusses des Amtsgerichts die Richtigkeit der Datenermittlung prüfen sollte.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Bild

Rechtsanwalt Nikolai Klute
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz




.rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR

Johannes-Brahms-Platz 1 | 20355 Hamburg
Telefon +49 (040) 5 50 06 05 0 | Telefax +49 (040) 5 50 06 05 55
E-Mail kanzlei@rka-law.de | Web: http://www.rka-law.de




Bericht

Link:
http://rka-law.de/filesharing/landgeric ... aringfall/



LG Leipzig, Urteil vom 16.12.2016, Az. 05 S 332/16

Link:
http://rka-law.de/wp-content/uploads/20 ... 332-16.pdf



AG Leipzig, Urteil vom 11.05.2016, Az. 113 C 6992/14

Link:
http://rka-law.de/wp-content/uploads/20 ... 992-14.pdf




~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Im in Streit stehenden Fall gab es insgesamt acht Erfassungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten und mit unterschiedlichen IP-Adressen, teilweise aber an identischen Tagen. Das Amtsgericht sah die Klägerin als beweisfällig geblieben an und wies die Klage ab (AG Leipzig, Urt. v. 11.05.2016, Az. 113 C 6992/14). Auf die Berufung der Klägerin hat das Landgericht das Urteil des Amtsgerichts aufgehoben und den Rechtsstreit zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht Leipzig zurück verwiesen (LG Leipzig, Urt. v. 16.12.2016, Az. 05 S 332/16):
  • "Bereits in seinem Schriftsatz vom 19.11.2015 hatte der Klägervertreter auf die vorliegend streitgegenständliche Mehrfachermittlung des Internetanschlusses des Beklagten und die Rechtsprechung unter anderem des OLG Köln ... hingewiesen. In diesen Fällen spricht nach der Lebenswahrscheinlichkeit eine tatsächliche Vermutung der Richtigkeit der Ermittlung. Gegenteiliges hat dieser (sic: der Beklagte) zu beweisen. Dieses Verkennen der Beweislast begründet einen erheblichen Verfahrensmangel."
In der Folge war das Urteil des Amtsgerichts aufzuheben und der Rechtsstreit zur weiteren Entscheidung zurück zu verweisen. Für den Beklagten führt dies nun dazu, dass er seine sekundären Darlegungslasten im Sinne der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu erfüllen haben wird, auf die das Landgericht in seinem Urteil noch einmal ausdrücklich hingewiesen hat.
  • "Die Entscheidung macht deutlich, dass die Linie, die der Bundesgerichtshof in die Filesharingfällen fährt, über die Berufungsgerichte irgendwann auch bei den Amtsgerichten ankommt, die allein hohe Anforderungen an Vortrag und Beweislast der jeweiligen Kläger stellen. Dem ist bei weitem nicht so", erläutert Rechtsanwalt Nikolai Klute von .rka Rechtsanwälte die Entscheidung, "denn tatsächlich hängen die Hürden nach den neuerlichen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs für die Beklagten deutlich höher, die sich entscheiden müssen, entweder die eigene Haftung hinzunehmen oder aber ihre Darlegungsverpflichtungen so zu erfüllen, dass damit - naturgemäß - das Risiko der Inanspruchnahme Dritter erheblich steigt."




LG Leipzig, Urteil vom 16.12.2016, Az. 05 S 332/16


  • (...) Ausfertigung

    Landgericht Leipzig

    Zivilkammer

    Aktenzeichen: 05 S 332116
    Amtsgericht Leipzig, 113 C 6992/14

    Verkündet am: 16.12.2016
    [Name], Urkundsbeamter/in der Geschäftsstelle



    IM NAMEN DES VOLKES

    ENDURTEIL




    In dem Rechtsstreit


    [Name],
    - Kläger und Berufungskläger -

    Prozessbevollmächtigte: .rka Rechtsanwälte Reichen Klute, Johannes-Brahms-Platz 1, 20355 Hamburg,



    gegen


    [Name],
    - Beklagter und Berufungsbeklagter -

    Prozessbevollmächtigte:
    [Name],


    wegen Urheberrecht


    hat die 5. Zivilkammer des Landgerichts Leipzig durch Richterin am Landgericht Dr. [Name] als Einzelrichterin am 16.12.2016

    für Recht erkannt:

    1. Das Urteil des Amtsgerichts Leipzig vom 11.05.2016 - Az. 113 C 6992/14 - wird aufgehoben.
    2. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Leipzig zurückgewiesen, dem auch die Entscheidung über die Kosten der Berufung vorbehalten bleibt.
    3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.



    Gründe:



    I.

    Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird zunächst Bezug genommen auf das angefochtene Urteil des Amtsgerichts Leipzig vom 11.05.2016, BI. 167 ff. d. A..

    Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger die erstinstanzlich geltend gemachten Ansprüche weiter und begründet diese mit einer unrichtigen Rechtsanwendung und Mängeln der Tatsachenfeststellung durch das Amtsgericht, insbesondere dem Nichtbeachten der in der BGH-Rechtsprechung zu Tauschbörsen mitgeteilten Anforderungen an die Darlegung und den Beweis von Rechtsverletzungen der streitgegenständlichen Art. Insbesondere habe das Amtsgericht verkannt, dass sich aus der Vielzahl der ermittelten und dem Anschluss des Beklagten zugeordneten IP-Adressen nach der Lebenswahrscheinlichkeit keine Zweifel an der Richtigkeit der Zuordnung ergäben; der Beklagtenseite obliege in einem solchen Fall der Gegenbeweis. Die Beweislast sei verkannt geworden, der Beklagte für seine Behauptung, seine IP-Adresse würde sich nur einmal täglich ändern, beweisbelastet. Im Einzelnen wird auf den Schriftsatz vom 17.08.2016 Bezug genommen.



