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Steffen
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#11101 Beitrag von Steffen » Freitag 14. Juli 2017, 23:23

.rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR (Hamburg): Erneuter Sieg für Mandanten beim BGH: Kein Beweisverwertungsverbot bei Auskunft durch Reseller


23:20 Uhr


Hamburg/ Karlsruhe, 13.07.2017 (eig./PM). Der erste Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat sich heute mit der Frage befasst, ob im Falle der Urheberrechtsverletzung durch Filesharing die dem Rechtsinhaber erteilte Auskunft des von dem Netzbetreiber verschiedenen Endkundenanbieters im Prozess gegen den Anschlussinhaber einem Beweisverwertungsverbot unterliegt, wenn lediglich für die Auskunft des Netzbetreibers, nicht aber für die Auskunft des Endkundenanbieters eine richterliche Gestattung nach § 101 Abs. 9 UrhG gegeben ist.



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Bild

Rechtsanwalt Nikolai Klute
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz



.rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR

Johannes-Brahms-Platz 1 | 20355 Hamburg
Telefon +49 (040) 5 50 06 05 0 | Telefax +49 (040) 5 50 06 05 55
E-Mail kanzlei@rka-law.de | Web: www.rka-law.de




Bericht

Link:
http://rka-law.de/filesharing/erneuter- ... -reseller/



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Die in den Vorinstanzen von der Kanzlei .rka Rechtsanwälte vertretene Klägerin machte geltend, Inhaberin der ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrechte an einem Computerspiel [Name] zu sein. Hinsichtlich dieses Spieles waren Verletzungshandlungen mittels Filesharing vom Internetanschluss der Beklagten aus festgestellt worden. Die Beklagte unterhielt einen von der Firma X AG angebotenen, über das Telefonnetz der Deutschen Telekom AG betriebenen Festnetzanschluss. Die Klägerin hat nach einem unter Beteiligung der Deutschen Telekom AG als Netzbetreiberin durchgeführten Gestattungsverfahren nach § 101 Abs. 9 UrhG von dieser die Auskunft erhalten, welche Benutzerkennung im fraglichen Zeitraum den IP-Adressen zugeordnet war, die die Klägerin im Zusammenhang mit dem beanstandeten Filesharingvorgang ermittelt hat. Die Netzbetreiberin hat weiter darüber Auskunft erteilt, dass diese Benutzerkennung dem Endkundenanbieter X AG zugeteilt war. Von der am Verfahren nach § 101 Abs. 9 UrhG nicht beteiligten X AG hat die Klägerin sodann Auskunft über Namen und Anschrift der Beklagten erhalten, die der vom Netzbetreiber mitgeteilten Benutzerkennung zugeordnet waren. Die Klägerin verlangte von der Beklagten die Zahlung von Abmahnkosten (859,80 EUR) und Schadensersatz (500,00 EUR). Das Amtsgericht Frankenthal hat die Klage abgewiesen, die Berufung der Klägerin zu, Landgericht Frankenthal ist ohne Erfolg geblieben. Auf die Revision der Klägerin hat der Bundesgerichtshof das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurück verwiesen.

Für die Auskünfte der X-AG besteht nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs kein Beweisverwertungsverbot (Urt. v. 13.07.2017, I ZR 193/16 - Benutzerkennung). Dem Richtervorbehalt des § 109 Abs. 9 Satz 1 UrhG unterliegt in der Konstellation des Streitfalls allein die unter Verwendung von Verkehrsdaten erfolgende Auskunft des Netzbetreibers darüber, welcher Benutzerkennung die ermittelten dynamischen IP-Adressen im maßgeblichen Zeitpunkt zugeordnet waren und auf welchen Endkundenanbieter die Benutzerkennung entfiel. Für die Auskunft des Netzbetreibers lag eine richterliche Gestattung vor. Die Auskunft des Endkundenanbieters über Namen und Anschrift der der Benutzerkennung zugeordneten Person erfolgt hingegen nicht unter Verwendung von Verkehrsdaten sondern von Bestandsdaten. Eines weiteren Gestattungsverfahrens nach § 101 Abs. 9 Satz 1 UrhG unter Beteiligung des Endkundenanbieters bedurfte es daher nicht. Im wiedereröffneten Berufungsverfahren wird das Berufungsgericht nun die bisher fehlenden Feststellungen zur behaupteten Verletzungshandlung nachzuholen haben.

"Wir freuen uns, dass wir den Sonderweg der Gerichte in Rheinland-Pfalz durch den Gang zum Bundesgerichtshof für unsere Mandantin beenden konnten", erklärt Rechtsanwalt Nikolai Klute von der Kanzlei .rka Rechtsanwälte, "denn dort hatte sich die Auffassung festgesetzt, dass ein vom Netzbetreiber verschiedener Endkundenanbieter ebenfalls ein Verfahren nach § 101 Abs. 9 UrhG durchlaufen müsse, was wir seit jeher für falsch gehalten haben. Bestandsdaten sind eben keine Verkehrsdaten und nur für letztere gilt der Richtervorbehalt nach § 101 Abs. 9 UrhG."

Soweit mit der Klage anteilige Kosten des Auskunftsverfahrens geltend gemacht wurden (siehe dazu die Pressemeldung von .rka Rechtsanwälte vom 04.07.2017), hat die Klägerin die Revision in Höhe von rund EUR 20,00 zurück genommen, nachdem der Bundesgerichtshof in der mündlichen Verhandlung am 13.07.2017 klar gestellt hat, dass diese Kosten allein im Kostenfestsetzungsverfahren geltend zu machen sind BGH, Beschl. v. 26.04.2017, I ZB 41/16.

Zur Klärung weiterer Fragen des Verfahrens, z.B. zur Haftung der Anschlussinhaberin und zur Nichterfüllung sekundärer Darlegungslasten (dazu: BGH Urt. v. 30.03.2017, I ZR 19/16 - LOUD) konnte der BGH keine Stellung nehmen und hat den Rechtsstreit daher an das Landgericht zur weiteren Klärung zurück verwiesen.




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BGH, Urteil vom 13. Juli 2017, I ZR 193/16 - Benutzerkennung

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Steffen
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AG München, Az. 231 C 25600/16

#11102 Beitrag von Steffen » Samstag 15. Juli 2017, 00:26

Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Das Amtsgericht München verurteilt Anschlussinhaberin wegen unzureichender Nachforschungen in Tauschbörsenverfahren (Untervermietung)


00:20 Uhr


Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Musikaufnahmen. In dem genannten Verfahren wandte die verklagte Anschlussinhaberin ein, sie verfüge nicht über die technischen Fähigkeiten zur Nutzung einer Tauschbörse und habe sich zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung auch nicht zu Hause aufgehalten. Ihr Laptop, mit welchem sie ihren Internetanschluss genutzt habe, sei zudem ausgeschaltet gewesen.



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WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

Beethovenstraße 12 | 80336 München
Telefon: 089 / 52 05 72 10 | Telefax: 089 / 52 05 72 30
E-Mail: web@waldorf-frommer.de | Web: www.waldorf-frommer.de




Bericht

Link:
https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... verfahren/



Urteil als PDF:

Link:
https://news.waldorf-frommer.de/wp-cont ... 600_16.pdf




Autorin:

Rechtsanwältin Sandrine Schwertler



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Als Täter käme daher lediglich die damalige Untermieterin oder deren Lebensgefährte in Betracht, die zur Verletzungszeit vermutlich in der Wohnung anwesend gewesen seien. Da die Beklagte das Abmahnschreiben als Betrugsversuch wertete, habe sie zunächst jedoch keine Nachforschungen angestellt. Als ihr später die Ernsthaftigkeit der Abmahnung bewusst geworden sei, sei die Untermieterin bereits zurück ins Ausland verzogen. Eine nachträgliche Kontaktaufnahme sei der Beklagten nicht mehr möglich gewesen.

Nach Auffassung des Amtsgerichts München konnte die Beklagte mit diesem Vorbringen ihrer sekundären Darlegungslast nicht genügen. Insbesondere sei die Beklagte nicht im Rahmen des Zumutbaren den ihr obliegenden Nachforschungspflichten nachgekommen. Dies nicht nur im Hinblick auf ihre eigene Verantwortlichkeit, sondern gerade auch in Bezug auf die Untermieterin. So fehlte es nach Ansicht des Gerichts an jeglichen Anhaltspunkten, welche eine Täterschaft der Untermieterin tatsächlich und ernsthaft nahegelegt hätten.

"Die Beklagte hat insoweit lediglich deren Namen offenbart, darüber hinaus jedoch keine Details preisgegeben, die eine Täterschaft dieser Person für die streitgegenständliche Urheberrechtsverletzung nahelegen würde. Insbesondere hat sie diese weder zur Begehung der streitgegenständlichen Urheberrechtsverletzung befragt, noch hat sie deren internetfähige Endgeräte untersucht. "


Es sei insoweit auch nicht glaubwürdig, dass der Beklagten keine weiteren Nachforschungen möglich gewesen sein sollen.

"Die Beklagte trägt nicht substantiiert dazu vor, dass sie bei Erhalt der zweiten Abmahnung zumindest versucht hat, diese Person noch zu kontaktieren und diese zur Urheberrechtsverletzung zu befragen. Dass sie hierzu keinerlei Möglichkeit hatte, ist von der Beklagten schon nicht glaubwürdig vorgetragen. Entsprechender Vortrag wäre zudem auch erheblich unglaubwürdig."


Soweit die Beklagte das zugrundeliegende Abmahnschreiben fälschlicherweise als Betrugsversuch wertete, so gehe dies allein zu ihren eigenen Lasten. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, da für diese Annahme keine objektiven Gründe vorgelegen haben.

"Die Abmahnung genügt den insoweit geltenden gesetzlichen Anforderungen und erweckt aus Sicht eines objektiven Empfängers nicht im Geringsten den Anschein dafür, illegitimen Ursprungs zu sein. Dass die Beklagte aus ihrer subjektiven und möglicherweise im Hinblick auf das geltende Urheberrecht unerfahrenen Sicht die Abmahnung als illegal eingestuft hat, kann sie vorliegend nicht entschuldigen."


Das Amtsgericht verurteilte die Beklagte daher vollumfänglich zur Zahlung des Schadensersatzes, der Rechtsverfolgungskosten sowie zur Übernahme der gesamten Verfahrenskosten.








AG München, Urteil vom 09.06.2017, Az. 231 C 25600/16





(...) - Beglaubigte Abschrift -



Amtsgericht München



Az.: 231 C 25600/16



IM NAMEN DES VOLKES



In dem Rechtsstreit


[Name],
- Klägerin -

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldorf Frommer, Beethovenstraße 12, 80336 München,



gegen


[Name],
- Beklagte -

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin [Name], 80634 München,



wegen Forderung



erlässt das Amtsgericht München durch den Richter [Name] am 09.06.2017 aufgrund des Sachstands vom 08.06.2017 ohne mündliche Verhandlung mit Zustimmung der Parteien gemäß § 128 Abs. 2 ZPO folgendes


Endurteil

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.106,00 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 09.10.2015 zu zahlen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Der Streitwert wird auf 1.106,00 EUR festgesetzt.





Tatbestand

Die Klägerin verlangt Schadensersatz und Aufwendungsersatz wegen des öffentlichen Zugänglichmachens eines Musikalbums.

Die Klägerin ist Inhaberin des Vervielfältigungsrechts zur öffentlichen Zugänglichmachung des Musikalbums [Name] des Künstlers [Name] in Deutschland.

Am [Datum] um [Uhrzeit] Uhr und um [Uhrzeit] Uhr wurde das Musikalbum [Name] des Künstlers [Name] vom Internetanschluss der Beklagten aus öffentlich zugänglich gemacht. Die Beklagte lebte zu diesem Zeitpunkt in einer Dreizimmerwohnung, die sie gemeinsam mit ihren nunmehrigen Ehemann bewohnte.

Mit Schreiben vom [Datum] mahnte die Klägerin die Beklagte ab und forderte sie zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Die Beklagte hielt dieses Schreiben für einen Betrug, eine Mogelei bzw. ein Erschleichen von Zahlungen (Bl. 66 d.A.) und betrachtet es als Fälschung. Nachforschungen zum Hintergrund bzw. der Ursache der Urheberrechtsverletzung stellte sie zunächst nicht an. Erst nach Erhalt des zweiten Schreibens vom [Datum] holt die Beklagte anwaltlichen Rat ein. Eine strafbewehrte Unterlassungserklärung gab die Beklagte in der Folge nicht ab.

Die Klägerin behauptet,
die Beklagte habe das streitgegenständliche Werk öffentlich zugänglichgemacht.

Die Klägerin ist der Auffassung,
für das ihr Urheberrecht verletzende öffentliche Zugänglichmachen des streitgegenständlichen Werks sei ein Schadensersatz berechnet nach denen Grundsätzen der Lizenzanalogie in Höhe von 600,00 EUR angemessen. Da ein legales Lizenzmodell für Tauschbörsen nicht existiere, müsse man von einem fiktiven Lizenzmodell speziell für Tauschbörsenangebote ausgehen. Hierbei sei insbesondere die mögliche lawinenartige Weiterverbreitung des Werks zu berücksichtigen, so dass eine angemessene Tauschbörsenlizenz allein für ein einziges Werk mehrere Tausend Euro betragen müsste. Sie ist weiter der Auffassung, für die vorgerichtlich ausgesprochene Abmahnung habe sie einen Anspruch auf Aufwendungsersatz berechnet aus einem Gegenstandswert von 10.000,00 EUR.



Die Klägerin beantragt,
1. die Beklagtenseite wird verurteilt, an die Klägerin einen angemessenen Schadensersatz dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 600,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 09.10.2015 sowie
2. 506,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 09.10.2015 zu zahlen.



Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet im Wesentlichen,
sie sei für die streitgegenständliche Urheberrechtsverletzung nicht verantwortlich. Sie habe weder zum streitgegenständlichen Zeitpunkt noch zu einem anderen Zeitpunkt das streitgegenständliche Musikalbum über das Internet öffentlich zugänglich gemacht. Das Musikalbum habe sich auch zu keinem Zeitpunkt auf ihrem Computer befunden. Sie sei eine gelegentliche Internetnutzerin. Zu technischen Vorgängen wie der Benutzung von Tauschbörsen sei sie nicht in der Lage. Zum streitgegenständlichen Zeitpunkt habe sie sich, wie jeden Sonntag, gemeinsam mit ihrem Ehemann auf dem Weg zur polnischen Messe in der St. Josephs Kirche am Josephsplatz in München befunden. Diese Messe beginne stets um 12:00 Uhr. Sie verlasse das Haus deshalb stets zwischen 11:00 Uhr und 11:15 Uhr. Zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Urheberrechtsverletzung sei der Laptop abgeschaltet und das Zimmer, in dem sich der Laptop befunden habe, abgeschlossen gewesen. Das dritte Zimmer der Wohnung habe sie an ständig wechselnde Untermieter vermietet. Schriftliche Mietverträge habe sie dabei jedoch nicht abgeschlossen. Zum streitgegenständlichen Zeitpunkt sei das Zimmer an Frau [Name] vermietet gewesen. Diese habe im Zeitraum [Zeitraum] vom Besuch von ihrem Freund Herrn [Name] gehabt. Das erste Abmahnschreiben sei zu einem Zeitpunkt erfolgt, als die Untermieterin noch bei der Beklagten wohnte (Bl. 84 d.A.). Als die Beklagte das zweite Abmahnschreiben erhalten hatte, sei Frau [Name] jedoch bereits wieder nach Polen zurückgekehrt gewesen. Eine Kontaktaufnahme sei dann nicht mehr möglich gewesen.

Die Beklagte ist im Wesentlichen der Auffassung,
sie habe im Verfahren ihrer sekundären Darlegungslast genügt. Sie sei nicht als Täterin für die streitgegenständliche Urheberrechtsverletzung verantwortlich. Die Abmahnung der Klägerin sei unwirksam. Zudem sei der für die vorgerichtliche Abmahnung angenommene Gegenstandswert von 10.000,00 EUR unangemessen hoch.


Die Parteien haben am 07.04.2017 bzw. am 10.04.2017 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren erklärt.


Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 06.03.2017 Bezug genommen.




Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.



I.

Die Klage ist zulässig. Das angegangene Gericht ist nach §§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG bzw. §§ 12, 13 ZPO sachlich und örtlich zuständig.



II.

Die Klage ist begründet.


1.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von Schadenersatz in Höhe von 600,00 EUR gemäß § 97 Abs. 2 S. 1 UrhG und auf Zahlung von Aufwendungsersatz in Höhe von 506,00 EUR gemäß § 97a Abs. 2 S. 1 UrhG a.F.


a)

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 600,00 EUR gemäß § 97 Abs. 2 S. 1 UrhG. Die Beklagte hat das Recht der Klägerin auf öffentliche Zugänglichmachung des streitgegenständlichen Musikalbums schuldhaft verletzt.


aa)

Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Sie ist Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte am streitgegenständlichen Musikalbum nach §§ 85 Abs. 1, Abs. 2, 31 Abs. 3 UrhG.


bb)

Die Beklagte hat das exklusive Recht der Klägerin auf öffentliche Zugänglichmachung des geschützten Musikalbums (im Folgenden auch: das geschützte Werk) nach
§§ 85 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, 31 Abs. 3 UrhG bzw. § 19a UrhG verletzt.


i)

Das geschützte Musikalbum wurde mittels einer Filesharing-Software über den Anschluss der Beklagten zum Upload angeboten, was als öffentliche Zugänglichmachung einzuordnen ist.


ii)

Die zutreffende Ermittlung der IP-Adresse und deren Zuordnung zu ihrem Internetanschluss sind durch die Beklagte unstreitig gestellt worden.



iii)

Soweit die Beklagte einwendet, dass eine Urheberrechtsverletzung nicht vorliege, weil das Musikalbum möglicherweise nicht vollständig, sondern - wie bei Tauschbörsen der Fall - lediglich wenige Minuten und damit nur in Teilen öffentlich zugänglich gemacht worden sein könnte, geht dieser Vortrag in rechtlicher Hinsicht fehl. Auch das öffentliche Zugänglichmachen einzelner Teile eines geschützten Werks genügt für die Verwirklichung einer Urheberrechtsverletzung im Hinblick auf das gesamte geschützte Werk (BGH, Urteil vom 11.06.2015, Az. I ZR 19/14 - Tauschbörse I; OLG Köln, Beschluss vom 20.4.2016 - 6 W 37/16; GRUR-RR 2016, 399). Es bedurfte daher in diesem Punkt keiner weiteren Ausführungen der Klageseite oder Feststellungen durch das Gericht.



cc)

Steht die Begehung der streitgegenständlichen Rechtsverletzung über den Anschluss der Beklagten fest, wie hier, besteht eine tatsächliche Vermutung, dass die Beklagte als Anschlussinhaberin für die über ihren Anschluss begangene Rechtsverletzung persönlich verantwortlich ist.


i)

Die Klägerin als Anspruchstellerin trägt zwar die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Beklagte für die Urheberrechtsverletzung als Täterin verantwortlich ist. Allerdings spricht eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers, mithin der Beklagten, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen diesen Internetanschluss benutzen konnten. Zu dieser Frage muss sich der Anschlussinhaber im Rahmen einer sog. sekundären Darlegungslast erklären, weil es sich um Umstände auf seiner Seite handelt, die der Anspruchstellerin unbekannt sind. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat. Die pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt lebenden Dritten auf den Internetanschluss genügt hierbei nicht (BGH, Urteil vom 06. Oktober 2016, Az. 1 ZR 154/15 - Afterlife; BGH, Beschluss vom 30.03.2017, Az. 1 ZR 19/16 - Loud (zit. nach BGH-Pressemitteilung vom 30.03.2017)). Insbesondere ist es erforderlich, dass der Anschlussinhaber zum konkreten Nutzungsverhalten oder zum Vorhandensein von Filesharing-Software auf dem Computer beziehungsweise zu auffindbaren Spuren des streitgegenständlichen Werks auf dem Computer aller Personen vorträgt, die zum Tatzeitpunkt Zugriff auf seinen Internetanschluss hatten (BVerfG, Beschluss vom 23. September 2016, Az. 2 BvR 2193/15; BGH, Urteil vom 11. Juni 2015, Az. I ZR 75/14 - Tauschbörse II). Erst wenn der Anschlussinhaber seiner sekundären Darlegungslast entspricht, ist es wieder Sache der klagenden Partei, die für eine Haftung der beklagten Partei als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen.


ii)

Der nach diesen Grundsätzen auf Seiten der Beklagten liegenden sekundären Darlegungslast ist diese im Verfahren nicht gerecht geworden. Es spricht deshalb weiterhin eine tatsächliche Vermutung für ihre Täterschaft. Aus der zitierten BGH-Rechtsprechung ergibt sich klar, dass nur für den Fall, dass der Anschlussinhaber der sekundären Darlegungslast genügt, es wieder am Anspruchsteller, hier mithin der Klägerin, ist, die für die täterschaftliche Begehung maßgeblichen Umstände darzulegen und zu beweisen.


iii)

Ob die Behauptung der Beklagten, dass sie sich zum streitgegenständlichen Zeitpunkt in der Kirche befunden hat und ihr Laptop ausgeschaltet in einem verschlossenen Raum untergebracht war, tatsächlich zutrifft, erscheint zweifelhaft, kann jedoch dahinstehen. So ist der entsprechende Vortrag der Beklagten erst nach der mündlichen Verhandlung erfolgt, in der das Gericht die Beklagte darauf hingewiesen hat, aus welchen Gründen sie ihrer sekundären Darlegungslast bislang nicht gerecht geworden ist. Zuvor hatte die Beklagte lediglich vage Angaben zu einem "wahrscheinlichen" Szenario gemacht. Nach den gerichtlichen Hinweisen hatte die Beklagte dann jedoch plötzlich sichere Kenntnis davon, dass sie ihren Laptop ausgeschaltet und das entsprechende Zimmer abgeschlossen hatte.

Auf das Zutreffen dieses Vortrags kommt es jedoch nicht streitentscheidend an. Eine entsprechende Beweiserhebung kann unterbleiben. Denn die Beklagte wird der ihr obliegenden sekundären Darlegungslast bereits anderweitig nicht gerecht.


iv)

Die Beklagte hat schon nach ihrem eigenen Vortrag nicht im Rahmen des Zumutbaren Nachforschungen über die Umstände der möglichen Urheberrechtsverletzung angestellt.


(1)

Die Beklagte hat im Hinblick auf ihre eigene Sphäre nicht im für die Erfüllung der sekundären Darlegungslast erforderlichen Maße zu den erfolgten Nachforschungen im Zusammenhang mit den Umständen der streitgegenständlichen Urheberrechtsverletzung vorgetragen.


(a)

Die Beklagte trägt lediglich vor, sie habe ihren Laptop und den Laptop ihres jetzigen Ehemannes nach der streitgegenständlichen (wohl: torrent-) Datei untersucht (Bl. 67 d.A.), diese jedoch nicht gefunden. In welcher Weise und wann sie diese Untersuchung vorgenommen hat, trägt die Beklagte nicht vor. Zur ebenfalls erforderlichen Untersuchung auf das Vorhandensein von Filesharing-Software auf den jeweiligen Laptops und den Ergebnissen dieser Untersuchung hat die Beklagte im Verfahren nichts vorgebracht.


(b)

Insbesondere fehlt auch jeder Vortrag zu Nachforschungen bezüglich der damaligen angeblichen Untermieterin der Beklagten, Frau [Name] und deren Freund, Herrn [Name]. Die Beklagte hat insoweit lediglich deren Namen offenbart, darüber hinaus jedoch keine Details preisgegeben, die eine Täterschaft dieser Personen für die streitgegenständliche Urheberrechtsverletzung nahelegen würden. Insbesondere hat sie diese weder zur Begehung der streitgegenständlichen Urheberrechtsverletzung befragt noch hat sie deren internetfähige Endgeräte untersucht. Die Beklagte trägt nicht substantiiert dazu vor, dass sie bei Erhalt der zweiten Abmahnung zumindest versucht hat, diese Personen noch zu kontaktieren und diese zur Urheberrechtsverletzung zu befragen.

Dass sie hierzu keinerlei Möglichkeit hatte, ist von der Beklagten schon nicht vorgetragen. Entsprechende Vortrag wäre zudem auch erheblich unglaubwürdig. Die Beklagte trägt lediglich vor, sie habe nach Erhalt der Abmahnung wegen des Auszugs der Untermieterin diese nicht mehr befragen können. Eine Adresse in Polen sei ihr nicht bekannt. Die Beklagte beschreibt damit jedoch nicht erschöpfend jegliche Möglichkeit der Kontaktaufnahme. Die 1976 geborene Beklagte (Bl. 6 d.A.) muss nach allgemeiner Lebenserfahrung über eine persönliche Befragung oder eine postalische Kontaktierung hinaus, noch mindestens eine andere Möglichkeit gehabt haben, mit der Untermieterin in Kontakt zu treten. Als am Naheliegendsten kommen hierfür eine Kontaktaufnahme über die Mobilfunknummer bzw. über WhatsApp, über soziale Netzwerke (etwa über Facebook), über E-Mail oder über einen Messenger (etwa über Skype), in Betracht. Nach der Lebenserfahrung muss die Untermieterin mit der Beklagten in irgendeiner Weise vor Beginn des Untermietverhältnisses in Kontakt getreten sein, um überhaupt einzuziehen oder auch nur um einen Termin der Schlüsselübergabe abstimmen zu können. Es ist zudem lebensfern davon auszugehen, dass die Beklagte mit der Person, die nach ihrem eigenen Vortrag über drei Monate in ihrer Wohnung gelebt haben soll, in keiner anderen Weise als durch ein persönliches Treffen hätte Kontakt aufnehmen können. Der Beklagten war ferner bekannt, dass die Untermieterin Skype verwendet hat (Bl. 66 d.A.). Auf einem dieser Weg hätte sich die Beklagte also auch nach dem Wegzug der Untermieterin um eine Kontaktaufnahme bemühen können und müssen.

Auch der im Schriftsatz vom 02.06.2017 noch nachgeschobene Vortrag ändert an dieser Einschätzung nichts. Die Beklagte trägt dort lediglich vor, sie habe versucht, "die Untermieterin über die Sozialmedien und sonstige Internetrecherche [...] zu finden". Genauere Angaben dazu macht sie, wie auch im übrigen Verfahren; nicht. Der entsprechende Vortrag ist damit schon zu unsubstantiiert, als dass er vom Gericht zugunsten der Beklagten gewürdigt werden könnte. Er führt auch insbesondere nicht zu einer Erfüllung der sekundären Darlegungslast. Es hätte konkreter Angaben über die tatsächlich unternommenen Bemühungen zur Erfüllung der Nachforschungspflicht bedurft, etwa im Hinblick auf Art und Weise, sowie Zeitpunkt und konkretes Ergebnis der Kontaktaufnahmeversuche.


(c)

Gegen die Annahme, dass nunmehr keine Kontaktaufnahme mehr möglich ist, spricht weiterhin, dass die Beklagte den genauen Vor- und Nachnamen des Freundes der Untermieterin kennt, obwohl dieser nach ihrem Vortrag lediglich acht Tage in der Wohnung der Beklagten verbracht hat. Zu dem selben Schluss führt, dass die Beklagte auch nach über vier Jahren noch die genauen Tage kennt, an denen dieser Freund in die Wohnung gezogen bzw. aus dieser wieder ausgezogen ist. Dieser im Blick auf die sekundäre Darlegungslast durchaus substantiierte Vortrag lässt das Vorbringen, dass nunmehr keinerlei Kontaktaufnahme möglich sein soll, unglaubwürdig erscheinen.


