Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

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Steffen
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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#4841 Beitrag von Steffen » Samstag 11. Juli 2015, 09:36

Hallo @Kwitschibo,

natürlich muss man - nicht ich - zuallererst abklären, welcher Provider dich als Anschlussinhaber aufgrund eines ermittelten Rechteverstoßes über ein P2P-Netzwerk beauskunftet hat. Dieses wird aber schon im Abmahnschreiben deutlich (Provider, oder erst Backbone-Provider (Netzvermieter) dann Reseller-Provider (Netzmieter))

Denn ein Provider kann nur rechtskonform die ermittelte P2P-Adresse seinem Kunden zuordnen, wenn dieser mit dem Beauskunfteten einen rechtsgültigen Vertrag zur Nutzung eines Internetzugangs innehat.

Das bedeutet, wenn ich keinen gültigen Vertrag mit dem Provider "Bauskunftung" zur Adresse: "Abmahnung" habe (schriftliche Auftragsbestätigung Abmeldung bzw. Ummeldungsbestätigung auf einen neuen Anschlussinhaber, Kündigungsbestätigung usw.); nicht mehr unter dieser Wohnanschrift "Abmahnung" gemeldet bin (Kündigung Mietverhältnis, Ummeldung Einwohnermeldeamt usw.) - kann ich nicht berechtigt abgemahnt werden. Logisch.

Nur kann ich das nicht alles abklären. Wurde der Anschluss (innerhalb Duisburgs) aufgrund des Wohnraumwechsels mitgenommen; wurde der Anschluss vom neuen Mieter übernommen (nur nicht umgemeldet); hat der Provider seine Unterlagen nicht aktualisiert usw. usf. Es gibt eine Menge Faktoren, die ich nicht kenne, sondern eigentlich nur Du oder der Provider, der dich beauskunftet hat.

Dieses sollte aber schon klar sein, bevor man mit dem Abmahner telefonisch spricht. Man hätte ja auch dazu Zeit. Wenn man tatsächlich unberechtigt abgemahnt wurde, ist es im Grundsatz kein Fehler direkt mit dem Abmahner zu kommunizieren.

VG Steffen

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Steffen
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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#4842 Beitrag von Steffen » Samstag 11. Juli 2015, 10:06

Hallo @SusiSorgenvoll,

mhm. Im Grundsatz wird doch der Anschlussinhaber, als Verantwortlicher und Einziger hinter der ermittelten P2P-IP zuordenbar, abgemahnt. Dieser muss sich nun erklären und sich aus den Fängen des Abmahners befreien - wenn er unberechtigt abgemahnt wurde.
SusiSorgenvoll hat geschrieben:(...) Mein Lebensgefährte verdient unter 1000,- € im Monat, viel zu holen ist bei uns bestimmt nicht, aber das kann WF ja egal sein. Tatsächlich komme ich als Mitbewohnerin wohl auch als Täterin infrage. Ermittlungen in dieser Richtung könnten in meiner besonderen beruflichen Situation aber Folgen für mich haben, da ich für den Staat arbeite. (...)
Man befindet sich hier in einem zivilrechtlichen Rechtsstreit. Selbst bei einem negativen Urteil hätte es - keine - Folgen für dich in puncto Arbeitsstelle. Es gibt auch keinen Eintrag ins polizeiliche Führungszeugnis. Maximal erfolgt ein Schufa-Eintrag oder es könnte der Gerichtsvollzieher dreimal klingeln, wenn man einen eventuellen rechtskräftigen Titel (Urteil) nicht begleicht. Es geht um eine (oder gar zwei) Unterlassungserklärung sowie um Geld (AG + SE). Und sorry, auch wen es herzlos klingt, dass dein Lebensgefährte so wenig Einkommen im Monat besitzt, hat dich doch beim "Saugen" auch nicht gestört.

Wie Du bzw. Dein Lebensgefährte als AI + Du dich verhalten solltet?

Es ist doch wie bei der berühmten Frage der besseren Hälfte vor dem Spiegel stehend und drehen: "Schatz findest Du, dass ich zu dick bin?" Man kann jetzt, egal was man antwortet, selbst wenn man schweigt oder ablenkt, nur ins Fettnäpfchen treten. Man(n) hat jetzt die A-Karte, egal was folgt.

Entweder man beauftragt einen Anwalt, der alles Aktuelle und mögliche Zukünftiges regelt, oder klärt es sauber sofort direkt mit dem Abmahner. Auch schon in Hinblick, dass der Lebensgefährte der Abgemahnte ist, über wenig Einkommen verfügt, und Du als Staatsbedienstete sicherlich eine saubere Lösung für die Abmahnung findest. Natürlich sollte man ab sofort das P2P sein lassen, oder den Anschluss auf deinen Namen ummelden!

Bei deinem ganzen und mehrmaligen Einräumen der Tat möchte ich auch nicht irgendetwas anders öffentlich anraten. Man sollte schon einmal für sein Verhalten Verantwortung übernehmen und es vielleicht nicht noch schlimmer machen (- für deinen Lebensgefährten und dich).

VG Steffen

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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#4843 Beitrag von SusiSorgenvoll » Samstag 11. Juli 2015, 10:42

meine frage bezog dich lediglich auf die strategie mich als mögliche täterin zu benennen, da das ja anscheinend in manchen fällen helfen kann, selbst wenn das so gar nicht stimmen würde und ich mich für seine serien nicht mal interessiere. ob ers war oder ich oder seine mutter oder mein vater, alle öfter mal hier, können wir an dieser stelle ja ohnehin nicht darlegen. meine frage daher nochmal präziser: wie ist die derzeitige klagefreudigkeit einzuschätzen?

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Steffen
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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#4844 Beitrag von Steffen » Samstag 11. Juli 2015, 11:30

Hallo @SusiSorgenvoll,

Code: Alles auswählen

... de facto wurde wohl die Staffel runtergeladen ... tatsächlich komme ich als Mitbewohnerin wohl auch als Täterin im frage ...
Ich verstehe nicht, was daran zweideutig ist! Man sollte sich daher schon die Fragestellung überlegen, ehe man anderen eine unpräzise Antwort oder Schlimmeres unterstellt.

