Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

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Steffen
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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5261 Beitrag von Steffen » Freitag 1. April 2016, 14:57

Du hast doch nicht allzu viel Auswahl, wenn Du nicht vor Gericht und die Kosten gering halten willst.
  • 1. Du widersprichst - insgesamt - und wartest. Dann kann der Abmahner die Ansprüche begründen (Klage im Mahnverfahren), oder eben nicht. Wobei man sagen muss, dass diese Abmahner deutlich höher klagt, als andere.
    2. Du widersprichst - insgesamt - und setzt dich sofort mit dem Abmahner telefonisch in Kontakt hinsichtlich eines Vergleiches.
    Ca. 650,- € für Abmahnung + 150,- € MB muss man mindestens rechnen. Inwieweit dann das streitige Verfahren fortgefahren ist bei deinem Anruf, kann ein separater Kostenfestsetzungsbeschluss des jeweiligen Streitgericht kommen in Höhe von ca. 300,- - 400,- €, die im Vergleich - nicht - mit auftauchen.
VG Steffen

styLesdavis
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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5262 Beitrag von styLesdavis » Freitag 1. April 2016, 15:20

Danke Steffen, das hat mir bereits weiter geholfen.
Schönes Wochenende.

TomyTom
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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5263 Beitrag von TomyTom » Samstag 2. April 2016, 12:12

Hallo, mich hats nun auch erwischt mit einer Abmahnung, knapp 620€. Wenn ich jetzt den "einfachen" Weg gehen würde, also mod UE + Zahlung, könnte ich mir dann sicher sein, daß die Sache durch ist?

Reklov

Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5264 Beitrag von Reklov » Sonntag 3. April 2016, 09:41

Gestern erneut Post von W+F bekommen. Anforderung unserer Mandantschaft bin ich erneut nicht nachgekommen. Vorbereitung Klageverfahren. Erneut steht aber nicht drin was mir vorgeworfen wird, nur illegales Tauschbörsenangebot. Ich werde aufgefordert eine UE abzugeben. Die ich ja schon vor über 3 Jahren schon abgegeben habe. Langsam schwant mir aber das sich evtl. doch um einen neuen Fall handeln könnte, wie geschrieben, die alten Unterlagen sind weg, da ich die Sache für erledigt sah nach der Verjährung. Dann habe ich aber die erste Post mit dem was ich gemacht haben soll nicht bekommen, den das steht nirgends drin. Wie kann ich dennoch feststellen ob es sich um einen neuen Fall handelt? Ich möchte aber nicht unbedingt bei W+F nachfragen. Oder am besten nochmal eine Mod. UE abgeben, schaden kann das ja nie? Was meint ihr/Steffen.
Grüße

gamow
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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5265 Beitrag von gamow » Sonntag 3. April 2016, 21:07

Nachdem mein Freund ebenfalls ein Abmahnungsschreiben von W+F erhalten hat, bin ich auf dieses Forum gestoßen.

Die Ausgangslage:
Mein Freund hat seine Wohnung über airbnb vermietet (Untervermietung nicht mit Vermieter abgeklärt), WLAN Passwort den Untermietern mitgeteilt, diese haben daraufhin anscheinend filesharing betrieben.

Mein Freund arbeitet inzwischen dauerhaft in einer anderen Stadt, sprich für einen der beiden Termine, der unter der Woche liegt, kann er beweisen, dass er definitiv nicht diejenige war, der das filesharing genutzt haben kann. Der andere Termin liegt am Wochenende, von der Beweislast her vermutlich schwammiger.

Natürlich stehen wir jetzt vor der Überlegung, ob wir die Untermieter als Schuldige nennen, ihnen aber natürlich das Passwort mitgeteilt haben, also eine Mitverantwortung tragen. Oder einfach versuchen zu argumentieren, dass man selbst nicht den Verstoß begangen haben kann, ohne auf mögliche Täter einzugehen?

Wenn ich die Erläuterungen auf der Seite hier aber richtig verstanden habe, sollte mein Freund so oder so erstmal die mod. UE unterschreiben und abschicken, korrekt?

Vielen Dank schonmal,
gamow

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Steffen
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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5266 Beitrag von Steffen » Sonntag 3. April 2016, 23:01

[quoteemTomyTom]Hallo, mich hat es nun auch erwischt mit einer Abmahnung, knapp 620,- €. Wenn ich jetzt den "einfachen" Weg gehen würde, also mod UE + Zahlung, könnte ich mir dann sicher sein, dass die Sache durch ist?[/quoteem]
Hallo @TomyTom,
mit der Zahlung i.V.m. der Abgabe einer UE ist dieser Rechtsstreit für diesen einen Fall beendet.



[quoteemReklov]Gestern erneut Post von W+F bekommen. Anforderung unserer Mandantschaft bin ich erneut nicht nachgekommen. Vorbereitung Klageverfahren. Erneut steht aber nicht drin was mir vorgeworfen wird, nur illegales Tauschbörsenangebot. Ich werde aufgefordert eine UE abzugeben. Die ich ja schon vor über 3 Jahren schon abgegeben habe. Langsam schwant mir aber das sich evtl. doch um einen neuen Fall handeln könnte, wie geschrieben, die alten Unterlagen sind weg, da ich die Sache für erledigt sah nach der Verjährung. Dann habe ich aber die erste Post mit dem was ich gemacht haben soll nicht bekommen, den das steht nirgends drin. Wie kann ich dennoch feststellen ob es sich um einen neuen Fall handelt? Ich möchte aber nicht unbedingt bei W+F nachfragen. Oder am besten nochmal eine Mod. UE abgeben, schaden kann das ja nie? Was meint ihr/Steffen.
Grüße[/quoteem]
Hallo @Reklov,

wenn man zu dem aktuellen Schreiben keinen Bezug hat, sprich das Aktenzeichen, Rechteinhaber, Streitgegenstand, Abmahndatum usw. unbekannt bzw. keinerlei Dokumente man besitzt ...
... dem Abmahner aber nicht diesbezüglich befragen möchte ...
... muss man abwarten, bis eine Klage kommt. Wenn ich nicht weiß, ob ich dafür abgemahnt wurde, für was usw. sollte man nicht planlos etwas unterzeichnen oder bezahlen.



[quoteemgamow]Die Ausgangslage:
Mein Freund hat seine Wohnung über airbnb vermietet (Untervermietung nicht mit Vermieter abgeklärt), WLAN Passwort den Untermietern mitgeteilt, diese haben daraufhin anscheinend filesharing betrieben.

Mein Freund arbeitet inzwischen dauerhaft in einer anderen Stadt, sprich für einen der beiden Termine, der unter der Woche liegt, kann er beweisen, dass er definitiv nicht diejenige war, der das filesharing genutzt haben kann. Der andere Termin liegt am Wochenende, von der Beweislast her vermutlich schwammiger.

Natürlich stehen wir jetzt vor der Überlegung, ob wir die Untermieter als Schuldige nennen, ihnen aber natürlich das Passwort mitgeteilt haben, also eine Mitverantwortung tragen. Oder einfach versuchen zu argumentieren, dass man selbst nicht den Verstoß begangen haben kann, ohne auf mögliche Täter einzugehen?

Wenn ich die Erläuterungen auf der Seite hier aber richtig verstanden habe, sollte mein Freund so oder so erstmal die mod. UE unterschreiben und abschicken, korrekt?[/quoteem]
Hallo @gamow,

"Airbnb" [Plattform für die Vermittlung privater Unterkünfte] stellt eine Spezial-Konstellation, den man nicht einfach so verallgemeinern kann und zu der empfohlenen Vorgehensweise raten.

Im Grundsatz wird der Verantwortliche des Internetzuganges abgemahnt. Punkt.

Es bedeutet erst einmal, das in der Konstellation Vermieter/Mieter (Hotel, Ferienwohnung, Airbnb, usw.) noch keine Grundsatzentscheidung des BGH gibt. Falsch wäre uneingeschränkt den "BearShare"-Entscheid anzuwenden. Hier ging es um Personen des Haushaltsverbundes. Zu Personen außerhalb des Haushalts- bzw. Familienverbundes gibt es dieses noch nicht. Das bedeutet, es können hier in einem Klagefall und in dieser Konstellation "Airbnb" die unterschiedlichen Gerichte auch unterschiedlich ermessen.

Sicherlich wäre theoretisch der richtige Weg dem Abmahner den Sachverhalt zu erörtern, dem entsprechenden Untermieter als möglichen Täter mit Namen und neuer Anschrift zu benennen und sicherheitshalber eine mod. UE abzugeben.

Man sollte erst einmal sehen, wenn man ohne Anwalt reagieren möchte, sollte man wissen was welche Information für mögliche Folgen und Risiken mit sich bringen kann.

Das hieße in Richtung des abgemahnten AI = dem Vermieter - reichen seine Maßnahmen aus, um eine mögliche Haftung (Störer, Täter, Teilnehmer) auszuschließen. Dieses hängt davon ab, ob einmal außergerichtlich (Abmahner) / gerichtlich (Richter) die / seine Beweise als zumutbar ausreichend eingeschätzt werden. Und da gibt es schon die unterschiedlichsten Herangehensweisen (Vergleiche mit "BearShare", Vertrag zur Internetnutzung ja / nein usw.)

Das hieße in Richtung des benannten möglichen Täters ((Unter-)Mieter) = hier wird man genaue Angaben zur Person und zum Mietvertrages Voraussetzung sein, räumt der (Unter-)Mieter) wenn er vom Abmahner / Richter "befragt" wird (schriftlich / mündlich) den Vorwurf ein oder bestreitet diesen. Ist dieser denn überhaupt ermittelbar.

Dies sind aber alles Fragen, die ein Forum nicht klären kann, keine Antworten kennt, und vor allem keine gefestigte höchstrichterliche (BGH) Rechtsprechung gibt. Bis hin der Fakt, das die Gerichtsstandorte unterschiedlich ermessen können zu dem Sachverhalt und den "Beweisen" des Vermieters.

Natürlich kann man erst einmal eine mod. UE abgeben. Wie man dann weiter - ohne Anwalt - vorgeht, hierauf weiß ich keine Antwort. Man kann sich eben mit einem eigenen laienhaften Sachvortrag ohne anwaltliche Prüfung um Kopf und Kragen reden /schreiben. Auch weiß ich nicht, ob der Abmahner die Argumente / Beweise des Freundes als ausreichend erachtet, um eine Haftungsart (Störer, Täter, Teilnehmer) auszuschließen, oder ihm diese Argumente / Beweise nicht interessieren. Es ist und bleibt eben ein Spezial-Konstellation.

VG Steffen

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Steffen
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LG München I, Az. 21 S 5929/15

#5267 Beitrag von Steffen » Dienstag 5. April 2016, 10:03

WALDORF FROMMER: Das Landgericht München I weist Berufung der Anschlussinhaberin zurück - Sachverständigengutachten belegt erneut die Fehlerfreiheit des "Peer-to-peer Forensic System"


10:00 Uhr


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

WALDORF FROMMER Rechtsanwälte
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E-Mail: web@waldorf-frommer.de | Web: www.waldorf-frommer.de



Bericht

Link: http://news.waldorf-frommer.de/waldorf- ... ic-system/

Urteil als PDF: http://news.waldorf-frommer.de/wp-conte ... 929_15.pdf


Autorin:
Rechtsanwältin Anna Zimmermann


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In der ersten Instanz vor dem Amtsgericht München hatte sich die beklagte Anschlussinhaberin insbesondere damit verteidigt, dass sie für die öffentliche Zugänglichmachung zweier Hörbücher in einer Internettauschbörse über ihren Internetanschluss nicht verantwortlich sei und zum Tatzeitpunkt auch keine weitere Person Zugang zu ihrem gesicherten Internetanschluss gehabt hätte. Zudem bestritt die Beklagte die Zuverlässigkeit der Ermittlung der Rechtsverletzung sowie die ordnungsgemäße Zuordnung der ermittelten IP-Adresse zu ihrem Anschluss.

Das Amtsgericht München hat daraufhin ein Sachverständigengutachten zur der Fehlerfreiheit der Ermittlung der Rechtsverletzung eingeholt. Hinsichtlich der Zuordnung der IP-Adresse zum Internetanschluss der Beklagten wurde ein Sachverständigengutachten aus einem Parallelverfahren beigezogen.

Beide Sachverständigengutachten kamen zu dem Ergebnis, dass die Ermittlung der Rechtsverletzung fehlerfrei erfolgt ist, respektive dass auch keine Fehlzuordnung der auf diese Weise ermittelten IP-Adresse zum Internetanschluss der Beklagten stattgefunden hat.

Nach Einholung der beiden Gutachten hat die Beklagte ihren Vortrag überraschend umgestellt und behauptet, der in Rede stehende Internetanschluss werde ausschließlich von ihrem Sohn genutzt, für den sie lediglich den Vertrag mit dem Internetprovider geschlossen habe. Sie selbst habe unter der beauskunfteten Anschrift zu keinem Zeitpunkt gewohnt. Der Beklagten sei vielmehr erst im weiteren Verlauf des Rechtsstreits bewusst geworden, welcher Internetanschluss Gegenstand des Verfahrens sei.

Das erstinstanzliche Gericht hat daraufhin Beweis auf Antrag der Beklagten durch Einvernahme des Sohnes als Zeugen erhoben. Dieser hat im Rahmen seiner Zeugenvernehmung angegeben, die streitgegenständlichen Werke nicht zu kennen.