    Der Berufungskläger hat beantragt,

    1. unter Abänderung des am 11.05.2016 verkündeten Urteils des Amtsgerichts Leipzig (Az. 113 C 6692/14) wird der Beklagte verurteilt,

    a) an den Kläger 350,00 Euro nebst jährlicher Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.03.2011 zu zahlen,

    b) an den Kläger einen weiteren Betrag über 58,65 Euro nebst jährlicher Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

    c) an den Kläger 500,00 EUR nebst jährlicher Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.03.2011 zu zahlen.

    2. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.



    Der Berufungsbeklagte beantragt,
    die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise das Verfahren an das Amtsgericht Leipzig zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

    Er hält unter Beweisantrag an der Behauptung, die Anschlussermittlung sei fehlerhaft erfolgt, fest und trägt ergänzend zur Nutzung des Internetanschlusses durch Dritte vor (Schriftsatz vom 29.09.2016).


    Auf die Erörterung im Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 03.11.2016 wird Bezug genommen.



    II.

    Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden. Nach § 538 Abs. 2 S. 1 ZPO war das angegriffene Urteil des Amtsgerichts Leipzig aufzuheben und das Verfahren auf Hilfsantrag des Beklagten an das Amtsgericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.


    1.

    Das Amtsgericht ist rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dem Kläger obliege eine über die erfolgten, im Einzelnen bereits in der Anspruchsbegründung vom 25.07.2014 dargelegten Ermittlungen der IP-Adressen, über die das Computerspiel der Insolvenzschuldnerin zum Download angeboten wurde (Bl. 11 ff.), hinausgehende Beweislast. Darauf beruht der Beweisbeschluss vom 21.10.2015, in dem der Kläger als beweisbelastete Partei die Kosten für ein Sachverständigengutachten zur Zuordnung der festgestellten IP-Adressen zum Anschluss des Beklagten tragen sollte.

    Bereits in seinem Schriftsatz vom 19.11.2015 hatte der Klägervertreter auf die vorliegend streitgegenständliche Mehrfachermittlung des Internetanschlusses des Beklagten und die Rechtsprechung unter anderem des OLG Köln (Beschluss vom 21.04.2011, Az. 6 W 58/11; Urteil vom 16.05.2012, NJW-RR 2012, 1327; BGH, IZR 19/14, Urteil vom 11.06.2015) hingewiesen. In diesen Fällen spricht nach der Lebenswahrscheinlichkeit eine tatsächliche Vermutung für die Richtigkeit der Ermittlung. Der Kläger hat eine Kette aus eidesstattlicher Versicherungen eines Mitarbeiters des Ermittlungsunternehmens [Name] der Angabe der Verletzungshandlung in Bezug auf eine mit einem bestimmten Hashwert benannte Datei ([Name]) mit dem Werk "[Name]" über den bestimmten P2P-Client und die Zuordnung zu der jeweiligen IP-Adresse nebst Tatzeitpunkt nachgewiesen, ferner deren Zuordnung zum Internetanschluss des Beklagten im Verfahren nach § 101 Abs. 9 UrhG. In der Gesamtbetrachtung dieser Indizien bestehen keine Zweifel für das Begehen der streitgegenständlichen Verletzungshandlung über den Internetanschluss des Beklagten. Gegenteiliges hat dieser zu beweisen.

    Dieses Verkennen der Beweislast begründet einen erheblichen Verfahrensmangel, da das erstinstanzliche Gericht auf Grund dieses Fehlers keine Grundlage für eine Entscheidung des Berufungsgerichts sein kann. Er ist auch ursächlich dafür, dass sich das Erstgericht mit der Frage, wer Täter der streitgegenständlichen Rechtsverletzung ist, gar nicht mehr befasst hat.


    2.

    Der Kläger nimmt den Beklagten als Täter, nicht als Störer in Anspruch. Der Beklagte hat bereits erstinstanzlich zu Dritten (Familienmitgliedern), die am 28.12.2010 Zugang zu seinem Internetanschluss hatten, vorgetragen (Schriftsatz vom 17.10.2014, S. 3). Der BGH hat in seiner neuesten Entscheidung vom 12.05.2016 (I ZR 48/15, bei Juris Rn. 32 ff.) zu den Anforderungen an die Annahme einer tatsächlichen Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers (auch bei Nutzung des Anschlusses durch mehrere Familienangehörige) und zum Umfang der sekundären Darlegungslast in Bezug darauf, ob andere Personen als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen (a.a.O., Rn. 34, Rn. 50) umfassend ausgeführt. Das Amtsgericht wird, gegebenenfalls nach Beweiserhebung auf Antrag des Beklagten, zur Fehlerhaftigkeit der Ermittlung seines Internetanschlusses, zu prüfen haben, ob der Beklagte in diesem Sinne nachvollziehbar vorträgt, welcher der genannten Personen "mit Rücksicht auf Nutzerverhalten, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht Gelegenheit hatten, die fraglichen Rechtsverletzungen ... zu begehen". Nach dem schriftsätzlichen Vorbringen (zuletzt im Schriftsatz vom 29.08.2016) kommen verschiedene Dritte für eine Nutzung des Anschlusses im streitgegenständlichen Zeitraum ohne Wissen des Beklagten in Betracht. Damit könnte er seiner Nachforschungspflicht genügt haben; einen Täter muss er nicht präsentieren. Gegebenenfalls hat der Beklagte die zugrundeliegenden Tatsachen zu beweisen (Zeugenbeweis wurde angeboten). Es wäre dann Sache des Klägers, den Beweis zu führen, dass keiner der genannten Dritten die Rechtsverletzung begangen hat und die Vermutungswirkung wieder auflebt (Geständnisfixion). Verspätet ist der Vortrag des Beklagten nicht, da auf Grund der Sachbehandlung in der ersten Instanz der Prozessstoff nicht vollumfänglich erörtert worden ist (§ 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO).