1ööüüää1


Wir haben doch eine Menge Info-Material: Du möchtest aber auf die Schnelle eine konkrete Antwort zu dem konkreten Abmahnfall. Was sowieso nicht geht, da es eine unerlaubte Rechtsdienstleistung wäre. Dann solltest Du auch Überlegen - wir sind kein Anwälte!

Auch eine Frage nach der Klagefreundlichkeit des Abmahners ist eigentlich - aus einer Sicht heraus - irrelevant. Statt sich darüber Gedanken zu machen, sollte man diese (oder vielleicht gar weitere mögliche) Abmahnung abarbeiten. Es kann dir - keiner - eine Garantie ausstellen. Selbst wenn der Abmahner nur 1 Betroffenen je Monat verklagt - könnte dir niemand eine Garantie ausstellen, weder, dass dein Lebensgefährte der eine wäre, noch, dass er es nicht wäre.

Jeder Abgemahnte muss sich im Klaren sein, verweigere ich die Zahlung,
  • a) entscheide ich mich für entweder Klage oder Verjährung. Chance = 50 -50.
    b) muss ich mich so vorbereiten, als wenn ich der 1 des Monats wäre!
Alles andere wäre Gewissensberuhigen. Ausrufezeichen.

VG Steffen

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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#4845 Beitrag von Steffen » Samstag 11. Juli 2015, 13:20

Der Bundesgerichtshof hat mit dem Entscheid "Sommer unseres Lebens" beginnend, einen von vielen damals belächelten, spätestens aus heutiger Sicht harten Kurs eingeschlagen in Bezug auf Filesharing.

Egal wie man das Thema aber betrachtet, geht es ja letztendlich immer in einem Rechtsstreit um Findung eines Interessenausgleichs. Einmal stehen die Interessen des Verletzten, andermal die des Verletzers. Und obwohl heute nicht mehr die Zahlen der versendeten Abmahnung, wie vor einigen Jahren, mehr vorherrschen, werden durch den massenhaften illegalen Download / Upload urheberrechtlich geschützter Werke, eben massenhaft gegen bestehendes Recht und Gesetz verstoßen. Egal was man jetzt darüber denken mag, oder nicht. Und in erster Linie steht für ein Gericht die Durchsetzung von Recht und Gesetz anhand der höchstrichterlichen Rechtsprechung orientiert.

Und hier sollte jeden inzwischen klargeworden sein:

Die ermittelte IP steht für die Vermutung, das der beauskunftete Anschlussinhaber,
  • a) für den Rechteverstoß verantwortlich ist,
    b) der Rechteverstoß über seinen Anschluss ausging,
    c) resultierend dieser sich zum Vorwurf erklären muss.
Und wer noch blauäugig nach dem BGH-Entscheid "BearShare" davon ausging, dass alles so easy sei, der irrte. Es reicht eben nicht nur lapidar zu sagen, das weitere Personen das Internet mitbenutzten konnten, und zum Log weder der Anschlussinhaber selbst noch die Mitnutzer das Internet benutzten, es letztendlich keiner war.

Natürlich stellen sich jetzt einige Gerichte die Frage: "Wenn niemand das Internet zum Zeitpunkt nutze, die Vermutung das der Rechteverstoß über den ermittelten und durch den Provider zugeordneten Anschluss ausging - wer kommt dann infrage?" Und wenn es niemand war, greift eben dann wieder die Vermutung, dass der Anschlussinhaber für den Rechteverstoß verantwortlich zu machen ist, obwohl diese durch den anfänglichen Vortrag hinsichtlich weiterer Mitnutzer erst einmal wegfiel.

Sicherlich ist natürlich jetzt zu den vielen offenen Fragen nach "BearShare" zu beobachten, das die Gerichtsstände bundesweit unterschiedlich ermessen, die Messlatte unterschiedlich hoch ansetzen, es eigentlich noch mehr Fragen und nur wenige Antworten gibt. Sollte man aber jetzt sagen, alle München-Beklagte - erkennt sofort an oder vergleicht Euch außergerichtlich?

Damit muss man - eigentlich nicht der Beklagte, sondern sein Anwalt - klarkommen. Und ja, es hängt über jeden das Damoklesschwert der Störerhaftung i.V.m. der Täterschaftsvermutung. Man kann ellenlang sich darüber echauffieren, oder es angehen. In anderen Bereichen des Zivilrechts interessiert es niemand.

Letztendlich ist es die Kunst, die Täterschaftsvermutung wegfallen lassen - nicht nur alleinig durch das lapidare Benennen weiterer Mitnutzer - sondern durch einen tiefgründigen Sachvortrag, der für einen Richter schlüssig, lebensnah und nachvollziehbar ist, dass ein möglicher Mitnutzer als Täter infrage kommen könnte. Welche Anforderungen die unterschiedlichen Gerichtsstandorte im Weiteren stellen, dato gibt es genügend veröffentlichte Entscheidungen.

Und nein, ob dieses letztlich ausreicht, darauf kann ich keine Antwort geben, da es sowieso von jedem Einzelfall und seine konkreten Verlauf von Abmahnung bis Urteil abhängt. Und ja, wer einen Mitnutzer nennt, muss damit rechnen, dass derjenige als Zeuge vernommen wird oder Post vom Abmahner erhält, sich zum Sachverhalt zu äußern.

Ich weise nochmals - wie schon nach "BearShare" - darauf hin, niemand weiß, in welche Richtung das Zünglein an der Waage sich einpegelt. Aber sich einzureden das die ganzen Klageverfahren für die Kläger verloren gehen, nur bei der lapidaren Benennung von Mitnutzer, auch der irrt sich. Und auch bei dem eher "konservativen" AG Hamburg steht, es weiß keiner wie die Berufungsgerichte dann dem Amtsgericht recht geben, oder anders entscheiden.