Das Amtsgericht München hat der Klage stattgegeben. So hat es das Amtsgericht aufgrund des eingeholten Sachverständigengutachtens sowie des beigezogenen weiteren Gutachtens als erwiesen angesehen, dass die streitgegenständliche Rechtsverletzung über den Internetanschluss der Beklagten begangen wurde.

Zudem hat das Amtsgericht München die persönliche Haftung der Beklagten bejaht, da diese ihrer sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen sei. Zum einen sei der Vortrag der Beklagten widersprüchlich und damit unplausibel gewesen. Zum anderen habe der - nach Umstellung des Vortrages – einzige (weitere) Nutzer des Internetanschlusses im Rahmen seiner Zeugenaussage angegeben, die Rechtsverletzung nicht begangen zu haben.

Die von der Beklagten daraufhin eingelegte Berufung beim Landgericht München I hat das erstinstanzliche Urteil bestätigt.

Die Einwände der Beklagten gegen das Ermittlungsgutachten sowie die Beauskunftung der IP-Adresse gegenüber dem Provider hat das Landgericht München I vollumfänglich zurückgewiesen.

Zudem ist auch das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gekommen, dass die Beklagte ihrer sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen ist, da nach ihrem Vortrag und dem Ergebnis der Beweisaufnahme im Endeffekt niemand die Rechtsverletzung begangen haben könnte. Dies sei insgesamt unplausibel und nicht mit dem gebotenen Maßstab an Detailgrad und Plausibilität des Sachvortrages im Rahmen der sekundären Darlegungslast vereinbar.




Landgericht München I, Urteil vom 17.02.2016, Az. 21 S 5929/15 (Volltext)


Vorinstanz: AG München - Az. 158 C 20882/12

  • (...) erlässt das Landgericht München I - 21. Zivilkammer - durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht [Name], den Richter am Landgericht [Name]und den Richter am Landgericht [Name] auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 17.02.2016 folgendes


    Endurteil

    • 1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts München vom 02.03.2015, berichtigt mit Beschluss vom 07.04.2015, Az. [Aktenzeichen] wird zurückgewiesen.

      2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

      3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Amtsgerichts München ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.


    Gründe

    I.

    Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird auf das angefochtene Urteil des Amtsgerichts München vom 02.03.2015, berichtigt mit Beschluss vom 07.04.2015, Az. 158 C 20882/12 (BI. 285/293 und 296/298 d. A.), Bezug genommen.

    Die Beklagte und Berufungsklägerin greift mit ihrer Berufung das erstinstanzliche Urteil vollumfänglich an und verfolgt dessen Abänderung.


    • Die Beklagte beantragt:

      1. Das Urteil des Amtsgerichts München vom 02 03.2015, zu Aktenzeichen 158 C 20882/12, wird aufgehoben.

      2. Die Klage wird abgewiesen.

      3. Die Revision wird zugelassen.



    • Die Klägerin beantragt,

      die Berufung zurückzuweisen.



    Im übrigen wird von einem Tatbestand gemäß §§ 540 Abs 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.

    II.

    Die Berufung ist zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

    Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg, weil das Erstgericht der Klägerin zu Recht einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 900,00 EUR und außergerichtliche Abmahngebühren zugesprochen hat.

    Auf die Entscheidungsgründe des Ersturteils wird mit folgenden Erwägungen Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO).

    1.

    Das Erstgericht hat es aufgrund des Gutachtens des Sachverständigen Prof Dr. [Name] zu Recht als erwiesen angesehen, dass die streitgegenständlichen Rechtsverletzungen über den Internetanschluss erfolgt sind, dem zu den Tatzeiten die IP-Adresse zugeordnet war. Soweit die Beklagte mit der Berufung das Sachverständigengutachten angreift, hat sie keinen Erfolg.

    a.

    Soweit die Beklagte rügt, der Sachverständige habe ausdrücklich erklärt, dass er, zur Frage, ob die von der Klägerin bzw. in deren Auftrag ermittelte IP-Adresse, zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung dem Anschluss der Beklagten zugeordnet war; keine Angaben machen könne, verkennt sie bereits, dass diese Frage nicht Gegenstand des Beweisbeschlusses vom [Aktenzeichen] war. Der Sachverständige sollte hierzu keine Aussage treffen. Zum anderen verkennt die Beklagte, dass sich das Erstgericht für die Frage, ob die streitgegenständliche IP-Adresse zu den Tatzeitpunkten dem Anschluss der Beklagten zugeordnet war, nicht auf das Sachverständigengutachten des Prof. Dr. [Name] stützt Die insoweit erhobene Berufungsrüge geht somit ins Leere.

    b.

    Soweit die Beklagte rügt, dass auf den ERF-Dateien, in denen die Daten aus dem Netzwerkverkehr der Tauschbörse gespeichert wurden, keine Zeitsynchronisation verzeichnet sei und es daher keinesfalls erwiesen sei, dass die streitgegenständlichen Rechtsverletzungen zu den angegebenen Zeitpunkten über die von der Klägerin genannten IP-Adressen begangen worden seien, verhilft ihr dies ebenfalls nicht zum Erfolg. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten - insoweit von der Beklagten auch nicht angegriffen - ausgeführt, dass die ERF-Dateien stets den Netzwerkverkehr einer Stunde speichern. Der Startzeitpunkt der Netzwerkaufzeichnung werde dabei im Dateinamen kodiert. Dabei bestehe der Dateiname u.a. aus der so genannten Unixzeit, d.h. der Anzahl der vergangenen Sekunden seit dem 01. Januar 1970. Anhand der Unixzeit könne somit die Netzwerkaufzeichnungszeit nach Datum und Uhrzeit berechnet werden. Insoweit trägt die Beklagte jedoch gerade keine konkreten Anhaltspunkte für eine Manipulation bzw. eine nicht korrekte Wiedergabe des Zeitstempels vor, sondern stellt lediglich darauf ab, dass auf den ERF-Dateien keine Zeitsynchronisation verzeichnet gewesen sei. Dabei verkennt die Beklagte jedoch, dass der Sachverständige in seiner mündlichen Anhörung zum einen ausdrücklich ausgesagt hat, dass er keine Anhaltspunkte für eine Manipulation des Zeitstempels gefunden habe und zum anderen bestätigt hat, dass auch mit der 2009 vorhandenen Technik eine zutreffende Datenerhebung möglich gewesen wäre und auch Ungenauigkeiten im Hinblick auf die Zeitsynchronisation nicht aufgetreten wären.

    c.

    Soweit die Beklagte rügt, sowohl die Soft- als auch die Hardware der Testumgebung [Name] entspreche nicht den Bedingungen der Aufzeichnung im Jahre [Jahreszahl], ist dies vorliegend unerheblich, da es vorliegend nicht darauf ankommt wie die Daten [Name] gespeichert wurden, sondern dass dem Sachverständigen die gespeicherten Daten zur Auswertung vollständig zur Verfügung standen.

    2.

    Soweit die Beklagte weiter rügt, dass das Gutachten des Sachverständigen [Name] unzutreffend sei, und daher die Zuordnung der streitgegenständlichen IP-Adresse zum Internetanschluss der Beklagten zu den Tatzeitpunkten nicht feststehe, übersieht sie wiederum, dass sich das Erstgericht hierauf nicht stützt. Das Erstgericht stützt sich bei seiner Argumentation vielmehr darauf, dass die streitgegenständliche IP-Adresse zu zwei unterschiedlichen Zeitpunkten beauskunftet wurde und jeweils dem Anschluss der Beklagten zugeordnet worden sei. Zutreffend geht es insoweit davon aus, dass eine zweimalige fehlerhafte Erfassung und Zuordnung fernliegend sei (vgl. OLG Köln, Urteil vom 16.05.2012 6 U 239/11; OLG München, Beschluss vom 01 10.2012 - 6 W 1705/12).

    3.

    Entgegen der Ansicht der Beklagten haftet die Beklagte auch als Täterin, da sie - wovon das Erstgericht zutreffend ausgegangen ist - ihrer sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen ist.

    Zwar trägt die Klägerin nach allgemeinen Grundsätzen als Anspruchstellerin die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs erfüllt sind. Danach ist es grundsätzlich ihre Sache, darzulegen und nachzuweisen, dass die Beklagte für die von ihr behauptete Urheberrechtsverletzung als Täterin verantwortlich ist (vgl. BGH GRUR 2013, 511 Rn. 32 - Morpheus; BGH GRUR 2014, 657 Rn. 14 - BearShare).

    Wird jedoch - wie vorliegend - ein geschütztes Werk der Öffentlichkeit von einer IP-Adresse aus zugänglich gemacht, die zum fraglichen Zeitpunkt einer bestimmten Person zugeteilt ist, spricht grundsätzlich eine tatsächliche Vermutung dafür, dass diese Person für die Rechtsverletzung verantwortlich ist (BGH, 12.05.2010, I ZR 121/08, Rn. 12 - Sommer unseres Lebens).

    Diese tatsächliche Vermutung greift jedoch dann nicht, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung auch andere Personen diesen Anschluss benutzen konnten, entweder weil der Anschluss nicht hinreichend gesichert war oder weil er bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde (BGH, 08.01.2014, I ZR 169/12, Rn. 14 - BearShare). In diesen Fällen trifft den Inhaber des Internetanschlusses eine sekundäre Darlegungslast im Hinblick auf die Frage, ob zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung andere Personen den Anschluss nutzen konnten (BGH, 12.05.2010, I ZR 121/08, Rn. 12 - Sommer unseres Lebens, BGH, 08.01.2014, I ZR 169/12, Rn. 16 - BearShare; BGH, 11.06.2015 - I ZR 75/14, Rn. 42 - Tauschbörse III).

    Steht der Beweisführer - wie regelmäßig der Rechteinhaber in Bezug auf Vorgange in der Sphäre des Anschlussinhabers - außerhalb des für seinen Anspruch erheblichen Geschehensablaufs, kann vom Prozessgegner im Rahmen des Zumutbaren das substantiierte Bestreiten der behaupteten Tatsache und die Darlegung der für das Gegenteil sprechenden Tatsachen und Umstände verlangt werden Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast, wenn er vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständig Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen (BGH, 08.01.2014, I ZR 169/12, Rn. 18 - BearShare; BGH, 11.06.2015, I ZR 75/14, Rn. 37 Tauschbörse III).

    In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat (BGH, 11.06.2015, I ZR 75/14, Rn. 42 - Tauschbörse III). Eine Umkehr der Beweislast ist mit der sekundären Darlegungslast ebenso wenig verbunden wie eine über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast gemäß § 138 Abs. 1 und 2 ZPO hinausgehende Verpflichtung des Anschlussinhabers, der Klägerin alle für ihren Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen (BGH, 08.01.2014, I ZR 169/12, Rn. 18 - BearShare; BGH, 11.06.2015, I ZR 75/14, Rn. 37 - Tauschbörse III).

    Die Beklagte hat vorliegend ausgeführt, dass sie die Wohnung in [Adresse1], zu der der ermittelte Internetanschluss gehört, nie bewohnt habe, da sie seit 1954 ununterbrochen im 170 km entfernten [Adresse2] wohne. Die streitgegenständlichen Rechtsverletzungen habe sie daher auch nicht begangen Unter der Adresse [Adresse1] wohne vielmehr ihr Sohn. Sie habe lediglich den Vertrag mit dem Internetdienstanbieter für ihren Sohn abgeschlossen, da dieser aufgrund eines Privatinsolvenzverfahrens hierzu nicht in der Lage gewesen sei. Der Internetzugang sei zudem WPA2 verschlüsselt gewesen.

    Der erstinstanzlich vernommene Zeuge [Name] der Sohn der Beklagten, hat in seiner Zeugeneinvernahme ausgesagt, dass er zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Rechtsverletzung alleine in der Wohnung [Adresse1] gewohnt habe und sich sicher sei, die beiden streitgegenständlichen Hörbücher nicht in einer Internettauschbörse zum Download angeboten zu haben. Er kenne die streitgegenständlichen Werke nicht.

    Mit diesem Vortrag ist die Beklagte ihrer sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen. Der Sachvortrag der Beklagten ist unplausibel, weil er darauf abzielt, dass niemand für die - feststehende - Rechtsverletzung verantwortlich ist. Denn die Beklagte trägt zum einen vor, sie selber habe die Rechtsverletzung nicht begangen. Zum anderen trägt sie vor, der streitgegenständliche Anschluss sei WPA2 verschlüsselt, so dass auch kein unbefugter Dritter die Rechtsverletzung begangen haben kann. Soweit sie in. der mündlichen Verhandlung vom 17.02.2016 vortragen lässt, diese Ausführungen hätten sich nur auf ihren Internetanschluss in [Adresse2] bezogen, war der erstmals in der Berufungsinstanz vorgebrachte Vortrag nicht zu berücksichtigen, da keine Ausnahme des § 531 Abs. 2 ZPO vorliegt. Nach dem Vortrag der Beklagten kommt somit nur der Sohn der Beklagten als Täter in Betracht. Da dieser bei seiner Zeugeneinvernahme seine Täterschaft jedoch abgestritten hat und die Beklagte daraufhin nicht vorgetragen hat, warum er dennoch als Täter für die streitgegenständliche Rechtsverletzung in Betracht komme, genügt der Sachvortrag der Beklagten den vom BGH aufgestellten Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast nicht (BGH, 08.01.2014, I ZR 169/12, Rn. 18 - BearShare; BGH, 11.06.2015, 1 ZR 75/14, Rn. 37 - Tauschbörse III). Denn die Beklagte hat im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast Tatsachen dazu vorzutragen, wer als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommt. Nachdem jedoch der Sohn der Beklagten ausgesagt hat, er habe die Rechtsverletzung nicht begangen, ist der Sachvortrag der Beklagten nicht mehr plausibel da nach ihrem Vortrag niemand für die feststehende Rechtsverletzung als Täter in Betracht kommt. Er genügt daher dem - nach Auffassung der Kammer - gebotenen strengen Maßstab an den Detailgrad und die Plausibilität des Sachvortrags im Rahmen der sekundären Darlegungslast nicht.