(2)

Unabhängig davon, ob ihr eine Nachforschung bei ihrer Untermieterin nach Erhalt der zweiten Abmahnung noch möglich gewesen wäre, hat die die Beklagte ihren Nachforschungspflichten im Zusammenhang mit der Urheberrechtsverletzung bereits bei Erhalt des ersten Abmahnschreibens nicht genügt, bzw. im Rahmen des Verfahrens nicht ausreichend zur Erfüllung dieser Pflichten nach Erhalt des ersten Schreibens vorgetragen. Dass ihr die Nachforschung zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr möglich gewesen sein will, kann die Beklagte daher nicht entlasten.


(a)

Nach Erhalt der Abmahnung vom [Datum] war die Untermieterin nach Vortrag der Beklagten noch bei der Beklagten wohnhaft (Bl. 84 d.A.), hätte also ohne Schwierigkeiten, wie erforderlich, zur Urheberrechtsverletzung befragt werden können. Diese Gelegenheit hat die Beklagte schuldhaft verstreichen lassen, weil sie das Abmahnschreiben irrigerweise als Betrug einordnete.


(b)

Anlass zu dieser Annahme bestand jedoch nicht. Die Abmahnung genügt den insoweit geltenden gesetzlichen Anforderungen und erweckt aus Sicht eines objektiven Empfängers nicht im Geringsten den Anschein dafür, illegitimen Ursprungs zu sein. Dass die Beklagte aus ihrer subjektiven und möglicherweise im Hinblick auf das geltende Urheberrecht unerfahrenen Sicht die Abmahnung als illegal eingestuft hat, kann sie vorliegend nicht entschuldigen. Rechtsirrtümer gehen allenfalls dann nicht zu Lasten des Irrenden, wenn sie unverschuldet sind. Vorliegend hätte die Beklagte aber jederzeit die Möglichkeit gehabt, anwaltlichen Rat im Hinblick auf die Abmahnung vom [Datum] einzuholen. Allein schon der Umstand, dass sie dies später tatsächlich noch getan hat, zeigt, dass ihr die Einholung derartigen Rates sowohl bekannt als auch möglich war. Sie befand sich damit im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit der Abmahnung in einem jedenfalls fahrlässigen und damit vorwerfbaren Rechtsirrtum, der nicht zu einer anderen Beurteilung zugunsten der Beklagten führen kann. Insbesondere verfängt nicht das Argument, dass das Abmahnschreiben nicht original unterschrieben gewesen sei. Im heutigen weitgehend automatisiert ablaufenden Geschäftsverkehr ist die eigenhändige Unterschrift eher die seltene Ausnahme, denn die Regel. Dies hätte der Beklagten bereits mit einem Mindestmaß an Geschäftsgewandtheit klar sein müssen. Die Tatsache allein, dass sich auf einem Schreiben lediglich die aufgedruckte Wiedergabe einer (eingescannten) Unterschrift findet, kann die Einordnung dieses Schreibens als betrügerisch nicht rechtfertigen.


(c)

Weitere Umstände, die die Annahme, es handle sich um ein Betrugsschreiben, rechtfertigen könnten, trägt auch die Beklagte nicht vor.


dd)

Da die Beklagte ihrer sekundären Darlegungslast nicht genügt hat, gilt der Vortrag der Klägerseite gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden (vgl. Greger, in: Zöller, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 138 Rn. 8b).


ee)

Die Beklagte handelte auch fahrlässig. Vor der Verwendung eines urheberrechtlich geschützten Werkes muss sich der Nutzer über das Bestehen eines Schutzes und über den Umfang der Nutzungsberechtigung Gewissheit verschaffen. Insoweit besteht eine Prüf- und Erkundigungspflicht des Benutzers. Vorliegend hätte sich die Beklagte über die Funktionsweise einer Internettauschbörse sowie über die Rechtmäßigkeit des damit nutzbaren Angebots kundig machen können und müssen. Dass dies tatsächlich erfolgt ist, wird von der Beklagten nicht vorgetragen.


b)

Als Rechtsfolge der begangenen Urheberrechtsverletzung hat die Beklagte der Klägerin Schadensersatz zu leisten.

Durch das Angebot zum Herunterladen des streitgegenständlichen Werks verursachte die Beklagte einen Schaden, den das Gericht gemäß § 287 ZPO der Höhe nach auf 600,00 EUR schätzt.

Bei der Verletzung von Immaterialgüterrechten kann der Schaden nach Wahl des Verletzten in Höhe einer angemessenen Lizenzgebühr berechnet werden (BGH GRUR 1990, 1008, 1009). Bei der Berechnung der angemessenen Lizenzgebühr ist darauf abzustellen, was ein vernünftiger Lizenzgeber bei vertraglicher Einräumung der Rechte gefordert und ein vernünftiger Lizenznehmer gewährt hätte, wenn beide im Zeitpunkt der Entscheidung die gegebene Sachlage gekannt hätten.

Demnach sind die von der Klagepartei im vorliegenden Fall als Mindestbetrag des Schadensersatzes geforderten 600,00 EUR angemessen. Der Sachvortrag der Klägerin bietet insoweit eine ausreichende Schätzgrundlage. Insbesondere war bei der Schätzung auf die gerichtsbekannte Funktionsweise einer Internettauschbörse abzustellen, die mit jedem Herunterladen eine weitere Downloadquelle eröffnet.


2.

Der Klägerin steht zudem ein Anspruch aus § 97a Abs. 1 S. 2 UrhG a.F. auf Ersatz der für die Abmahnung entstandenen Kosten von 506,00 EUR zu.


a)

Die Abmahnung war formell wirksam. Insbesondere wurden die geltend gemachte Rechtsgutsverletzung sowie der Rechteinhaber konkret benannt, so dass für den Abgemahnten klar erkennbar war, gegen welche Verletzungshandlung sich diese Abmahnung richtete.


b)

Der angesetzte Gegenstandswert für die Abmahnung in Höhe von 10.000,00 EUR ist angemessen und begegnet bei einem Werk wie dem vorliegenden keinen Bedenken. Der Ansatz einer 1,3 Geschäftsgebühr für die streitgegenständliche Abmahnung ist angemessen.



3.

Der Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen folgt aus §§ 97, 97a UrhG, 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 1, 288 BGB. Mit Schreiben vom 01.10.2015 ist die Beklagte mit der Klageforderung in Verzug geraten.



III.

Die Kostenentscheidung folgt § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 11, 711 ZPO.




Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen die Entscheidung kann das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600,00 EUR übersteigt oder das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

Die Berufung ist binnen einer Notfrist von einem Monat bei dem

Landgericht München I
Prielmayerstraße 7
80335 München


einzulegen.
Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung der Entscheidung.

Die Berufung muss mit Schriftsatz durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt eingelegt werden. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt werde.

Die Berufung muss binnen zwei Monaten mit Anwaltsschriftsatz begründet werden. Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.

Gegen die Entscheidung, mit der der Streitwert festgesetzt worden ist, kann Beschwerde eingelegt werden, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,00 EUR übersteigt oder das Gericht die Beschwerde zugelassen hat.

Die Beschwerde ist binnen sechs Monaten bei dem

Amtsgericht München
Pacellistraße 5
80333 München


einzulegen.

Die Frist beginnt mit Eintreten der Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache oder der anderweitigen Erledigung des Verfahrens. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf der sechsmonatigen Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.

Die Beschwerde ist schriftlich einzulegen oder durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle des genannten Gerichts. Sie kann auch vor der Geschäftsstelle jedes Amtsgerichts zu Protokoll erklärt werden; die Frist ist jedoch nur gewahrt, wenn das Protokoll rechtzeitig bei dem oben genannten Gericht eingeht. Eine anwaltliche Mitwirkung ist nicht vorgeschrieben.



gez.
[Name]
Richter



Verkündet am 09.06.2017
gez.
[Name] JAng
Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle




Für die Richtigkeit der Abschrift München, 13.06.2017
[Name], JAng
Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Durch maschinelle Bearbeitung beglaubigt - ohne Unterschrift gültig
(...)





~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

AG München, Urteil vom 09.06.2017, Az. 231 C 25600/16,
WALDORF FROMMER Rechtsanwälte,
Rechtsanwältin Sandrine Schwertler,
Klage Waldorf Frommer,
Untervermietung,
Nachforschungspflichten,
sekundäre Darlegungslast,
Abmahnschreiben als Betrug

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Wochenrückblick

#11103 Beitrag von Steffen » Samstag 15. Juli 2017, 10:55

------------------------------------------------------ - Abmahnwahn Deutschland - Filesharing - --------------------------------------------


DER Wochenrückblick........................Bild......................Filesharing Fälle


-----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

Ausgabe 2017, KW 28 ..................................Initiative AW3P.............................10.07. - 16.07.2017

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1. Bundesgerichtshof, Mitteilung der Pressestelle Nr. 114/2017 vom 13.07.2017: Der Bundesgerichtshof verneint Beweisverwertungsverbot bei einer Auskunft zum Filesharing (Urt. v. 13.07.2017, I ZR 193/16 - Benutzerkennung)


BGH, Urteil vom 13. Juli 2017, I ZR 193/16 - Benutzerkennung



Quelle: 'juris.bundesgerichtshof.de'
Link: http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-b ... =0&anz=114







.............................................................Bild








.rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR (Hamburg): Erneuter Sieg für Mandanten beim BGH: Kein Beweisverwertungsverbot bei Auskunft durch Reseller


(...) Hamburg/ Karlsruhe, 13.07.2017 (eig./PM). Der erste Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat sich heute mit der Frage befasst, ob im Falle der Urheberrechtsverletzung durch Filesharing die dem Rechtsinhaber erteilte Auskunft des von dem Netzbetreiber verschiedenen Endkundenanbieters im Prozess gegen den Anschlussinhaber einem Beweisverwertungsverbot unterliegt, wenn lediglich für die Auskunft des Netzbetreibers, nicht aber für die Auskunft des Endkundenanbieters eine richterliche Gestattung nach § 101 Abs. 9 UrhG gegeben ist. (...)



Quelle: 'rka-law.de'
Link: http://rka-law.de/filesharing/erneuter- ... -reseller/










2. zpoblog.de (Rastede): Wiedereinsetzungsfrist nach PKH-Ablehnung: Zwei Wochen - und einige Tage Bedenkzeit


BGH, Beschluss vom 30.05.2017, VIII ZB 54/16



Quelle: 'www.zpoblog.de'
Link: http://www.zpoblog.de/wiedereinsetzungs ... edenkzeit/









.............................................................Bild








3. Oberlandesgericht Köln: Wegfall der Dringlichkeit für einstweilige Verfügung


OLG Köln, Urteil vom 07.04.2017, Az. 6 U 135/16



Quelle: 'www.justiz.nrw.de'
Link: https://www.justiz.nrw.de/nrwe/olgs/koe ... 70407.html










4. Kanzlei Dr. Bahr (Hamburg): BGH - Umfang einer wettbewerbsrechtlichen Vertragsstrafe


BGH, Urteil vom 04.05.2017, I ZR 208/15 - Luftentfeuchter



Quelle: 'www.online-und-recht.de'
Link: http://www.online-und-recht.de/urteile/ ... -20170504/









Nach dem G20 ist nicht immer vor dem G20!




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"Rahmenbefehl" der Polizei:
"Der Schutz und die Sicherheit der Gäste haben höchste Priorität."








5. Ostthüringer Zeitung (Gera): Polizei-Einsatz bei G20-Gipfel kostet Thüringen Millionen


(...) Zehn verletzte Beamte, 17 beschädigte Fahrzeuge und mehr als 40.000 Arbeitsstunden stehen in der Bilanz. Der Einsatz wird teuer: Allein Thüringen kostet er Millionen. (...)



Quelle: 'www.otz.de'
Link: http://www.otz.de/startseite/detail/-/s ... -216416892















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Gerichtsentscheidungen



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  • AG Köln, Urteil vom 03.04.2017, Az. 125 C 228/17 [WF verlieren; sek. Darlegungslast, Mitnutzer]




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  • LG Oldenburg, Beschluss vom 28.03.2017, Az.5 O 1459/16 [WF gewinnen Berufung; Geständnis des benannten Täters (Ehefrau), Täter keine UVE]
  • AG München, Urteil vom 09.06.2017, Az. 231 C 25600/16 [WF gewinnen; Nachforschungspflichten des AI; Untervermietung]








WAGNER HALBE Rechtsanwälte (Köln):


AG Köln, Urteil vom 03.04.2017, Az. 125 C 228/17


WAGNER HALBE Rechtsanwälte (Köln): Sony Music scheitert mit Filesharing Klage vor dem Amtsgericht Köln



Quelle: 'www.wagnerhalbe.de'
Link: http://www.wagnerhalbe.de/news-und-ratg ... cht-koeln/










Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München):


1. LG Oldenburg, Beschluss vom 28.03.2017, Az.5 O 1459/16


Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Das Landgericht Oldenburg bestätigt in Unterlassungsklageverfahren volle Haftung der geständigen Ehefrau des Anschlussinhabers in einem Filesharing Verfahren



Quelle: 'news.waldorf-frommer.de'
Link: https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... sinhabers/










2. AG München, Urteil vom 09.06.2017, Az. 231 C 25600/16


Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Das Amtsgericht München verurteilt Anschlussinhaberin wegen unzureichender Nachforschungen in Tauschbörsenverfahren (Untervermietung)



Quelle: 'news.waldorf-frommer.de'
Link: https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... nverfahren














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Forenwelt





Steffen's Kurzkommentar




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1. Karlsruhe - Frankenthal 2:0


(...) Der gestrige BGH-Termin (Urt. v. 13.07.2017, I ZR 193/16 - Benutzerkennung) hat die Defizite im Bereich Filesharing Verfahren gnadenlos an den Tag gebracht.]/i] (...)