    Dr. [Name]
    Richterin am Landgericht (...)




~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


LG Leipzig, Urteil vom 16.12.2016, Az. 05 S 332/16,
Vorinstanz: AG Leipzig, Urteil vom 11.05.2016, Az. 113 C 6992/14,
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#610 Beitrag von Steffen » Freitag 30. Dezember 2016, 14:24

.rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR (Hamburg): Amtsgericht Bielefeld - Reine Benennung Dritter in Filesharingfällen langt zur Entlastung des Anschlussinhabers nicht aus


14:20 Uhr


Hamburg / Bielefeld, 30.12.2016 (eig.). Die Benennung Dritter als weitere Nutzungsberechtigte eines Internetanschlusses reicht nicht aus, um die sekundäre Darlegungslast zu erfüllen und die ernsthafte Möglichkeit eines alternativen Geschehensablaufs aufzuzeigen.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


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Bericht

Link:
http://rka-law.de/filesharing/ag-bielef ... nicht-aus/

Urteil als PDF:
http://rka-law.de/wp-content/uploads/20 ... 240-16.pdf



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Dies hat das Amtsgericht Bielefeld in einem jüngst ergangenen Urteil noch einmal betont. Mit Hinweis auf den BGH-Entscheid:"Everytime we touch" (Urteil vom 12.05.2016, I ZR 48/15) führt das Amtsgericht aus, dass es im Rahmen der sekundären Darlegungslast erforderlich ist, "dass der Anschlussinhaber nachvollziehbar vorträgt, welche Personen mit Rücksicht auf Nutzerverhalten, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht Gelegenheit hatte, die fragliche Verletzungshandlung ohne Wissen und Zutun des Anschlussinhabers zu begehen" (AG Bielefeld, Urteil vom 15.12.2016, Az. 42 C 240/16).

"Pauschale Hinweise auf abstrakte Nutzungsmöglichkeiten reichen für eine solche Entlastung nicht aus", so Rechtsanwalt Nikolai Klute aus der Kanzlei .rka Rechtsanwälte, "und in der Folge steht der Anschlussinhaber auch vor dem Amtsgericht Bielefeld vor der Wahl, entweder die eigene Haftung in Kauf zu nehmen oder aber konkrete Anhaltspunkte für die Täterschaft eines Dritten zu nennen, was zu seiner Entlastung führen kann, die Risiken der Inanspruchnahme dieses Dritten aber evident erhöht."

Vor dem Amtsgericht Bielefeld ist die dortige Beklagte zur Zahlung von Anwaltskosten und Schadensersatz verurteilt worden, nachdem auch Zweifel an der Richtigkeit der Datenermittlung aufgrund dokumentierter Mehrfacherfassungen nicht aufkamen.





AG Bielefeld, Urteil vom 15.12.2016, Az. 42 C 240/16



(...) Abschrift

42 C 240/16

Verkündet am 15.12.2016

[Name], als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle



Amtsgericht Bielefeld

IM NAMEN DES VOLLES

Urteil




In dem Rechtsstreit


[Name],
Klägerin,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte .rka Rechtsanwälte, Johannes-Brahms-Platz 1, 20355 Hamburg,



gegen


[Name],
Beklagte,

Prozessbevollmächtigte:
[Name],


hat das Amtsgericht Bielefeld durch den Richter am Amtsgericht [Name] auf die mündliche Verhandlung vorn 15.12.2016

für Recht erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1,500,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.4.2013 zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar



Tatbestand:

Die Klägerin macht gegenüber der Beklagten Schadensersatzansprüche wegen des Zurverfügungstellens des Computerspiels "[Name]" im Rahmen einer P2P-Tauschbörse geltend.

Die Beklagte wurde von der Klägerin mit anwaltlichem Schreiben vom 11.04.2013 wegen des behaupteten Anbietens des Computerspiels "[Name]" im Rahmen einer Internet-Tauschbörse abgemahnt. Die Beklagte gab eine strafbewährte Unterlassungserklärung ab.



Die Klägerin behauptet,
ihr stünden an dem Computerspiel "[Name]" sämtliche Vertriebs- und Nutzungsrechte zu. Das Computerspiel "[Name]" sei am 22.01.2013 um 19:57 Uhr und 20:10:08 Uhr von der IP-Adresse [IP] im Rahmen einer Internet-Tauschbörse zum Download angeboten worden. Der Internet-Anschluss sei zu den fraglichen Zeitpunkten der Beklagten zugewiesen. Die Beklagte hafte auf Grund der begangenen Urheberrechtsverletzung auf Erstattung der rechtsanwaltlichen Abmahnkosten nach einem Gegenstandswert von 20.000,00 EUR in Höhe von 859,80 EUR und auf Zahlung einer Lizenzgebühr in Höhe von 640,20 EUR. Die von der Beklagten benannten Personen [Name] und [Name] hätten keinen Zugriff auf den Internet-Anschluss gehabt. Zudem sei [Name] nicht ausreichend belehrt worden. Die Beklagte habe die ihr obliegende sekundäre Darlegungslast nicht erfüllt.



Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.500,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.04.2013 zu zahlen.



Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, sie habe die Rechtsverletzung nicht begangen. Die Klägerin sei nicht aktivlegitimiert. Auch seien die Ermittlungen fehlerhaft. Es sei kein Schaden entstanden. Zudem bestehe eine abweichende interne Vereinbarung bzgl. der Verteilung des Erlöses. Die Beklagte habe zum fraglichen Zeitpunkt mit ihrem Lebensgefährten [Name] und dem gemeinsamen am xx.xx.2009 geborenen Sohn seines Bruders zusammengelebt. Ihr Lebensgefährte und ihr Sohn hätten den Internetanschluss nutzen können. Sie - die Beklagte - sei am 22.01.2013 nicht zuhause gewesen. Zudem weise der Router eine Sicherheitslücke auf.



Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren für die Abmahnung vom 11.04.2013 in Höhe von 859,80 EUR und auf Zahlung einer Lizenzgebühr in Höhe von 640,20 EUR aus §§ 97, 97a Abs. 1 S. 2 UrhG.

Die Beklagte haftet für die begangene Urheberrechtsverletzung durch das Anbieten des Computerspiels "[Name]" im Rahmen einer Internettauschbörse am 22.01.2013. Die Klägerin hat unter Einsatz entsprechender Ermittlungs-Software festgestellt, dass das Computerspiel "[Name]" am 22.01.2013 zu zwei Zeitpunkten vom Internetanschluss des Beklagten im Rahmen einer Filesharing-Tauschbörse angeboten wurde. Die Beklagte hat insgesamt keine substantiierten Einwendungen gegen die ordnungsgemäße Feststellung und Ermittlung der IP-Adresse erhoben. Die Klägerin hat umfangreich und ausführlich die einzelnen Ermittlungsschritte und Feststellungsmaßnahmen dargelegt und durch entsprechende Schriftstücke belegt. Angesichts der Feststellung von zwei Erfassungszeitpunkten ist daher ein Ermittlungsfehler auszuschließen, so dass feststeht, dass das Computerspiel "[Name]" am 22.01.2013 um 19:57:57 Uhr und 20:10:08 Uhr vom Internetanschluss der Beklagten zum Download im Rahmen einer Internet-Tauschbörse zur Verfügung gestellt wurde.

Der Klägerin stehen auch die Nutzungs- und Verwertungsrechte an dem Computerspiel "[Name]" zu. Die Klägerin hat im Rahmen der Klagebegründung die Rechtekette, auf Grund derer sie die Nutzungs- und Auswertungsrechte erworben hat im Einzelnen dargelegt. Daran, dass der Klägerin die Nutzungsrechte an dem Computerspiel "[Name]" zustehen, bestehen daher keinerlei Zweifel mehr.

Die Beklagte haftet für die über ihren Internetanschluss begangene Rechtsverletzung, die darin zu sehen ist, dass das urheberrechtlich geschützte Computerspiel "[Name]" ohne Gestattung der Klägerin im Rahmen einer Internet-Tauschbörse zum Download angeboten wurde.

Nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 12.05.2010, ZR 121/08, "Sommer unseres Lebens") besteht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass dann, wenn ein geschütztes Werk der Öffentlichkeit von einer IP-Adresse aus zugänglich gemacht wird, die zum fraglichen Zeitpunkt einer bestimmten Person zugeteilt ist, diese Person für die Rechtsverletzung verantwortlich ist. Nach den im "BearShare"-Urteil aufgestellten Grundsätzen (BGH, Urteil vom 08.01.2014 - I ZR 169/12) ist eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers dann nicht begründet, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung auch andere. Personen diesen Anschluss benutzen konnten. Den Anschluss-Inhaber trifft eine sekundäre Darlegungslast, sofern über seinen Internetanschluss eine Rechtsverletzung begangen wurde. Der Inhaber eines Internet-Anschlusses, über den eine Rechtsverletzung begangen wird, genügt seiner sekundären Darlegungslast im Hinblick darauf, ob andere Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten, nicht dadurch, dass er lediglich pauschal die theoretische Möglichkeit des Zugriffs von in seinem Haushalt lebenden Dritten auf seinen Internetanschluss behauptet (BGH, Urteil vom 11.06.2015, I ZR 75/14).

Darüber hinaus ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen verpflichtet. Der Anschlussinhaber hat die Person, die selbständig Zugriff auf den Internet-Anschluss hatte, unter Angabe einer ladungsfähigen Anschrift namentlich zu benennen. Ferner sind nähere Angaben zum generellen Nutzungsverhalten der Personen, denen die Nutzung des Internet-Anschlusses gestattet wurde, zu machen.

Hierzu gehören Angaben, wie die Personen Zugang zum Internet-Anschluss erhalten, wie häufig diese Personen das Internet nutzen, wozu das Internet genutzt wird und wie das Nutzungsverhalten im Einzelfall kontrolliert wurde. Im Rahmen der sekundären Darlegungslast ist es erforderlich, dass der Anschlussinhaber nachvollziehbar vorträgt, welche Personen mit Rücksicht auf Nutzerverhalten, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht Gelegenheit hatten, die fragliche Verletzungshandlung ohne Wissen und Zutun des Anschlussinhabers zu begehen (BGH, Urteil vom 12.05.2016, I ZR 48/15).


Ausgehend von den vorstehenden Erwägungen ist die Beklagte der ihr obliegenden sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen, so dass von einer täterschaftlichen Begehung auszugehen ist. Der Beklagte bestreitet lediglich pauschal, selbst die Rechtsverletzung nicht begangen zu haben. Insoweit trägt sie vor, sie sei am 22.01.2013 nicht zu Hause gewesen. Zum fraglichen Zeitpunkt habe sie mit ihrem Lebensgefährten [Name] und ihrem Sohn [Name] zusammengelebt, die den Internetanschluss nutzen konnten. Ob die beiden Personen den Internetanschluss tatsächlich wann und in welchem Umfang genutzt haben, trägt die Beklagte nicht vor. Es fehlt auch jeglicher Vortrag der Beklagten dazu, ob und welche Ermittlungen die Beklagte im Hinblick auf die Feststellung des Verursachers für die Rechtsverletzung durchgeführt hat. Damit hat der Beklagte gerade keine ernsthafte Möglichkeit dafür vorgetragen, dass ein Dritter die Urheberrechtsverletzung begangen haben könnte. Die Beklagte hat daher die ihr obliegende sekundäre Darlegungslast nicht erfüllt und haftet dementsprechend auf Grund der begangenen Urheberrechtsverletzung.