    4.

    Zutreffend rügt die Berufung, dass die vom Erstgericht vorgenommene Schadensschätzung den Anforderungen des § 287 ZPO nicht genügt. Dennoch verhilft ihr dies nicht zum Erfolg, da die Klägerin ihren Schadensersatzanspruch - wie geschehen - gemäß § 97 Abs. 2 Satz 3 UrhG nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie berechnen kann. Für die konkreten Hörbücher ist die von der Klägerin im Prozess geltend gemachte Höhe des Schadensersatzes von jeweils 450,00 EUR angemessen.

    Gibt es - wie vorliegend - keine branchenüblichen Vergütungssätze und Tarife, ist die Höhe der als Schadensersatz zu zahlenden Lizenzgebühr gemäß § 287 ZPO unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu bemessen. Dabei sind an Art und Umfang der Schätzgrundlage nur geringe Anforderungen zu stellen (BGH, 11.06.2015, I ZR 75/14, Rn. 51 - Tauschbörse III). Die Kammer schätzt den Betrag gemäß § 287 Abs. 1 ZPO auf der Basis der von der Beklagten mitgeteilten Downloadpreise von 5,94 EUR bzw. 6,49 EUR je Hörbuch (Anlage B 1 und B 2). Für die Schätzung ist neben dem Downloadpreis insbesondere zu berücksichtigen, dass der Lizenzbetrag die lawinenartige Verbreitung von Daten in einem Filesharing-Netzwerk, die hieraus folgende theoretische Notwendigkeit einer umfassenden Erteilung von Unterlizenzen sowie den zeitlich und räumlich unbeschränkten Geltungsbereich der Lizenz abbilden muss.

    5.

    Entgegen der Ansicht der Beklagten kommt eine Deckelung der Abmahnkosten nach § 97a Abs. 2 UrhG a.F. nicht in Betracht. Zutreffend geht das Erstgericht davon aus, dass auf die streitgegenständliche Abmahnung der § 97 Abs. 3 UrhG n.F. keine Anwendung findet. Auf die Ausführungen des Erstgerichts wird insoweit verwiesen. Auf § 97a Abs. 2 UrhG a.F. kann sich die Beklagte hingegen nicht berufen, weil es sich bei dem Tauschbörsenangebot zweier Hörbücher nicht um eine geringfügige Rechtsverletzung handelt.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 713 ZPO in Verbindung mit § 26 Nr 8 EGZPO.

    Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Revisionsgerichts nach § 543 Abs 2 Nr. 2 ZPO erfordern. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung unter Anwendung der vom BGH zuletzt in der Entscheidung vom 11 06.2015 - I ZR 75/14 (Tauschbörse III) aufgestellten Grundsätze Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nach § 26 Nr 8 EGZPO nicht statthaft. (...)


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LG München I, Urteil vom 17.02.2016, Az. 21 S 5929/15,
Klage Waldorf Frommer,
Waldorf Frommer Rechtsanwälte,
sekundäre Darlegungslast,
Gutachten,
Detailgrad und Plausibilität

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#5268 Beitrag von Steffen » Mittwoch 6. April 2016, 00:31

WALDORF FROMMER: Amtsgericht Frankfurt am Main verurteilt Anschlussinhaber in Filesharing Verfahren - Pauschaler Verweis auf Hacker verspricht keinen Erfolg!



00:30 Uhr



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Bericht

Link: http://news.waldorf-frommer.de/waldorf- ... en-erfolg/

Urteil als PDF: http://news.waldorf-frommer.de/wp-conte ... 838_75.pdf


Autorin:
Rechtsanwältin Cornelia Raiser



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Maßgeblicher Einwand des beklagten Anschlussinhabers war, dass womöglich unbekannte Dritte seinen geschützten Internetanschluss widerrechtlich genutzt und die Rechtsverletzung begangen hätten. Ungeachtet dessen sei sowohl der beantragte Schadensersatz, als auch der angesetzte Gegenstandswert überhöht. Das Gericht folgte diesen Argumenten nicht. In seiner Urteilsbegründung führt das Gericht aus, dass Spekulationen über vermeintliche Hacker keine ernsthafte und wahrscheinliche Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs begründen.
  • "Soweit der Beklagte behauptet, ein unberechtigter Dritter hätte unter Umgehung der Sicherheitsvorkehrungen den Internetanschluss genutzt, handelt es sich um eine vage Vermutungen, ohne konkrete Anhaltspunkte. In einem solchen Fall fehlt es an einer tatsächlichen Grundlage für die Annahme, ein Dritter konnte die Verletzungshandlung mit - alleiniger - Tatherrschaft begangen haben (vgl. BGH, Urteil vom 11.06.2015, I ZR /5/14 Tauschbörse III)."
Gegen den angesetzten Schadensersatz in Höhe von 600,00 EUR für die illegale Verbreitung eines Filmwerkes sowie die geltend gemachten Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 506,00 EUR hatte das Gericht keinerlei Bedenken:
  • "Entgegen der Ansicht des Beklagtenvertreters sind die geltend gemachten Rechtsanwaltskosten auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. [...] Ein wichtiges Indiz bei der Ermittlung des Verfahrenswertes ist der so genannte Angriffsfaktor, der den drohenden Verletzungsumfang, die Qualität und Gefährlichkeit der Verletzungshandlung einschließlich Verschuldensgrad und späterem Verhalten, die Stellung des Verletzers und des Verletzten, das Wirkungspotential der Verletzung sowie die Intensität und Nachahmungsgefahr der Verletzung berücksichtigt.

    Ein wichtiges Indiz für die Schätzung des Interesses bildet hierbei die Angabe des Streitwertes in der Klage- bzw. Antragsschrift, denn diese Angabe erfolgt grundsätzlich noch unbeeinflusst von Ausgang des Rechtsstreits. Hier ging die Klägerin in ihrem Abmahnschreiben [...] von einem Gegenstandswert von 10.000,00 EUR aus. Es ist nicht ersichtlich oder dargetan, dass diese Angabe fehlerhaft wäre.

    Das Gericht geht vielmehr davon aus, dass der angegebene Gegenstandswert dem Gefährdungspotenzial der Fortsetzung der Teilnahme an der Tauschbörse entspricht."




Amtsgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 17.02.2016, Az. 30 C 2838/15 (75)
(Volltext)


  • (...) hat das Amtsgericht Frankfurt am Main durch Richterin am Amtsgericht [Name] aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 20.01 2016 für Recht erkannt:
    • 1. Der Beklagte wird verurteilt, 1 006,00 EUR zuzüglich Zinsen in Hohe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 03.04.2015 an die Klägerin zu zahlen.
      2. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.
      3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.


    TATBESTAND

    Die Klägerin begehrt Erstattung von Abmahnkosten und Schadensersatz für das angebliche widerrechtliche öffentliche Zugänglichmachen eines Films in einer Dateitauschbörse über den Internetanschluss des Beklagten. Die Klägerin ist Inhaberin der ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrechte des Filmwerks [Name]. Der Beklagte ist Inhaber eines privaten Internetanschlusses in Hadamar. Der Anschluss ist über ein vom Sohn des Beklagten, Herrn [Name] eingerichtetes Password geschützt, welches auch nur dem Beklagten und seinem Sohn bekannt ist.

    In dezentralen Computernetzwerken, sog. Peer-to-Peer-Netzwerken bzw. Online-Tauschbörsen, werden Film- und sonstige Dateien von den jeweils Beteiligten zum Download angeboten. Jeder Nutzer des Netzwerks kann die Dateien von der Festplatte des Anbietenden ohne Entgeltzahlung herunterladen und bietet sie schon während des Herunterladens wieder anderen Nutzern zum Download an.

    Zum Zweck der Verfolgung widerrechtlicher Verbreitungen von geschützten Werken beauftragte die Klägerin den Sicherheitsdienstleister ipoque GmbH mit der Überwachung bestimmter Peer-to-Peer-Netzwerke. Für folgende Daten teilte der Sicherheitsdienstleister der Klägerin jeweils eine vermeintliche Verletzung der Rechte an dem Film [Name] durch das Zurverfügungstellung der Filmdatei über folgende vom Internet Service Provider zugewiesenen IP-Adressen mit

    Datum - Uhrzeit - IP-Adresse
    xxxxxx xxxxxxx xxxxxxxxxx
    .
    .
    .
    xxxxxx xxxxxxx xxxxxxxxxx


    Aufgrund hiernach von der Klägerin beim Landgericht Köln erwirkter Gestaltungsanordnung benannte der Internetprovider jeweils den Beklagten als Inhaber des Anschlusses, dem im jeweils fraglichen Zeitpunkt die 1P-Adressen zugeordnet waren. Unstreitig war der volljährige Sohn des Beklagten, Herr [Name] nicht der Täter der streitgegenständlichen Urheberrechtsverletzungen.

    Mit Rechtsanwaltsschreiben vom [Datum] ließ die Klägerin den Beklagten wegen der behaupteten Urheberrechtsverstößen abmahnen. Der Beklagte gab daraufhin eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab.

    Die Klägerin begehrt mit vorliegender Klage die Erstattung der Anwaltskosten für das Abmahnschreiben in Höhe von 506,00 EUR nach einem Gegenstandswert von 10.000,00 EUR sowie so genannten lizenzanalogen Schadensersatz in Höhe von mindestens 600,00 EUR.

    Die Klägerin behauptet, der Beklagte sei Täter der in Streit stehenden Urheberrechtsverletzungen. Zum Tatzeitpunkt habe kein Dritter selbstständigen Zugriff auf den Internetanschluss des Beklagten gehabt.


    Die Klägerin beantragt,
    • 1. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 600,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 03.04.2015 sowie
      2. 506,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 03.04 2015 zu zahlen.



    Der Beklagte beantragt,
    • die Klage abzuweisen.


    Der Beklagte bestreitet Täter der Urheberrechtsverletzung zu sein. In der Zeit vom [Uhrzeit] bis [Uhrzeit] habe er sich in einem Kurzurlaub befunden. Der Internetanschluss sei zu dieser Zeit nur noch seinem Sohn, Herr [Name] zugänglich gewesen Es bestünde der begründete Verdacht, dass unrechtmäßige Nutzer unter Umgehung der Sicherheitsvorkehrungen den Internetanschluss des Beklagten genutzt haben.

    Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.



    ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

    Die Klage ist zulässig. Die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Frankfurt ergibt sich aus § 105 Abs. 1 UrhG in Verbindung mit § 35 Nr. 2a ZuZuV.

    Die Klage ist auch begründet Die Klägerin hat einen Anspruch auf Ersatz des analogen Lizenzschadens gemäß der §§ 19a, 97 Abs. 2 UrhG in Höhe von 600,00 EUR Nach der Rechtsprechung des BGH spricht eine tatsächliche Vermutung für die Täterschaft des Inhabers des Internetanschlusses, wenn über seinen Internetanschluss eine Rechtsverletzung begangen wurde und nicht die ernsthafte Möglichkeit bestand, dass Dritte den Internetanschluss genutzt haben (BGH GRUR 2014, 657 BearShare). So liegen die Voraussetzungen hier Zwar hat der Beklagte behauptet, sein Sohn habe zur Tatzeit selbstständigen Zugriff auf den Internetanschluss gehabt, doch fehlt es an der ernsthaften Möglichkeit, dass Dritte den Internetanschluss genutzt haben Unstreitig ist der Sohn des Beklagten nicht der Täter der streitgegenständlichen Urheberrechtsverletzung. Ebenfalls unstreitig war der Internetanschluss durch ein vom Sohn des Beklagten eingerichtetes Password geschützt, das auch ausschließlich dem Beklagten und seinem Sohn bekannt war. Demnach besteht hier gerade nicht die ernsthafte Möglichkeit, dass Dritte den Internetanschluss genutzt haben, so dass ausschließlich der Beklagte als Täter der Urheberrechtsverletzung in Betracht kommt Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Beklagte behauptet, sich zum relevanten Tatzeitraum in einem Kurzurlaub befunden zu haben. Wie der BGH mit Urteil vom 11.06 2015, I ZR 19/14 (Tauschbörse I) ausgeführt hat, ist die persönliche Anwesenheit des Täters zur Tatzeit nicht erforderlich. Die zuvor heruntergeladenen Dateien können über den eingeschalteten und mit dem Internet verbundenen Rechner auch während der Abwesenheit des Täters für ein Download zur Verfügung stehen.

    Soweit der Beklagte behauptet, ein unberechtigter Dritter hatte unter Umgehung der Sicherheitsvorkehrungen den Internetanschluss genutzt, handelt es sich um eine vage Vermutungen, ohne konkrete Anhaltspunkte. In einem solchen Fall fehlt es an einer tatsächlichen Grundlage für die Annahme, ein Dritter könnte die Verletzungshandlung mit - alleiniger- Tatherrschaft begangen haben (vgl. BGH, Urteil vom 11.06 2015, I ZR /5/14 Tauschbörse III).

