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Steffen
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AG Charlottenburg, Az. 203 C 173/17

#11141 Beitrag von Steffen » Mittwoch 11. Oktober 2017, 16:51

Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Amtsgericht Charlottenburg - Der pauschale Verweis auf eine vermeintliche Sicherheitslücke am WLAN Router in Tauschbörsenverfahren ist nicht ausreichend (keine "echte" Mehrfachermittlung)


16:50 Uhr


Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen. Die beklagte Anschlussinhaberin verteidigte sich im genannten Verfahren damit, dass sich der streitgegenständliche Internetanschluss nicht bei ihr zuhause, sondern in ihrem Geschäft befunden habe, in dem auch Geldtransfergeschäfte angeboten würden. Generellen Zugriff auf den Anschluss hätten die Beklagte selbst sowie ihr Ehemann gehabt. Beide seien jedoch zum relevanten Zeitpunkt nicht im Geschäft gewesen, sondern hätten Verwandte besucht. Das Geschäft sei während dieser Zeit verschlossen gewesen. Daher müsse ihr Anschluss unter Ausnutzung einer WPS-Sicherheitslücke an ihrem Fritz!Box-Router "gehackt" worden sein. Vorsorglich bestritt die Beklagte zudem die fehlerfreie Ermittlung ihres Internetanschlusses.

Das Amtsgericht Charlottenburg wertete dieses Vorbringen als unerheblich.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

Beethovenstraße 12 | 80336 München
Telefon: 089 / 52 05 72 10 | Telefax: 089 / 52 05 72 30
E-Mail: web@waldorf-frommer.de | Web: www.waldorf-frommer.de




Bericht

Link:
https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... sreichend/

Urteil als PDF:
https://news.waldorf-frommer.de/wp-cont ... 173_17.pdf




Autorin

Rechtsanwältin Franziska Hörl



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Der Anschluss der Beklagten sei zu zwei Zeitpunkten der ermittelten IP-Adresse zugeordnet und der Klägerin beauskunftet worden. Aufgrund dessen sei ein Fehler derart fernliegend, "dass Zweifel an der Richtigkeit der Anschlussidentifizierung schweigen".

Zudem habe das Gericht weder feststellen können, "dass der Anschluss der Beklagten nicht hinreichend gesichert ist noch, dass der Anschluss zur Tatzeit von der Beklagten Dritten zur Nutzung überlassen wurde". Vielmehr war es unstreitig, dass der Ehemann den Anschluss zur Tatzeit nicht genutzt habe und der Anschluss mit einer WPA2-Sicherung und "weiteren Sicherheitspaketen" geschützt war.

Den pauschalen Verweis der Beklagten auf eine vermeintliche Sicherheitslücke in dem von ihr verwendeten Router wertete das Amtsgericht Charlottenburg in diesem Zusammenhang daher als unerheblich:

"Unerheblich ist in diesem Zusammenhang der Vortrag der Beklagten sie habe einen Router der Firma Fritz!, nämlich eine Fritz!Box 7390 genutzt, bei dem im Jahr 2014 Sicherheitslücken bei der WPS-Verbindung bekannt gewesen seien, denn die Klägerin hat nicht einmal vorgetragen, dass die WPS-Verbindung am Router zur Tatzeit eingeschaltet war. [...] Auch ist es nicht nachvollziehbar, dass eine Sicherheitslücke, die bereits 2013 bestanden haben soll erst 2014 entdeckt und veröffentlicht worden sein soll."

Das Amtsgericht erachtete schließlich auch die Höhe des geltend gemachten Schadensersatzes für angemessen. Bei der Bemessung des Schadensersatzes sei zu berücksichtigen, "dass schon wegen der fehlenden Begrenzbarkeit der Weitergabe des Films die Klägerin keinesfalls bereit gewesen wäre, die kostenlose Weitergabe im Internet zu lizenzieren". Maßgeblich war zudem, "dass der Film mit einigem finanziellen Aufwand, insbesondere unter Einsatz weithin bekannter Darsteller hergestellt worden ist".

Das Amtsgericht verurteilte daher die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung von Schadensersatz, zum Ersatz der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten sowie zur Übernahme der gesamten Verfahrenskosten.







AG Charlottenburg, Urteil vom 29.08.2017, Az. 203 C 173/17



(...) - Beglaubigte Abschrift -



Amtsgericht Charlottenburg

Im Namen des Volkes

Urteil




Geschäftsnummer: 203 C 173/17
verkündet am: 29.08.2017


In dem Rechtsstreit


[Name],
Klägerin,

- Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldorf Frommer, Beethovenstraße 12, 80336 München, -



gegen


die Frau [Name], 10961 Berlin,
Beklagte,

- Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin [Name], 14052 Berlin, -





hat das Amtsgericht Charlottenburg, Zivilprozessabteilung 203, auf die mündliche Verhandlung vom 20.07.2017 durch die Richterin am Amtsgericht [Name]

für Recht erkannt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 600,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.09.2015 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 506,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.09.2015 zu zahlen.
3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.





Tatbestand

Die Klägerin ist Inhaberin der exklusiven Verwertungsrechte an dem Film [Name] für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland.

Die Firma Digital Forensics GmbH ermittelte, dass von der IP-Adresse [IP] am [Datum] [Uhrzeit]Uhr und um [Uhrzeit] Uhr der Film [Name] zumindest in Teilen zum öffentlichen Download angeboten wurde. Die Klägerin beantragte sodann beim Landgericht [Name] die Auskunft des Providers [Name] wer zu den vorgenannten Zeiten Inhaber des Anschlusses mit ermittelten IP-Adressen gewesen sei. Aufgrund des Beschlusses des Landgerichts [Name] zum Geschäftszeichen [Az.] erteilte der Provider zu den Anfragen, dass die Beklagte Anschlussinhaberin sei.

Mit Schreiben vom [Datum] (Bl. 38 bis 43 d.A.) mahnte die Klägerin die Beklagte wegen der o.g. Rechtsverletzung ab und verlangte Schadenersatz in Höhe von 450,00 EUR sowie Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 506,00 EUR. Am [Datum] gab die Beklagte eine Unterlassungserklärung ab (Bl. 48 d.A.). Mit Schreiben vorn 10.09.2015 (Bl. 56 bis 58 d.A.) mahnte die Klägerin gegenüber den Prozessbevollmächtigten die Zahlung eines Lizenzschadens sowie die Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten bis zum 17.09.2015 an.

Der Anschluss der Beklagten war damals mittels WPA2 Verschlüsselung durch Eingabe des werksseitigen Passworts des Routers gesichert. Es handelt sich bei dem Anschluss um den Anschluss des Juweliergeschäfts der Beklagte, in welchem sie u.a. auch Geldtransfergeschäfte anbietet. Der Anschluss war daher neben der Verschlüsselung auch durch ein umfangreiches Sicherheitspaket gesichert. Neben der Beklagten hatte noch ihr Ehemann Zugriff auf den Computer. Dieser hat die Rechtsverletzung jedoch nicht begangen.



Die Klägerin beantragt,
die Beklagte wie erkannt zu verurteilen.



Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie behauptet zur Tatzeit nicht zuhause gewesen zu sein. Sie sei mit ihrem Ehemann bei ihrem Bruder und dessen Frau in [Name] gewesen. Sie bestreitet die Richtigkeit der Ermittlungen. Das Geschäft sei verschlossen gewesen. Es müsse sich um einen Hackerangriff handeln. Die von ihr verwendete Fritz!Box7390 habe eine Sicherheitslücke gehabt. So habe der Fachverlag Heise Online im Februar 2014 von erheblichen Sicherheitslücken berichtet.


Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vorn 20.07.2017 (Bl. 126 bis 127 d.A.) verwiesen.




Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Schadenersatz in Höhe von 600,00 EUR sowie einen Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 506,00 EUR.

Der Anspruch der Klägerin auf Schadenersatz in Höhe von 600,00 EUR folgt aus § 97 Abs. 2 UrhG. Danach kann der Rechteinhaber vom Anspruchsgegner Ersatz eines angemessenen Schadens verlangen, der durch die Verletzung des Urheber- oder eines anderen nach dem UrhG geschützten entsteht.

Vorliegend ist unstreitig, dass die Klägerin Rechteinhaber im Sinne dieser Norm ist. Rechteinhaber ist dabei nicht nur der Urheber selbst, sondern auch derjenige, dem vom Urheber wirksam ein dingliches Nutzungsrecht eingeräumt wurde.

Ferner ist es nach Auffassung des Gerichts unstreitig, dass die streitgegenständliche Rechtsverletzung am [Datum] vom Anschluss der Beklagte aus begangen wurde. Das Bestreiten der Richtigkeit der Ermittlungen der IP-Adresse und das Bestreiten der Auskunft des Providers durch die Beklagte sind unerheblich. Die IP-Adresse [IP] wurde durch die von der Klägerin beauftragte Firma zu zwei nahe beieinander liegenden Zeitpunkten ermittelt. Dies ist bei dynamisch vergebenen IP-Adressen typisch, denn die IP-Adresse wird je nach Anbieter regelmäßig erst nach mehreren Stunden bzw. am nächsten Tag neu vergeben. Wenn bei der Ermittlung der IP-Adresse ein Fehler passiert wäre, ist es unwahrscheinlich, dass trotzdem zwei Mal die gleiche IP-Adresse ermittelt wurde. Zwar handelt es sich nicht um eine sog. "echte" Mehrfachermittlung im Fall des OLG Köln (Urteil vom 16. Mai 2012 - Az. I-6 U 239/11 -), jedoch liegt auch hier aus dem oben genannten Grund ein Fehler bei der Ermittlung des Anschlusses so fern, dass Zweifel an Richtigkeit der Anschlussidentifizierung schweigen (§ 286 ZPO; vgl. OLG Köln, Urteil vom 16. Mai 2012 - Az.I-6 U 239/11 -, Rn. 4, juris).

Gleiches gilt für die Richtigkeit der vom Provider erteilten Auskunft. Hier hat die Klägerin den Anschlussinhaber der IP-Adresse [IP] zu zwei unterschiedlichen Zeitpunkten abgefragt. Bei beiden Zeitpunkten erteilte der Provider ausweislich der Anlage K 2 die Auskunft, dass es sich um den Anschluss der Beklagten handele. Auch hier liegt es fern, dass ein Fehler vorgelegen haben soll, der zwei Mal zum Anschluss der Beklagten geführt haben soll. Darüber hinaus ist auch zu beachten, dass die Beklagte damals unstreitig ihren Internetanschluss über den Provider [Name] nutzte. Angesichts dessen ist ein Fehler in der Ermittlung und Beauskunftung äußerst unwahrscheinlich. Konkrete Anhaltspunkte für eine Falschermittlung trägt die Beklagte nicht vor.

Die Beklagte ist auch als Täterin für die Rechtsverletzung verantwortlich. Zu ihren Lasten streitet die sog. Anschlussinhabervermutung. Die Klägerin trägt nach den allgemeinen Grundsätzen als Anspruchsstellerin zwar die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs auf Schadensersatz erfüllt sind. Sie hat darzulegen und im Bestreitensfall nachzuweisen, dass der Beklagte für die von ihr behauptete Urheberrechtsverletzung als Täter verantwortlich ist (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 2012 - I ZR 74/12, GRUR 2013, 511 Rn. 32 = WRP 2013, 799 - Morpheus; Urteil vom 8. Januar 2014 - I ZR 169/12, BGHZ 200, 76 Rn. 14 - BearShare; Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 75/14, GRUR 2016, 191 Rn. 37 = WRP 2016, 73 - Tauschbörse III; Urteil vom 12. Mai 2016 - I ZR 48/15, GRUR 2016, 1280 Rn. 32 = WRP 2017, 79 - Everytime we tauch). Allerdings spricht eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen diesen Internetanschluss benutzen konnten (BGHZ 200, 76 Rn. 15 - BearShare; BGH, GRUR 2016, 191 Rn. 37 - Tauschbörse III).

Die Beklagte hat diese tatsächliche Vermutung nicht entkräftet. Eine die tatsächliche Vermutung ausschließende Nutzungsmöglichkeit Dritter ist anzunehmen, wenn der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde. In solchen Fällen trifft den Inhaber des Internetanschlusses jedoch eine sekundäre Darlegungslast. Diese führt weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 Abs. 1 und 2 ZPO) hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast vielmehr dadurch, dass er dazu vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der konkreten Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat. Die pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt lebenden Dritten auf den Internetanschluss genügt hierbei nicht. Entspricht der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast, ist es wieder Sache der Klägerin als Anspruchstellerin, die für eine Haftung des Beklagten als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen (BGHZ 200, 76 Rn. 15 ff. - BearShare, m.w.N.; BGH, GRUR 2016, 191 Rn. 37 und 42 - Tauschbörse III; GRUR 2016, 1280 Rn. 33 - Everytime we touch, BGH, Urteil vom 06. Oktober 2016 - I ZR 154/15 -, Rn. 15, juris).

Es kann weder festgestellt werden, dass der Anschluss der Beklagte nicht hinreichend gesichert ist noch, dass der Anschluss zur Tatzeit von der Beklagten Dritten zur Nutzung überlassen wurde. Vorliegend ist unstreitig, dass die Beklagte alleinige Anschlussinhaberin ist und dass sie ihr WLAN mittels Verschlüsselung über WPA 2 gesichert hat und zudem weitere Sicherheitspakete auf dem Computer installiert waren. Es ist daher unstreitig, dass der Anschluss der Beklagten hinreichend gesichert war.

Unerheblich ist in diesem Zusammenhang der Vortrag der Beklagten sie habe einen Router der Firma Fritz!, nämlich eine Fritz!Box 7390 genutzt, bei dem im Jahr 2014 Sicherheitslücken bei der WPS-Verbindung bekannt gewesen seien, denn die Klägerin hat nicht einmal vorgetragen, dass die WPS-Verbindung am'Router zur Tatzeit eingeschaltet war. Andere Personen, denen die Beklagte Zugang zu ihrem Internetanschluss gewährt hätte und die 'konkret die Möglichkeit zur Begehung der Rechtsverletzung gehabt hätten sind nicht feststellbar, denn die Klägerin hat unstreitig gestellt, dass der Ehemann der Beklagten den Internetanschluss zur Tatzeit nicht genutzt habe. Auch die Vorlage der Anleitung zum "Hacken" einer Fritz!Box (Bl. 121ff. d.A.) hilft nicht weiter, da diese Anleitung davon ausgeht, dass der Fernwartungszugriff aktiviert wurde oder man bereits Zugang zum Netzwerk hat. Auch hierzu hat die Beklagte jedoch konkret nichts vorgetragen. Auch ist nicht nachvollziehbar, dass eine Sicherheitslücke, die bereits 2013 bestanden haben soll erst 2016 entdeckt und veröffentlicht worden sein soll.

Durch die Rechtsverletzung ist der Klägerin ein Schaden - berechnet nach der Lizenzanalogie - in Höhe von 600,00 EUR entstanden. Die Festlegung der Höhe beruht auf einer Schätzung des Gerichts gemäß § 287 ZPO.

Der Rechteinhaber hat zunächst die Wahl, wie er den ihm entstandenen Schaden berechnet wissen möchte. An diese Wahl ist das Gericht gebunden. Die Klägerin hat sich insoweit auf die Berechnung nach der Lizenzanalogie berufen. Demnach ist der Schaden danach zu bemessen, was vernünftige Parteien bei Abschluss eines Lizenzvertrages in Kenntnis der wahren Rechtslage und der Umstände des Einzelfalls als angemessenes Lizenzentgelt vereinbart hätten (Dreier / Schulze UhrG 4. Aufl., § 97 Rdnr. 61), ohne dass es darauf ankäme, ob der Rechteinhaber überhaupt zum Abschluss eines solchen Vertrages bereit gewesen wäre.

Vorliegend ist insoweit zu berücksichtigen, dass schon wegen der fehlenden Begrenzbarkeit der Weitergabe des Films die Klägerin keinesfalls bereit gewesen wäre, die kostenlose Weitergabe im Internet zu lizenzieren. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass - theoretisch jeder Tauschbörsenteilnehmer entdeckt und auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden könnte. Maßgeblich ist weiter, dass der Film mit einigem finanziellen Aufwand, insbesondere unter Einsatz weithin bekannter Darsteller hergestellt worden ist und zu einer weltweit bekannten und erfolgreichen Reihe von Comicverfilmungen'mit hohem Produktionsaufwand gehört. Andererseits befand sich der 2012 hergestellte Film zum Zeitpunkt der Rechtsverletzungen nicht mehr in der eigentlichen Verwertungsphase. Berücksichtigt wurde schließlich, dass die Klägerin vorprozessual einen Schadensersatzanspruch von 450,00 EUR geltend gemacht hat.

Die Beklagte haftet als Täterin auch auf Aufwendungsersatz in Höhe von 506,00 EUR nach § 97a Abs. 1 Satz 2 UrhG.

Grundsätzlich kann der Aufwendungsersatz für eine anwaltliche Abmahnung anhand RVG berechnet werden (BGH Urteil vom 11.06.2015 AZ I ZR 75/14 - Tauschbörse III - zitiert nach der Mitteilung der Pressestelle des BGH Nr. 92/2015). Die Berechnung ist nicht zu beanstanden. Der Gegenstandswert für den Anspruch auf Unterlassung bzgl. des streitgegenständlichen Films ist mit 10.000,00 EUR anzusetzen. Maßgeblich ist das Interesse der Klägerin an der Unterlassung. Und dieses schätzt das Gericht auf den angegebenen Betrag (vgl. auch BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 -I ZR 272/14 -, juris).

Die in Ansatz gebrachte 1,0-fache Gebühr ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Das Gericht hat die Berechnung überprüft, sie ist ordnungsgemäß erfolgt.

Da die Beklagte Täterin der Rechtsverletzung ist, besteht zwischen den Parteien ein gesetzliches Schuldverhältnis. Da die Klägerin die Zahlung des Schadenersatzes in der beantragten Höhe mit Schreiben vom 10.09.2015 bis zum 17.09.2015 angemahnt hat, ist die Klageforderung gemäß §§ 280, 286, 288 BGB ab dem 18.09.2015 mit dem gesetzlichen Zinssatz zu verzinsen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nummer 11, 711 ZPO.




Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen die Entscheidung können Sie, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder die Berufung vom Gericht, das die Entscheidung getroffen hat, zugelassen worden ist, Berufung einlegen, wenn Sie durch die Entscheidung in Ihren Rechten beeinträchtigt sind.
Im Berufungsverfahren müssen Sie sich von einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt vertreten lassen.

Dies gilt für das Einlegen der Berufung und die Begründung. Die Berufung muss schriftlich in deutscher Sprache durch Ihre Rechtsanwältin oder Ihren Rechtanwalt beim

Landgericht Berlin
Littenstraße 12-17
10179 Berlin


oder

Landgericht Berlin
Tegeler Weg 17-21
10589 Berlin


oder

Landgericht Berlin,
Turmstraße 91,
10559 Berlin


eingelegt werden.

Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt wird. Die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift müssen von Ihrer Rechtsanwältin/Ihrem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Berufung ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem oben genannten Gericht einzulegen.

Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Verkündung der Entscheidung, wenn die Entscheidung nicht zugestellt werden konnte. Die Berufungsschrift muss innerhalb der Frist beim Gericht eingegangen sein.

Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, innerhalb von zwei Monaten schriftlich zu begründen.

Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.



[Name]
Richterin am Amtsgericht




Für die Richtigkeit der Abschrift
Berlin, den 31.08.2017
[Name], Justizbeschäftigte
Durch maschinelle Bearbeitung beglaubigt - ohne Unterschrift gültig. (...)





~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



AG Charlottenburg, Urteil vom 29.08.2017, Az. 203 C 173/17,
Waldorf Frommer Rechtsanwälte,
Rechtsanwältin Franziska Hörl,
Klage Waldorf Frommer,
Fritz!Box 7390,
WPS-Sicherheitslücke Fritz!Box-Router,
Hacker,
Sicherheitslücke WLAN Router,
keine "echte" Mehrfachermittlung

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Steffen
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#11142 Beitrag von Steffen » Freitag 13. Oktober 2017, 22:22

Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Das Amtsgericht Augsburg verurteilt Anschlussinhaberin trotz Zugriffsmöglichkeit weiterer Nutzer (Filesharing)


22:20 Uhr


Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen. In dem genannten Verfahren trug die Beklagte vor, sie habe über keine Kenntnisse verfügt, eine Tauschbörse zu nutzen. Zudem hätten neben ihr selbst die damals minderjährigen Kinder sowie fünf Freunde des Sohnes regelmäßig Zugang zu ihrem Internetanschluss gehabt. Diese und nicht sie selbst, kämen daher als potenzielle Täter der Rechtsverletzung in Betracht. Im Übrigen bestritt die Beklagte sowohl die Rechteinhaberschaft der Klägerin an dem Filmwerk, als auch die durchgeführten Ermittlungen.



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Bericht

Link:
https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... er-nutzer/

Urteil als PDF:
https://news.waldorf-frommer.de/wp-cont ... 541_16.pdf



Autorin

Rechtsanwältin Sandrine Schwertler



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Hinsichtlich der bestrittenen Ermittlungen sowie zur möglichen Täterschaft Dritter erhob das Gericht Beweis durch Vernehmung des Geschäftsführers des Ermittlungsunternehmens und den von der Beklagtenseite benannten - vermeintlichen - Anschlussnutzer.

Im Anschluss an die Beweisaufnahme stand zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Beklagte als Täterin der Rechtsverletzung zu haften hat.

Insbesondere konnte im Rahmen der Vernehmung der Kinder sowie deren Freunde nicht nachgewiesen werden, dass zum konkreten Tatzeitpunkt weitere Personen Zugriff auf den Internetanschluss hatten, was das Gericht zulasten der Beklagten wertete. Entsprechender Vortrag der Beklagten konnte dahingehend zum Teil sogar widerlegt werden. Vor diesem Hintergrund sei - so das Gericht - die Täterschaft der Beklagten tatsächlich zu vermuten. Hieran ändere auch das Vorbringen der Beklagten, sie besitze keinerlei technischen Kenntnisse und Fähigkeiten, nichts.

"Es mag sein, dass die Beklagte im Umgang mit Computern nicht versiert ist, dies hindert jedoch nicht die Tatsache, dass diese Filesharing-Software installiert hat auf ihrem PC und über ihren Internetanschluss den streitgegenständlichen Film heruntergeladen hat. Hierzu bedarf es keiner besonderen computerspezifischen Kenntnisse."

Überdies hatte das Gericht keinerlei Zweifel an der Aktivlegitimation der Klägerin, da diese auf den vorgelegten DVD-Covern ausdrücklich als Rechteinhaberin ausgewiesen ist. Das Amtsgericht verurteilte die Beklagte daher vollumfänglich zur Zahlung des Schadensersatzes, der Rechtsverfolgungskosten sowie zur Übernahme der gesamten Verfahrenskosten.






AG Augsburg, Urteil vom 09.08.2017, Az. 74 C 3541/16



(...) - Beglaubigte Abschrift -



Amtsgericht Augsburg

Az.: 74 C 3541/16



IM NAMEN DES VOLKES



In dem Rechtsstreit


[Name],
- Klägerin -

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldorf Frommer, Beethovenstraße 12, 80336 München,



gegen


[Name], 86853 Langerringen
- Beklagte -

Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt [Name], 86899 Landsberg am Lech,



wegen Forderung




erlässt das Amtsgericht Augsburg durch die Richterin am Amtsgericht [Name] am 09.08.2017 aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 26.07.2017 folgendes


Endurteil


I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Schadensersatz in Höhe von 600,00 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 13.11.2015 zu bezahlen.
II. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 506,00 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 13.11.2015 zu bezahlen.
III. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagtenpartei kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Klagepartei Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.





Tatbestand

Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche aufgrund illegaler Vervielfältigung des Filmes [Name] in der Tauschbörse BitTorrent.

Nach mehreren Fristsetzungen zur Zahlung forderte die Beklagtenpartei mit Schreiben vom 05.11.2015 die Klagepartei die Beklagtenpartei zur Zahlung von Schadenersatz und Rechtsverfolgungskosten (600,00 EUR und 506,00 EUR) bis längstens 12.11.2015 auf.

Die Klagepartei behauptet, Rechteinhaberin an dem Film [Name] zu sein. Die Klagepartei behauptet des Weiteren, die verfahrensgegenständlichen Bild- / Tonaufnahmen seien über den Internetanschluss der Beklagten Dritten illegal zum Download angeboten worden. Diese Verletzungen hätte wie folgt stattgefunden:

[Datum] von [Uhrzeit] Uhr bis [Uhrzeit] Uhr
[Datum] von [Uhrzeit] Uhr bis [Uhrzeit] Uhr
[Datum] von [Uhrzeit] Uhr bis [Uhrzeit] Uhr

Das zivilrechtliche Auskunftsverfahren habe [Name] - nunmehr aufgrund Verheiratung [Name] - als Anschlussinhaberin ermittelt. Eine fehlerhafte Zuordnung liege außerhalb jeder Wahrscheinlichkeit.

Am [Datum] wurde die Beklagte zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung und Zahlung von Schadensersatz sowie außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten aufgefordert.

Der Schadenersatz sei gemäß §§ 97, 19 UrhG, 287 ZPO zu schätzen.

Der Gegenstandswert für die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten sei mit 10.000,00 EUR angemessen.



Die Klagepartei beantragte zuletzt:
1. Die Beklagtenseite wird verurteilt, an die Klägerseite einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 600,00 EUR betragen soll, zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 13.11.2015 sowie
2. 506,00 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 13.11.2015 zu bezahlen.
3. Die Beklagtenseite trägt die Kosten des Rechtsstreits.



Die Beklagtenpartei beantragte zuletzt,
die Klage kostenpflichtig abzuweisen.

Die Beklagtenpartei bestreitet mit Nichtwissen,
dass die Klägerin Inhaberin der Nutzungsrechte sei. Die als Anlage K 1 vorgelegte Kopie lasse allenfalls die Nutzungsrechte für die DVD erkennen. Des Weiteren wurde von der Beklagtenseite bestritten, dass die IP-Adresse richtig ermittelt worden sei.

Die Beklagtenpartei behauptet des Weiteren,
dass die minderjährigen Kinder der Beklagten, nämlich der Sohn [Name], Tochter [Name] sowie die Freundin des Sohnes [Name] Zugriff zum Internetzugang der Beklagten gehabt hätten Des Weiteren kämen vier Freunde des Sohnes in Betracht, welche regelmäßig Zugang zum Internet der Beklagten gehabt hätten, nämlich [Name], [Name], [Name] und [Name].


Das Gericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Einvernahme der Zeugen Dr. Frank Stummer, [Name] und [Name].

Im Übrigen wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 18.01.2017, 19.04.2017, 21.06.2017 und 26.07.2017.




Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.



I.

Das Amtsgericht Augsburg ist gemäß den §§ 1 ZPO, 23, 71 GVG, 104a, 105 UrhG sowohl sachlich als auch örtlich zuständig.



II.

Der Klagepartei steht ein Anspruch aus §§ 97, 97a UrhG zu.


1.

Die Klägerin ist Rechteinhaberin an dem Film [Name]. Dies ergibt sich aus der vorgelegten Anlage K 1, wonach die [Name] Rechteinhaberin ist. Dieser Abdruck auf dem DVD-Cover ist auch ausreichend, um die Rechteinhaberschaft der Klägerin nachzuweisen, da eine tatsächliche Vermutung für die Rechteinhaberschaft der Klägerin spricht, nachdem deren Name auf dem Cover der DVD genannt ist (vgl. LG Berlin vom Urteil 15.12.2015, Az. 16 S 6/15). Es ist hierbei nicht entscheidend, in welcher konkreten Form der Klägerin das Recht auf öffentliche Zugänglichmachung zustand. Vielmehr ist entscheidend, ob die Beklagte durch die Verletzungshandlung in dasjenige Ausschließlichkeitsrecht der Klägerin eingegriffen hat, welches diese tatsächlich erworben hat. Durch das Bereitstellen eines Filmes in Internettauschbörsen und damit einhergehend der öffentlichen Zugänglichmachung erfährt das der Klägerin zustehende Verwertungsrecht jedenfalls eine erhebliche Beeinträchtigung. Das Verbietungsrecht des Rechteinhabers reicht insoweit weiter als sein positives Benutzungsrecht und ist durch illegalen Download beeinträchtigt.


2.

Des Weiteren ist das Gericht davon überzeugt, dass die verfahrensgegenständlichen Bild- / Tonaufnahmen über den Internetanschluss der Beklagten zum illegalen Download angeboten wurden. Der glaubwürdige Zeuge Dr. Frank Stummer sagte glaubhaft, insbesondere ohne erkennbaren Belastungseifer und nachvollziehbar aus, dass über das von ihm entwickelte System festgestellt werden konnte, dass zu den genannten Uhrzeiten am [Datum] vom Internetanschluss der Beklagten Uploads hinsichtlich des Films [Name] stattgefunden hätten. Der Zeuge Dr. Stummer erläuterte in der Zeugenvernehmung, dass das von ihm mitentwickelte System die IP-Adresse der Beklagten ermittelt habe und die Zeitstempel mit denen der Provider übereinstimmten. Des Weiteren erläuterte der Zeuge glaubhaft, dass zuvor auch geprüft worden sei, dass es sich bei dem Film tatsächlich um eine Kopie des Filmes handelt, dessen Rechteinhaberin die Klägerin ist. Aufgrund des Auskunftsverlangens hinsichtlich der ermittelten IP-Adresse sei dann die Anschrift der Beklagten ermittelt worden.

Das Gericht hat keine Zweifel an der Aussage des Zeugen Stummer, welcher nachvollziehbar anhand eines Schaubildes darlegte, wie der Internetanschluss der Beklagten nach diesem System ermittelt wurde. Des Weiteren erläuterte der Zeuge, dass eine nachträglich Veränderung nicht möglich sei und es im Übrigen auch entsprechende Sicherungen dieser Kopien gebe.

Im Hinblick auf die dreifache Erfassung des Internetanschlusses der Beklagten zu Downloadangeboten desselben Filmes innerhalb von zwei Tagen ist von der Richtigkeit des Ermittlungsergebnisses auszugehen. Dass es kurz nacheinander mehrfach zu Fehlern bei der Erfassung und Zuordnung gekommen sein könnte, liegt so fern, dass Zweifel an der Richtigkeit der Anschlussidentifizierung schweigen (§ 286 ZPO).


3.

Das Gericht ist aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme, insbesondere aufgrund der Vernehmung der glaubwürdigen Zeugen [Namen] welche allesamt glaubhaft aussagten, davon überzeugt, dass eine tatsächliche Vermutung weiterhin für die Täterschaft des Anschlussinhabers, also der Beklagten, spricht, da der Zugriff der vernommenen Zeugen auf den Internetanschluss zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung nicht nachgewiesen wurde und aufgrund der Zeugeneinvernahme insbesondere auch feststeht, dass weitere Dritte Personen, insbesondere die vom Zeugen [Name] weiter benannte [Namen] ebenso Zugriff auf den Internetanschluss der Beklagten hatte, welcher von der Beklagten jedoch im Rahmen der sekundären Darlegungslast nicht benannt wurden. Das Gericht ist daher aufgrund der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass weiterhin eine tatsächliche Vermutung für die Täterschaft der Beklagten als Anschlussinhaberin spricht.


a.

Der glaubwürdige Zeuge [Name] erläuterte glaubhaft, dass sich weder auf PC, Tablet oder Smartphone von ihm installierte Filesharing-Software befinde. Er habe über den Internetanschluss der Beklagten, seiner Mutter, lediglich über Amazon oder Netflix Filme heruntergeladen. Jedoch nicht über Filesharing. Im Juni [Jahr] habe er zwar den Internetanschluss seiner Mutter genutzt und sowohl er, als auch seine Schwester hätten die Zugangsdaten an Freunde weitergegeben. Hinsichtlich der bei den LAN-Partys anwesenden Personen erklärte insbesondere der Zeuge [Name] dass hierbei als sozusagen "Hauptkern" neben den als Zeugen benannten auch [Name] hauptsächlich dabei gewesen seien. Der [Name] eigentlich hauptsächlich dabei gewesen.

Des Weiteren führte der Zeuge aus, dass er die Freunde, die ein- und ausgegangen seien, bereits seit der Grundschulzeit kenne und keinem von diesen ein derartiges Vorgehen zutraue.


b.

Auch die glaubwürdige Zeuge [Name] welche glaubhaft aussagte, erläuterte, dass sie im [Name] keine Filesharing Software auf PC, Tablet oder Smartphone installiert gehabt habe. Sie wisse auch nicht, was Filesharing Software sei. Dies habe sie erst ca. 2 bis 3 Wochen vor dem Gerichtstermin erfahren. Wenn sie bei den WLAN-Partys dabei gewesen sei, habe sie ihr Smartphone benutzt. An den [Datum] könne sie sich nicht erinnern, da dies bereits zu lange her sei. Es könne im Übrigen sein, dass sie im [Jahr] nicht bei ihrer Mutter, der Beklagten, gewohnt habe, sondern bei ihrem Vater. Bislang habe sie weder Musik noch Filme über das Internet heruntergeladen. Sie nutze eigentlich nur Facebook und Google. Sie glaube auch nicht, dass ihre Mutter Filme herunterlade.


c.

Auch die glaubwürdige Zeugin [Name] welche glaubhaft insbesondere ohne Belastungseifer und ersichtlich um wahrheitsgemäße Angaben bemüht, aussagte, erläuterte, dass sie nicht davon ausgehe, am [Datum] den Internetanschluss der Beklagten am späten Abend ab [Uhrzeit] Uhr genutzt zu haben, da es sich bei dem [Datum] um ihren Geburtstag handele und sie daher annehme, dass sie wohl zuhause gewesen sei. Sie sei bereits damals mit dem Sohn der Beklagten befreundet gewesen. Den Internetanschluss der Beklagten habe sie nur mit dem Handy genutzt. Ab und zu habe sie auch den PC vom Sohn der Beklagten genutzt, allerdings letztendlich eigentlich nur für die Schule oder auch zur Nutzung von Facebook. Den Film [Name] kenne sie nicht. Auch habe sie keine Software für die Nutzung von Tauschbörsen installiert, da sie wisse, dass dies verboten sei. Sie habe den Film auch nicht mit ihrem Freund zusammen angeschaut. Ob ihr Freund diesen Film kenne, wisse sie nicht. Sie habe an dem PC von ihrem Freund nicht sehen können, ob irgendwelche Filesharing- Software installiert gewesen sei. Erst mit der Zeugenladung habe sie mitbekommen, um welchen Film es sich eigentlich handele.


d.

Auch der glaubwürdige Zeuge [Name], welcher glaubhaft und ohne Belastungs- oder Entlastungseifer aussagte, erläuterte, dass es sein könne, dass er am bei der Beklagten gewesen sei, bzw. deren Sohn. Er könne allerdings nicht sagen, ob er dort das Internet genutzt habe. Es könne sein, dass er dort das WLAN genutzt habe, wenn er dort gewesen sei. Den Film [Name] habe er jedoch nicht heruntergeladen. Von dem Film habe er noch nie etwas gehört. Sofern er den Internetanschluss der Beklagten genutzt habe, dann lediglich mit dem Handy. Dort habe er noch nie Filesharing Software installiert gehabt. Technische Geräte der Beklagten, auch nicht vom Sohn der Beklagten, die internetfähig sind, habe er nie genutzt.


e.

Der glaubwürdige Zeuge [Name] erläuterte glaubhaft, dass er sich nicht mehr daran erinnern könne, ob er am [Datum] bei der Beklagten gewesen sei. Er sei in den letzten fünf Jahren vielleicht dreimal bei der Beklagten gewesen, z. B. zum Geburtstag des Sohnes der Beklagten, welcher im November sei. Er habe nicht an LAN-Partys oder sonstigen Zockerpartys teilgenommen. Den Internetanschluss der Beklagten habe er nicht genutzt. Er habe auch keine Zugangsdaten hierfür gehabt. Den Sohn der Beklagten kenne er vom Fußball. Den Film [Name] kenne er nicht. Von diesem habe er erst von der Ladung erfahren.



f.

Auch der glaubwürdige Zeuge [Name] erläuterte glaubhaft, dass er nicht mehr wisse ob er sich am [Datum] bei der Beklagten aufgehalten habe. Den Internetanschluss der Beklagten habe er jedenfalls nie genutzt. Er sei vielleicht ein- bis zweimal bei LAN-Partys vor Ort gewesen, dann habe er auch den Internetanschluss genutzt. Ansonsten allerdings nie. Den Internetanschluss habe er nur mit seinem Laptop genutzt. Den Film [Name] habe er noch nie gesehen. Auch habe er keine Filesharing Software installiert. Bei den LAN-Partys habe man "Battlefield Hereos" gespielt, dies allerdings üblicherweise am Wochenende, da dies ungefähr ein paar Stunden gedauert habe.


g.

Auch der glaubwürdige Zeuge [Name] erläuterte glaubhaft, dass er sich an den [Name] nicht mehr erinnere. Er gehe allerdings nicht davon aus, dass er an dem bei der Beklagten bzw. deren Sohn gewesen sei, da es sich um die ersten beiden Tagen nach den Ferien gehandelt habe. Dies habe er nachgesehen. Es sei zwar durchaus möglich, dass er auch mal zwei Tage hintereinander dort gewesen sei. An dem [Datum] gehe er allerdings nicht davon aus, dass er dort gewesen sei. Den Film [Name] kenne er, da er sich diesen Film von einem Kumpel per DVD ausgeliehen habe und später auch nochmals per Netflix und / oder Amazon angesehen habe. Die DVD habe er sich im Jahr [Jahr] ausgeliehen, davor habe er den Film nicht gekannt. Den Film [Name] habe er nicht über Tauschbörsen heruntergeladen, auch nicht über den Anschluss der Beklagten.


Sämtliche Zeugen sagten insgesamt glaubwürdig und glaubhaft aus. Insbesondere ergab sich auch aus den von den Zeugen angegebenen Studiengängen, welche insbesondere auch im Bereich der Informatik liegen, so z. B. beim Zeugen [Name] welcher Student der Wirtschaftsinformatik ist, ebenso der Zeuge [Name] dass diese durchaus versiert sind mit dem Umgang von Computern und Filesharing Software auf einem Computer durchaus zuzuordnen wüssten.

Es mag sein, dass die Beklagte im Umgang mit Computern nicht versiert ist, dies hindert jedoch nicht die Tatsache, dass diese Filesharing Software installiert hat auf ihrem PC und über ihren Internetanschluss den streitgegenständlichen Film heruntergeladen hat. Hierzu bedarf es keiner besondere Computerspezifischen Kenntnisse.

Insbesondere aufgrund der Aussage des Zeugen [Name] dass auch weitere Personen bei den LAN-Partys anwesend gewesen seien und sich keiner der Zeugen konkret an den [Datum] erinnern konnte, steht fest, dass auch weitere dritte Personen Zugang zum Internetanschluss der Beklagten hatte, welche von der Beklagten im Rahmen der sekundären Darlegungslast nicht vorgetragen wurden, ist das Gericht davon überzeugt, dass weitere Personen als Uploader in Betracht kommen und daher die Vermutungswirkung auf die Anschlussinhaberin nämlich die Beklagte zurückfällt.

Die Zeugen haben sämtlich glaubwürdig bestätigt, dass sie weder Filesharing Software benutzen, noch diese installiert hätten, noch dass sie den Film über eine Tauschbörse heruntergeladen hätten.

Anhand der Zeugenaussagen insbesondere auch der Tatsache, dass weitere Personen Zugang zum Internetanschluss der Beklagten hatten, ist das Bestreiten der Beklagten letztendlich dahingehend zu werten, dass lediglich ein "unbekannter Dritter" den Internetanschluss der Beklagten genutzt haben könnte.

Folglich haftet die Beklagte als Anschlussinhaberin für den entstandenen Schaden gern. § 97a UrhG.

Der Schadensersatzanspruch der Höhe nach richtet sich nach §§ 97, 97a UrhG. Hierbei ist insbesondere der Gewinn zu berücksichtigen sowie eine angemessene Vergütung, welche hätte entrichtet werden müssen, wenn die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Rechts eingeholt worden wäre. Anhand des Lizenzpreises für den Kauf einer die für die mit 8,50 EUR ist der Schadensersatz mit 600,00 EUR angemessen (§ 287 ZPO).

Des Weiteren sind von der Beklagten auch die Kosten der Abmahnung zu tragen, welche sich aus einem Gegenstandswert von 10.000,00 EUR bemessen. § 97a Abs, 2 UrhG wonach der Gegenstandswert lediglich noch auf 1.000,00 EUR festzusetzen ist, ist nicht einschlägig, nachdem diese Vorschrift erst zum 01.10.2013 in Kraft getreten ist und die Rechteverletzung jedoch zuvor erfolgte, nämlich am 10.06.2013 und am 11.06.2013. Für den Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten kommt es auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Abmahnung an (BGH, Urteil vom 12.05.2016 - I ZR 272/14 -). Die Abmahnung und Aufforderung zur strafbewehrten Unterlassungserklärung erfolgte am 19.06.2013, so dass der Anspruch der Klägerin gem. § 97a UrhG in der bis 08.10.2013 geltenden Fassung zu beurteilen ist und sich daher aus einem Gegenstandswert von 10.000,00 EUR berechnet.

Die Zinsentscheidung beruht auf den §§ 291, 286, 187 BGB.



III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.



IV.

Der Ausspruch der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711, 709 ZPO.




Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen die Entscheidung kann das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600 Euro übersteigt oder das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

Die Berufung ist binnen einer Notfrist von einem Monat bei dem

Landgericht Augsburg
Am Alten Einlaß 1
86150 Augsburg


einzulegen.

Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung der Entscheidung.

Die Berufung muss mit Schriftsatz durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt eingelegt werden. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt werde.

Die Berufung muss binnen zwei Monaten mit Anwaltsschriftsatz begründet werden. Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.



gez. [Name]
Richterin am Amtsgericht



Verkündet am 09.08.2017
gez.
[Name], JAng
Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle



Für die Richtigkeit der Abschrift
Augsburg, 09.08.2017
[Name], JAng
Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle Durch maschinelle Bearbeitung beglaubigt - ohne Unterschrift gültig (...)




~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

AG Augsburg, Urteil vom 09.08.2017, Az. 74 C 3541/16,
Rechtsanwältin Sandrine Schwertler,
WALDORF FROMMER Rechtsanwälte,
Klage Waldorf Frommer,
sekundäre Darlegungslast

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BGH - "Loud"

#11143 Beitrag von Steffen » Freitag 13. Oktober 2017, 23:57

Rechtsanwalt Dr. Bernhard Knies: Eltern müssen ihre Kinder verraten. Der Bundesgerichtshof hat die von unserer Kanzlei vorgetragene Revision im "Loud" Fall abgewiesen


23:55 Uhr



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Bild

Rechtsanwalt Dr. Bernhard Knies



Rechtsanwälte Knies & Albrecht

Widenmayerstraße 34 | 80538 München
Tel.: 089 - 47 24 33 | Fax.: 089 - 470 18 11
Email: bernhard.knies@new-media-law.net | Web: www.new-media-law.net



Bericht

Link:
https://www.new-media-law.net/bgh-i-zr-19-16-loud/


BGH I ZR 19/16 - "Loud":
https://www.new-media-law.net/wp-conten ... 6-Loud.pdf



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Schriftliche Urteilsgründe im "Loud" Fall BGH I ZR 19/16 veröffentlicht

Der BGH hat in der Grundsatzentscheidung I ZR 19/16 "Loud" nunmehr die lang erwarteten schriftlichen Entscheidungsgründe der "Loud" Entscheidung veröffentlicht, nach denen Eltern im Filesharing Prozess ihre Kinder verraten müssen. Doch was bringen diese schriftlichen Urteilsgründe an neuen Erkenntnissen im Vergleich zu den vorangegangenen Entscheidungen?

In der Rz. 19 führt der BGH zunächst einmal aus, dass es keinen hinreichend typischen Geschehensablauf gebe, dass der Inhaber eines Internetanschlusses immer Täter einer Urheberrechtsverletzung sei, die über seinen Anschluss begangen wurde, dies deshalb weil es ja naheliege, dass der Anschlussinhaber Dritten Zugriff auf seinen Anschluss eingeräumt haben könne.

Da aber die Nutzung des Anschlusses ein Interna des Anschlussinhabers sei treffe diese eben auch die sekundäre Darlegungslast. Doch wie weit reichte diese?

"Die Bestimmung der Reichweite der dem Anschlussinhaber obliegenden sekundären Darlegungslast hat mit Blick darauf zu erfolgen, dass erst die Kenntnis von den Umständen der Anschlussnutzung durch den Anschlussinhaber dem Verletzten, dessen urheberrechtliche Position unter dem grundgesetzlichen Schutz des Art. 17 Abs. 2 der EU-Grundrechtscharta und des Art. 14 Abs. 1 GG steht, (...) eine Rechtsverfolgung ermöglicht." (Rz. 20 des Urteils)

Der BGH verweist in der Rz. 20 der Urteilsgründe auch auf Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums. Dies mag eine Reaktion auf den Vorlagebeschluss des LG München I an den EuGH zur Afterlife Entscheidung des BGH sein, in dem ja das Landgericht München die Meinung vertritt, dass schon durch die Afterlife Entscheidung des BGH eine effektive Rechtsdurchsetzung nicht mehr gegeben sei. Der BGH tut sich auch ersichtlich schwer mit der folgenden Abwägung der betroffenen Grundrechte des Schutzes der Familie auf der Seite der Beklagten und des Eigentumsgrundrechts auf der Seite der Klägerin:

Der Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG umfasse, so der BGH auch das Verhältnis zwischen Eltern und ihren volljährigen Kindern.

"Werden dem Anschlussinhaber zur Abwendung seiner täterschaftlichen Haftung im Rahmen der sekundären Darlegungslast im Zivilprozess Auskünfte abverlangt, die das Verhalten seines Ehegatten oder seiner Kinder betreffen und diese dem Risiko einer zivil- und strafrechtlichen Inanspruchnahme aussetzen, ist der Schutzbereich dieser Grundrechte berührt (vgl. BGH, GRUR 2017, 386, Rn. 23 - Afterlife)." (Rn. 21 der Entscheidungsgründe)

In den folgenden Absätzen bemüht sich der BGH um die notwendige Abwägung zwischen den betroffenen Grundrechten. Schonend konnte sie in diesem Fall nicht sein, denn es gab nur ein "Entweder - Oder" darauf hatte der Senat ja schon in der mündlichen Urteilsbegründung hingewiesen (s.u.).

Der BGH beginnt zunächst in der Rz. 23 mit seinen in der "Afterlife"-Entscheidung gefundenen Grundsätzen, wonach Art. 6 Abs. 1 GG jedenfalls einer Pflicht des Anschlussinhabers entgegenstehe, zur Abwendung seiner Haftung "die Internetnutzung seines Ehegatten einer Dokumentation zu unterwerfen". Ebenso unzumutbar sei es "dem Anschlussinhaber die Untersuchung des Computers seines Ehegatten in Hinblick auf die Existenz von Filesharing Software abzuverlangen".

Warum muss der Anschlussinhaber zwar den Rechner seines Ehegatten nicht untersuchen, sehr wohl aber seine Kinder als Täter verraten? Darauf bleiben auch die nachfolgenden Gründe der Entscheidung letztlich eine befriedigende Antwort schuldig:

"Die Beklagten waren gehalten, im Rahmen der sekundären Darlegungslast das Kind zu benennen, welches Ihnen gegenüber die Rechtsverletzung zugegeben hatte." (Rz. 24)

Die Abwägung der Grundrechte also des Eigentumsgrundrechts und des Schutzes der Familie führe zu einem Vorrang des Informationsinteresses der Klägerin. (Rz. 25).

"Zwar ist nicht zu verkennen, dass die Mitteilung des Namens des für das Filesharing verantwortlichen Kindes durch die Eltern mit Blick auf die möglichen Folgen - der zivilrechtlichen oder gar strafrechtlichen Inanspruchnahme des Kindes - eine erhebliche Beeinträchtigung des Familienfriedens nach sich ziehen kann. Die Eltern unterliegen jedoch keinen Zwang zur Auskunft. Sie haben vielmehr die Wahl, ob sie die Auskunft erteilen oder ob sie davon absehen, das Kind anzugeben, dass die Rechtsverletzung begangen hat, und insoweit auf eine Rechtsverteidigung verzichten. Dass sie infolge eines Verteidigungsverzichts selbst für die Rechtsverletzung haften, weil ohne Erfüllung der sekundären Darlegungslast die tatsächliche Vermutung ihrer Haftung als Anschlussinhaber eingreift, erlangt im Rahmen der Grundrechtsabwägung kein entscheidendes Gewicht." (Rz. 26 des Urteils)

Das Recht, im Zivilprozess wegen der familiären Bindung zu einer Partei Angaben zu verweigern, stehe nur dem Zeugen, nicht aber einer Prozesspartei zu. Habe die Partei in dieser Konstellation die Möglichkeit von (wahrheitsgemäßen) Angaben abzusehen, so habe sie die mit dem Verzicht auf den entsprechenden Vortrag verbundenen prozessualen Folgen - etwa das Risiko einer für sie ungünstigen Tatsachenwürdigung - in Kauf zu nehmen. (Rz. 27).

So verhalte es sich auch im Falle der Nichterfüllung der sekundären Darlegungslast: Die betroffene Partei habe die Folgen ihres unzureichenden Vortrages zu trage, weil ihr einfaches Bestreiten unwirksam ist und die Geständniswirkung des § 138 Abs. 3 ZPO eintrete. (Rz. 27).

In der Rz. 28 stellt der BGH noch einmal die Positionen gegenüber: Während dem klagenden Rechteinhaber im Falle einer Weigerung der Eltern ihr Kind preiszugeben eine effektive Verfolgung des Rechtsverstoßes praktisch unmöglich bleibe, hätten es die Eltern doch in der Hand, eine Störung des Familienfriedens zu verhindern, indem sie nämlich darauf verzichten das Kind zu benennen und dann eben als Täter verurteilt werden.

Auch dieses Ergebnis stimmt aber nicht ganz: Denn die beklagten Eltern hatten ja im Prozess die Namen ihrer Kinder genannt, aber nur nicht mitgeteilt, welches Kind die Verletzungshandlung gestanden hatte. Die Klägerin hätte also prozessual die Möglichkeit gehabt, die beiden benannten Kinder ebenfalls mit zu verklagen. Dann hätten beide Kinder im Prozess sich verteidigen müssen und eben vortragen, ob sie es waren oder nicht. Auf diesem Weg wäre die Klägerin also sehr wohl zu ihrem Recht gekommen.