Auf Grund der begangenen Rechtsverletzung steht der Klägerin gegenüber der Beklagten ein Anspruch auf Erstattung` der Rechtsanwaltsgebühren für die Abmahnung mit Schreiben vom 11.04.2013 in Höhe von 859,80 EUR nach einem Gegenstandswert von 20.000,00 EUR zu, Der Gegenstandswert für die Abmahnung ist zutreffend mit 20.000,00 EUR angesetzt worden. Der Gegenstandswert für das Unterlassungsbegehren ist mit 20.000,00 EUR zu bewerten. Ausgangspunkt für die Bemessung des Gegenstandswertes für die Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten der Klägerin ist das Interesse an einer wirkungsvollen Abwehr nachhaltiger und eklatanter Verstöße gegen ihre Schutzrechte und ihre daraus resultierende Vermögensposition. Unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, wie sie sich aus den Urteilen des BGH vom 11.06.2015 und 12.05.2016 (Az. I ZR 7/14, 1 ZR 19/14, I ZR 75/14, 1 ZR 272/14, I ZR 1/15, I ZR 43/15, I ZR 44/15, I ZR 48/15 und I ZR 86/15) ergibt, ist der Gegenstandswert für das Unterlassungsbegehren mit 20.000,0 EUR zu bemessen. Das Vorbringen der Beklagten, es bestehe eine abweichende interne Vereinbarung bezüglich der Erlösverteilung ist als eine ohne konkreten korrespondieren Tatsachenvortrag ins Blaue hinein aufgestellte Behauptung unbeachtlich.

Der Klägerin steht gegenüber der Beklagten auf Grund der begangenen Urheberrechtsverletzung des weiteren ein Anspruch auf Zahlung einer Lizenzgebühr in Höhe von 640,20 EUR zu. Bei der Verletzung von Immaterialrechtsgütern ermöglicht die Rechtsprechung dem Verletzten wegen der besonderen Schwierigkeiten neben dem Ersatz des konkreten Schadens weitere Wege der Schadensermittlung. Danach kann der Schaden auch in Höhe einer angemessenen Lizenzgebühr berechnet werden. Bei der Berechnung der angemessenen Lizenzgebühr ist rein objektiv darauf abzustellen, was bei vertraglicher Einräumung der Rechte ein vernünftiger Lizenzgeber fordert und ein vernünftiger Lizenzgeber gewährt hätte, wenn beide im Zeitpunkt der Entscheidung die angegebene Sachlage erkannt hätten. Unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, wie sie sich aus den Urteilen des BGH vom 11.06.2015 und 12.05.2016 (Az. I ZR 7/14, I ZR 19/14, 1 ZR 75/14, I ZR 272/14,1 ZR 1/15, I ZR 43/15, I ZR 44/15, I ZR 48/15 und I ZR 86115) ergibt, ist der Ansatz einer Lizenzgebühr in Höhe von 640,20 EUR für das Computerspiel "[Name]" angemessen.

Daneben hat die Klägerin gegen die Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen aus § 286 Abs. 1 BGB.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91. 708 Nr. 11 709 ZPO.


Der Gegenstandswert wird auf 1.500,00 EUR festgesetzt.



Rechtsbehelfsbelehrung:

A) Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,

1. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt
oder
2. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.

Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem

Landgericht Bielefeld,
Niederwall 71,
33602 Bielefeld,


eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.

Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Bielefeld zu begründen.

Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Bielefeld durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.

Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.


B) Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Amtsgericht Bielefeld statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat,, bei dem

Amtsgericht Bielefeld,
Gerichtstraße 6,
33602 Bielefeld,


schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. (...)




~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

AG Bielefeld, Urteil vom 15.12.2016, Az. 42 C 240/16,
.rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR,
Klage .rka Rechtsanwälte,
Rechtsanwalt Nikolai Klute,
sekundäre Darlegungslast,
pauschales Benennen,
Mehrfachermittlung,
Nachforschungspflichten

powerschumi
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Re: Abmahnungen von Reichelt/Klute/Aßmann Rechtsanwälte

#611 Beitrag von powerschumi » Montag 2. Januar 2017, 19:38

Leider habe ich nun auch ein Mahnbescheid bekommen, kurze blöde Frage: ist es normal das der Mahnbescheid doppelt so hoch ist, wie die erste Aufforderung?

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Steffen
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Re: Abmahnungen von Reichelt/Klute/Aßmann Rechtsanwälte

#612 Beitrag von Steffen » Montag 2. Januar 2017, 20:15

Es gibt nur blöde Antworten. In den Abmahnungen wird zur Streitniederlegung ein (geminderter) Pauschalbetrag angeboten.

Verweigert man die Zahlung, werden dann die vollen Gebühren geltend gemacht (AG = 3 Jahre, (Rest-)SE = 10 Jahre).

Das ist ein ganz normaler Vorgang im Zivilrecht. Wenn es einen zu viel ist, hätte man ja den Vergleich aus der Abmahnung annehmen sollen.

VG Steffen

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Steffen
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AG Charlottenburg, Az. 214 C 103/16

#613 Beitrag von Steffen » Dienstag 3. Januar 2017, 15:20

Wilde, Beuger, Solmecke Rechtsanwälte (Köln): Zweifelhafte Sippenhaft am Amtsgericht Charlottenburg


15:20 Uhr


In einem aktuellen Filesharing Fall hat das Amtsgericht Charlottenburg ein fragwürdiges Urteil zugunsten der Abmahnindustrie gesprochen. Ein Familienvater darf nicht für Frau und Kinder in Sippenhaft genommen werden.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Bild

Rechtsanwalt Christian Solmecke, LL.M.