    Fehlt es wie hier an branchenüblichen Vergütungssätzen und Tarifen, ist die Höhe der als Schadensersatz zu zahlenden Lizenzgebühr gemäß § 287 ZPO vom Tatrichter unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls nach seiner freien Überzeugung zu bemessen. Im Rahmen der Schadensschätzung hat das Gericht die verkehrsüblichen Entgeltsätze für legale Downloads an gewerblichen Portalen (Video an Demand) im Internet, welche sich unwidersprochen auf mindestens 5,87 EUR belaufen, zu Grunde gelegt. Ungeachtet einer eventuellen Erhöhung dieser Lizenzgebühr im Hinblick auf die tauschbörsenspezifischen Risiken, errechnet sich bereits bei nur 103 Abrufen der klägerseits begehrte Schadensersatz in Höhe von 600,00 EUR. Diese Summe erachtet das Gericht als angemessen, aber auch ausreichend.

    Darüber hinaus hat die Klägerin nach den Vorschriften der Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677, 683 S 1, 670 BGB) einen Anspruch auf Ersatz der ihr vorgerichtlich entstandenen Abmahnkosten. Die Neuregelung des § 97 a Abs. 3 UrhG ist vorliegend nicht einschlagig, da sie erst mit Wirkung zum 09 10 2013 greift.

    Die ausgesprochene Abmahnung war wie oben ausgeführt berechtigt und der Klägerin stand im Zeitpunkt der Abmahnung ein Unterlassungsanspruch gegen den Beklagten zu. Ferner entsprach die Geschäftsführung auch dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Beklagten Denn die Abmahnung erfolgte zwecks Vermeidung eines für den Beklagten Kosten verursachenden Rechtsstreits.

    Entgegen der Ansicht des Beklagtenvertreters sind die geltend gemachten Rechtsanwaltskosten auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Bei der Bemessung der Rechtsanwaltsvergütung ist von den im RVG vorgesehenen Bestimmungen auszugehen. Die Geschäftsgebühr nach Nr 2300 RVG - VV liegt regelmäßig bei 1,3. Dem Umstand, dass es sich bei Abmahnschreiben um ein standardisiertes Massengeschäft handelt, hat die Klägerin ausreichend Rechnung getragen, indem sie lediglich eine 1,0 fache Gebühr beansprucht.

    Letztendlich ist auch der Höhe des Gegenstandswertes nicht zu beanstanden Gemäß § 3 ZPO ist der Streitwert nach freiem Ermessen im Wege der Schätzung zu bestimmen Maßgeblich für die Schatzung ist bei einem Unterlassungsanspruch das Interesse des Klägers an der Unterbindung weiterer gleichartiger Verletzungen Dies ist aus einer ex ante Sicht zu beurteilen (Jan Bernd Nordemann in Fromm / Nordemann, UrhG, 10. Aufl. 2008, § 97 Rdnr. 223) Ein wichtiges Indiz bei der Ermittlung des Verfahrenswertes ist der so genannte Angriffsfaktor, der den drohenden Verletzungsumfang, die Qualität und Gefährlichkeit der Verletzungshandlung einschließlich Verschuldensgrad und späterem Verhalten, die Stellung des Verletzers und des Verletzten, das Wirkungspotenzial der Verletzung sowie die Intensität und Nachahmungsgefahr der Verletzung berücksichtigt. Ein wichtiges Indiz für die Schätzung des Interesses bildet hierbei die Angabe des Streitwertes in der Klage- bzw. Antragsschrift, denn diese Angabe erfolgt grundsätzlich noch unbeeinflusst von Ausgang des Rechtsstreits. Hier ging die Klägerin in ihrem Abmahnschreiben vom [Datum] von einem Gegenstandswert von 10.000,00 EUR aus. Es ist nicht ersichtlich oder dargetan, dass diese Angabe fehlerhaft wäre. Das Gericht geht vielmehr davon aus, dass der angegebene Gegenstandswert dem Gefährdungspotenzial der Fortsetzung der Teilnahme an der Tauschbörse entspricht.

    Der Zinsanspruch ergibt sich aus den §§ 280 Abs 1 und 2, 286 Abs 2 Nr. 1, 288 BGB Der Beklagte wurde mit Schreiben vom 03.03 215 gemahnt

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO

    Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat seine Grundlage in den §§ 709 ZPO. (...)


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AW3P-2016



AG Frankfurt am Main, Urteil vom 17.02.2016, Az. 30 C 2838/15 (75),
Klage Waldorf Frommer,
WALDORF FROMMER Rechtsanwälte,
sekundäre Darlegungslast

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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5269 Beitrag von Sky » Mittwoch 6. April 2016, 16:33

Hallo, wollte mal einen kurzen Zwischenstand geben:
Hatte eine Abmahnung im Jahr 2010 bekommen worauf ich mit einer mod UE reagiert habe. Gezahlt habe ich den Abzockern nichts. Nach mehreren Drohbriefen hatte ich dann auch endlich wieder meine Ruhe. Jetzt ist die ganze Sache ja zum Glück schon verjährt, jedoch hab ich immer noch den ganzen Papierkram hier rumliegen. Kann ich das Zeug jetzt bedenkenlos wegwerfen oder sollte ich da doch lieber was von behalten?

Reklov

Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5270 Beitrag von Reklov » Mittwoch 6. April 2016, 19:00

Ja lieber etwas aufbewahren. Ich habe nach der Verjährung auch alles entsorgt und jetzt kommen wieder Briefe und bin mir nicht sicher ob es sich um was neues Handelt, was eigentlich nicht sein kann, den ich habe kein Schreiben bekommen was mir vorgeworfen wird und die alte Sache ist eigentlich auch schon verjährt, aber ich kann nirgends nachschauen, also lieber etwas aufbewahren.

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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5271 Beitrag von Steffen » Donnerstag 7. April 2016, 10:24

[quoteemSky]Hatte eine Abmahnung im Jahr 2010 bekommen worauf ich mit einer mod UE reagiert habe. Gezahlt habe ich den Abzockern nichts. Nach mehreren Drohbriefen hatte ich dann auch endlich wieder meine Ruhe. Jetzt ist die ganze Sache ja zum Glück schon verjährt, jedoch hab ich immer noch den ganzen Papierkram hier rumliegen. Kann ich das Zeug jetzt bedenkenlos wegwerfen oder sollte ich da doch lieber was von behalten?[/quoteem]

Hallo @Sky,
eine Abmahnung ist ein Rechtsstreit. Gewisse Ansprüche und Forderungen verjähren zwar innerhalb gesetzlicher Fristen, bestehen aber dennoch weiter. Ein anderer Aspekt, eine mod. UE bedarf zwar einer expliziten Annahmeerklärung, um zu einem Unterlassungsvertrag zu werden, da aber man die mod. UE unbestimmt abgibt, kann diese auch unbestimmt angenommen werden.
Sollte zum Beispiel in 16 Jahren ein erneuter Verstoß zum Streitgegenstand festgestellt werden und eine Vertragsstrafe eingefordert (meist so ca. 5.000,- €), hat man - ohne - Unterlagen dann schlechte Karten.

Summa summarum
In einem Rechtsstreit sind die entsprechenden Unterlagen - dauerhaft - zu archivieren.

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Nachbesprechung LG München Az. 21 S 5929/15

#5272 Beitrag von Steffen » Donnerstag 7. April 2016, 11:16

Landgericht München I, Urteil vom 17.02.2016, Az. 21 S 5929/15 - Das typisch bajuwarische Sippenhaftungsurteil mit Gelegenheitsgutachten

11:15

Nachdem die Entscheidung des Landgericht München I: Az. 21 S 5929/15 veröffentlicht wurde, stand für die Foren-Vergleichs-Experten fest, in Bayern riecht es anrüchig nach Gefälligkeitsgutachten, falsches Technikverständnis, typisch bayrisches Sippenhaftungs-Urteil - keiner Kommentierung wert, was aber dann - dank 'ab 2016-Loch' - seitenlang naturwissenschaftlich totgeredet wird.

Es sollte schon im Grundsatz klar werden, das in der Verteidigung neben Aktivlegitimation ein naturwissenschaftlicher Teil (Beweiskette) und juristischer Teil (ZPO, tatsächliche Vermutung + sekundäre Darlegungslast usw.) einfließen. Legt man den Hauptaugenmerk auf den naturwissenschaftlichen Teil - ohne - etwas im Trumpf zu haben, wird es bei Zustimmung in ein Gutachten gehen dessen Ergebnis dann bindet. Und nur am Rande, das viel beschworene "1 sec-IP-Gutachten" vom 10.09.2010 hinsichtlich AG Köln - Az. 125 C 602/09 liest sich zwar schön betreffs der Evidenzia, war aber noch - nie - Erfolgs verwöhnt.


AG München (Erstgericht)
  • 2 Hörbücher
    AI = Ich nicht, keine weiteren Mitnutzer, Ermittlungen falsch - trotz Mehrfachermittlung
    2 Gutachten
    Amtsrichter: Klage wurde stattgegeben

LG München (Berufung)
  • Münchner Prinzip: Detailliertheit und Plausibilität
    AI - nein, ich nicht / AI benennt (nicht schon am AG, sondern erst am LG) Mitnutzer / Mitnutzer - nein, ich nicht + AI greift erneut die Gutachten an
    Landerichter: nein, AG hatte recht: Sachvortrag widersprüchlich und unplausibel
++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

Grundlage: Tatsächliche Vermutung und sekundäre Darlegungslast


I. Tatsächliche Vermutung der Verantwortlichkeit des AI (= Anscheinsbeweis)

- ist der AI selbst nicht Täter, muss er die gegen ihn streitende tatsächliche Vermutung entkräften.
- Grundlage: Vermutung!
- Annahme eines typischen bzw. der Lebenserfahrung entsprechenden Geschehensablaufs, wonach in erster Linie der AI seinen Internetzugang nutzt oder jedenfalls über die Art und Weise der Nutzung bestimmt und diese mit Tatherrschaft - bewusst und alleine - kontrolliert

Hinweis
Wird die Vermutungsgrundlage beseitigt, entfällt diese Vermutung. Regelmäßig, wenn der Internetanschluss zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde.

Das heißt
a) der AI muss folglich seine eigene Täterschaft bestreiten und zugleich Tatsachen und Umstände darlegen, wonach zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung (auch) andere Personen seinen Internetanschluss benutzen konnten und als möglicher Täter infrage kommen können
b) wird die tatsächliche Vermutung vom AI nicht entkräftet, hat dies zur Folge, dass der AI als (vermuteter) Täter für die Rechtsverletzung ist und somit haftbar (verschuldensunabhängig)
c) Denklogisch: gibt es keine Mitnutzer oder war der Anschluss hinreichend gesichert, dann bleibt der Anscheinsbeweis, das der AI für den Vorwurf verantwortlich sei - bestehen!


II. Sekundäre Darlegungslast des Anschlussinhabers

Beachte
Unabhängig von der tatsächlichen Vermutung

Grundlage: Bewältigung von Wissens- bzw. Wahrnehmungsdefiziten
- kein typischer Geschehensablauf
- die konkreten Umstände der Tat entziehen sich dem Wahrnehmungsbereich der beweisbelasteten Partei (Kläger)
- der Gegner der beweisbelasteten Partei (AI) hat - allein - über die die Kenntnisse über Tatumstände oder
- kann sich die sich Kenntnisse über Tatumstände mit - zumutbarem - Aufwand verschaffen

Hinweis
a) Kommt der AI der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast nicht nach, ist sein Vortrag unbeachtlich und er muss die von der beweisbelasteten Partei vorgetragenen Tatsachen - auch wenn diese nicht bewiesenen sind - im Sinne des § 138 Abs. 3 ZPO, als zugestanden gegen sich gelten lassen (vgl. Greger, in: Zöller, ZPO, 30. Aufl. 2014, § 138 Rn. 8 b u. Vor § 284 Rn. 34 c).
b) Kommt der AI seiner sekundären Darlegungslast nach, geht die Beweislast wieder an den Kläger über.

++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

Nun kann man ja eingestellt sein, wie man möchte. Fruchtet der naturwissenschaftliche Hauptteil seiner Verteidigung nicht, dann ist das A und O = Tatsächliche Vermutung und sekundäre Darlegungslast. Obwohl m.M.n. ohne etwas im Trumpf zu haben, es sinnbefreit ist es auf ein Gutachten ankommen zu lassen. Gut, wer zu viel Kohle hat ...

Und, wenn man die Rechtsprechung am Gerichtsstandort München kennt, muss man einen substantiierten Sachvortrag wählen.

Ich kann - natürlich die Foren-Welt nicht - verstehen, wenn der beklagte AI eine mögliche Täterschaft verneint, der verspätete vorgetragen Mitnutzer seine ebenfalls ... das sich der/die Richter fragen, wer war es denn dann, wenn der Anscheinsbeweis (tatsächliche Vermutung) der Verantwortlichkeit des AI zum Vorwurf steht!? Natürlich gibt es Gerichtsstandorte, die anders Recht sprechen. D.h. wo es ausreicht, das der beklagte AI seine Täterschaft verneint, Mitnutzer pauschal nennt und die ihre Täterschaft auch verneinen. Hierauf wird auch dann der Jubelchor ausgerichtet. Aber ...
... die "BB-Zeiten" sind vorbei.

Es wurden einfach seitens der Beklagten und Anwalt - fachliche Fehler getätigt. Punkt.