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Quelle: 'abmahnwahn-dreipage.de/forum'
Link: viewtopic.php?p=47151#p47151










2. Anmerkungen zum Vergleich vor dem Landgericht Oldenburg (Az.5 O 1459/16)


Hier habe ich persönlich schon wieder so einen Hals. Sicherlich kenne ich nicht den genauen Werdegang, kann deshalb nur spekulieren, aber es ist vieles herauslesbar. Der Anschlussinhaber - ein gestandenes Mannsbild - wird wegen 2 Filmen abgemahnt und verklagt. Und was macht ein mutiger und entschlossener Abgemahnter / Beklagter? Rischtisch, er redet sich heraus und schiebt andere vor sein Loch, damit es für ihn erledigt ist. Gut, hier musste ich lernen, dass der Prozessbevollmächtigte einen guten Job gemacht hat, da die Klage gegen den Beklagten zurückgenommen wurde.

Am Erstgericht wurde das Geständnis und der Täter - die liebende Ehefrau - dem Gericht und dem Kläger auf dem Silbertablett präsentiert.

"Vom [...] bis [...] befand sich mein Mann auf einem Motorradtreffen in Thüringen [...]. Trotz seiner Belehrung habe ich am [...] die in der Klage genannten Filme für den Privatgebrauch heruntergeladen."

Einfach nur ignorant - oder schlechte Berater - dass jetzt trotz Aufforderung keine Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung abgegeben wurde, ja deren Abgabe verweigert wurde. Ach, den Murks kann jeder nachlesen.

Zeigt es doch wie ignorant blöd wir sind, oder die Ehefrau dem Ehemann egal ist. Natürlich wurde die Klage zurückgenommen. Aber zu welchem Preis?


Ein hoch auf uns liebenden Männer und mutigen Abgemahnten.

Im Ernst? Nein!











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Steffen Heintsch für AW3P




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#11104 Beitrag von Steffen » Mittwoch 19. Juli 2017, 15:50

Wilde, Beuger, Solmecke Rechtsanwälte (Köln): Filesharing Sieg gegen Waldorf Frommer Rechtsanwälte am Amtsgericht Köln - Einfachermittlung beim Filesharing reicht nicht - Das Amtsgericht Köln weist Klage ab



15:45 Uhr



In einem von unserer Kanzlei geführten Filesharing Verfahren hat das Amtsgericht Köln erneut entschieden, dass die einfache Ermittlung eines Anschlusses nicht reicht. Denn hier können Ermittlungsfehler nicht ausgeschlossen werden. Dabei setzt sich das Gericht kritisch mit einer Entscheidung des Landgericht Köln auseinander. Das Urteil ist lesenswert!



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Bild

Rechtsanwalt Christian Solmecke, LL.M.



WILDE BEUGER SOLMECKE Rechtsanwälte GbR

Kaiser-Wilhelm-Ring 27-29 | 50672 Köln
Tel.: 0221 / 951 563 0 | Fax: 0221 / 400 675 52
E-Mail: info@wbs-law.de | Web: www.wbs-law.de




Bericht

Link:
https://www.wbs-law.de/abmahnung-filesh ... ung-74222/


Urteil als PDF:
https://www.wbs-law.de/wp-content/uploa ... 3%B6ln.pdf



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Unser Mandant hatte eine Abmahnung von der Münchner Kanzlei Waldorf Frommer erhalten. Diese erfolgte im Auftrag der "Constantin Film Verleih GmbH". Waldorf Frommer warf unserem Mandanten vor, dass er den Film "Parker" im Wege des Filesharing verbreitet haben soll. Die Kanzlei forderte Ersatz der Abmahnkosten in Höhe von 215,00 EUR. Außerdem sollte der Anschlussinhaber Schadensersatz in Höhe von mindestens 1.000,00 EUR zahlen. Nach Darstellung von Waldorf Frommer sei zuverlässig von einem Internetdienstleister zweimal die IP-Adresse ermittelt. Aufgrund einer Nachfrage beim Provider sei der Anschluss des Abgemahnten ermittelt worden.

Doch damit konnte Waldorf Frommer nicht das Amtsgericht (AG) Köln überzeugen. Dieses stellte mit Urteil vom 06.07.2017 klar, dass die "Constantin Film GmbH" keinen Anspruch auf Schadensersatz gegenüber unserem Mandanten hat (Az. 137 C 32/17).



Filesharing: Bei einfacher IP Ermittlung können Ermittlungsfehler auftreten!

Denn bei der hier erfolgten Ermittlung einer einzelnen IP-Adresse zu zwei kurz hintereinanderliegenden Ermittlungszeitpunkten können Ermittlungsfehler nicht völlig ausgeschlossen werden. Diese Unsicherheit geht zu Lasten des Rechteinhabers. Denn hier besteht keine Vermutung, dass die Ermittlungssoftware korrekt gearbeitet hat. Von daher bracht der abgemahnte Anschlussinhaber entgegen einer Entscheidung des Landgerichtes (LG Köln) vom 01.06.2017 - Az. 14 S 42/16 keine konkreten Anhaltspunkte darlegen, die für einen Ermittlungsfehler sprechen.



Viele Fehlerquellen denkbar

Dies begründet das Amtsgericht Köln damit, dass die Fehlerquellen vielfältig sind. Sie können etwa bei der bei der Zuteilung und dem Erfassen der IP-Adresse, aber auch bei der dauerhaften Speicherung sowie Zuordnung durch den Provider unterlaufen. Es handelt sich hier um einen Massenverfahren, bei dem keine Kontrolle bei den einzelnen Arbeitsvorgängen erfolgt. Auch eine bewusste Manipulation der Auskunft durch das Personal des Providers ist denkbar. Anders ist das lediglich bei der echten Mehrfachermittlung und Zuordnung einer IP-Adresse aus. Diese sollte am besten durch verschiedene Anfragen erfolgen.

Aus diesem Grunde scheidet auch eine Heranziehung des Anschlussinhabers als Störer für die Abmahnkosten aus.



Fazit:

Dass die Ermittlung einer einzelnen IP-Adresse in der Regel nicht genügt, hat das Amtsgericht Köln bereits schon mehrfach festgestellt zugunsten unserer Mandanten festgestellt. Dabei handelt es sich um unterschiedliche Abteilungen des Amtsgerichtes. Zu erwähnen ist etwa ein Urteil des AG Köln vom 22.06.2017 (Az. 148 C 23/17), ein Urteil des AG Köln vom 28.06.2017 (Az. 125 C 571/16) sowie ein Urteil des AG Köln vom 06.10.2016 (Az. 137 C 121/15). Weiterführende Informationen können Sie unserem Beitrag "Filesharing Sieg - Abmahner kann nur einmalige Anschlussermittlung nachweisen" entnehmen.

Dass es bei der Ermittlung einer einzelnen IP-Adresse schnell zu Ermittlungsfehlern mit weitreichenden Folgen kommt, ergibt sich aus einem Urteil des Amtsgericht Köln vom 02.05.2016 (Az. 137 C 450/15). Das Gericht ging von einer Fehlerquote bis zu 50% aus. In dem Text "Filesharing - Einmalige Ermittlung von IP Adresse reicht nicht wegen hoher Fehlerquote" erfahren Sie Näheres.



Ausführliche Informationen zu Abmahnungen der Kanzlei Waldorf Frommer finden Sie unter

- https://www.wbs-law.de/waldorf-frommer/ -





Weitere Informationen zu erfolgreichen Filesharing-Verfahren der Kanzlei WILDE BEUGER SOLMECKE erhalten Sie unter folgendem Link:

Gewonnene Filesharing-Verfahren der Kanzlei WILDE BEUGER SOLMECKE









AG Köln, Urteil vom 06.07.2017, Az. 137 C 32/17




(...) - Beglaubigte Abschrift -

137 C 32/17


Verkündet am 06.07,2017
[Name], Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle



Amtsgericht Köln

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil




In dem Rechtsstreit


der [Name],
Klägerin,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldorf Frommer Rechtsanwälte, Beethovenstraße 12, 80336 München,



gegen


[Name],
Beklagten,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Wilde Beuger Solmecke, Kaiser-Wilhelm-Ring 27-29, 50672 Köln,





hat das Amtsgericht Köln auf die mündliche Verhandlung vom 08.06.2017 durch den Richter am Amtsgericht [Name]

für Recht erkannt:

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor der Beklagte Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.





Tatbestand:

Mit der nach Durchführung des Mahnverfahrens am 09.01.2017 bei dem Amtsgericht Köln eingegangenen Klage begehrt die Klägerin von dem Beklagten Lizenzschadensersatz und Abmahnkosten für eine streitige Urheberverletzung durch Filesharing.

Von einem Internetanschluss wurde am 10.11.2013 der Film "[Name]" in einem Peer-to-Peer-Netzwerk im Wege des Filesharing anderen Nutzern dieses Netzwerkes zum kostenlosen Herunterladen angeboten.

Mit Schreiben vom 12.12.2013 wandte sich die Klägerin an den Beklagten und mahnte diesen aufgrund dieser Urheberverletzung unter Zugrundelegung eines Gebührenstreitwertes von 1.600,00 EUR ab. Die hierdurch entstandenen Anwaltskosten in Höhe von 215,00 EUR verlangt diese nunmehr von dem Beklagten ersetzt. Darüber hinaus macht sie einen Lizenzschaden von mindestens 1.000,00 EUR geltend.

Die Klägerin trägt im Wesentlichen vor, alleinige Rechteinhaberin des streitgegenständlichen Werks zu sein. Der Film sei unter der zutreffend und zuverlässig ermittelten und dem Beklagten ordnungsgemäß durch den Internetdienstleister zugeordneten IP-Adresse im Wege des Filesharing durch diesen zum Herunterladen angeboten worden. Wegen der weiteren Einzelheiten ihres Vortrages wird auf die Schriftsätze Bezug genommen.



Die Klägerin beantragt,
1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerseite einen angemessenen Schadensersatzbetrag, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 1.000,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 02.08.2016 zu zahlen,
2. 107,50 EUR als Hauptforderung zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 02.08.2016, sowie
3. 107,50 EUR als Nebenforderung zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 02.08.2016 zu zahlen.



Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Er bestreitet im Wesentlichen die Rechtsverletzung begangen zu haben. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrages wird auf die Schriftsätze Bezug genommen.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und sonstigen Aktenbestandteilen Bezug genommen.




Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet, denn jedenfalls gelingt der darlegungs- und beweisbelasteten Klägerin der Nachweis einer Urheberverletzung des Beklagten nicht, so dass ein Anspruch gegen den Beklagte auf Zahlung von Schadensersatz nach Lizenzanalogie (§ 97 Abs. 2 S. 3 UrhG) nicht besteht. Es steht nicht zu Überzeugung des Gerichts fest, dass der Beklagte den streitgegenständlichen Film am 10.11.2013 in einem Peer-to-Peer-Netzwerk im Wege des Filesharing anderen Nutzern dieses Netzwerkes zum Herunterladen angeboten hat, so dass insbesondere offen bleiben kann, ob die Klägerin tatsächlich Rechteinhaberin ist, bzw. ob der Beklagte der sekundären Darlegungslast genüge getan hat. Im Einzelnen gilt Nachfolgendes:

Der BGH führt zuletzt im Urteil vom 06.10.2016, Az. I ZR 154/15 - "Afterlife") aus:

"Die Klägerin trägt nach den allgemeinen Grundsätzen als Anspruchstellerin die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs auf Schadensersatz erfüllt sind. Sie hat darzulegen und im Bestreitensfall nachzuweisen, dass der Beklagte für die von ihr behauptete Urheberrechtsverletzung als Täter verantwortlich ist (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 2012 - I ZR 74/12, GRUR 2013, 511 Rn. 32 = WRP 2013, 799 - "Morpheus"; Urteil vom 8. Januar 2014 - I ZR 169/12, BGHZ 200, 76 Rn 14 - "BearShare"; Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 75/14, GRUR 2016, 191 Rn. 37 = WRP 2016, 73 - "Tauschbörse III"; Urteil vom 12. Mai 2016 - I ZR 48/15, GRUR 2016, 1280 Rn. 32 = WRP 2017, 79 - "Everytime we touch"). Allerdings spricht eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen diesen Internetanschluss benutzen konnten (BGHZ 200, 76 Rn. 15 - BearShare; BGH, GRUR 2016, 191 Rn. 37 - Tauschbörse III) (BGH, Urteil vom 06. Oktober 2016 - I ZR 154/15 -, Rn. 14, juris)."

Dies setzt indes voraus, dass feststeht, dass die Urheberverletzung vom Anschluss des Beklagten aus begangen wurde. Dies wiederum setzt unter anderem voraus, dass die Ermittlung der IP-Adresse(n) durch die seitens der Klägerin eingesetzte Ermittlungssoftware (vorliegend PFS) ordnungsgemäß erfolgte und zum anderen die nachfolgende Zuordnung dieser Adresse(n) durch den Internetanbieter fehlerfrei war.

Vorliegend wurde indes lediglich eine einzelne IP-Adresse ermittelt, wenn die Klägerseite auch zwei Ermittlungszeitpunkte vorträgt. Diese liegen aber zeitlich so eng beieinander, dass es sich um einen einheitlichen Ermittlungsvorgang zu handeln scheint, so dass eine fehlerhafte Ermittlung nicht von vorneherein ausgeschlossen ist. Fehler der Ermittlung, die eine Vielzahl von Ursachen haben können, können, anders als bei Ermittlung einer Vielzahl von Rechtsverletzungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten mit unterschiedlichen IP-Adressen, bei einzelnen Ermittlungsvorgängen niemals völlig ausgeschlossen werden. Diese Unsicherheit geht zu Lasten der Klägerin.