Vergleicht man zudem das hier gefundene Ergebnis mit dem, das der BGHB in der Afterlife Entscheidung begründet hat, gerade jüngst bestätigt durch die Entscheidung I ZR 68/16 dann vermag das Ergebnis von Loud beim besten Willen nicht zu befriedigen: Der Anschlussinhaber gewann in dem Sachverhalt der Entscheidung I ZR 68/16, obwohl er seinen Ehegatten noch nicht einmal direkt der Tathandlung beschuldigte und musste auch dessen Rechner nicht durchsuchen. Im Verhältnis zu seinen Kindern muss er diese aber der Tat bezichtigen, und wird andernfalls als Täter verurteilt.

Das Ergebnis der hier gefundenen täterschaftlichen Haftung der Eltern ist dogmatisch auch deswegen so befremdlich, weil es ja im Prozess unstreitig war, dass eines der Kinder die Tat begangen hatte. Der Begriff des "Täters" im Urheberrecht ist aber identisch mit dem des Täters im Strafrecht.

Im Kommentar von Schricker zum Urheberrecht schreibt Mathias Leistner: "Passivlegitimiert sind als Verletzer der Täter, der die Urheberrechtsverletzung unmittelbar oder als mittelbarer Täter im strafrechtlichen Sinne begeht (§25 StGB), sowie Teilnehmer, d.h. Anstifter oder Gehilfen (§§ 830 Abs. 2 BGB; 26, 27 StGB) (vgl. Schricker / Löwenheim Leistner, § 97, Rz. 57). Kann eine täterschaftliche Haftung nicht nachgewiesen werden, so wird im Urheberrecht nachrangig eine Störerhaftung geprüft (vgl. dazu Schricker / Löwenheim Leistner, § 97, Rz. 54), die allerdings auf den Unterlassungsanspruch begrenzt ist. In der Tat hätte es in einem Fall wie dem vorliegenden wohl näher gelegen, eine Störerhaftung zu prüfen, als die beklagten Eltern, die es ja unstreitig nicht gewesen sein konnten, auf dem Umweg der Beweislastregel der sekundären Darlegungslast als Täter zu verurteilen."



Die mündliche Urteilsbegründung des BGH "Loud"

Mit Urteil vom 30. März 2017 hat der Bundesgerichtshof das Urteil des OLG München bestätigt und der Musik- und Abmahnindustrie einen fragwürdigen Sieg beschert. Danach müssen Eltern ihre eigenen Kinder verraten, wenn sie verhindern wollen, dass sie selber verurteilt werden. Die FAZ kommentiert das Urteil als "bizarren juristischen Sieg" der Musikindustrie unter dem Titel "Der Ehrliche ist der Dumme".

Der BGH hatte noch kurz zuvor in der Afterlife Entscheidungen die familiäre Sphäre gegenüber Abmahnungen gestärkt, weicht aber von dieser Linie klar wieder ab: Auch aus der "Afterlife" Entscheidung, so der BGH, ergebe sich nichts anderes. Diese führe zwar dazu, dass es innerhalb der Familie keine vertieften Nachforschungspflichten mehr gebe und etwa Rechner von Familienmitgliedern nicht durchsucht werden müssten. Das, so der BGH, ergebe die Abwägung der hier wiederstreitenden Grundrechte, einmal des Eigentumsrechts des klagenden Tonträgerherstellers und auf der anderen Seite des grundrechtlichen Schutzes von Ehe und Familie aus Art. 6 GG.

In Fällen, in denen wie im vorliegenden Fall, die Eltern aber wissen, wer für die Rechtsverletzung verantwortlich ist, seien sie im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast verpflichtet, die Identität ihres Kindes preiszugeben, es also zu verraten. Andernfalls werden die Eltern - wie hier - selber als Täter der Urheberrechtsverletzung verurteilt.

Das Urteil ist bedauerlich, führt es doch dazu, dass es für Familienanschlüsse eine Art Störerhaftung konstituiert, die dazu führt, dass abgemahnte Familien letztlich immer bezahlen müssen, wenn sie nicht behaupten wollen, sie wüssten nicht wer für die Rechtsverletzung verantwortlich ist. Das Urteil des BGH kann noch mit der Verfassungsbeschwerde zum BVerfG angefochten werden.



Sachverhalt der "Loud" Entscheidung

Über den Internetanschluss des beklagten Ehepaars war am 02. Januar 2010 illegal über eine Filesharing Tauschbörse das Musikalbum der Künstlerin Rihanna "Loud" getauscht und damit auch angeboten worden. Wenig später erhielten die Beklagten von der auf Abmahnungen spezialisierten Kanzlei Rasch Rechtsanwälte eine Abmahnung wegen Filesharings, in der von Ihnen die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung und die Zahlung von Schadensersatz und Anwaltskosten verlangt wurde. Die von unserer Kanzlei vertretenen Beklagten hatten auf diese Abmahnung allerdings nur eine modifizierte Unterlassungserklärung abgegeben und die Zahlung von Schadensersatz und Anwaltskosten verweigert. Erheblich später wurden die Beklagten dann von dem Tonträgerhersteller Universal Music und deren Kanzlei Rasch auf Zahlung von Anwaltskosten und Schadensersatz verklagt.

Im Prozess haben sich die Beklagten damit verteidigt, dass sie damals gemeinsam mit ihren drei volljährigen Kindern wohnten. Am fraglichen Abend hatten sie Besuch eines befreundeten Ehepaars und mit diesem gemeinsam im Wohnzimmer zu Abend gegessen und den Abend verbracht, ihr eigener Rechner im Wohnzimmer war ausgeschaltet gewesen. Zudem hatten sie keinerlei Interesse an dem heruntergeladenen Material, da sie selber nur klassische Musik hörten. Während des Abends hatten aber ihre Kinder Zugriff auf ihr WiFi Netzwerk. Nach Eingang der Abmahnung hatten die beklagten Eltern ihre Kinder befragt und eines ihrer Kinder hatte daraufhin die Urheberrechtsverletzung in der Tauschbörse zugegeben. Das hatten die Eltern auch vor Gericht vorgetragen, sie waren allerdings der Meinung, dass sie schon aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht verpflichtet seien die Identität des Kindes preiszugeben, das den Verstoß begangen hatten, denn zum einen würden sie dadurch ihr Kind der Gefahr einer Strafverfolgung preisgeben, als auch zivilrechtliche Haftungsansprüche gegen dieses Kind begünstigen.



Bewertung der "Loud" Entscheidung:

Die "Loud" Entscheidung des BGH ist juristisch zu bedauern. Es bleibt abzuwarten, ob der "bizarre Sieg" der Musikindustrie vielleicht noch politische Debatten auslöst, ob eine derart weite Störerhaftung der Familie für Tauschbörsen in Deutschland wirklich politisch gewünscht ist.

Dr. Konstantin von Notz (Bündnis 90/Die Grünen) hatte im Bundestag noch im Sommer 2016 bei der Diskussion über die (bisher wirkungslose) Abschaffung der Störerhaftung für W-LANs durch den Gesetzgeber die Entscheidung des BGH "Sommer unseres Lebens" von Mai 2010 zitiert, mit der die Störerhaftung für private W-LAN-Betreiber erschaffen wurde. Daraus seien zu aller Leidwesen "sechs Jahre unseres Lebens" geworden. Mit seinem "Loud"-Urteil hat der BGH nun eine neue Familien-Störerhaftung geschaffen, von der man nur hoffen kann, dass sie nicht ebenfalls so lange überdauert.



Vorinstanzen der "Loud" Entscheidung

Landgericht München (Urteil vom 01.07.2015, Az. 37 O 5349/14)
OLG München (Urteil vom 14. Januar 2016, Az. 29 U 2593/15)









BGH, Urteil vom 30. März 2017 - I ZR 19/16 - "Loud"



(...) BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL




I ZR 19/16

Verkündet am: 30. März 2017
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle


in dem Rechtsstreit
1. [Name]
2. [Name]

beide wohnhaft [Anschrift],
Beklagte und Revisionskläger,

- Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt Dr. Geisler -



gegen


[Name],
Klägerin und Revisionsbeklagte,

- Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Prof. Dr. Rohnke und Dr. Winter -





Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 30. März 2017 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher, die Richter Dr. Kirchhoff, Prof. Dr. Koch, die Richterin Dr. Schwanke und den Richter Feddersen



für Recht erkannt:



Die Revision gegen das Urteil des 29. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 14. Januar 2016 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.



Von Rechts wegen




Tatbestand:

Der Klägerin, einer Tonträgerherstellerin, stehen die ausschließlichen Verwertungsrechte an den auf dem Musikalbum "Loud" enthaltenen elf Musiktiteln der Sängerin Rihanna zu. Das am 12. November 2010 veröffentlichte Album war acht Wochen lang unter den Top Ten der Charts gelistet.

Am 2. Januar 2011 um 23:16 Uhr wurde das Album über einen Internetanschluss; dessen Inhaber die beklagten Eheleute sind, mittels einer Filesharing Software ohne Zustimmung der Klägerin zum Herunterladen angeboten.

Die Beklagten haben auf die Abmahnung der Klägerin vom 16. März 2011 eine Unterlassungserklärung abgegeben.

Die Klägerin hat behauptet, die Beklagten hätten die Rechtsverletzung begangen. Sie verlangt im vorliegenden Verfahren Schadensersatz in angemessener Höhe, mindestens 2.500,00 EUR, sowie Erstattung der Abmahnkosten nach einem Streitwert von 50.000,00 EUR in Höhe von 1.379,80 EUR.

Die Beklagten haben bestritten, die Rechtsverletzung begangen zu haben. Sie haben geltend gemacht, ihre im Tatzeitpunkt bei ihnen wohnenden volljährigen drei Kinder hätten jeweils eigene Rechner besessen und über einen mit einem individuellen Passwort versehenen WLAN-Router Zugang zum Internetanschluss gehabt. Sie wüssten, von welchem Kind die Verletzungshandlung vorgenommen worden sei, wollten dies jedoch nicht mitteilen.

Das Landgericht hat der Klägerin Schadensersatz in Höhe von 2.500,00 EUR sowie Abmahnkosten in Höhe von 1.044.40 EUR zugesprochen und die Klage im Übrigen abgewiesen (Landgericht München I, ZUM-RD 2016, 308). Die Berufung der Beklagten hatte - soweit für die Revision von Bedeutung - keinen Erfolg (Oberlandesgericht München, WRP 2016, 385). Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgen die Beklagten ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter.




Entscheidungsgründe:


I.

Das Berufungsgericht hat die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche im vom Landgericht zuerkannten Umfang für begründet erachtet. Hierzu hat es ausgeführt:

Die Beklagten hafteten als Täter für die geltend gemachte Rechtsverletzung. Die Beklagten seien der Behauptung der Klägerin, die Beklagten hätten allein auf den Internetanschluss Zugriff gehabt, zwar entgegengetreten. Sie hätten jedoch der ihnen obliegenden sekundären Darlegungslast nicht genügt. Hierzu wäre es erforderlich gewesen mitzuteilen, welche Kenntnisse sie über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hätten, mithin welches ihrer Kinder die Verletzungshandlung begangen habe. Indem sich die Beklagten weigerten, diese Angaben zu machen, beriefen sie sich lediglich pauschal auf eine bloß generell bestehende Zugriffsmöglichkeit ihrer Kinder auf den Internetanschluss. Das Grundrecht aus Art. 6 Abs. 1 GG stehe der Annahme einer solchen zivilprozessualen Obliegenheit nicht entgegen, weil dem zugunsten der Klägerin wirkenden Schutz des Art. 14 GG im Streitfall ein überwiegendes Gewicht zukomme. Die Beklagten hätten die gegen sie sprechende tatsächliche Vermutung nicht erschüttert, weil sich ihre von ihnen als Zeugen benannten Kinder auf das ihnen zustehende Zeugnisverweigerungsrecht berufen hätten. Einer Beweisaufnahme durch Vernehmung der von den Beklagten benannten Zeugen, die am Abend des Tattags bei ihnen zu Gast gewesen seien, habe es nicht bedurft. Die Behauptung, wegen des Besuchs keine Möglichkeit gehabt zu haben, die Verletzungshandlung zu begehen, sei nicht entscheidungserheblich, weil der rechtsverletzende Vorgang bereits vor Eintreffen der Gäste oder durch kurzzeitige Nutzung eines derjenigen Computer, die sich außerhalb des Wohnzimmers befanden, hätte in Gang gesetzt werden können. Der Höhe nach sei der Schadensersatz mit 2.500,00 EUR angemessen bewertet. Eine Begrenzung der Abmahnkosten auf 100 gemäß § 97a Abs. 2 UrhG aF komme nicht in Betracht, da es sich weder um einen einfach gelagerten Fall noch um eine nur unerhebliche Rechtsverletzung handele.



II.

Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche auf Schadensersatz (dazu nachfolgend II 1) und Abmahnkostenerstattung (dazu nachfolgend II 2) zu Recht zuerkannt.


1.

Das Berufungsgericht hat die Beklagten zu Recht als nach § 97 Abs. 2 Satz 1 UrhG zum Schadensersatz verpflichtet angesehen. Nach dieser Vorschrift ist, wer das Urheberrecht oder ein anderes nach dem Urheberrechtsgesetz geschütztes Recht widerrechtlich sowie vorsätzlich oder fahrlässig verletzt, dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.


a)

Von der Revision unbeanstandet hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Klägerin Inhaberin der ausschließlichen Verwertungsrechte gemäß § 85 Abs. 1 Satz 1 UrhG an den Musiktiteln des Albums "Loud" ist und die Klage deshalb auf ein nach dem Urheberrechtsgesetz geschütztes Recht gestützt ist. Nach § 85 Abs. 1 Satz 1 UrhG hat der Hersteller eines Tonträgers das ausschließliche Recht, den Tonträger zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich zugänglich zu machen.


b)

Keine rechtlichen Bedenken bestehen gegen die Feststellung des Berufungsgerichts, dass die auf dem genannten Album enthaltenen Musiktitel am 2. Januar 2011 um 23:16 Uhr über einen den Beklagten zuzuordnenden Internetanschluss mittels einer Filesharing-Software ohne Zustimmung der Klägerin zum Herunterladen angeboten worden sind, Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass das Anbieten von Tonaufnahmen mittels eines Filesharing-Programms in so genannten ''Peer-to-Peer"-Netzwerken im Internet das Recht auf öffentliche Zugänglichmachung des Herstellers des Tonträgers verletzt, auf dem die Tonaufnahme aufgezeichnet ist (BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - 1 ZR 19/14, GRUR 2016, 176 Rn. 14 = WRP 2016, 57 - Tauschbörse 1; Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 7/14, GRUR 2016, 184 Rn. 15 = VVRP 2016, 66 - Tauschbörse II; Urteil vom 12. Mai 2016 - l ZR 48/15, GRUR 2016, 1280 Rn. 19 = VVRP 2017, 79 - Everytime we touch). Dagegen erhebt die Revision keine Rügen.


c)

Die Revision wendet sich ohne Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Beklagten hafteten als Täter der geltend gemachten Urheberrechtsverletzungen.


aa)

Die Klägerin trägt nach den allgemeinen Grundsätzen als Anspruchstellerin die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs auf Schadensersatz erfüllt sind. Sie hat darzulegen und im Bestreitensfall nachzuweisen, dass die Beklagten für die von ihr behauptete Urheberrechtsverletzung als Täter verantwortlich sind (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 2012 - I ZR 74/12, GRUR 2013, 511 Rn. 32 = WRP 2013, 799 - Morpheus; Urteil vom 8. Januar 2014 - I ZR 169/12, BGHZ 200, 76 Rn. 14 - BearShare; Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 75/14, GRUR 2016, 191 Rn. 37 = WRP 2016, 73 - Tauschbörse UI; BGH, GRUR 2016, 1280 Rn. 32 - Everytime we touch). Allerdings spricht eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen diesen Internetanschluss benutzen konnten (BGHZ 200, 76 Rn. 15 - BearShare; BGH, GRUR 2016, 191 Rn. 37 - Tauschbörse III). Diese tatsächliche Vermutung der Täterschaft des Anschlussinhabers kommt auch dann in Betracht, wenn der Internetanschluss - wie bei einem Familienanschluss - regelmäßig von mehreren Personen genutzt wird (BGH, GRUR 2016, 191 Rn. 39 - Tauschbörse III; GRUR 2016, 1280 Rn. 34 - Everytime we touch).

Eine die tatsächliche Vermutung ausschließende Nutzungsmöglichkeit Dritter ist anzunehmen, wenn der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde. In solchen Fällen trifft den Inhaber des Internetanschlusses jedoch eine sekundäre Darlegungslast. Diese führt weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 Abs. 1 und 2 ZPO) hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast vielmehr dadurch, dass er dazu vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat. Die pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt lebenden Dritten auf den Internetanschluss genügt hierbei nicht. Der Inhaber eines Internetanschlusses hat vielmehr nachvollziehbar vorzutragen, welche Personen mit Rücksicht auf Nutzerverhalten, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht Gelegenheit hatten, die fragliche Verletzungshandlung ohne Wissen und Zutun des Anschlussinhabers zu begehen. Entspricht der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast, ist es wieder Sache der Klägerin als Anspruchstellerin, die für eine Haftung der Beklagten als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen (BGHZ 200, 76 Rn. 15 ff. - BearShare, m.w.N.; BGH, GRUR 2016, 191 Rn. 37 und 42 - Tauschbörse 111; GRUR 2016, 1280 Rn. 33 f. - Everytime we tauch; BGH, Urteil vom 6. Oktober 2016 - I ZR 154/15, GRUR 2017, 386 Rn. 15 WRP 2017, 448 - Afterlife). Mit diesen Grundsätzen steht das Berufungsurteil im Einklang.


bb)

Die Revision wendet sich ohne Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Beklagten hätten der ihnen obliegenden sekundären Darlegungslast nicht genügt.


(1)

Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagten seien der Behauptung der Klägerin, allein die Beklagten hätten Zugriff auf ihren Internetanschluss gehabt, mit dem Hinweis darauf entgegengetreten, ihre Kinder hätten ebenfalls auf den Internetanschluss zugreifen können. Dies reiche zur Erfüllung der den Beklagten obliegenden sekundären Darlegungslast nicht aus, weil die Beklagten sich zugleich geweigert hätten, ihr Wissen darüber, welches ihrer Kinder die Rechtsverletzung begangen habe, offenzulegen. Das Grundrecht aus Art. 6 Abs. 1 GG stehe dieser Beurteilung nicht entgegen, weil es keinen schrankenlosen Schutz gegen jede Art von Beeinträchtigung familiärer Belange gewähre. Im Streitfall überwögen die mit Blick auf Art. 14 GG geschützten Eigentumsinteressen der Klägerin, weil andernfalls Urheberrechtsinhaber bei Rechtsverletzungen über von Familien genutzten Internetanschlüssen ihre Ansprüche regelmäßig nicht durchsetzen könnten. Weil die Beklagten ihrer sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen seien, sei von der tatsächlichen Vermutung auszugehen, dass die Beklagten als Anschlussinhaber die Rechtsverletzung als Täter begangen hätten. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.


(2)

Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Annahme der täterschaftlichen Haftung des Anschlussinhabers erst in Betracht kommt, wenn der Anschlussinhaber der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast hinsichtlich der Nutzung des Anschlusses durch Dritte nicht genügt. Hingegen besteht keine generelle Vermutung, dass der Anschlussinhaber Täter einer Urheberrechtsverletzung ist, die von seinem Anschluss aus begangen worden ist und die er widerlegen oder erschüttern müsste, nur weil er Inhaber des Anschlusses ist. Dies kommt nur in Betracht, wenn für die Täterschaft des Anschlussinhabers der bei typischen Geschehensabläufen eingreifende Beweis des ersten Anscheins (Anscheinsbeweis) spricht.

Für die Annahme, der Inhaber eines Internetanschlusses sei ohne das Hinzutreten weiterer Umstände regelmäßig der Täter einer mittels dieses Anschlusses begangenen Urheberrechtsverletzung, fehlt es an einer hinreichenden Typizität des Geschehensablaufs. Angesichts der naheliegenden Möglichkeit, dass der Anschlussinhaber Dritten Zugriff auf seinen Anschluss einräumt, besteht für die Annahme der Täterschaft des Anschlussinhabers keine hinreichend große Wahrscheinlichkeit (vgl. BGH, GRUR 2017, 386 Rn. 18 ff. - Afterlife). Da es sich bei der Nutzung des Anschlusses um Interna des Anschlussinhabers handelt, von denen der Urheberrechtsberechtigte im Regelfall keine Kenntnis hat. obliegt dem Anschlussinhaber insoweit allerdings eine sekundäre Darlegungslast (vgl. BGH GRUR 2017, 386 Rn. 20 - Afterlife).


(3)

Die Bestimmung der Reichweite der dem Anschlussinhaber obliegen den sekundären Darlegungslast hat mit Blick darauf zu erfolgen, dass erst die Kenntnis von den Umständen der Anschlussnutzung durch den Anschlussinhaber dem Verletzten, dessen urheberrechtliche Position unter dem grundrechtlichen Schutz des Art. 17 Abs. 2 EU-Grundrechtecharta und des Art. 14 Abs. 1 GG steht (vgl. EuGH, Urteil vom 27. März 2014 - C-314/12, GRUR 2014, 468 Rn. 47 = WRP 2014, 540 - UPC Telekabel; Wendt in Sachs, Grundgesetz, 7. Aufl., Art. 14 Rn. 20a, 24 m.w.N.), eine Rechtsverfolgung ermöglicht. Nach Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft und Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Rechtsbehelfe zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums vorzusehen. Art. 47 EU-Grundrechtecharta gewährleistet zudem das Recht auf Einlegung eines wirksamen Rechtsbehelfs.

Auf Seiten des Anschlussinhabers schützen die Grundrechte gemäß Art. 7 EU-Grundrechtecharta und Art. 6 Abs. 1 GG das ungestörte eheliche und familiäre Zusammenleben vor staatlichen Beeinträchtigungen. Diese Grundrechte verpflichten den Staat, Eingriffe in die Familie zu unterlassen, und berechtigten die Familienmitglieder, ihre Gemeinschaft nach innen in familiärer Verantwortlichkeit und Rücksicht frei zu gestalten (vgl. BVerfGE 66, 84, 94; 80, 81, 92; 81, 1, 6; Jarass, Charta der Grundrechte der EU, 3. Aufl. Art. 7 Rn. 19 f.: v. Coelln in Sechs a.a.O. Art. 6 Rn. 22). Der Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG erfasst auch das Verhältnis zwischen Eltern und ihren volljährigen Kindern (vgl. BVerfG 80, 81, 90). Das Grundrecht aus Art. 6 Abs. 1 GG entfaltet Ausstrahlungswirkung auf die gesamte Rechtsordnung und muss auch bei der Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts zum Tragen kommen (vgl. BVerfGE 61, 18. 25; Stern / Sachs / Dietlein. Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. IV/1, S. 493). Werden dem Anschlussinhaber zur Abwendung seiner täterschaftlichen Haftung im Rahmen der sekundären Darlegungslast im Zivilprozess Auskünfte abverlangt, die das Verhalten seines Ehegatten oder seiner Kinder betreffen und diese dem Risiko einer zivil- oder strafrechtlichen Inanspruchnahme aussetzen, ist der Schutzbereich dieser Grundrechte berührt (vgl. BGH, GRUR 2017, 386 Rn. 23 - Afterlife).

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union obliegt es, wenn mehrere unionsrechtlich geschützte Grundrechte einander widerstreiten, den Behörden oder Gerichten der Mitgliedstaaten, ein angemessenes Gleichgewicht zwischen diesen Rechten sicherzustellen (vgl. EuGH, Urteil vom 29. Januar 2008 - C-275/06, Sig. 2008, 1-271 = GRUR 2008, 241 Rn. 68 - Promusicae: EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 46 - UPC Telekabel; EuGH. Urteil vom 15. September 2016 - C-484/14, GRUR 2016, 1146 Rn. 83 = WRP 2016, 1486 - Sony Music / McFadden). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist der Konflikt zwischen grundrechtlich geschützten Positionen verschiedener Grundrechtsträger nach dem Grundsatz praktischer Konkordanz zu lösen, der fordert, dass nicht eine der widerstreitenden Rechtspositionen bevorzugt und maximal behauptet wird, sondern alle einen möglichst schonenden Ausgleich erfahren (vgl. BVerfGE 28, 243, 260 f.; 41, 29, 50; 52, 223, 247, 251; 93, 1, 21).

Auch unter Berücksichtigung des für den Urheberrechtsinhaber sprechenden Eigentumsschutzes (Art. 17 Abs. 2 EU-Grundrechtecharta und Art. 14 Abs. 1 GG) steht der zugunsten des Anschlussinhabers wirkende grundrechtliche Schutz von Ehe und Familie (Art. 7 EU-Grundrechtecharta und Art. 6 Abs. 1 GG) der Annahme von Nachforschungs- und Mitteilungspflichten entgegen, die den Inhaber eines privaten Internetanschlusses dazu zwingen, zur Abwendung seiner täterschaftlichen Haftung die Internetnutzung seines Ehegatten einer Dokumentation zu unterwerfen. Ebenfalls unzumutbar ist es, dem Anschlussinhaber die Untersuchung des Computers seines Ehegatten im Hinblick auf die Existenz von Filesharing-Software abzuverlangen (vgl. BGH, GRUR 2017, 386 Rn. 26 - Afterlife).


(4)

Im Streitfall hat das Berufungsgericht zu Recht angenommen, dass die Beklagten ihrer sekundären Darlegungslast nicht genügt haben, indem sie nur darauf verwiesen haben, ihre drei volljährigen Kinder hätten Zugang zum Internetanschluss gehabt. Die Beklagten waren gehalten, im Rahmen der sekundären Darlegungslast das Kind zu benennen, welches ihnen gegenüber die Rechtsverletzung zugegeben hatte.

Die Abwägung der im Streitfall auf Seiten der Klägerin betroffenen Grundrechte des Eigentumsschutzes (Art. 17 Abs. 2 EU-Grundrechtecharta und Art. 14 Abs. 1 GG) und des Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf (Art. 47 EU-Grundrechtecharta) mit dem zugunsten der Beklagten wirkenden Grundrecht auf Schutz der Familie (Art. 7 EU-Grundrechtecharta und Art. 6 Abs. 1 GG) führt zu einem Vorrang des Informationsinteresses der Klägerin.

Zwar ist nicht zu verkennen, dass die Mitteilung des Namens des für das Filesharing verantwortlichen Kindes durch die Eltern mit Blick auf die möglichen Folgen - der zivilrechtlichen oder gar strafrechtlichen Inanspruchnahme des Kindes - eine erhebliche Beeinträchtigung des Familienfriedens nach sich ziehen kann. Die Eltern unterliegen jedoch keinem Zwang zur Auskunft. Sie haben vielmehr die Wahl, ob sie die Auskunft erteilen oder ob sie davon absehen, das Kind anzugeben, das die Rechtsverletzung begangen hat, und insoweit auf eine Rechtsverteidigung zu verzichten. Dass sie infolge eines solchen Verteidigungsverzichts selbst für die Rechtsverletzung haften, weil ohne Erfüllung der sekundären Darlegungslast die tatsächliche Vermutung ihrer Haftung als Anschlussinhaber eingreift, erlangt im Rahmen der Grundrechtsabwägung kein entscheidendes Gewicht. Hierbei handelt es sich um einen aus der gesetzlichen Wertung des § 138 Abs. 3 ZPO folgenden Nachteil, der jede prozessual ungenügend vortragende Partei trifft.

Das Recht, im Zivilprozess wegen der familiären Beziehung zu einer Partei Angaben zu verweigern, steht gemäß § 383 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 und § 384 Nr. 1 und 2 ZPO allein dem Zeugen, nicht aber einer Prozesspartei zu. Die Partei eines Zivilprozesses unterliegt der Wahrheitspflicht des § 138 Abs. 1 ZPO, die allenfalls insofern Einschränkungen erfährt, als die Partei sich selbst oder einen Angehörigen einer Straftat oder Unehrenhaftigkeit bezichtigen müsste (vgl. MünchKomm.ZPO / Fritsche, 5. Aufl., § 138 Rn. 14; Kern in Stein/Jonas, ZPO. 23. Aufl., § 138 Rn. 13; Zöller / Greger, ZPO, 16. Aufl., § 138 Rn. 3; Gerken in Wieczorek / Schütze, ZPO, 4. Aufl., § 138 Rn. 15; Seiler in Thomas / Putzo, ZPO, 38. Aufl., § 138 Rn. 7; Stadler in Musielak / Voit, ZPO, 14. Aufl., § 138 Rn. 3). Hat die Partei in dieser Konstellation die Möglichkeit, von (wahrheitsgemäßen) Angaben abzusehen, so hat sie die mit dem Verzicht auf den entsprechenden Vortrag verbundenen prozessualen Folgen - etwa das Risiko einer für sie ungünstigen Tatsachenwürdigung - in Kauf zu nehmen (vgl. BVerfGE 56, 37, 44; MünchKomm.ZPO / Fritsche a.a.O. § 138 Rn. 14; Gerken in Wieczorek / Schütze a.a.O. § 138 Rn. 15; Zöller / Greger a.a.O. § 138 Rn. 3). So verhält es sich im Falle der Nichterfüllung der sekundären Darlegungslast; die betroffene Partei hat die nachteiligen Folgen ihres unzureichenden Vortrags zu tragen, weil ihr einfaches Bestreiten unwirksam ist und die Geständniswirkung des § 138 Abs. 3 ZPO eintritt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 19. Februar 201 - I ZR 230/12, GRUR 2014, 578 Rn, 14 = WRP 2014, 697 - Umweltengel für Tragetasche; Urteil vom 12. November 2015 - I ZR 167/14, GRUR 2016, 836 Rn. 111 = WRP 2016, 985 - Abschlagspflicht II).

Demgegenüber ist dem Rechtsinhaber im Falle der Weigerung der Eltern, die Anschlussinhaber sind, Auskunft über den Namen des für das Filesharing verantwortlichen Kindes zu erteilen, eine effektive Verfolgung des Rechtsverstoßes regelmäßig praktisch unmöglich, weit die Identität des Verletzers ungeklärt bleibt. Mithin wird das Eigentumsrecht des Urheberrechtsinhabers gemäß Art. 17 Abs. 2 EU-Grundrechtecharta und Art. 14 Abs. 1 GG und sein Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf gemäß Art. 47 EU-Grundrechtecharta im Falle der unterbliebenen Auskunft im Regelfall vereitelt, wohingegen die Eltern durch die Auskunftsverweigerung unter Inkaufnahme prozessualer Nachteile eine jedenfalls erhebliche - Beeinträchtigung ihres Grundrechts auf Schutz der Familie gemäß Art. 7 EU-Grundrechtecharta und Art. 6 Abs. 1 GG abwenden können. in dieser Konstellation überwiegen die auf Seiten des Urhebers oder des Inhabers eines verwandten Schutzrechts - hier des Tonträgerherstellers - in Rede stehenden Grundrechte das Grundrecht der Eltern auf Schutz der Familie.


(5)

Haben die Beklagten die ihnen im Streitfall obliegende sekundäre Darlegungslast zur Nutzung ihres Internetanschlusses durch einen Familienangehörigen im Tatzeitpunkt nicht erfüllt, greift die tatsächliche Vermutung, sie hafteten als Anschlussinhaber täterschaftlich für die begangene Rechtsverletzung.


cc)

Ohne Erfolg wendet sich die Revision dagegen, dass das Berufungsgericht dem von den Beklagten angebotenen Zeugenbeweis zur Frage ihrer Täterschaft nicht nachgegangen ist. Die Beklagten hatten unter Beweisantritt durch Zeugenbeweis behauptet, im Tatzeitpunkt sei der im Wohnzimmer befindliche Computer ausgeschaltet, sie seien mit der Bewirtung der Gäste beschäftigt und die Kinder seien im Hause gewesen. Dieser Vortrag ist nicht entscheidungserheblich, weil er eine Rechtsverletzung durch die Beklagten nicht ausschließt.

Das Berufungsgericht hat angenommen, einer Beweisaufnahme durch Vernehmung der von den Beklagten benannten Zeugen, die am Abend des Tattags zu Gast gewesen seien, habe es nicht bedurft. Auf die Behauptung, während des Besuchs keine Möglichkeit gehabt zu haben, die Verletzungshandlung zu begehen. komme es nicht an. weil der rechtsverletzende Vorgang bereits vor Eintreffen der Gäste und durch Nutzung eines der Computer, die sich außerhalb des Wohnzimmers befanden, hätte in Gang gesetzt werden können.

Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Selbst wenn der im Wohnzimmer befindliche Computer der Beklagten im Tatzeitpunkt ausgeschaltet gewesen sein sollte, bestand - wie das Landgericht und das Berufungsgericht richtig ausgeführt haben - die Möglichkeit, den beanstandeten Filesharingvorgang von einem der anderen im Haushalt der Beklagten vorhandenen Computer aus zu starten. Zutreffend ist auch die Annahme des Berufungsgerichts, die Durchführung der Verletzungshandlung habe keine dauernde Anwesenheit vor dem Computer erfordert. Eine Beweisaufnahme war danach mangels Entscheidungserheblichkeit nicht erforderlich.


d)

Gegen die Bemessung der Höhe des Schadensersatzes durch das Berufungsgericht auf 2.500,00 EUR erhebt die Revision keine Rügen. Rechtsfehler sind auch insoweit nicht ersichtlich.


2.

Das Berufungsgericht hat der Klägerin nach § 97 Abs. 1 UrhG a.F. zu Recht einen Anspruch auf Ersatz von Abmahnkosten in Höhe von 1.044,40 EUR zuerkannt.


a)

Auf den mit der Klage geltend gemachten Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten ist § 97a UrhG in der bis zum 8. Oktober 2013 geltenden Fassung anzuwenden. Die durch das Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken vom 1. Oktober 2013 (BGBl I, S. 3714) mit Wirkung ab dem 9. Oktober 2013 eingeführten Neuregelungen zur Wirksamkeit der Abmahnung und zur Begrenzung der erstattungsfähigen Kosten nach § 97a Abs. 2 und 3 Satz 2 und 3 UrhG n.F. gelten erst für Abmahnungen, die nach Inkrafttreten des Gesetzes gegen unseriöse Geschäftspraktiken ausgesprochen worden sind. Für den Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten kommt es auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Abmahnung an (vgl. zu § 97a Abs. 1 Satz 2 UrhG aF BGH, GRUR 2016. 191 Rn. 56 - Tauschbörse III, mwN). Nach § 97a Abs. 1 UrhG a.F. soll der Verletzte den Verletzer vor Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens auf Unterlassung abmahnen und ihm Gelegenheit geben, den Streit durch Abgabe einer mit einer angemessenen Vertragsstrafe bewehrten Unterlassungsverpflichtung beizulegen. Soweit die Abmahnung berechtigt ist, kann der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangt werden.

Im Streitfall war die Abmahnung berechtigt, weil die Beklagten zur Unterlassung verpflichtet waren (siehe Rn. 10 ff. [11 1]). Gegen die Formalitäten der Abmahnung sowie die Bemessung ihres Gegenstandswerts auf 23.000,00 EUR erhebt die Revision keine Rügen. Rechtsfehler sind insoweit auch nicht ersichtlich (vgl. hierzu BGH, GRUR 2016, 184 Rn. 72 ff. - Tauschbörse 11; BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 -1ZR 1/15. GRUR 2016, 1275 Rn. 20 ff., 33 ff. = WRP 2016, 1525 - Tannöd; BGH, GRUR 2016, 1280 Rn. 61 ff. - Everytime we tauch).


b)

Ohne Erfolg wendet sich die Revision dagegen, dass das Berufungsgericht den Ersatz von Abmahnkosten nicht gemäß § 97a Abs. 2 UrhG a.F. auf 100,00 EUR begrenzt hat.

Nach § 97a Abs. 2 UrhG in der bis zum 8. Oktober 2013 geltenden Fassung beschränkt sich der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen für die Inanspruchnahme anwaltlicher Dienstleistungen für die erstmalige Abmahnung in einfach gelagerten Fällen mit einer nur unerheblichen Rechtsverletzung außerhalb des geschäftlichen Verkehrs auf 100,00 EUR. Das Angebot eines urheberrechtlich geschützten Werkes zum Herunterladen über eine Internettauschbörse stellt allerdings regelmäßig keine nur unerhebliche Rechtsverletzung im Sinne dieser Vorschrift dar (vgl. BGH, GRUR 2016, 1275 Rn. 33 ff. - Tannöd). Dass im vorliegenden Fall aufgrund besonderer Umstände von dieser Regel eine Ausnahme zu machen wäre, hat die Revision nicht aufgezeigt.



III.

Ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 3 AEUV ist nicht veranlasst. Im Streitfall stellt sich keine entscheidungserhebliche Frage zur Auslegung des Unionsrechts, die nicht durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union geklärt oder zweifelsfrei zu beantworten ist (vgl. EuGH. Urteil vom 6. Oktober 1982 - C-283/81, Sig. 1982, 3415 = NJW 1983, 1257, 1258 - C.I.L.F.I.T.; Urteil vom 1. Oktober 2015 - 0-452/14, GRUR Int. 2015, 1152 Rn. 43 - AIFA / Doc Generic. Insbesondere ist in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union geklärt, dass es Sache der Gerichte der Mitgliedstaaten ist, ein angemessenes Gleichgewicht zwischen widerstreitenden Grundrechten der Parteien sicherzustellen (vgl. EuGH, GRUR 2008, 241 Rn. 68 - Promusicae: GRUR 2014, 468 Rn. 46 - UPC Telekabel; GRUR 2016, 1146 Rn. 83 - Sony Music / McFadden).



IV.

Danach ist die Revision zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.




Büscher

Kirchhoff

Koch

Schwanke

Feddersen







Vorinstanzen:

LG München I, Entscheidung vom 01.07.2015 - Az. 37 O 5349/14 -
OLG München, Entscheidung vom 14.01.2016 - Az. 29 U 2593/15 - (...)






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BGH, Urteil vom 30. März 2017 - I ZR 19/16 - "Loud",
Vorinstanzen:
LG München, Urteil vom 01.07.2015, Az. 37 O 5349/14,
OLG München, Urteil vom 14.01.2016, Az. 29 U 2593/15,
Dr. Bernhard Knies,
Rechtsanwälte Knies & Albrecht

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Steffen
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Wochenrückblick

#11144 Beitrag von Steffen » Samstag 14. Oktober 2017, 17:34

------------------------------------------------------ - Abmahnwahn Deutschland - Filesharing - --------------------------------------------


DER Wochenrückblick........................Bild......................Filesharing Fälle


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Ausgabe 2017, KW 41 ..................................Initiative AW3P.............................09.10. - 15.10.2017

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Querbeet




1. Bundesanzeiger Verlag (Köln): Drittes Gesetz zur Änderung des Telemediengesetzes tritt mit dem 13.10.2017 in Kraft



Bundesgesetzblatt, Jahrgang 2017, Teil I, Nr. 67 (ausgegeben zu Bonn am 12.10.2013)


Quelle: 'www.bgbl.de'
Link zur PDF 'BGBl. I 2017 S. 3530' (Download): http://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav ... 7s3530.pdf











2. Oberlandesgericht Frankfurt am Main: Sofortiges Anerkenntnis nach vorangegangener Abmahnung (Verwendung von Lichtbildern auf einer Homepage)



OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 28.08.2017, Az. 11 W 16/17


(...) Ein Bestreiten der Rechteinhaberschaft mit Nichtwissen ist nur dann unzulässig, wenn der Kläger seine Urheberschaft (bzw. seine Rechteinhaberschaft) substantiiert dargelegt hat (vgl. die vom Landgericht zitierte Fundstelle bei Thum in: Wandtke / Bullinger, Praxiskommentar zum Urheberrecht, 4. Aufl. , § 10 Rdnr. 35). Dies hat der Kläger in dem gegenständlichen Abmahnschreiben jedoch gerade nicht getan. Es wird vielmehr lediglich apodiktisch behauptet, es handele sich um ein urheberrechtlich geschütztes Lichtbildwerk des Klägers - was tatsächlich, wie sich aus der Klageschrift ergibt, noch nicht einmal zutraf. Vor diesem Hintergrund war der Beklagte nicht gehalten, nicht nur das rechtsverletzende Bild von seiner Homepage zu entfernen, sondern sich auch ohne weitere Sachverhaltsaufklärung gegenüber dem Kläger vertraglich zur Unterlassung und für den Fall der Zuwiderhandlung zur Zahlung einer Vertragsstrafe zu verpflichten. Es hätte hier vielmehr dem Kläger oblegen, zunächst seine Rechtsinhaberschaft schlüssig und nachvollziehbar darzulegen. (...)



Quelle: 'www.lareda.hessenrecht.hessen.de'
Link: http://www.lareda.hessenrecht.hessen.de ... id:7925292











3. Obladen Gässler Rechtsanwälte (Köln): Klatsche für den Anwalt: Originalvollmacht und das beA passen laut LG Bochum nicht zusammen



LG Bochum, Urteil vom 04.10.2017, Az. I-13 O 136/17


(...) Die Verfügungsklägerin hat entgegen § 80 ZPO die Vollmacht nicht schriftlich zu den Gerichtsakten gereicht. Zwar hat die Verfügungsklägerin mit der Anlage 7a zur Antragsschrift auf elektronischem Wege auch eine Vollmacht mit Unterschrift, die auf den 08.08.2017 datiert ist, eingereicht. Insoweit handelt es sich aber weder um eine Originalvollmacht, noch um eine öffentliche Beglaubigung, die trotz der Streichung von § 80 Abs. 2 a.F. ausreichend wäre [...]. Denn der Transfer-Vermerk besagt lediglich, dass die übermittelte Antragsschrift sowie die übermittelten Anlagen von dem Prozessbevollmächtigten der Verfügungsklägerin stammen, nicht jedoch, dass die Verfügungsklägerin dem Prozessbevollmächtigten eine Prozessvollmacht erteilt hat. (...)



Quelle: 'www.obladen-gaessler.de'
Link: https://www.obladen-gaessler.de/klatsch ... -zusammen/









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4. lexTM Rechtsanwälte (Frankfurt am Main): Die Unterlassungserklärung als Falle - was muss der Abgemahnte beachten?



(...) Weit mehr als die Hälfte der Abmahnverfahren werden durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung erledigt. Das ist aus Sicht der Abgemahnten gut und richtig, weil sie sich hierdurch einen teuren und oft sinnlosen Streit um den Unterlassungsanspruch ersparen. Aber Achtung: Nach der Entscheidung Luftentfeuchter (BGH, Urteil vom 04.05.2017 - I ZR 208/15) kann die Unterlassungserklärung ein unvorhergesehenes und teures Nachspiel haben. (...)



Quelle: 'www.anwalt.de'
Link: https://www.anwalt.de/rechtstipps/die-u ... 17184.html











5. Eltern müssen ihre Kinder verraten. Der BGH hat am 30. März 2017 die von unserer Kanzlei vorgetragene Revision im "Loud" Fall abgewiesen



BGH, Urteil vom 30. März 2017 - I ZR 19/16 - "Loud" (im Volltext)


(...) Der BGH hat in der Grundsatzentscheidung I ZR 19/16 "Loud" nunmehr die lang erwarteten schriftlichen Entscheidungsgründe der Loud Entscheidung veröffentlicht, nach denen Eltern im Filesharing Prozess ihre Kinder verraten müssen. Doch was bringen diese schriftlichen Urteilsgründe an neuen Erkenntnissen im Vergleich zu den vorangegangenen Entscheidungen? (...)



Quelle: 'www.new-media-law.net'
Link: https://www.new-media-law.net/bgh-i-zr-19-16-loud/













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Gerichtsentscheidungen




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  • AG Charlottenburg, Urteil vom 22.09.2017, Az. 206 C 236/17 [WF verlieren; AI im Urlaub, Gast räumt Vorwurf ein, Antwort- bzw. Aufklärungspflicht nur bei begründeter Abmahnung]




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  • AG Charlottenburg, Urteil vom 29.08.2017, Az. 203 C 173/17 [WF gewinnen; pauschaler Verweis auf eine vermeintliche Sicherheitslücke am WLAN Router reicht nicht (keine "echte" Mehrfachermittlung)]
  • AG Augsburg, Urteil vom 09.08.2017, Az. 74 C 3541/16 [WF gewinnen; AI wird trotz 7 Mitnutzern als Täterin verurteilt (AI und 7 Mitnutzer kamen als Täter - nicht - in Betracht)]









Wilde, Beuger, Solmecke Rechtsanwälte (Köln):



AG Charlottenburg, Urteil vom 22.09.2017, Az. 206 C 236/17


Wilde, Beuger, Solmecke Rechtsanwälte (Köln): Filesharing Sieg in einer Waldorf Frommer Klage - Das Amtsgericht Charlottenburg schützt unschuldig Abgemahnte



Quelle: 'www.wbs-law.de'
Link: https://www.wbs-law.de/abmahnung-filesh ... nte-75313/











Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München):



1. AG Charlottenburg, Urteil vom 29.08.2017, Az. 203 C 173/17


Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Amtsgericht Charlottenburg - Der pauschale Verweis auf eine vermeintliche Sicherheitslücke am WLAN Router in Tauschbörsenverfahren ist nicht ausreichend (keine "echte" Mehrfachermittlung)



Quelle: 'www.news.waldorf-frommer.de'
Link: https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... sreichend/









2. AG Augsburg, Urteil vom 09.08.2017, Az. 74 C 3541/16


Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Das Amtsgericht Augsburg verurteilt Anschlussinhaberin trotz Zugriffsmöglichkeit weiterer Nutzer



Quelle: 'www.news.waldorf-frommer.de'
Link: https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... er-nutzer/













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Forenwelt




Neues aus Neanderiggedaw: "To muck around" bzw. die große "Forenuser Verarsche"




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.............................................................Neanderuhle:
............................................................."Princy, beim Säbelzahntiger!
.............................................................Hier gibt es nur eine Registrierung
.............................................................mit Obergrenze, sapperlot.
.............................................................Ansonsten müssen wir uns trennen!"
.............................................................
.............................................................Princy:
............................................................."Ach, Neanderuhle, mit mir gibt es bei
.............................................................der Registrierung - keine - Obergrenze! Aber,
.............................................................lass' uns aus rein humanistischen Gründen
.............................................................einen Kompromiss finden und die Anzahl der
.............................................................Registrierung auf 200.000 pro Jahr begrenzen.
.............................................................Das sind dann subsidiär geschützte Forenuser
................................................................
.............................................................letztendlich merkt niemand von denen,
.............................................................dass es dasselbe ist!"












.................................................................Bild










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Steffen Heintsch für AW3P




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#11145 Beitrag von Steffen » Mittwoch 18. Oktober 2017, 23:58

NIMROD RECHTSANWÄLTE Bockslaff Strahmann GbR (Berlin): Erneuter Erfolg der Nimrod Rechtsanwälte vor dem Landgericht Bochum (Urteil vom 21.09.2017, Az. I-8 S 27/17)


23:58 Uhr


Das Landgericht Bochum verurteilte einen Rechtsverletzer zur Zahlung von 887,03 EUR und zur Zahlung von Schadenersatz von 510,00 EUR, nachdem das Amtsgericht Bochum der Klage nicht in dieser Höhe statt gab.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


NIMROD RECHTSANWÄLTE
Bockslaff Strahmann GbR


Emser Straße 9 | 10719 Berlin
Tel.: +49 (0) 30 544 61 793 | Fax: +49 (0) 30 544 61 794
E-Mail: info@nimrod-rechtsanwaelte.de | Web: www.nimrod-rechtsanwaelte.de




Bericht

Link:
https://nimrod-rechtsanwaelte.de/2017/1 ... -8-s-2717/

Urteil als PDF:
https://nimrod-rechtsanwaelte.de/wp-con ... 528000.pdf



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Das Landgericht Bochum stellte fest, der Beklagte habe lediglich vorgetragen, seine Kinder dürften den einzigen internetfähigen Computer im Haushalt lediglich unter Aufsicht nutzen und seine Frau unbeschränkten Zugang zu diesem Computer habe. Grundsätzlich müsse der Anschlussinhaber, um seiner sekundären Darlegungslast zu genügen, im zumutbaren Maß Nachforschungen anstellen und mitteilen, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat (BGH, Urteil vom 11.06.2015, I ZR 75/14 = GRUR 2016, 191).

Das Gericht führt weiter aus, dass zu berücksichtigen sei, dass vorliegend die Interessen der Klägerin als Schutzrechtsinhaberin gegen den grundrechtlichen Schutz der Familie des Beklagten abzuwägen seien (BGH, Urteil vom 06.10.2016, I ZR 154/15 = GRGR 2017, 386). Dies führe regelmäßig zu dem Ergebnis, dass weder die Dokumentation der Internetnutzung des Ehegatten, noch die Untersuchung des Computers des Ehegatten auf die Existenz von Filesharing-Software zumutbar sind.

Das Gericht geht ferner davon aus, dass die Verbraucher schützende Norm des § 97a Abs. 3 UrhG nicht anzuwenden sei, wenn ein urheberrechtlich geschütztes Werk besonders erfolgreich sei. Das Gericht nimmt in diesem Fall einen Gegenstandswert von 10.000,00 EUR an, aus dem die erstattbaren Anwaltskosten zu zahlen sind.






LG Bochum, Urteil vom 21.09.2017, Az. I-8 S 27/17



(...) - Beglaubigte Abschrift -


I-8 S 27/17

70 C 404/16
Amtsgericht Bochum



Verkündet am 21.09.2017
[Name], Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin der
Geschäftsstelle



Landgericht Bochum

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil




In dem Rechtsstreit


[Name],
Klägerin und Berufungsklägerin,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte NIMROD Rechtsanwälte Bockslaff Strahmann, Emser Straße 9, 10719 Berlin,



gegen


Herrn [Name],
Beklagten und Berufungsbeklagten,

Prozessbevollmächtigte: [Name],





hat die 8. Zivilkammer Bochum aufgrund mündlicher Verhandlung vom 21.09.2017 durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht [Name], die Richterin am Landgericht [Name] und den Richter Dr. [Name]


für Recht erkannt:


Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Bochum vom 12.04.2017 wie folgt abgeändert:

Der Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von Rechtsanwaltskosten in Höhe von 887,03 EUR freizustellen.