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AG Magdeburg,Az. 160 C 3370/15 (160)

#5273 Beitrag von Steffen » Donnerstag 7. April 2016, 23:25

WALDORF FROMMER: Amtsgericht Magdeburg - Anschlussinhaber haftet für Rechtsverletzung, wenn Verantwortlichkeit eines Dritten weder ausreichend dargelegt, noch unter Beweis gestellt wurde / 450,00 EUR Schadenersatz angemessen


23.25 Uhr


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Bericht

Link: http://news.waldorf-frommer.de/waldorf- ... r-schaden/

Urteil als PDF: http://news.waldorf-frommer.de/wp-conte ... _15160.pdf



Autorin:
Rechtsanwältin Claudia Lucka


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Das Amtsgericht Magdeburg hatte in diesem Verfahren zu entscheiden, ob der Beklagte als Anschlussinhaber für die unstreitige Rechtsverletzung über seinen Internetanschluss haftet.

Der Anschlussinhaber trat dem konkreten Vorwurf der illegalen Verbreitung eines Musikalbums lediglich damit entgegen, dass er die Tatbegehung abstritt und auf seine vermeintliche Abwesenheit zur Rechtsverletzung verwies. Weiterer beweiswürdiger Sachvortrag, so der Beklagte, sei ihm nicht möglich.

Dieses Vorbringen reichte dem Amtsgericht nicht aus:
  • "Dass andere Personen als Täter in Betracht kommen, hat der Beklagte weder ausreichend dargelegt noch unter Beweis gestellt."
Es verurteilte den Anschlussinhaber antragsgemäß zur Zahlung von 450,00 EUR Schadensersatz, zur Erstattung der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten von 506,00 EUR sowie zur Tragung der gesamten Kosten des Rechtsstreits.

Im Rahmen seiner Entscheidungsgründe stellte das Amtsgericht nicht nur die Angemessenheit des Streitwertes in Höhe von 10.000,00 EUR für ein Musikalbum fest, sondern auch die Höhe des klägerseits beantragten Mindestschadenersatzes:
  • "Der durch die Klägerin im Wege der Lizenzanalogie geltend gemachte Schaden ist der Höhe nach nicht zu beanstande. Ein Erstattungsbetrag von bis zu 200,00 EUR je Musiktitel wird von der Rechtsprechung als angemessen angesehen (Urteil BGH, AZ. I ZR 7/14). Da von dem Internetanschluss des Beklagten ein gesamtes Musikalbum der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde, bestehen hinsichtlich des geltend gemachten Schadensersatzanspruches gerichtlicherseits keine Bedenken."


Amtsgericht Magdeburg, Urteil vom 29.03.2016, Az. 160 C 3370/15 (160)

  • (...) hat das Amtsgericht Magdeburg auf die mündliche Verhandlung vom 07.03.2016 durch die Richterin am Amtsgericht [Name] für Recht erkannt
    • 1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 956,00 EUR zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.07.2015 zu zahlen.
      2. Der Beklagte tragt die Kosten des Rechtsstreits.
      3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.


    Tatbestand

    Die Klägerin macht gegenüber den Beklagten Schadensersatz im Wege der Lizenzanalogie und die Erstattung von Abmahnkosten wegen Urheberrechtsverletzungen geltend.

    Die Klägerin hat ermittelt, dass von dem Internetanschluss des Beklagten in der Zeit vom [Uhrzeit] bis [Uhrzeit] das Musikalbum [Name] des Künstlers [Name], welches durch die Klägerin verwertet wird, im Rahmen der lnternettauschbörse edonkey öffentlich zum Download zugänglich gemacht wurde.

    Mit Schreiben vom [Datum] wurde der Beklagte durch die Bevollmächtigten der Klägerin zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung, zur Zahlung von Schadensersatz sowie zur Erstattung der Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung aufgefordert. Hierauf hat der Beklagte eine uneingeschränkte Unterlassungserklärung abgegeben.


    Die Klägerin beantragt,
    • den Beklagten zu verurteilen, an sie einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 450,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 17.44. 2015 sowie 506,00 EUR zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 17.04. 2015 zu zahlen.



    Der Beklagte beantragt,
    • Klageabweisung.


    Der Beklagte behauptet, er sei zur Zeit des streitgegenständlichen Downloads nicht zuhause gewesen. Er habe den ihm vorgeworfenen Download/Upload nicht sie selbst veranlasst.

    Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.



    Entscheidungsgründe

    Die zulässige Klage ist begründet.

    Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz gemäß § 97 Abs. 2 UrhG i.H.v. 450,00 EUR und auf Erstattung von Abmahnkosten gemäß § 97a Abs. 1 S. 1 UrhG alter Fassung i.H.v. 506,00 EUR.

    Die Klägerin ist als Inhaberin der Rechte des Tonträgerherstellers ausschließlich zur Vervielfältigung und öffentlichen Zugänglichmachung befugt und damit vorliegend aktivlegitimiert.

    Das Musikalbum [Name] des Künstlers [Name] wurde über den Internetanschluss des Beklagten in einer Internettauschbörse den Tauschbörsenteilnehmern zum Herunterladen angeboten und öffentlich zugänglich gemacht (§ 19a UrhG). Der Beklagte ist für die von seinem Internetanschluss aus begangene Rechtsverletzung verantwortlich.

    Wird ein geschütztes Werk der Öffentlichkeit von einer IP-Adresse zugänglich gemacht, die zum fraglichen Zeitpunkt einer bestimmten Person zugeteilt ist, spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass diese Person für die Rechtsverletzung verantwortlich ist. Dass andere Personen als Täter in Betracht kommen hat der Beklagte weder ausreichend dargelegt noch unter Beweis gestellt.

    Der durch die Klägerin im Wege der Lizenzanalogie geltend gemachte Schaden ist der Höhe nach nicht zu beanstanden. Ein Erstattungsbetrag von bis zu 200,00 EUR je Musiktitel wird von der Rechtsprechung als angemessen angesehen. (Urteil BGH, AZ. I ZR 7 I 14). Da von dem Internetanschluss des Beklagten ein gesamtes Musikalbum der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde, bestehen hinsichtlich des geltend gemachten Schadensersatzanspruches gerichtlicherseits keine Bedenken.

    Die Klägerin hat gegen den Beklagten auch einen Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten gemäß § 97 a Abs. 1 S. 2 UrhG a.F. i.H.v. 505,60 EUR. Auch insoweit erachtet das Gericht die in Ansatz gebrachte Geschäftsgebühr von 1,0 sowie den zu Grunde gelegten Gegenstandswert i.H.v. 10.000 EUR in Anbetracht dessen, dass ein gesamtes aktuelles Musikalbum Gegenstand der zu Recht erfolgten Abmahnung war, für angemessen.

    Die Klägerin hat Anspruch auf Zinsen gemäß § 291 BGB. Ein Verzug des Beklagten mit der Zahlung der streitgegenständlichen Forderung ist nicht ausreichend dargelegt worden.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den § 709 ZPO. (...)


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AG Magdeburg, Urteil vom 29.03.2016, Az. 160 C 3370/15 (160),
sekundäre Darlegungslast,
Klage Waldorf Frommer,
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#5274 Beitrag von Steffen » Samstag 9. April 2016, 01:33

WALDORF FROMMER: Das Amtsgericht Charlottenburg zur Haftung in Tauschbörsenverfahren bei unzureichender Darlegung eines alternativen Geschehensablaufs - illegales Angebot eines Kinofilms kein Bagatellverstoß!


01:32 Uhr


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Bericht

Link: http://news.waldorf-frommer.de/waldorf- ... atellvers/

Urteil als PDF: http://news.waldorf-frommer.de/wp-conte ... 585_15.pdf


Autorin:
Rechtsanwältin Claudia Lucka


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Die in diesem Verfahren in Anspruch genommene Anschlussinhaberin hatte ihre Verantwortlichkeit für die Rechtsverletzung bestritten und darauf verwiesen, dass sie ihren Internetzugang mit Mitbewohnern geteilt hätte. Der verwendete WLAN-Router sei verschlüsselt gewesen. Naturgemäß könne, so die Beklagte, aber auch bei Beachtung aller Sicherheitsanforderungen nicht ausgeschlossen werden, dass Dritte den Zugang missbräuchlich genutzt hätten.

Dieser Vortrag befreite die Beklagte aber nicht aus ihrer Haftung.

Das Amtsgericht Charlottenburg erkannten insbesondere nicht die ausreichende Darlegung eines alternativen Geschehensablaufs:
  • "Sie [Anmerkung: die Beklagte] trägt insoweit lediglich vor, sie selbst habe die Urheberrechtsverletzung nicht begangen, in Betracht kämen Dritte, wohl insbesondere ihre "Mitbewohner". Damit hat die Beklagte nicht im Ansatz substantiiert zu einem alternativ in Betracht kommenden Geschehensablauf vorgetragen. Sie legt weder dar, um wen es sich bei den "Mitbewohnern" handelte (Name? Alter? Beziehung zur Beklagten?), noch auf welche Weise diese Zugang zu dem Internetanschluss hatten, oder welche PCs, Laptops etc. in dem Haushalt vorhanden waren. Zu den konkreten Tagen fehlt ebenfalls jeglicher Vortrag."
Auch die anhaltslose Spekulation der Beklagten zu einem vermeintlichen Missbrauch ihres Anschlusses konnte das Amtsgericht nicht überzeugen:
  • "Unbekannte Dritte scheiden schon deswegen aus, weil der Internetanschluss nach dem eigenen Vortrag der Beklagten ausreichend gesichert war und ein unberechtigter Zugriff von außen unter diesen Umständen nicht plausibel ist."
Aufgrund des insgesamt pauschalen Vorbringens verbleibe es bei der Vermutung der Täterhaftung der Beklagten als Anschlussinhaberin, so das Amtsgericht.

Gegen den angesetzten Schadensersatz in Höhe von EUR 600,00 für die illegale Verbreitung eines Filmwerkes hatte das Amtsgericht keine Bedenken. Im Gegenteil:
  • "Ausgehend von den vorstehenden Grundsätzen erscheint eine Lizenzgebühr von 600,00 EUR für einen erfolgreichen Kinofilm nicht nur angemessen, sondern eher niedrig, § 278 ZPO."
Auch gegen den angesetzten Streitwert in Höhe von 10.000,00 EUR bestanden keine Bedenken. Das Amtsgericht befand den klägerseits angesetzten Betrag als angemessen und hat darüber hinaus klargestellt, dass eine Deckelung nach § 97 a Abs. 2 UrhG keinesfalls in Betracht kommt.
  • "Eine Deckelung gemäß § 97 a Abs. 2 UrhG kommt nicht in Betracht, da es sich weder in qualitativer noch in quantitativer Hinsicht um eine unerhebliche Rechtsverletzung handelt. Das Anbieten eines erfolgreichen Kinofilms stellt nicht ansatzweise einen Bagatellverstoß dar."
Die Beklagte wurde antragsgemäß verurteilt und hat darüber hinaus auch sämtliche Kosten des Rechtsstreits zu tragen.




Amtsgericht Charlottenburg, Urteil vom 22.03.2016, Az. 206 C 585/15

  • (...) hat das Amtsgericht Charlottenburg, Zivilprozessabteilung 206, auf die mündliche Verhandlung vom 08.03.2016 durch die Richterin am Amtsgericht [Name] für Recht erkannt

    • 1. Der Vollstreckungsbescheid des Amtsgericht Coburg vom 26.11.2015 wird aufrecht erhalten.
      2. Die Beklagte hat die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu tragen
      3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.




    Tatbestand

    Die Klägerin ist Inhaberin der ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrechte an dem Film [Name].

    Am [Name] Datum von [Uhrzeit] Uhr bis [Uhrzeit] Uhr und am nächsten Tag von [Uhrzeit] Uhr bis [Uhrzeit] Uhr wurde der Film ohne Erlaubnis der Klägerin von der IP-Adresse [IP-Adresse] bzw. aus auf einer Internet-Tauschbörse zum Download angeboten. Dies wurde durch Recherchen einer von der Klägerin beauftragten Firma festgestellt. Die Klägerin führte ein Auskunftsverfahren in Bezug auf die genannte IP-Adresse durch Ihr wurde von dem Provider die Auskunft erteilt, dass die genannte IP-Adresse zu den oben angegebenen Zeitpunkten dem Anschluss der Beklagten zugeordnet gewesen sei.

    Mit anwaltlichem Schreiben der jetzigen Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom [Datum] (BI. 59ff d.A ) wurde die Beklagte im Auftrag der Klägerin wegen Anbietens des streitgegenständlichen Films abgemahnt sowie zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 600,00 EUR und zum Ersatz von Anwaltskosten in Höhe von 506,00 EUR aufgefordert Die Beklagte gab daraufhin ohne Anerkennung einer Rechtspflicht eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab, leistete aber keine Zahlungen an die Klägerin.


    Die Klägerin behauptet:

    Die Beklagte habe den Film wie zutreffend ermittelt zum Download angeboten.

    Die Klägerin ist der Ansicht, ihr stehe eine fiktive Lizenzgebühr in Höhe von mindestens 600,00 EUR zu, ferner Rechtsanwaltskosten für die Abmahnung nach einem Gegenstandswert in Höhe von 10.000,00 EUR (1,0 Geschäftsgebühr, 20,00 EUR Auslagenpauschale).

    Mit Vollstreckungsbescheid des Amtsgericht [Name] vom 26.11 2015 - zugestellt am 02.12.2015 - ist die Beklagte zur Zahlung von 1.106,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.03.2015 verpflichtet worden. Hiergegen hat sie mit am 09.12.2015 eingegangenem Schriftsatz Einspruch eingelegt.