Zwar mag vorliegend bezüglich der ordnungsgemäßen Ermittlung der IP-Adresse dem Beweiserbieten der Klägerin zur Einholung eines Sachverständigengutachtens insoweit nachzugehen sein, als dass diese vorträgt und unter Beweis stellt, dass der konkrete Ermittlungsvorgang vollständig im Rahmen eines Netzwerkmitschnitts erfasst wurde und insoweit auch im Nachhinein nachgestellt werden könnte. Anders als dem Beweiserbieten eines Zeugen wäre dieses Beweismittel auch nicht von vornherein ungeeignet, den Nachweis der ordnungsgemäßen Ermittlung im jeweiligen Einzelfall zu erbringen. Das Gericht geht in Kenntnis der ständigen Rechtsprechung des Landgerichts Köln und der Entscheidung des BGH vom 11.06.2015, Az. I ZR 19/14 -"Tauschbörse I" nicht davon aus, dass ein Zeuge den ordnungsgemäßen konkreten Ermittlungsvorgang der Software als solches bezeugen kann. Denn hierbei handelt es sich um interne Vorgänge eines Computerprogramms. Dem Zeugenbeweis zugänglich sind indes nur tatsächliche eigene Wahrnehmungen des Zeugen. Soweit der BGH in seiner zuvor zitierten Entscheidung darauf abstellt, dass die Sachentscheidung der Vorinstanzen gestützt auf vorgelegte Anlagen und die Aussage der Zeugen, nicht zu beanstanden sei, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Denn der Bundesgerichtshof hat nicht entschieden, wie im Einzelfall bezüglich der konkreten Ermittlung Beweis zu erheben ist, sondern nur, dass für den Umstand, "dass unter einer IP-Adresse während eines bestimmten Zeitraums Musikdateien öffentlich zugänglich gemacht worden sind, [der Beweis] dadurch geführt werden [kann], dass ein durch Screenshots dokumentierter Ermittlungsvorgang des vom klagenden Tonträgerhersteller beauftragten Unternehmens vorgelegt und der regelmäßige Ablauf des Ermittlungsvorgangs durch einen Mitarbeiter des Unternehmens erläutert wird (BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 19/14 -, juris)" und eine hierauf gestützte Einzelfallentscheidung keine rechtfehlerhafte Beweiswürdigung darstellt. Denn dies ließe außer Acht, "dass Land-und Berufungsgericht ihre Oberzeugung wesentlich auf die von den Klägerinnen eingereichten Unterlagen gestützt haben und die Einvernahme der Zeugen der Erläuterung der in diesen Unterlagen dokumentierten Umstände und technischen Vorgänge und nicht der Schilderung der im Streitfall maßgeblichen konkreten Ermittlungsergebnisse aus eigener Wahrnehmung diente. Dies lässt keinen Rechtsfehler erkennen." (BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 19/14 -, Rn. 35, juris). Hieraus folgt jedoch nicht, dass der Ermittlungsvorgang im Einzelfall - auf den es jedoch maßgeblich ankommt - mittels einer Zeugenaussage bewiesen werden kann. Auf die Frage des regelmäßigen Ablaufs der Ermittlungen kommt es nach Auffassung des Gerichts nicht an. Denn auch eine grundsätzlich ordnungsgemäß funktionierende Software kann im Einzelfall fehlerhafte Ergebnisse liefern.

Hierauf kommt es vorliegend jedoch bereits nicht an, denn jedenfalls gelingt der Klägerin der Nachweis der ordnungsgemäßen Zuordnung seitens des Internetanbieters nicht. Insoweit fehlt es bereits an jedwedem Beweisangebot der Klägerin. Soweit diese darauf rekurriert, vorliegende Fallkonstellationen (zwei Ermittlungszeitpunkte, eine IP-Adresse) seien mit der Ermittlung von mehreren Zeitpunkten und der Zuordnung zu mehreren IP-Adressen vergleichbar, folgt das Gericht dem nicht. Denn eine mathematische bzw. statistische geradezu zwingende Wahrscheinlichkeit der ordnungsgemäßen Zuordnung folgt nur dann, wenn tatsächlich mehrere IP-Adressen ein und demselben Internetanschluss zugeordnet werden konnten. Denn die mathematische Wahrscheinlichkeit der Fehlzuordnung innerhalb des Providers hängt lediglich mit der Anzahl der IP-Adressen zusammen. Diese ist bei einer Adresse gleich, egal, ob diese durch mehrere Abfragen innerhalb des Ermittlungsvorgangs ermittelt wurde.

Das Bestreiten der Beklagtenseite ist insoweit auch beachtlich. Soweit teilweise gefordert wird, es müssten konkreten Anhaltspunkte für eine Unrichtigkeit der Ermittlungen vorgetragen werden, die über die generelle Möglichkeit des Auftretens von Ermittlungsfehlern hinausgingen (so bspw. LG Köln, Urteil v. 01.06.2017, Az. 14 S 42/16), folgt das Gericht dem nicht. Zwar verkennt das Gericht nicht. dass der BGH in seinem Urteil vom 11.06.2015, Az. 1 ZR 19/14 - "Tauschbörse I" ausgeführt hat:

"Entgegen der Ansicht der Revision ist ein zweifelsfreier Nachweis der vollständigen Fehlerfreiheit des Auskunftsverfahrens nicht erforderlich. Für eine den Anforderungen des § 286 Abs. 1 ZPO genügende richterliche Überzeugung bedarf es keiner absoluten oder unumstößlichen Gewissheit im Sinne des wissenschaftlichen Nachweises, sondern nur eines für das praktische Leben brauchbaren Grades von Gewissheit, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (BGH. Urteil vom 17. Februar 1970 - III ZR 139/67, BGHZ 53, 245, 256 - "Anastasia"; BGH, Urteil vom 16. April 2013 - VI ZR 44/12, NJW 2014, 71 Rn. 8, BGH, Urteil vom 11 Juni 2015 - I ZR 19/14 -, Rn. 40, juris)."

Gleichwohl geht das Gericht im Ausgangspunkt davon aus, dass der Anschlussinhaber im Rahmen seiner prozessualen Wahrheits- und Erklärungspflicht nach § 138 ZPO die ordnungsgemäße Zuordnung seitens des Internetanbieters in einem solchen Fall sogar schlicht mit Nichtwissen bestreiten kann. Dies ist gemäß § 138 Abs. 4 ZPO zulässig über Tatsachen, "die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind." Der Anschlussinhaber hat weder die Zuordnung konkret durchgeführt, noch sind diese Gegenstand seiner eigenen Wahrnehmung gewesen, noch ist der Vortrag der Anschlussinhaberseite in einem solchen Fall derartig substantiiert und konkret, dass ein Bestreiten als in Blaue hinein unbeachtlich wäre.

Vor diesem Hintergrund ist das Gericht im Rahmen seiner freien Beweiswürdigung gemäß § 286 ZPO gerade nicht in einem Maße davon überzeugt, dass die Zuordnung zwingend fehlerfrei war, dass vernünftigen Zweifeln Schweigen geboten wäre. Vielmehr sind in automatisierten Datenverarbeitungsabläufen, wie sie im Rahmen der Providerauskunft zwingend erfolgen. Anwendungs- oder Ablauffehler keinesfalls ausgeschlossen oder auch nur selten. Insoweit führt das Amtsgericht Köln in seinem Urteil vom 15.12.2016, Az, 148 C 389/16 aus:

"Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass Programme der Datenverarbeitung zum Teil fehlerhaft arbeiten. Auch der Internetprovider arbeitet im Rahmen der Erfassung und Speicherung der Daten mit eben solchen Datenverarbeitungsprogrammen. Die Fehlerquellen können dabei durchaus vielfältig sein. Es kann ein Anwendungsfehler zu der falschen Zuordnung der IP-Adresse führen. Es kann aber auch ein systemischer Fehler vorliegen. Der Fehler kann im Zeitpunkt der Rechtsverletzung bei der Zuteilung und dem Erfassen der IP-Adresse, aber auch bei deren dauerhafter Speicherung und im Rahmen der Abfrage und Auskunftserteilung geschehen. Auch liegt es gerade bei der automatisierten Bearbeitung von Anfragen im Rahmen von Massenverfahren besonders nahe, dass ein Fehler passiert und unbemerkt bleibt, da in der Regel keine Kontrolle der abgerufenen Daten erfolgt. Es ist auch gerichtsbekannt, dass es durchaus zur fehlerhaften Erfassung von Telekommunikationsdaten kommt. Als Beispiel können nachweislich fehlerhafte Abrechnungen über Telekommunikationsdienstleistungen genannt werden, die schließlich auch auf der elektronischen Erfassung von Telekommunikationsdaten durch die Anbieter basieren. Soweit ersichtlich geht die Rechtsprechung in diesen Fällen nicht davon aus, dass das einfache Bestreiten hinsichtlich der Richtigkeit der erfassten, gespeicherten und ausgewerteten Daten ohne Belang ist, da die Fehlerwahrscheinlichkeit so gering ist, dass vernünftigen Zweifeln an der Richtigkeit der Daten schweigen geboten wird. Auch an und für sich zuverlässig arbeitende Software kann, etwa bedingt durch Serverprobleme, Updates oder sonstige Arbeiten am Programm fehlerhafte Arbeitsergebnisse liefern. Dies ist ebenfalls gerichtsbekannt und wird von Personen die mit den Datenbanken und Textverarbeitungsprogrammen der Justiz arbeiten, die auch grundsätzlich funktionieren, schlechterdings nicht geleugnet werden können. Bei der Auskunft zu ein und derselben IP-Adresse im Rahmen einer Anfrage kann schließlich auch eine bewusste Manipulation der Auskunft durch das Personal des Internetproviders nicht ausgeschlossen werden, denn durch den zeitlichen Zusammenhang und die gleiche IP-Adresse im Rahmen einer Anfrage, ist es für Dritte mit dem entsprechenden Sachverstand ohne weiteres ersichtlich, dass die IP-Adresse zu diesen beiden Zeitpunkten ein und demselben Anschluss zugeordnet gewesen sein muss. Auch dies ist bei der "echten" Mehrfachermittlung und Zuordnung einer IP-Adresse, bestenfalls im Rahmen unterschiedlicher Anfragen an den Provider, ausgeschlossen oder zumindest wesentlich schwerer (AG Köln, Urteil vom 15. Dezember 2016 - 148 C 389/16 -, Rn. 35, juris)."

Diesen zutreffenden Ausführungen schließt sich das Gericht an.

Dieser Beurteilung steht auch die zuvor zitierte Entscheidung des BGH vom 11.06.2016 nicht entgegen, denn in dem vom BGH entschiedenen Fall ging es um die Zuordnung ganzer Datensätze, die auf staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen basierte. Das Berufungsgericht stellte darauf ab, dass gerade in Anbetracht der strafprozessualen Konsequenzen, davon auszugehen sei, dass die Betroffenen bemüht gewesen seien, Fehlzuordnungen tunlichst zu vermeiden. Es ging zudem nicht um die Zuordnung einer einzigen Rechtsverletzung, sondern um 5.080 Audiodateien. Insofern ist der zugrunde liegende Sachverhalt bereits nicht mit dem streitgegenständlichen Fall vergleichbar. Zudem trifft der BGH keine, eigene tatrichterliche Entscheidung, sondern überprüft die Entscheidungen der Vorinstanzen lediglich auf revisible Rechtsfehler. Aus der Rechtsprechung des BGH ist nicht der Grundsatz abzuleiten, dass bei jeder Auskunft der Internetprovider stets von der Richtigkeit der Zuordnung der IP-Adresse auszugehen ist. Insofern kommt es vielmehr stets auf den jeweiligen Sachverhalt und die darauf basierende Überzeugungsbildung des Tatrichters an, die sich einer schematischen Betrachtung entzieht.

Auch der Umstand, dass der Rechteinhaber hierdurch in unüberwindbare Beweisschwierigkeiten kommen kann, führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn zum einen können Beweislastverteilungen nicht im Rahmen einer Billigkeitsrechtsprechung ausgehebelt werden, zum anderen ist es gerichtsbekannt, dass es den Rechteinhabern in einer Vielzahl von Fällen gelingt, mehrere Rechtsverletzungen zu verschiedenen Zeitpunkten unter verschiedenen IP-Adressen nachzuweisen. Dadurch, dass sich die Klägerin allein auf eine Rechtsverletzung stützt, erspart sie sich auch entsprechenden Ermittlungsaufwand, was aber nicht zum Nachteil der jeweiligen Anschlussinhaber führen kann. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass aus der Unterstellung der ordnungsgemäßen Ermittlung und Zuordnung die seitens des BGH entwickelte tatsächlichen Vermutung zulasten des Anschlussinhabers folgt, dieser sich also im Rahmen der sekundären Darlegungslast entlasten muss. Vor diesem Hintergrund sind an die Ordnungsmäßigkeit des Ermittlungs- und Zuordnungsvorgangs insgesamt hohe Anforderungen zu stellen.