VG Steffen

Donald
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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#4846 Beitrag von Donald » Sonntag 12. Juli 2015, 00:04

Werniman hat geschrieben:Einige Gerichte sehen ja Nachforschungspflichten des Anschlußinhabers, zur Not mit Prüfung der Rechner der Mitbenutzer. Daß das schon aufgrund der oft langen Zeit zwischen Logdatum und Abmahnung (oder gar Klage) sinnlos ist, muss man sicher nicht erwähnen. Aber gibts eigentlich auch schon Urteile,die sich damit befassen, wie weit die Nachforschungspflichten gehen,wenn der Anschlußinhaber gar keine Möglichkeit hat, solche (technischen) Nachforschungen anzustellen ? Speziell denke ich dabei z.B. an die Mitnutzung des Internetanschlusses durch WG-Mitbewohner, Untermieter usw. Sprich: Mitbenutzer,an deren Rechner der Anschlußinhaber gar nicht ran darf. Hier kann doch der Anschlußinhaber nur hoffen,daß der Richter ein Einsehen hat und es beim bloßen Verweis auf mögliche Mitnutzer belässt,oder ?

Werniman,

bei den eigenen minderjährigen Kindern kann der AI ohne weiteres doch den PC /Lappi prüfen, ob die beanstandete Datei auf dem Rechner ist bzw ob eine Tauschbörsensoftware vorhanden ist.

Bei volljährigen Mitbewohnern einer WG oder Untermietern darf der AI natürlich nicht an deren PC, aber im Rahmen seiner Darlegungspflicht muss er sie befragen und im Idealfall kann/sollte er vielleicht auch noch einen schriftlichen Nachweis erbringen, den alle WG Bewohner bzw. Untermieter unterzeichnet haben, in dem der AI Allen urheberrechtliche Verfehlungen im Internet über seinen Anschluß her untersagt.

Dazu muss er dem Gericht die Namen der Mitnutzer benennen.

Wenn nun der AI vorm Richter seiner sekundären Darlegungspflicht in vollem Umfang nachkommt, selbst glaubwürdig bestreitet die Datei gesaugt zu haben, statt dessen noch zusätzlich genau Auskunft über Absicherung des WLAN sowie sein eigenes Nutzungsverhalten im Internet darlegt....

dann wird das Gericht die Mitbenutzer als Zeugen vernehmen. Und da es lebensnah ist, das evt einer der Mitnutzer es gewesen sein könnte, es aber leugnet und der AI glaubhaft seiner Darlegungspflicht nachkam, muss er Abmahner beweisen können wer es denn nun war... was er meist nicht kann.

Ein bloßer Verweis auf "mögliche" Mitnutzer reicht nicht aus, wenn dann muß man als AI "Ross und Reiter" namentlich benennen.

Es kommt also mit Sicherheit in allererster Linie auf die Qualität der eigenen Darlegung als AI an.

schack
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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#4847 Beitrag von schack » Montag 13. Juli 2015, 14:25

Hallo zusammen,

lese seit einigen Tagen wieder sehr aufmerksam eure Beiträge. Bin 2012 abgemahnt worden und habe jetzt 3 Jahre seit dem ersten Schreiben nichts mehr gehört oder bekommen.
Die letzten beiden Wochen sind jetzt die Schreiben 3+4 aus dem Schriftsatzzähler eingegangen.

Habe nur eine kurze Frage bei Adresswechsel:
Bin vor knapp 2 Jahren ins Ausland gezogen und die beiden Briefe sind bei der Mutter gelandet.

Würdet ihr WF jetzt die geänderte Anschrift im Ausland mitteilen? Oder die Briefe mit Empfänger hier nicht wohnhaft zurück an WF?

:te

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Steffen
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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#4848 Beitrag von Steffen » Montag 13. Juli 2015, 23:25

Amtsgericht München weist "Waldorf Frommer" Klage ab:
Trendwende in Sicht?



23:25 Uhr


Für einen unserer Mandanten konnten wir aktuell ein höchst erfreuliches Urteil vor dem Amtsgericht München erstreiten (Urteil vom 10.06.2015, Az. 155 C 23521/13).

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Während früher so gut wie jede Filesharingklage durchging und Abmahnkanzleien wie Waldorf Frommer fast durchgängig vor Gericht Erfolg hatten - was zur Folge hatte, dass man als Beklagter zumeist zähneknirschend gezwungen war, einen ziemlich üblen Vergleich vor Gericht abzuschließen - stehen die Erfolgsaussichten für einen Beklagten seit der Rechtsprechung des BGH nicht mehr so schlecht. Mit Ausnahme der Gerichte in München ist es bei fast allen Gerichten bundesweit nunmehr realistisch, mit der richtigen Verteidigungsstrategie eine Klageabweisung zu erreichen. Wohlgemerkt mit Ausnahme von München. Dort hatte man den Eindruck, dass die Uhren noch immer anders gehen.

Umso erfreulicher ist es, dass sich das Amtsgericht München mit Urteil vom 10.06.2015 (Az. 155 C 23521/13) jetzt auch der Rechtsauffassung des BGH angeschlossen hat.



Amtsgericht München: Der Prozess

Vorangegangen war ein wahrer Prozessmarathon. Die Anspruchsbegründung zur Klage war von Waldorf Frommer beim Amtsgericht München bereits im Jahr 2013 eingereicht worden, eine erste mündliche Verhandlung fand Anfang 2014 statt. Der Richter war aus meiner Sicht sehr vernünftig und sah nach unserem Vortrag in der Klageerwiderung die Kanzlei Waldorf Frommer in der Beweislast dafür, dass unser Mandant den Verstoß begangen hatte. Wir haben dies bestritten und ausgeführt, weshalb der Mandant als Täter nicht in Betracht kommt. Außerdem hatten wir zwei Mitnutzer des Internetanschlusses benannt, die Freundin (bzw. spätere Verlobte) und den Stiefbruder des Mandanten.