    Die Klägerin beantragt,
    den Vollstreckungsbescheid des Amtsgericht Coburg vom 26.11.2015 ([Aktenzeichen]) aufrechtzuerhalten.



    Die Beklagte beantragt,
    den Vollstreckungsbescheid des Amtsgericht Coburg vom 26.11.2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.



    Die Beklagte behauptet:

    Sie sei für die angeblich über ihren Internetanschluss begangene Rechtsverletzung nicht verantwortlich. Zu berücksichtigen sei insoweit, dass die Beklagte einen WLAN-Router mit Verschlüsselung verwende; den Zugang teile sie sich mit ihren Mitbewohnern. Trotz Beachtung aller Sicherheitsanforderungen könne sie es naturgemäß nicht vollständig ausschließen, dass möglicherweise Dritte den Zugang missbräuchlich genutzt hätten.

    Die Beklagte halt die geltend gemachten Rechtsanwaltskosten für überhöht.



    Entscheidungsgründe

    Aufgrund des form- und fristgemäßen Einspruchs der Beklagten gegen den Vollstreckungsbescheid ist der Prozess in die Lage vor deren Säumnis zurückversetzt worden (§§ 700, 338 ff, 342 ZPO) Der Einspruch führt jedoch nicht zu einer Abänderung des Vollstreckungsbescheides.

    Die zulässige Klage ist begründet.

    Die Klägerin hat gegen die Beklagte gemäß §§ 97 Abs. 2 UrhG Anspruch auf Schadensersatz wegen unerlaubten Anbietens des Filmwerks[Name] auf einer Internet-Tauschbörse in der geltend gemachten Höhe.

    Die Klägerin ist als Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrecht an dem streitgegenständlichen Filmwerk, bei dem es sich um ein geschütztes Werk im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2 UrhG bzw. um ein Filmwerk, an dem Leistungsschutzrechte gemäß §§ 88, 89 UrhG bestehen, handelt, aktivlegitimiert.

    Die Beklagte ist als Täterin der in Rede stehenden Urheberrechtsverletzung anzusehen.

    Das Filmwerk ist gemäß § 19 a UrhG von ihrem Internetanschluss aus öffentlich zugänglich gemacht worden. Die ist unbestritten geblieben und ist zudem aufgrund der Mehrfachermittlungen als sicher anzusehen.

    Steht aber fest, dass die Urheberrechtsverletzung über einen bestimmten Internetanschluss begangen wurde, spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass der Anschlussinhaber, von dessen Anschluss aus die Urheberrechtsverletzung begangen wurde für die Rechtsverletzung verantwortlich ist (BGH, GRUR 2010, 912, "Sommer unseres Lebens"), hier mithin die Beklagte. Diese Vermutung beruht auf der Annahme eines der Lebenserfahrung entsprechenden Geschehensablaufs, wonach in erster Linie der Anschlussinhaber seinen Internetzugang nutzt, jedenfalls über die Art und Weise der Nutzung bestimmt und diese mit Tatherrschaft bewusst kontrolliert.

    Aus dieser tatsächlichen Vermutung ergibt sich eine sekundäre Darlegungslast der Anschlussinhabers, der geltend macht, er habe die Rechtsverletzung nicht begangen. Die Annahme kann mithin erschüttert und die Vermutungsgrundlage beseitigt werden, wenn der Anschlussinhaber Umstände darlegt, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs ergibt (BGB, a.a.O., LG Köln, Urteil vom 11.09.2012, recherchiert unter juris).

    Einen solchen anderen Geschehensablauf hat die Beklagte nicht ausreichend dargelegt Sie trägt insoweit lediglich vor, sie selbst habe die Urheberrechtsverletzung nicht begangen, in Betracht kämen Dritte, wohl insbesondere ihre "Mitbewohner". Damit hat die Beklagte nicht im Ansatz substantiiert zu einem alternativ in Betracht kommende Geschehensablauf vorgetragen. Sie legt weder dar, um wen es sich bei den "Mitbewohnern" handelte (Name? Alter? Beziehung zur Beklagten?), noch auf welche Weise diese Zugang zu dem Internetanschluss hatten, oder welche PCs, Laptops etc. in dem Haushalt vorhanden waren. Zu den konkreten Tagen fehlt ebenfalls jeglicher Vortrag.

    Unbekannte Dritte scheiden schon deswegen aus, weil der Internetanschluss nach dem eigenen Vortrag der Beklagten ausreichend gesichert war und ein unberechtigter Zugriff von außen unter diesen Umständen nicht plausibel ist. Damit bleibt es bei der Vermutung der Täterhaftung der Beklagten als Anschlussinhaberin. Von einer schuldhaften Verletzung des Urheberrechts ist ebenfalls auszugehen.

    Der Höhe nach ist die Klägerin berechtigt, den Schadensersatz auf Basis der Lizenzanalogie gemäß § 97 Abs. 2 Satz 3 UrhG zu berechnen. Für diese Art der Schadensberechnung ist der Eintritt eines konkreten Schadens nicht erforderlich. Der Verletzer hat vielmehr dasjenige zu zahlen, was vernünftige Parteien bei Abschluss eines fiktiven Lizenzvertrages in Kenntnis der wahren Rechtslage und der Umstände des konkreten Einzelfalles als angemessene Lizenzgebühr vereinbart hätten (vgl. nur Dreier / Schulze, UrhG, 3 Aufl., § 97 Rn. 61 m.w.N.). Anhaltspunkt für die Bemessung der Höhe der angemessenen Lizenzgebühr kann ein branchenüblicher Tarif sein. Existiert kein branchenüblicher Tarif, so ist von derjenigen Vergütung auszugehen, die nach Art und Umfang der Verwertung am nächsten liegt. Ausgehend von den vorstehenden Grundsätzen erscheint eine Lizenzgebühr von 600,00 EUR für einen erfolgreichen Kinofilm nicht nur angemessen, sondern eher niedrig, § 287 ZPO. Angesichts der unbeschränkten und kostenlosen Weiterverbreitung des geschützten Werkes im Rahmen einer Internet-Tauschbörse und angesichts der Erwerbskosten eines einzigen Vervielfältigungsstückes des streitgegenständlichen Werks geht das Gericht von einer fiktiven Lizenzgebühr aus, welche den geltend gemachten Betrag jedenfalls nicht unterschreitet.

    Des Weiteren schuldet die Beklagte die durch die Einschaltung von Rechtsanwälten angefallenen Abmahnkosten, und zwar sowohl als Schadensersatz gemäß § 97 Abs. 2 UrhG, als auch als Aufwendungsersatz gemäß § 97a UrhG a F. Die Abmahnung war begründet, da die mit ihr gerügte Rechtsverletzung tatsächlich gegeben war. Sie war auch berechtigt, da sie objektiv erforderlich war, um dem Beklagten den kostengünstigsten Weg aus dem Konflikt aufzuzeigen.

    Die insoweit geltend gemachten 506,00 EUR sind höhenmäßig nicht zu beanstanden. Eine Deckelung gemäß § 97a Abs. 2 UrhG kommt nicht in Betracht, da es sich weder in qualitativer noch in quantitativer Hinsicht um eine unerhebliche Rechtsverletzung handelt. Das Anbieten eines erfolgreichen Kinofilms stellt nicht ansatzweise einen Bagatellverstoß dar. Auch handelt es sich bei den Filesharing-Fallen nach einhelliger Rechtsprechung im Hinblick auf den Arbeitsaufwand nicht um einfach gelagerte Fälle.

    Der zugrunde gelegte Gegenstandswert von 10.000,00 EUR ist angemessen. Dies begründet bei Ansatz einer angemessenen 1,0 Geschäftsgebühr und einer Auslagenpauschale in Höhe von 20,00 EUR einen Anspruch auf vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in der geltend gemachten Höhe von 506,00 EUR.

    Der Zinsanspruch folgt aus §§ 288, 291 BGB.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 1, 711 ZPO. (...)


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~




AG Charlottenburg, Urteil vom 22.03.2016, Az. 206 C 585/15,
Vollstreckungsbescheid
Einspruch gegen einen Vollstreckungsbescheid,
Klage Waldorf Frommer,
WALDORF FROMMER Rechtsanwälte,
sekundäre Darlegungslast,
Nachforschungspflicht

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Berufungsrücknahme WF (WG)

#5275 Beitrag von Steffen » Samstag 9. April 2016, 13:54

Rechtsanwalt Robin Neuwirth:
Die Münchner Kanzlei Waldorf Frommer
nimmt Berufung zurück!
(Wohngemeinschaft)




13:55 Uhr


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Rechtsanwalt Robin Neuwirth

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Telefon: +49 711 25383785 | Telefax: +49 711 25383786
E-Mail: info@rechtsanwalt-neuwirth.de | Web: www.rechtsanwalt-neuwirth.de




Bericht

Link: http://www.anwalt.de/rechtstipps/filesh ... 80720.html


Quelle:


anwalt.de services AG

Rollnerstr. 8 | 90408 Nürnberg
Tel.: +49 911 81515-0 | Fax: +49 911 81515-101
Mail: info@anwalt.de | Web: www.anwalt.de



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Filesharing: Keine Haftung für Bewohner von Wohngemeinschaften

Das Amtsgericht Leipzig hatte mit Urteil vom 16.06.2015 entschieden, dass der Inhaber eines Internetanschlusses nicht für eine über dessen Internetanschluss begangene Urheberrechtsverletzung haftet, wenn es sich um den Anschluss einer Wohngemeinschaft handelt.

In dem vom Amtsgericht Leipzig entschiedenen Fall hatte die Beklagte zum Zeitpunkt der angeblichen Rechtsverletzung zusammen mit einer Freundin in einer Wohnung gewohnt. Zudem befand sich auf der gleichen Etage noch eine zweite Wohnung, in der drei weitere Freunde der Beklagten wohnten. Zusammen mit der Freundin habe die Beklagte einen Internetanschluss des Anbieters "Kabel Deutschland" betrieben. Der Internetanschluss sei dann gemeinsam mit den drei weiteren Freunden betrieben worden. Der W-LAN Router habe in der Wohnung der Beklagten gestanden und sei mittels Passwort gesichert gewesen. Die Beklagte hatte die Namen ihrer damaligen Mitbewohner benannt und diese auch zum Sachverhalt befragt.



Nachforschungspflicht ist erfüllt

Das Amtsgericht Leipzig hatte entschieden, dass die Beklagte damit ihrer Nachforschungspflicht genügt hat. Die Beklagte habe die sekundäre Darlegungslast erfüllt, sodass keine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft der Beklagten bestehe. Daher liege keine Urheberrechtsverletzung vor, mit der Folge, dass die Klägerin auch keinen Anspruch auf Schadensersatz oder Erstattung von Rechtsverfolgungskosten habe.



Waldorf Frommer legt Berufung ein

Wie die Rechtsanwälte Grundmann Häntzschel berichten, legte die Kanzlei Waldorf Frommer gegen das Urteil beim Landgericht Leipzig Berufung ein (Az. 05 S 372/15). Nachdem das Landgericht Leipzig dann offenbar in der mündlichen Verhandlung zu erkennen gab, dass es beabsichtige, die Berufung zurückzuweisen, nahm Waldorf Frommer die Berufung zurück. Das klageabweisende Urteil des Amtsgerichts Leipzig ist damit rechtskräftig.



Fazit

Anschlussinhaber, die in einer Wohngemeinschaft leben und eine Abmahnung wegen Filesharing erhalten, sollten nicht vorschnell handeln und stattdessen fachkundigen anwaltlichen Rat einholen. In derartigen Fällen bestehen für den Abgemahnten häufig gute Verteidigungsmöglichkeiten.


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Wohngemeinschaft,
Klage Waldorf Frommer,
WG,
Rechtsanwalt Robin Neuwirth,
Berufungsrücknahme durch Waldorf Frommer,
Berufungsrücknahme WF (WG)

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Gerichtsstandort München

#5276 Beitrag von Steffen » Sonntag 10. April 2016, 15:12

Factum: München ermisst konsequent gemäß der Rechtsprechung des BGH!



15:10 Uhr



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Initiative AW3P
z.H. Herr Steffen Heintsch
An der Kirche 11 / 07343 Wurzbach/Thüringen
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Blog: http://www.aw3p.de/ / http://www.initiative-abmahnwahn.de/


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[col]Seite 1

Es ist immer wieder zu lesen, das der Gerichtsstandort München nicht die Rechtsprechung des BGH umsetzt; eng verbandelt mit der Unterhaltungsindustrie sei; in Bayern nicht nur bei Horst Seehofer die Uhren anders ticken; man ein Sippenhaftungs-Standort wäre; Gelegenheitsgutachten anordne bzw. akzeptiere; keine Ahnung von der ultrakomplizierten P2P-Technik besäße; zu überzogene Anforderungen mit "Detailliertheit und Plausibilität" stelle usw. usf. Nur sollte man sich dann einmal die Frage stellen und vor allem sachlich beurteilen, ob es wirklich den Tatsachen entspricht, oder wir unsere (vorsichtig ausgedrückt) Defizite dahinter verbergen wollen bzw. einem andern als sich selbst den "Schwarzen Peter" zuschieben.