WILDE BEUGER SOLMECKE Rechtsanwälte GbR

Kaiser-Wilhelm-Ring 27-29 | 50672 Köln
Tel.: 0221 / 951 563 0 | Fax: 0221 / 400 675 52
E-Mail: info@wbs-law.de | Web: www.wbs-law.de





Bericht

Link:

https://www.wbs-law.de/abmahnung-filesh ... urg-70839/



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Der Familienvater hatte eine Filesharing Abmahnung von einer Hamburger Anwaltskanzlei erhalten. Die Abmahnanwälte warfen ihm im Auftrage ihres Rechteinhabers vor, dass er das Computerspiel "Risen 2" illegal über eine Tauschbörse verbreitet hat. Weil er nicht zahlen wollte, verklagte ihn die Abmahnkanzlei auf Zahlung von 697,40 EUR Schadensersatz. Ferner sollte er für die Abmahnkosten in Höhe von 550,60 EUR aufkommen.



Vater soll für Leugnen seiner Angehörigen haften

Obwohl wir das Amtsgericht Charlottenburg darauf hingewiesen haben, dass es sich um einen Familienanschluss handelt, verurteilte es ihn mit Urteil vom 20.12.2016 (Az. 214 C 103/16). Der Anschlussinhaber soll als Täter auf Schadensersatz haften, obwohl seine Angehörigen ebenfalls Zugang auf seinen Anschluss gehabt haben. Das Amtsgericht Charlottenburg begründete dies damit, dass Ehefrau und seine beiden Kinder die Begehung von Filesharing geleugnet haben. Darüber hinaus zog das Gericht in auf Ersatz der Störerhaftung heran, obwohl er sein minderjähriges Kind belehrt hatte.



Filesharing: Angehörige brauchen sich nicht selbst zu verpfeifen

Diese Entscheidung des Amtsgerichtes Charlottenburg ist nach unserer Auffassung nicht der gesetzlichen Beweislastverteilung vereinbar. Hiernach braucht der Anschlussinhaber lediglich darzulegen, dass seine Angehörigen möglicherweise die vorgeworfene Urheberrechtsverletzung begangen haben. Hierzu reicht es auch, dass er ihnen den Zugriff gestattet hat. Er braucht hingegen nicht den wirklichen Täter zu überführen. Denn das Verpfeifen von Angehörigen ist nicht zumutbar. Dies hat der Bundesgerichtshof kürzlich in einem von uns geführten Verfahren klargestellt (BGH -Urteil vom 06.10.2016, Az. I ZR 154/15). Ebenso wenig darf von nahen Angehörigen erwartet werden, dass sie sich selbst des Filesharing bezichtigen. Genau das verlangt das Amtsgericht Charlottenburg hier aber.



Keine Störerhaftung bei ordnungsgemäßer Belehrung

Darüber hinaus geht das Gericht hier nicht darauf ein, dass der Vater seiner Belehrungspflicht gegenüber seinem minderjährigen Sohn nachgekommen ist. Gegenüber volljährigen Angehörigen besteht normalerweise keine Belehrungspflicht. Denn die Musikindustrie ist hier nicht der ihr obliegenden Darlegungs- und Beweislast nachgekommen. (HAB)





~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


AG Charlottenburg, Urteil vom 20.12.2016, Az. 214 C 103/16,
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Taborlin
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Re: Abmahnungen von Reichelt/Klute/Aßmann Rechtsanwälte

#614 Beitrag von Taborlin » Mittwoch 4. Januar 2017, 17:34

Hallo zusammen und ersteinmal ein verspätes, frohes, neues Jahr,

ich möchte mit diesem Beitrag erstens einen weiteren Datenpunkt für laufenden Abmahnungsverfahren angeben und zweitens nach Rat fragen.
Die Situation ist folgende:
Ein Familienvater wurde als Anschlussinhaber im Februar 2014 für das illegale verbreiten des Spiels "Metro: Last Light" von der Anwaltskanzlei rka abgemahnt und dazu aufgefordert den Pauschalbetrag von 800€ zu überweisen. Ich als Sohn und wahrscheinlichster, weil Computeraffin, Täter hatte nun versucht mit einer modifizierten Unterlassungserklärung, in der auch begründet war, dass der Familienvater die Tat nicht begangen hat aber andere Volljährige Zugriff zum Internet hatten, aus der Sache zu kommen.

Am 4.01.2017 ist nun ein Mahnbescheid eingegangen der fordert, um die Klage abzuwenden, etwas mehr als das doppelte als ursprünglich zu zahlen. Ein Anruf bei der Rechtshilfe der bestehenden Versicherung brachte nur den Vorschlag dem Mahnbescheid zu widersprechen und zusätzlich 100€ als Pauschalbetrag zu überweisen.

Mein Wunsch ist es seit Erhalt der Abmahnung meinen Vater als Anschlussinhaber zu entlasten, indem er falls nötig auch der sekundären Darlegungslast nachkommt und mich konkret benennt.
Meine Frage dahin gehend also: Kann man indem man nun einen Rechtsanwalt engagiert, um dem Mahnbescheid zu widersprechen, gleichzeitig außergerichtlich den Anschlussinhaber permanent entlasten, indem man falls nötig mich als möglichen Täter konkret benennen? Oder ist dies nur vor Gericht möglich? Würde das Verfahren unmittelbar gegen mich weitergeführt werden oder wäre es mir möglich den neuen potenziellen Fall gegen mich mithilfe eines Beratungschein weiterzuführen?