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 510,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seitdem 25.11.2016 zu zahlen.

Die weitergehende Klage bleibt abgewiesen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits I. und II. Instanz werden der Klägerin zu 16% und dem Beklagten zu 84% auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Parteien wird es jeweils nachgelassen, die Vollstreckung der jeweils anderen Partei durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 120% des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei zuvor Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.





Ohne Tatbestand (gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO).




Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin ist teilweise begründet. Das angefochtene Urteil des Amtsgerichts Bochum war daher abzuändern.


1.

Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts Bochum hat die Klägerin gegen den Beklagten einen Anspruch auf Schadensersatz in der aus dem Tenor ersichtlichen Höhe gemäß § 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG.


a.

Die Klägerin hatte zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Urheberrechtsverletzungen die ausschließlichen Verwertungsrechte hinsichtlich des urheberrechtlich geschützten Computerspiels "[Name]" inne. Sie hat eine entsprechende Lizenz von der Herstellerfirma [Name] GmbH erworben. Der entsprechende Vortrag der Klägerin wurde vom Beklagten nur unsubstantiiert mit Nichtwissen bestritten. Dieses Bestreiten ist schon deswegen unbeachtlich, da der Beklagte ausweislich der Unterlassungserklärung vom 03.07.2013 die Rechteinhaberschaft der Klägerin bereits anerkannt hatte.


b.

Die Verwertungsrechte, insbesondere das Recht zur Veröffentlichung im Internet, wurden durch das Anbieten des Spiels in einer Internettauschbörse zu 14 verschiedenen Zeitpunkten zwischen dem 25.04.2013 und dem 05.06.2013 verletzt.


c.

Täter der vorbenannten Urheberrechtsverletzungen war der Beklagte.

Grundsätzlich trifft die Klägerin die Darlegungs- und Beweislast für die behauptete Urheberrechtsverletzung. Bei Urheberrechtsverletzungen durch Teilnahme an einer Internettauschbörse trifft den Inhaber des Anschlusses, von dem aus die Teilnahme erfolgte, nach der Rechtsprechung des BGH aber eine sekundäre Darlegungslast, da die primär darlegungsbelastete Partei regelmäßig keine nähere Kenntnis der maßgeblichen Umstände und auch keine Möglichkeit zur weiteren Sachverhaltsaufklärung hat, während dem Anschlussinhaber nähere Angaben dazu ohne weiteres möglich und zumutbar sind. Die Bestimmung der Reichweite der dem Anschlussinhaber obliegenden sekundären Darlegungslast hat mit Blick darauf zu erfolgen, dass erst die Kenntnis von den Umständen der Anschlussnutzung durch den Anschlussinhaber dem Verletzten eine Rechtsverfolgung ermöglicht (BGH Urteil vom 06.10.2016 - I ZR 154/16). Grundsätzlich entspricht der Anschlussinhaber dieser sekundären Darlegungslast dadurch, dass er vorträgt, ob andere Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und damit die ernsthafte Möglichkeit aufzeigt, dass diese anderen Personen als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen (BGH Urteil vom 08.01.2014, - I ZR 169/12). Vorliegend hat der Beklagte diesen Anforderungen nicht genügt.

Der Beklagte hat vorliegend seinen Vortrag darauf beschränkt, dass seine Kinder den einzigen internetfähigen Computer im Haushalt lediglich unter Aufsicht hätten nutzen dürfen und dass seine Frau unbeschränkten Zugang zu diesem Computer gehabt habe. Grundsätzlich muss der Anschlussinhaber, um seiner sekundären Darlegungslast zu genügen, im zumutbaren Maße Nachforschungen anstellen und mitteilen, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat (BGH; Urteil vom 11.06.2015 - I ZR 75/14 = GRUR 2016, 191). Dies hat der Beklagte vorliegend nicht getan. Zwar ist auch zu berücksichtigen, dass vorliegend die Interessen der Klägerin als Schutzrechteinhaberin gegen den grundrechtlichen Schutz der Familie des Beklagten abgewogen werden müssen (BGH, Urteil vom 06.10.2016 - I ZR 154/15 = GRUR 2017, 386). Dies führt regelmäßig zu dem Ergebnis, dass weder die Dokumentation der Internetnutzung des Ehegatten noch die Untersuchung des Computers des Ehegatten auf die Existenz von Filesharing-Software zumutbar sind. Vorliegend ist jedoch die Besonderheit zu beachten, dass es nur einen einzigen internetfähigen Computer im Haushalt des Beklagten gab. Der BGH hat in der vorbezeichneten Entscheidung (I ZR 154/15) auch ausgeführt, dass im Rahmen des Vortrages zu den Umständen, die seine eigene Internetnutzung betreffen, der Anschlussinhaber vielmehr auch zu der Angabe verpflichtet sein kann, ob auf dem von ihm genutzten Computer Filesharing-Software vorhanden ist oder war. Da der Beklagte sich hierzu jedoch in keinster Weise eingelassen hat, ist er seiner sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen.


d.

Der Klägerin steht der Lizenzschadensersatzanspruch gegen den Beklagten jedenfalls in der beantragten Höhe zu. Bei der Bemessung des Schadensersatzes im Wege der Lizenzanalogie ist der objektive Wert der angemaßten Benutzungsberechtigung zu ermitteln, der in der angemessenen und üblichen Lizenzgebühr besteht (BGH, Urteil vom 26.03.2009 - I ZR 44/06 = NJW-RR 2009, 1053). Jedoch ist in den Fällen des Filesharings das Abstellen auf eine fiktive Lizenzgebühr wenig überzeugend, da in diesen Fällen eine marktübliche Lizenz schlicht nicht existiert. Gibt es - wie im Streitfall - keine branchenüblichen Vergütungssätze und Tarife, ist die Höhe der als Schadensersatz zu zahlenden Lizenzgebühr vom Tatrichter gern. § 287 ZPO unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls nach seiner freien Überzeugung zu bemessen. Dabei sind an Art und Umfang der vom Geschädigten beizubringenden Schätzgrundlagen nur geringe Anforderungen zu stellen (BGH Urteil vom 11.06.2015 - I ZR 19/14 = MMR 2016, 121). Daher schätzt die Kammer die Schadensersatzhöhe anhand des gängigen Kaufpreises für ein Computerspiel am Markt, der Verletzungshandlung durch das illegale Anbieten in Tauschbörsen für eine unendliche Anzahl. von Nutzern und unter Berücksichtigung der Verstöße durch eine Vielzahl anderer Teilnehmer sowie auf Grundlage der unbestrittenen Verkaufszahlen im Bereich von 750.000 Exemplaren. Da es sich beim Filesharing um ein Massenphänomen handelt, so dass eine Überkompensation des Schadensersatzinteresses des jeweiligen Rechteinhabers zu vermeiden ist und die begehrte Schadensersatzhöhe in einem angemessenen Verhältnis zu der Verletzungshandlung stehen muss, erachtet die Kammer jedenfalls den klageweise geltend gemachten Betrag als geboten.


2.

Zudem hat der Kläger entgegen der Ansicht des Amtsgerichts Bochum wegen der von ihm begangenen Urheberrechtsverletzungen einen Anspruch auf Aufwendungsersatz in Hinblick auf die durch die außergerichtlich erfolgte Abmahnung entstandenen Rechtsanwaltskosten gern. § 97a Abs. 3 Satz 1 UrhG. Der geltend gemachte Anspruch auf Aufwendungsersatz hinsichtlich der außergerichtlich erfolgten Abmahnung besteht jedoch nur in der aus dem Tenor ersichtlichen Höhe. Der von der Klägerin angesetzte Streitwert für die Abmahnung hinsichtlich der Unterlassung des Anbietens des Computerspiels in Höhe von 35.000,00 EUR war deutlich übersetzt. Nach der Rechtsprechung des BGH ist bei einem durchschnittlich erfolgreichen Computerspiel von einem Gegenstandswert der Abmahnung von einem Streit von 15.000,00 EUR auszugehen, wobei die Aktualität und Popularität des Werkes und der Umfang der vom Rechtsinhaber bereits vorgenommenen Auswertung im Einzelfall zu berücksichtigen sind (BGH Urteil vom 12.05.2016 - I ZR 43/15). Da die Klägerin - wie sie selbst im Schriftsatz vom 09.01.2017 vorträgt - größtenteils Nischenprodukte anbietet und die Veröffentlichung des Computerspiels zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Urheberrechtsverletzungen bereits deutlich über ein Jahr zurücklag, geht die Kammer vorliegend von einem Gegenstandswert in Höhe von 10.000,00 EUR aus. Hiergegen spricht auch nicht der Verkauf von 750.000 Exemplaren des Computerspiels, da erfolgreiche Computerspiele gerichtsbekannt regelmäßig Verkaufszahlen im Millionenbereich erreichen.


3.

Der zuerkannte Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 288, 291 BGB.


4.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92, 708 Nr. 10, 711 ZPO.


5.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Entscheidung der Kammer auf den Urteilen des BGH vom 08.01.2014 (I ZR 169/12), vom 06.10.2016 (I ZR 154/16), vom Urteil vom 6.10.2016 (I ZR 154/15) und vom 12.5.2016 (I ZR 43/15) beruht.



Zugleich für den urlaubsbedingt an der
Unterschrift gehinderten Vorsitzenden
Richter am Landgerichts [Name]

[Name]


[Name]


[Name]




Beglaubigt
[Name], Justizhauptsekretärin (...)



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

LG Bochum, Urteil vom 21.09.2017, Az. I-8 S 27/17,
Vorinstanz: AG Bochum, Urteil vom 12.04.2017, Az. 70 C 404/16,
Klage NIMROD,
NIMROD RECHTSANWÄLTE Bockslaff Strahmann GbR,
Berufung Beklagter,
unsubstantiiertes Bestreiten mit Nichtwissen,
14 Ermittlungsdatensätze,
Mehrfachermittlung,
sekundäre Darlegungslast

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#11146 Beitrag von Steffen » Donnerstag 19. Oktober 2017, 00:57

NIMROD RECHTSANWÄLTE Bockslaff Strahmann GbR (Berlin): Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht zur Frage nach der Höhe einer Vertragsstrafe (Berufungsurteil vom 05.10.2017, Az. 6 U 47/16) - Vertragsstrafe von 3.000,00 EUR ist unangemessen niedrig!


00:55 Uhr


Wieder einmal hat das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht die Rechtserfassung der Nimrod Rechtsanwälte bestätigt und einen Raubkopierer zur Zahlung von:

- 6.000,00 EUR Vertragsstrafe und
- 1.239,40 EUR Kosten der Abmahnung verurteilt.




~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

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Emser Straße 9 | 10719 Berlin
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E-Mail: info@nimrod-rechtsanwaelte.de | Web: www.nimrod-rechtsanwaelte.de




Bericht

Link:
https://nimrod-rechtsanwaelte.de/2017/10/18/5989/

Urteil als PDF:
https://nimrod-rechtsanwaelte.de/wp-con ... 348277.pdf



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Was war geschehen:

Der Beklagte gab auf Grundlage einer Abmahnung der Nimrod Rechtsanwälte eine Unterlassungserklärung ab. Diese wurde angenommen. Nach der Annahme stellte sich heraus, dass der Beklagte weiterhin Rechtsverletzungen zulasten der Mandantin der Nimrod Rechtsanwälte begann. Daraufhin setzten die Nimrod Rechtsanwälte eine Vertragsstrafe fest und mahnten erneut ab.

Außergerichtlich konnte keine Lösung gefunden werden.

Das erkennende Gericht meinte zu Unrecht, die Mandantin der Nimrod Rechtsanwälte könne allenfalls eine Vertragsstrafe von 3.000,00 EUR und deutlich geringere Kosten der zweiten Abmahnung. Ging es gegen dieses Urteil legten die Nimrod Rechtsanwälte Rechtsmittel ein.

Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht stellt insbesondere fest, dass die vom Landgericht Flensburg festgesetzten Vertragsstrafe von 3000,00 EUR unangemessen niedrig ist. Zu Recht weisen die Nimrod Rechtsanwälte darauf hin, dass eine Vertragsstrafe einen doppelten Zweck hat, nämlich die Erfüllung der Verbindlichkeit als Druckmittel zu sichern und dem Gläubiger den Schadensersatz zu ersparen (BGH, Urteil vom 23.06.1988, VII ZR 117/87; BGHZ 105, 24,720).

Das Gericht nahm vor diesem Hintergrund zur Messung des Schadenersatzes einen Faktor von 400 des jeweiligen Verkaufspreises an und erhöhte diesen entsprechend.







OLG Schleswig, Urteil vom 05.10.2017, Az. 6 U 47/16



(...) - Beglaubigte Abschrift -


6 U 47/16
8 O 108/15 LG Flensburg


Verkündet am 05.10.2017
gez.
[Name], JAng
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle



Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht

Urteil

Im Namen des Volkes




In dem Rechtsstreit


[Name],
- Klägerin und Berufungsklägerin -

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte NIMROD Rechtsanwälte Bockslaff & Strahmann GbR, Emser Straße 9, 10719 Berlin,



gegen


[Name]
- Beklagter und Berufungsbeklagter -

Prozessbevollmächtigte: [Name],



wegen Vertragsstrafe und Ersatz von Abmahnkosten




hat der 6. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts durch den Richter am Oberlandesgericht Dr. [Name] als Einzelrichter auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 21.09.2017

für Recht erkannt:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Flensburg vom 26. Oktober 2016, Az. 8 O 108/15, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird unter Änderung des angefochtenen Urteils des Landgerichts Flensburg vom 26. Oktober 2016, Aktenzeichen 8 O 108/15, verurteilt,
1. die Klägerin von dem Vergütungsanspruch der Rechtsanwälte NIMROD, Rechtsanwälte, Bockslaff Strahmann GbR, Emser Straße 9, 10719 Berlin, wegen der Abmahnung des Urheberrechtsverstoßes vom 4. Dezember 2014 in Höhe von 1.239,40 EUR freizustellen,
2. an die Klägerin eine Vertragsstrafe in Höhe von 6.000,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28. Mai 2015 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Berufung zurück- und die Klage wird abgewiesen.

Der Beklagte hat 60 % und die Klägerin hat 40 % der Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Dieses Urteil und das mit der Berufung angefochtene Urteil, soweit es in Folge der teilweisen Zurückweisung der Berufung aufrechterhalten bleibt, sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.





Gründe



I.

Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Freistellung von rechtsanwaltlichen Abmahnkosten und auf Zahlung einer Vertragsstrafe in Anspruch. Wegen des Sachverhalts wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat einen Anspruch auf Freistellung von dem rechtsanwaltlichen Vergütungsanspruch wegen der streitgegenständlichen Abmahnung in Höhe von 865,00 EUR sowie auf eine Vertragsstrafe in Höhe von 3.000,00 EUR festgestellt. Die Klägerin habe den Beklagten zu Recht abgemahnt, nachdem der Sohn des Beklagten trotz einer bereits im März 2013 abgegebenen Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung das Computerspiel "[Name]" erneut am 4. Dezember 2014 mithilfe eines Filesharingprogramms im Internet zugänglich gemacht habe.

Der Beklagte hafte als Störer auf Unterlassen, weil er den Eingriff in die Rechte der Klägerin rechtswidrig verursacht habe. Aufgrund der bereits im Februar 2013 erfolgten ersten Abmahnung sei der Beklagte zu Maßnahmen verpflichtet gewesen, eine erneute Rechtsverletzung durch seinen Sohn zu verhindern. Er habe nicht nur alles zu unterlassen gehabt, was zu einer Verletzung habe führen können, sondern habe auch alles tun müssen, was im konkreten Fall erforderlich und zumutbar gewesen wäre, um künftige andauernde Verletzungen zu verhindern oder rückgängig zu machen. Der Anspruch auf Schuldbefreiung folge aus § 257 BGB. Die Höhe des Anspruchs sei aber auf Grundlage eines niedrigeren Gegenstandswerts zu ermitteln. Angemessen sei ein Gegenstandswert von 15.000,00 EUR. Der von der Klägerin angenommene Gegenstandswert von 65.000,00 EUR sei unangemessen hoch. Wertbestimmend für einen Unterlassungsantrag sei die zu schätzende Schwere der Beeinträchtigung, die wegen des beanstandeten Verhaltens verständigerweise zu besorgen sei und unterbunden werden solle. Im Urheberrecht sei hierfür der Wert des verletzten Schutzrechts und die Gefährlichkeit der Verletzungshandlung- der sogenannte Angriffsfaktor - maßgeblich, die sich aus Art und Schwere der begangenen und der drohenden weiteren Verletzungshandlungen und der Schwere des Verschuldens ergebe. Zu berücksichtigen sei, dass der durch eine rechtswidrige öffentliche Zugänglichmachung des Werks verursachte Schaden erheblich sei. Die am 4. Dezember 2014 begangene Verletzungshandlung sei 14 Monate nach der Veröffentlichung des Spiels am 19. September 2013 und damit zu einem Zeitpunkt erfolgt, als das Spiel noch nicht aus der kommerziellen Erstverwertung ausgeschieden gewesen sei. Streitwertermäßigend wirke sich aus, dass der Beklagte nicht als Täter, sondern lediglich als Störer auf Unterlassung genommen werden könne. Auch könne ihm keine vorsätzliche, sondern lediglich eine weniger schwerwiegende fahrlässige Verletzung vorgeworfen werden. Eine Erhöhung des Gegenstandswertes könne nicht mit dem Umstand gerechtfertigt werden, die streitgegenständliche Abmahnung habe der Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs wegen eines wiederholten rechtswidrigen Angriffs in das klägerische Verwertungsrecht gegolten. Sie habe nicht dem Rechtsverletzer, sondern nur dem Beklagten als Störer wegen der Verletzung von Prüfungsobliegenheiten eines Internetanschlussinhabers gegolten. Für den Beklagten habe es sich um den erstmaligen Verstoß gegen solche Prüfungsobliegenheiten gehandelt. Die Annahme eines Gegenstandswerts von 15.000,00 EUR entspreche im Übrigen den Festsetzungen anderer Gerichte. Die Klägerin könne lediglich eine 1,3 Geschäftsgebühr nach § 2 Abs. 2, § 13 RVG in Verbindung mit Nr. 2300 W verlangen. Unter Berücksichtigung der Post- und Telekommunikationspauschale ergebe sich ein maximaler Gebührenanspruch gegen die Klägerin in Höhe von 865,00 EUR. Der Freistellungsanspruch könne nicht verzinst werden.

Ferner könne die Klägerin eine Vertragsstrafe lediglich in Höhe von 3.000,00 EUR beanspruchen. Die Vertragsstrafe sei zwar verwirkt. Allerdings sei der von der Klägerin angenommene Betrag von 10.000,00 EUR unbillig hoch. Dem Bestimmungsberechtigten stehe bei der Bemessung der Strafhöhe ein Ermessensspielraum zu. Ein Gericht könne erst die Bestimmung vornehmen, wenn die durch § 315 Abs. 3 BGB gezogene Grenze überschritten sei. Im Rahmen von § 315 Abs. 3 BGB bestehe daher nur ein beschränktes Kontrollrecht. Bei der Billigkeitskontrolle sei zu beachten, dass die Vertragsstrafe so hoch sein müsse, dass sich ein Verstoß für den Verletzer voraussichtlich nicht mehr lohne. Wie hoch hierzu die Vertragsstrafe bemessen sein müsse, lasse sich nicht allgemein, sondern immer nur unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalls beantworten. Dabei sei auf die Schwere und das Ausmaß der begangenen Zuwiderhandlung, auf deren Gefährlichkeit für den Gläubiger, auf das Verschulden des Verletzers sowie die Art und Größe des Unternehmens des Schuldners abzustellen. Eine Vertragsstrafe von 10.000,00 EUR nehme nicht hinreichend darauf Rücksicht, dass der Beklagte eine Privatperson sei. Angesichts des Marktpreises des Computerspiels von 9,99 EUR bei der Markteinführung sei eine abschreckende Wirkung schon bei einem Zehntel der von der Klägerin festgesetzten Vertragsstrafe zu erwarten. Die Vertragsstrafe in Höhe von 3.000,00 EUR entspreche dem 300-fachen Satz des Verkaufspreises und dem 6-fachen Satz einer fiktiven Lizenzgebühr von 510,00 EUR, die regelmäßig als Schadensersatz für die rechtswidrige öffentliche Wiedergabe von Computerspielsoftware zuerkannt worden sei. Dies sei ausreichend und angemessen.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Das Landgericht habe die durch die zweite Abmahnung entstandenen Anwaltskosten rechtswidrig reduziert und habe den Zinsanspruch zu Unrecht abgelehnt. Hinsichtlich der Höhe der Vertragsstrafe habe es sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt.

Der vom Landgericht zu Grunde gelegte Gegenstandswert von 15.000,00 EUR habe nicht zwischen einer Erst- und einer Zweitverletzung unterschieden. Der Angriffsfaktor auf das verletzte Rechtsgut sei vorliegend um ein erhebliches höher als bei der erstmaligen Verletzung des Rechtsguts. Hinzu komme, dass das fragliche Computerspiel im Verletzungszeitpunkt gerade veröffentlicht worden sei, nämlich am 12. Oktober 2012. Die Rechtsverletzung habe im Dezember 2012 begonnen und habe erst Ende Juni 2014 geendet. Vor diesem Hintergrund sei ein Angriffsfaktor gerechtfertigt, der zu dem von der Klägerin angenommenen Streitwert von 55.000,00 EUR führe, der zudem um die Vertragsstrafe von 10.000,00 EUR zu erhöhen sei. Es ergebe sich mithin ein Gegenstandswert von insgesamt 65.000,00 EUR. Auch habe das Landgericht den Erfolg des streitgegenständlichen Computerspiels nicht berücksichtigt. Insoweit werde Bezug genommen auf die Ausführungen in dem Schriftsatz vom 13. Oktober 2015. Immerhin sei das Computerspiel über 300.000 Mal seit Erscheinen verkauft worden.

Das Landgericht habe den Zinsanspruch zu Unrecht verneint. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs würden Freistellungsansprüche in Zahlungsansprüche "kippen", wenn die gesetzliche Grundlage des Zahlungsanspruchs einen Anspruch auf Vorschuss vorsehe. Vorliegend werde auf Grundlage des RVG abgerechnet. § 9 RVG sehe einen Anspruch auf Vorschuss vor, sodass ein Zahlungsanspruch bestanden habe. Dieser sei auch fällig gewesen. Die Klägerin habe Befreiung von der Verbindlichkeit zum 26. Mai 2015 begehrt. Da der Beklagte dem nicht nachgekommen sei, habe Verzug bestanden.

Zutreffend habe das Landgericht angenommen, dass die Vertragsstrafe eine nochmalige Rechtsverletzung verhindern solle. Die Vertragsstrafe enthalte aber auch einen schadensersatzrechtlichen Teil. Allein aus diesem Grunde sei die Vertragsstrafe mit mindestens 10.000,00 EUR zu bemessen. Die Höhe des Schadensplatzes richte sich nach den Grundsätzen der sogenannten Lizenzanalogie. Dessen Höhe richtet sich nach der Frage, zu welchem Preis die Klägerin dem Beklagten an Lizenz erteilt hätte. Nach der Rechtsprechung sei der 400-fache Wert einer Einzellizenz anzusetzen. Ausgehend von dem Umstand, dass das Spiel zum Zeitpunkt der Erstverletzung 25,00 EUR gekostet habe, sei ein Schadensatz von 10.000,00 EUR angemessen. Das Landgericht habe stattdessen einen Verkaufspreis von 9,99 EUR angenommen. Das Landgericht habe zu recht die Unbilligkeit der von der Klägerin bestimmten Vertragsstrafe angenommen. Der bloße Hinweis darauf, dass der Beklagte eine Privatperson sei, die nicht gewerblich handele und der Verstoß gegen das Vertragsstrafeversprechen angeblich nicht durch eine Gewinnerzielungsabsicht motiviert gewesen sei, genüge dazu nicht. Entscheidend sei vielmehr, wie lang die Rechtsverletzungen angedauert habe. Diesen Umständen werde der geltend gemachte Betrag von 10.000,00 EUR gerecht.

Das streitgegenständliche Computerspiel sei 2.162 Nachfragenden über einen Zeitraum von zwei Jahren zur Verfügung gestellt worden. Würde mit diesem Faktor statt des vom Bundesgerichtshof angenommenen Faktors von 400 gerechnet, ergebe sich bei einem Verkaufspreis von 9,99 EUR ein Schadensersatzbetrag von 21.598,38 EUR und bei einem Verkaufspreis von 25,00 EUR sogar von 54.050,00 EUR.



Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Änderung des angefochtenen Urteils des Landgerichts Flensburg vom 26. Oktober 2016, Aktenzeichen 8 0 108/15, zu verurteilen,
1. die Klägerin von dem Vergütungsanspruch der Rechtsanwälte NIMROD, Rechtsanwälte, Bockslaff Strahmann GbR, Emser Straße 9, 10719 Berlin, wegen der Abmahnung des Urheberrechtsverstoßes vom 4. Dezember 2014 in Höhe von 1.892,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27. Mai 2015 freizustellen,
2. an die Klägerin eine Vertragsstrafe in Höhe von 10.000,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28. Mai 2015 zu zahlen.



Der Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil. Entgegen der Auffassung der Berufung habe das Landgericht sehr wohl die Erheblichkeit der Rechtsverletzung und insbesondere die zeitliche Nähe zur Erstverwertung berücksichtigt. Auch der Wiederholungsumstand sei berücksichtigt worden. Das Landgericht stelle in seiner Entscheidung dar, dass der Beklagte nicht als Rechtsverletzer, sondern lediglich als Störer wegen erstmaliger Verletzung seiner Prüfpflichten in Anspruch genommen worden sei. Nach der maßgebenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei zwar im Wesentlichen auf das Interesse des Anspruchstellers eines Unterlassungsanspruchs an der Unterbindung weiterer gleichartiger Verstöße abzustellen, es müsse aber auch anderen Aspekten Rechnung getragen werden, nämlich dem Grad der Wahrscheinlichkeit zukünftiger Zuwiderhandlungen. Vorliegend sei es unbeabsichtigt zur Zurverfügungstellung des Computerspiels durch den Sohn des Beklagten nach der erstmaligen Abmahnung gekommen. Von einer künftigen Zuwiderhandlung könne daher nicht mehr ausgegangen werden. Die Störungsquelle sei beseitigt worden. Unschlüssig sei ferner der Wunsch der Klägerin, eine Vertragsstrafe in Höhe von 10.000,00 EUR in den Gegenstandswert einzubeziehen. Gemäß § 97 Abs. 3 Satz 1 UrhG könne der Abmahnende den Ersatz der notwendigen Aufwendungen verlangen. Sinn der Abmahnung nach § 97 Abs. 1 Urhebergesetz sei es, die Unterlassung eines Verhaltens zu erreichen. Die Geltendmachung einer Vertragsstrafe erfülle diesen Zweck nicht. Diese könne nicht in den Gegenstandswert einbezogen werden. Maximal sei Gegenstandswert von 15.000,00 EUR angemessen.

Der Freistellungsanspruch könne nicht verzinst werden. Es handele sich um keinen Zahlungsanspruch. Ein etwaiges "kippen" des Freistellungsanspruchs in einen Zahlungsanspruch ändere daran nichts.

Die von der Klägerin verlangte Vertragsstrafe sei übersetzt. Zu Recht habe das Landgericht diese als unbillig eingestuft und herabgesetzt. Zwar solle eine Vertragsstrafe eine Straf- und Ersatzfunktion erfüllen. Dem entspreche aber das Urteil des Landgerichts. Das Landgericht habe den 300-fachen Wert einer Einzellizenz angesetzt.



II.

Die zulässige Berufung hat lediglich zum Teil Erfolg. Der zur Berechnung der Abmahnkosten zu Grunde zu legende Gegenstandswert ist höher zu bemessen, als es das Landgericht getan hat. Außerdem hat das Landgericht die Vertragsstrafe zu niedrig bemessen.


1.

Der Anspruch der Klägerin auf Freistellung von den Abmahnkosten geht über den vom Landgericht angenommenen Betrag von 865,00 EUR hinaus und beträgt 1.239,40 EUR. Der Freistellungsanspruch ist aber nicht zu verzinsen.


a.

Maßgebend zur Bestimmung der Höhe des Freistellungsanspruchs ist der der Abmahnung zu Grunde liegende Gegenstandswert. Das Landgericht hat einen Gegenstandswert von 15.000,00 EUR angenommen. Das Landgericht hat zur Wertbemessung zwar im Ausgangspunkt zu Recht zum einen den Wert des verletzten Schutzrechts und zum anderen die Gefährlichkeit der Verletzungshandlung - sogenannter Angriffsfaktor - berücksichtigt, die sich aus Art und Umfang der begangenen und drohender weiterer Verletzungshandlungen und der Schwere des Verschuldens ergibt (Senat, Beschluss vom 14.06.2016, Az. 6 W 6/16). Der vom Landgericht angesetzte Wert wird der Schwere der Beeinträchtigung, die wegen des beanstandeten Verhaltens zu besorgen ist und unterbunden werden soll, aber nicht gerecht. Das mit dem Unterlassungsbegehren verfolgte Interesse des Anspruchstellers ist darauf gerichtet, in Zukunft weitere oder fortgesetzte Rechtsverletzungen zu unterbinden. Der Gefährlichkeit der bereits begangenen Verletzungshandlung kommt bei der Wertbemessung Indizwirkung zu. Allerdings kann auch anderen, von der Verletzungshandlung unabhängigen Faktoren - etwa dem Grad der Wahrscheinlichkeit künftiger Zuwiderhandlungen - Rechnung zu tragen sein (BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 - I ZR 43/15, juris Rn. 25 m.w.N.).

Der Senat hat sich der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs angeschlossen, der bei der Berechnung des Streitwerts von urheberrechtlichen Unterlassungsklagen in "Filesharing"-Fällen nicht wie sonst üblich auf die Vervielfachung des Lizenzschadensbetrages mit einem bestimmten Faktor abstellt. Der Wert des verletzten Schutzrechts und dessen drohende Beeinträchtigung durch künftige Verletzungen wird nicht allein durch die für eine konkrete Nutzungshandlung zu erzielende fiktive Lizenzeinnahme, sondern auch durch die dem Rechtsinhaber insgesamt zu Gebote stehende Auswertungsmöglichkeit bestimmt, deren Verwirklichung durch künftige Rechtsverletzungen beeinträchtigt zu werden droht. Bei der Bewertung des Interesses des Rechtsinhabers an der Abwehr künftiger Verletzungshandlungen muss nicht nur dem Interesse an der Verhinderung fortgesetzter nicht lizenzierter Nutzungen Rechnung getragen werden, sondern es ist auch das einer fortgesetzten Rechtsverletzung innewohnende Gefährdungspotenzial für das Schutzrecht und seine wirtschaftliche Auswertung zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 19/14, GRUR 2016, 176, 184 Rn. 80 - Tauschbörse I; Senat, Urteil vom 25. Januar 2017 - Az. 6 U 9/16).

Der Bundesgerichtshof hat als Orientierungspunkt für die Bestimmung des Gegenstandswertes eines Unterlassungsanspruchs bezüglich eines Computerspiels einen Betrag von nicht unter 15.000,00 EUR angegeben (BGH, Urteil vom 12. Mai 2016, a.a.O. Rn. 48), wobei er zu Grunde gelegt hat, dass es sich hierbei um ein durchschnittlich erfolgreiches Computerspiel, welches nicht allzu lange nach seinem Erscheinungstermin öffentlich zugänglich gemacht wurde, handelt. Der Senat hat in dem bereits zitierten Beschluss vom 13. Juni 2016 den Unterlassungsanspruch hinsichtlich eines seinerzeit streitgegenständlichen Computerspiels ebenfalls mit 15.000,00 EUR bewertet.

Gegenstand der streitgegenständlichen zweiten Abmahnung sind Urheberrechtsverletzungen, die nach Abschluss der Unterlassungsvereinbarung vom 12. März 2013 begangen wurden. Mit Schriftsatz vom 13. Oktober 2015 hat die Klägerin ausgeführt, dass das Programm nach Abgabe der Unterlassungserklärung bis zum 2. März 2014 nicht mehr zum Tausch angeboten worden sei (GA 33). Erst mit dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 12. Oktober 2016 (GA 59) hat sie erklärt, das Computerspiel sei von Dezember 2012 bis Ende Juni 2014 zum Abruf bereitgehalten worden. Diesen Vortrag hat das Landgericht seinen Feststellungen nicht zu Grunde gelegt, sondern hat im unstreitigen Tatbestand lediglich festgestellt, dass der volljährige Sohn des Beklagten der streitgegenständliche Computerspiel am 4. Dezember 2014 mithilfe eines Filesharing-Programms im Internet öffentlich zugänglich gemacht habe (LGU 3). Der nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung gehaltene Sachvortrag ist vom Landgericht gemäß § 296 a ZPO zu Recht nicht berücksichtigt worden.

Entsprechendes gilt für die Ausführungen in der Berufungsbegründung. Die auch dort angesprochenen angeblichen Rechtsverletzungen zwischen Dezember 2012 und dem 1. März 2014 (GA 94) sind nicht mehr zu berücksichtigen. Die Klägerin legt nicht dar, weshalb andere als die vom Gericht des 1. Rechtszugs festgestellten Tatsachen zu berücksichtigen sein sollten; § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Die verspätet vorgebrachten Angriffs- und Verteidigungsmittel sind präkludiert und können in der Berufungsinstanz nur nach Maßgabe von § 531 Abs. 2 ZPO geltend gemacht werden. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass der verspätete Vortrag einen Gesichtspunkt betrifft, der vom Landgericht übersehen wurde. Auch ist ein Verfahrensmangel im 1. Rechtszug nicht festzustellen. Insbesondere hat das Landgericht keine Hinweispflichten gemäß § 139 ZPO verletzt. Im Übrigen hat auch die Klägerin nicht hinreichend dargetan, dass die Nichtgeltendmachung dieses Vortrags nicht auf ihrer Nachlässigkeit beruht hat; § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO. Der Senat hat daher wie das Landgericht davon auszugehen, dass es zu der erneuten Verletzung erst 14 Monate nach der Erstveröffentlichung des Spiels gekommen ist. Zwar war zu diesem Zeitpunkt die kommerzielle Erstverwertung noch nicht abgeschlossen, doch ergibt sich aus der von der Klägerin vorgelegten Übersicht über die Preisentwicklung (Anlage K 9, GA 97), wonach der Preis bei Erstveröffentlichung Ende 2012 von ursprünglich knapp 25,00 EUR auf etwa 10,00 EUR im Dezember 2014 gesunken ist, dass die Attraktivität des Spiels bereits nachgelassen hatte. Vor diesem Hintergrund und im Hinblick auf den Umstand, dass dem Beklagten lediglich eine fahrlässige Verletzung seiner Prüf- und Überwachungspflichten vorzuwerfen ist, ist lediglich eine moderate Erhöhung des Wertes wegen der erneuten Urheberrechtsverletzung vorzunehmen. Entgegen der Auffassung des Landgerichts kann nicht davon ausgegangen werden, dass mit der streitgegenständlichen Abmahnung erstmals ein Verstoß gegen die Prüfungsobliegenheiten des Beklagten gerügt wurde. Die Rechtsanwälte des Beklagten haben bereits im Rahmen ihrer Erwiderung auf die erste Abmahnung aus dem Jahr 2013 gerade auch im Hinblick auf die potentielle Störerhaftung ein Vergleichsangebot unterbreitet (Anlage K6, Anlagenband) und letztlich die Unterwerfungserklärung abgegeben (Anlage K7 R, Anlagenband). Vor diesem Hintergrund ist eine Indizwirkung der wiederholten Verletzung des Rechts der Klägerin für eine höhere Wahrscheinlichkeit einer Gefährdung des Urheberrechts durch weitere Beeinträchtigungen nicht auszuschließen, was zu einer Erhöhung des Gegenstandswertes führt.

Unter Berücksichtigung aller vorstehenden Aspekte ist der von der Klägerin angesetzte Streitwert von 65.000,00 EUR gleichwohl übersetzt. Ausgehend von dem vom Bundesgerichtshof vorgegebenen Orientierungspunkt von einem Wert von 15.000,00 EUR ist vorliegend ein Wertfestsetzung auf 25.000,00 EUR ausreichend, um das Interesse der Klägerin abzubilden. Dieser Betrag ist um die geltend gemachte Vertragsstrafe in Höhe von 10.000,00 EUR zu erhöhen. Entgegen der Auffassung des Beklagten in der Berufungserwiderung ist die Vertragsstrafe bei der Bemessung des Gegenstandswerts zu berücksichtigen, wenn diese Gegenstand des Abmahnschreibens war. Unstreitig hat die Klägerin die Abmahnung mit der Geltendmachung der Vertragsstrafe kombiniert, sodass es zur Addition des Werts der Streitgegenstände kommt. Ausweislich der Erörterung in der mündlichen Verhandlung sollte sich der Antrag auch nicht lediglich auf die Freihaltung von den Abmahnkosten i.e.S. beschränken, sondern sämtliche Kosten des wegen des Urheberrechtsverstoßes vom 4. Dezember 2014 veranlassten Schreibens umfassen.

Ausgehend von der vom Landgericht zu Recht angesetzten 1,3 Geschäftsgebühr nach §§ 2 Abs. 2, 13 RVG in Verbindung mit Nr. 2300 W RVG, wogegen die Berufung nichts erinnert, ergibt sich unter Hinzurechnung der Post- und Telekommunikationspauschale gemäß Nr. 7002 W RVG in Höhe von 20,00 EUR ein Gebührenanspruch gegen die Klägerin in Höhe von 1.239,40 EUR, von dem sie freizuhalten ist.


b.

Der Freistellungsanspruch ist nicht zu verzinsen. Zwar kann der Befreiungsschuldner nach den Regeln des Schuldnerverzuges zum Ersatz eines Verzögerungsschadens verpflichtet sein, doch ist in Bezug auf die Verzinsung des Befreiungsanspruchs die vorherige Umwandlung desselben in den Zahlungsanspruch unumgänglich (vgl. Staudinger / Bittner (2014), § 257 BGB Rn. 21). Ungeachtet der Frage, ob es vorliegend bereits zu der Umwandlung des Anspruchs gekommen sein könnte, ist ein zu verzinsender Zahlungsanspruch nicht streitgegenständlich. Dass sich die Klägerin gegenüber ihren Prozessbevollmächtigten in Verzug befindet, so dass eine Freihaltung von dieser Zinsforderung beansprucht werden könnte, ist nicht dargetan.


2.

Die vom Landgericht festgesetzte Vertragsstrafe von 3.000,00 EUR ist unangemessen niedrig. Zu Recht weist die Klägerin darauf hin, dass eine Vertragsstrafe den doppelten Zweck hat, die Erfüllung der Hauptverbindlichkeit als Druckmittel zu sichern und dem Gläubiger den Schadensbeweis zu ersparen (BGH, Urteil vom 23. Juni 1988 - VII ZR 117/87, BGHZ 105, 24, 27 [juris Rn. 22]).

Dem zu Grunde zu legenden Vortrag der Klägerin lässt sich nicht nehmen, zu wie vielen Rechtsverletzungen es infolge der Einstellung des Computerspiels auf der Filesharing Plattform tatsächlich gekommen ist. Zwar legt die Klägerin mit dem Schriftsatz vom 18. August 2017 (GA 118 f) dar, dass der Anschluss des Beklagten für 2.162 Nachfragende Quelle gewesen sei, doch betreffen die Nachfragen lediglich den Zeitraum vom 15. Dezember 2012 bis zum 20. Juni 2014. Maßgebend ist ausweislich des zugrunde zu legenden unstreitigen Tatbestands des landgerichtlichen Urteils indes lediglich die Feststellung, dass der Sohn des Beklagten das streitgegenständliche Computerspiel am 4. Dezember 2014 der Öffentlichkeit mithilfe des Filesharing-Programms zugänglich machte. Die weitergehenden Ausführungen in dem Schriftsatz vom 18. August 2017 (GA 118 f) sind im Hinblick auf die den Senat bindenden Feststellungen des Landgerichts nicht zu berücksichtigen.

Unter Zugrundelegung eines Marktpreises von 9,99 EUR für das streitgegenständliche Computerprogramm im Dezember 2014 und eines bei der Berechnung des fiktiven Lizenzschadens ausweislich der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vertretbaren Faktors von 400 (BGH, Urteil vom 11. Juni 2015, a.a.O. Rn. 61) ergibt sich ein Schadensatzbetrag von 3.996,00 EUR, der bei der Bemessung der Vertragsstrafe als Anhaltspunkt dient. Dieser Betrag ist zu erhöhen, um die Erfüllung der Hauptverbindlichkeit als Druckmittel zu sichern. Die Bemessung der Vertragsstrafe mit 6.000,00 EUR reicht nach Auffassung des Senats hierzu aus, zumal der Beklagte lediglich als Störer zur Verantwortung gezogen wird.


3.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.



Dr. [Name]
Richter am Oberlandesgericht



Beglaubigt
[Name], JAng
- maschinell erstellt, ohne Unterschrift gültig - (...)




~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

OLG Schleswig, Urteil vom 05.10.2017, Az. 6 U 47/16,
Vorinstanz: LG Flensburg, Urteil vom 26.10.2016, Az. 8 O 108/15,
NIMROD RECHTSANWÄLTE Bockslaff Strahmann GbR,
Berufung NIMROD,
Vertragsstrafe

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Steffen
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AG Traunstein, Az. 319 C 859/16

#11147 Beitrag von Steffen » Freitag 20. Oktober 2017, 00:20

Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Das Amtsgericht Traunstein verurteilt Anschlussinhaber nach Einholung eines Sachverständigengutachtens vollumfänglich (vermeintliche "Wasserloch-Attacke")


00:18 Uhr


Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen. Der Beklagte trug in dem genannten Verfahren vor, er habe die Rechtsverletzung selbst nicht begangen. Er sei einziger Nutzer des ermittelten Internetanschlusses. Als Diplom-Informatiker habe er sein System entsprechend eingerichtet, so dass Rechtsverletzungen über Tauschbörsen nicht über seinen Computer begangen werden könnten. Der von ihm benutzte Router sei jedoch mit einer Sicherheitslücke behaftet gewesen, welche über einen sogenannten "Wasserloch-Attacke" ausgenutzt worden sei.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

Beethovenstraße 12 | 80336 München
Telefon: 089 / 52 05 72 10 | Telefax: 089 / 52 05 72 30
E-Mail: web@waldorf-frommer.de | Web: www.waldorf-frommer.de




Bericht

Link:
https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... faenglich/

Urteil als PDF:
https://news.waldorf-frommer.de/wp-cont ... 859_16.pdf

Autorin:
Rechtsanwältin Sandrine Schwertler



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Das Gericht erhob in der Folge Beweis durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens. Im Rahmen dieses Gutachtens wurde der Vortrag des Beklagten widerlegt. Der Sachverständige kam in seinen Ausführungen zu dem Ergebnis, dass sich die Begehung der vorliegenden Rechtsverletzung mittels der "Wasserloch-Attacke" als sehr unwahrscheinlich darstellt. Nach persönlicher Befragung des Sachverständigen durch die Parteien sowie das Gericht kam das Gericht schließlich zur Überzeugung, dass ein Fremdzugriff vorliegend auszuschließen ist.

Das Gericht verurteilte den Beklagten in der Folge vollumfänglich.

"Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme [...] geht das Gericht davon aus, dass die Einlassung des Beklagten nicht glaubhaft ist.

Der Sachverständige hat zunächst ausgeführt, dass im Februar 2014 eine Sicherheitslücke betreffend die FRITZ!Box Modelle des Herstellers AVM bekannt wurde und diese zu einer sogenannten Wasserlochattacke genutzt werden konnte, d.h. die Zugangsdaten aus einem Router AVM FRITZ!Box 2170 unberechtigt ausgelesen werden konnten und in der Folge durch einen anderen DSL-Anschluss genutzt wurden. [...] Eine andere Möglichkeit des Beschaffens von Zugangsdaten bestehe im illegalen Kauf.

Beide Möglichkeiten hielt der Sachverständige zwar für technisch möglich, jedoch wie er überzeugend ausführte, für sehr unwahrscheinlich.
"

Es sah nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme den Zugriff eines unbekannten Dritten als lediglich theoretisch an. Es war daher weiterhin von der tatsächlichen Vermutung der Verantwortlichkeit des Beklagten auszugehen:

"Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist zur Überzeugung des Gerichts eine bloße theoretische Zugriffsmöglichkeit auf den Internetanschluss des Beklagten im Zusammenhang mit der streitgegenständlichen Urheberrechtsverletzung nachgewiesen.

Das bloße Aufzeigen einer theoretischen Zugriffsmöglichkeit unberechtigter Dritter, wobei das Gericht eben aus den genannten Gründen nicht überzeugt ist, dass tatsächlich ein entsprechender Zugriff erfolgt ist, lässt die tatsächliche Vermutung, dass allein der Beklagte als Anschlussinhaber die rechtliche und tatsächliche Verfügungsgewalt über seinen Internetanschluss innehatte, nicht entfallen, insbesondere nicht vor dem Hintergrund, dass der Beklagte darauf verzichtet hatte, Protokolle seiner Nachforschung in seiner Recherche im angeblich installierten Fortinet-Firewall anzulegen, um so das angeblich negative Ergebnis zu belegen. Dass er dies nicht für erforderlich gehalten hatte, ist angesichts dessen, dass ihm bereits in anderer Sache ebenfalls eine Urheberrechtsverletzung vorgeworfen wurde, nicht glaubhaft.
"

Im Übrigen sah das Gericht die Höhe des geltend gemachten Schadensersatzes sowie der Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung als angemessen an und verurteilte den Beklagten daher vollumfänglich zur Zahlung sowie zur Übernahme der gesamten Verfahrenskosten einschließlich der Kosten des eingeholten Sachverständigengutachtens.






AG Traunstein, Urteil vom 11.09.2017, Az. 319 C 859/16



(...) - Beglaubigte Abschrift -


Amtsgericht Traunstein

Az.: 319 C 859/16




IM NAMEN DES VOLKES



In dem Rechtsstreit


[Name],
- Klägerin -

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldorf Frommer, Beethovenstraße 12, 80336 München,



gegen


[Name], 83022 Rosenheim,
- Beklagter -

Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt [Name], 20259 Hamburg,



wegen Forderung




erlässt das Amtsgericht Traunstein durch den Richter am Amtsgericht [Name] am 11.09.2017 aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11.09.2017 folgendes


Endurteil


1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 600,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 23.10.2015 zu bezahlen, sowie
2. 506,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 23.10.2015.
3. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.





Tatbestand

Die Klägerin macht Schadensersatzansprüche wegen Urheberrechtsverletzung geltend.

Die Klägerin wertet zahlreiche nationale und internationale Bild- / Tonaufnahmen in Deutschland exclusiv aus, darunter das Repertoire [Name] (Film). Die Auswertung erfolgt im Kino, auf DVD, Blu-ray und über kostenpflichtige Download- und Streamingportale im Internet, wobei die Klägerin über die ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrechte verfügt (Anlage K 1, Blatt 33 d.A.).

Über den Internetanschluss des Beklagten, dem keinerlei Verwertungsrechte eingeräumt und auch keine Erlaubnis zur Verwertung in Tauschbörsen erteilt worden war, wurden Rechtsverletzungen am streitgegenständlichen Film begangen, ermittelt durch das Peer-to-Peer Forensic Systems (PFS) am [Datum] zwischen [Uhrzeit] und [Uhrzeit] Uhr, wie am [Datum] zwischen [Uhrzeit] Uhr und [Uhrzeit] Uhr (Blatt 18) und Zuordnung der IP-Adresse an den Beklagten nach Auskunft durch das Landgericht Köln, Aktenzeichen 231 0 89/13 (Anlagen K 2 und K 3, Blatt 36 ff d.A.).

Außergerichtlich hat der Beklagte eine Unterlassungserklärung abgegeben.

Die Klägerin ist der Rechtsauffassung, die Verantwortlichkeit des Beklagten für die Rechtsverletzung sei zu vermuten. Die Verletzungshandlung bestehe darin, dass der Beklagte über seinen Internetanschluss den Film im Wege des BitTorrent zum Download angeboten hat. Wenngleich der Beklagte den Internetanschluss alleine nutzte und der Router mit einem individualisierten Passwort geschützt war, sei die Rechtsverletzung jedenfalls fahrlässig begangen, insbesondere genüge der Vortrag des Beklagten nicht seiner sekundären Darlegungslast.

Der Klägerin sei, ausgehend davon, dass für einen aktuellen Spielfilm die Lizenz nicht weniger als 5,88 EUR betrage, Schaden in Höhe eines Pauschalbetrages von 600,00 EUR entstanden und ausgehend vom Gegenstandsstreitwert von 10.000,00 EUR im Zusammenhang mit der anwaltschaftlichen Abmahnung, Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 506,00 EUR.



Die Klägerin beantragt:
1. Die Beklagtenseite wird verurteilt, an die Klägerseite einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 600,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 23.10.2015 zu bezahlen.
2. 506,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 23.10.2015 zu bezahlen.



Der Beklagte beantragt,
Klageabweisung.

Er behauptet,
er habe zu den ermittelten Zeiten weder den Film herunter geladen noch verbreitet, dies auch nicht zu einem anderen Zeitpunkt.

Er sei von Beruf Diplom Informatiker, der auch im privaten Bereich Schutzsysteme mit Nutzwerküberwachung nutzt, womit auch Tauschbörsensoftware nicht genutzt werden könne. Nach einer parallel erhaltenen Abmahnung habe er erfolglos Datenströme / Traffic durchsucht. Vielmehr sei die von ihm benutzte FRITZ!Box AVM mit einer Sicherheitslücke behaftet gewesen, die über einen "Wasserloch-Angriff" (Anlage B 2, Blatt 78 d.A.) ausgenutzt worden sei.

Der Beklagte vertritt daher die Rechtsauffassung, er habe nach Erhalt der ersten Abmahnung seinen höheren Sorgfaltspflichten genügt. Im Übrigen sei der geltend gemachte Schaden übersetzt.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Erholung eines schriftlichen Gutachtens durch den Sachverständigen Diplom-Informatiker [Name] Sachverständiger für IT-Forensik und es hat den Sachverständigen im Termin vom 11.09.2017 auch zur Erörterung seines schriftlichen Gutachtens angehört. Zudem wurde im Termin auch der Beklagte informatorisch gehört.


Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf das schriftsätzliche Parteivorbringen, die vorgelegten Urkunden und das erholte Sachverständigengutachten (Blatt 148/159 d.A.) Bezug genommen.




Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nach §§ 97 Abs. 2, 97 a UrhG in voller Höhe begründet.


1.

Anlässlich seiner informatorischen Befragung hat der Beklagte sich dahingehend eingelassen, zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Urheberrechtsverletzung keine Tauschbörse genutzt zu haben, auch sei ihm kein entsprechender externer Zugriff aufgefallen, was hätte der Fall sein müssen, da er als sogenanntes Firewall-System das sogenannte Fortinet-System mit sogenannter Application-Controls und Online-Virenschutz benutzt.

Er gehe vielmehr davon aus, Opfer einer sogenannten "Wasserloch-Attacke" geworden zu sein aufgrund einer seinerzeitigen Sicherheitslücke im Router AVM, wobei die Ermittlungen der ipoque nicht bestritten würden.


2.

Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme, insbesondere Einholung des schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachtens des Sachverständigen Diplom-Informatiker (Univ.) [Name] vom 24.05.2017 und dessen Anhörung im Termin vom 11.09.2017, geht das Gericht davon aus, dass die Einlassung des Beklagten nicht glaubhaft ist:


a)

Der Sachverständige hat zunächst ausgeführt, dass im Februar 2014 eine Sicherheitslücke, betreffend die FRITZ!Box Modelle des Herstellers AVM bekannt wurde und diese zu einer sogenannten Wasserloch-Attacke genutzt werden konnte, d.h. die Zugangsdaten aus einem Router AVM FRITZ!Box 2170 unberechtigt ausgelesen werden konnten und in der Folge durch einen anderen DSL-Anschluss genutzt wurden. Ob der Beklagte tatsächlich einen entsprechenden Router im Einsatz gehabt habe, entzog sich dabei seiner Kenntnis.

Eine andere Möglichkeit des Beschaffens von Zugangsdaten bestehe im illegalen Kauf.

Beide Möglichkeiten hielt der Sachverständige zwar für technisch möglich, jedoch wie er überzeugend ausführte, für sehr unwahrscheinlich:

- Wenn eine BitTorrent-Software im Netzwerk des Beklagten tatsächlich betrieben worden wäre, hätte er dies bei Überprüfung seiner Firewall anhand der Protokolle sehen müssen. Wenn er dies, wie er im Termin gesagt hat, nicht gesehen hat, könnte entweder ein Zugriff an der Firewall vorbei erfolgt sein oder eine solche sei gar nicht vorhanden gewesen oder es läge der unwahrscheinliche Fall einer Fremdnutzung der DSL-Zugangsdaten vor. Im Falle der Fremdnutzung der DSL-Daten hätte es dann aber entweder zu Störungen im System - sofern es Betreiber und Nichtberechtigter parallel nutzen - kommen müssen oder aber zu überhöhten Rechnungen, was aufgefallen wäre,

- die Variante illegaler Kauf von DSL-Daten, um einen BitTorrent Client zu betreiben sei deshalb unwahrscheinlich, da es andere Möglichkeiten ohne Entdeckungsrisiko für eine Urheberrechtsverletzung gebe, die zudem kostengünstiger und schneller seien,

- zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Urheberrechtsverletzung sei die betreffende Sicherheitslücke im Router allenfalls einem kleinen Personenkreis bekannt gewesen. Der Verkauf der entsprechenden Information hätte in illegalen Kreisen einen erheblichen Betrag eingebracht und die bloße Nutzung zu einem Download mittels BitTorrent damit unwahrscheinlich. Vielmehr sei die Lücke dazu genutzt worden, um die Telefoniefunktion zu missbrauchen. Dabei seien über den Telefonanschluss teuere Mehrwert- und Auslandsnummern angewählt worden, um hohe Kosten zu erzeugen.

Die Ausführungen des Sachverständigen [Name] waren schlüssig und von großer Sachkunde getragen.


3.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist zur Überzeugung des Gerichts eine bloße theoretische Zugriffsmöglichkeit auf den Internetanschluss des Beklagten im Zusammenhang mit der streitgegenständlichen Urheberrechtsverletzung nachgewiesen.

Das bloße Aufzeigen einer theoretischen Zugriffsmöglichkeit durch unberechtigte Dritte, wobei das Gericht eben aus den genannten Gründen nicht überzeugt ist, dass tatsächlich ein entsprechender Zugriff erfolgt ist, lässt die tatsächliche Vermutung, dass allein der Beklagte als Anschlussinhaber die rechtliche und tatsächliche Verfügungsgewalt über seinen Internetanschluss innehatte, nicht entfallen konnte, insbesondere nicht vor dem Hintergrund, dass der Beklagte darauf verzichtet hat, Protokolle seiner Nachforschung in seiner Recherche im angeblich installierten Fortinet-Firewall anzulegen, um so das angeblich negative Ergebnis zu belegen. Dass er dies nicht für erforderlich gehalten hatte, ist angesichts dessen, dass ihm bereits in anderer Sache ebenfalls eine Urheberrechtsverletzung vorgeworfen wurde, nicht glaubhaft.


4.

Entsprechend den Grundsätzen der Lizenzanalogie, ausgehend von einer Lizenz für einen aktuellen Spielfilm von nicht weniger als 5,88 EUR schätzt das Gericht den entstandenen Schaden nach § 287 ZPO auf nicht weniger als die geltend gemachten 600,00 EUR.


5.

Die Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung nach §§ 97 Abs. 2, 97a UrhG zählen zum erstattungsfähigen Schaden, wobei insoweit die Zugrundelegung eines Gegenstandswertes von 10.000,00 EUR nicht zu beanstanden ist.


6.

Kostenentscheidung: § 91 ZPO.


7.

Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit: § 709 ZPO.




Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen die Entscheidung kann das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600,00 EUR übersteigt oder das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

Die Berufung ist binnen einer Notfrist von einem Monat bei dem

Landgericht München I
Prielmayerstraße 7
80335 München


einzulegen.

Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung der Entscheidung.

Die Berufung muss mit Schriftsatz durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt eingelegt werden. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt werde.

Die Berufung muss binnen zwei Monaten mit Anwaltsschriftsatz begründet werden. Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.



gez.
[Name]
Richter am Amtsgericht



Für die Richtigkeit der Abschrift
Traunstein, 13.09.2017
[Name], JAng
Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Durch maschinelle Bearbeitung beglaubigt - ohne Unterschrift gültig (...)






~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



AG Traunstein, Urteil vom 11.09.2017, Az. 319 C 859/16,
Klage Waldorf Frommer,
Rechtsanwältin Sandrine Schwertler,
Wasserloch-Attacke,
Fortinet-Firewall,
Sachverständigengutachten,
theoretischen Zugriffsmöglichkeit durch unberechtigte Dritte,
sekundäre Darlegungslast

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#11148 Beitrag von Steffen » Freitag 20. Oktober 2017, 10:46

Rechtsanwältin Katharina von Leitner-Scharfenberg (Berlin): Das Amtsgericht Charlottenburg weist eine Filesharing Klage der Münchner Kanzlei Waldorf Frommer Rechtsanwälte ab!


10:43 Uhr


Das Amtsgericht Charlottenburg hat mit Urteil vom 25.09.2017 eine Klage der Kanzlei Waldorf Frommer Rechtsanwälte, die diese im Auftrag der Constantin Film Verleih GmbH erhoben hatte, abgewiesen (Az. 213 C 90/17).



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Hämmerling von Leitner-Scharfenberg
Rechtsanwälte in Partnerschaft

Hohenzollerndamm 196 | 10717 Berlin
+49(0)30 206 494 05 | +49(0)30 206 494 06
berlin@hvls-partner.de | http://www.shrecht.de/




Bericht auf Anwalt24.de:

Wolters Kluwer Deutschland GmbH
Sitz der Gesellschaft
Luxemburger Straße 449
50939 Köln


Link:
https://www.anwalt24.de/fachartikel/abmahnung/51314



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Dabei hat das Gericht entschieden, dass es für eine Verteidigung wegen der Vorwürfe genügt, wenn der Internetanschlussinhaber vorträgt, dass weitere Familienmitglieder den Internetanschluss nutzen.

Damit sei die Vermutung der Täterschaft des Anschlussinhabers bereits erschüttert.

Insbesondere seien dem Anschlussinhaber weitere Nachforschungspflichten in familiären Konstellationen nicht zumutbar. Dies ergäbe sich aus dem grundrechtlichen Schutz des familiären Verhältnisses.

In dem Fall hatten auf den Internetanschluss zum Tatzeitpunkt der Ehegatte der Beklagten sowie deren Sohn Zugriff auf den Internetanschluss der Beklagten.

Mit der Klage hatte die Kanzlei Waldorf Frommer für ihre Mandantin, die Constantin Film GmbH, insgesamt 1.106,00 EUR an Schadensersatz und vorgerichtliche Anwaltskosten geltend gemacht.

In dem Verfahren vor dem Amtsgericht Charlottenburg hat die Kanzlei Waldorf Frommer behauptet, die von uns vertretene Anschlussinhaberin habe den Film "Das Haus der Krokodile" über eine Tauschbörse in das Internet hochgeladen. Die Beklagte bestritt sodann, dass sie den Film in der Tauschbörse hochgeladen hatte.

Grundsätzlich besteht die Vermutung, dass der Internetanschlussinhaber auch verantwortlich ist für die Urheberrechtsverletzung.

Dieser hat jedoch die Möglichkeit, im Rahmen der sogenannten sekundären Darlegungslast Umstände vorzutragen, die diese Vermutung erschüttern.



Was muss der Anschlussinhaber zur Verteidigung vorbringen?

Die bisher nicht abschließend geklärte Frage ist allerdings, wie weit diese Darlegungslast reicht, was also der Beklagte alles vorgetragen muss, um die Vermutung zu erschüttern.

Das Amtsgericht Charlottenburg führt in seiner Urteilsbegründung hierzu folgendes aus:

"Jedoch trifft in diesen Fällen den Anschlussinhaber eine sekundäre Darlegungslast, der er nur genügt, wenn er vorträgt, ob und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter in Betracht kommen; in diesem Umfang ist die beklagte Partei im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse sie dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat. Diesen Anforderungen wird allerdings - zumindest grundsätzlich - die pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt des Anschlussinhabers lebenden Dritten auf den Internetanschluss nicht gerecht (BGH, Urt. v. 06.10.2016 - I ZR 154/15; BGH, Urt. v. 12.05.2016 - I ZR 48/15; BGH, Urt. v. 11.06.2015 - I ZR 75/14 - OLG München, Urt. v. 14.01.2016 - Az. 29 U 2593/15). Umgekehrt gilt, dass die Annahme der täterschaftlichen Haftung des Anschlussinhabers erst in Betracht kommt, wenn der Anschlussinhaber der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast hinsichtlich der Nutzung des Anschlusses durch Dritte nicht genügt, da keine generelle Vermutung im Sinne eines Anscheinsbeweises eingreift, dass der Anschlussinhaber Täter einer Urheberrechtsverletzung ist, die von seinem Anschluss aus begangen worden ist und die er widerlegen oder erschüttern müsste, nur weil er der Inhaber des Anschlusses ist (BGH Urt. v. 06.10.2016 - I ZR 154/15)."

Die Beklagte ist in dem Verfahren nach Ansicht des Amtsgericht Charlottenburg ihrer sekundären Darlegungslast in vollem Umfang nachgekommen. Sie hat dargelegt, dass sowohl ihr Ehemann als auch der Sohn zu diesem Zeitpunkt Zugang zum Internetanschluss hatten und diesen selbstständig genutzt haben. Dass die Beklagte diese befragt hat und daraufhin diese Personen angaben, mit dem streitgegenständlichen Sachverhalt nichts anfangen zu können, rechtfertigt keine andere Bewertung. Denn trotz dieser Angabe bleiben diese Personen mögliche Täter der Urheberrechtsverletzung und ist die Vermutungswirkung mit diesem Vortrag entkräftet.

Weiterer Vortrag ist der Beklagten nicht zuzumuten. Denn aufgrund der familiären Stellung der weiteren Internetnutzer zu der Beklagten wirkt zu ihren Gunsten der grundrechtliche Schutz der Familie (Art. 7 EU Grundrechtecharta und Art. 6 Abs. 1 GG). Dieser verbietet aber die Annahme weitergehender Nachforschungs- und Mitteilungspflichten. Insbesondere ist dem Inhaber eines privaten Internetanschlusses nicht zumutbar, die Internetnutzung seiner Familienmitglieder zu dokumentieren.

Zudem ist es dem Anschlussinhaber nicht zuzumuten, die Untersuchung des Computers des Familienmitgliedes im Hinblick auf die Existenz von Filesharing-Software abzuverlangen.

Denn die sekundäre Darlegungslast der beklagten Partei führt weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, den Anspruchsteller für alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen (BGH, Urt. v. 06.10.2016 - I ZR 154/15).



Führt die Vernehmung der Familienmitglieder zur Verurteilung des Anschlussinhabers, wenn diese ebenfalls abstreiten?

Das Amtsgericht Charlottenburg führt hierzu aus, dass eine auf die Behauptung der Klägerin, die Familienmitglieder hätten die Rechtsverletzung nicht begangen, gerichtete Beweisaufnahme nichts daran ändert, dass dann noch immer nicht der Beweis der Täterschaft gerade der Beklagten erbracht wäre. Das Gericht hat die Beklagte als Partei angehört, die glaubhaft dargelegt hat, dass sie als Täterin ausscheidet. Selbst wenn die benannten Zeugen vernommen werden und angeben würden, selbst nicht Täter zu sein, wäre dann noch nicht der Beweis der Täterschaft der Beklagten geführt.



Wie sollte ich bei Erhalt einer Abmahnung von Waldorf Frommer reagieren?

Grundsätzlich gilt, dass Sie zunächst Ruhe bewahren und nichts bezahlen und auch nichts unterschreiben sollten. Weiterhin sollten Sie selber keinen Kontakt zu Waldorf Frommer aufnehmen. Eine einmal unbedarfte getätigte Äußerung wird unter Umständen vermerkt und kann später nur schwer korrigiert werden. Beauftragen Sie uns daher mit Ihrer Verteidigung. Rufen Sie uns hierzu an. Wir geben Ihnen eine kostenlose Ersteinschätzung zu Ihrem Fall und klären Sie über die Kosten unserer Beauftragung auf.

Die Kanzlei Hämmerling von Leitner-Scharfenberg steht Ihnen dazu bundesweit zur Verfügung und ist Ihr zuverlässiger und kompetenter Partner bei allen Fragen zum Urheberrecht und insbesondere im Bereich des Filesharings. Rufen Sie uns ganz einfach an oder senden Sie uns eine Nachricht per E-Mail an

berlin@hvls-partner.de





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AG Charlottenburg, Urteil vom 25.09.2017, Az. 213 C 90/17,
Klage Waldorf Frommer,
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#11149 Beitrag von Steffen » Samstag 21. Oktober 2017, 00:10

Wilde, Beuger, Solmecke Rechtsanwälte (Köln): Filesharing Sieg in einer Waldorf Frommer Klage - Keine Haftung, wenn Angehörige mit nur "begrenzten PC-Kenntnissen" Zugriff hatten


00:10 Uhr


In einem von unserer Kanzlei geführten Filesharing-Verfahren hat das Amtsgericht Braunschweig klargestellt (Urt. v. 29.09.2017, Az. 119 C 93/17), dass Rechteinhaber an die Verteidigung des abgemahnten Anschlussinhabers keine zu strengen Anforderungen stellen dürfen. Es reicht weiterhin, darzulegen, dass eine nahe Angehörige Zugriff auf den gemeinsam genutzten PC hatte - auch, wenn es aufgrund ihrer begrenzten PC-Kenntnisse unwahrscheinlich sei, dass sie das Filesharing begangen habe.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Bild

Rechtsanwalt Christian Solmecke, LL. M.



WILDE BEUGER SOLMECKE Rechtsanwälte GbR

Kaiser-Wilhelm-Ring 27-29 | 50672 Köln
Tel.: 0221 / 951 563 0 | Fax: 0221 / 400 675 52
E-Mail: info@wbs-law.de | Web: www.wbs-law.de




Bericht

Link:
https://www.wbs-law.de/abmahnung-filesh ... sen-75416/

Urteil als PDF:
https://www.wbs-law.de/wp-content/uploa ... -93-17.pdf



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Waldorf Frommer hatte im Auftrag der Tele München Fernseh GmbH + Co. Produktionsgesellschaft einen Ehemann abgemahnt. Die abmahnende Kanzlei warf ihm vor, dass er über seinen Anschluss den Film "Rad Down" illegal verbreitet haben soll. Es wurden ein Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 600,00 EUR sowie Ersatz der Abmahnkosten in Höhe von 506,00 EUR geltend gemacht.

Doch damit fand sich der Ehemann nicht ab. Er weigerte sich, zu zahlen und berief sich darauf, dass er die vorgeworfene Urheberrechtsverletzung nicht begangen habe. In dem vermeintlichen Tatzeitraum sei er auf seiner Arbeitsstelle gewesen. Seine Ehefrau sei zu dieser Zeit alleine zu Hause gewesen.

Damit wollte sich Waldorf Frommer wiederum nicht zufrieden geben. Die Kanzlei verwies darauf, dass die Ehefrau nach dem Vortrag des Mannes nur über sehr begrenzte PC-Kenntnisse verfüge. Des Weiteren habe sie den Rechner nur für Recherchen und E-Mails genutzt. Dies reiche nicht aus, um den Vorwurf des Filesharings durch den abgemahnten Anschlussinhaber infrage zu stellen. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass die Ehefrau die Begehung von illegalem Filesharing geleugnet habe.



AG Braunschweig verneint Haftung des Anschlussinhabers

Das Amtsgericht (AG) Braunschweig jedoch konnte Waldorf Frommer nicht überzeugen. Das Gericht entschied, dass der Anschlussinhaber nicht im Wege der Täterhaftung nach § 97 Abs. 2 Satz 1 Urheberrechtsgesetz (UrhG) zum Schadensersatz herangezogen werden könne.

Er habe durch seine Ausführungen hinreichend seiner sekundären Darlegungslast genügt. Dies ergibt sich daraus, dass seine Frau Zugriff auf seinen Anschluss gehabt hat. Obwohl es aufgrund ihrer eingeschränkten PC Kenntnisse sowie ihrer üblichen Nutzungsweise des Rechners wenig wahrscheinlich sei, dass sie illegales Filesharing begangen habe, sei ihre Täterschaft dadurch nicht zwingend ausgeschlossen.

Infolgedessen müsse Waldorf Frommer nachweisen, dass der abgemahnte Anschlussinhaber die zur Last gelegte Urheberrechtsverletzung selbst begangen hat. Dies sei hier jedoch nicht der Fall gewesen.

Eine Haftung für die Abmahnkosten im Wege der Störerhaftung scheide aus, weil der Anschlussinhaber seinen WLAN-Anschluss hinreichend verschlüsselt hatte. Darüber hinaus bestehe gegenüber volljährigen Angehörigen normalerweise weder eine Belehrungspflicht noch eine Verpflichtung zur Überwachung.



Zugriffsmöglichkeit von Angehörigen reicht zur Entlastung

Diese Entscheidung des Amtsgericht Braunschweig erstaunt uns wenig. Denn der Bundesgerichtshof (BGH) hatte bereits im Rahmen der Afterlife Entscheidung festgestellt, dass der potenzielle Zugriff durch den Angehörigen auf den Anschluss ausreicht (BGH, 06.10.2016, I ZR 154/15). Diese Auffassung hat der BGH kurz darauf noch einmal bestätigt (Urt. v. 27.07.2017, I ZR 68/16).

Auch die Tatsache, dass es eher unwahrscheinlich ist, dass die Frau die Tat selbst begangen habe, war hier richtigerweise im Einklang mit der neuesten BGH Rechtsprechung zu nicht zu berücksichtigen (Urt. v. 07.09.2017, I ZR 68/16). Das höchste Zivilgericht hatte in dem Urteil geäußert, dass Frauen auch dann Täterinnen sein können, wenn es sich bei dem abgemahnten urheberrechtlichen Werk um ein Ego-Shooter-Spiel handele, welches überwiegend von männlichen Spielern gespielt wird. Anhand des abgemahnten Inhaltes könne nicht auf eine Tätergruppe geschlossen werden. Der BGH damit trotz der Tatsache, dass die Täterschaft der Ehefrau unwahrscheinlich war, für möglich, dass diese die Rechtsverletzung begangen haben könnte. Nichts anderes kann gelten, wenn die Täterschaft hier aufgrund mangelnder PC-Kenntnisse unwahrscheinlich scheint.

Außerdem darf es sich auch nicht zu Lasten des Anschlussinhabers auswirken, dass die Frau des Beklagten hier die Begehung der Tat geleugnet hat. Denn sie braucht sich nicht selbst an den Pranger zu stellen.



Über weitere gewonnene Filesharing-Verfahren unserer Kanzlei können Sie sich unter folgendem Link informieren:

Siegreiche Filesharing-Verfahren der Kanzlei WBS






AG Braunschweig, Urteil vom 29.09.2017, Az. 119 C 93/17



(...) - Abschrift -



Amtsgericht
Braunschweig




119 C 93/17

Verkündet am 29.09.2017
[Name], Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle



Im Namen des Volkes

Urteil




in dem Rechtsstreit


[Name],
Klägerin

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte WALDORF FROMMER, Beethovenstraße. 12, 80336 München



gegen


[Name],
Beklagter

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte WILDE BEUGER SOLMECKE, Kaiser-Wilhelm-Ring 27-29, 50672 Köln





hat das Amtsgericht Braunschweig auf die mündliche Verhandlung vom 15.09.2017 durch die Richterin am Amtsgericht [Name]

für Recht erkannt:

1. Das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Braunschweig vom 09.06.2017 (Az. 119 C 93/17) bleibt aufrechterhalten.
2. Die Klägerin trägt die weiteren Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Der Streitwert wird auf die Streitwertstufe bis 1.500,00 EUR festgesetzt.





Tatbestand

Die Klägerin verlangt von dem Beklagten Schadensersatz und Abmahnkosten nach behaupteter Urheberrechtsverletzung.

Der Beklagte war im Mai 2013 Inhaber eines mit WPA2 verschlüsselten und passwortgeschützten Internetanschlusses, der sowohl von ihm als auch von seiner Ehefrau vorwiegend für E-Mails und Recherchezwecke genutzt wurde. Die Klägerin wertet zahlreiche nationale und internationale Bild- / Tonaufnahmen in Deutschland exklusiv aus. Die von ihr mit der Erfassung von Urheberrechtsverstößen beauftragte Firma ipoque GmbH stellte fest, dass der Film "[Name]" am 19.05.2013 um 21:05:30 Uhr und 21:06:46 Uhr mittels Filesharing Software im BitTorrent-System zum Download angeboten wurde. Die Ehefrau des Beklagten hatte im Mai 2013 nur begrenzte Computerkenntnisse, nutzte den PC in der Regel nur in Anwesenheit des Beklagten und hat auf dessen Nachfrage die Begehung einer Urheberrechtsverletzung verneint. Der Beklagte hatte vor Mai 2013 auch keinerlei Anhaltspunkte für Urheberrechtsverletzungen, die von seinem Anschluss aus begangen wurden.


Die Klägerin behauptet,
Inhaberin der ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrechte an dem Film "[Name]" zu sein. Dieser sei vom Beklagten über seinen Internetanschluss illegal zum Download angeboten worden. Hinsichtlich der Einzelheiten des Vortrags wird auf die Schriftsätze vom 19.12.2016 und 13.04.2017 (Bl. 10 - 34, 142 - 165 d. A.) verwiesen.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 09.06.2017 ist die Klage der nicht erschienenen Klägerin mittels Versäumnisurteils abgewiesen worden. Gegen das ihr am 16.06.2017 zugestellte Versäumnisurteil hat die Klägerin mit einem am 29.06.2017 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz Einspruch eingelegt.


Sie beantragt nunmehr,
das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Braunschweig vom 09.06.2017 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, an sie Schadensersatz in Höhe von mindestens 600,00 EUR sowie Abmahnkosten in Höhe von 506,00 EUR jeweils zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.01.2016 zu zahlen.



Der Beklagte beantragt,
das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten.

Er behauptet,
er kenne den Film nicht und habe sich zum Tatzeitpunkt auf dem Weg zur Arbeit befunden, während seine Ehefrau sich allein im Haus aufgehalten habe. Hinsichtlich der Einzelheiten des Vortrags wird auf den Schriftsatz vom 16.03.2017 nebst Anlagen (Bl. 103 - 134 d. A.) verwiesen.




Entscheidungsgründe

Der Einspruch der Klägerin gegen das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Braunschweig vom 09.06.2017 ist zulässig, insbesondere form-und fristgerecht. In der Sache hat er jedoch keinen Erfolg, da die Klage zwar zulässig, jedoch unbegründet ist.



I.

Der Klägerin steht gegen den Beklagten kein Schadensersatzanspruch in Höhe von (mindestens) 600,00 EUR aus § 97 Abs. 2 S. 1 UrhG zu, da sie nicht ausreichend dargelegt und unter Beweis gestellt hat, dass der Beklagte für die behauptete Urheberrechtsverletzung verantwortlich ist.

Grundsätzlich trägt der Anspruchsteller die Darlegungs- und Beweislast für die tatsächlichen Voraussetzungen der ihn begünstigenden Rechtsnorm; dies gilt auch in Urheberrechtstreitigkeiten (vgl. BGH I ZR 154/15). Vorliegend hat also die Klägerin (auch) darzulegen und zu beweisen, dass der Beklagte die Urheberrechtsverletzung begangen hat.

Zwar trifft den Inhaber eines Internetanschlusses, von dessen Anschluss eine Urheberrechtsverletzung begangen wurde und der die Tatbegehung verneint, eine sekundäre Darlegungslast hinsichtlich der Umstände, aus denen auf die Täterschaft eines Dritten geschlossen werden kann (BGH I ZR 121/08 - Sommer unseres Lebens), dieser Darlegungslast hat der Beklagte jedoch Genüge getan. Der Darlegungslast wird gerecht, wer nachvollziehbar vorträgt, welche Personen mit Rücksicht auf Nutzerverhalten, Kenntnis und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht Gelegenheit hatten, die fragliche Verletzungshandlung ohne Wissen und Zutun des Anschlussinhabers zu begehen (BGH I ZR 48/15 - Everytime we touch).

Der Beklagte hat vorgetragen, seinen Internetanschluss bewusst auch seiner Ehefrau zur Nutzung überlassen zu haben, die sich zum Verletzungszeitpunkt auch zuhause aufgehalten habe. Damit hatte die Ehefrau des Beklagten nach seinem Vortrag zur konkreten Tatzeit Zugang zum Internetanschluss. Sie kommt auch in Bezug auf Nutzerverhalten, Kenntnisse und Fähigkeiten als Verletzerin in Betracht. Der Vortrag des Beklagten, dass sie den PC in der Regel nur in seiner Gegenwart nutze, über sehr begrenzte PC-Kenntnisse verfüge und der Computer üblicherweise für E-Mails und Recherche-Zwecke verwendet werde, lassen ihre Täterschaft zwar wenig wahrscheinlich erscheinen, schließen diese jedoch nicht aus. Indem der Beklagte bei seiner Ehefrau Nachfrage gehalten hat und der Klägerin über das Ergebnis berichtet hat, hat er auch seiner begrenzten Nachforschungspflicht (vgl. dazu i.E. LG Braunschweig Az. 9 S 173/15) Genüge getan.

Aus der sekundären Darlegungslast folgt keine Umkehr der Darlegungs- und Beweislast (s.o. BGH I ZR 154/15). Der Anschlussinhaber hat also insbesondere nicht aufzuklären, wer tatsächlich Täter der Rechtsverletzung ist; diese Last trifft den Anspruchsteller sowie der Anschlussinhaber seiner sekundären Darlegungslast genügt hat (BGH I ZR 75/14 Tauschbörse III). Es wäre daher Sache der Klägerin als Anspruchstellerin gewesen, die für eine Täterschaft des Beklagten sprechenden Umstände darzulegen und zu beweisen. Daran mangelt es hier. Insbesondere fehlt jegliches Beweisangebot dafür, dass die Ehefrau des Klägers zur Tatzeit nicht allein Zugang zum Internetanschluss des Beklagten hatte.



II.

Der Klägerin steht gegen den Beklagten auch kein Anspruch auf Zahlung von Abmahnkosten in Höhe von 506,00 EUR gem. § 97a Abs. 1 UrhG a. F. zu, da den Beklagten keinerlei Störerhaftung trifft.

Als Störer kann bei der Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Rechtsverletzung beigetragen hat. Den Inhaber eines Internetanschlusses trifft dabei die Pflicht, seinen Internetanschluss durch angemessene Sicherungsmaßnahmen hinreichend zu schützen, damit dieser nicht für Urheberrechtsverletzungen missbraucht werden kann (vgl. BGH I ZR 121/08).

Diesen Anforderungen ist der Beklagte gerecht geworden. Sein WLAN-Anschluss war WPA2 verschlüsselt und passwortgeschützt. Anlasslose Überwachungs- und Belehrungspflichten gegenüber seiner Ehefrau bestanden nicht (vgl. dazu i.E. BGH I ZR 86/15 - Silver Linings Playbook). Der Beklagte ist damit kein Störer.

Mangels Hauptanspruchs scheitern auch jegliche Nebenansprüche.

Der nicht nachgelassene Schriftsatz des Beklagten vom 26.09.2017 bot keinerlei Anlass, erneut in die Verhandlung einzutreten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO,




Rechtsbehelfsbelehrung

Dieses Urteil kann mit der Berufung angefochten werden. Sie ist einzulegen innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem

Landgericht Braunschweig,
Münzstraße 17,
38100 Braunschweig.


Die Frist beginnt mit der Zustellung der in vollständiger Form abgefassten Entscheidung. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Beschwerdegegenstand 600,00 EUR übersteigt oder das Gericht die Berufung in diesem Urteil zugelassen hat. Zur Einlegung der Berufung ist berechtigt, wer durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Die Berufung wird durch Einreichung einer Berufungsschrift eingelegt. Die Berufung kann nur durch einen Rechtsanwalt eingelegt werden.

Die Streitwertfestsetzung kann mit der Beschwerde angefochten werden. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache rechtskräftig geworden ist oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem

Amtsgericht Braunschweig,
An der Martinikirche 8,
38100 Braunschweig


eingeht.

Wird der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt, kann die Beschwerde innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung der Festsetzung bei dem Gericht eingelegt werden,

Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Gericht die Beschwerde zu diesem Beschluss zugelassen hat.

Beschwerdeberechtigt ist, wer durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Die Beschwerde wird durch Einreichung einer Beschwerdeschrift oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle des genannten Gerichts eingelegt. Sie kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichts erklärt werden, wobei es für die Einhaltung der Frist auf den Eingang bei dem genannten Gericht ankommt. Sie ist von dem Beschwerdeführer oder seinem Bevollmächtigten zu unterzeichnen. Die Beschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Soll die Entscheidung nur zum Teil angefochten werden, so ist der Umfang der Anfechtung zu bezeichnen.



[Name]
Richterin am Amtsgericht (...)






~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

AG Braunschweig, Urteil vom 29.09.2017, Az. 119 C 93/17,
Klage Waldorf Frommer,
Rechtsanwalt Christian Solmecke,
WILDE BEUGER SOLMECKE Rechtsanwälte GbR,
Versäumnisurteil,
Versäumnis Kläger,
sekundäre Darlegungslast

Delia
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#11150 Beitrag von Delia » Sonntag 22. Oktober 2017, 17:55

Hallo Steffen,

vorab Danke für dieses Forum und Deine Arbeit!

Ich habe eine Frage zu BGH - Loud -, Rechtsanwalt Knies schreibt in dem von Dir oben verlinkten Bericht:
"Das Ergebnis der hier gefundenen täterschaftlichen Haftung der Eltern ist dogmatisch auch deswegen so befremdlich, weil es ja im Prozess unstreitig war, dass eines der Kinder die Tat begangen hatte. Der Begriff des "Täters" im Urheberrecht ist aber identisch mit dem des Täters im Strafrecht"
Das behauptet auch Rechtsanwalt Müller auf LTO:
"Es ist aber jedenfalls systemwidrig: Der BGH hat ganz offensichtlich übersehen, dass die Anschlussinhaber täterschaftlich in Anspruch genommen worden sind. Es war jedoch unstreitig, dass die Beklagten als Täter gar nicht mehr in Betracht kommen konnten. Eine Verurteilung als Täter hätte also gar nicht erfolgen dürfen, da die Täterschaftsvermutung unmittelbar durchbrochen war."
https://www.lto.de/recht/hintergruende/ ... -kinder/2/

Ich bin kein Rechtsanwalt aber nach Lektüre des zugrunde liegenden Urteil des Landgerichts sehe ich das anders, das war doch streitig?!

In den LTO-Kommentaren zu Müllers Beitrag meint der .rka-Anwalt André Nourbakhsch:
Diese Besprechung des Urteils des Bundesgerichthshofes zum Az.: I ZR 19/16 v. 30.3.17 ist in einem zentralen Punkt FALSCH und peinlich.

Rechtsanwalt Müller schreibt auf S. 2 der Besprechung, es sei zwischen den Parteien unstreitig gewesen, dass eines der Kinder die Rechtsverletzungen begangen hat. Das ist falsch. Hätte Rechtsanwalt Müller - bevor er eine öffentliche Besprechung des BGH-Urteils veröffentlicht, sich die Mühe gemacht das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts München I zu lesen (im Internet im Volltext veröffentlicht), so wäre ihm offenbar geworden, dass die Täterschaft (eines) der Kinder von der Klägerin selbstverständlich bestritten worden war und blieb
Wer hat recht: Rechtsanwalt Knies wird doch hoffentlich die Urteilsgründe seiner eigenen Verfahren kennen?! Alles andere wäre ja befremdlich... ;)

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#11151 Beitrag von Steffen » Sonntag 22. Oktober 2017, 20:35

Hallo @Delia,

man muss doch sehen, dass wir hier keine Anwälte sind und maximal unseren Standpunkt wiedergeben. So sehe ich es auch bei den benannten Anwälten, wobei ich einmal mir sagen lies: "zwei Anwälte - drei Meinungen".

Dann sprechen wir ja über den BGH-Entscheid "Loud". Darüber habe (und hatte) ich eine persönliche Meinung. Die Beklagtenseite hat nach m.E. eine andere Strategie verfolgt, um die dogmatische BGH-Rechtsprechung (Täterschaftsvermutung, sekundäre Darlegungslast) auszuhebeln. Man sagte eben, man bestreitet seine Haftung sowie dass man seiner sekundären Darlegungslast nachkam (Mitnutzer). Dabei wurde der wahre Verursacher bekannt, aber im Rahmen des grundgesetzlichen Schutz der Familie muss man diesen nicht namentlich benennen und haftet somit als AI nicht selbst als Täter. Wenn man jetzt es - überspitzt - darstellen möchte: "Ätsch, ich kenne den wahren Verursacher, nenne ihn aber nicht!"


Landgericht

Kläger
(…) Die Klägerin trägt vor, dass die Beklagten selber - und nicht beispielsweise deren Kinder, zu deren Existenz sich die Klägerin mit Nichtwissen erkläre - die Rechtsverletzung begangen hätten. (…)

Beklagte
(…) Die Kinder seien ebenfalls im Hause gewesen und der illegale Download sei von einem der Kinder der Beklagten verursacht worden. (…)


Natürlich wird der Kläger den Sachverhalt - da er diesen nicht kennen kann - bestreiten. Da sich jetzt die Beklagten dazu genauer erklären müssen, was diese aber nicht taten, da man es unter den grundgesetzlichen Schutz der Familie stellen wollte, um eben nicht selbst als Täter zu haften. Die Mitnutzer (Kinder) verweigerten folgerichtig ihre Aussage.

Die Bundesrichter haben nun die unterschiedlichen Interessen (RI - AI / prozessuale Wahrheitspflicht - Schutz der Familie) abgewägt und einfach (sinngemäß) gesagt: "Wenn ich den wahren Verursacher im Rahmen der Nachforschungspflichten kenne, muss ich diesen dem Abmahner namentlich mitteilen. Ansonsten ist man seiner sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen und die Täterschaftsvermutung geht wieder auf die Beklagten zurück."

Man kann hinterher immer mäkeln und klugscheißen. Wäre diese Strategie aufgegangen, das heißt, der BGH hätte anders entschieden, dann wäre die Beklagtenseite top. Viele haben gesagt, dass der BGH nicht anders entscheiden konnte. "Ätsch, ich kenne den wahren Verursacher, nenne ihn aber nicht!" funktioniert so nicht. Was bleibt? Kennt man im Rahmen der Nachforschung (allgemein) den wahren Verursacher (und sagt es dem Abmahner), muss man diesen namentlich mitteilen. Punkt.



VG Steffen

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#11152 Beitrag von Steffen » Montag 23. Oktober 2017, 19:26

Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Amtsgericht Charlottenburg - Unzureichende Nachforschungen in Tauschbörsenverfahren führen zur Verurteilung des Anschlussinhabers (Lebensgefährtin, Beklagter legte Berufung ein)


19:25 Uhr


Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen. Der Beklagte trug vor, er habe die Rechtsverletzung nicht begangen. Im streitgegenständlichen Zeitraum habe er Besuch von seiner Lebensgefährtin gehabt, welche mittels eigenen Computers sowie auch über seinen Computer Zugang zu seinem Internetanschluss gehabt habe. Ob die Lebensgefährtin die Rechtsverletzung begangen habe, sei dem Beklagten nicht bekannt. Er war der Auffassung, Nachforschungen innerhalb seiner Familie seien ihm nicht zumutbar. Im Übrigen bestritt er auch die Aktivlegitimation der Klägerin, sowie die Richtigkeit der Ermittlungen.



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Bericht

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Urteil als PDF:
https://news.waldorf-frommer.de/wp-cont ... 137_17.pdf

Autorin:
Rechtsanwältin Sandrine Schwertler



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Das Gericht folgte der Auffassung des Beklagten nicht. Es bejahte die Aktivlegitimation der Klägerin.

"Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Sie hat unter Bezugnahme auf die Anlagen [...] ihre Rechteinhaberschaft konkret dargetan. Danach ist sie Inhaberin der Rechte an dem streitbefangenen Film. Ein Bestreiten mit Nichtwissen war damit nicht mehr zulässig. Der Beklagte hätte zumindest konkrete Anhaltspunkte vortragen müssen, die die Richtigkeit der Angaben der Klägerin in Zweifel ziehen. Dergleichen hat der Beklagte weder vorgetragen noch sind diese sonst ersichtlich."

Im Hinblick auf die Haftung des Beklagten war das Gericht der Überzeugung, dass er im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast zu Nachforschungen verpflichtet gewesen wäre. Diesen Nachforschungspflichten war der Beklagte jedoch nicht nachgekommen.

"Vorliegend hatte der Beklagte seinen Internetanschluss bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen, nämlich seiner Lebensgefährtin. Danach kam zumindest auch diese Person als Täterin der Rechtsverletzung in Betracht. In dieser Konstellation ist der Beklagte in begrenztem Umfang zu Nachforschungen verpflichtet, die er vorliegend nicht erfüllt hat. Seine pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs auf den Internetanschluss durch seine Lebensgefährtin genügt hierbei nicht.

Auch wenn es sich bei der möglichen Nutzerin um seine Lebensgefährtin handelt, war der Beklagte zu Nachforschungen verpflichtet. Zumindest hätte er seine Lebensgefährtin danach befragen müssen, ob sie zu den angegebenen Zeiten das Internet genutzt hat und ggf. die Zugangsdaten an Dritte, wie etwa ihr eigenes Kind, weitergereicht hat. Das Ergebnis dieser Befragung wäre der Klägerin mitzuteilen gewesen.
"

Das Amtsgericht Charlottenburg verurteilte den Beklagten daher vollumfänglich zur Zahlung von Schadensersatz, zum Ersatz der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten sowie zur Übernahme der gesamten Kosten des Rechtsstreits.

Der Beklagte hat gegen die Entscheidung das Rechtsmittel der Berufung eingelegt.






AG Charlottenburg, Urteil vom 08.08.2017, Az. 229 C 137/17



(...) - Beglaubigte Abschrift -



Amtsgericht Charlottenburg

Im Namen des Volkes

Urteil




Geschäftsnummer: 229 C 137/17
verkündet am: 08.08.2017
[Name], Justizbeschäftigte


In dem Rechtsstreit


[Name],
Klägerin,

- Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldorf Frommer, Beethovenstraße 12, 80336 München, -



gegen


den Herrn [Name], 10115 Berlin,
Beklagten,

- Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt [Name], 10435 Berlin, -





hat das Amtsgericht Charlottenburg, Zivilprozessabteilung 229, auf die mündliche. Verhandlung vom 07.07.2017 durch die Richterin am Amtsgericht [Name]

für Recht erkannt:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.106,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 21.08.2015 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 120 % des aufgrund des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.





Tatbestand:

Die Parteien streiten über Schadensersatzansprüche wegen einer behaupteten Urheberrechtsverletzung durch Ermöglichung eines Downloads der Bild- / Tonaufnahme [Name] am [Datum].

Die Klägerin beauftragte im streitgegenständlichen Zeitraum die Firma ipoque GmbH mit der Überwachung der Filesharing-Systeme (P2P-Tauschbörsen) bzgl. des streitgegenständlichen Films. Diese nutzte zur Ermittlung von Rechtsverletzungen das sogenannte "Peer-to-Peer Forensic System" (PFS). Wegen der streitgegenständlichen Downloads erwirkte die Klägerin im zivilrechtlichen Gestattungsverfahren gemäß § 101 Abs.2 UrhG den Beschluss des Landgerichts München I zum dortigen Az. 7 0 100/13. Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird auf die in Bezug genommene Anlage K 3, Bl. 39 d.A. und K4 - 1, Bl. 47 f. d.A., Bezug genommen. Mit diesem Beschluss wurde der Provider, Vodafone Kabel Deutschland, zur Auskunft angehalten. Nach der Auskunft des Providers sind die ermittelten IP-Adressen dem Beklagten zuzuordnen, vgl. Anlage K 2, K 3, Bl. 38 - 39 d.A..

Die Klägerin mahnte den Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom [Datum] wegen der aufgrund dieser Ermittlungen behaupteten Urheberrechtsverletzungen an dem streitgegenständliche Film am [Datum] ab, vgl. Anlage K 4 - 3, Bl. 52 f. d.A.. Daraufhin gab der Beklagte ohne Anerkennung einer rechtlichen Verpflichtung eine Unterlassungserklärung ab, vgl. Anlage K 4 - 2 , Bl. 51 d.A. Auf die vorgerichtlichen Zahlungsaufforderungen und Mahnungen zahlte der Beklagte nicht.

Die Klägerin beziffert ihren mit dieser Klage geltend gemachten in Anwendung der sog. Lizenzanalogie berechneten Mindestschaden auf 600,00 EUR, ausgehend von der Annahme, dass die entsprechende Lizenz für einen aktuellen Spielfilm nicht weniger als 5,88 EUR beträgt und je nach Laufzeit, Bekanntheit und Aktualität des Werks sowie der entsprechenden Bildqualität auch deutlich höher liegen kann. Ferner beziffert die Klägerin ihre durch die anwaltliche Abmahnung vom 28.08.2013 entstandenen Kosten unter Zugrundelegung eines Gegenstandswerts in Höhe von 10.000,00 EUR auf 506,00 EUR.
Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird auf die Berechnungen auf Seite 25 - 26 der Klageschrift, Bl. 33 - 34 d.A., Bezug genommen.



Die Klägerin behauptet,
sie sei ausschließliche Rechteinhaberin an dem streitgegenständlichen Film und beruft sich hierzu auf den Hersteller- bzw. Urhebervermerk, der sie ausdrücklich als Rechteinhaberin ausweise. Sie behauptet weiter, der Beklagte habe über seinen Internetanschluss Dritten diesen Film zum illegalen Download angeboten; die Daten seien dann auch übertragen und über das sog. P2P-Netz verteilt worden. Dies habe am [Datum] über die IP-Adresse des Beklagten [IP] stattgefunden. Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird auf das als Anlage K 3 eingereichte sogenannte "Falldatenblatt", Bl. 39 d. A., Bezug genommen.


Die Klägerin beantragt,
die beklagte Partei zu verurteilen, an die Klägerin einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 600,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 21.08.2015 sowie
506,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 21.08.2015 zu zahlen.



Die beklagte Partei beantragt,
die Klage abzuweisen.


Der Beklagte behauptet,
in dem streitbefangenen Zeitraum habe er Besuch von seiner Lebensgefährtin, Frau [Name], gehabt, die Zugang zu seinem WLAN mittels ihres eigenen Rechners und auch Zugang zu seinem Rechner gehabt habe. Seine Lebensgefährtin und ihr Kind wohnten inzwischen bei ihm. Ob seine Lebensgefährtin die streitgegenständliche Datei zum Download angeboten habe, sei ihm nicht bekannt. Er ist weiter der Auffassung, es sei ihm nicht zumutbar innerhalb seiner Familie Nachforschungen nach Rechtsverletzungen durchzuführen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie das Protokoll zur mündlichen Verhandlung am 07.07.2017 Bezug genommen.




Entscheidungsgründe:


I.

Die zulässige Klage ist begründet.


1.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Erstattung eines Schadensersatzes in Gestalt eines Lizenzschadens in Höhe von 600,00 EUR. Der Klageantrag war dahingehend auszulegen, dass die Klägerin diesen Lizenzschaden als Mindestschaden begehrt, vgl. auch die Ausführungen hierzu in der Klageschrift, darin S. 17, Bl. 25 f. d.A., in der die Klägerin explizit auf das Urteil des BGH, in GRUR 1993, 55 - Tchibo / Rolex II Bezug nimmt. Die Klägerin erfüllt danach die Bestimmtheitsanforderungen, die das Gesetz in § 253 ZPO an den Klageantrag stellt, indem sie die nach § 287 ZPO zu schätzende Höhe des begehrten Mindestschadens beziffert.

Der Anspruch auf Erstattung des Lizenzschadens folgt aus §§ 97 Abs.2, 19a UrhG (in der bis zum 08.10.2013 geltenden Fassung).

Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Sie hat unter Bezugnahme auf die Anlagen K 1 und K 5 ihre Rechteinhaberschaft konkret dargetan. Danach ist sie Inhaberin der Rechte an dem streitbefangenen Film. Ein Bestreiten mit Nichtwissen war damit nicht mehr zulässig. Der Beklagte hätte zumindest konkrete Anhaltspunkte vortragen müssen, die die Richtigkeit der Angaben der Klägerin in Zweifel ziehen. Dergleichen hat der Beklagte weder vorgetragen noch sind diese sonst ersichtlich. Mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung des BGH hält es das Gericht für ausreichend, aber auch für erforderlich, dass die Klägerin konkrete Indizien benennt, die als mittelbare Tatsachen die Grundlage für die Annahme der Rechtsinhaberschaft liefern (vgl. BGH, Urteil vom 28.11.2002 - I ZR 168/00, BGHZ 153; 69, 79 f. "P-Vermerk"). Es würde die Durchsetzung des Leistungsschutzrechts unzumutbar erschweren, wenn auf ein bloßes Bestreiten mit Nichtwissen hin für jedes einzelne Werk sämtliche Einzelheiten dargelegt und bewiesen werden müssten (vgl. BGH, Urteil vom 11.06.2015, Az. I ZR 19/14 - Tauschbörse I). Das Gericht verkennt dabei nicht, dass die Prozessordnung ein Bestreiten mit Nichtwissen grundsätzlich für prozessual zulässig erachtet, wenn eigene Erkenntnisse über die bestrittenen Tatsachen nicht vorliegen. Aufgrund des ungehinderten Zugriffs von Informationen im Internet kann vorliegend jedoch davon ausgegangen werden, dass der Beklagte, der nach seinen eigenen Angaben über einen WLAN Anschluss verfügt und damit Zugang zu den im Internet zur Verfügung stehenden Informationen hat, gegenteilige Indizien hätte vortragen können, wenn es diese denn gäbe und der Beklagte entsprechend recherchiert hätte. Mit einem schlichten Bestreiten mit Nichtwissen genügt der Beklagte seinen prozessualen Erklärungspflichten danach in der hier vorliegenden Fallkonstellation nicht.

Das Gericht hat seiner Entscheidung ferner die Annahme zugrunde zu legen, dass die Urheberrechtsverletzung vom Internetanschluss des. Beklagten ausging. Der Beklagte hat nicht dargelegt, welche sonstige IP-Adresse seinem Anschluss zugeordnet gewesen sein sollte. Auch an der Richtigkeit der Ermittlung der IP-Adresse bestehen keine Bedenken. Die Klägerin hat zweifach Verstöße über den IP-Anschluss des Beklagten ermittelt. Danach ist es unwahrscheinlich, dass es mehrfach zu einer fehlerhaften Ermittlung gekommen sein soll (vgl. auch OLG Köln, Beschluss vom 16.05.2012, Az. 6 U 239/11, juris). Der Beklagte hat auch keine konkreten Anhaltspunkte dafür benannt, noch ist es sonst ersichtlich, dass der Anschluss mit der genannten Nutzerkennung nicht derjenige des Beklagten sein soll. Dabei verlangt die Rechtsprechung nicht einen zweifelsfreien Nachweis der vollständigen und fehlerfreien Auskunftserteilung. Nach der gängigen Formel bedarf es für eine den Anforderungen des § 286 Abs.1 ZPO genügenden richterlichen Überzeugung keiner absoluten oder unumstößlichen Gewissheit im Sinne des wissenschaftlichen Nachweises, sondern nur eines für das praktische Leben brauchbaren Grades an Gewissheit, der Zweifeln Einhalt gebietet, ohne sie völlig auszuschließen. Demnach genügt es gerade nicht, wenn der Beklagte auf abstrakte und mathematisch mögliche Fehlerquellen verweist, aber weiterhin keinerlei Anhaltspunkte in den Prozess einführt, die bezogen auf den hier zur Entscheidung vorliegenden Fall Zweifel an der Richtigkeit der Auskunftserteilung begründen. Das weitere Bestreiten des Beklagten der Richtigkeit der Ermittlungen durch die ipoque GmbH und deren verwendetes System PFS ist ebenfalls unbeachtlich, da es sich um pauschales Bestreiten - ohne Bezug zum konkreten Fall - handelt, womit der Beklagte seinen prozessualen Erklärungspflichten nicht genügt.