Eines tatrichterlichen Hinweises gemäß § 139 ZPO bedurfte es insoweit vorliegend nicht. Erforderlich i.S.v. § 139 Abs. 2 ist ein Hinweis dann aber auch nur dann, wenn für das Gericht erkennbar ist, dass eine oder beide Parteien einen entscheidungserheblichen Gesichtspunkt übersehen oder für unerheblich gehalten haben. Aufmerksam gemacht werden kann naturgemäß nur auf solche Bedenken i.S.v. § 139 Abs. 3, die der Aufmerksamkeit der Parteien bislang entgangen sind (BeckOK ZPO / von Selle ZPO § 139 Rn. 35-37, beck-online). Dies ist jedoch dann nicht der Fall, wenn dieser Punkt bereits zwischen den Parteien streitig ist, denn insoweit kann nicht davon ausgegangen werden, dass eine (oder beide Parteien) diesen Gesichtspunkt erkennbar übersehen haben. Insoweit stellte ein richterlicher Hinweis geradezu eine Hilfestellung zugunsten einer, und damit zulasten der anderen Partei dar. Vorliegend hat die beklagte Partei ausführlich zur Zuordnung durch den Internetanbieter Stellung genommen und die Klägerin hat ausführlich dazu vorgetragen. Dass eine Partei diesen Punkt erkennbar übersehen hat, ist damit ausgeschlossen.

Eine Haftung als Störer kommt ebenfalls nicht in Betracht. Eine Rechtsverletzung über den Internetanschluss des Beklagten ist jedenfalls aufgrund der nicht feststehenden Zuverlässigkeit des Zuordnungsvorgangs nicht bewiesen.

Die Nebenforderungen teilen das Schicksal der Hauptforderung.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO

Streitwert: bis 1.500,00 EUR.




Rechtsbehelfsbelehrung:

A) Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,

1. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
2. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.

Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem

Landgericht Köln,
Luxemburger Str. 101,
50939 Köln,


eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.

Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Köln zu begründen.

Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.

Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.


B) Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Amtsgericht Köln statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem

Amtsgericht Köln,
Luxemburger Str. 101,
50939 Köln,


schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.


[Name]
Richter


Beglaubigt
[Name], Justizhauptsekretärin
(...)



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

AG Köln, Urteil vom 06.07.2017, Az. 137 C 32/17,
Klage Waldorf Frommer,
Klage Constantin Film GmbH,
Film: "Parker",
Rechtsanwalt Christian Solmecke,
WILDE BEUGER SOLMECKE Rechtsanwälte GbR,
Einfachermittlung reicht nicht aus,
Einfachermittlung,
Einfachermittlung IP-Adresse

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LG Köln, Az. 14 S 94/15

#11105 Beitrag von Steffen » Donnerstag 20. Juli 2017, 17:27

.rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR (Hamburg): Landgericht Köln - Hinweise auf abstrakte Nutzungsmöglichkeiten Dritter entlasten den Anschlussinhaber nicht


17:20 Uhr


Hamburg/Köln, 20.07.2017 (eig.): Hinweise auf abstrakte Nutzungsmöglichkeiten Dritter entlasten den Anschlussinhaber in Filesharing Streitigkeiten nicht. Dies hat jetzt das Landgericht Köln bekräftigt (Urt. v. 14.06.2017, Az. 14 S 94/15) und damit erneut eine Entscheidung des Amtsgerichts Köln aufgehoben.



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Bild

Rechtsanwalt Nikolai Klute
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz




.rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR

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Bericht

Link:
http://rka-law.de/filesharing/lg-koeln- ... ber-nicht/


Urteil als PDF:
http://rka-law.de/wp-content/uploads/20 ... -94-15.pdf



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt der Anschlussinhaber seiner sekundären Darlegungslast dadurch, dass er vorträgt, welche weiteren Personen neben ihm Zugang zum Internetanschluss haben und (!) als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. Die pauschale Behauptung theoretischer Zugriffsmöglichkeiten auf den Internetanschluss durch Dritte reicht hierfür nicht aus (etwa BGH Urt. v. 11.06.2015, I ZR 75/14 - "Tauschbörse III" Rn. 37; Urt. v. 12.05.2016, I ZR 48/15 - "Everytime we touch", Rn. 33; Urt. v. 06.10.2016, I ZR 154/15 - "Afterlife", Rn. 15).

Dementsprechend sahen die Kölner Richter das Vorbringen der Beklagten als ungenügend an. Deren Verteidigungsvorbringen erschöpfte sich darin, die eigene Tatherrschaft zu bestreiten und stattdessen auf ihre beiden volljährigen Söhne zu verweisen, die beide mittels eigener Computer über den Anschluss der Beklagten Zugriffsmöglichkeiten auf das Internet gehabt hätten, ohne allerdings konkret zu deren Nutzungsverhalten zu den vier im Verfahren benannten Verletzungszeitpunkten vorzutragen. Auch die aus den Nachforschungen gewonnenen Erkenntnisse hat die Beklagte nur unvollständig mitgeteilt und im übrigen durch ihren Vortrag die Haftung der Söhne ausgeschlossen.

Im Urteil (Seite 14) heißt es, es sei "denklogisch ausgeschlossen, dass die Söhne der Beklagten die streitgegenständlichen Verletzungshandlungen hätten begehen können. Wenn weder der Router in Abwesenheit der Beklagten eingeschaltet wurde, noch auf einem der im Haus befindlichen Computer Filesharing-Software installiert war, war die Teilnahme an einer Filesharing-Tauschbörse unmöglich. Nach diesem Vorbringen handelte es sich bei der Abmahnung der Klägerin vom 20.09.2012 um den ersten Vorfall dieser Art, so dass nicht ersichtlich ist, dass die Söhne der Beklagten Veranlassung gehabt hätten, installierte Filesharing-Software vor Eingang der Abmahnung der Klägerin vorsorglich zu deinstallieren."

Auf Grundlage dieses Vorbringens waren die Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte begründet, da die Beklagte eine Täterschaft ihrer Söhne ausgeschlossen hatte und damit keine andere Person den Internetanschluss der Beklagten hatte nutzen können.

"Die Entscheidung ist Beleg dafür, dass Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast Gradmesser für die Bereitschaft eines Gerichtes sind, ungenauen, widersprüchlichen oder sogar wahrheitswidrigen Vortrag hinzunehmen - oder eben auch nicht", erklärt Rechtsanwalt Nikolai Klute aus der Kanzlei .rka Rechtsanwälte, "und insoweit ist es erfreulich, dass das Landgericht Köln im Gegensatz zu einer Vielzahl anderer Gerichte sich sehr genau den Vortrag der Beklagten anschaut, insbesondere dann, wenn der Vortrag der Beklagten an die Prozesssituation und richterliche Hinweise angepasst und alter Vortrag durch neuen ersetzt oder variiert wird."









LG Köln, Urteil vom 14.06.2017, Az. 14 S 94/15





(...) - Beglaubigte Abschrift -


14 S 94/15
137 C 263/13 Amtsgericht Köln


Verkündet am 14.06.2017
[Name], Justizbeschäftigte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle



Landgericht Köln

IM NAMEN Des VOLKES

Urteil




In dem Rechtsstreit


der [Name],
Klägerin und Berufungsklägerin,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte RKA Rechtsanwälte, Johannes-Brahms-Platz 1, 20355 Hamburg,



gegen


[Name],
Beklagte und Berufungsbeklagte,

Prozessbevollmächtigter:
[Name],



wegen: Urheberrechtsverletzung




hat die 14. Zivilkammer des Landgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 16.03.2017 durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht Dr. [Name], die Richterin am Landgericht [Name] und die Richterin am Landgericht [Name]

für Recht erkannt:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Köln vom 21.10.2015, Az. 137 C 263/13, wie folgt abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt,

1.) an die Klägerin einen Teilschadensersatz über 500,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 05.10.2012 zu zahlen;
2.) an die Klägerin weitere 368,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 05.10.2012 zu zahlen;

Hinsichtlich des weitergehenden Zinsanspruchs wird die Klage abgewiesen und die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in I. und II. Instanz.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.




GRÜNDE:


I.

Die Klägerin macht wegen der von ihr behaupteten Verletzung ausschließlicher Nutzungsrechte an dem Computerspiel [Name] gegen die Beklagte Ansprüche auf Zahlung von Lizenzschadensersatz und Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren geltend.

Das streitgegenständliche Computerspiel wurde von der Firma [Name] produziert und von der Firma [Name] erstmals am 04.05.2012 veröffentlicht. In der Folge wurde das Computerspiel ohne Zustimmung der Rechteinhaber in Peer-to-Peer-Netzwerken, so genannten Filesharing Tauschbörsen, anderen Nutzern zum kostenlosen Download angeboten. Im Rahmen von der Klägerin hierzu veranlasster Ermittlungen stellte die von der Klägerin beauftragte Firma [Name] der Klägerin mit, dass streitgegenständliche Computerspiel zu nachfolgenden Zeitpunkten unter den angegebenen IP-Adressen von Nutzern eines Filesharing-Netzwerkes anderen Nutzern zum Download angeboten worden war:

18.05.2012 19:48:52 Uhr IP-Adresse 87.xxx.xxx.60
18_05.2012 21: 36:49 Uhr IP-Adresse 87.xxx.xxx.60
19.05.2012 11:06:26 Uhr IP-Adresse 217.xxx.xxx.98
19.05.2012 18:39:16 Uhr IP- Adresse 87.xxx.xxx.234.


Die Beklagte lebte im Jahr 2012 mit ihren zum damaligen Zeitpunkt bereits erwachsenen Söhnen, den Zeugen [Name] und [Name], unter der im Rubrum angegebenen Adresse in einem gemeinsamen Haushalt. Die Beklagte war Inhaberin eines von der Deutschen Telekom AG zur Verfügung gestellten Internetanschlusses mit LAN- und WLAN-Verbindung, welcher mittels WPA2-Verschlüsselung gesichert war.

Die Deutsche Telekom AG erteilte der Klägerin aufgrund eines von dieser bei dem Landgericht Köln zu Az. 230 0 74/12 gemäß § 101. Abs. 9 UrhG erwirkten Gestattungsbeschlusses vom 06.06.2012 (Bl. 66 ff GA) am 10.07.2012 die Auskunft (Bl. 70 f GA), dass oben stehende IP-Adressen zu den angegebenen Tatzeitpunkten jeweils dem Internetzugang der Beklagten zugewiesen waren.

Die Klägerin ließ die Beklagte mit Schreiben ihrer jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 20.12.2012 abmahnen und zur Zahlung von Lizenzschadensersatz auffordern. Diesbezüglich begehrt die Klägerin Erstattung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren i.H.v. 368,00 EUR (Anspruchsbegründung vom 07.06.2013, Bl. 19 GA): Mit Schreiben vom 02.04.2012, der Klägerin zugegangen am 0410.2012, gab die Beklagte, eine Unterlassungserklärung ab und lehnte Zahlungen an die Klägerin ab.

Im Oktober 2013 wurde von dem Anschluss der Beklagten zu der im Rubrum angegebenen Adresse das Computerspiel [Name] im Rahmen eines Filesharing Netzwerkes zum Download angeboten. Zu diesem Zeitpunkt lebte die Beklagte nicht mehr mit ihren Söhnen in einem gemeinsamen Haushalt. Die Klägerin mahnte die Beklagte mit Schreiben vom 13.03.2014 ab. Diese Rechtsverletzungen sind vorliegend nicht streitgegenständlich.



Die Klägerin hat behauptet,
die Firma [Name] habe die Firma [Name] gegründet und sich von dieser sämtliche Nutzung- und Verwertungsrechte an dem streitgegenständlichen Computerspiel [Name] einräumen lassen, wie aus Anlage K1, Bl. 21 GA und K4, Bl. 58 GA ersichtlich. Mit Vertrag vom 05.108.03.2012 ("Terms Summary" und "General Distribution Terms and Conditions", Anlage K 2, Bl. 22-25 GA) habe die Klägerin u.a. für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland von der Firma [Name] sämtliche physischen Nutzungs- und Verwertungsrechte an der Software sowie das Recht zum Vertrieb über Internetdienste erworben.

Die Klägerin hat weiter behauptet,
die Beklagte habe zu den oben genannten Zeitpunkten am 18.05.2012 und 19.05.2012 unter den aufgeführten IP-Adressen das streitgegenständliche Computerspiel im Rahmen einer Filesharing Tauschbörse zum Download angeboten. Die Ermittlungen seien zutreffend erfolgt, was sie näher ausführt. Indiz für die Täterschaft der Beklagten seien auch die nachfolgenden Rechtsverletzungen aus Oktober 2013, die nur von der Beklagten begangen worden sein könnten.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten,
ihr stehe wegen der Rechtsverletzungen im Zeitraum 18.05. - 19.05.2012 ein Anspruch auf Zahlung von Lizenzschadensersatz gegen die Beklagte zu, welcher wegen der Aktualität des streitgegenständlichen Computerspieles im Zeitpunkt der Rechtsverletzungen sowie der kostenaufwendigen Herstellung mit weit über 500,00 EUR zu bemessen sei. Hiervon hat die Klägerin einen Teil-Lizenzschadensersatz von 500,00 EUR geltend gemacht.



Die Beklagte hat bestritten,
die Rechtsverletzung begangen zu haben und behauptet, weder habe sie Filesharing-Software auf einem Computer installiert noch genutzt. Sie habe das streitgegenständliche Computerspiel weder heruntergeladen und damit Dritten angeboten, noch dieses Dritten ermöglicht. Sie nutzte ihren Computer nicht für PC-Spiele und habe dies auch in der Vergangenheit nicht getan. Sie sei am 16.05.2012 zu einem Urlaub in Schweden aufgebrochen und erst am 20.05.2012 zurückgekehrt. Ihre Söhne hätten sich derweil unter der im Rubrum genannten Wohnanschrift befunden. Diese hätten jeweils mit eigenen Computern den Internetanschluss nutzen können. Auf Nachfrage hätten ihre Söhne bestritten, Filesharing-Software zu nutzen oder das streitgegenständliche Werk heruntergeladen zu haben.