Kurze Zeit später erfolgte ein Richterwechsel beim Amtsgericht München. Die neue Richterin ordnete eine Beweisaufnahme an, in der die beiden Zeugen vernommen sollten. Da zunächst einer der beiden Zeugen nicht erschien, fanden vor dieser Richterin zwei weitere Termine statt. Die Freundin gab an, dass sie selbst und der Stiefbruder Zugriff auf den Internetanschluss des Mandanten hatten. Der Stiefbruder behauptete, er selbst sei erst im Jahr nach dem Verstoß in die Wohnung eingezogen und komme als Täter somit nicht in Betracht.

Beim Amtsgericht München wechselte daraufhin erneut der Richter und aufgrund der widersprüchlichen Aussagen wollte der neue, inzwischen dritte Richter beide Zeugen erneut hören. Da wieder einmal zunächst einer der beiden Zeugen nicht konnte, fanden an zwei unterschiedlichen Tagen die Verhandlungen Nummer 4 und 5 statt. Die Aussagen waren ähnlich denen in den Verhandlungen Nummer 2 und 3. Der Richter sah darauf die Beweislast beim Beklagten, da der Stiefbruder außerdem eine Meldebescheinigung vorlegen konnte, die seine Angaben (Einzug erst im Jahr nach dem Verstoß) zu belegen schien.

Zum Glück für unseren Mandanten hatte dieser um den Verstoßzeitpunkt herum seinen 30. Geburtstag gefeiert. Auf diesem war auch der Stiefbruder. Da wir insgesamt 3 Zeugen aufbieten konnten, die in einem 6. Verhandlungstermin allesamt aus ihrer eigenen Wahrnehmung heraus angegeben haben, dass der Stiefbruder zum Zeitpunkt des Geburtstags und damit zum Zeitpunkt des Verstoßes bereits in der Wohnung des Mandanten gewohnt hatte, erschien die Aussage des Stiefbruders nunmehr als das, als was wir sie von Anfang an bezeichnet hatten: als vermutliche Schutzbehauptung desjenigen, der nicht selbst in Anspruch genommen werden will.

Die Anwälte der Kanzlei Waldorf Frommer boten in dieser insgesamt 6. Verhandlung erneut einen Vergleich an, nachdem zuvor das Gericht mehrfach Vergleiche vorgeschlagen hatte, die sich noch an der alten Rechtsprechung orientiert hatten und damit für uns nicht akzeptabel waren. Auch den neuen Vergleichsvorschlag von Waldorf Frommer haben wir nach Rücksprache mit dem Mandanten nicht angenommen.



Amtsgericht München: Das Urteil vom 10.06.2015

Nachdem beide Parteien Gelegenheit hatten, zum Ergebnis der Beweisaufnahme vorzutragen, hat das Amtsgericht München am 10.06.2015 die Klage abgewiesen. Das Amtsgericht München hielt die Klage der Firma Sony Music durch die Kanzlei Waldorf Frommer für unbegründet, da unser Mandant weder als Täter noch als Störer verantwortlich ist. Dabei hat das Amtsgericht München insbesondere auch berücksichtigt, dass nach unserem Vortrag der Stiefbruder als Täter in Betracht kommt. Dem Beklagten können nach zutreffender Auffassung des Gerichts nach so langer Zeit auch keine weitergehenden Nachforschungspflichten aufgebürdet werden. Für das Gericht kommt der Stiefbruder als möglicher Täter in Betracht, da er offenbar falsche Angaben gemacht hat und dies nur dann Sinn ergibt, wenn er etwas zu verbergen hat. Doch auch die Freundin des Beklagten kommt für das Gericht als Täterin in Betracht.

Wegen dieser sich widersprechender Zeugenaussagen konnte die Kanzlei Waldorf Frommer nach zutreffender Ansicht des Amtsgerichts München nicht den Beweis für eine Täterschaft des Beklagten führen. Auch eine Störerhaftung scheidet nach überzeugender Auffassung des Gerichts aus, da weder gegenüber Lebensgefährten noch gegenüber Stiefgeschwistern irgendwelche Belehrungs-, Überwachungs- oder Kontrollpflichten bestehen.

Es bleibt zu hoffen, dass sich nach diesem erfreulichen Urteil auch in München der Wind dreht und es zukünftig für Abgemahnte einfacher sein wird, sich gegen eine unberechtigte Inanspruchnahme nach einer Abmahnung durch Kanzleien wie Waldorf Frommer zur Wehr zu setzen.



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AG München,Urteil vom 10.06.2015, Az. 155 C 23521/13
Das Urteil im Volltext als PDF-Download (2,46 MB)

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Die Kanzlei Waldorf Frommer kann noch innerhalb eines Monats ab Zustellung Berufung zum Landgericht München I einlegen. Wir werden weiter berichten, ob das Urteil rechtskräftig wird oder ob der Rechtsstreit vor dem Landgericht München I in eine neue Runde geht.



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Autor: Rechtsanwalt Andreas Ernst Forsthoff
Quelle: www.rechtsanwaltskanzlei-urheberrecht.de
Link: http://www.rechtsanwaltskanzlei-urheber ... abgewiesen


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AG München, Urteil vom 10.06.2015, Az. 155 C 23521/13

Einntopf
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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#4849 Beitrag von Einntopf » Mittwoch 15. Juli 2015, 20:53

Guten Tag Leute,

das Forum hier hat mir aufjedenfall schon etwas geholfen und ich habe die ersten Schritte gegen WF bereits auf mich genommen.

Mod UE wurde versendet! CHECK

Zudem habe ich mich um einen Vergleich bemüht. WF hat diesen natürlich abgelehnt und fordert mehr. Ich habe 200 Euro angeboten und sie wollen nun 375.

Kann bzw. sollte ich ein weiteres Vergleichsangebot mit z.B. 250 Euro schicken oder ist das unüblich? Bisher habe ich dazu leider nichts gefunden und frage mich,
ob mir jetzt nur das "aussitzen" oder das Zahlen ihres Vergleichsangebotes bleibt.

Ich hatte die Idee, da ich tatsächlich nicht viel Geld habe, dass ich ihnen im nächsten Schreiben auch nur eine zweimonatige Ratenzahlung für die 250 Euro anbiete.