Factum: München ermisst konsequent stur, gemäß der höchstrichterlichen Rechtsprechung

Blenden wir aus der weiteren Betrachtungsweise den geografischen Standort aus, bleiben an Kritikpunkten aus - unserer - Sichtweise,
  • a) keine nennenswerte Siege;
    b) zu strenge Rechtsprechung;
    c) überzogene Anforderungen an den Beklagten mit "Detailliertheit und Plausibilität";
    d) lebensfremde richterliche Denklogik;
    e) fehlende Kenntnisse der hoch komplizierten P2P-Technik (Gelegenheitsgutachten)

2010, einmal vielen belächelt, andermal aber nicht immer verstanden, legte der Bundesgerichtshof (BGH) seinen Kurs bei Filesharingfällen fest. Vom "Sommer unseres Lebens", "Morpheus" über "BearShare" bis hin zu "Tauschbörse III" wurde dieser fortgeführt und stetig ausgebaut. Denn der BGH soll als höchste Instanz z.B. in Zivilverfahren das Recht wahren und fortbilden.



Welchen Kurs liegt bei Filesharing-Fälle in Karlsruhe an?

Spätestens mit dem BGH-Entscheid: "Tauschbörse III" sollte eigentlich für jeden klar und deutlich sein, das der BGH die Verteidigung gegen den erhobenen Vorwurf auf zwei Rechtsinstitute ("Täterschaftsvermutung" / sekundäre Darlegungslast) dogmatisiert und deren Anforderungen stetig konkretisiert. Sicherlich bleiben hier noch viele Fragen offen, aber es wird deutlich, ein pauschaler Sachvortrag wird in der "Zeitrechnung nach BB"nicht mehr ausreichen, wenn der beklagte Anschlussinhaber (AI) seiner sekundären Darlegungslast gerecht werden will.



Grundlage: Tatsächliche Vermutung und sekundäre Darlegungslast


I. Tatsächliche Vermutung der Verantwortlichkeit des AI

Grundlage
  • Vermutung!

  • - ist der AI selbst nicht Täter, muss er die gegen ihn streitende tatsächliche Vermutung seiner Verantwortlichkeit für den Vorwurf entkräften;
    - Anscheinsbeweis;
    Annahme eines typischen bzw. der Lebenserfahrung entsprechenden Geschehensablaufs, wonach in erster Linie der AI seinen Internetzugang nutzt oder jedenfalls über die Art und Weise der Nutzung bestimmt und diese mit Tatherrschaft - bewusst und alleine - kontrolliert
Beachte
Wird mittels Sachvortrag die Vermutungsgrundlage beseitigt, entfällt diese Vermutung. Regelmäßig höchstrichterlich dann, wenn der Internetanschluss zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung,
  • a) nicht hinreichend gesichert war;
    b) bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde

Das heißt
  • a) der AI muss seine eigene Täterschaft bestreiten und zugleich Tatsachen und Umstände darlegen, wonach zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung (auch) andere Personen seinen Internetanschluss benutzen konnten und als möglicher Täter infrage kommen können, oder das sein Internetanschluss nicht hinreichend gesichert wa;r
    b) wird die tatsächliche Vermutung vom AI nicht entkräftet, hat dies zur Folge, dass der AI Verantwortlich für die Rechtsverletzung gemacht werden kann und somit als Täter haftbar (verschuldensunabhängig).

Hinweis
In einem sog. Single-Haushalt oder bei fehlenden Mitnutzern i.V.m. einem hinreichend gesicherten Internetanschluss wird der Anscheinsbeweis bestehen bleiben.



II. Sekundäre Darlegungslast des Anschlussinhabers

Grundlage
  • Bewältigung von Wissens-, Wahrnehmungs- sowie Informationsdefiziten


  • - kein typischer Geschehensablauf ausreichend;
    - die konkreten Umstände der Tat entziehen sich dem Wahrnehmungsbereich der beweisbelasteten Partei (Kläger) ;
    - der Gegner der beweisbelasteten Partei (AI) hat - allein - über die die Kenntnisse über Tatumstände und kann sich die sich Kenntnisse über Tatumstände mit - zumutbarem - Aufwand verschaffen
Beachte
Unabhängig von der tatsächlichen Vermutung


Das heißt
  • a) Beweislast bleibt beim Kläger, der AI muss nicht beweisen, das er nicht Verantwortlich für den Vorwurf ist;
    b) bei Mitnutzer ist ein pauschaler Sachvortrag zur theoretischen Möglichkeit,
    • aa) des Internetzugriffs;
      ab) eines Tauschbörsenbesuches
    nicht mehr ausreichend
    c) es kommt konkret auf die Situation am Internetzugang zum Vorwurf an;
    d) Kommt der AI der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast nicht nach, ist sein Vortrag unbeachtlich und er muss die von der beweisbelasteten Partei vorgetragenen Tatsachen - auch wenn diese nicht bewiesenen sind - im Sinne des § 138 Abs. 3 ZPO, als zugestanden gegen sich gelten lassen;
    e) Kommt der AI seiner sekundären Darlegungslast nach, ist es wieder an den Kläger, darzulegen und vor allem zu beweisen wer der wahre Täter ist

Und nein, diese Grundlagen wurden mir von keinem Ghostwriter vorgegeben oder schon gar nicht selbst kreiert. Dieses kann jeder selbstständig - der will - in den BGH Entscheidungen zu Filesharing-Fällen nachlesen.

  • BGH - Urteil vom 12.05.2010 - I ZR 121/08 -"Sommer unseres Lebens"
    BGH - Urteil vom 15.11.2012 - I ZR 74/12 - "Morpheus"
    BGH - Urteil vom 08.01.2014 - I ZR 169/12 - "BearShare"
    BGH - Urteil vom 11.06.2015 - I ZR 19/14 - "Tauschbörse I"
    BGH - Urteil vom 11.06.2015 - I ZR 7/14 - "Tauschbörse II"
    BGH - Urteil vom 11.06.2015 - I ZR 75/14 - "Tauschbörse III"

Nur stellt dieses wahrscheinlich ein großes Problem dar. Denn Anwälte, "Foren-Experten" und selbst Beklagte lesen und propagieren bei dem BGH Entscheid "BearShare" nur zwei Sätze
  • (...) Wird über einen Internetanschluss eine Rechtsverletzung begangen, ist eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers nicht begründet, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung (auch) andere Personen diesen Anschluss benutzen konnten. (...)
  • (...) Die sekundäre Darlegungslast führt weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 Abs. 1 und 2 ZPO) hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. (...)
Alle anderen aus den Zusammenhang gerissene Entscheidungsgründe sind unwichtig für uns. Denn schon ein kleines Stück weiter - weit ab unserer Aufmerksamkeit - steht
  • (...) Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast dadurch, dass er vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen (...)


Tatsächlichen Vermutung = Anscheinsbeweis?

Nun werden die meisten aufmerksamen Leser denken, das die tatsächliche Vermutung der Verantwortung für den Vorwurf kein Anscheinsbeweis wäre, sondern nur eine vom BGH aufgestellte lebensfremde und strittige Vermutung. Ich glaube hier liegt man falsch, denn in den Grundsatzentscheidungen aus Karlsruhe steht es doch schwarz auf weiß.


BGH - Urteil vom 12.05.2010 - I ZR 121/08 - "Sommer unseres Lebens"
  • (...) Wird ein geschütztes Werk der Öffentlichkeit von einer IP-Adresse aus zugänglich gemacht, die zum fraglichen Zeitpunkt einer bestimmten Person zugeteilt ist, so spricht zwar eine tatsächliche Vermutung dafür, dass diese Person für die Rechtsverletzung verantwortlich ist. (...)

BGH - Urteil vom 15.11.2012 - I ZR 74/12 - "Morpheus"
  • (...) Wird ein urheberrechtlich geschütztes Werk oder eine urheberrechtlich geschützte Leistung der Öffentlichkeit von einer IP-Adresse aus zugänglich gemacht, die zum fraglichen Zeitpunkt einer bestimmten Person zugeteilt ist, spricht allerdings eine tatsächliche Vermutung dafür, dass diese Person für die Rechtsverletzung verantwortlich ist (...)

BGH - Urteil vom 08.01.2014 - I ZR 169/12 - "BearShare"
  • (...) Wird über einen Internetanschluss eine Rechtsverletzung begangen, ist eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers nicht begründet, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung (auch) andere Personen diesen Anschluss benutzen konnten. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Internetanschluss zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde. (...)

BGH - Urteil vom 11.06.2015 - I ZR 75/14 - "Tauschbörse III"
  • (...) Eine die tatsächliche Vermutung ausschließende Nutzungsmöglichkeit Dritter ist anzunehmen, wenn der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde. (...)

Und man sollte bitte einmal davon abgehen, das vielleicht ein Amtsgericht "A" oder ein Landgericht "B", ein Anwalt "C" oder ein "Foren-Experte "- wie zum Beispiel "hoffnung2" - dieses nicht so sehen können oder wollen. Die tatsächliche Vermutung der Verantwortlichkeit des Anschlussinhabers für den Vorwurf basiert auf der Annahme eines typischen Geschehensablaufs, nämlich das typischerweise der Anschlussinhaber derjenige ist, der seinen Anschluss nutzt und daher für die Rechtsverletzung verantwortlich ist (Weber / Dombrowski, ZUM 2016, 380 - "Sekundäre Darlegungslast und Anscheinsbeweis beim Filesharing"). Es geht um keine Beweislastumkehr, wie eben oft propagiert. Der Anscheinsbeweis ist zwar nicht legaldefiniert, aber in den regelmäßigen Begriffserläuterungen liest man,

Anscheinsbeweis [lat.: "prima-facie"; dtsch.: "auf dem ersten Blick"]:
Wenn ein Sachverhalt erfahrungsgemäß auf einen bestimmten typischen Geschehensablauf hindeutet und diesen somit beweist. Der Anscheinsbeweis kann durch den Gegenbeweis des atypischen Kausalverlauf [völlig außerhalb dessen liegt, was nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und nach der allgemeinen Lebenserfahrung zu erwarten ist] erschüttert werden."
Seite 1|Seite 2


Nur ein Beispiel aus Filesharing-Klage-Tagen vor dem BGH - Urteil vom 12. 05. 2010 - I ZR 121/08 - "Sommer unseres Lebens


Amtsgericht Frankfurt am Main - Urteil vom 12.08.2009 - Az. 31 C 1738/07-17
  • (...) Entgegen der Rechtsansicht der Klägerin spricht auch nicht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Beklagte als Anschlussinhaber die Rechtsverletzung begangen hat. Ein Anscheinsbeweis setzt voraus, dass ein Sachverhalt vorliegt, bei dem nach der Lebenserfahrung auf das Hervorrufen einer bestimmten Folge oder auf die Verursachung durch ein bestimmtes Verhalten geschlossen werden kann (BGH, Urteil vom 29.06.1982, VI ZR 206/80, zitiert nach Juris). Der Beklagte hat - insoweit von der Klägerin unwidersprochen - vorgetragen, dass der Internetanschluss nicht nur von ihm, sondern auch von seinem Sohn genutzt wird. Zudem wohnt der Beklagte nicht allein, sondern zusammen mit seinem Sohn und seiner Ehefrau. Nutzt der Inhaber des Anschlusses diesem jedoch nicht alleine, kann nicht angenommen werden, dass es der allgemeinen Lebenserfahrung entspricht, dass gerade der Inhaber des Internetanschlusses diesen zum Zeitpunkt der behaupteten Rechtsverletzung genutzt und die Rechtsverletzung begangen hat (so im Ergebnis auch LG Mannheim, Beschluss vom 25.01.2007, 7 O 65/06, zitiert nach Juris).
    (...)
    Selbst wenn man einen Anscheinsbeweis annehmen wollte, hätte der Beklagte diesen entkräftet. Nach dem Ergebnis per Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Beklagte die streitgegenständliche Rechtsverletzung nicht selbst begangen hat. (...)
Quelle: http://www.aufrecht.de/urteile/urheberr ... 07-17.html


Und für die noch Skeptiker, dieser Anscheinsbeweis bzw. tatsächliche Vermutung der Verantwortung des Anschlussinhabers für den Vorwurf ist nichts für Filesharing extra Erfundenes, sondern gang und gäbe im Zivil- und Strafrecht. Zwei von vielen Beispielen,


Kammergericht Berlin - Hinweisbeschluss vom 20.11.2013 - Az. 22 U 72/13 - "Auffahrunfall"
  • (...) Kommt es im Straßenverkehr zu einem Auffahrunfall, so spricht die allgemeine Lebenserfahrung und damit ein Anscheinsbeweis dafür, dass der Auffahrende den Unfall verschuldet hat. Dieser Anscheinsbeweis kann nur dadurch erschüttert werden, dass der Auffahrende das Vorliegen eines untypischen Unfallhergangs darlegt. (...)
Quelle: http://openjur.de/u/673674.html


Oberlandesgericht Celle - Urteil vom 27.02.2004 - Az. 9 U 220/03 - "Glatteis"
  • (...) Denn bei Glatteisunfällen spricht ein Anschein dafür, dass die Unfallverletzungen bei Beachtung der Streupflicht vermieden worden wären, wenn der Unfall innerhalb der zeitlichen Grenzen der Streupflicht stattgefunden hat (...). Nach ständiger Senatsrechtsprechung ist es bei einem Glatteisunfall zunächst notwendig und ausreichend, dass ein Glättezustand im Verantwortungsbereich des Streupflichtigen nachgewiesen wird; dies ist hier der Fall. (...)
Quelle: http://openjur.de/u/303142.html



München: Sippenhaft und Gelegenheitsgutachten!?