Sie habe ein Notebook genutzt. Der Router sei jeweils nur für die Zeit der Internetnutzung dieses Computers in Betrieb genommen und anschließend abgeschaltet worden (Schriftsatz vom 02.08.2013). Sie habe vor ihrem Urlaub alle ihr zur Verfügung stehenden Computer ausgestellt. Ihre Söhne hätten den Internetanschluss weiter genutzt. Nach Rückkehr sei der von ihr genutzte Computer ausgestellt gewesen (Schriftsatz vom 21.10.2014).

Nach Erhalt der Abmahnung vom 20.09.2012 habe sie ihren Sohn [Name] (Schriftsatz I vom 02.08.2013) / ihre Söhne (Schriftsatz II vom 21.10.2014) / gebeten, alle im Haushalt vorhandenen (Schriftsatz I) / deren Computer (Schriftsatz II) zu untersuchen. Der Zeuge [Name] habe weder Filesharing-Software noch den streitgegenständlichen Titel vorfinden können (Schriftsatz I) / die Söhne versicherten, die ihnen zur Verfügung zu stehenden Computer zu untersuchen (Schriftsatz II).

Sie sei Anfang Oktober 2013 nach [Name] verzogen.


Zum weiteren erstinstanzlichen Vorbringen der Beklagten wird auf die Schriftsätze vom 02.08.2013 und 21.10.2014 (Bl. 39 ff, 176 ff GA) Bezug genommen.

Mit Urteil vom 16.12.2013 hat das Amtsgericht die Klage auf die von der Beklagten erhobene Rüge der örtlichen Zuständigkeit als unzulässig abgewiesen. Dieses Urteil hat die erkennende Kammer mit Urteil vom 26.06.2014, Az. 14 S 9/14, mit dem zugrundeliegenden Verfahren aufgehoben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung- und Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen.

Die Klägerin hat die Zeugen [Name] und [Name] zum Beweis dafür benannt, dass diese zum Tatzeitraum den Internetanschluss der Beklagten nicht selbstständig nutzen konnten und die Rechtsverletzung nicht begangen haben. Im Rahmen der von dem Amtsgericht Köln mit Beschluss vom 08.12.2014 (Bl. 189-191 GA) angeordneten Beweiserhebung haben sich die Zeugen jeweils auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht berufen.

Das Amtsgericht Köln hat mit Urteil vom 21.10.2015 (Bl. 247 ff. GA) die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Klägerin stünden gegen die Beklagte bereits deshalb keine Zahlungsansprüche zu, da die Beklagte Aktivlegitimation und Richtigkeit des Ermittlungsergebnisses als wahr unterstellt, jedenfalls der ihr als Anschlussinhaberin obliegenden sekundären Darlegungslast nachgekommen sei. Der Vortrag der Beklagten sei ausreichend, um von der ernsthaften Möglichkeit der Alleintäterschaft eines Dritten auszugehen, weshalb eine gegen die Beklagte. als Anschlussinhaberin sprechende Vermutung der Täterschaft jedenfalls erschüttert sei. Der Vortrag der Beklagten. zu ihrem eigenen Nutzungsverhalten sowie zudem ihrer Söhne erfülle die der Beklagten obliegende sekundäre Darlegungslast. Es dürfe dem Inhaber eines Internetanschlusses kein Vortrag abverlangt werden, von dem kein Erkenntnisgewinn zu erwarten sei. Aus diesem Grunde dürften keine hohen Anforderungen an den Vortrag zum Internet Nutzungsverhalten der Personen, die selbstständigen Zugang zum Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzungen Betracht kommen, gestellt werden. Es liege auf der Hand, dass der Anschlussinhaber das Nutzungsverhalten anderer Personen mit selbstständigem Zugang zum Internetanschluss nicht konkret beschreiben könne, sondern dazu nur vage Angaben machen könne. Die Beklagte sei auch ihrer Nachforschungspflicht im Rahmen des Zumutbaren nachgekommen. Sie habe ihre Söhne zu der Rechtsverletzung befragt und deren Antwort mitgeteilt, zudem ihre Söhne aufgefordert, nach Filesharing-Software und dem Computerspiel auf ihren Computer nachzuforschen. Zu mehr sei die Beklagte nicht verpflichtet, insbesondere nicht gehalten, selbst die Computer volljähriger Familienangehöriger zu durchsuchen. Die Klägerin habe den von ihr als Anspruchstellerin zu führenden Beweis der Täterschaft der Beklagte nicht zu führen vermocht.

Die Beklagte hafte auch nicht als Störerin wegen der Überlassung ihres Internetanschlusses an ihre Söhne auf Ersatz der Abmahnkosten. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung sei die Beklagte nicht zu einer Belehrung oder ansatzlosen Kontrolle des Nutzungsverhaltens ihrer zur Tatzeit volljährigen Söhne verpflichtet gewesen sei. Anhaltspunkte dafür, dass bereits vor dem 18.05.2012 die Beklagte Kenntnis von möglichen Urheberrechtsverletzungen ihrer Söhne im Rahmen der Internetnutzung hätte haben können, seien nicht ersichtlich.

Im übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen, § 540 Abs. 1 ZPO.

Gegen das ihr am 27.10.2015 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 27.11.2015, bei Gericht eingegangen am selben Tage, Berufung eingelegt und diese innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist mit am 28.01.2016 (Montag) bei Gericht eingegangenem Schriftsatz begründet.

Die Klägerin wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag. Sie vertritt die Ansicht, das Amtsgericht habe verkannt, dass die Beklagte der Gegenbeweis für das Vorliegen solcher Umstände obliege, auf die sich die Annahme der Möglichkeit der Alleintäterschaft eines Dritten stützen könne. Zumindest sei nach diesen Grundsätzen die Beklagte für den sie begünstigenden Sachvortrag, dass ihre Söhne ihren Internetanschluss überhaupt hätten nutzen können, beweispflichtig. Das aus der Zeugnisverweigerung der Söhne der Beklagten resultierende non liquet habe aus diesem Grunde zulasten der Beklagten berücksichtigt und der Klage stattgegeben werden müssen.

Die Klägerin ist ferner der Ansicht, das Amtsgericht habe die Anforderungen an die der Beklagte als Anschlussinhaberin obliegenden sekundären Darlegungslast verkannt. Nach den von dem Bundesgerichtshof hierzu aufgestellten Grundsätzen sei es nicht ausreichend, lediglich pauschal die theoretische Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt des Anschlussinhabers lebenden Dritten, auf seinen Internetanschluss zu behaupten. Darüber gehe der Vortrag der Beklagten jedoch nicht hinaus. Auch sei die Beklagte ihre Nachforschungspflicht nicht nachgekommen. Diese beinhalte, dass die Beklagte das (ganze) Ergebnis der Nachforschungen mitteilen müsse und sich nicht darauf beschränken dürfe, lediglich ihr vorteilhafte Sachverhaltsdetails zu erklären. So habe die Beklagte zwar vorgetragen, dass sie ihre Söhne aufgefordert habe, deren Computer auf der Filesharing-Programme hin zu untersuchen, sich aber nicht dazu erklärt, ob ihre Söhne dieser angeblichen Aufforderung nachgekommen seien und, falls ja, zu welchem Ergebnis diese Untersuchung geführt habe.



Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Amtsgerichts Köln vom 21.10.2015, Az. 137 C 263/13 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, wie erkannt.



Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Sie ist der Ansicht, sie sei der ihr obliegenden Darlegungslast umfassend nachgekommen und nimmt Bezug auf ihren erstinstanzlichen Vortrag. Die Beklagte trägt vor, sie sei davon überzeugt, dass ihre Söhne auch zum Tatzeitpunkt ihren Internetanschluss genutzt hätten (Schriftsatz vom 30.05.2016, Seite 5, Bl. 308 GA). Ihre Söhne hätten ihr gegenüber eingeräumt, in ihrer Abwesenheit den Internetanschluss genutzt zu haben. Sie habe Kenntnis davon, dass ihre Söhne zum streitgegenständlichen Tatzeitpunkt den Anschluss genutzt hätten (Schriftsatz vom 25.08.2016, Bl. 321 GA).

Unzutreffend sei die Ansicht der Klägerin, sie habe das Ergebnis der Untersuchungen der im Haushalt befindlichen Computer nicht mitgeteilt. Hierzu behauptet die Beklagte (Schriftsatz vom 30.05.2016 Seite 6, Bl. 309 GA), bereits 2013 habe sie ihren Sohn [Name] gebeten, die im Haushalt vorhandenen Computer zu untersuchen. Ihr Sohn habe ihr mitgeteilt, dass weder der streitgegenständliche Titel noch Filesharing-Software vorgefunden wurde.


Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze und die von den Parteien vorgelegten Unterlagen und Schriftstücke Bezug genommen.



II.

Die zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg.


1.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte Anspruch auf Zahlung von Teil-Schadensersatz in Höhe von 500,00 EUR gemäß § 97 Abs. 2 S. 3 UrhG i.V.m. §§ 69a Abs. 3 Nr. 1, Abs. 4, 69c Nr. 4, 89b Abs. 1, 31 UrhG sowie auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten von 358,00 EUR gemäß § 97 a Abs. 1 S. 2 UrhG a.F..


a)

Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Die Klägerin hat ausweislich der Vertragsbedingungen mit Vereinbarung vom 05./08.03.2012 (Terms Summary, Anlage K2, Bl. 22 - 25 GA) von der Firma [Name] u.a. das ausschließliche Recht zur öffentlichen Zugänglichmachung (§ 69c Nr. 4 UrhG) des streitgegenständlichen Computerspiels für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erworben. Der Vertrag ist von den Geschäftsführern der Klägerin Dr. [Name] und Dr. [Name] unterzeichnet unter Angabe ihrer Funktion als Geschäftsführer. Als solche vertreten diese gemäß § 35 Abs. 1 S. 1 GmbHG die in Österreich ansässige Klägerin und nicht etwa eine GmbH gleichen Namens mit Sitz in Deutschland, für die auch nach Beklagtenvortrag die Herren [Name] und [Name] nicht geschäftsführungsbefugt sind.

Die Firma [Name] war auch in der Lage, der Klägerin das ausschließliche Recht zur Zugänglichmachung des streitgegenständlichen Computerspiels zu lizenzieren, da die Firma [Name] unstreitig die Produzentin des Computerspieles und damit originäre Rechteinhaberin (§ 69b Abs.1 UrhG), der Firma [Name] zuvor die ausschließlichen Nutzungsrechte an dem Spiel eingeräumt hatte (§§ 69a Abs. 4, 31 UrhG). Die Beklagte ist dem diesbezüglichen Vortrag der Kläger nicht mehr entgegengetreten: nachdem die Klägerin einen Auszug aus dem Internetauftritt der Firma [Name] vorgelegt hat, aus welchem hervorgeht, dass die Firma [Name] von der Firma [Name] gegründet wurde und letztere spezialisiert auf die Veröffentlichung von Computerspielen ist.


b)

Das streitgegenständliche Computerspiel ist als Computerprogramm gemäß § 69a Abs. 1, 3 S. 1 UrhG urheberrechtlich geschützt. Bei Programmen von nicht unerheblichem Umfang wie dem streitgegenständlichen, das ausweislich der Beschreibung in Anlage K1 (Bl. 21 GA) über eine aufwendige Grafik verfügt und eine Spieldauer von mehreren Stunden ermöglicht, spricht der Beweis des ersten Anscheins für die Schutzfähigkeit (Dreier in: Dreier / Schulze, UrhG, 5.Aufl. 2016 § 69a Rn. 29 m.w.N.). Dem ist die Beklagte nicht entgegengetreten.


c)

Die Beklagte ist passivlegitimiert, weil über ihren Internetanschluss in der Zeit vom 18.05.2012 bis 19.05.2012 zu den oben stehend genannten vier Tatzeitpunkten das Computerspiel [Name] unter drei verschiedenen IP-Adresse über eine Internettauschbörse zum Download angeboten wurde. Dies stellt ein öffentliches Zugänglichmachen im Sinne von § 69c Nr. 4 UrhG dar.

Erheblichen Vortrag, wonach die Ermittlungen fehlerhaft gewesen sein könnten, hat die Beklagte nicht vorgebracht. Sie hat lediglich bestritten, dass der Klägerin die in der Anspruchsbegründung vorgetragenen Auskünfte erteilt wurden und nach Vorlage der Auskunft der Deutschen Telekom AG (Anlagenkonvolut K5, Bl. 59-71 GA) hierzu nicht mehr vorgetragen.

Im Hinblick auf die vierfachen Erfassungen des Internetanschlusses der Beklagten unter drei unterschiedlichen IP-Adressen zu Downloadangeboten desselben Computerspiel innerhalb von zwei Tagen ist von der Richtigkeit des von der Klägerin vorgetragenen Ermittlungsergebnisses auszugehen. Denn dass es kurz nacheinander mehrfach zu Fehlern bei der Erfassung und Zuordnung gekommen sein könnte, liegt so fern, dass Zweifel an der Richtigkeit der Anschlussidentifizierung schweigen (§ 286 ZPO) (vgl. OLG Köln, Urteil vom 16.05.2012, Az. 6 U 239/11, juris Rn. 4).


d)

Die Beklagte ist auch täterschaftlich dafür verantwortlich, dass das streitgegenständlichen Computerspiel zu den hier fraglichen Zeitpunkten am 18.05.2012 und 19.05.2012 öffentlich zugänglich gemacht worden ist.

Zwar trägt die Klägerin nach den allgemeinen Grundsätzen als Anspruchstellerin die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs auf (Lizenz-) Schadensersatz sowie auf Erstattung von Abmahnkosten erfüllt sind. Danach ist es grundsätzlich ihre Sache, darzulegen und nachzuweisen, dass die Beklagte für die von ihr behauptete Urheberrechtsverletzung als Täterin verantwortlich ist (BGH, Urteil vom 15.11.2012 - I ZR 74/12, GRUR 2013, 511 Rn. 32.= WRP 2013, 799 - Morpheus; Urteil vom 08.01.2014 - I ZR 169/12, BGHZ 200, 76 Rn. 14 - BearShare, Urteil vom 11.06.2015 - 175/14 - Tauschbörse III; Urteil vom 12.05.2016 - I ZR 48/15 - Everytime we touch; Urteil vom 06.10.2016 - I ZR 140/15 Afterlife).