Was würdet ihr mir raten... ich soll bis nächste Woche die 375 zahlen, das ist bei mir finanziell derzeit absolut unmöglich.

viele Grüße,
Einntopf

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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#4850 Beitrag von Steffen » Donnerstag 16. Juli 2015, 23:26

Rechtsanwalt Andreas Ernst Forsthoff:
Erneut Filesharingklage von "Waldorf Frommer" abgewiesen -
diesmal das Amtsgericht Heidelberg



23:25 Uhr



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Update: Mittlerweile hat die Kanzlei "Waldorf Fromer" Berufung eingelegt!
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Nachdem wir erst vor kurzem für einen Mandanten vor dem Amtsgericht München eine Klageabweisung gegen "Waldorf Frommer" erreichen konnten (hier der Link: "AG München weist "Waldorf Frommer"-Klage ab", hat nun erfreulicherweise auch das Amtsgericht Heidelberg eine gegen einen Mandanten unserer Kanzlei gerichtete Klage abgewiesen (Urteil vom 09.07.2015, Aktenzeichen 23 C 482/14).

Die Verfahrenskosten wurden dem Mandanten von "Waldorf Frommer", der Firma "Constantin Film Verleih GmbH", auferlegt.



Amtsgericht Heidelberg Filesharing Klageabweisung "Waldorf Frommer": Der Fall

In diesem Fall war unser Mandant bei der Arbeit und hatte den Computer ausgeschaltet, als er morgens aus dem Haus ging. Seine Ehefrau und die beiden volljährigen Kinder haben den Anschluss mitgenutzt. Der erste (angebliche) Verstoßzeitpunkt soll zu einer Zeit gewesen sein, als der Mandant noch bei der Arbeit war, der zweite ermittelte Verstoßzeitpunkt später. Die Kanzlei "Waldorf Frommer" argumentierte wie üblich und uns aus Dutzenden anderen Klageverfahren bekannt damit, dass der Anschlussinhaber quasi immer hafte, und hat bestritten, dass die Ehefrau und die Kinder den Verstoß begangen haben, weshalb die Haftung wieder beim Anschlussinhaber selbst liege. Damit ist sie jedoch beim Amtsgericht Heidelberg nicht durchgedrungen.



Amtsgericht Heidelberg Filesharing Klageabweisung "Waldorf Frommer": Das Urteil

Das Amtsgericht Heidelberg hat mit Urteil vom 09.07.2015 (AZ.: 23 C 482/14) die Klage abgewiesen und die Klageabweisung sehr ausführlich begründet. Zunächst hat das Amtsgericht Heidelberg die Frage offen gelassen, ob die Ermittlungen der Firma "ipoque GmbH" im konkreten Fall zuverlässig gewesen sind, da es hierauf aus anderen Gründen nicht mehr ankam.

Kanzleien wie "Waldorf Frommer" argumentieren üblicherweise damit, dass eine Urheberrechtsverletzung via Filesharing keine Ortsanwesenheit erfordere, da man ja den Computer eingeschaltet lassen kann, wenn man aus dem Haus geht. Einige ältere Entscheidungen gerade aus Köln oder München stellen es dieser Argumentation folgend als unbeachtlich dar, wenn man zum Verstoßzeitpunkt nicht zu Hause war. Das Amtsgericht Heidelberg ist dieser Argumentation deutlich entgegen getreten und verweist zutreffend darauf, dass es bereits wirtschaftlich keinen Sinn ergibt, den Computer beim Verlassen des Hauses eingeschaltet zu lassen, was nicht nur einen unnötigen Stromverbrauch, sondern auch eine nicht kontrollierbare Zugriffsmöglichkeit Dritter auf den eigenen Rechner und noch dazu eine Verlangsamung des Internets für die anderen (berechtigten) Nutzer des eigenen Internetanschlusses zur Folge hat.

"Waldorf Frommer" hatte behauptet, zwischen den Parteien sei es unstreitig, dass die Familienangehörigen des Mandanten nicht den Verstoß begangen hätten. Wir hatten dargelegt, dass der Mandant Ehefrau und Kinder befragt und diese angegeben hatten, den Verstoß nicht begangen zu haben. Hieraus wollte "Waldorf Frommer" folgern, dass die Ehefrau und die Kinder den Verstoß definitiv nicht begangen hatten, sondern eben unser Mandant. Das Amtsgericht Heidelberg ist diesem billigen Trick von "Waldorf Frommer" nicht gefolgt. Schließlich kann man daraus, dass Haushaltsangehörige mitteilen nicht für das Filesharing verantwortlich zu sein, nicht zwangsläufig schließen, dass dies tatsächlich auch der Fall ist.

Auch zum Umfang der Nachforschungspflicht hat das Amtsgericht Heidelberg Stellung bezogen: Ein in Anspruch genommener Anschlussinhaber muss nur darlegen, dass und ggf. welche Personen seinen Anschluss mitnutzen. Er muss hingegen nicht eine dieser Personen konkret als Täter benennen. Dies würde im Ergebnis einer Beweislastumkehr gleichkommen. Eine Beweislastumkehr ist jedoch mit der sekundären Darlegungslast nicht verbunden.

Unser Mandant hatte - bevor er uns beauftragt hatte - 150,00 EUR an "Waldorf Frommer" bezahlt. Wir raten grundsätzlich von solchen Zahlungen ohne zuvor abgeschlossenen Vergleich grundsätzlich ab, weil Kanzleien wie "Waldorf Frommer" dann damit argumentieren, dass man dann seine Schuld eingesteht und auch den Restbetrag zahlen muss. Einige Gerichte, beispielsweise in München, folgen dieser Argumentation von "Waldorf Frommer". Erfreulicherweise und vollkommen zutreffend jedoch nicht das Amtsgericht Heidelberg, welches ein Anerkenntnis aufgrund einer Teilzahlung ablehnt.


