2012 - Vergleich oder lieber gleich Zahlen?
2005 bis 2010 war die “Heile Welt“ der Abgemahnten noch in Ordnung. Man wurde abgemahnt,
aufgefordert zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung,
ging zum Anwalt oder ins Internet, las bzw. hörte schnell etwas von Abzocke, Geschäfts-
modell, Betrug usw. und war sich sicher: “Eine mod. UE ja, wenn Ihr aber mein Geld wollt,
muss ein Richter dies entscheiden!“ In der Forenwelt wurde und wird hochstilisiert, dass
wir nur “Opferlämmer“ einer raffgierigen Contentindustrie wären, die Gegenseite so lächer-
lich und niemals nie Beweise hätte, wilde und abstruse (Verschwörungs-)Theorien sind an
der Tagesordnung, falsche “anonyme Rebelleros“ werden frenetisch gefeiert ... einfach,
wie großartig wir doch eigentlich schon im Allgemeinen und Speziellen sind.
Kaum haben die Abmahner, beginnend ab Ende 2012 und merklich, unsere Wünsche und Vorstel-
lungen respektiert, lassen über die Berechtigung der Abmahnung einen Richter entscheiden,
sind alle guten Vorsätze verschwunden. 2012 zählt jetzt nur noch, wie kann man sich als
der “Große Unschuldige“ mit Erhalt eines MB bzw. Klageschrift am Kostengünstigsten und mit
wenig Arbeitsaufwand aus der nervigen Affäre ziehen.
Sicherlich sollte das Hauptziel einer jeden Überlegung sein, wie man seine eigenen Kosten
und Risiken minimiert. Punkt. Aus. Aber, was haben wir denn gedacht, wenn man gedacht hat,
mit Erhalt des Abmahnschreibens? Das, mit der Abgabe der mod. UE und dem Entschluss nicht
zu zahlen man einen Entschuldigungsbrief des Abmahners erhält, indem man sich höflichst für
die Störung des häuslichen Friedens sich entschuldigt? Oder vergisst man, dass es dem
Abmahner sein legitimes Recht ist, offensichtliche Rechtsverstöße geltend zu machen? Der
Umstand, dass seit 2005 man eben P2P benutzt, um massenhafte Rechtsverstöße zu tätigen,
egal ob bewusst oder unbewusst; Kind oder Erwachsener; kostenlos oder nicht kostenlos usw.
wird weitgehend verdrängt, ja sogar in der “Heilen Forenwelt“ regelgemäß verleugnet. Nicht
der Filesharer ist schuld, sondern die Abmahner und das Urhebergesetz.
Jetzt muss man sich, nach der Zahlungsbereitschaft 2012 einfach die Fragen
stellen:
- Waren wir es einfach nur, oder kennen denjenigen, der es war?
- Haben oder finden wir keine Argumente, denn die Abmahner haben ja genügend?
- Ist die Rechtslage bzw. Rechtsprechung so eindeutig, dass ein möglicher Beklagter
chancenlos ist?
sowie
- Mit Anwalt oder mit ohne Anwalt?
- Wie vergleicht man sich wann, mit wem und für wie viel?
Die für mich entschiedenste Frage ist wohl: mit Anwalt oder mit ohne Anwalt!?
Eigentlich sollte man dieses mit einer Gegenfrage beantworten, in dem man fragt: Geht man
bei Zahnschmerzen zu seiner Kfz-Werkstatt oder besser zum Zahnarzt? Ein Rechtsanwalt ist
nun einmal derjenige, der sich darauf spezialisiert hat und in allen Lagen und bei allen
Eventualitäten einen angemessen anwaltlich beraten wird. Nur, wer möchte das hören? Getreu
unserer “Geiz ist geil“-Mentalität muss es alles für Lau geben. Sicherlich, solange man
keine Klageschrift oder eine andere gerichtliche Reaktion erhält, ist die “Geiz ist geil“-
Welt in Ordnung. Aber wehe wenn …
Vom Unschuldigen zum Schnellzahler
Wenn wir unseren eigenen Zahlen vertrauen, müssen wir schlussfolgern, dass 2009 + 2010 die
Jahre waren, in denen die anzahlmäßig am meisten Abmahnschrieben versandt wurden. Das
bedeutet, wenn wirklich, wie gemeldet, so viele Betroffene nur eine mod. UE abgaben und
nicht zahlten, wird es, wenn die Abmahner ihre Ansprüche konsequent (vor Eintritt der Verjährung)
durchsetzen, zu einem Anstieg der Klagezahlen kommen. Solange die Klagezahlen weit unten im
Keller lagen, war es für uns uninteressant, jetzt mit dem stetigen Anstieg seit Ende 2010
- müssen - wir einfach umdenken. Was 2009 galt, ist heute überholt.