Wenn man sich jetzt mit der Rechtsprechung des Gerichtsstandortes München zu Filesharing-Fälle vertraut macht, wird schnell deutlich, das hierzu Einheitlichkeit vorherrscht,

Abmahner (allgemein):
  • - Konsequente und fortführende Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes;
    - München verlangt nichts Unmögliches;
Abgemahnte (allgemein):
  • - München ermisst nicht gemäß den BGH Entscheiden zu Filesharing;
    - Ermessensgrundlage der Münchener Richter zu streng, bis hin als Überzogen;
    - Sippenhaft-Urteile;
    - Gelegenheitsgutachten i.V.m. fehlendes Technikverständnis on Detail;
    - Geklüngel (Golf- und Porsche-Club Member) usw. usf.

Erschwerend für meine Sichtweise, das eben andere Gerichtsstandorte - insbesondere Amts- und Landgerichte - eine andere Ermessensfrage zugrunde legen, entweder richtig oder falsch die Gesetze und höchstrichterliche Rechtsprechung umsetzen. Und, die Richter mögen mir alten Narr verzeihen, wird mit unterschiedliche Ellen gemessen bei einmal einem Klageverfahren hinsichtlich der Kanzlei "BaumgartenBrandt", andermal bei den Kanzleien "Waldorf Frommer", "Rasch Rechtsanwälte" oder ".rka Rechtsanwälte". Diese Beobachtung entspricht aber meiner rein persönlichen Meinung und ist nicht bewiesen.


Ein aktuelles Beispiel (LG Saarbrücken - Beschluss vom 18.03.2016 - Az. 7 S 16/15). Hier handelt es sich um ein Berufungsverfahren am Gerichtsstandort Saarbrücken der Berliner Kanzlei "BaumgartenBrandt". Ehe man mir wieder etwas unterstellt. Ich möchte weder jemand bloßstellen, lächerlichmachen oder anderes Böses unterstellen, noch anwaltliche Tätigkeit angreifen. Also weiter ...


Amtsgericht
  • - AI: nutzt keinen PC aufgrund eines Augenleidens - Täter: nein; benennt Mitnutzer (Ehefrau, 2 volljährige Söhne)
    - Mitnutzer: Täter: nein

Landgericht
  • - AI kam seiner sekundären Darlegungslast nach, indem er seine Täterschaft bestritt und namentlich 3 Mitnutzer benannte.
    - Nach dem BGH besteht eine Nachforschungspflicht, hierzu hätte gehört , das der AI die Mitnutzer konkret befragt, ob diese den Streitgegenstand in einer Tauschbörse heruntergeladen hätten.
    - Aber, der AI hatte nach der Abmahnung die Mitnutzer zur Abmahnung befragt, alle drei hätten eine Tauschbörsenbenutzung bestritten = Nachforschungspflicht wurde nachgekommen


Münchner Prinzip: Detailliertheit und Plausibilität

Wenn wir jetzt den Hinweisbeschluss der Saarbrücker Landesrichter mit denen aus München vergleichen, wird eines überdeutlich. In München fragen sich jetzt die Richter: "AI bestreitet und benennt Mitnutzer = kein Täter - Benannte Mitnutzer bestreiten = keine Täter - wer war es denn dann, wenn der Anscheinsbeweis (Rechtsverstoß) im Raum steht?" Ist dies überzogen, zu streng, lebensfremd, entgegen der höchstrichterlichen Rechtsprechung? Nein!


Der BGH gibt es doch glasklar - zumindest hierzu - vor, indem er zur sekundären Darlegungslast sagt,


BGH - Urteil vom 08.01.2014 - I ZR 169/12 - "BearShare"
  • (...) Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast dadurch, dass er vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen (...)

Das heißt doch nichts anderes,
  • 1. Mit Ermittlung des Rechtsverstoßes / Beauskunftung der Person hinter der P2P-IP-Adresse besteht der Anscheinsbeweis, das erst einmal diese - der AI als einziger ermittel- und zuordenbar (nicht der wahre Verursacher = Filesharer) - für den Rechtsverstoß verantwortlich ist;
    2. Diesen Anscheinsbeweis kann er nach regelmäßiger Rechtsprechung erschüttern, wenn er vorträgt,
    a) (...) wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung (auch) andere Personen diesen Anschluss benutzen konnten (...);
    b) (...) wenn der Internetanschluss zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung nicht hinreichend gesichert war (...);
    3. Hieraus ergibt sich die sekundäre Darlegungslast des AI, die er gerecht wird, wenn er vorträgt,
    (...) ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen (...);
    Hinweis: zumutbare Nachforschungspflicht;
    4. Dabei kommt es aber nicht,
    (...) auf die Nutzungsmöglichkeit von Familienangehörigen im Allgemeinen, sondern konkret auf die Situation zum Verletzungszeitpunkt (...);
    5. Wir der sekundären Darlegungslast nicht genügegetan, spricht wieder Anscheinsbeweis, das der AI für den Rechtsverstoß verantwortlich ist;
    6. Und ja,
    (...) Allerdings spricht eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen diesen Internetanschluss benutzen konnten. (...)

Deshalb ist es eben so, werden Mitnutzer benannt und bestreiten diese die Tat - es wird kein anderer Geschehensablauf das jemand anderer als der bestreitende AI als Täter infrage kommt aufgezeigt - dann muss der AI die Täterschaft eingestehen. Jeder Anwalt und "Foren-Experte" wird jetzt laut vor Empörung aufrufen, aber es ist und bleibt denklogisch. Und wenn jetzt man nach zusätzlich aufzählt,
  • - "gruslige" Sachvorträge seitens der Beklagten;
    - Anpassung der Verteidigungsstrategie des Beklagten hinsichtlich den Hinweisen der Gerichte;
    - Verteidigungswechsel des Beklagten zwischen Erst- und Berufungsgericht
    dann liegt es nicht an München, sondern an unseren Defiziten bzw. Unfähigkeit mit den Gesetzen, Rechtsschriften und Rechtsprechung zurecht zu kommen. Und hier mit Rechtsprechung meine ich nicht nie der Amtsgerichte, sondern die Rechtsprechung des BGH

Nach dem BGH Entscheid: "BearShare" wurde eindeutig auf AW3P gesagt, das niemand weiß in welche Richtung die Rechtsprechung sich hinbewegt. Es kommt vor Gericht nicht an zu erzählen was alles möglich sein hätte können, sondern wie es letztendlich war. Und seit dem BGH Entscheid: "Tauschbörse III" muss jeder erkennen, das mit einem pauschalen Sachvortrag zu keiner Klageabweisung mehr kommt, außer vielleicht wenn der Kläger von der Kanzlei "BaumgartenBrandt" vertreten wird. Punkt.



AW3P = AfD-Wahlwerber bzw. -helfer und pro dehortator!


Mir persönlich ist es egal, ob irgend jemand mich auf eine bestimmte Schiene (AfD) stellt, oder einer Schublade (lat.: "dehortator"; dtsch.: "Abmahner"; "Deutsch-lateinisches Handelslexikon", Auflage 1807, Georg Heinrich Lünemann) zuordnen möchte solange die Realität meine Sichtweise nicht widerlegt. Ich würde sofort meine Sichtweise ändern und Fehler eingestehen. Wer aber jetzt wirklich hofft, das der BGH Termin am 12.05.2016 (I ZR 272/14, I ZR 1/15, I ZR 43/15, I ZR 48/15 und I ZR 86/15) neue revolutionäre Erkenntnis - zumindest aus unserer Sicht - bringt, wird wohl erneut auf Sand gebaut haben. Warum sollten die Bundesrichter ihren Kurs (I ZR 121/08 , I ZR 74/12, I ZR 169/12, I ZR 19/14, I ZR 7/14 und I ZR 75/14) gerade 2016 ändern. Weil wir nicht in München obsiegen? Das wäre zu einfach gestrickt gedacht.

Der Erfolg bei der Verteidigung hängt davon ab, je eher man die die zwei Rechtsinstitute (Anscheinsbeweis, sekundäre Darlegungslast) on Detail verinnerlicht und einen qualitativen und vor allem plausiblen Sachvortrag tätigt, um dem gegenüber den Beklagten erhobenen Vorwurf zu exkulpieren. Beide Rechtsinstitute müssen dogmatisch getrennt werden. Sie bestehen unabhängig von einander und sind - im Zivilverfahren - auf verschiedene Ebenen relevant aufgrund verschiedener Ursachen, Zwecke und Rechtsfolgen (Weber / Dombrowski, ZUM 2016, 380 - "Sekundäre Darlegungslast und Anscheinsbeweis beim Filesharing"). Und man muss es mit aller Deutlichkeit sagen, wenn der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast ausreichen nachkommt, dann liegt die Beweislast wieder beim Kläger.

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Steffen Heintsch für AW3P


Bild


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Rechtsinstitute: Anscheinsbeweis und sekundäre Darlegungslast,
tatsächliche Vermutung,
sekundäre Darlegungslast,
Anscheinsbeweis,
Verteidigung in Filesharing-Fälle,
Detailliertheit und Plausibilität

Deucecourt
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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5277 Beitrag von Deucecourt » Sonntag 10. April 2016, 20:02

Hallo liebes Forum,

abgemahnt wurde mein Vater (Anschlussinhaber) von WF am 10. Januar 2014 für den Download einer Family Guy Episode (der Hype um die "Life of Brian" Episode verführte mich im Dezember 2013 dazu).
Dank dieser hilfreichen Seite erstellten wir damals eine modifizierte UE, welche per Fax WF vorgelegt wurde.
Soweit, so gut. Zurzeit bin ich bei Stufe "Ratenzahlungsvereinbarung" (Schreiben erhalten Ende November 2015). Gesamtforderung iHv 399,50€.
Da mein Vater als Anschlussinhaber nicht der Täter und ich zu dem Zeitpunkt schon volljährig war, hoffe ich, dass im Fall der Fälle zu unseren Gunsten entschieden wird.

Bisher ging ich davon aus, dass sich das Verjährungsdatum auf den Tag des Abmahnschreibens bezieht, in meinem Fall also der 10. Januar 2014, sprich Verjährung erst am 31. Dezember 2017. Ist dies korrekt oder gilt schon der Tag, an dem das File heruntergeladen wurde, was knapp einen Monat vorher passierte und heissen würde, dass Ende 2016 Verjährungsfrist wäre? Wäre zu schön, denn dann müsste ich mich nicht über die 11 Monate mehr ärgern.

Zweiter aktueller Punkt und die technische Seite, bei der ich nicht weiß, ob ihr mir weiterhelfen könnt:
Heute war ich unvernünftig und hatte kurz ein Torrentprogramm an mit "The Revenant" (dt. "Der Rückkehrer" mit DiCaprio). Dabei habe ich die Ultra HD Blu-ray vorbestellt. ;9/
Die Neugier, kurz in die erste Filmszene reinzuschauen, war zu groß. Nach wenigen Sekunden habe ich das Ganze wieder abgestellt.
Droht mir jetzt ein zweites Schreiben von WF? Genau wie Family Guy handelt es sich um einen Titel von 20th Century Fox Home Entertainment.
Reichen die 10s, um von den P2P Spürhunden geschnappt zu werden und gibt es etwaige Statistiken darüber, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass ich wieder Post bekomme? Kommt ein solches Schreiben wie im Fall der Family Guy Episode meistens zeitnah, also nach ein paar Wochen, so dass ich im Juni die Hoffnung haben könnte, verschont zu bleiben?

Sehr ärgerlich das Ganze. :(

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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5278 Beitrag von Steffen » Sonntag 10. April 2016, 21:34

Dieses wirst Du sehen, wenn es wirklich zu einer Abmahnung käme. Jetzt sich darüber Gedanken zu machen - bringt nichts.

VG Steffen

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House
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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5279 Beitrag von House » Montag 11. April 2016, 02:07

Deucecourt hat geschrieben:Bisher ging ich davon aus, dass sich das Verjährungsdatum auf den Tag des Abmahnschreibens bezieht, in meinem Fall also der 10. Januar 2014, sprich Verjährung erst am 31. Dezember 2017. Ist dies korrekt oder gilt schon der Tag, an dem das File heruntergeladen wurde, was knapp einen Monat vorher passierte und heissen würde, dass Ende 2016 Verjährungsfrist wäre?
Interessante Frage. Dazu habe ich das gefunden:
Die Verjährung beginnt nach § 199 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem:

1. der Anspruch entstanden ist und
2. der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
So wie ich den zweiten Satz verstehe, fängt die Frist ab dem Empfang der Abmahnung an. Jedoch haben Sie geschrieben:
Zur Zeit bin ich bei Stufe "Ratenzahlungsvereinbarung"
Ich bin nicht sicher, ob das eine Hemmung der Verjährungsfrist bedeutet:
Eine „Falle des Verjährungsrechts ist § 203 BGB, die so genannte Hemmung der Verjährung bei Verhandlungen.
Wenn Sie – oder ihr Anwalt – monate- oder gar jahrelang mit den Abmahnanwälten verhandeln, beginnt die Verjährung nicht.

michiman
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Unterschrift...

#5280 Beitrag von michiman » Montag 11. April 2016, 09:07

Ich muss da mal ne Frage stellen zum Thema Unterschrift bei Schreiben von Waldorf Frommer...

Wenn ich mir die Schreiben mal anschaue habe sie alle die exakt gleiche Unterschrift.. sind eigentlich
eingescannte Unterschriften von Rechtsanwälten rechtsverbindlich ?

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