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Das Urteil des Amtsgerichts Heidelberg lesen Sie hier:
AG Heidelberg, Urteil vom 09.07.2015, Az. 23 C 482/14 (2,94 MB)

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Autor: Andreas Ernst Forsthoff
Quelle: www.abmahnung-urheberrechtsverletzung.de
Link: http://www.abmahnung-urheberrechtsverle ... Heidelberg


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Shruti
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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#4851 Beitrag von Shruti » Freitag 17. Juli 2015, 00:15

Hallo,
keine Ahnung, ob ich mit meiner Frage hier richtig bin, ich finde keine Möglichkeit ein neues Thema aufzumachen, falls ich falsch bin bitte verschieben oder mir mitteilen, wo ich hin soll - Danke

Ein Bekannter hat eine Abmahnung von Walldorf und Frommer bekommen, er hat aber keinen Download gemacht, sondern lediglich geguckt was das für ein Programm ist, dann gesehen da ist automatisch was los gegangen von der Voreinstellung her und gleich wieder ausgeklickt. Insgesamt lief der Download nur 1,8 Minuten, so stehts auch in der Forderung drin.
Muß er dafür wirklich 815€ zahlen, in der Zeit kann doch gar keiner einen Film runterladen?
Wo finde ich Infos ob zur Zeit häufig geklagt wird oder eher nicht?
Danke für Eure Hilfe viele Grüße Shruti

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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#4852 Beitrag von Steffen » Freitag 17. Juli 2015, 13:10

Hallo @Shruti,

ich kenne keine Antwort auf deine Frage, die verbindlich wäre und dich und deinen Bekannten.

Schon allein aus den Grund, dass ich den konkreten Rechtsfall nicht prüfen, beurteilen und eine resultierende Empfehlung geben kann und darf (unerlaubte Rechtsdienstleistung).

Wenn aber, ich weiß es nicht, der Abmahner außer dem einen Log, noch weitere Logs in Hinterhand hat, dann wird diese Argumentation deines Bekannten sowieso ad absurdum gestellt. Dies könnte man mit einer Akteneinsicht (siehe empfohlene Vorgehensweisen) herausbekommen. Und seine ganze Argumentation müsste er sowieso dem Abmahner und vielleicht später dem Richter - schlüssig beweisen.

Ob der Abmahner tatsächlich klagt und wie oft? In Bälde, so jedenfalls nach RA Dury, will die IGGDAW eine statistische Hochrechnung des 1.HJ 2015 veröffentlichen. Da kannst Du dann nachlesen, wie viele Stellen hinter dem Komma die Wahrscheinlichkeitsrechnung an Hand weniger Forendaten Princessmäßig ausgerechnet beträgt. Im Ernst, außer dem Abmahner kann dir hier niemand eine verbindliche Antwort erteilen.

Auch irrelevant. Wer die Zahlung verweigert, entscheidet sich für entweder Klage oder Verjährung und hat sich mit Erhalt der Abmahnung so vorzubereiten, als wenn er schon die Klageschrift in den Händen hielte.

VG Steffen

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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#4853 Beitrag von Steffen » Sonntag 19. Juli 2015, 10:59

WBS-LAW:
Das Landgericht Braunschweig urteilt -
Beweislast liegt beim Kläger!



10:58 Uhr



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Die Constantin Film Verleih GmbH vertreten durch die bekannte Münchener Abmahnkanzlei Waldorf Frommer hat auch vor dem Landgericht Braunschweig eine Niederlage hinnehmen müssen (Urt. v. 01.07.2015, Az. 117 C 1049/14). Sie hatten unseren Mandanten auf Schadensersatz wegen einer angeblichen Urheberrechtsverletzung verklagt. Die Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Braunschweig (Urt. v. 27.08.2014, Az. 117 C 104914) wurde vom Landgericht Braunschweig zurückgewiesen. Das Gericht urteilt unter anderem, dass die Beweislast für eine Täterschaft des Beklagten beim Kläger liegt.



Zum Fall:

Unser Mandant wurde seinerzeit wegen des Films "Resident Evil: Afterlife-3D" abgemahnt, woraufhin wir zunächst in seinem Namen eine modifizierte Unterlassungserklärung abgaben. Die Kanzlei Waldorf Frommer behauptete, dass eine tatsächliche Vermutung dafür bestünde, dass der Anschlussinhaber für die Rechtsverletzung selbst verantwortlich ist.

Wir sind der Auffassung, dass eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn überhaupt, einzig in Einzel- nicht aber in Mehrpersonenhaushalten vorliegen kann. Unser Mandant hatte versichert, selbst kein Filesharing betrieben zu haben und über keine dafür notwendige Filesharing-Software verfügt zu haben. Zudem sei er zu dem in der Abmahnung genannten Tatzeitpunkt beruflich unterwegs gewesen, so dass er während dieser Zeit keinen Zugang zum Internet hatte und die Tat nicht begehen konnte.

Seine Frau hatte während dieser Zeit zwar uneingeschränkten Zugriff auf seinen Internetanschluss, jedoch versicherte sie, dass auch sie kein Filesharing betrieben hatte. Das gemeinsame Kind war zum Tatzeitpunkt zu jung, um die Urheberrechtsverletzung begangen zu haben.

Der durch die Familie verwendete Router "Speedport W504V" war zwar WPA2 verschlüsselt, wies jedoch nachweislich erhebliche Sicherheitslücken auf. Das Amtsgericht Braunschweig war in erster Instanz unserer Argumentation gefolgt und hatte einen Schadensersatzanspruch gegen unseren Mandanten verneint. Hieraufhin legte Waldorf und Frommer Berufung gegen das Urteil ein.



Beweislast der Täterschaft ist Sache des Rechteinhabers

Die Münchener Abmahn-Kanzlei Waldorf Frommer wiederholte und vertiefte in der Berufung nun die eigene Sichtweise und verlangte weiterhin die Zahlung eines Schadensersatzes von unserem Mandanten. Das Landgericht entschied jedoch in einem bemerkenswerten Urteil ebenfalls, dass gegen unseren Mandanten kein Anspruch auf Erstattung von Schadensersatz und Rechtsanwaltskosten entstanden ist.