Unverständnis vor Kostenrechnung
Wenn man den Abmahnwahn von Angebinn nüchtern analysiert, muss man eines feststellen: Was
sind unsere verbalen Erklärungen und Kampfansagen in der anonymen Welt eigentlich wert?
Admonitus vulgaris [von lat. admonere “ermahnen“ und lat. vulgaris “gemein“] ist eine ganz
besondere Spezies. Nirgendwo anders werden so viele vermeintliche unberechtigte Forderungen
einfach und freiwillig beglichen, wie bei Abmahnungen hinsichtlich einer P2P-Urhebereverletzung.
Man zahlt eine Betrag X um Ruhe zu haben, weil man keine Zeit oder keine Nerven dafür hat,
weil man keine Beweise findet, weil man sowieso keine Chance hat usw. usf. Dann sollte man
doch aber gleich die Forderungen aus der Abmahnung begleichen, als sich im Forum kämpferisch
zu geben um letztendlich rechnerisch, freiwillig und schnell sich zu vergleichen, anzuerkennen
oder gar nicht erst zu erscheinen.
Für mich persönlich sind es alles Ausreden!
Denn wir seind jetzt wieder angelangt bei den Ausgangsfragen:
- Waren wir es einfach nur, oder kennen denjenigen, der es war?
- Haben oder finden wir keine Argumente, denn die Abmahner haben ja genügend?
- Ist die Rechtslage bzw. Rechtsprechung so eindeutig, dass ein möglicher Beklagter chancenlos
ist?
2007 las ich in der Zeitschrift PC-Welt ein Zitat über Abmahnungen, was nicht an Aktualität
verloren hat.
Es ist wohl anzunehmen, dass viele der durch die Republik donnernden Abmahnungssalven ähnlich
unbegründet sind. Doch meist ist die eingeforderte Gebühr niedriger als eine Erstberatung beim
Anwalt. Der Betroffene zahlt lieber,als sich dem Risiko eines Rechtsstreits auszusetzen. Doch
genau dieses zaudernde Verhalten bestärkt die Abmahnabsahner in ihrem Tun. Würden sich mehr
Leute wehren, gäbe es keine dreisten Massenabmahnungen.
Man sollte doch einmal übergehen, für sein Recht zu kämpfen. Natürlich kosten dies Zeit, Nerven
und vor allem Geld. Aber wie lange will man tatenlos bezahlen, vergleichen, anerkennen, bevor
man für sein Recht streitet? Denn inzwischen entwickelt sich die Rechtsprechung und der “innere
Rechtsfrieden“ im weiter zu unseren Ungunsten.
Und hört mir doch auf, mit irgendwelchen Michmädchenrechungen!
Es ist doch unwichtig, ob nur 0,0023 % verklagt werden, 10 %, 20 % oder nur 1 je Woche, bist Du
der 1 je Woche, nützt Dir die ganze Milchmädchenrechnung nichts. Dann bist Du Mode, und wenn nicht
vorbereitet vergleichsbereit für etwas, was Du ja eigentlich nicht getan hast! Es kann niemand einen
Garantieschein ausstellen.
Hier muss ein Umdenken eintreten!
Jeder muss mit Erhalt des Abmahnschreibens sich so verhalten, als wenn er der 1 je Woche wäre, der
in den 3 Jahren der Verjährungsfrist verklagt wird
- Ursachenforschung
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- einfaches Bestreiten bringt definitiv nichts, man muss substantiiert vortragen.
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Oder man sollte einfach zahlen und für immer schweigen!
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Steffen Heintsch für die Initiative AW3P
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