Ich hoffe, dass mein geschilderter Fall anderen eine Hilfe sein kann und möchte mich nach Jahrelangen mitlesen vielmals für die aufrichtige Arbeit aller Mitglieder und besonders Steffen bedanken.
Liebe Grüße

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Steffen
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Re: Abmahnungen von Reichelt/Klute/Aßmann Rechtsanwälte

#615 Beitrag von Steffen » Mittwoch 4. Januar 2017, 18:36

Hallo @Taborlin,

Nachfolgendes, was ich als meine Meinung schreibe klingt etwas schroff, ist es aber nicht so gemeint.

Warum denn einfach, wenn es mit Gewalt und unnötigerweise kompliziert geht!?

Sicherlich kenn ich die Situation, wo ein Elternteil bzw. beide Anschlussinhaber ist bzw. sind und dem Kind die Abmahnung mit den Worten hinlegen: "Kümmre dich darum, Du nutzt auch das Internet allein" bzw. "Kümmre dich darum, wir haben dir gesagt, dass man davon die Finger lässt". Dann wird natürlich das Geld für einen Anwalt gespart und selbst herumgemurkst. Ich hoffe nicht, das Du ohne Kenntis von deinen Vater gehandlet hast (darauf keine Antwort, weder ja oder nein!).

Und für mich persönlich ist es sowieso Murks, wofür Du UND der AI die Rechnung noch präsentiert bekommen werden.

Die Abmahnung geht an den Anschlussinhaber sowie richten sich die Ansprüche (UA, SE, AG) erst einmal gegen ihn. Nach meiner Einschätzung besteht der Unterlassungsanspruch gegen deinen Vater immer noch, auch mit Abgabe einer mod. UE durch dich.

Denn was hast Du denn letztendlich daran mit der Abgabe deiner mod. UE und Begleitschreiben gesagt bzw. geändert? Nichts, nada, niente ...
... denn die Täterschaftsvermutung ist nicht anzunehmen, wenn der AI
a) unzureichend gesicherten Internetzugang verfügte
oder
b) Mitnutzer benennt, die zum Zeitpunkt des Vorwurfs (Log)
aa) selbstständig das Internet nutzten
und (nicht oder / bzw.)
ab) als möglicher Täter in Betracht kommen.

Gesagt hast Du aber nur - im Namen (nicht Auftrag) des AI:

AI = weder Störer noch Täter; Punkt b - ohne - Unterpunkte aa) und ab)

Wenn man jetzt genau ist, wurde durch das Benennen des Mitnutzers die Täterschaftsvermutung erschüttert, durch keinen Sachvortrag hinsichtlich der sekundären Darlegungslast, wurde diese nicht genügegetan und die Täterschaftsvermutung geht wieder an den AI zurück. Wobei jetzt eigentlich egal ist, ob Du der mögliche Täter tatsächlich bist. Punkt.

Das heißt, deine /eure Vorgehensweise bisher ist Murks.




[quoteemTaborlin](...) Am 04.01.2017 ist nun ein Mahnbescheid eingegangen der fordert, um die Klage abzuwenden, etwas mehr als das Doppelte als ursprünglich zu zahlen. Ein Anruf bei der Rechtshilfe der bestehenden Versicherung brachte nur den Vorschlag dem Mahnbe-scheid zu widersprechen und zusätzlich 100€ als Pauschalbetrag zu überweisen. (...)[/quoteem]

Es gibt, und dieses schriebe ich seit Jahren und gebetsmühlenartig: wer nicht zahlt, entscheidet sich für entweder Klage oder Verjährung (Chancen stehen 50:59). Plus, jede Strategie, auch die blödsinnigste, funktioniert auch, wenn und solange derAbmahner keine Klage erhebt. Und hier wird er!

Im Abmahnschreiben des Abmahners wird zur außergerichtlichen Streitniederlegung (neben der UVE) ein geminderter Pauschalbetrag (800,- €) angeboten. Bei Nichtzahlung wird jetzt die vollen Gebühren (MB: Teilschadensersatz: 640,- €, Aufwendungsersatz: 859,80 €, Mahngebühren ca. 280,- €) geltend gemacht.

Wenn man jetzt den MB (der sicherlich gegen den Vater gerichtet ist) widerspricht und 100,- € überweist, statt die ca. ca. 1800,- € - dann wird geklagt. Wird widersprochen und nicht gezahlt, wird bei der Vorgehensweise auch geklagt. Jedenfalls würde ich es als Abmahner so tun. Diese Rechtshilfe war keine richtige Hilfe. Ganz zu schweigen, dass die Situation und die BGH Rechtsprechung (Täterschaftsvermutung/sek. Darlegungslast/100-Euro-Deckelung § 97a UrhG a.F.) verkannt wird. Es wurde mehrmals vom BGH glasklar gesagt, dass die Anwendung des § 97a UrhG a.F. (Abmahnung vor dem 09.10.2013) nicht bei Filesharing stattfindet.




[quoteemTaborlin](...) Mein Wunsch ist es seit Erhalt der Abmahnung meinen Vater als Anschlussinhaber zu entlasten, indem er falls nötig auch der sekundären Darlegungslast nachkommt und mich konkret benennt.
Meine Frage dahin gehend also: Kann man indem man nun einen Rechtsanwalt engagiert, um dem Mahnbescheid zu widersprechen, gleichzeitig außergerichtlich den Anschlussinhaber permanent entlasten, indem man falls nötig mich als möglichen Täter konkret benennen? Oder ist dies nur vor Gericht möglich? Würde das Verfahren unmittelbar gegen mich weitergeführt werden oder wäre es mir möglich den neuen potenziellen Fall gegen mich mit Hilfe eines Beratungsschein weiterzuführen? (...)[/quoteem]

Es ist bestimmt so, dass de MB sich gegen den Anschlussinhaber richtet. Dieser ist in der Pflicht sich gegen den MB zu wehren - nicht Du! Höre endlich auf es weiter unnötigerweise zu Komplizieren.