Erfreulich stellte das Landgericht unter Bezugnahme auf das vom BGH ergangene BearShare-Urteil (Az. I ZR 169/12) fest, dass es grundsätzlich Sache des Rechteinhabers ist, darzulegen und nachzuweisen, dass der Anschlussinhaber Täter oder Teilnehmer der behaupteten Rechtsverletzung ist. Dieser Nachweis ist der Kanzlei Waldorf Frommer nicht gelungen.



Vermutung für Täterschaft nur, wenn Anschlussinhaber alleiniger Nutzer des Anschlusses ist

Wie von uns vorgetragen, sieht auch das Landgericht eine tatsächliche Vermutung für die Täterschaft des Anschlussinhabers nur dann als gegeben an, wenn es sich bei dem Anschlussinhaber um den alleinigen Nutzer des Internets handelt. Eine Vermutung für die Täterschaft liegt jedenfalls nicht in Fällen in denen Familienangehörige, Bekannte oder unberechtigte Dritte als Täter infrage kommen vor.



Sekundäre Darlegungslast trifft Anschlussinhaber nur im Rahmen des Zumutbaren

Die Beweispflicht für eine alleinige Anschlussnutzung durch den Anschlussinhaber muss der Rechteinhaber führen. Da die Beweisführung für den Rechteinhaber in der Regel nicht möglich ist, trifft den Anschlussinhaber eine sekundäre Darlegungslast. Diese sekundäre Darlegungslast darf jedoch nicht als Beweislastumkehr verstanden werden und den Anschlussinhaber nur im Rahmen des zumutbaren treffen. Insofern hat der Anschlussinhaber zwar die Nachforschungs-Verpflichtung, Mitbenutzungsmöglichkeiten des Internetanschlusses durch Dritte mitzuteilen, jedoch hat er diese nicht zu beweisen.



Anschlussinhaber muss keine Informationen zum Prozessgewinn der anderen Seite beschaffen

Unser Mandant genügt nach Ansicht des Landgerichts seiner sekundären Darlegungslast bereits dadurch, dass er die Personen namentlich benennt, die Zugang zum Internet besaßen. Er muss weder den Täter ermitteln, noch Computer auf eventuelle Filesharing-Software untersuchen. Auch muss er nicht ermitteln, wer zum relevanten Tatzeitpunkt tatsächlich Zugang hatte. Das Landgericht Braunschweig hält fest, dass es nicht Aufgabe des Anschlussinhabers sein kann, dem Rechteinhaber die notwendigen Informationen für dessen Prozesserfolg zu beschaffen. Der Rahmen der sekundären Darlegungslast dürfe, so die Richter, in keinem Falle überspannt werden.



Kein Grund der Ehefrau mehr Glauben zu schenken als Beklagtem

Wie zu Anfang erwähnt, hatte die Ehefrau unseres Mandanten bewiesener Maßen uneingeschränkten Zugriff auf das Internet. Somit lag der Nachweis einer Täterschaft bei dem Rechteinhaber. Zwar hatte auch die Ehefrau ausgesagt, sie habe kein Filesharing betrieben, jedoch lässt das wiederum nicht den Rückschluss zu, dass unser Mandant, der Anschlussinhaber, die Urheberrechtsverletzung begangen haben muss. Es bestehe kein Grund, so das Gericht, der Aussage der Ehefrau mehr Glauben zu schenken, als der Aussage unseres Mandanten, der die Urheberrechtsverletzung seinerseits ebenfalls verneint hatte. Ein positiver Vollbeweis der Täterschaft konnte daher nicht erbracht werden. Auf eine mögliche Sicherheitslücke im Router kam es nicht mehr an.



Fazit:

Ein mehr als erfreuliches und vor allem auch im Ergebnis richtiges Urteil des Landgerichts Braunschweig. Wichtig festzuhalten bleibt, dass das Gericht deutlich feststellte, dass die Beweislast für eine Täterschaft des Beklagten im Ergebnis jedenfalls eindeutig beim Kläger liegt. Zudem erläutert das Urteil ausführlich, wie man als Betroffener der sekundären Darlegungslast und der Nachforschungspflicht nachkommen kann. Immer wieder beziehen sich die Gerichte in Ihren Entscheidungen, wenn es um die Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast geht, auf die Transportrechtsentscheidung des BGH und übertragen die dort getätigten Aussagen auf den Familienhaushalt. Das Urteil des Landgerichts Braunschweig erteilt dieser Übertragung eine klare Absage! (TOS)



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Autor: Rechtsanwalt Christian Solmecke
Quelle: www.wbs-law.de
Link: https://www.wbs-law.de/abmahnung-filesh ... ger-62022/


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LG Braunschweig, Urteil vom 01.97.2015, Az. 9 S 433/14, 9 S 433/14 (59)

hamsterbacke
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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#4854 Beitrag von hamsterbacke » Sonntag 19. Juli 2015, 18:43

Guten Tag,

ich habe ebenfalls vor einigen Wochen eine Abmahnung von der Kanzlei bekommen über 815€ für Hochladen eines Musikalbums, da ich in einer 3er-WG wohne und nur der Internetvertrag über mich läuft, kann ich leider nicht sagen wer das war. Ich habe dann eine modifizierte Unterlassungserklärung geschickt und heute wieder eine Zahlungsforderung bekommen für das Geld. Im Brief steht:

"Sehr geehrter Herr...,
in vorstehender Angelegenheit wurden die Unerlassungsansprüche unserer Mandantschaft durch Angabe der geforderten Unterlassungserklärung zwischenzeitlich erfüllt.
Eine fristgerechter Zahlungseingang konnte jedoch nicht festegestellt werden.
Der ausstehende Betrag in Höhe von EUR 815,00 ist bis spätestens 30.07.2015 auf folgendes Konto zu begleichen: ......
Sollte diese letzte Zahlungsfrist eabermals missachtet werden, empfehlen wir unserer Mandantschaft die sofortige gerichtliche Geltendmachung ihrer Zahlungsansprüche".

was soll ich machen, habe bisschen durchgelesen, manche meinen ich soll den Brief ignorieren, weil es nur eine Drohung ist, andere meinen ich muss unbedingt eine Anwalt einschalten, was wäre der richtige Weg?

danke für eure Hilfe.