Der Beklagte ist passivlegitimiert. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH, der sich das erkennende Gericht anschließt, spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass diejenige Person, der eine IP-Adresse zum fraglichen Zeitpunkt zugeordnet worden ist, auch die Rechtsverletzung zu verantworten hat, wenn ein geschütztes Werk der Öffentlichkeit von dieser IP-Adresse aus zugänglich gemacht worden ist (vgl. BGH, Urteil vom 12.05.2016, Az. I ZR 48/15 - Everytime we touch). So liegt der Fall auch hier. Der Beklagte hat diese Vermutung durch seinen Vortrag nicht entkräften können. Mit seiner pauschalen Behauptung, auch seine Lebensgefährtin habe Zugriff auf den Internetanschluss gehabt, ist der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen.

Bei der Inanspruchnahme eines Internet Anschlussinhabers wegen Urheberrechtsverletzungen trägt der Anspruchsteller nach den allgemeinen Grundsätzen die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs auf Schadensersatz erfüllt sind. Er hat darzulegen und im Bestreitensfall nachzuweisen, dass der in Anspruch Genommene für die behauptete Urheberrechtsverletzung als Täter verantwortlich ist (vgl. nur BGH, NJW 2017, 78 und NJW 2013, 1441). Für die Täterschaft des Anschlussinhabers spricht nicht etwa der Beweis des ersten Anscheins (Anscheinsbeweis). Es besteht allerdings zumindest eine tatsächliche Vermutung dahingehend, dass diejenige Person, der die IP-Adresse zugeordnet ist, von welcher die Rechtsverletzungen begangen wurden, auch für die Rechtsverletzungen verantwortlich ist (vgl. nur BGH, NJW 2014, 2360). Der Anschlussinhaber kann diese Vermutung nur entkräften, indem er im Rahmen der ihn treffenden sekundären Darlegungslast Umstände vorträgt, die einen abweichenden Geschehensablauf nahe legen (vgl. hierzu BGH, GRUR 2010, 633). Da es sich bei der Nutzung des Anschlusses um Interne des Anschlussinhabers handelt, von denen der Urheberrechtsberechtigte im Regelfall keine Kenntnis hat, obliegt dem Anschlussinhaber insoweit eine sekundäre Darlegungslast. Vorliegend hatte der Beklagte seinen Internetanschluss bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen, nämlich seiner Lebensgefährtin. Danach kam zumindest auch diese Person als Täterin der Rechtsverletzung in Betracht. In dieser Konstellation ist der Beklagte in begrenztem Umfang zu Nachforschungen verpflichtet, die er vorliegend nicht erfüllt hat.

Seine pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs auf den Internetanschluss durch seine Lebensgefährtin genügt hierbei nicht. Auch wenn es sich bei der möglichen Nutzerin um seine Lebensgefährtin handelt, war der Beklagte zu Nachforschungen verpflichtet. Zumindest hätte er seine Lebensgefährtin danach befragen müssen, ob sie zu den angegebenen Tatzeiten das Internet genutzt hat und ggf. die Zugangsdaten an Dritte, etwa ihr eigenes Kind, weitergereicht hat. Das Ergebnis dieser Befragung wäre der Klägerin mitzuteilen gewesen (vgl. auch BGH, Urteil vom 30.03.2017, I ZR 19/16). Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Grundrechtspositionen der Parteien, da zugunsten des Beklagten hier zwar womöglich der Schutz der Familie gemäß Art. 7 EU-Grundrechtecharta (GRCh) und Art. 6 Abs. GG streitet, hingegen zugunsten der Klägerin das Recht auf geistiges Eigentum nach Art. 17 Abs.2 GRCh und Art. 14 GG sowie auf einen wirksamen Rechtsbehelf nach Art. 57 GRCh zu berücksichtigen ist. Gegenüber der Lebensgefährtin entsteht auch kein Wertungswiderspruch zu §§ 383 ff ZPO. Denn diese könnte sich gerade nicht zugunsten des Beklagten auf ein Zeugnisverweigerungsrecht berufen, da sie gerade nicht zum Kreis der nahen Familienangehörigen gehört.

An einem hinreichenden Entlastungsvortrag des Beklagten fehlt es hier, so dass die tatsächliche Vermutung weiterhin gegen den Beklagten streitet. Erst wenn der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast nachgekommen wäre, wäre es wieder Sache der Klägerin, die für eine Haftung des Beklagten als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen (vgl. BGH, Urt. v. 06. Okt. 2016 - I ZR 154/15, BeckRS 116060; NJW 2014, 2360).

Der Beklagte ist mithin als aktiver Täter. anzusehen.

Der Beklagte handelte schuldhaft. Im Urheberrecht ist dabei ein strenger Maßstab anzulegen. Er handelte zumindest fahrlässig.

Soweit man die Höhe des Schadensersatzanspruchs im Wege der Lizenzanalogie ermittelt, ist die Berechnung der Klägerin und die Geltendmachung eines Mindestschadens nicht zu beanstanden. Angesichts der Tatsache, dass es sich um einen aufwändig produzierten Film handelt, der . zum Zeitpunkt der Verletzungshandlung durchaus noch Aktualität aufwies, erachtet das Gericht mit der Klägerin einen Lizenzschaden von 600,00 EUR als angemessen, aber auch ausreichend, § 287 ZPO. Auch der folgende Ansatz rechtfertigt einen Mindestschaden in erhobener Höhe:

"Für einen Spielfilm ist der geltend gemachte Lizenzschaden von 600,00 EUR nach ständiger Rechtsprechung der Berliner Urheberrechtskammern angemessen, zumal bei einem Upload in Filesharing-Netzwerken mit einer Vervielfachung des Verletzungspotentials bei zahlreichen dort zu erwartenden Vervielfältigungen mittels Upload anderer User zu rechnen ist, was der beklagten Partei zuzurechnen ist (so LG Berlin, Urteil vom 03.11.2015, Az.15 S 5/15; Urteil vom 08.04.2016, Az. 15 S.27/15 und Landgericht Berlin, 09.09.2016, Az. 15 S 50/15)."


2.

Ferner besteht ein Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 506,00 EUR.

Der Anspruch folgt aus § 97 Abs. 2 UrhG (a.F.), d.h. als Teil des Schadensersatzes; ferner aber auch aus § 97a UrhG (a.F.) und den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag.

Aus den vorbezeichneten Gründen haftet der Beklagte der Klägerin als Täter. Die Klägerin durfte sich der Durchsetzung ihres Schadensersatzanspruchs eines Rechtsanwalts bedienen. Auszugehen ist dabei von einem Gegenstandswert von bis zu 10.000,00 EUR bei einer 1,0 Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VVRVG zuzüglich der Pauschale nach Nr. 7002 VVRVG.

Den Gegenstandswert für den Unterlassungsanspruch schätzt das Gericht (nach §§ 53 Abs. 1 Nr. 1 GKG, 3 ZPO) auf 10.000,00 EUR. Ausgangspunkt für die Bemessung des Wertes einer Unterlassungsklage ist das Interesse der Klägerin an der Rechtsdurchsetzung bei einer "ex ante" Betrachtung, wobei dieses Interesse vom Gericht nach freiem Ermessen geschätzt werden muss, § 3 ZPO. Zu berücksichtigen ist im Urheberrecht deshalb, wie und in welchem Umfang das geschützte Recht verletzt wird und inwieweit dadurch das wirtschaftliche Interesse des Urheberrechtsinhabers betroffen ist. Maßgeblich sind dabei der wirtschaftliche Wert des Urheberrechts und der Angriffsfaktor der Rechtsverletzung. Bereits dieser Ansatz macht deutlich, dass diese Bewertungsfaktoren nicht für alle Urheberrechtsverletzungen zu einem mehr oder weniger einheitlichen Streitwert führen. Zu beachten ist nämlich, dass das Interesse des Urhebers an der Unterlassung unterschiedlich geprägt sein kann. Handelt es sich um ein Urheberrecht an einem Werk, das der Urheber vermarktet, zielt sein Unterlassungsanspruch gegen nicht genehmigte Nutzungen im Wesentlichen darauf ab, dieses Lizenzinteresse zu sichern. Bei einer solchen Interessenlage vermag es durchaus sachgerecht erscheinen, für die Streitwertbemessung auf den vorn Urheber aufgezeigten drohenden Lizenzschaden abzustellen (vgl. etwa OLG Braunschweig, GRURPrax 2011, 516). Ein solcher war hier allerdings noch gar nicht bekannt, der Umfang (Art, Anzahl, Dauer der Nutzung etc.) nicht abzusehen. Das wirtschaftliche Interesse der Klägerin, den drohenden Schaden, bemisst das Gericht unter Ansehung der Verletzungsintensität und der weiteren Umstände, wie Aktualität und Bekanntheit etc., auf zumindest 10.000,00 EUR.

Eine 1,0 Gebühr nach Nr. 2300 VVRVG ist nicht zu beanstanden. Diese liegt sogar unterhalb des (gekappten) Mittelwertes von 1,3. Der Beklagte trägt keine Umstände vor, die gegen die Gewährung der unter der Mittelgebühr liegenden "gekappten Mittelgebühr' sprechen würden. Allein der Umstand, dass es sich um Massenverfahren handelt, ist insoweit nicht ausreichend. Darüber hinaus steht dem Rechtsanwalt in einem begrenzten Umfang ein Ermessensspielraum zu. Eine Deckelung nach § 97a Abs. 3 S. 2 UrhG n.F. hat nicht zu erfolgen; maßgeblich kommt es insoweit auf den Zeitpunkt der Abmahnung an, weshalb dahinstehen kann, ob in Fällen wie dem vorliegenden nicht ohnehin die Öffnungsklausel nach § 97a Abs. 3 S. 4 UrhG n.F. anzuwenden ist. Hinzu kommt die Pauschale nach Nr. 7002 VVRVG. Eine Deckelung nach § 97a Abs. 2 UrhG a.F. hat nicht zu erfolgen. Nach Auffassung des Gerichts kann in derartigen Fällen (P2P-Tauschbörse) nicht von einem einfach gelagerten Fall ausgegangen werden.


3.

Die Zinsentscheidung beruht auf §§ 288 Abs.1, 286 Abs.1 S. 1, 280 BGB.



II.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs.1, 708 Nr. 11, 711, 709 S. 2 ZPO.




Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen die Entscheidung können Sie, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder die Berufung vom Gericht, das die Entscheidung getroffen hat, zugelassen worden ist, Berufung einlegen, wenn Sie durch die Entscheidung in Ihren Rechten beeinträchtigt sind.

Im Berufungsverfahren müssen Sie sich von einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt vertreten lassen.

Dies gilt für das Einlegen der Berufung und die Begründung.

Die Berufung muss schriftlich in deutscher Sprache durch Ihre Rechtsanwältin oder Ihren Rechtanwalt beim

Landgericht Berlin
Littenstraße 12-17
10179 Berlin


oder

Landgericht Berlin
Tegeler Weg 17-21
10589 Berlin


oder

Landgericht Berlin,
Turmstraße 91,
10559 Berlin


eingelegt werden.

Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt wird.

Die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift müssen von Ihrer Rechtsanwältin / Ihrem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Die Berufung ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem oben genannten Gericht einzulegen.

Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Verkündung der Entscheidung, wenn die Entscheidung nicht zugestellt werden konnte.

Die Berufungsschrift muss innerhalb der Frist beim Gericht eingegangen sein.
Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, innerhalb von zwei Monaten schriftlich zu begründen.

Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.


[Name]
Richterin am Amtsgericht



Für die Richtigkeit der Abschrift
Berlin, den 09.08.2017
[Name], Justizbeschäftigte




Hinweis zur Sicherheitsleistung

Kann aufgrund der vorliegenden gerichtlichen Entscheidung eine Partei Sicherheit feisten, so ist diese durch die schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts oder durch Hinterlegung zu bewirken. Die Hinterlegung ist bei der Hinterlegungsstelle eines Amtsgerichts - in Berlin nur bei dem

Amtsgericht Tiergarten,
Turmstraße 91,
10559 Berlin
-

auf dem dort erhältlichen Vordruck zu beantragen. Bei Antragstellung ist eine Abschrift der gerichtlichen Entscheidung vorzulegen. Die Vordruckbenutzung ist nicht vorgeschrieben, ist aber wegen der notwendigen Formalien dringend zu empfehlen. Ohne einen Antrag kann nicht wirksam hinterlegt werden.

Anstelle der Hinterlegung kann auch eine andere Form der Sicherheitsleistung in Betracht kommen, wenn dies in der gerichtlichen Entscheidung zugelassen ist oder wenn sich die Parteien hierüber geeinigt haben.

Dient die Sicherheitsleistung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung, kann es zweckmäßig sein, die gegnerische Partei bzw. deren Verfahrensbevollmächtigten über die erfolgte Hinterlegung zu unterrichten.

Bei Geldhinterlegungen ist Bareinzahlung vorteilhaft, da das Einreichen von Schecks das Verfahren wesentlich verzögern kann. (...)






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AG Charlottenburg, Urteil vom 08.08.2017, Az. 229 C 137/17,
Waldorf Frommer Rechtsanwälte,
Rechtsanwältin Sandrine Schwertler
Klage Waldorf Frommer,
Berufung durch den Beklagten,
Lebensgefährtin,
sekundäre Darlegungslast,
Aktivlegitimation,
Bestreiten mit Nichtwissen

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#11153 Beitrag von Steffen » Dienstag 24. Oktober 2017, 20:03

Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Haftung von Erziehungsberechtigten nach § 832 BGB in Filesharing Verfahren - Das Amtsgericht Bremen spricht geschädigter Rechteinhaberin Schadenersatz in Höhe von 2.000,00 EUR zu (Beklagter legte Berufung ein; 3-jährige K.O.-Schlägerin)


19:55 Uhr


Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Musikaufnahmen. Der in diesem Verfahren vor dem Amtsgericht Bremen in Anspruch genommene Beklagte hatte seine eigene Verantwortlichkeit für den illegalen Upload eines Musikwerks bestritten und darauf verwiesen, dass er mit seiner kleinen Tochter gemeinsam am Netbook ein Browsergame gespielt habe. Der Beklagte gab an, ein Netbook mit Linux-Distribution - zu dessen Standardinstallationsumfang eine in den Browser integrierte BitTorrent-Software gehöre - genutzt zu haben.



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WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

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Bericht

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Urteil als PDF:
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Autorin:
Rechtsanwältin Eva-Maria Forster



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Das dreijährige - und nach eigenem Sachvortrag kräftige - Kind habe aus Frust über den Spielverlauf einen Wutanfall erlitten und den Beklagten im Folgenden durch einen Schlag "vorübergehend außer Gefecht" gesetzte. Den Beklagten habe im Anschluss ein Migräneanfall ereilt und er habe erst nach einiger Zeit festgestellt, dass seine Tochter wohl durch Einwirken auf Maus und Tastatur mehrere Browserfenster einer Torrentsuchmaschine geöffnet habe. Sämtliche aktiven Downloads habe er nach Kenntniserlangung sofort beendet. Zudem bestritt der anwaltlich vertretene Beklagte auch die Aktivlegitimation der Klägerin mit Nichtwissen und wandte sich gegen die Höhe der geltend gemachten Forderungen.

Das Gericht hat der Klage der geschädigten Rechteinhaberin in vollem Umfang stattgegeben. Zu der Haftung des Beklagten führt es wie folgt aus: Der Vortrag der Beklagten sei so unwahrscheinlich, dass er bereits nicht geeignet ist, die tatsächliche Vermutung der persönlichen Verantwortlichkeit zu widerlegen und der Vortrag nicht auf der Beweisebene gewürdigt werden muss:

"Vorliegend ist zumindest fraglich, ob der eine etwaige Ursache der von seinem Anschluss begangenen Rechtsverletzung betreffende Vortrag des Beklagten - soweit er streitig bleibt - tatsächlich "ernsthaft" eine mögliche Täterschaft seines dreijährigen Kindes begründen kann oder jedenfalls im Hinblick auf das vom Beklagten geschilderte Randgeschehen (durch Wutanfall der Tochter erfolgtes "Außergefechtsetzen". Defekt des Rechners nur wenige Tage nach dem behaupteten Vorfall) so unplausibel oder unwahrscheinlich ist, dass bereits auf der Darlegungsebene eine Widerlegung der gegen den Beklagten sprechenden Vermutung nicht erfolgt und mithin keine Würdigung des Vortrags auf der Beweisebene zu erfolgen hat."

Sodann stellt das Gericht klar, dass - auch wenn man dem Sachvortrag des Beklagten folgen würde - jedenfalls eine Haftung des Beklagten für sein Kind nach § 832 Abs.1 S.1 BGB anzunehmen wäre. Denn der Beklagte habe seine Aufsichtspflicht verletzt:

"Selbst wenn der Vortrag des Beklagten eine Widerlegung der tatsächlichen Vermutung zur Folge haben sollte, haftet der Beklagte gleichwohl nach § 832 Abs.1 S.1 BGB wegen Verletzung seiner Aufsichtspflichten für die von seinem Anschluss erfolgte Rechtsverletzung [...] Nach den - im Verhandlungstermin vom 04.05.2017 im Rahmen der persönlichen Anhörung des Beklagten weiter vertieften - Angaben des Beklagten hat dieser seine zum maßgeblichen Zeitpunkt erst dreijährige Tochter über einen Zeitraum von mehreren Minuten bei geöffnetem Browserfenster vor einem mit dem Internet verbundenen Computer alleingelassen.

Begründet bereits dieses Verhalten angesichts der allgemein bestehenden Möglichkeit, auch durch unbedachtes bzw. nicht zielgerichtetes Handeln im Internet rechtsverletzende Schritte einzuleiten, in Anbetracht des geringen Alters der Tochter und deren naturgemäß und offenkundig im maßgeblichen Zeitpunkt nicht vorhandenen Kenntnis von der Möglichkeit einer Verletzung der Rechte Dritter eine Aufsichtspflichtverletzung, gilt dies vorliegend erst Recht angesichts des Umstandes, dass der Beklagte wusste, dass seine Tochter aufgrund entsprechender Softwareeinrichtung grundsätzlich durch einfaches "Anklicken" von Magnet-Torrent-Links das Herunterladen von Dateien veranlassen konnte und zudem während eines Zeitraumes von mehreren Minuten durch Betätigung von Tastatur und Maus auf den Computer einwirkte (dabei größtenteils auch unkontrolliert). Vor diesem Hintergrund war von dem Beklagten eine ständige Überwachung seiner Tochter während der Nutzung des Computers zu fordern.
"

Der behauptete Migräneanfall stelle zwar grundsätzlich eine Exkulpationsmöglichkeit dar, jedoch sei der Beklagte zum einen beweisfällig dafür geblieben, dass ein solcher eintrat, zum anderen hätte der Beklagte trotz des Migräneanfalles ja einfach das Notebook zuklappen können, um weitere Rechtsverletzungen zu verhindern.

Zu den Einwänden des Beklagten hinsichtlich der Rechteinhaberschaft der Klägerin führt das Gericht wie folgt aus:

"Auch wenn der Vortrag der Beklagtenseite indes als ausreichendes Bestreiten des Tatsachenvortrags der Klägerin angesehen würde, stünde die Rechteinhaberschaft der Klägerin aufgrund ausreichender Indizien fest. Nach dem unbestritten gebliebenem Vortrag der Klägerin weist die offizielle Datenbank der Musikwirtschaft in ihrem Internetauftritt das Repertoire bzw. den Produktkatalog der Klägerin aus. Unter Beachtung des Gesamtkontextes ist der weitere in der Klagschrift enthaltene Vortrag der Klägerin zudem so zu verstehen, dass auch das hier streitgegenständliche Album Bestandteil dieses unter "musicline. de" gelisteten Produktkatalogs ist.

Diese Behauptung der Klägerin ist ebenfalls unbestritten geblieben. Die Listung der Klägerin für das hier maßgebliche Musikalbum in der vorgenannten Datenbank stellt ein erhebliches Indiz für die Rechteinhaberschaft der Klägerin dar (vgl. zur Indizwirkung BGH, Urt. v.11.06.2015, I ZR 19/14 - "Tauschbörse I"). Konkrete Anhaltspunkte, die gegen die Richtigkeit der Eintragungen In die Datenbank sprechen, hat der Beklagte nicht aufgezeigt. Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob und inwieweit vorliegend auch die Vermutungsregelung des § 10 Abs. 1 UrhG für eine Rechteinhaberschaft der Klägerin spricht.
"

Das Amtsgericht sieht zudem den von der Klägerin geforderten Schadenersatzbetrag von 1.000,00 EUR für einen Film als angemessen an und spricht der Klägerin für das illegale Tauschbörsenangebot eines Musikalbums sogar einen Schadenersatzbetrag in Höhe von 2.000,00 EUR zu:

"Im Rahmen der Schadensschätzung erachtet es das Gericht als sachgerecht, insbesondere verkehrsübliche Entgeltsätze für legale Downloadangebote und Rahmenvereinbarungen der Tonträgerbranche heranzuziehen (vgl. hierzu auch BGH a.a.O.). Insbesondere unter Beachtung dieser Sätze und Vereinbarungen ist für den durchschnittlichen Fall des Angebots von urheberrechtlich geschützten populären Musikaufnahmen in der Rechtsprechung pro angebotenem Titel ein Betrag in Höhe von 0,50 EUR als gewöhnlich zu schätzender Schaden anerkannt (vgl. etwa BGH, a.a.O.; OLG Frankfurt, MMR 2014,687; OLG Köln, MMR 2012,387; mit abweichender Begründung: OLG Hamburg, MMR 2014, 127).

Den inhaltlichen Ausführungen der oben genannten Entscheidungen schließt sich das Gericht - mit Ausnahme der Ausführungen des OLG Hamburg zur nicht bestehenden Berücksichtigungsmöglichkeit der GEMA-Tarife - an. Der vorliegende Einzelfall lässt keine Gesichtspunkte erkennen, die ein Abweichen von diesen zu schätzenden Beträgen bedingt. [...]

Zudem war im Rahmen der Schätzung von zumindest 400 möglichen Zugriffen auf die vom Anschluss des Beklagten angebotenen Musikstücke auszugehen. Diese geschätzte Anzahl ergibt sich unter Berücksichtigung der Popularität der maßgeblichen Musikstücke aus dem Umstand, dass die Dateien über die BitTorrent-Software des Beklagten selbst bei einer nur kurzzeitigen öffentlichen Zugänglichmachung einer unbekannten Vielzahl von Personen zum Download angeboten worden sind (vgl.auch hierzu die zuvor genannten Entscheidungen, die auch bei Verwendung einer browserintegrierten BitTorrent-Software maßgeblich sind). Der vorliegend Einzelfall lässt keine Gesichtspunkte erkennen, die ein Abweichen von der Annahme der vorgenannten und in "gewöhnlichen" Fällen in der Rechtsprechung häufig angenommenen Zugriffszahl bedingen.
"

Der Beklagte wurde daher vollumfänglich bei voller Kostentragungslast verurteilt.

Der Beklagte hat gegen die Entscheidung das Rechtsmittel der Berufung eingelegt.







AG Bremen, Urteil vom 15.06.2017, Az. 10 C 5/17



(...) - Abschrift -



Amtsgericht Bremen



10 C 5/17

Verkündet am 15.06.2017
[Name], Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle



Im Namen des Volkes

Urteil




In dem Rechtsstreit


[Name],
Klägerin

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte Waldorf Frommer Rechtsanwälte, Beethovenstraße. 12, 80336 München,



gegen


[Name], 28325 Bremen,
Beklagter

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte [Name], 50672 Köln,





hat das Amtsgericht Bremen auf die mündliche Verhandlung vom 04.05.2017 durch den Richter am Amtsgericht [Name]

für Recht erkannt:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.000,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 02.08.2016 zu zahlen.
2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 578,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 02.08.2016 zu zahlen.
3. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.





TATBESTAND

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten Zahlungen aus einer behaupteten Urheberrechtsverletzung.

Die Klägerin ist eine Landesgesellschaft der amerikanischen Dachgesellschaft [Name]. Im Produktkatalog von "musicline.de", dem Onlineauftritt der offiziellen Datenbank der Musikwirtschaft, ist der Produktkatalog der Klägerin für jedermann abrufbar. Der Beklagte ist Diplom-Informatiker und Inhaber eines unter seiner Wohnanschrift installierten DSL-Anschlusses, der im Jahr [Jahreszahl] über ein WPA2-verschlüsseltes drahtloses Netzwerk mit dem im Haushalt des Beklagten verwendeten Endgeräten verbunden war. Am [Datum] sind in der Zeit von [Uhrzeit] Uhr bis [Uhrzeit] Uhr über den DSL-Anschluss des Beklagten die Tonaufnahmen des Musikalbums mit der Bezeichnung r des Künstlers [Name] im Wege des sogenannten Filesharing in einem Peer-to-Peer-Netzwerk zum Download angeboten worden. Auf den Hüllen der im Musikhandel erhältlichen physikalischen Träger des maßgeblichen Musikalbums ist im Hersteller- bzw. Urhebervermerk die [Name] als Rechteinhaberin angegeben. Im Haushalt des Beklagten lebten zum vorgenannten Zeitpunkt neben dem Beklagten selbst dessen Ehefrau sowie zwei gemeinsame Töchter der Eheleute, wobei die jüngere Tochter zur damaligen Zeit etwa drei Jahre alt gewesen ist. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass sowohl die Ehefrau, als auch die ältere Tochter des Beklagten das Anbieten der vorgenannten Aufnahmen zum Download nicht veranlasst haben.

Mit Schreiben vom [Datum] der von der Klägerin vorgerichtlich beauftragten Rechtsanwälte, ihrer jetzigen Prozessbevollmächtigten, hat die Klägerin einen von ihr im Hinblick auf den vom DSL-Anschluss des Beklagten angebotenen Download behaupteten Rechteverstoß des Beklagten abgemahnt und den Beklagten zur Unterzeichnung einer Unterlassungserklärung aufgefordert. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf das Schreiben vom (Anlage K 4 - 1, Bl. 39 ff d.A.) verwiesen.


Die Klägerin behauptet,
die [Name] sei Inhaberin sämtlicher ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrechte an den streitgegenständlichen Tonaufnahmen. Die habe mit der Klägerin, wie mit jedem anderen Landesverband der. Dachgesellschaft auch, innerhalb eines Rahmenvertrages eine sogenannte "International Repertoire License" vereinbart. Durch diesen Vertrag seien der Klägerin für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland die Tonträgerrechte nach § 85 UrhG an allen Tonaufnahmen, die die [Name] in ihrem Repertoire habe, exklusiv übertragen worden. Von dieser Rechteübertragung seien daher insbesondere auch die hier streitgegenständlichen Aufnahmen umfasst Die elektronische Verbreitung dieser Aufnahmen an Kunden werde ausschließlich über kostenpflichtige Portale lizensiert. Da, es sich bei dem hier streitgegenständlichen Musikalbum um eine bekannte, aufwändig und kostenintensiv produzierte Tonaufnahme handele, sei der Klägerin durch das Angebot des Albums über den DSL-Anschluss des Beklagten mindestens ein Lizenzschaden in Höhe von 1.000,00 EUR entstanden. Die Klägerin ist der Auffassung, dass der Beklagte sowohl zum Ausgleich dieses Betrages, als auch zur Erstattung der der Klägerin zur Abmahnung des Beklagten entstandenen Rechtsanwaltskosten verpflichtet sei. Da der Gegenstandswert der Abmahnung nach Auffassung der Klägerin zumindest 10.000,00 EUR betrage, würden die erstattungsfähigen Rechtsanwaltskosten 578,00 EUR betragen, zumal die Klägerin keine Honorarvereinbarung mit ihren Rechtsanwälten getroffen habe.


Die Klägerin beantragt,
1. die Beklagtenseite zu verurteilen, an die Klägerseite einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 1.000,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 02.08.2016 sowie
2. 578,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 02.08.2016 zu zahlen.



Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.


Der Beklagte behauptet,
er habe im Jahres ein Netbook mit dem Betriebssystem LXLE 12.04 (Ubuntu Linux 12.04) genutzt, zu dessen Standardinstallation eine BitTorrent-Software gehört habe, die in den genutzten Browsern aktiv integriert gewesen sei und durch eine (Klick-Funktionalität mittels Magnetklick habe. geöffnet werden können. Der Beklagte hat schriftsätzlich vortragen lassen, er habe etwa eine halbe Stunde vor der hier maßgeblichen Zeit mit seiner jüngeren Tochter, die ein Körpergewicht von über 20 kg gehabt habe, vor seinem Netbook gesessen und verschiedene Computerspiele für Kinder gespielt. Als beide Spieler bei einem der Spiele verloren hätten, habe die Tochter aus Frustration hierüber einen Wutanfall erlitten, in dessen Zuge sie dem Beklagten ins Auge geschlagen und den Beklagten - der hieraufhin zunächst starke Schmerzen und Sehprobleme, sodann einen Migränefall erlitten hätte - hiermit "vorübergehend außer Gefecht gesetzt" habe. Diese Gelegenheit habe die Tochter des Beklagten genutzt, aufgrund ihres Unmuts "wild auf die Tastatur" einzuwirken und mit der Maus "herumzuklicken". Erst als sich die Schmerzen des Beklagten wieder etwas gelegt hätten, habe der Beklagte feststellen können, dass die Tochter bei ihrem Wutausbruch mehrere Browserfenster einer Torrentsuchmaschine geöffnet gehabt hätte. Als der Beklagte diese geschlossen habe, hätte er bemerkt, dass einige Downloads in der BitTorrent-Software aktiv gewesen seien. Daraufhin habe er diese umgehend beendet und die damit verbundenen Dateien gelöscht. Zwar könne der Beklagten nicht mit Gewissheit sagen, ob bei diesen von der Tochter unbeabsichtigt gestarteten Downloads auch die streitgegenständlichen Titel umfasst gewesen seien. Eine Überprüfung der Downloads sei nicht mehr möglich; da das Netbook nach Erhalt der Abmahnung aufgrund eines Hitzeschadens nicht mehr funktionsfähig gewesen sei. Anders als durch diesen geschilderten Vorgang könne sich der Beklagte das Angebot der Dateien über seinen Anschluss jedoch nicht erklären. Der Beklagte ist vor diesem Hintergrund der Auffassung, für eine von seinem Anschluss begangene etwaige Verletzung von Rechten der Klägerin nicht verantwortlich zu sein. In jedem Fall aber sei der von der Klägerin geltend gemachte Schaden- und Aufwendungsersatz übersetzt, zumal es für eine Schadensschätzung an der Darlegung hinreichender Anknüpfungstatsachen mangele.




ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE



I.

Die zulässige Klage ist begründet.


1.)

Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Zahlung eines lizenzanalogen Schadensersatzes folgt aus § 97 Abs. 1 und 2 S. 1 und 3 UrhG.

Hiernach ist, wer vorsätzlich oder fahrlässig das Urheberrecht oder ein anderes nach diesem Gesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, dem Verletzten zum Ersatz des aus der Rechtsverletzung entstehenden Schadens verpflichtet, wobei die Bemess.ung des Schadensersatzes auf der Grundlage des Betrages berechnet werden kann, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Rechts eingeholt hätte.


a)

Vorliegend steht fest, dass der Beklagte ausschließliche Tonträgerverwertungsrechte der Klägerin verletzt hat.


aa)

Die Klägerin ist zum maßgeblichen Zeitpunkt Inhaberin der Verwertungsrechte des § 85 Abs. 1 UrhG an den streitgegenständlichen Tonaufnahmen gewesen. Sie hatte mithin das ausschließliche Recht, entsprechende Tonträger zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich zugänglich zu machen.

Der Beklagte, der sich bezüglich des wesentlichen Teils des die Aktivlegitimation der Klägerin betreffenden Vortrags der Klägerin mit Nichtwissen erklärt und den Vortrag im Übrigen lediglich "einfach" bestreitet, hat den in sich schlüssigen Vortrag der Klägerin bereits nicht hinreichend bestritten. Insofern war zu beachten, dass sich die Prozessbevollmächtigten des Beklagten nach dem unbestritten gebliebenem Vortrag der Klägerin auf die Vertretung urheberrechtlich abgemahnter Personen spezialisiert haben, sie Personen in jedenfalls mehreren tausend Streitfällen vergleichbarer Art vertreten und ihnen daher die "tatsächliche und rechtliche Substanz" der von der Klägerseite insbesondere auch zur Aktivlegitimation vorgetragenen Tatsachen bekannt ist. Da sich der Beklagte das Wissen seiner Prozessbevollmächtigten zurechnen lassen muss, er sich jedenfalls aber bei vorhandener Kenntnis seiner Prozessbevollmächtigten von bestimmten Tatsachen insofern nicht wirksam mit Nichtwissen erklären kann, bedurfte es vorliegend - auch angesichts der Vielzahl der von der Klägerin wegen behaupteter Rechtsverletzungen betriebenen Verfahren - des konkreten Vortrags der Beklagtenseite, dass sie entgegen der Behauptung der Klägerin auch aus "Parallelverfahren" keine Kenntnis vom Repertoire der [Name] und der von der Klägerin behaupteten Übertragung von hieran bestehenden Rechten durch einen "International Repertoire License" hat. Aufgrund der vorgenannten Umstände war von der Klägerin vorliegend auch kein substantiierterer Vortrag zu den konkreten Bestimmungen der Rechteübertragung zu fordern.

Auch wenn der Vortrag der Beklagtenseite indes als ausreichendes Bestreiten des Tatsachenvortrags der Klägerin angesehen würde, stünde die. Rechteinhaberschaft der Klägerin aufgrund ausreichender Indizien fest. Nach dem unbestritten gebliebenem Vortrag der Klägerin weist die offizielle Datenbank der Musikwirtschaft in ihrem Internetauftritt das Repertoire bzw. den Produktkatalog der Klägerin aus. Unter Beachtung des Gesamtkontextes ist der weitere in der Klagschrift enthaltene Vortrag .der Klägerin zudem so zu verstehen, dass auch das hier streitgegenständliche Album Bestandteil dieses unter "musicline.de" gelisteten Produktkatalogs ist. Diese Behauptung der Klägerin ist ebenfalls unbestritten geblieben. Die Listung der Klägerin für das hier maßgebliche Musikalbum in der vorgenannten Datenbank stellt ein erhebliches Indiz für die Rechteinhaberschaft der Klägerin dar (vgl. zur Indizwirkung BGH, Urt. v. 11.06.2015, I ZR 19/14 - "Tauschbörse I"). Konkrete Anhaltspunkte, die gegen die Richtigkeit der Eintragungen in die Datenbanksprechen, hat der Beklagte nicht aufgezeigt.

Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob und inwieweit vorliegend auch die Vermutungsregelung des § 10 Abs. 1 UrhG für eine Rechteinhaberschaft der Klägerin spricht.


bb)

Die vorgenannten Rechte der Klägerin sind durch über den Internetanschluss des Beklagten vorgenommene Handlungen verletzt worden.

Die streitgegenständlichen Tonaufnahmen sind im hier maßgeblichen Zeitraum über den DSL-Anschluss des-Beklagten und eine BitTorrent-Software in einem "Peer-to-Peer"- Netzwerk zum Download im Internet angeboten worden. Dies ist zwischen den Parteien unstreitig.

Durch das Anbieten von Tonaufnahmen in einem solchen Netzwerk im Internet wird das Recht des Tonträgerherstellers - hier der Klägerin - auf öffentliche Zugänglichmachung der Tonaufnahmen verletzt (vgl. zur Verletzung der Rechte aus § 85 UrhG bei Angebot zum Download etwa BGH, Urt. v. 11.06.2015, I ZR 19/14 - "Tauschbörse I").


cc)

Die über seinen Internetanschluss begangene Rechtsverletzung hat der Beklagte auch zu verantworten.

Grundsätzlich spricht hierfür eine tatsächliche Vermutung. Wird über einen Internetanschluss eine Rechtsverletzung begangen, spricht eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers. Etwas anderes gilt nur dann, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung (auch) andere Personen diesen Anschluss benutzen konnten und der Anschlussinhaber aufgrund der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast vorträgt, dass und warum diese Personen ernsthaft als Täter in Betracht kommen (vgl. etwa BGH, Urt. v. 08.01.2014, I ZR 169/12). Vorliegend ist zumindest fraglich, ob der eine etwaige Ursache der von seinem Anschluss begangenen Rechtsverletzung betreffende Vortrag des Beklagten - soweit er streitig bleibt - tatsächlich "ernsthaft" eine mögliche Täterschaft seines dreijährigen Kindes begründen kann oder jedenfalls im Hinblick auf das vom Beklagten geschilderte Randgeschehen (durch Wutanfall der Tochter erfolgtes "Außergefechtsetzen", Defekt des Rechners nur wenige Tage nach dem behaupteten Vorfall) so unplausibel oder unwahrscheinlich ist, dass bereits auf der Darlegungsebene eine Widerlegung der gegen den Beklagten sprechenden Vermutung nicht erfolgt und mithin keine Würdigung des Vortrags auf der Beweisebene zu erfolgen hat.

Letztlich kann dies jedoch dahinstehen. Selbst wenn der Vortrag des Beklagten eine Widerlegung der tatsächlichen Vermutung zur Folge haben sollte, haftet der Beklagte gleichwohl gemäß § 832 Abs. 1 S. 1 BGB wegen Verletzung seiner Aufsichtspflichten für die von seinem Anschluss erfolgte Rechtsverletzung.

Nach der vorgenannten Vorschrift ist u.a., wer kraft Gesetzes zur Führung der Aufsicht über eine Person verpflichtet ist, die wegen Minderjährigkeit der Beaufsichtigung bedarf zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den diese Person einem Dritten widerrechtlich zufügt. Die Ersatzpflicht tritt nach § 832 Abs. 1 S. 2 BGB nur dann nicht ein, wenn er der Aufsichtspflichtige seiner Aufsichtspflicht genügt oder wenn der Schaden auch bei gehöriger Aufsichtsführung entstanden sein würde. Die Anforderungen an die Aufsichtspflicht, insbesondere die Pflicht zur Belehrung und Beaufsichtigung von Kindern, richten sich nach der Vorhersehbarkeit des schädigenden Verhaltens. Dabei hängt es hauptsächlich von den Eigenheiten des Kindes und seinem Befolgen von Erziehungsmaßnahmen ab, in welchem Umfang allgemeine Belehrungen und Verbote ausreichen oder deren Beachtung auch überwacht werden muss (vgl. etwa BGH, Urt. v. 15.11.2012, I ZR 74/12 - "Morpheus"). Den Aufsichtspflichtigen trifft im Schadensfall die Darlegungs- und Beweislast, dass und welche geeigneten Maßnahmen er zur Erfüllung seiner Aufsichtspflicht veranlasst hat.

In Anwendung dieser Maßstäbe hat der Beklagte, der als allein im Haus befindliche Person und Vater seiner Tochter zu deren Aufsicht verpflichtet gewesen ist, unter Berücksichtigung seines Vortrages - den sich die Klägerin mit ihrer Replik vom 20.03.2017 zulässigerweise hinsichtlich des behaupteten Verhaltens der Tochter-hilfsweise zu Eigen gemacht hat - die ihn im Zusammenhang mit der nach den oben stehenden Ausführungen feststehenden Rechtsverletzung treffenden Pflichten nicht eingehalten. Nach den - im Verhandlungstermin vom 04.05.2017 im Rahmen der persönlichen Anhörung des Beklagten weiter vertieften - Angaben des Beklagte hat dieser seine zum maßgeblichen Zeitpunkt erst dreijährige Tochter über einen Zeitraum von mehreren Minuten bei geöffnetem Browserfenster vor einem mit dem Internet verbundenen Computer alleingelassen. Begründet bereits dieses Verhalten angesichts .der allgemein bestehenden Möglichkeit, auch durch unbedachtes bzw. nicht zielgerichtetes Handeln im Internet rechtsverletzende Schritte einzuleiten, in Anbetracht des geringen Alters der Tochter und deren naturgemäß und offenkundig im maßgeblichen Zeitpunkt nicht vorhandenen Kenntnis von der Möglichkeit einer Verletzung der Rechte Dritter eine Aufsichtspflichtverletzung, gilt dies vorliegend erst Recht angesichts des Umstandes, dass der Beklagte wusste, dass seine Tochter aufgrund entsprechender Softwareeinrichtung grundsätzlich durch einfaches "Anklicken" von Magnet-Torrent-Links das Herunterladen von Dateien. veranlassen konnte und zudem während eines Zeitraums von mehreren Minuten durch Betätigung von Tastatur und Maus auf den Computer einwirkte (dabei größtenteils auch unkontrolliert). Vor diesem Hintergrund war von dem Beklagten eine ständige Überwachung seiner Tochter während der Nutzung des Computers zu fordern.

Die Verletzung der Pflichten erfolgte auch schuldhaft. Der Beklagte ist sich insbesondere der mit der Implementierung der BitTorrent-Software verbundenen Gefahrenlage bewusst gewesen. Entsprechend hat er schriftsätzlich vortragen lassen, er habe bewusst dafür Sorge getragen, dass nur er selbst Zugang zur BitTorrent-Software erhalte, nicht aber seine Kinder. Unabhängig davon hätte dem Beklagten die Gefahrenlage aber jedenfalls vor seinem beruflichen Hintergrund bekannt sein müssen. Das Verschulden des Beklagten entfällt auch nicht angesichts des von ihm für den maßgeblichen Zeitraum behaupteten Eintritts eines Migräneanfalles. Insofern ist bereits weder ersichtlich, noch plausibel dargelegt worden, dass bzw. warum konkret es dem Beklagten nach behauptetem Erhalt eines Schlages seiner Tochter und vor endgültigem Eintritt des Anfalls, jedenfalls aber auch bei bereits eingetretenem Anfall unmittelbar vor Beginn des Weges zu seinem Bett nicht durch einfaches Zuklappen seines Netbook möglich gewesen sein soll, eine weitere Nutzung des Computers durch seine Tochter zu unterbinden. Unabhängig davon ist der insofern beweisbelastete Beklagte aber für die von der Klägerseite bestrittene Behauptung des Eintritts eines Migräneanfalles und der krankheitsbedingten Verhinderung an der Ausübung seiner Aufsichtspflicht beweisfällig geblieben. Insbesondere hatte mangels Einverständnisses der Klägerin auch weder auf den Antrag des Beklagten nach § 447 ZPO eine Parteivernehmung zu erfolgen,- noch in Anbetracht des Fehlens eines sogenannten "Anbeweises" in Ausübung des. richterlichen Ermessens eine solche nach § 448 ZPO von Amts wegen.

Da der Beklagte das Handeln seiner Tochter gerade für den hier streitgegenständlichen Zeitraum behauptet, eine eigene Begehung der Rechtsverletzung verneint und zugleich keine anderen möglichen Ursachen benennt, die die über seinen Anschluss begangene Rechtsverletzung erklären könnten, steht eine "Täterschaft" der Tochter bei Beachtung des hilfsweise von der Klägerin zu Eigen gemachten Vortrags auch zur Überzeugung des Gerichts fest.


b)

In Folge der durch den Beklagten begangenen Rechtsverletzung ist der Klägerin ein im Wege der Lizenzanalogie zu ermittelnder Schaden in Höhe von 2.000,00 EUR entstanden.

Maßgeblich für die Berechnung des dem Verletzten entstandenen Schadens ist im Rahmen der Lizenzanalogie, welches Entgelt für die Einräumung einer Berechtigung des Beklagten zum Angebot des hier streitgegenständlichen Musikalbums zum Download an eine unbekannte Vielzahl von Personen durch Abschluss eines Lizenzvertrages zu angemessenen Bedingungen vereinbart worden wäre. Angesichts des Umstandes, dass allgemeine Vergütungs- und Tarifsätze für die hier maßgebliche oder eine vergleichbare Handlung fehlen, ist der der Klägerin entsprechend entstandene Schaden in Anwendung des § 287 ZPO zu schätzen. Dabei sind an Art und Umfang der vom Geschädigten beizubringenden Schätzungsgrundlagen. nur geringe Anforderungen zu stellen (vgl. hierzu etwa auch BGH, Urt. v. 11.06.2015, I ZR 19/14 - "Tauschbörse I").

Im Rahmen der Schadensschätzung erachtet es das Gericht als sachgerecht, insbesondere verkehrsübliche Entgeltsätze für legale Downloadangebote und Rahmenvereinbarungen der Tonträgerbranche heranzuziehen (vgl. hierzu auch BGH, a.a.O.). Insbesondere unter Beachtung dieser Sätze und Vereinbarungen ist für den durchschnittlichen Fall des Angebots von urheberrechtlich geschützten populären Musikaufnahmen in der Rechtsprechung pro angebotenem Titel ein Betrag in Höhe von 0,50 EUR als gewöhnlich zu schätzender Schaden anerkannt (vgl. etwa BGH, a.a.O.; OLG Frankfurt, MMR 2014, 687; OLG Köln, MMR 2012, 387; mit abweichender Begründung: OLG Hamburg, MMR 2014, 127). Den inhaltlichen Ausführungen der oben genannten Entscheidungen schließt sich das Gericht - mit Ausnahme der Ausführungen des OLG Hamburg zur nicht bestehenden Berücksichtigungsmöglichkeit der GEMA-Tarife an. Der vorliegend Einzelfall lässt keine. Gesichtspunkte erkennen, die ein Abweichen von diesen zu schätzen Beträgen bedingt. Insbesondere handelte es sich bei den von dem Anschluss. des Beklagten zum Download angebotenen. zehn Musikstücken um keine auf dem Musikmarkt unbedeutenden oder bekannten Werke. Dass es sich bei dem hier streitgegenständlichen Musikaufnahmen um ein vollständiges Musikalbum handelt, kann nach hiesiger Auffassung im Hinblick auf das auf dem Markt jederzeit mögliche Herunterladen nur einzelner Musikstücke aus dem Album weder zur Annahme eines höheren, noch eines geringeren Schadens führen.

Zudem war im Rahmen der Schätzung von zumindest 400 möglichen Zugriffen auf die vom Anschluss des Beklagten angebotenen Musikstücke auszugehen. Diese geschätzte Anzahl ergibt sich unter Berücksichtigung der Popularität' der maßgeblichen Musikstücke aus dem Umstand, dass die Dateien über die BitTorrent-Software des Beklagten selbst bei einer nur kurzzeitigen öffentlichen Zugänglichmachung einer unbekannten Vielzahl von Personen zum Download angeboten worden sind (vgl. auch hierzu die zuvor genannten Entscheidungen, die auch bei Verwendung einer browserintegrierten BitTorrent-Software maßgeblich sind). Der vorliegend Einzelfall lässt keine Gesichtspunkte erkennen, die ein Abweichen von .der Annahme der vorgenannten und in "gewöhnlichen" Fällen in der Rechtsprechung häufig angenommenen Zugriffszahl bedingen.


2.)

Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Ersatz der für die Abmahnung entstandenen Rechtsanwaltskosten folgt aus § 97a Abs. 1 S. 2 UrhG a.F.

Nach dieser zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung und Abfassung des Abmahnschreibens gültigen und daher hier zu beachtenden Vorschrift kann der Verletzte Ersatz der für eine erfolgte vorgerichtliche Abmahnung erforderlichen Aufwendungen verlangen, wenn und soweit die Abmahnung berechtigt gewesen ist.

Die Berechtigung der Klägerin zur Abmahnung des Beklagten folgt aus den oben genannten Gründen aus § 97a Abs. S. 1 UrhG. Das Abmahnschreiben der Klägerin enthält auch in klarer und verständlicher Weise die für eine wirksame Abmahnung erforderlichen (und erst nach der hier streitigen Urheberrechtsverletzung in § 97a Abs. 2 n.F. kodifizierten) Angaben.

Auch der Höhe nach ist der Anspruch begründet. Die von .der Klägerin geltend gemachten Rechtsanwaltskosten sind nach Maßgabe des RVG richtig in Ansatz gebracht und berechnet worden. Nicht zu beanstanden ist insbesondere die Zugrundelegung eines 10.000,00 EUR betragenden Gegenstandswertes. Entscheidend für die Bemessung dieses Wertes ist unter Beachtung des Wertes des verletzten Schutzrechtes das Interesse der Rechtsinhaberin, ein rechtswidriges Angebot des maßgeblichen Musikalbums gegenüber einer Vielzahl von Personen im Internet und damit eine unübersehbar große Anzahl von Rechtsverletzungen zu verhindern. Vor diesem Hintergrund erscheint eine Wertfestsetzung auf 10.000,00 EUR angemessen (ebenso OLG Köln, Beschl. v. 14.03.2011, Az. 6 W 44/11). Eine zwischen der Klägerin und ihren Prozessbevollmächtigten etwaig getroffene Gebührenvereinbarung, die zu Gunsten der Klägerin eine abweichende Kostenfolge vorsieht, hat der Beklagte auf das Bestreiten der Klägerin nicht bewiesen.

Der Ersatzanspruch ist vorliegend auch nicht nach § 97a Abs. 2 UrhG a.F. gedeckelt, da es sich bei einem Abmahnschreiben, das einen im Wege des Filesharing begangenen Verstoß zum Gegenstand hat, nicht um einen einfach gelagerten Fall einer nur unerheblichen Rechtsverletzung im Sinne der vorgenannten Vorschrift handelt.


3.)

Der Anspruch auf die geltend gemachten Zinsen beruht auf §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB.



II.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO.




Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
- wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 EUR übersteigt oder
- wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht Bremen zugelassen worden ist.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes ist glaubhaft zu machen; eine Versicherung an Eides statt ist nicht zulässig.

Die Berufung muss binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich beim

Landgericht Bremen,
Domsheide 16,
28195 Bremen,


eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. Die Gerichtssprache ist deutsch.

Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Bremen zu begründen.

Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Bremen durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.

Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.



[Name]
Richter am Amtsgericht (...)