Dein Vater und Du solltet euch einen Anwalt konsultieren - spätestens bis Freitag - und erst einmal alles sachlich richtig aufzuträufeln (Reaktion, wer, wie - Folgen/Risiken/Kosten etc.). Wenn Du jetzt - ich hoffe mit Kenntnis des Vaters - hier weiter herummurkst, wird es nur für euch beide unnötigerweise kompliziert und Risiken und Kosten produziert, die nicht sein müssen.

Es wurde einfach von Anfang an falsch reagiert.


VG Steffen

Taborlin
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Re: Abmahnungen von Reichelt/Klute/Aßmann Rechtsanwälte

#616 Beitrag von Taborlin » Mittwoch 4. Januar 2017, 19:13

Nabend @Steffen,

vielen dank für deine ausführliche und schnelle Antwort. Ich möchte mich für meine kryptische Ausdrucksweise entschuldigen und klarstellen, dass die modifizierte Unterlassungserklärung vom Vater verfasst, unterschrieben und abgegeben wurde (auf das dumme Raten von mir). Ich wollte in meinem anfänglichen Post nicht zu viel preisgeben. Momentan sollte der abmahnenden Kanzlei nicht bekannt sein, dass ich beteiligt bin, trotzdem fühle ich natürlich verantwortlich, da ich natürlich der Depp war, der "kostenlosen stuff" haben wollte. Dass das bisherige Vorgehen schlecht war ist auch absolut wahr, da auch ich mittlerweise verstanden habe, dass falls nachweislich eine Urheberrechtsverletzung von einem Anschluss, der von Erwachsenene genutzt wird, begangen wurde, jemand für den Schaden aufkommen wird und hier ein früher Vergleich das Günstigste für die Nerven und den Geldbeutel gewesen wäre.

Um es etwas vereinfacht auszudrücken, momentan ist es eine "Forum Strategie" nach dem Schema 2010: Anschlussinhaber gibt mod.UE ab und zahlt nicht. Dass die mod.UE schlechte "Prosa" war/ist, ist mir leider bewusst. Das heißt also, dass eine Verteidigung meines Vaters, indem er mich preisgibt, die Sache nur komplizierter und teurer macht, weil der Tatbestand nicht schlüssig widerlegt werden kann? Ich werde mir auf alle Fälle den Rat zu Herzen nehmen und zusammen mit meinem Vater Rechstanwältlichen Beistand holen. Mit ihm zusammen folgt dann wohl auch die Entscheidung, ob es sich lohnt dem Mahnbescheid zu widersprechen oder zu zahlen bevor die gerichtlichen Klagekosten hinzukommen.

Liebe Grüße

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Re: Abmahnungen von Reichelt/Klute/Aßmann Rechtsanwälte

#617 Beitrag von Steffen » Mittwoch 4. Januar 2017, 19:29

Das klingt schon besser. Also erst einmal zum Anwalt. Natürlich könnte man auch erst einmal allein (insgesamt) widersprechen, und mit Erhalt der Kage einen Anwalt einschalten. Kommt darauf an, wie ihr reagieren wollt.

VG Steffen

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Re: Abmahnungen von Reichelt/Klute/Aßmann Rechtsanwälte

#618 Beitrag von Berndz » Donnerstag 5. Januar 2017, 13:20

Hallo, Guten Tag und ein Frohes Neues Jahr

Ich bekam gestern Post von rka.Rechtsanwälte. Man bezieht sich auf die Abmahnung vom 11.9.14. Damals sei schon die gerichtliche Inanspruchnahme angekündigt worden. Jetzt fordert man: Vorgerichtliche Anwaltskosten für Abmahnung 984,60 €
Teilschadenersatz 900,00 €
Summe 1884,69 €.
Wenn das nicht gezahlt wird, droht man mit Fortsetzung des Mahnverfahrens im streitigen Gerichtsprozess.

Ich bitte Euch um Tipps, wie ich weiter vorgehen soll.

LG Berndz

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Re: Abmahnungen von Reichelt/Klute/Aßmann Rechtsanwälte

#619 Beitrag von Steffen » Donnerstag 5. Januar 2017, 15:43

[quoteemBerndz]Ich bitte Euch um Tipps, wie ich weiter vorgehen soll.[/quoteem]


Hallo @Berndz,

die Ausgangslage ist doch klar. Auf eine Abmahnung (2014) hat man höchstwahrscheinlich mit einer mod. UE reagiert, die Zahlung des geminderten Pauschalbetrag aber verweigert.

Aktuell erhält man ein Folgeschreiben, wo man sagt:

a) Vergleich i.H.v. 984,60 €
oder
b) Mahnverfahren i.V.m. Klageverfahren

Vorgerichtliche Anwaltskosten für Abmahnung 984,60 €
Teilschadenersatz 900,00 € +
____________________________________________________
Summe: 1.884,69 €
=================


Das bedeutet doch,

a) man entschließt sich für den Vergleich, vielleicht führt man Verhandlungen, um die Summe eventuell noch zu drücken

oder

b) pokert weiter und reagiert nicht

aa) man erhält einen Mahnbescheid bzw. es wird Klage erhoben
ab) man erhält nichts mehr (wovon ich aber nicht ausgehe)

Die Entscheidung kann dir aber keiner im Forum abnehmen. Diese hängt doch von vielen Faktoren ab.

VG Steffen

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Re: Abmahnungen von Reichelt/Klute/Aßmann Rechtsanwälte

#620 Beitrag von Berndz » Donnerstag 5. Januar 2017, 19:40

Der Abmahngrund war ein Computerspiel (Saint Row IV). Bin nicht der Computerspieler. Mein Sohn war 2013 14 Jahre alt. Ich müßte also fast 2000 € für ein Spiel bezahlen, das ich nicht habe.

LG Berndz

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