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Steffen
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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#4855 Beitrag von Steffen » Sonntag 19. Juli 2015, 22:47

Entweder,
a) Anwalt nehmen
b) Zahlen oder
c) weiter abwarten.


VG Steffen

hamsterbacke
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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#4856 Beitrag von hamsterbacke » Montag 20. Juli 2015, 07:10

ja hm... welche Möglichkeiten ich jetzt habe, weiß ich auch^^, aber welche ist denn die beste/sinnvollste?

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Steffen
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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#4857 Beitrag von Steffen » Montag 20. Juli 2015, 23:17

Das ist und bleibt Deine Entscheidung. Gott sei dank muss ich das nicht entscheiden. Ausrufezeichen.

VG Steffen

cfix
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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#4858 Beitrag von cfix » Dienstag 21. Juli 2015, 21:43

Hi, ich hab im Frühjahr diesen Jahres einen Mahnbescheid von Waldorf Frommer erhalten und dagegen nach Absprache mit einem auf IT-Recht spezialisierten Anwalts Widerspruch eingelegt. Der Anwalt meinte, dass das Verfahren falls es zu einer Klage kommt in Regensburg verhandelt wird (mein Wohnsitz). Der Anwalt hat mir auch sehr gute Erfolgsaussichten eingeräumt. Da er mit dem zuständigen Richter schon in mehreren ähnlichen Fällen zu tun hatte und er laut seiner Aussage ihm inzwischen begreiflich machen konnte um was es da genau geht.

Nun stellt sich mir aber nach einiger Recherche die Frage ob Waldorf Frommer das Verfahren an das AG München rechtsanhängig machen kann. Dort wiederum hat Waldorf Frommer anscheinend Heimvorteil und gewinnt so gut wie jeden Prozess.

Wenn man sich mal ein paar Härtefälle durchliest, die das AG München verhandelt hat bekommt man schnell den Eindruck dass dort Rechtsbeugung betrieben wird und somit die Chancen für den Beklagten gegen 0 gehen.

Nun frag ich mich, wie oben schon beschrieben was Waldorf Frommer machen kann (falls es zu einer Klage kommt) dass das Verfahren nicht in Regensburg sondern im AG München rechtsanhängig wird?!

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Steffen
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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#4859 Beitrag von Steffen » Dienstag 21. Juli 2015, 22:16

Sonderfall Bayern:
  • Örtlich zuständig das AG am Sitz des LG im jeweiligen LG Bezirk und – nicht – das AG am jeweiligen Wohnort
Es gilt jetzt § 105 UrhG = AG Regensburg.

VG Steffen

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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#4860 Beitrag von Steffen » Montag 27. Juli 2015, 10:58

WALDORF FROMMER Rechtsanwälte:
OLG Stuttgart, Beschluss vom 01.07.2015, Az. 4 U 209/14:
Beweislast für die Entkräftung der tatsächlichen Vermutung
in Filesharing-Verfahren liegt beim Anschlussinhaber!




10:57 Uhr



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WALDORF FROMMER
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In dem Verfahren vor dem Oberlandesgericht Stuttgart hatte der in der ersten Instanz (LG Stuttgart, Urt. v. 25.11.2014, Az. 17 O 468/14) unterlegene Anschlussinhaber Berufung eingelegt.

Erstinstanzlich hatte das Landgericht Stuttgart festgestellt, dass der Anschlussinhaber der geschädigten Rechteinhaberin einen Schadensersatzbetrag in Höhe von 600,00 EUR für die öffentliche Zugänglichmachung eines vollständigen Filmwerks sowie die geforderten Rechtsanwaltskosten schuldet und vollständig für die Kosten des Gerichtsverfahrens aufzukommen hat.

Der Anschlussinhaber wandte in der zweiten Instanz vor dem Oberlandesgericht ein, er sei zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung nicht zu Hause gewesen. Sämtliche weitere Mitnutzer hingegen wären anwesend gewesen und hätten den Internetanschluss in dem streitgegenständlichen Zeitraum jederzeit selbstständig nutzen können. Nach Erhalt der Abmahnung seien sämtliche Mitnutzer zur Rechtsverletzung befragt worden, wobei sich jedoch die Verursachungsfrage nicht hätte klären lassen.

Das Verfahren wurde am 01.07.2015 vor dem Oberlandesgericht Stuttgart mündlich verhandelt. Der Senat gab dem Anschlussinhaber im Rahmen der mündlichen Verhandlung klar zu verstehen, dass die Berufung aussichtslos sei.

Die Beweislast für die Erschütterung der Vermutungsgrundlage liege grundsätzlich bei demjenigen, der sich aus der Vermutungswirkung befreien möchte, somit dem Anschlussinhaber. Dies sei ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes in sämtlichen Rechtsgebieten und ergebe sich für Tauschbörsenfälle bereits aus den Leitentscheidungen des Bundesgerichtshofes "Morpheus" und zuletzt "BearShare", so der Senat in der mündlichen Verhandlung.

Der Berufungskläger hatte sich jedoch geweigert, die als Mitnutzer benannten Personen zum Beweis für die behauptete Zugriffsmöglichkeit zur Tatzeit als Zeugen anzubieten. In Anbetracht der klaren richterlichen Hinweise nahm der Anschlussinhaber seine Berufung zurück, so dass das Urteil des Landgerichts Stuttgart nunmehr rechtskräftig ist.

Neben den aus dem erstinstanzlichen Urteil resultierenden Kosten hat der Anschlussinhaber nun auch die Kosten des weiteren Rechtszugs zu tragen.



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Autorin: Rechtsanwältin Carolin Kluge
Quelle: news.waldorf-frommer.de
Link: http://news.waldorf-frommer.de/waldorf- ... iegt-beim/
Link Urteil (PDF): http://news.waldorf-frommer.de/wp-conte ... 209_14.pdf



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OLG Stuttgart, Beschluss vom 01.07.2015, Az. 4 U 209/14 (Berufungsrücknahme)

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