~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


AG Bremen, Urteil vom 15.06.2017, Az. 10 C 5/17,
Rechtsanwältin Eva-Maria Forster,
Waldorf Frommer Rechtsanwälte,
Klage Waldorf Frommer,
Berufung durch den Beklagten,
Migräneanfall,
3-jährige K.O.-Schlägerin,
Aktivlegitimation

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#11154 Beitrag von Steffen » Freitag 27. Oktober 2017, 17:16

Wilde, Beuger, Solmecke Rechtsanwälte (Köln): Filesharing Sieg gegen Waldorf Frommer - Familienfreundliches Urteil des Amtsgericht Bochum


17:15 Uhr


In einem von unserer Kanzlei geführten Filesharing Verfahren hat das Amtsgericht Bochum eine Klage von Waldorf Frommer abgewiesen. Es hat dabei der Tatsache Rechnung getragen, dass heutzutage Internetanschlüsse von Eltern und ihren Kindern gemeinsam genutzt werden. Zudem ist das Urteil eine weitere Bestätigung des von uns erstrittenen BGH-Grundsatzurteils "Afterlife".



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Bild

Rechtsanwalt Christian Solmecke, LL. M.



WILDE BEUGER SOLMECKE Rechtsanwälte GbR

Kaiser-Wilhelm-Ring 27-29 | 50672 Köln
Tel.: 0221 / 951 563 0 | Fax: 0221 / 400 675 52
E-Mail: info@wbs-law.de | Web: www.wbs-law.de




Bericht

Link:
https://www.wbs-law.de/abmahnung-filesh ... hum-75465/

Urteil als PDF:
https://www.wbs-law.de/wp-content/uploa ... 235-17.pdf



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Waldorf Frommer hatte eine Mutter als Anschlussinhaberin wegen Filesharing des Films "Beautiful Creatures - Eine unsterbliche Liebe" abgemahnt. Die Abmahnung erfolgte im Auftrag der Tele München Fernseh GmbH + Co. Produktionsgesellschaft. Waldorf Frommer forderte von ihr 1.000,00 EUR Schadensersatz wegen der angeblich von ihr begangenen Urheberrechtsverletzung. Darüber hinaus wollte die Kanzlei von ihr Abmahnkosten in Höhe von 578,00 EUR ersetzt haben.

Doch unsere Mandantin weigerte sich, zu zahlen. Sie verwies darauf, dass sie kein Filesharing begangen hat. Zum Zeitpunkt der vorgeworfenen Urheberrechtsverletzung hätten ihre volljährigen Kinder Zugriff auf ihren Anschluss mit ihren eigenen Rechnern gehabt.



Mutter haftet nicht für Familienanschluss

Das Amtsgericht (AG) Bochum entschied, dass die Mutter zunächst einmal nicht im Wege der Täterhaftung zum Schadensersatz herangezogen werden könne (Urt. v. 04.10.2017, Az. 67 C 235/17). Denn mit ihrer Verteidigung genügte sie den Anforderungen, die an den Anschlussinhaber im Rahmen der sekundären Darlegungslast gestellt werden. Nach der ständigen Rechtsprechung genügt es, wenn ihr Vortrag den Schluss nahelegt, dass Dritte ihren Internetanschluss genutzt haben. Dies war nach Auffassung des Gerichtes hier der Fall, weil auch ihre volljährigen Kinder Zugang zum Familienanschluss hatten.

Ebenso scheide eine Haftung als Störerin aus. Hierzu führte das Gericht wörtlich aus: "In Zeiten eines gemeinschaftlich genutzten Familienanschlusses kann von Eltern nicht verlangt werden, dass sie jedenfalls ihre volljährigen Kinder noch überwachen und belehren".

Gerade der letzte Satz im Urteil sollte Abmahnkanzleien wie Waldorf Frommer zu denken geben. Denn ein Hinterher spionieren ist hier nicht nur für Eltern unzumutbar, sondern faktisch nicht möglich. Schon gar nicht können und dürfen Eltern auf den Rechner ihrer Kinder zugreifen, um diesen etwa im Hinblick auf Filesharing Programme zu kontrollieren. Dies gilt erst Recht, wenn diese volljährig sind.



Filesharing Urteil stimmt mit Rechtsprechung des BGH überein

Diese Rechtsprechung steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH). Hierzu gehört auch die durch unsere Kanzlei erstrittene Entscheidung "Afterlife" (Urt. v. 06.10.2016, Az. I ZR 154/15). Hier hatte der BGH festgestellt, dass Anschlussinhaber nicht verpflichtet sind, ihre Familienmitglieder auszuspionieren.

Diese familienfreundliche Ausrichtung hat der BGH kürzlich erneut bestätigt (Urt. v. 27.07.2017, Az. I ZR 68/16). Das höchste deutsche Zivilgericht hat in dieser Entscheidung klargestellt, dass der Anschlussinhaber keine genauen Ausführungen über das Nutzungsverhalten seines Ehegatten zu machen braucht. Eine Dokumentation darf ihm nicht zugemutet werden.



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AG Bochum, Urteil vom 04.10.2017, Az. 67 C 235/17



(...) - Beglaubigte Abschrift -


67 C 235/17



Verkündet am 04.10.2017
[Name], Justizbeschäftigte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle



Amtsgericht Bochum

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil




In dem Rechtsstreit


[Name],
Klägerin,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldorf Frommer Rechtsanwälte, Beethovenstraße 12, 80336 München,


gegen


[Name],
Beklagte,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Wilde Beuger Solmecke, Kaiser-Wilhelm-Ring 27-29, 50672 Köln,




hat das Amtsgericht Bochum auf die mündliche Verhandlung vom 04.10.2017 durch den Richter am Amtsgericht [Name]

für Recht erkannt:

Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch die Beklagtenseite gegen
Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht diese vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Der Streitwert wird gem. §§ 3 - 5 ZPO auf 1578,00 EUR festgesetzt.





Tatbestand:

Die Klägerin verlangt von der Beklagten Schadens- und Aufwendungsersatz anlässlich mehrerer Vorfälle die sich zwischen dem 30.07. und 31.07.2013 ereigneten.

Nach den Ermittlungen der Klägerin wurde an diesem Tag vom Internetanschluss der Beklagten aus der Film [Name] im Rahmen einer Tauschbörse zum Download angeboten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrags der Klägerin insbesondere zur IP-Ermittlung, der Rechteinhaberschaft, der Vorstellung zum Wert des Schadens bzw. Aufwendungsersatzanspruchs und zu Fragen der Darlegungslast des Beklagten wird auf den Inhalt der Anspruchsbegründung vom 15.05.2017 nebst Anlagen (Blatt 11 ff. d. A.) sowie dem Schriftsatz vom 07.08.2017 nebst Anlagen (Blatt 144 ff. d. A.) verwiesen.


Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen an sie einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 1000,00 EUR betragen soll zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 02.08.2016 sowie 578,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 02.08.2016 zu zahlen,



die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie behauptet zunächst mit Nichtwissen, dass die IP-Ermittlung der Klägerin bzw. des von ihr beauftragen Unternehmens unrichtig sei.

Auch habe die Klägerin nicht die Rechte bzgl. des hier fraglichen Films.

Schließlich behauptet die Beklagte, ihre erwachsenen Kinder, nämlich ein Sohn und eine Tochter hätten im Zeitpunkt des hier fraglichen Zugriffs den Internetanschluss der Beklagten mit eigenen PCs benutzt.

Daher scheide die Beklagte als Täterin und auch als Störerin aus.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrags der Beklagten wird auf die Klageerwiderung vom 17.07,2017 (Blatt 78 ff. d. A.) sowie Schriftsatz vom 02.10.2017 verwiesen.




Entscheidungsgründe:

Die Klage ist nach dem Sachvortrag beider Parteien unbegründet.

Die Klägerin hat aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt Schadens- oder Aufwendungsersatzansprüche gegen die Beklagte.

Ein solcher Anspruch ergibt sich besonders nicht aus §§ 97 ff. UrhG, 823 BGB.

Die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Klägerin hat nämlich keinen geeigneten Beweis dafür angetreten, dass die Beklagte Täterin oder Störerin im Sinne der oben genannten Vorschriften war.

Entgegen der Rechtsansicht der Klägerin erfüllt die Beklagte mit ihrem Sachvortrag die Voraussetzungen der sogenannten "sekundären Darlegungslast". Dabei genügt nach der ständigen Rechtsprechung des angerufenen Gerichts ein Vortrag der den Schluss nahelegt Dritte hätten den Internetanschluss genutzt.

Die Beklagte war nach der Rechtsprechung des angerufenen Gerichts auch nicht verpflichtet ihre Kinder wegen des Internetverhaltens zu kontrollieren oder vorher zu belehren.

In Zeiten eines gemeinschaftlichen Familienanschlusses kann von Eltern nicht verlangt werden, dass sie jedenfalls ihre volljährigen Kinder noch überwachen oder belehren.

Auf die Frage der zutreffenden IP-Ermittlung oder der Rechteinhaberschaft kam es daher nicht mehr an.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 I, 708 Ziffer 11, 711 ZPO.




Rechtsbehelfsbelehrung:

A) Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,

1. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder

2. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.

Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem

Landgericht Bochum,
Westring 8,
44787 Bochum,

eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.

Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Bochum zu begründen.

Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Bochum durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.

Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.


B) Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Amtsgericht Bochum statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem

Amtsgericht Bochum,
Viktoriastr. 14,
44787 Bochum,


schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.



[Name],
Richter am Amtsgericht



Beglaubigt
[Name], Justizbeschäftigte (...)




~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

AG Bochum, Urteil vom 04.10.2017, Az. 67 C 235/17,
WILDE BEUGER SOLMECKE Rechtsanwälte GbR,
Klage Waldorf Frommer,
Rechtsanwalt Christian Solmecke,
sekundäre Darlegungslast

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Wochenrückblick

#11155 Beitrag von Steffen » Samstag 28. Oktober 2017, 12:56

------------------------------------------------------ - Abmahnwahn Deutschland - Filesharing - --------------------------------------------


DER Wochenrückblick........................Bild......................Filesharing Fälle


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Ausgabe 2017, KW 43 ..................................Initiative AW3P.............................23.10. - 29.10.2017

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1. Heute Nacht - Zeitumstellung auf Winterzeit



In der Nacht vom 28. auf den 29. Oktober wird die Zeit auf Winterzeit umgestellt. Die Atomuhr der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in Braunschweig sendet pünktlich zum Wechsel um 2:59 Uhr ein Zeichen. Dann springen zumindest die Funkuhren der Deutschen automatisch wieder auf 2:00 Uhr zurück




.............................................................Bild
.......................................................................1 Stunde zurückstellen!










2. anwalt.de services AG (Nürnberg): Gesetzesänderungen im November 2017



(...) - Öffentlichkeitsbeteiligung bei der Raumplanung wird zur Pflicht.
- Im Pflegebereich werden neue Mindestlöhne festgelegt. Sie gelten allerdings erst ab 2018.
- Schuldner können in bestimmten Fällen die Einsicht ins Schuldnerverzeichnis beschränken.
- Wer bestimmte Bewachungstätigkeiten ausübt, muss bis Ende November über einen Sachkundenachweis verfügen.
- Menschen mit mehreren Vornamen können deren Reihenfolge im nächsten Jahr ändern lassen.
(...)



Quelle: 'www.anwalt.de'
Link: https://www.anwalt.de/rechtstipps/geset ... 18154.html











3. Kanzlei Dr. Bahr (Hamburg): Landgericht Hamburg - Zitate aus privatem E-Mail-Verkehr verletzen Allgemeines Persönlichkeitsrecht



LG Hamburg, Urteil vom 10.03.2017, Az. 324 O 687/16


(...) Zitate aus dem privatem E-Mail-Verkehr zwischen zwei Personen können das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen verletzen. (...)



Quelle: 'www.online-und-recht.de'
Link: http://www.online-und-recht.de/urteile/ ... -20170310/











4. Kanzlei Dr. Bahr (Hamburg): Schadensersatz bei illegalem Live-Streaming von PayTV-Angeboten



LG Hamburg, Urteil v. 23.02.2017, Az. 310 O 221/14


(...) Werden PayTV-Angebote mittels illegalem Live-Streaming angeboten, hat der jeweilige Rechteinhaber einen entsprechenden Schadensersatzanspruch. Wer Inhalte eines PayTV-Anbieters illegal streamt und ins Netz stellt, macht sich schadensersatzpflichtig. Dies gilt auch dann, wenn es sich bei dem Beklagten lediglich um einen bloßen Gehilfen hat und nicht um einen Mittäter. (...)



Quelle: 'www.online-und-recht.de'
Link: http://www.online-und-recht.de/urteile/ ... -20170223/











5. Kanzlei Dr. Bahr (Hamburg): Landgericht Hamburg Keine Haftung für Links auf urheberrechtswidrige Seiten



LG Hamburg, Urteil vom 13.06.2017, Az. 310 O 117/17


(...) Ein Affiliate, der für Inhalte auf Amazon wirbt, ist nicht für die Urheberrechtsverletzungen auf der von ihm verlinkten Webseite haftbar. (...)



Quelle: 'www.rechtsindex.de'
Link: http://www.online-und-recht.de/urteile/ ... -20170613/















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Gerichtsentscheidungen





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  • AG Bochum, Urteil vom 04.10.2017, Az. 67 C 235/17 [WF verlieren; Bochumer ½ sekundäre Darlegungslast (Vortrag der den Schluss nahelegt Dritte hätten den Internetanschluss genutzt - reicht)]





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  • AG Charlottenburg, Urteil vom 08.08.2017, Az. 229 C 137/17 [WF gewinnen; Beklagter legte Berufung ein (Ist Lebensgefährtin mit Ehegattin gleichgestellt?)]
  • AG Bremen, Urteil vom 15.06.2017, Az. 10 C 5/17 [WF gewinnen; Beklagter legte Berufung ein (3-jährige K.O.-Schlägerin)]









Wilde, Beuger, Solmecke Rechtsanwälte (Köln):



AG Bochum, Urteil vom 04.10.2017, Az. 67 C 235/17


Wilde, Beuger, Solmecke Rechtsanwälte (Köln): Filesharing Sieg gegen Waldorf Frommer - Familienfreundliches Urteil des Amtsgericht Bochum



Quelle: 'www.wbs-law.de'
Link: https://www.wbs-law.de/abmahnung-filesh ... hum-75465/











Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München):



1. AG Charlottenburg, Urteil vom 08.08.2017, Az. 229 C 137/17


Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Amtsgericht Charlottenburg - Unzureichende Nachforschungen in Tauschbörsenverfahren führen zur Verurteilung des Anschlussinhabers (Lebensgefährtin, Beklagter legte Berufung ein)



Quelle: 'www.news.waldorf-frommer.de'
Link: https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... nhabers-2/








2. AG Bremen, Urteil vom 15.06.2017, Az. 10 C 5/17


Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Haftung von Erziehungsberechtigten nach § 832 BGB in Filesharing Verfahren - Das Amtsgericht Bremen spricht geschädigter Rechteinhaberin Schadenersatz in Höhe von 2.000,00 EUR zu (Beklagter legte Berufung ein; 3-jährige K.O.-Schlägerin)



Quelle: 'www.news.waldorf-frommer.de'
Link: https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... -00000-zu/















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Forenwelt




Politik: 1. Nach der BTW, ist (nicht) vor der BTW!


Wahlversprechen der möglichen Jamaika- Koalition

- CSU: Mütterrente = 28 Milliarden Euro
- CDU/CSU: Steuersenkungen = 15 Milliarden Euro
- FDP: Abschaffung des Solidaritätszuschlag = 41 Milliarden Euro
- Grüne: Familienbudget = 48 Milliarden Euro


Aber! Von allen Wahlversprechern wird mittlerweile zugestimmt zu: a) Einhaltung der "schwarzen Null" des Haushaltes und b) dem Spielraum i.H.v. 30 Milliarden Euro.

Heißt es doch, dass die Wahlversprechen - jetzt - schon gebrochen werden. Ist uns aber egal, Hauptsache wir haben unsere - nicht wissen, was sie besser machen müsste - alte "Bundesmutti"!







Politik: 2.Freitag: Letzter Flug von Air-Berlin und/oder/bzw. die soziale "Gerechtigkeit" in Deutschland!


Mittwoch, 18. Oktober 2017: Air-Berlin-Chef Thomas Winkelmann bekam noch rechtzeitig vor der Pleite eine Insolvenzversicherung ausgestellt. Demnach werden bis 2021 insgesamt über vier Millionen Euro Gehalt an ihn ausgezahlt.

Freitag 27.10.2017: Letzter Flug von Air-Berlin, trotz 150 Mille Kredit. Die Mitarbeiter stehen vor einer ungewissen Zukunft.



Air-Berlin-Abschiedslied
http://www.t-online.de/tv/news/id_82589 ... slied.html











Steffen's Kurzkommentar zu den dieswöchigen Gerichtsentscheidungen




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1. Das "Bochumer Halb-Modell der sekundären Darlegungslast" oder Lieber Gott, hilf mir, mein großes Maul zu halten, wenigstens so lange, bis ich genau weiß, über was ich schreibe


Natürlich freue ich mich (ehrlich) für die Beklagte und ihren Prozessvertreter, habe aber diesbezüglich eine eigene laienhafte Meinung.


(...) Diese Rechtsprechung steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH). Hierzu gehört auch die durch unsere Kanzlei erstrittene Entscheidung "Afterlife" (Urt. v. 06.10.2016, Az. I ZR 154/15). (...)


Den Inhalt dieses Zitat des Prozessvertreters - bei allen Verständnis zur PR- kann ich nicht nachvollziehen. Denn einmal ging es im "Afterlife"-Entscheid um den Ehepartner allein, andermal wird nur die halbe BGH-Wahrheit vom Amtsgericht Bochum als wichtig erachtet.


(...) Entgegen der Rechtsansicht der Klägerin erfüllt die Beklagte mit ihrem Sachvortrag die Voraussetzungen der sogenannten "sekundären Darlegungslast". Dabei genügt nach der ständigen Rechtsprechung des angerufenen Gerichts ein Vortrag der den Schluss nahelegt Dritte hätten den Internetanschluss genutzt.

Die Beklagte war nach der Rechtsprechung des angerufenen Gerichts auch nicht verpflichtet ihre Kinder wegen des Internetverhaltens zu kontrollieren oder vorher zu belehren.
(...)

Natürlich ist ein beklagter Anschlussinhaber nicht verpflichtet - ansatzlos - seinen Ehepartner und seine volljährigen Kinder hinterher zu spionieren. Zur sekundären Darlegungslast sagt aber das BGH unstreitig:



BGH "Afterlife":

(...) Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast vielmehr dadurch, dass er dazu vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen.

In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat. Die pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt lebenden Dritten auf den Internetanschluss genügt hierbei nicht.
(...)


Ich denke, dass sich das Erstgericht hier zu einfach macht - vorsichtig ausgedrückt. Denn hier gibt es als benannten Mitnutzer - die volljährigen Kinder.


BGH "Everytime we touch":

(...) Die pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt des Beklagten lebenden Dritten auf seinen Internetanschluss wird den an die Erfüllung der sekundären Darlegungslast zu stellenden Anforderungen daher nicht gerecht. (...)

(...) Der Inhaber eines Internetanschlusses wird der ihn treffenden sekundären Darlegungslast in Bezug darauf, ob andere Personen als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen, erst gerecht, wenn er nachvollziehbar vorträgt, welche Personen mit Rücksicht auf Nutzerverhalten, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht Gelegenheit hatten, die fragliche Verletzungshandlung ohne Wissen und Zutun des Anschlussinhabers zu begehen. (...)


Meines Erachtens ein Fehlurteil des Erstgericht, aber was weiß ich ...







2. Berufung zum Urteil des Amtsgericht Charlottenburg (Az. 229 C 137/17)


Man kann und wird auf dieses Berufungsverfahren, und dessen Ausgang, gespannt sein. Warum? Scheint es hier darum zu gehen, ob eine Lebensgefährtin einem Ehepartner geleichgestellt ist. Denn dann würden die BGH-Entscheide - I ZR 154/15 - "Afterlife" und - I ZR 68/16 greifen und der Beklagte muss seine Lebensgefährtin nicht hinterher spionieren.


AG Charlottenburg:

(...) Seine pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs auf den Internetanschluss durch seine Lebensgefährtin genügt hierbei nicht. Auch wenn es sich bei der möglichen Nutzerin um seine Lebensgefährtin handelt, war der Beklagte zu Nachforschungen verpflichtet. Zumindest hätte er seine Lebensgefährtin danach befragen müssen, ob sie zu den angegebenen Tatzeiten das Internet genutzt hat und ggf. die Zugangsdaten an Dritte, etwa ihr eigenes Kind, weitergereicht hat. Das Ergebnis dieser Befragung wäre der Klägerin mitzuteilen gewesen (vgl. auch BGH, Urteil vom 30.03.2017, I ZR 19/16). Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Grundrechtspositionen der Parteien, da zugunsten des Beklagten hier zwar womöglich der Schutz der Familie gemäß Art. 7 EU-Grundrechtecharta (GRCh) und Art. 6 Abs. GG streitet, hingegen zugunsten der Klägerin das Recht auf geistiges Eigentum nach Art. 17 Abs.2 GRCh und Art. 14 GG sowie auf einen wirksamen Rechtsbehelf nach Art. 57 GRCh zu berücksichtigen ist. Gegenüber der Lebensgefährtin entsteht auch kein Wertungswiderspruch zu §§ 383 ff ZPO. Denn diese könnte sich gerade nicht zugunsten des Beklagten auf ein Zeugnisverweigerungsrecht berufen, da sie gerade nicht zum Kreis der nahen Familienangehörigen gehört. (...)


Man könnte auch Prozessgeschichte schreiben, wenn die Lebensgefährtin mit der Ehegattin gleichgestellt würde. Denn,

(...) Einem Lebensgefährten steht kein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 383 ZPO zu. Ein solches Zeugnisverweigerungsrecht hat nur der Ehegatte, der Verlobte und der Lebenspartner (im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes) der Partei (Zöller, ZPO, § 383 Rdnr. 9.). (...)

Das Zivilrecht definiert den Begriff des Angehörigen nicht, auch kennt das BGB grundsätzlich nur die Begriffe Verwandtschaft, Schwägerschaft. Wird im zivilrechtlichen Bereich von einem Angehörigen gesprochen, kommt es auf das tatsächliche persönliche Verhältnis an. Und eine Lebensgefährtin fällt nicht unter naher Verwandter. Aber, schaun' wir mal ...














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Steffen Heintsch für AW3P




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Spruchpraxis AG Frankfurt

#11156 Beitrag von Steffen » Sonntag 29. Oktober 2017, 10:42

.rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR (Hamburg): Große Rechtsprechungsübersicht zu Filesharing Verfahren am Amtsgericht Frankfurt am Main


10:40 Uhr


Hamburg, 28.10.2017 (eig.): Die nachfolgende Übersicht über die Spruchpraxis unterschiedlicher Abteilungen beim Amtsgericht Frankfurt am Main zeigt, dass die eher strenge Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (dazu: BGH, Urt. v. 12.05.2016 - I ZR 48/15 - "Everytime we touch" und BGH, Urt. v. 30.03.2017 - I ZR 19/16 - "Loud") zu den Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast zunehmend auch die Eingangsgerichte erreicht, die sich mit abstrakten Vorträgen zu Nutzungsmöglichkeiten Dritter, widersprüchlichen Behauptungen der Beklagten im Verfahren und Beweisaufnahmen, in deren Verlauf die weiteren Nutzungsberechtigten die Verantwortlichkeit für die Urheberrechtsverletzungen in Abrede stellen, nicht mehr zufrieden geben.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Bild

Rechtsanwalt Nikolai Klute
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz



.rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR

Johannes-Brahms-Platz 1 | 20355 Hamburg
Telefon +49 (040) 5 50 06 05 0 | Telefax +49 (040) 5 50 06 05 55
E-Mail kanzlei@rka-law.de | Web: www.rka-law.de




Bericht

Link:
http://rka-law.de/filesharing/rechtspre ... t-am-main/




Urteile als PDF:

1. AG Frankfurt am Main, Urteil vom 09.03.2017, Az. 32 C 2695/16 (90)

Link:
http://rka-law.de/wp-content/uploads/20 ... 695-16.pdf



2. AG Frankfurt am Main, Urteil vom 14.06.2017, Az. 31 C 2452/16 (23)

Link:
http://rka-law.de/wp-content/uploads/20 ... 452-16.pdf



3. AG Frankfurt am Main, Urteil vom 21.02.2017, Az. 30 C 2895/16 (20)

Link:
http://rka-law.de/wp-content/uploads/20 ... 895-16.pdf



4. AG Frankfurt am Main, Urteil vom 24.04.2017, Az. 30 C 2793/16 (87)

Link:
http://rka-law.de/wp-content/uploads/20 ... 793-16.pdf



5. AG Frankfurt am Main, Urteil vom 31.08.2017, Az. 30 C 2166/16 (71)

Link:
http://rka-law.de/wp-content/uploads/20 ... 166-16.pdf



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Fragen der Aktivlegitimation spielen keine Rolle mehr und das Bestreiten der Richtigkeit der Datenermittlung erfordert konkreten Vortrag des Beklagten, ggfls. auch nach Einsichtnahme in die Akten des Auskunftsverfahren bei dem für den Internetserviceprovider zuständigen Gericht.




1. Amtsgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 09.03.2017, Az. 32 C 2695/16 (90)

In dieser Entscheidung hat sich das Amtsgericht Frankfurt am Main mit der Frage der Aktivlegitimation, der Richtigkeit der Datenerhebung und der Erfüllung sekundärer Darlegungslasten befasst und alles zu Gunsten der Klägerin beantwortet.

Die Benennung der Klägerin auf den in den Verkehr gebrachten Vervielfältigungsstücken reichte dem Amtsgericht mit Blick auf die gemäß § 10 Abs. 3 UrhG sprechende Indizwirkung aus, von der Rechteinhaberschaft der Klägerin auszugehen. Diese Indizwirkung habe die Beklagte mit ihrem einfachen Bestreiten nicht erschüttert. Anhaltspunkte dafür, dass die Übertragung der Nutzungsrechte bei einem indizierten oder teilindizierten Computerspiel gemäß § 134 BGB in Verbindung mit § 131 StGB nichtig seien, gebe es ebenso wenig. Dem detaillierten Vortrag der Klägerin zur Art und Weise der Datenermittlung ist die Beklagte nicht ausreichend entgegengetreten. Ihre Erklärungen, sie habe sich möglicherweise zu den Tatzeitpunkten im Umzug befunden und der Anschluss sei abgeschaltet gewesen, ist nicht konkret genug gewesen und langte nach Auffassung des Amtsgerichts nicht aus, ihrem Beweisangebot durch Zeugeneinvernahme eines Mitarbeiters der Telekom nachzukommen. Es wäre Sache der Beklagten gewesen, sich hierzu konkret zu erklären. Mit Blick auf die alternativen Geschehensmöglichkeiten reichte es auch nicht aus, abstrakt auf einen Sohn zu verweisen, von dem nicht einmal ersichtlich gewesen sei, ob dieser zur Tatzeit überhaupt zu Hause war. Der Vortrag, der Sohn der Klägerin habe kein Interesse an derlei Spielen, spreche zudem gegen seine Täterschaft, sodass die gegen die Beklagte streitende Täterschaftsvermutung nicht widerlegt sei. Der von der Klägerin zum Ansatz gebrachte Gegenstandswert von Euro 20.000 für die Berechnung der Anwaltsgebühren sei nicht zu beanstanden und auch die Höhe des geltend gemachten Schadensersatzbetrages fand das Gericht angemessen und verurteilte die Beklagte antragsgemäß in vollem Umfange.




~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



(...) - Vollstreckbare Ausfertigung -



Amtsgericht Frankfurt am Main

Aktenzeichen: 32 C 2695/16 (90)



Verkündet lt. Protokoll am:
09.03.2017
[Name], Justizamtsinspektorin
Urkundsbeamtin-/beamter der Geschäftsstelle



Im Namen des Volkes

Urteil




In dem Rechtsstreit


[Name],
Klägerin

Prozessbevollmächtigte: .rka Rechtsanwälte Reichelt Klute, Johannes-Brahms-Platz 1, 20355 Hamburg,



gegen


[Name],
Beklagte

Prozessbevollmächtigter: [Name],




hat das Amtsgericht Frankfurt am Main durch die Richterin am Amtsgericht [Name] aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 22.02.2017

für Recht erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag von 859,80 EUR nebst jährlicher Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 19.12.2015 zu zahlen.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen weiteren Betrag von 640,20 EUR nebst jährlicher Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 19.12.2015 zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Anrufung des örtlich unzuständigen Amtsgerichts zu tragen.

Im Übrigen hat die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.





Tatbestand

Die Klägerin macht Schadensersatzansprüche sowie Ansprüche auf Ersatz außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten wegen einer behaupteten Urheberrechtsverletzung geltend.

Die Beklagte lebt mit ihrem Sohn zusammen in einem gemeinsamen Haushalt. Mit Schreiben vom 24. Januar 2013, dessen Zugang bei der Beklagten streitig ist, mahnten die Bevollmächtigten der Klägerin die Beklagte mit der Begründung ab, die Beklagte habe am 06. Dezember 2012 um 22:45:53 Uhr und um 22:58:35 Uhr MESZ das Computerspiel [Name], das von der Fa. [Name] entwickelt wurde, über ihren Internetanschluss zum Herunterladen verfügbar gemacht. Dieses Spiel ist von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien mit Entscheidung vom 17.11.2011 zunächst in Teil B der Liste der jugendgefährdenden Medien eingetragen und mit Beschluss vom 31.01.2012 nach Teil A dieser Liste umgetragen worden und unterliegt aus diesem Grund bestimmten Vertriebsbeschränkungen; insbesondere darf es nicht Kindern oder Jugendlichen überlassen werden.


Die Klägerin behauptet,
sie sei ausschließliche Inhaberin der Verwertungsrechte an dem genannten Computerspiel. Sie behauptet weiter, über den Internetanschluss der Beklagten sei am 06. Dezember 2012 um 22:45:53 Uhr und um 22:58:35 Uhr MESZ das Computerspiel [Name] illegal über eine so genannte Tauschbörse heruntergeladen und dabei gleichzeitig Dritten zum Herunterladen zur Verfügung gestellt worden.

Die Klägerin ist der Auffassung,
dass gegen die Beklagte als Anschlussinhaberin ein Beweis des ersten Anscheins dahingehend spreche, dass sie diesen Urheberrechtsverstoß selbst begangen habe.

Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin
1. einen Betrag von 859,80 EUR nebst jährlicher Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 05.02.2013 zu zahlen;
2. einen weiteren Betrag von 640,20 EUR nebst jährlicher Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 05.02.2013 zu zahlen.



Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Die Beklagte bestreitet die Aktivlegitimation der Klägerin; unter anderem mit der Begründung, dass das Spiel [Name] wegen seines gewaltverherrlichenden Inhalts gegen § 131 StGB verstoße, so dass die Übertragung von Rechten daran gem. § 134 BGB nichtig sei.

Sie behauptet,
bei der Klägerin handele es sich um eine Urheberrechtsverwertungsgesellschaft, die mangels Anzeige ihrer Tätigkeit an das Deutsche Patent- und Markenamt in München, die die Beklagte ausdrücklich bestreitet, zur Wahrnehmung von Urheberrechten in Deutschland gern. § 84 VGG nicht berechtigt sei.

Die Beklagte behauptet ferner,
zum Zeitpunkt der behaupteten Rechtsverletzung habe das Internet an ihrem Wohnort [Name] nur mit sehr geringen Übertragungsraten funktioniert, so dass in dem hier streitgegenständlichen Zeitraum von ca. 12 Minuten allenfalls ein geringer Teil des Computerspiels [Name] habe öffentlich zugänglich gemacht werden können. Zudem sei am 06.12.2012 der Internetanschluss der Beklagten nach einem Umzug Anfang Dezember 2012 noch gar nicht freigeschaltet gewesen.


Für den weiteren Vortrag der Parteien wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung am 14.12.2016 und am 22.02.2017.

Nach dem Mahnverfahren ist der Rechtsstreit zunächst an das Amtsgericht Gießen abgegeben worden, das mit Beschluss vom 23.08.2016 das Verfahren an das AG Frankfurt am Main verwiesen hat.




Entscheidungsgründe

Das Gericht sieht sich zu einer Entscheidung in der Sache in der Lage, ohne erneut über die im Termin am 22.02.2017 überreichten Schriftsätze und Unterlagen zu verhandeln, da diese keinen neuen entscheidungserheblichen Tatsachenvortrag enthalten.

Die Klage ist zulässig, insbesondere ist das Amtsgericht Frankfurt am Main örtlich zuständig.

Dies ergibt sich bereits aus dem Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts Gießen vom 23.08.2016, der gem. § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO für das erkennende Gericht bindend ist. Der Verweisungsbeschluss ist auch nicht willkürlich und damit ausnahmsweise unverbindlich. Im Gegenteil hat das Amtsgericht Gießen die Sache zu Recht an das AG Frankfurt am Main verwiesen, das gem. § 105 UrhG i.V.m. der Hessischen Ausführungsverordnung vom 17.10.1996 für Urheberrechtsstreitigkeiten unter anderem aus
dem Landgerichtsbezirk Gießen örtlich zuständig ist.

Dem steht § 104a UrhG nicht entgegen, wonach in Verbrauchersachen der Wohnsitz des Verbrauchers maßgeblich ist, da diese Regelung gem. § 104 a Abs. 2 ausdrücklich § 105 UrhG unberührt lässt. Letzterer enthält die Rechtsgrundlage für landesrechtliche Zuständigkeitskonzentrationen in Urheberrechtssachen, von der das Land Hessen - in Übereinstimmung mit dem Bundesrecht - Gebrauch gemacht hat.

Die Klage ist bis auf einen Teil der Zinsforderung auch begründet.

Die Klägerin ist aktiv legitimiert. Das Gericht sieht es als erwiesen an, dass die Klägerin ausschließliche Inhaberin der Verwertungsrechte an der Software [Name] ist.

Denn gem. § 10 Abs. 3 UrhG, der hier nicht unmittelbar anwendbar ist, da es nicht um Unterlassungs-, sondern um Schadensersatzansprüche geht, besteht jedenfalls eine Indizwirkung für die Rechteinhaberschaft der Klägerin, die auf der im Handel erhältlichen Software-CD-ROM als Copyright-Inhaberin genannt ist (vgl. BGH, Urteil vom 11.06.2015, Az. I ZR 19/14). Diese Indizwirkung hat die Beklagte nicht entkräftet. insbesondere steht der Übertragung der Verwertungsrechte nicht entgegen, dass das Computerspiel in Deutschland wegen seines jugendgefährdenden Inhalts nicht vertrieben werden dürfe; der Vertrieb ist wie raus dem Beschluss der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien vom 31.01.2012 zu entnehmen - lediglich eingeschränkt.

Die Übertragung der Nutzungsrechte ist nicht gem. § 134 BGB § 131 StGB nichtig.

Ob die Software [Name] gegen § 131 StGB verstößt, kann offenbleiben. Denn wie sich aus deren Eintragung in Teil A der Liste der jugendgefährdenden Medien ergibt, ist ihr Vertrieb nach dem Gesetz nicht uneingeschränkt verboten, sondern lediglich eingeschränkt; die Übertragung von Nutzungsrechten daran damit nicht von vornherein nichtig.

Die Klägerin ist auch nicht gem. § 84 des Verwertungsgesellschaftengesetzes (VGG) an der Wahrnehmung von Urheberrechten gehindert. Es steht schon nicht fest, dass die Klägerin überhaupt eine Verwertungsgesellschaft im Sinne des § 2 VGG ist; insbesondere ist nicht ersichtlich, dass ihre Anteile von ihren Mitgliedern im Sinne des § 7 VGG gehalten werden (§ 2 Abs. 2 Ziff. 1 VGG) oder dass sie nicht auf Gewinnerzielung ausgerichtet ist (§ 2 Abs. 2 Ziff. 2 VGG).

Auch die Eigenschaft der Klägerin als abhängige Verwertungseinrichtung (abhängig. oder beherrscht von welcher Verwertungsgesellschaft, die wiederum die Voraussetzungen des § 2 VGG erfüllt?) ist nicht dargelegt.

Das Gericht geht ferner davon aus, dass das Computerspiel über den Internetanschluss der Beklagten am 06.12.2012 um 22:45:53 Uhr und um 22:58:35 Uhr heruntergeladen und damit gleichzeitig Dritten zur Verfügung gestellt wurde, was eine Verletzung des gern. § 19a UrhG bestehenden Rechts der öffentlichen Zugänglichmachung darstellt.

Die Klägerseite hat konkret und im einzelnen vorgetragen, auf welche Art und Weise sie ermittelt hat, von welchem Anschluss aus der genannte Urheberrechtsverstoß begangen wurde. Dem ist die Beklagte nicht substantiiert entgegen getreten.

Soweit die Beklagte sich darauf beruft, am fraglichen Tag habe ihr "nach ihrer Erinnerung" infolge eines Umzuges gar kein Telefonanschluss zur Verfügung gestanden, und insofern die Einholung einer Auskunft der Deutschen Telekom AG beantragt, ist dies ein Vortrag "ins Blaue hinein", dem nicht nachzugehen ist, da dies auf eine unzulässige Ausforschung des Sachverhaltes hinauslaufen würde. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, Umstände zu ermitteln, die zur Entlastung der Beklagten führen könnten, sondern Sache der Beklagten selbst, konkret mitzuteilen, wann ihr Telefonanschluss freigeschaltet wie Dem genügt ihr Vortrag, sie sei "Anfang Dezember" 2012 umgezogen, und es "einige Tage" gedauert, bis ihr der Telefonanschluss zur Verfügung gestanden habe, nicht.

Auch der Vortrag der Beklagten zur angeblich nicht ausreichenden Leistungsfähigkeit des Internetanschlusses im Ort [Name] steht der Annahme der Täterschaft der Beklagten nicht entgegen. Denn die Klägerin behauptet nicht dass die Beklagte das komplette Computerspiel [Name] am 06.12.2012 zwischen 22:45:53 Uhr und 22:58:35 Uhr heruntergeladen bzw. zum Upload zur Verfügung gestellt habe, was angesichts der vorgetragenen schlechten Übertragungsraten möglicherweise schwierig gewesen wäre. Vielmehr geht ihr Vortrag dahin, dass sie zu diesen beiden Zeitpunkten entsprechende Aktivitäten festgestellt habe; über die tatsächlich notwendige Downloadzeit ist damit nichts gesagt.

Soweit die Beklagte sich darauf beruft, dass nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 11.06.2015, I ZR 19/14) die Vorlage von "Screenshots" des Vorgangs zur Ermittlung der IP-Adresse bzw. des Anschlusses, von dem aus die Urheberrechtsverletzung erfolgt sei, notwendig sei, verkennt sie die Bedeutung der zitierten Entscheidung. Der BGH hat keineswegs ausgeführt, dass die Vorlage von Screenshots Voraussetzung für eine schlüssige Darlegung der Urheberrechtsverletzung sei; vielmehr hat er sich mit deren Bedeutung als Beweismittel auseinandergesetzt. Da die Beklagte im vorliegenden Fall die Ausführungen der Klägerseite zur Ermittlung des Anschlusses, von dem aus die Urheberrechtsverletzung begangen wurde, aber schon nicht substantiiert bestritten hat, kommt es hier auf Beweismittel nicht an.

Schließlich steht der Annahme, dass die Beklagte den Urheberrechtsverstoß beging, nicht entgegen, dass sie in einem gemeinsamen Haushalt mit ihrem Sohn lebte.

Zwar liegt die Darlegungs-und Beweislast für die Täterschaft der Beklagten grundsätzlich bei der Klägerin (BGH, Urteil vom 8. Januar 2014, I ZR 169/12 ("BearShare"); BGH, Urteil vom 11.06.2015, I ZR 75/14 ("Tauschbörse III"), zitiert nach juris). Da die Rechtsverletzung aber über den Internetanschluss der Beklagten begangen wurde, spricht dafür eine tatsächliche Vermutung.

Wird über einen Internetanschluss eine Rechtsverletzung begangen, ist eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers dann nicht begründet, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung (auch) andere Personen diesen Anschluss benutzen konnten (BGH a.a.O.); etwa, weil der Anschluss bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde (vgl. BGH a.a.O.).

Die Beklagte trifft als Inhaberin des Internetanschlusses allerdings eine sekundäre Darlegungslast. Diese führt weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast hinausgehenden Verpflichtung .des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. Der Anschlussinhaber genüg seiner sekundären Darlegungslast dadurch, dass er vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen verpflichtet (BGH a.a.O.).

Dabei reicht es nicht aus, wenn der Anschlussinhaber darlegt, dass bestimmte Personen im Allgemeinen eine Nutzungsmöglichkeit haben, sondern es kommt konkret auf die Situation zum Verletzungszeitpunkt an (BGH, Urteil vom 11.06.2015, I ZR 75/14).

Diesen Anforderungen genügt der Vortrag der Beklagten nicht. Sie hat noch nicht einmal vorgetragen, dass ihr Sohn, dessen Alter im übrigen nicht mitgeteilt worden ist, eigenständigen Zugriff auf ihren Internetanschluss hatte; zudem ist nicht ersichtlich, ob dieser zur Tatzeit überhaupt zu Hause war. Schließlich ist auch nicht vorgetragen, ob und mit welchem Ergebnis die Beklagte ihren Sohn befragt hat, ob er am 06.12.2012 [Name] heruntergeladen habe, ihr Vortrag, ihr Sohn habe "kein Interesse an einem solchen Mordspiel", ist insofern nicht ausreichend.

Gem. § 97a Abs. 3 UrhG hat die Klägerin Anspruch auf Ersatz der Kosten, die ihr für die Abmahnung vom 24.01.2013 entstanden sind. Insofern begegnet weder der angenommene Gegenstandswert von 20.000,00 EUR noch der Ansatz einer 1,3fachen Gebühr rechtlichen Bedenken. Die Beschränkung des Gegenstandswertes auf 1.000,00 EUR gem. § 97a Satz 2 UrhG in der seit dem 09.10.2013 geltenden Fassung greift im vorliegenden Fall nicht ein, da der Sachverhalt zeitlich vor Inkrafttreten dieser Neuregelung liegt.

§ 97 a Abs. 2 UrhG a.F. - mit der darin enthaltenen Beschränkung der Abmahnkosten auf 100,00 EUR - findet keine Anwendung, da weder der Fall einfach gelagert, noch die Rechtsverletzung unerheblich war.

Daneben hat die Klägerin gem. § 97 Abs. 2 UrhG Anspruch auf Schadensersatz, den sie im Wege der Lizenzanalogie berechnen darf. Die Klägerin hat schlüssig dargelegt, dass eine Lizenz zur uneingeschränkten Verbreitung der Software [Name] im Internet, wenn sie denn überhaupt erteilt worden wäre, mit einer Lizenzgebühr mindestens in Höhe des hier geltend gemachten Teilbetrages von 640,20 EUR belegt gewesen wäre. Dem ist die Beklagte nicht substantiiert entgegen getreten.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 280 Abs. 2, 286, 288 BGB. Nachdem der Zugang der Abmahnung vom 24.01.2013 bestritten und nicht bewiesen worden ist, kann die Klägerin Zinsen erst ab dem 19.12.2015 Zinsen verlangen, da nach dem Vortrag des Beklagtenvertreters der Beklagten am 18.12.2016 ein Mahnschreiben zuging.

Die Nebenentscheidungen über Kosten und vorläufige Vollstreckbarkeit ergeben sich aus §§ 281 Abs. 3 Satz 2, 92 Abs. 2, 709 ZPO.




Rechtsbehelfsbelehrung

Diese Entscheidung kann mit der Berufung angefochten werden. Sie ist einzulegen innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem

Landgericht Frankfurt am Main,
Gerichtsstraße 2,
60313 Frankfurt am Main.


Die Frist beginnt mit der Zustellung der in vollständiger Form abgefassten Entscheidung. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600,00 EUR übersteigt oder das Gericht die Berufung in diesem Urteil zugelassen hat. Zur Einlegung der Berufung ist berechtigt, wer durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Die Berufung wird durch Einreichung einer Berufungsschrift eingelegt. Die Berufung kann nur durch einen Rechtsanwalt eingelegt werden.



[Name]
Richterin am Amtsgericht (...)


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2. Amtsgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 14.06.2017, Az. 31 C 2452/16 (23)

Das Amtsgericht sah in dem Copyright-Vermerk auf dem Trägermedium im Zusammenhang mit dem Vortrag zur Rechtekette der Klägerin eine ausreichende Indizwirkung für die Rechteinhaberschaft, die die Beklagte nur abstrakt bestritten hat. Insbesondere, weil die Angaben der Klägerin im Internet ohne weiteres nachvollziehbar gewesen sind, wäre es Sache der Beklagten gewesen, konkret vorzutragen, was sie an den Ausführungen zur Rechteinhaberschaft der Klägerin substantiiert in Abrede stellen will. Auch soweit sich die Beklagte darauf beschränkt hat, die Richtigkeit der Datenermittlung in Anbetracht des ausführlichen Vortrags der Klägerin pauschal zu bestreiten, hat das Amtsgericht sie damit nicht gehört.

Es folgt damit der diesseitigen Auffassung, dass das Bestreiten der Datenermittlung unbeachtlich ist, wenn sich der Anschlussinhaber nicht der ihm zugänglichen Informationsquellen bedient oder sich diesen faktisch verweigert. Der Anschlussinhaber ist auch in dem vorgeschalteten Auskunftsverfahren, das die rechtlichen Auseinandersetzungen zwischen Rechteinhabern und Anschlussinhaber erst möglich macht, Beteiligter und hat Akteneinsichtsrechte. Diese hat er im Rahmen seiner Verteidigung auch wahrzunehmen und sich die Informationen zu verschaffen, die er glaubt, zu seiner Verteidigung zu benötigen. Dazu gehört auch die Akteneinsicht im Auskunftsverfahren bei dem für den Internetserviceprovider zuständigen Landgericht. Dies versetzt ihn in die Lage, Ablauf und Art und Weise der Datenermittlung qualifiziert zu bestreiten und konkret vorzutragen, was an den klägerischen Ausführungen und warum unzutreffend sein soll. Tut er dies nicht, ist das pauschale Bestreiten der Richtigkeit der Datenermittlung unbeachtlich.

Ebenso geht der widersprüchliche Vortrag im Rahmen der Erfüllung sekundärer Darlegungslasten zu Lasten der Beklagten. Behauptet sie zunächst, dass neben ihr keine weiteren Nutzungsberechtigten den Anschluss genutzt haben und verweist sie sodann im Verlaufe des Rechtsstreits auf einen Sohn, ohne allerdings zu dessen konkreter Nutzungsmöglichkeit, seinem Nutzungsverhalten, seinem Nutzungsverhalten zur Tatzeit und zu der Frage seiner möglichen Täterschaft konkret vorzutragen, geht jedoch dies zu Ihren Lasten. Demgemäß wurde die Beklagte auch in diesem Verfahren nach den Anträgen der Klägerin zu Schadensersatz und Übernahme der Anwaltskosten verurteilt.




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(...) - Beglaubigte Abschrift -



Amtsgericht Frankfurt am Main

Aktenzeichen: 31 C 2452/16 (23)



Verkündet lt. Protokoll am:
14.06.2017
[Name], Justizsekretärin
Urkundsbeamtin-/beamter der Geschäftsstelle



Im Namen des Volkes

Urteil




in dem Rechtsstreit


[Name],
Klägerin

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte .rka Reichelt Klute, Johannes-Brahms-Platz 1, 20355 Hamburg,


gegen


[Name],
Beklagter

Prozessbevollmächtigter: [Name],




hat das Amtsgericht Frankfurt am Main durch die Richterin am Amtsgericht Dr. [Name] aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 17.05.2017

für Recht erkannt:

1 Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag von 651,80 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 03.12.2016 zu zahlen sowie einen Betrag in Höhe von 700,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 3.12.2016. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.





Tatbestand

Die Klägerin nimmt den Beklagten wegen einer Urheberrechtsverletzung in Anspruch und verlangt rechtsanwaltliche Abmahngebühren in Höhe von 651,80 EUR sowie Schadensersatz in Höhe von 700,00 EUR.

Mit Schreiben vom 29.08.2013 mahnte die Klägerin den Beklagten wegen Bereithaltens und Anbietens des Computerspiels [Name] zum Download für Dritte ab und forderte ihn unter Fristsetzung zum 09.09.2013 zur Abgabe einer Unterlassungserklärung wegen der streitgegenständlichen Urheberrechtsverletzung auf und unterbreitete dem Beklagten das Angebot, die Angelegenheit durch eine Zahlung von 900,00 EUR zu beenden. Dieses Angebot nahm der Beklagte nicht an und gab lediglich eine Unterlassungserklärung ab. Daraufhin erhob die Klägerin am 29.09.2016 Klage.


Die Klägerin behauptet,
aufgrund vertraglicher Vereinbarung mit den Entwicklern des Computerspiels [Name], der Firma [Name], ausschließliche Nutzungsrechteinhaberin des Computerspiels zu sein. Das Computerspiel oder zumindest Teile seien am 08.05.2013 durch den Internetanschluss mit der IP-Adresse [IP] mittels einer Tauschbörsensoftware zum Herunterladen bereitgehalten worden. Der Beklagte sei zum Zeitpunkt der Verletzungshandlung Inhaber des Anschlusses gewesen. Die Ermittlung des Internetanschlusses sei erfolgt durch die die Dienstleisterin Excipio GmbH, welche von der Klägerin den Auftrag erhalten habe, Downloadangebote von urheberrechtlich geschützten Werken der Klägerin im Internet in Tauschbörsen zu dokumentieren, die Ergebnisse zu bewerten und die Ergebnisse für die Klägerin nach Abgleich der jeweiligen Hashwerte zu sichern. Dafür bediene sie sich einer geeigneten EDV-Software mit dem Namen NARS ("Network Activitiy Recording und Supervision"). Diese Ermittlungssoftware dokumentiere ausschließlich IP-Adressen von Internetanschlüssen, von denen aus Dateien mit dem Computerspiel [Name] im Rahmen eines sog. Peer-to-Peer-Netzwerks öffentlich zum Download zugänglich gemacht würden. Mithilfe dieser Software habe die Klägerin mit Hilfe der Firma Excipio GmbH dem Internetanschluss des Beklagten zurechenbare Verstöße festgestellt und im Rahmen eines Auskunftsverfahrens beim Landgericht Köln unter Angabe der IP-Adresse die Person des Beklagten als. Anschlussinhaber ermittelt. Es stehe daher fest, dass vom Anschluss des Beklagten das streitgegenständliche Spiel heruntergeladen worden sei. Als Anschlussinhaber sei der Beklagte für die Urheberrechtsverletzung verantwortlich und deshalb zum Ersatz der rechtsanwaltlichen Abmahnkosten als auch zum Schadensersatz wegen der Urheberrechtsverletzung verpflichtet. Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass die Urheberrechtsverletzung durch eine andere Person begangen worden sei.


Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag von 651,80 EUR nebst jährlichen Zinsen in Hohe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18. Dezember 2012 zu zahlen;
sowie den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag von 700,00 EUR. nebst jährlichen Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18. Dezember 2012 zu zahlen



Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Die Klägerin sei bereits nicht aktivlegitimiert, weil sie nicht Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte am streitgegenständlichen Spiel sei. Im Übrigen habe es keine Urheberrechtsverletzung vom Internetanschluss des Beklagten gegeben. Es treffe nicht zu, dass ihm der Internetanschluss mit der IP-Adresse [IP] zuzuordnen sei. In einem anderen, nicht näher bezeichneten Verfahren sei der Beklagte ebenfalls von der Klägerin abgemahnt worden aufgrund einer Urheberrechtsverletzung. In diesem Verfahren sei jedoch eine andere IP-Adresse angegeben worden. Zudem komme der Beklagte nicht als Täter in Betracht, weit er im Mai 2013 als Automechaniker tätig gewesen sei und seine Arbeitszeit bereits um 06.30 Uhr begonnen habe. Zur Tatzeit am 08.05.2013 um 23:44:06 Uhr sei er daher längst im Bett gewesen. Ob der minderjährige Sohn des Klägers unerkannt den Computer des Beklagten benutzt habe, sei dem Beklagten nicht bekannt, auch wenn es nicht ausgeschlossen werden könne. Zudem sei der in Ansatz gebrachte Gegenstandswert von 10.000,00 EUR überhöht.


Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen verwiesen.




Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist überwiegend begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zahlung der Rechtsanwaltskosten aus §§ 97a Abs. 1 S. 2 UrhG a.F. sowie auf Zahlung von Schadensersatz im begehrten Umfang aus § 97 Abs. 2 UrhG. Abzuweisen war die Klage teilweise im Hinblick auf den geltend gemachten Zinsanspruch.

Nach Auffassung des Gerichtes hat die Klägerin dargelegt und unter Beweis gesteilt, dass sie Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte am Computerspiel [Name] ist. Nach Rechtsprechung des BGH ist aufgrund der bestehenden Schwierigkeiten des Nachweises der Urheberschaft und der Inhaberschaft von ausschließlichen Nutzungsrechten ein mittelbarer Indizienbeweis zulässig, bei dem mittelbare Tatsachen die Grundlage für die Annahme der Rechtsinhaberschaft liefern. Erst wenn der in Anspruch Genommene konkrete Anhaltspunkte darlegt, die gegen die Richtigkeit der durch den Anspruchsteller vorgetragenen mittelbaren Tatsachen sprechen, ist nach der Rechtsprechung des BGH weitergehender Vortrag des Anspruchsstellers erforderlich (vgl. BGH, Urteil vom 11.06.2015, I ZR 19/14, .zitiert nach juris, Rz. 20). Nach Auffassung des Gerichtes hat die Klägerin Tatsachen vorgetragen, welche einen Indizienbeweis für das ihr zustehende Nutzungsrecht erbringen. Sie hat auf die c-Vermerke hingewiesen, die sich auf der Umverpackung des Spiels [Name] befinden und hat in die Klageschrift Kopien der Umverpackung eingefügt. Ferner hat die Klägerin unter Hinweis auf öffentliche Handelsquellen wie Amazon und einschlägige Fachmedien wie PC-Games dargelegt, dass das Spiel als ein solches von [Name] ausgewiesen wird und zu Gunsten der Klägerin die Marken mit dem Wortbestandteil [Name] beim Deutschen Patent- und Markenamt bzw. beim Harmonisierungsamt in Alicante eingetragen sind unter den Nummern DE302**** bzw. EM01177****. Angesichts dieser konkreten Angaben der Klägerin zu ihrem ausschließlichen Nutzungsrecht weiche ohne weiteres anhand ihrer Angaben im Internet nachvollziehbar sind, reichte das einfache Bestreiten des Beklagten zum ausschließlichen Nutzungsrecht der Klägerin nicht aus. Er hätte vielmehr konkret dazu vortragen müssen, weshalb dennoch Zweifel -am Nutzungsrecht der Klägerin bestehen. Dazu war er auch in der Lage - hätte er doch ohne weiteres die insoweit erteilten Informationen der Klägerin ebenfalls einer Nachprüfung unterziehen können.

Ferner hat die Beklagte auch umfangreich und substantiiert dazu vorgetragen, wie die IP-Adresse des Beklagten ermittelt und dann dessen Person im Rahmen eines Auskunftsverfahrens vor dem Landgericht Köln ermittelt wurde. Soweit der Beklagte lediglich pauschal behauptet, dass die Ermittlungen der Klägerin fehlerhaft seien, ihm die IP-Adresse nicht zuzuordnen sei und auch kein Verstoß sicher nachzuweisen sei, genügte dieser Vortrag nicht, um dem substantiierten Vortrag der Klägerin entgegenzutreten. Es wäre dem Beklagten zumutbar gewesen sich mittels Einsichtnahme in das Auskunftsverfahren vor dem Landgericht Köln einen Überblick über die Ermittlungen der Klägerin zu verschaffen und dann anhand der Einsichtnahme konkret zu erklären, worauf sich seine Zweifel stützen. Soweit der Beklagte seine Zweifel darauf gründet, dass er ein weiteres Mal von der Beklagten abgemahnt worden sei und in dieser Abmahnung eine andere IP-Adresse des Beklagten angegeben sei, unterlässt er es, genaue Angaben zu diesem Verfahren zu machen. Seine Darlegungen sind insoweit bereits nicht einlassungsfähig. Anhaltspunkte für eine Fehlzuordnung sind nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen. Insbesondere ergeben sich solche Anhaltspunkte nicht aus dem Vortrag des Beklagten, dass er zum Zeitpunkt der Urheberrechtsverletzung bereits geschlafen habe. Denn ein einmal in Gang gesetztes Tauschbörsenprogramm kann auch in Abwesenheit des Nutzers bestimmungsgemäß ablaufen (vgl. BGH, Urteil vom 11.06.2015, I ZR 19/14, zitiert nach juris, Rz. 52). Vor diesem Hintergrund war auch dieses Vorbringen nicht geeignet, den substantiierten Vortrag der Klägerin zu entkräften und es bedürfte insoweit auch nicht der Vernehmung der als Zeugin angebotenen Ehefrau des Beklagten. Denn selbst, wenn diese bestätigen sollte sich zu erinnern, dass ihr Ehemann zur Tatzeit im Mai 2013 geschlafen hat, ergäbe sich daraus nicht, dass die Täterschaft des Beklagten ausgeschlossen ist.

Aus der Ermittlung des Beklagten als Inhaber des IP-Anschlusses, von welchem die streitgegenständliche Verletzungshandlung erfolgte, ergibt sich, dass der Beklagte eine widerrechtliche Urheberrechtsverletzung begangen hat. Denn es wird zu Gunsten des Rechteinhabers vermutet, dass der Inhaber eines Internetanschlusses, über den eine Urheberrechtsverletzung begangen wird, Täter der Urheberrechtsverletzung ist. Zwar ist Voraussetzung für das Eingreifen der tatsächlichen Vermutung der Täterschaft des Inhabers nicht nur das Vorliegen einer Verletzungshandlung vom Anschluss des Anspruchsinhabers aus, sondern auch, dass der Anschluss nicht bewusst einer anderen Person zur Nutzung überlassen wurde (OLG München, IVIMR 2016, 195, 196). Im Hinblick auf die Nutzung des Internetanschlusses durch eine andere Person trägt der Anschlussinhaber allerdings die sekundäre Darlegungslast, welche er dadurch erfüllt, dass er nachvollziehbar vorträgt, dass andere Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. Im Rahmen des Zumutbaren ist der Anschlussinhaber auch zu Nachforschungen verpflichtet (BGH, GRUR 2016, 191, 194; BGH NJW 2014, 2360; BGH, NJW 2013, 1441). Der Inhaber eines Internetanschlusses wird der sekundären Darlegungslast gerecht, wenn er nachvollziehbar vorträgt, welche Personen mit Rücksicht auf das Nutzungsverhalten, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht Gelegenheit hatten, die fragliche Verletzungshandlung ohne Wissen und Zutun des Anschlussinhabers zu erfüllen (BGH, GRUR 2016, 191, 194). Der Vortrag des Beklagten erfüllt die Anforderungen der Rechtsprechung nicht. Zum einen ist er widersprüchlich, weil der Beklagte zunächst vortrug, dass keine andere in seinem Haushalt lebende Personen für die Rechtsgutverletzung in Betracht kommt. Später trug er vor; dass sein minderjähriger Sohn in seinem Haushalt lebe und nicht ausgeschlossen werden könne, dass dieser unerkannt den Computer des Beklagten benutzt haben könnte. Aus diesem Vortrag lässt sich nicht entnehmen, welches Nutzungsverhalten der Sohn des Beklagten hatte und ob er die Kenntnisse und Fähigkeiten hatte, die streitgegenständliche Verletzungshandlung zu begehen. Auch verhält sich der Vortrag des Beklagten nicht dazu, ob er im Falle einer Benutzung des Computers durch seinen Sohn seiner Aufsichtspflicht genügt hat und seinen minderjährigen Sohn dahingehend instruiert hat, keine illegalen Downloads zu veranlassen. Vor diesem Hintergrund vermag die Einlassung des Beklagten die für die Klägerin streitende Vermutung nicht zu entkräften.

Aufgrund der gegebenen Urheberrechtsverletzung des Beklagten besteht ein Anspruch aus § 97a Abs. 2 UrhG a.F. auf Erstattung der rechtsanwaltlichen Abmahnkosten. Auf den mit der Klage geltend gemachten Anspruch ist § 97a Abs. 1 UrhG in der bis zum 08.10.2013 anzuwenden, weil die Neuregelung des § 97a UrhG erst am 09.10.2013 und damit nach der Abmahnung vom 29.08.2013 in Kraft trat. Nach dieser Vorschrift soll der Verletzte den Verletzter vor Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens abmahnen und ihm Gelegenheit geben, den Streit durch Abgabe einer mit einer angemessenen Vertragsstrafe bewerten Unterlassungsverpflichtung beizulegen. Soweit die Abmahnung berechtigt ist, kann Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangt werden. Dies ist der Fall, wenn die Abmahnung begründet ist und ihr ein materiell-rechtlicher Unterlassungsanspruch zugrunde lag (BGH, Urteil vom 24.11.2016, Az. I ZR 222/15, Rz. 10). Dies ist hier der Fall. Wie vorstehend dargelegt hatte die Klägerin gegen den Beklagten als Täter der in Rede stehenden Urheberrechtsverletzung einen Unterlassungsanspruch. Auch die Bestimmung des Gegenstandswerts von 10.000,00 EUR und die Berechnung der Abmahnkosten unter Zugrundelegung einer 1,3 Geschäftsgebühr begegnen keinen durchgreifenden Bedenken. Nach der Rechtsprechung des BGH ist bei der Bestimmung des angemessenen Gegenstandswertes des Unterlassungsanspruchs dem Wert des verletzten Schutzrechts angemessen Rechnung zu tragen. Zu berücksichtigen sind der Umfang der Verletzungshandlung und die Aktualität und Popularität des Werkes. Hier handelte es sich um ein im Jahr 2012 erschienenes Computerspiel, welches im durch den Beklagten bereits im Jahr 2013 heruntergeladen und für Dritte zum Download bereitgehalten wurde. Vor diesem Hintergrund erscheint ein Gegenstandswert von 10.000,00 EUR als angemessen (vgl. grundsätzlich BGH, NJOZ 2017, 255). Auch für eine Begrenzung des Anspruchs auf 100,00 EUR nach § 97a Abs. 2 UrhG a.F. ist kein Raum, weil nach Auffassung des Gerichtes die in Rede stehende Rechtsverletzung nicht unerheblich war. Eine solche kommt nur bei einem geringen Ausmaß der Verletzung in qualitativer und quantitativer Hinsicht in Betracht. Dies ist bei der massenhaften Verbreitung urheberrechtlicher Werke in sog. Filesharing-Netzwerken nicht der Fall (OLG Frankfurt am Main, MMR 2014, 687 (689)).

Die Klägerin hat darüber hinaus Anspruch auf Ersatz des fiktiven Lizenzschadens gemäß § 97 Abs. 2 UrhG. Denn der Beklagte hat hier wie vorstehend dargelegt die ausschließlichen Nutzungsrechte der Klägerin verletzt. Das nach § 97 Abs. 2 UrhG erforderliche Verschulden ist gegeben, weil der Beklagte zumindest fahrlässig gehandelt hat. Die Höhe des Schadensersatzanspruchs unterliegt der gerichtlichen Schätzung nach § 287 ZPO. Die Klägerin hat dargelegt, dass angesichts des einmaligen Downloads und des in der Folge gegebenen Bereithaltens zum Herunterladen für Dritte im Internet ein Schadensersatzanspruch von zumindest 700,00 EUR angemessen erscheint. Dieser Einschätzung folgt das Gericht, wobei offen bleiben kann, ob darüber hinaus ein höherer Anspruch auf Schadensersatz besteht, wie die Klägerin behauptet. Im geltend gemachten Umfang jedenfalls hat die Klägerin Anspruch auf Ersatz ihres Schadens.

Nicht durchzudringen vermag die Klägerin jedoch mit ihrem Anspruch auf Zinsen ab dem 8. November 2013. Denn sie hat nicht dargelegt, weshalb ab diesem Zeitpunkt Zinsen im begehrten Umfang zu zahlen sind. Insbesondere lässt sich ihrem Vortrag nicht entnehmen und sie legt auch insoweit kein Schreiben vor, dass der Beklagte bereits vorgerichtlich der im Wege der Klage geltend gemachten Beträge aufgefordert wurde. Die Klägerin legt lediglich das Schreiben vom 29.08.2013 vor, in welchem sie den Beklagten zur und Abgabe einer Unterlassungserklärung und Beilegung der Angelegenheit gegen Zahlung von 900,00 EUR aufforderte. Eine Zahlungsaufforderung im Hinblick auf die im Wege de geltend gemachten Beträge legt sich jedoch nicht vor, weshalb insoweit kein Verzug nach § 286 Abs. 1 BGB eingetreten ist. Denn insoweit hätte zur Begründung des Verzugs vorgerichtlich einer hinreichend bestimmten Zahlungsaufforderung bedürft, welcher sich der Zahlbetrag entnehmen lässt. Es bestand daher lediglich ein Anspruch der Klägerin aus § 291 BGB auf Zinsen ab Rechtshängigkeit und damit ab dem 03.12.2016.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO und der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens insgesamt. Unberücksichtigt bleiben konnte dabei die Teilklageabweisung im Hinblick auf die geltend gemachten Zinsen, weil es sich insoweit um eine nicht streitwerterhöhende Nebenforderung handelte. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 2 ZPO.




Rechtsbehelfsbelehrung

Diese Entscheidung kann mit der Berufung angefochten werden. Sie ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat einzulegen bei dem

Landgericht Frankfurt am Main,
Gerichtsstraße 2,
60313 Frankfurt am Main.


Die Frist beginnt mit der Zustellung der in vollständiger Form abgefassten Entscheidung. Die Berufung ist nur zulässig wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600,00 EUR übersteigt oder das Gericht die Berufung zu diesem Urteil zugelassen hat.

Zur Einlegung der Berufung ist berechtigt, wer durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Die Berufung wird durch Einreichung einer Berufungsschrift eingelegt. Die Berufung kann nur durch einen Rechtsanwalt eingelegt werden.

Darüber hinaus kann die Kostenentscheidung isoliert mit der sofortigen Beschwerde angefochten werden. Sie ist innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen bei dem

Amtsgericht Frankfurt am Main,
Gerichtsstraße 2,
60313 Frankfurt am Main


oder dem

Landgericht Frankfurt am Main,
Gerichtsstraße 2,
60313 Frankfurt am Main


einzulegen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung.

Die sofortige Beschwerde gegen die Kostenentscheidung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR und der Wert des Beschwerdegegenstandes in der Hauptsache 600,00 EUR übersteigt. Beschwerdeberechtigt ist, wer durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist.

Die Beschwerde wird durch Einreichung einer Beschwerdeschrift oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle der genannten Gerichte eingelegt. Sie kann auch zur Niederschrift der Geschäftestelle eines jeden Amtsgerichts erklärt werden, wobei es für die Einhaltung der Frist auf den Eingang bei einem der genannten Gerichte ankommt. Sie ist von dem Beschwerdeführer oder seinem Bevollmächtigten zu unterzeichnen. Die Beschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Soll die Entscheidung nur zum Teil angefochten werden, so ist der Umfang der Anfechtung zu bezeichnen. Die Beschwerde soll begründet werden.



Dr. [Name]
Richterin am Amtsgericht (...)



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3. Amtsgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 21.02.2017, Az. 30 C 2895/16 (20)

Auch in diesem Verfahren hat das Amtsgericht im Vortrag der Klägerin zur Aktivlegitimation unter konkreter Schilderung des vertraglichen Zustandekommens der die Rechteinhaberschaft begründenden Verträge eine Indizwirkung gesehen, die die Beklagte mit ihrem einfachen Bestreiten nicht hat erschüttern können. Es wäre ihre Sache gewesen, hier konkret und substantiiert vorzutragen, was an den Behauptungen der Klägerin zu ihrer Rechteinhaberschaft unzutreffend gewesen sein soll. Auch das Bestreiten der Richtigkeit der Datenermittlung hatte in diesem Verfahren keinen Erfolg. Mit Blick auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verwies das Gericht darauf, dass insbesondere bei Mehrfachermittlungen Fehler auszuschließen gewesen seien. Soweit die Beklagte sodann zunächst schriftsätzlich vorgetragen hat, dass ihr zwölfjähriger Sohn die Möglichkeit gehabt habe, die Verletzungshandlungen zu begehen, in der mündlichen Verhandlung persönlich befragt dann aber ausgeführt hat, dass sie nicht davon ausgehe, dass er die Verletzungshandlungen begangen hat, fehlt es an der ernsthaften Möglichkeit eines alternativen Geschehensablaufs und es bleibt somit bei der gegen die Beklagte streitende Täterschaftsvermutung. Auch in diesem Fall wurde die Beklagte nach den Anträgen der Klägerin im vollem Umfange verurteilt.




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(...) - Beglaubigte Abschrift -



Amtsgericht Frankfurt am Main

Aktenzeichen: 30 C 2895/16 (20)



Verkündet lt. Protokoll am:
21.02.2017
[Name], Justizangestellte
Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle



Im Namen des Volkes

Urteil




In dem Rechtsstreit


[Name],
Klägerin,

Prozessbevollmächtigte: .rka Rechtsanwälte Reichelt Klute, Johannes-Brahms-Platz 1, 20355 Hamburg,



gegen


[Name],
Beklagter

Prozessbevollmächtigter: [Name],




hat das Amtsgericht Frankfurt am Main durch die Richterin am Amtsgericht [Name] aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 21.02.2017

für Recht erkannt:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.351,80 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 15.10.2013 zu zahlen.

Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.





Tatbestand:

Die Parteien streiten um Ansprüche aus einer Urheberrechtverletzung.

Die Klägerin behauptet, ausschließliche Inhaberin der Nutzungsrechte an dem Spiel [Name] zu sein. Die Beklagte habe am [Datum 1] um [Uhrzeit 1] Uhr, um [Uhrzeit 2] Uhr und um [Uhrzeit 3] Uhr sowie am [Datum 2] um [Uhrzeit 1] Uhr und um [Uhrzeit 2] Uhr über den ihm zugeordneten Internetanschluss das Spiel zum Download angeboten. Wegen der Einzelheiten der Ermittlung des Beklagten über die seinem Internetanschluss zugeordneten IP-Adressen [IP 1] und [IP 2] wird auf die Klageschrift nebst Anlagen Bezug genommen. Die Beklagte wurde mit Schreiben vom [Datum] abgemahnt und aufgefordert, eine Unterlassungserklärung abzugeben. Von dieser Möglichkeit hat sie keinen Gebrauch gemacht.

Wegen der streitbefangenen Urheberrechtsverletzung macht die Klägerin einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 700,00 EUR geltend. Nachdem sie den Schadensersatzanspruch vorgerichtlich zunächst durch Mahnschreiben vom xx.xx.2013 geltend gemacht hat, macht sie mit der vorliegenden Klage daneben die durch das Abmahnschreiben verursachten Anwaltskosten in Höhe von 651,80 EUR geltend. Wegen der Berechnung der Klageforderung im Einzelnen wird auf die Klageschrift nebst Anlagen Bezug genommen.



Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag von 651,80 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem xx.xx.2013 sowie einen weiteren Betrag in Höhe von 700,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem xx.xx.2013 zu zahlen.



Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie bestreitet das gesamte tatsächliche Vorbringen der Klägerin zu ihrer Aktivlegitimation, zur Ermittlung seiner IP-Adresse und zur Höhe des geltend gemachten Schadensersatzanspruches sowie der Abmahnkosten. Im Übrigen gehe die Beklagte davon aus, dass ihr in ihrem Haushalt lebender 12-jähriger Sohn die streitgegenständliche Datei ohne ihr Wissen über ihren Anschluss öffentlich zugänglich gemacht habe. Zur Ergänzung des Beklagtenvortrags wird auf die Klageerwiderung Bezug genommen.




Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz sowie Abmahnkosten im zugesprochenen Umfang aus §§ 97 Abs. 2, 19a Urheberrechtsgesetz i.V.m. §§ 249, 252 BGB.

Die Klägerin ist aufgrund entsprechender vertraglicher Vereinbarung mit den Entwicklern des Computerspiers [Name] die ausschließliche Nutzungsrechteinhaberin. Dies steht fest aufgrund des schlüssigen und substantiierten Tatsachenvorbringens der Klägerin in der Klageschrift unter Vorlage der entsprechenden zugrunde liegenden Vereinbarungen nebst Übersetzung in die deutsche Sprache. Gegenüber diesem substantiierten Tatsachenvorbringen ist das einfache Bestreiten der Beklagten nicht ausreichend. Insbesondere sind Zweifel daran, dass die von der Klägerin in der Klageschrift wiedergegebenen Bestandteile der Vereinbarung solche ein und desselben Dokuments sind, nicht begründet. Die Klägerin hat ferner mit der Replik vorgetragen, dass das streitbefangene Spiel [Name] in allen öffentlich zugänglichen Handelsquellen als solches der Klägerin identifiziert wird; bei Amazon und in der Zeitschrift PC-Games werde auf den Link "[Name]" verwiesen. Dabei handele es sich um eine eingetragene Marke der Klägerin. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes in der Entscheidung vom 11.06.2015 zu Az. I ZR 19114 kann sich der Tonträgerhersteller zur Darlegung und zum Beweis seiner Aktivlegitimation in besonderem Maße auf Indizien beziehen. Ein weitergehender Vortrag ist erst erforderlich, wenn vom Verletzer als in Anspruch genommenem konkrete Anhaltspunkte dargelegt werden, die gegen die "Richtigkeit" der vorgetragenen Indizien sprechen. An derartigem Vortrag fehlt es hier, so dass das Gericht die Rechteinhaberschaft der Klägerin als festgestellt erachtet.

Die Klägerin hat den Verstoß der Beklagten gegen § 19a Urheberrechtsgesetz durch Anbieten des streitbefangenen Computerspiels zum Herunterladen am [Datum 1] und [Datum 2]über die ihr zum Tatzeitpunkt zugeordneten IP-Adressen [IP 1] und [IP 2] durch Vorlage der Ermittlungsdaten bezüglich der IP-Adressen und Zeitpunkte der einzelnen Verstöße (mit Uhrzeit- und Datumsangabe), die aufgrund des Einsatzes der Ermittlungs-Software [Name] der Firma [Name] erhoben worden sind, in Verbindung mit der aufgrund des Beschlusses des Landgerichts [Name] vom [Datum] (Anlage K 4, Blatt 130 ff, der Akten) eingeholten Auskunft der [Providername] (Anlage K 4, Blatt 148 ff. der Akten) schlüssig dargelegt. Der Vortrag der Beklagten zur Fehlerhaftigkeit der Ermittlungen ist nicht geeignet, Zweifel an der Richtigkeit des Klägervortrags zu begründen. Zwar trifft es zu, dass bei der Ermittlung von Urheberrechtsverletzungen und bei der Feststellung und Zuordnung von IP-Adressen im Zusammenhang mit Filesharing-Verfahren Fehler aufgetreten sind, da es sich um Massenverfahren handelt. Mit der genannten Problematik hat sich u.a. der Sachverständige Morgenstern im CR 3/11, Seite 203 ff. in seinem Beitrag "Zuverlässigkeit von IP-Adressen-Ermittlungssoftware" ausführlich auseinandergesetzt.

Es entspricht allerdings inzwischen gefestigter Rechtsprechung der Instanzgerichte und des Bundesgerichtshofs zum Themenkomplex "Filesharing-Verfahren", dass jedenfalls bei Mehrfachermittlungen ein Beweis des ersten Anscheins für die Richtigkeit der Ermittlung spricht. Die Klägerin hat im gegebenen Fall schlüssig dargelegt, dass insgesamt fünf Verstöße über jeweils einen der Beklagten zugeordneten Internetanschluss begangen worden sind. Die Mehrfachermittlung desselben Anschlussinhabers innerhalb eines verhältnismäßig kurzen Zeitraums spricht für die Richtigkeit der Ermittlung. Es ist gerichtsbekannt, dass die Filesharing-Software in der Regel so programmiert ist, dass mehrere Angebote zum Herunterladen in nahem, zeitlichem Zusammenhang erfolgen. Dass im vorliegenden Fall an zwei Tagen zwei unterschiedliche IP-Adressen ermittelt worden sind, entspricht ebenfalls den tatsächlichen Gegebenheiten im streitbefangenen technischen Zusammenhang: Einem Internetanschluss werden "automatisch" und in einem stetigen Zyklus neue IP-Adressen zugeordnet.

Den nach alledem für die Richtigkeit der erfolgten Ermittlung der Beklagten sprechenden Anscheinsbeweis hat diese nicht erfolgreich entkräftet. Die Beklagte hat lediglich vorgetragen, dass auch ihr 12-jähriger Sohn ohne ihr Wissen über ihren Anschluss die streitbefangene Datei öffentlich zugänglich gemacht haben könne. Auf entsprechende Nachfrage in der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte dann jedoch klarstellen lassen, dass sie nicht davon ausgehe, dass ihr Sohn der Täter sei. Zur Entkräftung des gegen den Anschlussinhaber sprechenden Anscheinsbeweises bedarf es jedoch des Vortrags von Tatsachen, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit der Täterschaft einer anderen Person als derjenigen des Anschlussinhabers ergibt. Es kann dabei dahinstehen, ob der Anschlussinhaber in diesem Zusammenhang zu detaillierten Nachforschungen verpflichtet ist und konkrete Anhaltspunkte für die täterschaftliche Begehung durch ein konkret zu benennendes Familienmitglied vortragen muss (so der Bundesgerichtshof der bisherigen Rechtsprechung) oder ob vor dem Hintergrund des grundgesetzlichen Schutzes von Ehe und Familie in Art. 6 GG eine namentliche Benennung nicht zumutbar ist und die Behauptung der Möglichkeit einer Begehung durch ein im Haushalt des Anschlussinhabers lebendes anderes Familienmitglied genügt (so der Bundesgerichtshofs in seiner jüngsten Entscheidung zu dieser Fragestellung - Urteil vom 06.10.2016 zu Az. 1 ZR 154/15). Denn der Vortrag der Beklagten genügt in beiden Fällen den gestellten Anforderungen gerade nicht, da die Täterschaft des Sohnes explizit geleugnet wird.

Die Klägerin hat auch die Höhe des ihr zustehenden Schadensersatzes schlüssig dargelegt. Der Schadensersatz ist nach demjenigen Betrag zu bemessen, den die Beklagte hätte bezahlen müssen, wenn sie mit der Klägerin einen Lizenzvertrag geschlossen hätte (Grundsätze der Lizenzanalogie). Der hierzu gehaltene Tatsachenvortrag der Klägerin ist nicht zu beanstanden, insbesondere, was den Ansatz einer Gebühr in Höhe von 30,00 EUR pro Download anbelangt. Nach unbestrittenem Klägervorbringen befand sich das streitbefangene Computerspiel in der Phase der Erster Wertung, in der regelmäßig Kaufpreise in Höhe von 50,00 EUR erzielt werden. Da die Beklagte im Rahmen des streitbefangenen Filesharingangebots das Computerspiel für eine unübersehbare Anzahl von Nutzern über den Zeitraum von mindestens zwei Tagen zugänglich gemacht hat, erscheint der Ansatz eines fiktiven Lizenzentgelts in Höhe von 700,00 EUR als angemessen (§ 287 ZPO).

Die Klägerin kann von der Beklagten gemäß § 97a Abs. 1 S. 2 Urheberrechtsgesetz auch Ersatz der Abmahnkosten für die berechtigte vorgerichtliche Abmahnung in zugesprochenem Umfang verlangen. Was die Höhe des Gegenstandswerts für die Abmahnkosten anbelangt, sind die von der Klägerin zugrunde gelegten 10.000,00 EUR nicht zu hoch. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat einen Gegenstandswert in Höhe von 6.000,00 EUR für das Filesharing eines einzelnen Musikstücks unbeanstandet gelassen (OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 15.07.2014 zu Az.11 U 115/13, zit. nach juris). Bei einem unerlaubten Anbieten eines Computerspiels erscheint mithin ein Betrag von 10.000,00 EUR als angemessen, da im Vergleich zu einem Musiktitel, der in der Regel zwischen 3 und 10 Minuten lang ist, ein Computerspiel eine erheblich größere Komplexität und Datendichte sowie ein höheres Datenvolumen sowie eine umfangreichere Verkörperung der sich im Werk niederschlagenden geistigen Leistung aufweist.

Der Beklagten ist nicht darin zu folgen, dass die Forderung nach Kostenersatz für die Abmahnung der Höhe nach gemäß § 97a Abs. 2 des Urheberrechtsgesetzes a.F. zu deckeln sei. Nach dieser Vorschrift ist der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen für die erstmalige Abmahnung in einfach gelagerten Fällen mit einer nur unerheblichen Rechtsverletzung außerhalb des geschäftlichen Verkehrs auf 100,00 EUR beschränkt. Im Streitfall liegt aber gerade eine nicht unerhebliche Rechtsverletzung vor. Zwar ist nur ein Computerspiel betroffen. Die vorliegende Rechtsverletzung ist aber nach den gemäß § 97a Abs. 2 Urheberrechtsgesetz a.F. anzuwendenden Maßstäben qualitativ nicht als unerheblich zu bewerten. Die internetbegangenen Urheberrechtsverstöße können in ihrer Häufung zu erheblichen Umsatzeinbußen in der betroffenen Branche führen. Wer ein Computerspiel in einer Internettauschbörse zum Herunterladen anbietet, handelt im Allgemeinen nicht rein altruistisch. Er strebt zumindest mittelbar einen wirtschaftlichen Vorteil an, weil er eigene finanzielle Aufwendungen für den erwünschten Erwerb der vom Tauschpartner kostenfrei bezogenen Werke erspart. Er nimmt dabei in Kauf, dass sich dies negativ auf den Vermarktungserfolg des Rechteinhabers auswirkt (vgl. LG Frankfurt am Main, Urteil vom 08.07.2015 zu Az. 2-6 S 21114).

Die Zinsforderung ist begründet unter Verzugsgesichtspunkten (§§ 280 ff. BGB).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.




Rechtsbehelfsbelehrung:

Diese Entscheidung kann mit der Berufung angefochten werden. Sie ist einzulegen innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem

Landgericht Frankfurt am Main,
Gerichtsstraße 2,
60313 Frankfurt am Main.


Die Frist beginnt mit der Zustellung der in vollständiger Form abgefassten Entscheidung. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600,00 EUR übersteigt oder das Gericht die Berufung in diesem Urteil zugelassen hat. Zur Einlegung der Berufung ist berechtigt, wer durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Die Berufung wird durch Einreichung einer Berufungsschrift eingelegt. Die Berufung kann nur durch einen Rechtsanwalt eingelegt werden.



[Name]
Richterin am Amtsgericht



Beglaubigt
Frankfurt am Main, 10.03.2017
[Name] Justizangestellte
Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Amtsgerichts (...)



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4. Amtsgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 24.04.2017, Az. 30 C 2793/16 (87)

Die unkontrollierte Öffnung des Internetanschlusses für minderjährige Dritte, insbesondere Freunde der eigenen Kinder, begründet die Haftung des Anschlussinhabers für die im Filesharing begangene Rechtsverletzung unter störerschaftlichen Gesichtspunkten. Der Umfang der Störerhaftung bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist. Diese Prüfungspflichten hat die Beklagte im vorliegenden Fall verletzt. Sie hat dadurch, dass sie ihren Internetanschluss auch den minderjährigen Freunden ihrer Kinder überließ, diese aber nicht hinreichend hinsichtlich der Nutzung des Anschlusses instruierte, die gebotenen Sicherheitsmaßnahmen unterlassen. Die nahezu jederzeitige unbewachte Nutzungsmöglichkeit ihres Anschlusses durch minderjährige Dritte hat eine Ursache dafür gesetzt, dass ein Dritter über ihren unzureichend gesicherten Anschluss die in Rede stehende Urheberrechtsverletzung begehen konnte. In der Folge haftete die Beklagte in diesem Fall für die geltend gemachten Anwaltskosten.




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(...) - Beglaubigte Abschrift -



Amtsgericht Frankfurt am Main

Aktenzeichen: 30 C 2793/16 (87)



Verkündet lt. Protokoll am:
24.04.2017
[Name], Justizfachangestellte
Urkundsbeamtin-/beamter der Geschäftsstelle



Im Namen des Volkes

Urteil




In dem Rechtsstreit


[Name],
Klägerin

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte .rka Rechtsanwälte Reichelt und Partner, Johannes-Brahms-Platz 1, 20355 Hamburg,



gegen


[Name],
Beklagte

Prozessbevollmächtigter: [Name],




hat das Amtsgericht Frankfurt am Main durch die Richterin [Name] aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 10.04.2017

für Recht erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 651,80 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.02.2013 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 57% und die Beklagte 43% zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.





Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der Beklagten Schadensersatz sowie Ersatz der durch eine Abmahnung entstandenen Rechtsanwaltskosten aufgrund des unerlaubten Anbietens eines Computerspiels über den Internetanschluss der Beklagten ("Filesharing").

Die Klägerin ist Inhaberin der Nutzungs- und Verwertungsrechte zur Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentlichen Zugänglichmachung des Computerspiels [Name]. Das Spiel wurde am 06.09.2011 in den USA und am 09.09.2011 in der EU erstveröffentlicht. Bis zum Februar 2013 wurden über 5 Millionen Exemplare des Spiels verkauft.

Über den Internetanschluss der Beklagten wurde dieses Computerspiel am 15.12.2012 um 14:16:38 Uhr und 14:38:40 Uhr ohne Verwertungsrechte seitens der Klägerin zum Download angeboten.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 14.02.2013 wurde die Beklagte abgemahnt und unter Fristsetzung zum 25.02.2013 zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung sowie zur Zahlung eines Pauschalbetrages in Höhe von 1.500,00 EUR aufgefordert.

Die Beklagte gab daraufhin eine vorbehaltlose Unterlassungserklärung ab, Zahlungen leistete sie nicht.



Die Klägerin beantragt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag von 859,80 EUR nebst jährlicher Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 26. Februar 2013 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen weiteren Betrag über 640,20 EUR nebst jährlicher Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 26. Februar 2013 zu zahlen.



Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet,
sie habe die Urheberrechtsverletzung nicht begangen, sie kenne das streitgegenständliche Computerspiel nicht und spiele generell keine Computerspiele. Weiter behauptet sie, zum Zeitpunkt der Urheberrechtsverletzung hätten neben der Beklagten deren Ehemann und die beiden damals noch minderjährigen Kinder im Haushalt der Beklagten gelebt. Alle vier Familienmitglieder hätten Zugriff auf den Internetanschluss der Beklagten und hätten den Internetanschluss auch zum Tatzeitpunkt genutzt. Der Sohn der Beklagten habe im Zeitraum der Urheberrechtsverletzung regelmäßig Besuch von Freunden gehabt. Aufgrund des großen Kreises potentieller Urheberrechtsverletzer habe sich nicht mehr klären lassen, ob und von wem seinerzeit ein Down- bzw. Upload versucht worden sei. Die Beklagte behauptet, sie habe ihre Kinder darüber belehrt, dass sie im Internet keine Urheberrechtsverletzungen begehen dürfen. Ferner behauptet sie, dass eine Urheberrechtsverletzung schon deshalb nicht vorläge, da die streitgegenständliche Datei aller Wahrscheinlichkeit nach passwortgeschützt und das dazugehörige Passwort im heruntergeladenen Datenpaket sicher Weder enthalten, noch dem angeblichen Täter des Downloads bekannt gewesen sei. Jedenfalls bestreitet sie, dass die heruntergeladene Datei eine lauffähige Version des Computerspiels [Name] enthalten habe.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen [Name], [Name] und [Name]. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 10.04.2017 (Bl. 111 ff. d.A) Bezug genommen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die tatsächlichen Feststellungen in den nachfolgenden Entscheidungsgründen Bezug genommen.




Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig. Die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Frankfurt ergibt sich aus den §§ 104, 105 UrhG i.V.m. § 7 Ziff. 1 der Verordnung über die Zuständigkeit der Amtsgerichte und der Landgerichte in Urheberrechtsstreitsachen vom 16.09.2008 (HessGVBl. I 08, S. 1191).

Die Klage ist auch zum Teil in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Ersatz der durch die Abmahnung vom 14.02.2013 entstandenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 651,80 EUR aus § 97a Abs. 1 S. 2 UrhG a. F.

Zwar haftet die Beklagte nicht als Täterin der begangenen Urheberrechtsverletzung. Jedoch haftet sie als Störer wegen einer von einem Dritten begangenen Urheberrechtsverletzung auf Unterlassung. Die Abmahnung war insofern berechtigt.

Als Störer kann bei der Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer - ohne Täter oder Teilnehmer zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechts beträgt. Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die nicht selbst die rechtswidrige Beeinträchtigung vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers die Verletzung von Prüfpflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (vgl. BGH GRUR 2010, 633 - Sommer unseres Lebens). Die Beklagte hat dadurch, dass sie ihren Internetanschluss auch den minderjährigen Freunden ihrer Kinder überließ, diese aber nicht hinreichend hinsichtlich der Nutzung des Anschlusses instruierte, und ihren Anschluss nur mit dem standardmäßig vergebenen Modemschlüssel sicherte, die gebotenen Sicherheitsmaßnahmen unterlassen Die nahezu jederzeitige unbewachte Nutzungsmöglichkeit ihres Anschlusses durch minderjährige Dritte hat eine Ursache dafür gesetzt, dass ein Dritter über ihren unzureichend gesicherten WLAN-Anschluss - nämlich nur durch das von den Freunden des Sohnes jederzeit auf dem Modem ablesbare Passwort - die in Rede stehende Urheberrechtsverletzung begehen konnte (vgl. BGH a.a.O.).

Eine Urheberrechtsverletzung liegt auch vor. Die Behauptung der Beklagten, dass die streitgegenständliche Datei aller Wahrscheinlichkeit nach passwortgeschützt und das dazugehörige Passwort im heruntergeladenen Datenpaket sicher weder enthalten noch dem angeblichen Täter des Downloads bekannt gewesen sei, ist eine reine Behauptung ins Blaue und durch nichts belegt. Bei den in Peer-to-Peer-Netzwerken angebotenen Dateien handelt es sich gerichtsbekannt in aller Regel um Raubkopien, bei denen der Kopierschutz der Originaldateien gerade umgangen wurde. Dass vorliegend von einer anderen Prämisse auszugehen ist, wurde weder vorgetragen noch belegt. Das bloße Bestreiten der Beklagten, dass die heruntergeladene Datei keine lauffähige Version des Computerspiels [Name], ist vor dem Hintergrund, dass die Funktions- und Lauffähigkeit der heruntergeladenen Datei bereits vor dem LG Köln dargelegt und mittels eidesstattlicher Versicherung eines Mitarbeiters der Firma Excipio nachgewiesen wurde, nicht ausreichend.

Der Höhe nach können die Abmahnkosten aus einem Gegenstandswert in Höhe von 10.000,00 EUR für das streitgegenständliche Computerspiel berechnet werden. Der Genstandwert einer Abmahnung wegen Verletzung eines Schutzrechts ist nach § 23 Abs. 3 S. 2 RVG nach billigem Ermessen zu bestimmen. Gegenstand der Abmahnung ist ein Unterlassungsanspruch. Der Wert eines solchen Anspruchs bestimmt sich nach dem Interesse des Anspruchstellers an der Unterbindung weiterer gleichartiger Verstöße. Dieses Interesse ist pauschalierend unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu bewerten und wird maßgeblich durch die Art des Verstoßes, insbesondere seine Gefährlichkeit und Schädlichkeit für den Inhaber des verletzten Schutzrechts bestimmt. Bei der Bewertung des Interesses der Rechtsinhaber an der Abwehr künftiger Verletzungshandlungen muss insbesondere das einer fortgesetzten Rechtsverletzung innewohnende Gefährdungspotenzial für das Schutzrecht insgesamt und dessen wirtschaftliche Auswertung berücksichtigt werden (vgl. BGH GRUR 2016, 1280 - Everytime we touch). Bei der Bemessung des Gegenstandswert hat das Gericht folgende Faktoren berücksichtigt einerseits die Unkontrollierbarkeit der Verbreitung illegal zum Download angebotener Dateien im Netz sowie der erhebliche Datenwert eines Computerspiels, bei dem regelmäßig von einem höheren Gegenstandswert ausgegangen werden muss als beispielsweise bei nur einem Musiktitel (vgl. BGH, Urteil vom 12.05.2016, I ZR 43115 - BeckRS 2016, 20394); anderseits lag vorliegend die Erstveröffentlichung des Computerspiels zum Zeitpunkt der Urheberrechtsverletzung bereits mehr als ein Jahr zurück und es ist entgegen der Ansicht der Klägerin nicht von einer "erheblichen Popularität" des Spiels auszugehen. Zwar wurden von September 2011 bis Februar 2013 mehr als 5 Millionen Exemplare des Computerspiels [Name] verkauft. Dies allein spricht jedoch nicht für die "erhebliche Popularität" des streitgegenständlichen Spiels. Vielmehr erachtet das Gericht eine solche Verkaufszahl weltweit in einem Zeitraum von 1 1/2 Jahren als nicht derart überdurchschnittlich, dass von einer besonderen Beliebtheit des Spiels ausgegangen werden muss. Hinzu kommt, dass die Verkaufszahlen regelmäßig im Jahr der Erstveröffentlichung höher liegen als danach. Vorgetragen wurde nur zu den Verkaufszahlen im Zeitraum September 2011 bis Februar 2013, nicht jedoch konkret zu den Zahlen im Zeitraum rund um die Urheberrechtsverletzung im Dezember 2012. Der BGH (a.a.O.) erachtet bei einem durchschnittlich erfolgreichen Computerspiel, das nicht allzu lange nach seinem Erscheinungstermin öffentlich gemacht wird, einen Gegenstandswert von nicht unter 15.000,00 EUR für angemessen. Da die Erstveröffentlichung vorliegend bereits mehr als ein Jahr zurück lag, erachtet das Gericht einen Gegenstandswert von 10.000,00 EUR für angemessen und ausreichend.

Der Anspruch ist der Höhe nach weder gem. § 97a Abs. 3 UrhG noch gem. § 97a Abs. 2 UrhG a.F. gedeckelt. § 97a Abs. 3 UrhG ist auf Altfälle nicht übertragbar, vielmehr kommt es auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Abmahnung an (vgl. BGH, Urteil vom 28.09.2011, I ZR 145/10 - MMR 2012, 39). Die Deckelung des § 97a Abs. 2 UrhG a.F. greift dagegen nur bei unerheblichen Rechtsverletzungen und in einfach gelagerten Fällen ein. Beides ist im Falle des Filesharing nicht gegeben (vgl. LG Köln NJOZ 2010, 1931).

Aus einem Gegenstandswert von 10.000,00 EUR errechnen sich - unter Zugrundelegung der Anlage 2 des RVG, Stand: 14.02.2013 (Zeitpunkt der Abmahnung) - Anwaltsgebühren in Höhe von 651,80 EUR (1,3 Geschäftsgebühr gern. VV 2300 + Auslagenpauschale gern. W 7002).

Der zugesprochene Zinsanspruch beruht auf § 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB.
fahrlässig verletzt.

Der Klägerin steht ein Anspruch auf Schadensersatz (aus Lizenzanalogie) nicht zu. Ein Anspruch der Klägerin ergibt sich weder aus § 97 Abs. 2 S. 1 UrhG noch aus einer sonstigen Anspruchsgrundlage. Die Beklagte hat das Urheberrecht der Klägern nicht vorsätzlich oder fahrlässig verletzt.

Die tatsächliche Vermutung ihrer Täterschaft als Inhaberin des Anschlusses, über den die Urheberrechtsverletzung begangen wurde, hat sie erschüttert. Die Beklagte ist ihrer sekundären Darlegungslast nachgekommen, indem sie vorgetragen hat, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugriff zu ihrem Internetanschluss hatten und als Täter der Urheberrechtsverletzung in Betracht kommen (vgl. BGH MMR 2014, 547 - BearShare). Zudem steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichtsfest, dass die fragliche Verletzungshandlung tatsächlich von einem Dritten mit alleiniger Tatherrschaft begangen worden sein kann (vgl. BGH GRUR 2016, 1280 - Everytime we touch) und die Beklagte die von ihr zu erwartenden Nachforschungen zur Ermittlung des Täters angestellt hat (vgl. BGH MMR 2014, 547 - BearShare).

Sämtliche Zeugen haben den Vortrag der Beklagten, wonach zum Tatzeitpunkt alle Familienmitglieder sowie Freunde des Sohnes Zugriff auf den Internetanschluss der Beklagten hatten, bestätigt. Der Zeuge [Name] sowie die Zeugin [Name] haben zudem glaubhaft ausgesagt, dass der Sohn der Beklagten, der Zeuge [Name], einen eigenen PC in seinem Zimmer und so die Möglichkeit des alleinigen unbewachten Zugriffs auf den Internetanschluss gehabt habe. Zwar war es dem Zeugen [Name] nicht mehr erinnerlich, ob er im Dezember 2012 einen eigenen PC in seinem Zimmer hatte. Allerdings hat auch er ausgesagt, dass er seinen Freunden Zugriff auf den elterlichen PC verschafft habe, wobei seine Eltern nach deren glaubhaften Schilderungen nichtpermanent zugegen waren.

Die Beklagte hat insofern im Rahmen ihrer informatorischen Anhörung angegeben, lediglich zu vermuten, dass ihr Sohn gemeinsam mit seinen Freunden im Internet gewesen sei. Der Zeuge [Name] hat ausgesagt, viel zu arbeiten und manchmal erst um 20:00 Uhr nach Hause zu kommen. Beiden Angaben lässt sich entnehmen, dass die Beklagte sowie ihr Ehemann bei nachmittäglichen Besuchen der Freunde ihres Sohnes nicht permanent (überwachend) zugegen waren. Hiernach kann der Internetanschluss hinter dem Rücken der Beklagten für illegales Filesharing genutzt worden sein.

Die Beklagte hat im Rahmen ihrer informatorischen Anhörung auch glaubhaft geschildert, ihre Kinder und insbesondere ihren Sohn zu möglichen Tätern der Urheberechtsverletzungen befragt zu haben. Die Nachforschungen waren jedoch ergebnislos. Der Zeuge [Name] hat hierzu ausgesagt, nach der erhaltenen Abmahnung den PC seines Sohnes überprüft zu haben und dabei eine Filesharing-Software gefunden zu haben, jedoch sei in den Downloadfiles des PCs das streitgegenständliche Computerspiel nicht enthalten gewesen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.




Rechtsbehelfsbelehrung

Diese Entscheidung kann mit der Berufung angefochten werden. Sie ist einzulegen innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem

Landgericht Frankfurt am Main,
Gerichtsstraße 2,
60313 Frankfurt am Main.


Die Frist beginnt mit der Zustellung der in vollständiger Form abgefassten Entscheidung. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600,00 EUR übersteigt oder das Gericht die Berufung in diesem Urteil zugelassen hat. Zur Einlegung der Berufung ist berechtigt, wer durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Die Berufung wird durch Einreichung einer Berufungsschrift eingelegt. Die Berufung kann nur durch einen Rechtsanwalt eingelegt werden.



[Name]
Richterin (...)



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5. Amtsgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 31.08.2017, Az. 30 C 2166/16 (71)

Ergibt die Beweisaufnahme, dass die von der Beklagtenseite geschilderte ernsthafte Möglichkeit eines alternativen Geschehensablaufs nicht gegeben ist, bleibt es bei der gegen die Beklagte streitenden Täterschaftsvermutung. Im vorliegenden Fall hatte die Beklagte vorgetragen, dass sie selbst zu den Ermittlungszeitpunkten nicht zu Hause gewesen sei und die Verletzungshandlung nicht begangen habe. Ebenso wenig sei ihr Mann anwesend gewesen. Hingegen waren Schwiegereltern und Sohn der Beklagten vor Ort. Auf Grundlage dieses Vortrags hat das Gericht eine Beweisaufnahme durchgeführt, bei der der Ehemann der Beklagten glaubhaft bekundete, die Rechtsverletzung selbst nicht begangen zu haben, ebenso wenig wie seine Eltern, die sich für Computerdinge nicht interessierten. Auch der als Zeuge vernommene Sohn wies die Möglichkeit der Verletzungshandlung durch ihn von sich. Er nutze zwar Computer, erwerbe Computerspiele aber ausschließlich legal und habe die Verletzungshandlung nicht begangen. Das Gericht hatte nach Würdigung des Beweisergebnisses keinerlei Anhaltspunkte, an der Richtigkeit der Zeugenaussagen zu zweifeln und sah damit folgerichtig die gegen die Beklagte streitende Täterschaftsvermutung durch ihren Vortrag als nicht widerlegt an. Nach der Beweisaufnahme fehle es an der ernsthaften Möglichkeit eines alternativen Geschehensablaufs, der die Beklagte entlastet und in der Folge wurde sie vollen Umfangs nach den Anträgen der Klägerin verurteilt.




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(...) - Beglaubigte Abschrift -



Amtsgericht Frankfurt am Main

Aktenzeichen: 30 C 2166/16 (71)



Verkündet lt. Protokoll am:
31.08.2017
[Name], JAe.
Urkundsbeamtin-/beamter der Geschäftsstelle



Im Namen des Volkes

Urteil




In dem Rechtsstreit


[Name],
Klägerin

Prozessbevollmächtigte: .rka Rechtsanwälte, Johannes-Brahms-Platz 1, 20355 Hamburg,



gegen


[Name],
Beklagte

Prozessbevollmächtigte: [Name],




hat das Amtsgericht Frankfurt am Main durch Richterin am Amtsgericht [Name] im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO mit Erklärungsfrist bis zum 24.08.2017

für Recht erkannt:

Das Versäumnisurteil vom 01.12.2016, Az. 30 C 2166/16 (71), bleibt aufrecht erhalten.

Die Beklagte hat die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 410 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil darf nur gegen Leistung dieser Sicherheit fortgesetzt werden.





Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der Beklagten Zahlung von Abmahnkosten sowie Schadensersatz im Wege der Lizenzanalogie aufgrund einer behaupteten Urheberrechtsverletzung in einem Peer-to-Peer-Netzwerk.

Die Klägerin beruft sich auf ausschließliche Nutzungs- und Vertriebsrechte an dem im September 2011 erschienen Computerspiel [Name].

Die Beklagte war zum Tatzeitpunkt Inhaberin eines Internetanschlusses, dessen Provider die deutsche Telekom AG war.

Zwischen den Parteien ist streitig, ob vom Anschluss der Beklagten mittels der Filesharing Tauschbörse µtorrent 3.2.0 das Urheberrecht der Klägerin verletzend am 01.09.2012 um 23:18:37 Uhr, am 04.09.2012 um 17:41:59 Uhr und am 04.09.2012 um 17:46:34 Uhr unter der der Beklagten am 01.09.2012 zugeordneten IP Adresse [IP 1] und am 04.09.2012 zugeordneten IP Adresse [IP 2] das o.a. Computerspiel herunter- respektive hochgeladen wurde.

Die Beklagte lebte jedenfalls zu den streitgegenständlichen Zeitpunkten mit ihrem Ehemann [Name] und ihrem damals minderjährigen Sohn [Name] im Familienhaushalt zusammen.

Die Klägerin ließ die Beklagte mit Schreiben vom 23.11.2012 unter Fristsetzung abmahnen. Es wurde eine Unterlassungserklärung abgegeben.

Die Klägerin begehrt von der Beklagten im Wege der Lizenzanalogie Schadensersatz in Höhe von 640,20 EUR und auf Basis eines Streitwertes von 20.000,00 EUR Abmahnkosten in Höhe von 859,80 EUR.

Am 01.12.2016 ist gegen die Beklagte ein Versäumnisurteil ergangen, das der Beklagten am 13.12.2016 zugestellt worden ist. Mit Schriftsatz vom 16.12.2016, bei Gericht eingegangen am gleichen Tage, hat die Beklagte Einspruch eingelegt.


Die Klägerin trägt vor,
die Mitbewohner [Name] und [Name] hätten zu den streitgegenständlichen Zeitpunkten den Anschluss nicht genutzt und nutzen können. Die Mitbewohner hätten die Verletzungshandlung nicht begangen.


Die Klägerin beantragt,
wie erkannt.



Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.


Die Beklagte trägt vor,
sie sei am 01.04.2012 um 23:18 Uhr nicht zu Hause gewesen. Ihre Schwiegereltern seien zuhause gewesen und hätten auf den gemeinsamen Sohn aufgepasst. Der Laptop sei nicht eingeschaltet gewesen. Ebenso wenig sei sie am 04.09.2012 um 17:41 Uhr bzw. 17:46 Uhr zu Hause gewesen, denn sie habe sich auf Arbeit noch befunden. Ihr Ehemann habe Spätdienst gehabt und sei ebenfalls nicht zu Hause gewesen. Der Laptop sei nicht eingeschaltet gewesen. Zu keinem Zeitpunkt habe sich auf dem Laptop die entsprechende Datei oder die Tauschbörsensoftware befunden. Der Sohn habe einen eigenen Computer besessen, mit dem er über WLAN Zugriff auf das Internet gehabt hätte. Der Internetanschluss sei mit dem Sicherheitstyp WPA2 gesichert und mit einem Passwort verschlüsselt gewesen. Der Sohn sei darüber aufgeklärt worden, dass die Nutzung von Tauschbörsen verboten sei. Die Aufklärung habe sie aufgrund ihrer Kenntnisse aus den Medien vorgenommen. Beide Mitbewohner hätten auf entsprechende Nachfrage verneint, das streitgegenständliche Computerspiel zu kennen. Im Übrigen sei ein Schaden nicht nachvollziehbar.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen [Name] und [Name]. Das Gericht hat die Beklagte informatorisch angehört. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme und der informatorischen Anhörung wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 01.06.2017 (Bl. 271 ff. d.A.) verwiesen. Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.




Entscheidungsgründe

Aufgrund des Einspruchs der Beklagten gegen das Versäumnisurteil vom 01.12.2016 ist der Prozess in die Lage vor Säumnis zurückversetzt worden, § 342 ZPO. Denn der Einspruch ist zulässig, insbesondere statthaft sowie form-und fristgerecht im Sinne des §§ 338 ff ZPO eingelegt worden.

Die Klage ist zulässig. Das Amtsgericht Frankfurt am Main örtlich zuständig gemäß § 104a Abs. 1 UrhG i.V.m. UrhG i.V.m. § 7 Ziff. 1 der Hessischen Verordnung über die Zuständigkeit der Amtsgerichte und der Landgerichte in Urheberrechtsstreitsachen

Die Klage ist begründet und das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte Anspruch auf Schadensersatz in der zuerkannten Höhe im Wege der Lizenzanalogie gemäß § 97 Absatz 2 UrhG in der im Zeitpunkt der Urheberrechtsverletzung gültigen Fassung, der - soweit ein Teilbetrag eingeklagt wurde, mindestens 640,20 EUR beträgt. Denn die Beklagte ist als Täterin der von der Klägerin vorgetragenen Urheberrechtsverletzung anzusehen. Denn es ist ihr nicht gelungen, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung gegen sie sprechende tatsächliche Vermutung dafür, dass sie als Anschlussinhaberin für die Rechtsverletzung verantwortlich ist, wenn über ihren Anschluss zuzuordnende IP-Adresse ein geschütztes Werk öffentlich zugänglich gemacht wird, zu widerlegen.

Denn nach der durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die beiden Zeugen [Name] und [Name] als potentielle Täter ausscheiden. Der Ehemann [Name] berichtete glaubhaft, er sei mit seiner Frau am 01.09.2012 in der Diskothek gewesen. Seine Eltern seien mit der Nutzung von Computer nicht vertraut und würden als Täter ausscheiden. Das Passwort für das WLAN sei auch niemals an Gäste vergeben worden. Im Übrigen habe er das Spiel nicht heruntergeladen. Soweit der Zeuge [Name] ausführte, er wisse nicht, was sein Sohn getan habe, wenn er außer Haus gewesen sei und er hätte dann grundsätzlich die Möglichkeit gehabt, berichtete der Sohn [Name] glaubhaft, er sei es nicht gewesen. Er habe das Spiel nicht heruntergeladen und dieses auch nicht gespielt. Spiele habe er allenfalls mit sogenannten Paysafe Karten im Internet gekauft und heruntergeladen. Er wisse auch nicht, was eine Tauschbörse sei.

Da aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme die Familienangehörigen als Täter ausscheiden, verbleibt es bei der gegen die Beklagte als Anschlussinhaberin sprechenden tatsächlichen Vermutung ihrer Täterschaft. Es kann daher dahinstehen, ob sie nachvollziehbar erläuterte, es nicht gewesen zu sein. Sie hat nämlich ansonsten nicht darlegen können, wie es zur dreimaligen Verletzungshandlung gekommen sein kann, wenn weder sie noch ihre Familienangehörigen es gewesen sein wollen. Soweit die Beklagte die korrekte Ermittlung der IP-Adressen zunächst bestritten hat, hat die Beklagte dies im Laufe des Rechtsstreits unstreitig gestellt. Dass die Beklagte die in der Familie genutzten Geräte vom Strom- und Datennetz genommen hat, wurde nicht vorgetragen. Es ist daher von ihrer Täterschaft auszugehen.

Mit dem mehrfachen Zurverfügungstellen der Computerspieldatei in der Tauschbörse hat die Beklagte das Computerspiel widerrechtlich, nämlich ohne erforderliche Lizenz, öffentlich zugänglich gemacht i.S.d. § 19a UrhG. Die Beklagte handelte auch schuldhaft, nämlich zumindest fahrlässig.

Soweit die Beklagte den Eintritt eines Schadens für nicht nachvollziehbar hält und damit konkludent bestreitet, ist dieses Bestreiten nicht nachvollziehbar, denn die übrigen Teilnehmer der Tauschbörse, die durch das Uploaden in den Genuss des Computerspiels kamen, hätten ihrerseits das Computerspiel legal nur durch Entrichten eines Kaufpreises oder einer Gebühr nutzen können. Diese Gebühren sind der Klägerin durch die illegale Verbreitung und Zugänglichmachung entgangen. Entgangener Gewinn stellt nach dem Schadensrecht gemäß § 252 BGB einen Schaden dar. Die Bemessung des Schadens erfolgt auch nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung im Wege der Lizenzanalogie. Zu berücksichtigen ist, dass vorliegend als Maßstab für die Bemessung des Schadens der Ansatz einer weltweiten nicht ausschließlichen Lizenz zugrunde zu legen ist, denn die Verbreitung über das Internet erfolgte weltweit. Es bedarf insoweit nicht der Einholung eines kostenintensiven Sachverständigengutachtens, dass eine solche Lizenz weit mehr als der eingeklagte Schadensersatz betragen würde. Hinzukommt, dass die Beklagte zu insgesamt drei verschiedenen Zeitpunkten das Computerspiel öffentlich zugänglich gemacht hat.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte auch Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen anwaltlichen Abmahnkosten gemäß § 97a Abs. 1 Satz 2 UrhG in der im Zeitpunkt der Urheberrechtsverletzung gültigen Fassung. Die Beklagte haftet als Inhaberin des Anschlusses insoweit auch für die Abmahnkosten. Der Höhe nach ist dieser nicht gemäß § 97a Abs. 2 UrhG auf einen Betrag von 100,00 EUR begrenzt, da es sich vorliegend nicht um einen einfach gelagerten Fall handelt. Die Annahme eines Gegenstandswertes von 20.000,00 EUR ist angemessen. Der Gegenstandswert einer Abmahnung wegen Verletzung eines Schutzrechtes ist nach § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG nach billigem Ermessen zu bestimmen (BGH, Urteil vom 13. November 2013 - X ZR 171/12, GRUR 2014, 206 Rn. 13 = WRP 2014, 317 - Einkaufskühltasche; Rohn in Mayer / Kroiß, RVG, 6. Aufl., § 23 Rn. 10). Auch die Beurteilung der Angemessenheit des vom Anspruchsteller angesetzten Gegenstandswerts liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Tatrichters (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 06. Oktober 2016 -I ZR 97/15 -, juris; BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 - I ZR 272/14 -, juris ). Angesichts der Höhe einer fiktive Lizenzgebühr, dem Bekanntheitsgrad des Computerspiels, der weltweiten Vermarktung, dem Alter des Spiels von etwa einem Jahr zum Zeitpunkt der Verletzungshandlung und schließlich den Entwicklungskasten erachtet das Gericht den angesetzten Gegenstandswert für angemessen.

Der Anspruch auf Ersatz der Verzugszinsen ergibt sich jeweils aus §§ 280, 286, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.




Rechtsbehelfsbelehrung

Diese Entscheidung kann mit der Berufung angefochten werden. Sie ist einzulegen innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem

Landgericht Frankfurt am Main,
Gerichtsstraße 2,
60313 Frankfurt am Main.

Die Frist beginnt mit der Zustellung der in vollständiger Form abgefassten Entscheidung. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600,00 EUR übersteigt oder das Gericht die Berufung in diesem Urteil zugelassen hat. Zur Einlegung der Berufung ist berechtigt, wer durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Die Berufung wird durch Einreichung einer Berufungsschrift eingelegt. Die Berufung kann nur durch einen Rechtsanwalt eingelegt werden.



[Name]
Richterin am Amtsgericht (...)






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AG Frankfurt am Main, Urteil vom 09.03.2017, Az. 32 C 2695/16 (90),
AG Frankfurt am Main, Urteil vom 14.06.2017, Az. 31 C 2452/16 (23),
AG Frankfurt am Main, Urteil vom 21.02.2017, Az. 30 C 2895/16 (20),
AG Frankfurt am Main, Urteil vom 24.04.2017, Az. 30 C 2793/16 (87),
AG Frankfurt am Main, Urteil vom 31.08.2017, Az. 30 C 2166/16 (71),
.rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR,
Rechtsanwalt Nikolai Klute,
Verfahren am Amtsgericht Frankfurt am Main,
http://rka-law.de/

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LG Frankfurt, Az. 2-06 O 28/17

#11157 Beitrag von Steffen » Dienstag 31. Oktober 2017, 12:39

.rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR (Hamburg): Landgericht Frankfurt am Main - 1.000,00 EUR Schadensersatz im Filesharing für ein Computerspiel angemessen - Aktivlegitimation über § 10 Abs. 3 UrhG begründet - (Ver-) Schweigen des Täters führt zur Haftung!


12:36 Uhr


Hamburg/ Frankfurt, 31.10.2017 (eig). Durch auszugsweise Vorlage von Verträgen und Copyrightvermerk auf dem Datenträger, auf dem das Computerspiel enthalten ist, kann die Klägerin ihre Rechteinhaberschaft und Aktivlegitimation nachweisen. Dies hat das Landgericht Frankfurt am Main entschieden (Urt. v. 31.05.2017, Az. 2-06 O 28/17). Zwar gelte die Vermutung nach § 10 Abs. 3 UrhG nur hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs, als Indiz kann der Urhebervermerk jedoch auch bei Schadensersatz- und Aufwendungsersatzansprüchen herangezogen werden.



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Bild

Rechtsanwalt Nikolai Klute
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz



.rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR

Johannes-Brahms-Platz 1 | 20355 Hamburg
Telefon +49 (040) 5 50 06 05 0 | Telefax +49 (040) 5 50 06 05 55
E-Mail kanzlei@rka-law.de | Web: www.rka-law.de




Bericht

Link:
http://rka-law.de/filesharing/landgeric ... r-haftung/


Urteil als PDF:

Link:
http://rka-law.de/wp-content/uploads/20 ... -28-17.pdf



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Die Beklagte haftet nach zutreffender Auffassung des Landgerichts auch als Täterin der Verletzungshandlung. Vorgerichtlich hatte sie ausgeführt, den Täter der Verletzungshandlung zu kennen und dies auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht nicht bestritten. Kennt sie den Täter, ist ihr das Bestreiten der Verletzungshandlung als solches verwehrt und die Nichterfüllung sekundärer Darlegungslasten führt zur eigenen Haftung. In diesem Rahmen schätzte die Kammer den Schadensersatzanspruch auf 1.000,00 EUR. Stellt man darauf ab, "was vernünftige Lizenzvertragsparteien bei objektiver Betrachtung sinnvollerweise vereinbart hätten", so das Landgericht, "erscheint eine Lizenzgebühr von 1.000,00 EUR für eine nicht exklusive Lizenz zur öffentlichen Zugänglichmachung des Computerspiels ... in einer Internettauschbörse mit Blick auf die Kosten für die Produktion des Spiels und angesichts des Risikos seiner unkontrollierbaren Weiterverbreitung als angemessen." Zusätzlich verurteilte das Gericht die Beklagte noch in die Anwaltskosten auf der Grundlage eines Gegenstandswertes von 8.000,00 EUR.






LG Frankfurt am Main, Urteil vom 31.05.2017, Az. 2-06 O 28/17



(...) - Beglaubigte Abschrift -



Landgericht Frankfurt am Main

Aktenzeichen: 2-06 0 28/17
Es wird gebeten, bei allen Eingaben das
vorstehende Aktenzeichen anzugeben


Verkündet am:
31.05.2017
[Name], Justizfachangestellte
Urkundsbeamtin/-beamter der Geschäftssteile



Im Namen des Volkes

Urteil




In dem Rechtsstreit


[Name],
Klägerin

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte .rka, Johannes-Brahms-Platz 1, 20355 Hamburg,



gegen


[Name],
Beklagte

Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwälte [Name],





hat die 6. Zivilkamer des Landgerichts Frankfurt am Main durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht [Name] die Richterin am Landgericht Dr. [Name] den Richter am Landgericht Dr. [Name] aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 26.04.2017

für Recht erkannt:

1.) Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.555,60 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.253,00 EUR seit dem 16.11.2012 sowie aus weiteren 302,60 EUR seit 25.01.2017 zu zahlen.
2.) Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3.) Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 70 % und die Beklagte 30 %.
4.) Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Für die Beklagte, ist das Urteil vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.





Tatbestand

Die Parteien streiten um Schadensersatz- und Abmahnkostenersatzansprüche wegen Filesharings.

Die Klägerin ließ die Beklagte am 06.09.2012 wegen behaupteten Filesharings abmahnen und forderte eine vergleichsweise Zahlung von 800,00 EUR (Anlage K 4). Mit Schreiben vom 22.12.2015 wandte sich die Klägerin unter Bezugnahme auf die Abmahnung erneut an die Klägerin, kündigte einen Mahnbescheidsantrag an und schlüsselte den dort geforderten Betrag auf in Abmahnkosten in Höhe von 612,80 EUR sowie Schadensersatz in Höhe von 640,20 EUR. Mit diesen Beträgen beantragte die Klägerin am 30.12.2015 - allerdings unter Bezugnahme auf die Abmahnung von 06.09.2012 - einen Mahnbescheid, der am 04.01.2016 erlassen und am 07.01.2016 zugestellt wurde. Die Abgabe an das Streitgericht erfolgte am 06.05.2016.


Die Klägerin behauptet,
Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte am Computerspiel [Name] zu sein. Sie habe durch ein beauftragtes Ermittlungsunternehmen festgestellt, dass am 24.08.2012 unter der IP-Adresse [IP] das Spiel in einer Peer-to-Peer-"Tauschbörse" µtorrent öffentlich zugänglich gemacht worden sei. Diese IP-Adresse sei zu dem Zeitpunkt dem Telefonanschluss des Beklagten zugeordnet gewesen.


Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 5.055,60 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.253,00 EUR seit dem 16.11.2012 sowie aus weiteren 3.802,60 EUR seit 25.01.2017 zu zahlen.



Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.


Sie bestreitet,
Aktivlegitimation, Rechtsverletzung -und Anschlussinhaberermittlung pauschal.




Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nur teilweise begründet. Zwar haftet die Beklagte als Täterin - für die streitgegenständliche Urheberrechtsverletzung, so dass sie zum Ersatz der Abmahnkosten in Höhe von 555,60 EUR sowie zum Schadensersatz verpflichtet ist. Die Kammer schätzt den der Klägerin entstandenen Schaden jedoch nach § 287 ZPO auf nur 1.000,00 EUR, so dass die darüber hinausgehende Klage abzuweisen war.


1.)

Die Beklagte ist der Kläger zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 1.000 EUR aus § 97 Abs. 1 UrhG verpflichtet, da über den Internetanschluss der Beklagten am 24.08.2012 das Spiel [Name], an dem die Klägerin die ausschließlichen Nutzungsrechte hat, im Sinne von § 19a UrhG öffentlich zugänglich gemacht worden ist.


a)

Die Klägerin ist als Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte aktivlegitimiert. Sie hat in Anlage K 1 / K 2 die Verträge vorgelegt, die eine Übertragung der ausschließlichen Nutzungsrechte begründen. Hinzu kommt, dass der Vermerk auf dem Spiel die Klägerin als Inhaberin der Nutzungsrechte (Publisher) ausweist. Zwar wirkt die Vermutung nach § 10 Abs. 3 UrhG nur hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs; als Indiz kann der Urhebervermerk jedoch auch hier verwendet werden, - so dass die Kammer in der Gesamtwürdigung davon überzeugt ist, dass die Klägerin aktivlegitimiert ist.


b)

Das streitgegenständliche Spiel wurde am 24.08.2012 unter der IP-Adresse [IP] öffentlich zugänglich gemacht.

Die Klägerin legt hierzu in Anlage K 2 ein "Ermittlungsprotokoll" der Fa. Excipio vor, die im Auftrag der Klägerin Rechtsverletzung in Filesharing- Systemen dokumentiert. Dort wird substantiiert der Vorgang der Ermittlungen dargelegt. Soweit die Beklagte die Richtigkeit der Ermittlungen pauschal bestreitet, ist dies nicht ausreichend. Zwar kann dies in Filesharing-Fällen grundsätzlich ausreichend sein, um eine Beweisbedürftigkeit zu begründen, der der Rechteinhaber grundsätzlich mit dem Beweisangebot der Vernehmung des Mitarbeiters des Ermittlungs-Dienstleister gerecht werden kann (BGH MMR 2016, 131, Rnr. 18 - Tauschbörse III). Im vorliegenden Fall hat jedoch die Beklagte vorgerichtlich mit Schreiben vom 25.09.2012 mitgeteilt, sie werde die verantwortliche Person benennen, sobald der abmahnende Rechtsanwalt seine Vollmacht vorgelegt habe (Bl. 53). Damit hat sie vorgerichtlich kundgetan, den Täter zu kennen und dies im Prozess auch nach Hinweis der Kammer im Termin nicht bestritten. Kennt die Beklagte jedoch den Täter der Urheberrechtsverletzung, kann sie nicht zugleich die Tat an sich bestreiten.

Gleiches gilt für die Ermittlung des Anschlussinhabers durch die Zuordnung der IP-Adresse zum Beklagten als Anschlussinhaber.


c)

Die Beklagte haftet für die Urheberrechtsverletzung als Täterin. Zwar besteht nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dann keine tatsächliche Vermutung für die Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung (auch) andere Personen dessen Internetanschluss benutzen konnten. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Anschluss zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde (vgl. BGH GRUR 2016, 191 - Tauschbörse III, Rnr. 37; BGH GRUR 2014, 657 - BearShare, Rnr. 15). Letzteres war hier der Fall. Die Beklagte hatte ihren Internetanschluss im Zeitraum der Urheberrechtsverletzung bewusst ihren mit ihr zusammenlebenden Kindern zur freien Nutzung überlassen.

Der Beklagten als Inhaberin des Internetanschlusses, über den die streitgegenständliche Rechtsverletzung begangen worden sein soll, oblag jedoch eine sekundäre Darlegungslast, der sie nicht genügt hat. Wird über seinen Internetanschluss eine Rechtsverletzung begangen, so trifft den Anschlussinhaber eine sekundäre Darlegungslast. Dieser kann er dadurch entsprechen, dass er vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen (vgl. BGH - BearShare, a.a.O., Leitsatz 3. sowie Rnr. 16 ff. m.w.N.).

Dies hat die Beklagte nicht getan. Sie hat lediglich pauschal darauf verwiesen, dass auch ihre Söhne den Anschluss benutzten. Vorgerichtlich hat die Beklagte im Schreiben vom 25.09.2012 (Bl. 53) sogar mitgeteilt, sie werde "die verantwortliche Person" benennen, wenn eine Vollmacht vorgelegt werde Insofern ist auch auf die aktuelle BGH-Entscheidung vom 30.03.2017, I ZR 19/16, zu verweisen, wonach auch Familienmitglieder als Täter benannt werden müssen, wenn positive Kenntnis von der Täterschaft besteht. Aus de Pressemitteilung des BGH ergibt sich Folgendes:

"Die Beklagten haben laut BGH im Streitfall ihrer sekundären Darlegungslast nicht genügt, weil sie den Namen des Kindes nicht angegeben haben, das ihnen gegenüber die Rechtsverletzung zugegeben hat. Diese Angabe sei den Beklagten auch unter Berücksichtigung der Grundrechtspositionen der Parteien zumutbar gewesen. Zugunsten der Klägerin seien das Recht auf geistiges Eigentum nach Art. 17 Abs. 2 EU-Grundrechtecharta und Art. 14 GG sowie auf einen wirksamen Rechtsbehelf nach Art. 47 EU-Grundrechtecharta und auf Seiten der Beklagten der Schutz der Familie gemäß Art. 7 EU-Grundrechtecharta und Art. 6 Abs. 1 GG zu berücksichtigen und in ein angemessenes Gleichgewicht zu bringen. Danach sei der Anschlussinhaber etwa nicht verpflichtet, die Internetnutzung seines Ehegatten zu dokumentieren und dessen Computer auf die Existenz von Filesharing-Software zu untersuchen. Hat der Anschlussinhaber jedoch im Rahmen der ihm obliegenden Nachforschungen den Namen des Familienmitglieds erfahren, das die Rechtsverletzung begangen hat, müsse er dessen Namen offenbaren, wenn er eine eigene Verurteilung abwenden will."

Soweit die Beklagte mit Schriftsatz vom 17.05.2017 in Abrede gestellt hat, den Täter zu kennen, ist dieser Vortrag nach § 296a ZPO zurückzuweisen, da er nach Schluss der mündlichen Verhandlung, erfolgte. Der gewährte Schriftsatznachlass bezog sich ausweislich des Protokolls nur auf den Schriftsatz der Gegenseite 12.04.2017, nicht etwa aber auf weitere Aspekte wie z.B. der in der Verhandlung ausführlich erörterten Frage der Kenntnis der Beklagten vom Täter. Die Kammer hatte - was versehentlich nicht protokolliert wurde - die Beklagte ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sie angesichts des außergerichtlichen Vortrags der Beklagten davon ausgeht, dass sie den Täter kennt. Die Beklagte hat hierauf weder in der Verhandlung reagiert noch um Schriftsatznachlass gebeten. Anlass, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen, bestand vor diesem Hintergrund ebenfalls nicht.


d)

Die Kammer kann den der Klägerin entstandenen Schaden nach § 287 ZPO jedoch nicht wie von der Klägerin beantragt, auf 4.500 EUR, sondern nur auf 1.000,00 EUR schätzen.

Die Klägerin nimmt insoweit auf BGH GRUR 2016, 1280 (Everytime we touch) Bezug. Sie legt dabei einen Endverkaufspreis von 36,00 EUR sowie mindestens 400 mögliche Abrufe zugrunde; dies habe der BGH für Musikaufnahmen für angemessen gehalten. Für Computerspiele gelte nichts anderes. Die Kammer kann dieser Schadensberechnung nicht folgen. Sie berücksichtigt schon nicht, dass die Dateien von Computerspielen ungleich größer sind als diejenigen von Musikstücken im MP3-Format und somit während desselben Zeitraum deutlich weniger Spiele-Dateien als Musik-Dateien heruntergeladen werden können. Während eine MP3-Datei ca. 3 - 5 MB groß ist, sind für einen zweistündigen HD-Film ca. 3 - 5 GB zu veranschlagen, also um den Faktor 1.000 größer. Bei komplex programmierten Videospielen dürfte ähnliches geltend, so dass die Kammer in Ausübung des ihr nach § 287 ZPO zustehenden Ermessen diesen Weg als zur Schadensberechnung untauglich betrachtet.

Es besteht das Dilemma, dass für eine verlässliche Schadensschätzung keine empirische Grundlage besteht. Vernünftige Vertragsparteien hätten die Zahl der Downloads, insbesondere unter Berücksichtigung der sog. Chunks, vermutlich nicht zum Maßstab für die Höhe der Lizenzgebühr gemacht. Sie hätten auch unberücksichtigt gelassen, dass sich die Zahl der Anbieter in einer Internettauschbörse mit der Popularität und Aktualität des konkret zugänglich gemachten Werkes potenzieren dürfte.

Es kann aber dennoch davon ausgegangen werden, dass sich verständige Parteien für die in Rede stehende Werknutzung zumindest auf eine Lizenzgebühr in Höhe von 1000,00 EUR verständigt hätten. Löst man sich von den Versuchen einer Schadenschätzung auf Grundlage der hypothetischen Zahl von Weiterverbreitungen, die mangels eines Anhaltspunktes für die Zahl der Downloadvorgänge vollkommen in der Luft hängen würde, und stellt man stattdessen darauf ab, was vernünftige Lizenzvertragsparteien bei objektiver Betrachtung sinnvollerweise vereinbart hätten, erscheint eine Lizenzgebühr von 1.000,00 EUR für eine nicht exklusive Lizenz zur öffentlichen Zugänglichmachung des Computerspiels [Name] in einer Internettauschbörse mit Blick auf die Kosten für die Produktion dieses Spiels und angesichts des Risikos seiner unkontrollierbarer Weiterverbreitung für angemessen. In der Vergangenheit haben die Kammer und der 11. Zivilsenat des OLG Frankfurt den durch das öffentliche Zugänglichmachen eines Musikwerks entstandenen Schaden nach der Lizenzanalogie bereits auf 200,00 EUR geschätzt (OLG Frankfurt, MMR 2014, 687); angesichts dessen erscheint ein Schadensersatz in Höhe von 1.000,00 EUR angemessen.


e)

Die Verjährungseinrede der Beklagten greift nicht durch. Es kann dahinstehen, ob der Schadensersatzanspruch verjährt ist, da jedenfalls der Restschadensersatzanspruch nach § 102 S. 2 UrhG, § 852 BGB, der sich - was die Klägerin auch hier fordert - auf die Herausgabe des Erlangten (hier: Nutzungsmöglichkeit) beschränkt, nicht verjährt ist. Dieser kann nach der fiktiven Lizenz berechnet werden (BGH GRUR 2016, 1280 - Everytime we touch).


2.)

Die Beklagte schuldet auch die Erstattung der der Klägerin entstandenen Kosten der Abmahnung in Höhe von 555,60 EUR aus § 97a Abs. 3 S. 1 UrhG a.F., da die Abmahnung nach den obigen Ausführungen berechtigt war.


a)

Soweit die Beklagte die Abmahnung wegen fehlender Vollmachtsvorlage als unwirksam ansieht, übersieht sie, dass der Bundesgerichtshof bereits im Jahr 2010 entschieden hat (GRUR 2010, 1120), dass die Vorschrift des § 174 S. 1 BGB auf wettbewerbsrechtliche Abmahnungen nicht anwendbar ist, wenn die Abmahnung mit einem Angebot zum Abschluss eines Unterwerfungsvertrages verbunden ist. Die Vorlage einer Vollmacht ist bei einer Abmahnung daher grundsätzlich nicht erforderlich. Anlass, dies für urheberrechtliche Abmahnungen anders zu sehen, besteht nicht (Wandtke / Bullinger-Kefferpütz, UrhG, 4. Aufl., § 97a, Rnr. 20 ff.).


b)

Die Höhe der Abmahnkosten (1,3 Gebühr aus 8.000,00 EUR) begegnet keinen Bedenken; sie greift die Beklagte auch nicht an.


c)

Der Abmahnkostenersatzanspruch ist auch nicht verjährt.

Durch den am 07.01.2016 zugestellten Mahnbescheid vom 04.01.2016 (Antragseingang bei Gericht: 30.01.15) wurde die Verjährung nach § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB gehemmt wurde.


aa)

Die verjährungshemmende Wirkung eines Mahnbescheides tritt nur dann ein, wenn die mit dem Mahnbescheid geltend gemachten Forderungen nach § 690 Abs. 1Nr. 3 ZPO hinreichend konkretisiert sind. Danach ist die bestimmte Angabe der verlangten Leistung notwendig, aber auch ausreichend. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH wird die Verjährung des geltend gemachten Anspruchs gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB nur gehemmt, wenn dieser Anspruch im Antrag auf Erlass des Mahnbescheids in einer den Anforderungen des § 690 Abs. 1 Nr. 3 ZPO entsprechenden Weise hinreichend individualisiert ist. Dazu ist es erforderlich, dass der Anspruch durch seine Kennzeichnung von anderen Ansprüchen so unterschieden und abgegrenzt wird. dass er Grundlage eines der materiellen Rechtskraft fähigen Vollstreckungstitels sein kann und dem Schuldner die Beurteilung ermöglicht, ob dieser sich gegen den Anspruch zur Wehr setzen will. Wann diese Anforderungen erfüllt sind, kann aus Sicht des BGH nicht allgemein abstrakt festgelegt werden. Vielmehr hängt Art und Umfang der erforderlichen Angaben im Einzelfall von dem zwischen den Parteien bestehenden Rechtsverhältnis und der Art des Anspruchs ab. Voraussetzung für die verjährungshemmende Wirkung ist nicht, dass aus dem Mahnbescheid für einen außenstehenden Dritten ersichtlich ist, welche konkreten Ansprüche mit dem Mahnbescheid geltend gemacht werden, sondern es genügt, dass dies für den Antragsgegner erkennbar ist. So kann im Mahnbescheid zur Bezeichnung des geltend gemachten Anspruchs auf Rechnungen oder andere Unterlagen Bezug genommen werden. Wenn ein solches Schriftstück dem Antragsgegner bereits bekannt ist, braucht es dem Mahnbescheid nicht in Abschrift beigefügt werden (zu den Einzelheiten, vgl. BGH (VU vom 14.7.2010-V111 ZR 239/09, juris, Rnr. 11; BGH (Urteil vom 23.01.2008 - VIII ZR 46/07), juris, Rnr. 13; BGH (Urteil vom 21.10.2008 - XI ZR 466/07), Juris Rnr. 18; BGH (Urteil vom 10.7.2008 - IX ZR 160/07), juris Rnr. 7). Zweck der von § 690 Abs. 1 Nr. 3 ZPO geforderten Anspruchsbezeichnung ist es, dem Schuldner den Grund seiner behaupteten Leistungspflicht erkennbar zu machen (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 10.07.2008, a.a.O., Rnr. 12). Sind die geltend gemachten Ansprüche für sich gesehen in einem vorprozessualen Schreiben hinreichend genau gekennzeichnet, genügt dessen Inbezugnahme (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 23.01.2008, a.a.O., Rnr.19).


bb)

Auf Basis dieser Anforderungen war die Mahnbescheidsforderung der Klägerin genügend individualisiert.

Die Klägerin hat mit ihrem Mahnbescheid 1.253,00 EUR verlangt, und dies unter Bezug auf das Schreiben vom 06.09.12 aufgesplittet in 612,80 EUR "Anwalt" und 640.20 EUR "Schaden". In der Abmahnung vom 06.09.12 hatte die Klägerin zwar noch einen Pauschalbetrag in Höhe von 800,00 EUR gefordert, ohne hier darzustellen, wie sich dieser Betrag aufschlüsselt; zudem hat es sich hierbei um einen Vergleichsvorschlag gehandelt. Es hätte sich bei der Mahnbescheidsforderung theoretisch in Gänze um einen teilweisen Schadensersatzbetrag handeln können oder aber um Anwaltskosten nebst Ermittlungsaufwendungen, etc. Die dort einer Summe geltend gemachte Zahlung war folglich nicht geeignet, Gegenstand eines Vollstreckungsbescheids zu sein, erst recht nicht, da diese von der Summe im Mahnbescheid abwich. Der Beklagte hatte daher keine Möglichkeit zu erkennen, gegen welche Forderung er sich zu verteidigen gehabt hätte.

Indes war für die Beklagte aufgrund unmittelbare von Stellung des Mahnbescheidsantrags an die Beklagte gerichtete Schreiben vom 22.12.2015, (Anlage K 3) deutlich, welche Forderung die Klägerin geltend machte. Dort wurde der Betrag so aufgesplittet wie auch im Mahnbescheid. Das Schreiben nimmt ausdrücklich auf den noch zu erlassenden Mahnbescheid Bezug. Soweit der Mahnbescheid dann nicht auf das Schreiben vom 22.12.2015, sondern auf die Abmahnung vom 06.09.2012 Bezug nimmt, steht dies einer ausreichenden Individualisierung nicht entgegen. In der Gesamtschau musste der Beklagten nämlich klar sein, dass der Mahnbescheid - der unmittelbar auf das Schreiben vom 22.12.2015 folgte - irrtümlich auf das Schreiben vom 06.09.2012 Bezug genommen hatte. Insbesondere aufgrund der identischen Beträge war für die Beklagte klar erkennbar, wie sich der Mahnbescheidsbetrag aufschlüsselte.

Die damit nach § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB am 30.12.2015 eingetretene Verjährungshemmung hätte gem. § 204 Abs. 2 BGB am 30.06.2015 geendet. Durch Abgabe der Sache am 06.05.2016 begann die Hemmung nach § 204 Abs. 2 S. 3 BGB erneut zu laufen, so dass keine Verjährung eingetreten ist.


d)

Die Abmahnkostendeckelung des § 97a UrhG greift hier nicht.


aa)

Auf dem mit der Klage geltend gemachten Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten ist § 97a UrhG in der bis zum 8. Oktober 2013 geltenden Fassung anzuwenden. Die durch das Gesetz über unseriöse Geschäftspraktiken vom 1. Oktober 2013 (BGBI I, S. 3714, 3716) mit Wirkung ab dem 9. Oktober 2013 eingeführten Neuregelungen zur Wirksamkeit der Abmahnung und zur Deckelung der erstattungsfähigen Kosten nach § 97a Abs. 2 und 3 Satz 2 und 3 UrhG n.F. gelten erst für Abmahnungen, die nach Inkrafttreten des Gesetzes über unseriöse Geschäftspraktiken ausgesprochen worden sind. Für den Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten kommt es auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Abmahnung an (vgl. zu § 97a Abs. 1 Satz 2 UrhG a.F. BGH ZUM 2012, 34 Rnr. 8 - Tigerkopf; BGHZ 200, 76 - 86 Rnr. 11 - BearShare; BGH GRUR 2016, 191 Rnr. 56 - Tauschbörse III).


bb)

§ 97a Abs. 2 UrhG a.F. ist nicht anwendbar.

Nach § 97a Abs. 2 UrhG a.F. beschränkt sich der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen für die Inanspruchnahme anwaltlicher Dienstleistungen für die erstmalige Abmahnung in einfach gelagerten Fällen mit einer nur unerheblichen Rechtsverletzung außerhalb des geschäftlichen Verkehrs auf 100,00 EUR. Ein Eingreifen dieser Ausnahmeregelung, deren Voraussetzungen der Unterlassungsschuldner darzulegen und - soweit erforderlich - zu beweisen hat (Wandtke/Bullinger-Kefferpütz, Urheberrecht, 4. Aufl., § 97a UrhG Rnr. 34), setzt neben einer erstmaligen Abmahnung und einer außerhalb des geschäftlichen Verkehrs geschehenen Rechtsverletzung einen einfach gelagerten Streitfall und eine nur unerhebliche Rechtsverletzung voraus. Dies ist hier nicht der Fall. Ein Streitfall ist einfach gelagert, wenn er nach Art und Umfang ohne größeren Arbeitsaufwand zu bearbeiten ist, also zur Routine gehört. Für die Einordnung einer Rechtssache als einfach kommt es darauf an, wie leicht ein Sachverhalt in tatsächlicher Hinsicht aufzuklären ist und wie leicht die aufgeworfenen Rechtsfragen zu beantworten sind. Von einem einfach gelagerten Streitfall ist daher auszugehen, wenn der Sachverhalt überschaubar, im Wesentlichen unstreitig oder ohne aufwendige Beweiserhebung und -würdigung, zu klären ist und wenn die sich stellenden Rechtsfragen ohne vertiefte Auseinandersetzung mit Rechtsprechung und Literatur zu beantworten sind (vgl. zu § 97a UrhG a.F. HK-UrhR / Meckel, 3. Auer § 97a UrhG Rnr. 6; zu § 12 Abs. 4 UrhG in der bis zum 8. Oktober 2013 geltenden Fassung Fezer/Büscher a.a.O. § 12 UWG Rnr. 208; Köhler in Köhler / Bornkamm, UWG, 31. Aufl., § 12 Rnr. 522). Aus dem Umstand, dass eine Rechtsverletzung häufig geschieht und daher von den Rechteinhabern auch routinemäßig verfolgt wird, kann für sich genommen nicht auf eine einfach gelagerten Streitfall geschlossen werden (Kefferpütz in Wandtke / Bullinger, Urheberrecht, 3. Aufl., § 97a UrhG Rnr. 35). Vielmehr ist die Frage nach der Haftung des Anschlussinhabers für Urheberrechtsverletzungen grundsätzlich geeignet, sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht Schwierigkeiten aufzuwerfen. Das Angebot eines urheberrechtlich geschützten Werkes zum Herunterladen über eine Internettauschbörse stellt daher regelmäßig keine nur unerhebliche Rechtsverletzung im Sinne von § 97a Abs. 2 UrhG a.F. dar (BGH Urt. v. 12.5.2016, - I ZR 43/15, BeckRS 2016, 20394, Rnr. 36 ff.). Dass im vorliegenden Fall aufgrund besonderer Umstände von dieser Regel eine Ausnahme zu machen wäre, ist weder vorgetragen noch ersichtlich


3.)

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.



[Name]

[Name]

[Name]




Beglaubigt
Frankfurt am Main, 1. Juni 2017
[Name], Justizfachangestellte
Urkundsbeamtin/-beamter der Geschäftsstelle (...)






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LG Frankfurt am Main, Urteil vom 31.05.2017, Az. 2-06 O 28/17,
.rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR,
Klage .rka Rechtsanwälte,
Rechtsanwalt Nikolai Klute,
sekundäre Darlegungslast,
Kenntnis des Täters,
Verschweigen des Täters,
Verjährung,
Verjährung Restschadensersatzanspruch,
Verjährung Abmahnkostenersatzanspruch,
Individualisierung Mahnbescheid,
Hemmung Mahnbescheid,
pauschales Bestreiten,
Vollmachtsvorlage,
Aktivlegitimation,
http://rka-law.de/,
Schätzung des Schadensersatzes durch das Gericht

Abmahnwahn-sinniger
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#11158 Beitrag von Abmahnwahn-sinniger » Dienstag 31. Oktober 2017, 17:11

mal eine Frage wie ein Mahnbescheid die Verjährungsfrist verlängert..
Abmahnung 04 20X
Mahnbescheid 02 20X+3
Verjährung 10 20x+3 oder 12 20x+3 oder 06 20x+4?


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Wochenrückblick

#11160 Beitrag von Steffen » Samstag 4. November 2017, 10:30

------------------------------------------------------ - Abmahnwahn Deutschland - Filesharing - --------------------------------------------


DER Wochenrückblick........................Bild......................Filesharing Fälle


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Ausgabe 2017, KW 44 ..................................Initiative AW3P.............................30.10. - 05.11.2017

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1. Kanzlei Dr. Bahr (Hamburg): Oberlandesgericht Bremen - Anspruch auf strafrechtliche Ermittlungen bei Verdacht von Urheberrechtsverletzungen



OLG Bremen, Beschluss vom 21.09.2017, Az. 1 Ws 55/17


(...) Der Geschädigte einer Urheberrechtsverletzung kann einen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch auf Einleitung strafrechtlicher Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft haben (OLG Bremen, Beschl. v. 21.09.2017 - Az. 1 Ws 55/17.). (...)



Quelle: 'www.online-und-recht.de'
Link: http://www.online-und-recht.de/urteile/ ... -20170921/











2. Bundesgerichtshof (Karlsruhe): Haftet Google für Links zu Internetseiten Dritter? Der Bundesgerichtshof entscheidet am 07.11.2017



Verhandlungstermin am 7. November 2017, 09:00 Uhr, in Sachen - VI ZR 489/16


(...) Die Beklagte zu 1, die ihren Sitz in Kalifornien hat, betreibt die derzeit weltweit am häufigsten benutzte Internetsuchmaschine "Google". Die Beklagte zu 2 ist eine Tochtergesellschaft der Beklagten zu 1 mit Sitz in Deutschland. Sie vermarktet die Werbung des deutschen Internetauftritts der Beklagten zu 1. Die Kläger sind als Anbieter von IT-Dienstleistungen und selbständige Handelsvertreter tätig. Sie nehmen die Beklagten in Anspruch, weil diese bestimmte, sie in ihren Persönlichkeitsrechten verletzende Suchergebnisse über die Suchmaschine auffindbar mache. (...)



Quelle: 'www.juris.bundesgerichtshof.de'
Link: http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-b ... 73&Blank=1











3. MEDIEN INTERNET und RECHT (Bonn): Risiko ungeklärter Sachlage nach Abmahnung - Kostentragungspflicht und Veranlassung für ein gerichtliches Verfahren grundsätzlich auch bei außergerichtlicher Korrespondenz



OLG Koblenz, Beschluss vom 23.10.2017, Az. 9 U 895/17


(...) In Wettbewerbsstreitigkeiten hat der Gläubiger die Möglichkeit, durch eine vorprozessuale Abmahnung verbunden mit der Aufforderung, eine strafbewehrte Unterwerfungserklärung abzugeben, für ein späteres gerichtliches Verfahren die Anwendung des § 93 ZPO zugunsten des Schuldners auszuschließen. Gibt der Schuldner die geforderte Unterwerfungserklärung nicht oder nicht in gefordertem Umfang ab, hat er dem Gläubiger Veranlassung gegeben, ein gerichtliches Verfahren einzuleiten. (...)



Quelle: 'www.medien-internet-und-recht.de'
Link: https://medien-internet-und-recht.de/vo ... ok_id=2837















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Gerichtsentscheidungen





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  • LG Frankfurt am Main, Urteil vom 31.05.2017, Az. 2-06 O 28/17 [.rka-Rae gewinnen Berufung; sek. Darlegungslast ((Ver-) Schweigen des Täters führt zur Haftung); SE 1 Computerspiel = 1.000,00 EUR]
  • AG Frankfurt am Main, Urteil vom 14.06.2017, Az. 31 C 2452/16 (23) [.rka-RAe gewinnen; Indizwirkung c-Vermerk, sek. Darlegungslast]
  • AG Frankfurt am Main, Urteil vom 24.04.2017, Az. 30 C 2793/16 (87) [.rka-RAe gewinnen; Störerhaftung (AI überlies unkontrolliert den Anschluss minderjährigen Kindern und dessen Freunden]
  • AG Frankfurt am Main, Urteil vom 31.08.2017, Az. 30 C 2166/16 (71) [.rka-RAe gewinnen; sek. Darlegungslast (kommt keiner als Täter in Betracht, geht die Täterschaftsvermutung zurück]









.rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR (Hamburg):



1. LG Frankfurt am Main, Urteil vom 31.05.2017, Az. 2-06 O 28/17



.rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR (Hamburg): Landgericht Frankfurt am Main - 1.000,00 EUR Schadensersatz im Filesharing für ein Computerspiel angemessen - Aktivlegitimation über § 10 Abs. 3 UrhG begründet - (Ver-) Schweigen des Täters führt zur Haftung!


Quelle: 'www.rka-law.de'
Link: http://rka-law.de/filesharing/landgeric ... r-haftung/









2.1. AG Frankfurt am Main, Urteil vom 14.06.2017, Az. 31 C 2452/16 (23)


2.2. AG Frankfurt am Main, Urteil vom 24.04.2017, Az. 30 C 2793/16 (87)


2.3. AG Frankfurt am Main, Urteil vom 31.08.2017, Az. 30 C 2166/16 (71)



.rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR (Hamburg): Große Rechtsprechungsübersicht zu Filesharing Verfahren am Amtsgericht Frankfurt am Main



Quelle: 'www.rka-law.de'
Link: http://rka-law.de/filesharing/rechtspre ... t-am-main/















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Politik Splitter




1. Aufreger der Woche




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................................................................................http://www.onlinewahn.de/generator/










2. Antrittsrede von Bundesratspräsident Michael Müller
bzw. passt nicht ins Weltbild: "Doofer Ossi-Mann wählt AfD"




(...) Das Zusammenwachsen in Deutschland hat gewaltige Fortschritte gemacht. Vieles ist gelungen. Aber wir haben noch viel zu tun. Bei der Wirtschaftskraft, aber auch in vielen Köpfen ist die Einheit nicht abgeschlossen. Gerade die ostdeutschen Bundesländer und mitten drin Berlin standen in den letzten Jahrzehnten immer wieder vor großen wirtschaftlichen Umbrüchen und Herausforderungen. Viele Menschen haben ihre Arbeit verloren, mussten ihre Heimat verlassen, um woanders neu anzufangen. Es ist gut, dass es Deutschland in diesen Jahren wirtschaftlich vergleichsweise gut geht. Aber wir müssen es schaffen, diesen Wohlstand gleichmäßiger zu verteilen.

Es ist nicht hinnehmbar, dass immer wieder strukturschwache Regionen - zu denen leider noch immer die Bundesländer im Ostteil unseres Landes gehören - die ersten Opfer von Umstrukturierungen und Werksschließungen sein sollen.
(...)



Quelle: 'www.bundesrat.de'
Link: http://www.bundesrat.de/SharedDocs/rede ... nn=4353492











3. Jamaika-Koalitions Sondierungsgespräche moderiert von der CDU/CSU



(...) Wenn das so weitergeht, droht unserem Land eine Koalition der großen Leerstelle statt eine entscheidungsbereite und zupackende Regierung", kritisierte die Linken-Vorsitzende Katja Kipping am Freitag in einer Erklärung. "Denn wer auf die Zukunftsaufgaben soziale Gerechtigkeit, Klimawandel und Migration keine gemeinsamen Antworten findet, der kann unser Land nicht gut regieren." (...)



Quelle: 'www.welt.de'
Link: https://www.welt.de/politik/deutschland ... -Ziel.html















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Forenwelt




Neues aus dem Neanderiggedaw-Tal




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Q: "Neanderuhle. Warum veröffentlicht man im Neanderiggedaw-Tal eigentlich nicht - alle - Gerichtsentscheidungen?"

A: "Wir hier jedenfalls kennen keine verlorenen Urteile! Das ist nur rechte AfD-Propaganda und Stasi-Manier der thüringischen Lügenpresse. Wenn wir wollten, könnten wir einmal die 1001 gewonnenen Urteile unseres Neanderwalt präsentieren, oder den siegreichen Vergleich unserer Technik Neanderwernifrau. Wollen wir aber nicht."














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...................................................................................Steffen Heintsch für AW3P




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Antworten