Allerdings spricht eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft. des Anschlussinhabers, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen diesen Internetanschluss benutzen konnten. Eine die tatsächliche Vermutung ausschließende Nutzungsmöglichkeit Dritter ist anzunehmen, wenn der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde. In diesen Fällen trifft den Inhaber des Internetanschlusses jedoch eine sekundäre Darlegungslast. Diese führt zwar weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 Abs. 1 und 2 ZPO) hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast vielmehr dadurch, dass er dazu vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat (BGH Urteil vom 11.06.2015 - I 75/14 - Tauschbörse III Rn. 37; Urteil vom 12.05.2016 - I ZR 48/15 - Everytime we touch, juris Rn. 33; Urteil vom 06.10.2016 - I ZR 154/15 - Afterlife, juris Rn. 15). Diesen Anforderungen wird die pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit von im Haushalt des Anschlussinhabers lebenden Dritten auf seinen Internetanschluss nicht gerecht (BGH, a.a.O., Tauschbörse III, juris Rn. 37, 42; Everytime we touch, juris Rn. 50; Afterlife, Rn. 15).

Dabei betrifft die sekundäre Darlegungslast die der Feststellung der Täterschaft vorgelagerte Frage, ob die Voraussetzungen für die tatsächliche Vermutung vorliegen, der Anschlussinhaber sei der Täter. Erst wenn der Anschlussinhaber dieser sekundären Darlegungslast genügt, trifft den Anspruchsteller die Last der dann erforderlichen Beweise; genügt der Anschlussinhaber seiner sekundären Darlegungslast dagegen nicht, so muss er zur Widerlegung der dann für den Anspruchsteller streitenden tatsächlichen Vermutung den Gegenbeweis erbringen (OLG München, Urteil vom 14.01.2016 - Az. 29 U 2593/15 - Loud, juris Rn. 38; vgl. BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 75/14 - Tauschbörse III; Urteil vom 12. Mai 2016 - I ZR 48/15 - Everytime we touch; BGH, Urteil vom 06.10.2016 - Afterlife, juris Rn. 15).

Nach diesen Grundsätzen ist von der Täterschaft der Beklagten auszugehen.

Zugunsten der Klägerin greift die tatsächliche Vermutung der Täterschaft der Beklagten, da der Internetanschluss der Beklagten zu den Verletzungszeitpunkten hinreichend gesichert war (aa) und der Internetanschluss zwar nach Vortrag der Beklagten bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen war, die Beklagte aber insoweit ihrer sekundären Darlegungslast nicht genügt hat (bb).


aa)

Es ist nicht davon auszugehen, dass die streitgegenständlichen Rechtsverletzungen von Seiten eines unbekannten Dritten begangen wurden. Da der WLAN-Anschluss der Beklagten mit einer WPA2-Verschlüsselung gesichert war, welcher als zum damaligen Zeitpunkt hinreichend sicher anerkannt ist (vgl. OLG Köln, Urteil vom 14.03.2014 - Az. 6 U 210/12, juris; BGH, Urteil vom 24.11.2016 - I ZR 220/15 - WLAN-Schlüssel; juris Rn. 18), erscheint ein "Hackerangriff" denklogisch fernliegend (OLG Köln, Urteil vom 14.03.2014 - Az. 6 U 210/12). Hiervon geht auch die Beklagte aus.


bb)

Die Beklagte hat vorgetragen, sie habe ihren Internetanschluss im Zeitraum der Verletzungshandlungen bewusst anderen Personen, ihren beiden Söhnen, überlassen. Die Klägerin hat dies bestritten und damit vorgetragen, allein die Beklagte habe auf den Internetanschluss zugreifen können.

Aus diesen Gründen ist die Beklagte nach obigen Grundsätzen verpflichtet, zu den Umständen der Nutzung des Internetanschlusses vorzutragen und dabei im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen und zur Mitteilung der gewonnenen Erkenntnisse verpflichtet. Die Beklagte hat der ihr als Anschlussinhaberin obliegenden sekundären Darlegungslast hinsichtlich der Nutzung des Anschlusses durch Dritte nicht genügt.

Das Verteidigungsvorbringen der Beklagten erschöpft sich darin, dass die Beklagte ihre eigene Täterschaft bestreitet und stattdessen auf ihre damals bereits volljährigen Söhne verweist, die beide mittels eigener Computer über den Anschluss der Beklagten die Zugriffsmöglichkeit auf das Internet gehabt hätten, ohne konkret zum Nutzungsverhalten der Söhne und deren Zugriffsmöglichkeiten auf den Internetanschluss zu den vier Verletzungszeitpunkten vorzutragen. Auch hat die Beklagte die aus ihren Nachforschungen gewonnen Erkenntnisse nur unvollständig mitgeteilt.

So hat die Beklagte ausgeführt, sie wisse von ihren Söhnen, dass diese das Internet "wohl intensiver als sie" nutzten, um "insbesondere über soziale Medien zu kommunizieren" (Schriftsatz vom 21.10.2014, Bl. 176 f GA). Welches Nutzungsverhalten die Söhne der Beklagten im Übrigen - neben "insbesondere" - mitgeteilt haben, erklärt die Beklagte nicht. Relevant für die Beurteilung, ob die Söhne der Beklagten als mögliche Täter in Frage kommen, ist dies aber insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Begriff "soziale Medien" das Spielen von Computerspielen umfassen kann, wenn diese in der Version "Multiplayer" genutzt werden, nicht aber zwangsläufig umfassen muss. Der von der Beklagten gewählte Begriff bleibt damit bewusst vage.

Gleiches gilt bezüglich des Vortrags der Beklagten zur Nutzung des Internetanschlusses durch ihre Söhne.

Zum Umfang der Darlegungslast hat der Bundesgerichtshof in der Entscheidung "Everytime we touch" (Urteil vom 12.05.2016, I ZR 48/15, juris Rn. 34) weiter ausgeführt:

"Entgegen der Auffassung der Revision kommt ein Eingreifen der tatsächlichen Vermutung der Täterschaft des Anschlussinhabers auch dann in Betracht, wenn der Internetanschluss - wie bei einem Familienanschluss - regelmäßig von mehreren Personen genutzt wird. Für die Frage, wer als Täter eines urheberrechtsverletzenden Downloadangebotes haftet, kommt es nicht auf die Zugriffsmöglichkeit von Familienangehörigen im Allgemeinen, sondern auf die Situation im Verletzungszeitpunkt an (BGH, GRUR 2016, 91 Ra 39 - Tauschbörse III). Der Inhaber eines Internetanschlusses wird der ihn treffenden sekundären Darlegungslast in Bezug darauf, ob andere Personen als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen, erst gerecht, wenn er nach vollziehbar vortragt, welche Personen mit Rücksicht auf Nutzerverhalten, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht Gelegenheit hatten, die fragliche Verletzungshandlung ohne Wissen und Zutun des Anschlussinhabers zu begehen."

Demgegenüber hat der Bundesgerichtshof in der Entscheidung "Afterlife" (Urteil vom 06.10.2016 - I ZR 154115, juris Rn. 26) im Fall der Nutzung eines Internetanschlusses durch ein Ehepaar ausgeführt:

"Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Beklagte vorgetragen, seine Ehefrau habe Ober einen Computer Zugang zu seinem Internetanschluss gehabt, ohne nähere Einzelheiten zu Zeitpunkt und Art der Internetnutzung durch seine Ehefrau mitzuteilen. Dies war allerdings auch nicht erforderlich. Weitergehende Nachprüfungen dahingehend, ob die Ehefrau hinsichtlich der von der Klägerin behaupteten Zugriffszeiten oder wegen der Art der Internetnutzung als Täterin der geltend gemachten Rechtsverletzung in Betracht kommt, waren dem Beklagten nicht zumutbar. Auch unter Berücksichtigung des für die Klägerin. sprechenden Eigentumsschutzes (Art. 17 Abs. 2 EU-Grundrechtecharta und des Art. 14 GG (steht) der zugunsten des Anschlussinhabers wirkende grundrechtliche Schutz von Ehe und Familie (Art. 7 EU-Grundrechtecharta und Art 6 Abs. 1 GG) der Annahme weitergehender Nachforschungs- und Mitteilungspflichten entgegen."

Vorliegend kann dahinstehen, ob der Bundesgerichtshof damit von seiner ständigen Rechtsprechung zum Umfang der Darlegungslast des Anschlussinhabers abrücken wollte, wie von dem Landgericht München (EuGH-Vorlage vom 17.03.2017 - Az. 21 O 24454/14, juris) angenommen. Dies erscheint der Kammer allerdings zweifelhaft im Hinblick auf die Pressemitteilung zu dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 30.03.2017 (Pressemitteilung Nr. 46/2017 vom 30.03.2017 zu I ZR 19/16 - Loud, juris), wonach der Anschlussinhaber zur Vermeidung eigener Haftung gehalten sei, das ihm als Täter bekannte Familienmitglied zu benennen.

Denn vorliegend genügt der Vortrag der Beklagten nicht einmal den Anforderungen an die Darlegungslast, die auch in dem Urteil des Bundesgerichtshofs "Afterlife" (Urteil vom 06.10.2016, I ZR 154/15, juris Rn. 15, 27) aufgestellt werden. Auch in der vorgenannten Entscheidung führt der Bundesgerichtshof aus, dass die pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt lebenden Drittel auf den Internetanschluss nicht genügt, des Weiteren der Anschlussinhaber zu den Umständen seiner eignen Internetnutzung vorzutragen hat und dabei auch zur Angabe verpflichtet sein kann, ob auf dem von ihm genutzten Computer Filesharing-Software vorhanden ist (BGH, a.a.O., Afterlife juris Rn. 15, 27).

Hierzu hat die Beklagte nur unvollständig und widersprüchlich vorgetragen. Gegen die Richtigkeit des Vortrags der Beklagten, sie sei nicht Täterin der Rechtsverletzungen, spricht bereits ihr Prozessverhalten.

So hat die Beklagte zunächst vorgetragen (Schriftsatz vom 02.08.2013, Bl. 39 ff GA), der Router sei jeweils nur für die Dauer der Nutzung ihres Notebooks in Betrieb genommen, anschließend. abgeschaltet worden. Nach Erhalt der Abmahnung der Klägerin vom 20.09.2012 habe ihr Sohn [Name] die im Haus befindlichen Computer auf Filesharing Software untersucht und solche nicht vorgefunden, ebenso wenig wie den streitgegenständlichen Titel (Schriftsatz vom 02.08.2013, Seite 8, Bl. 46 GA).

Nach diesem Vorbringen war denklogisch ausgeschlossen, dass die Söhne der Beklagten die streitgegenständlichen Rechtsverletzungen hätten begehen können. Wenn weder der Router in Abwesenheit der Beklagten eingeschaltet wurde, noch auf einem der im Haus . befindlichen Computer Filesharing-Software installiert war, war die Teilnahme an einer Filesharing-Tauschbörse unmöglich. Nach diesem Vorbringen handelte es sich bei der Abmahnung der Klägerin vom 20.09.2012 um den ersten Vorfall dieser Art, so dass nicht ersichtlich ist, dass die Söhne der Beklagten Veranlassung gehabt, hätten, installierte Filesharing-Software vor Eingang. der Abmahnung der Klägerin vom 20.09.2012 vorsorglich zu deinstallieren. Auf Grundlage dieses Vorbringens waren die Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte begründet, da die Beklagte eine Täterschaft ihre Söhne ausgeschlossen hatte und damit keine andere Person den Internetanschluss der Beklagten hatte nutzen können.

Mit Verfügung vom 01.08.2014 (Bl. 161 GA) hat das Amtsgericht die Beklagte darauf hingewiesen hatte, dass es von der Richtigkeit des vorgetragenen Ermittlungsergebnisses ausgehe und der Vortrag der Beklagten nicht geeignet sei, "die tatsächliche Vermutung der täterschaftlichen Anschlussverantwortlichkeit zu erschüttern", insbesondere wenn die Beklagte keine Zweifel an der Richtigkeit der Angaben der Familienangehörigen vortrage.

Daraufhin hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 21.10.2014 (Bl. 176 f) ihren Vortrag, der Router sei nach Beendigung der Nutzung ihres Notebooks ausgeschaltet worden, geändert und stattdessen vorgetragen, sie habe vor Reiseantritt am 16.05.2012 "alle ihr zur Verfügung stehenden Computer" ausgeschaltet, ihre Söhne hätten den Internetanschluss weitergenutzt. Welche Computer der Beklagten "zur Verfügung" standen, die die Beklagte ausschalten konnte, ohne ihre Söhne an einer Weiternutzung des Internets zu hindern, hat die Beklagte nicht angegeben. Weiter hat die Beklagte ausgeführt, "der von ihr genutzte Computer" sei bei ihrer Rückkehr ausgeschaltet gewesen.

Der Vortrag der Beklagten zur eigenen Nutzung von im Haushalt vorhandenen internetfähigen Geräten ist damit bereits aufgrund seiner Widersprüchlichkeit anbeachtlich.

Gleiches gilt für die Überprüfung der im Haus befindlichen Computer auf das Vorhandensein von Filesharing-Software sowie im Hinblick auf das Ergebnis der Überprüfung. Die Beklagte nennt hierzu für die erstmalige Überprüfung der Computer durch den Zeugen [Name] zwei Zeitpunkte ("nach der Erhalt der Abmahnung vom 20.09.2012" / "bereits im Jahr 2013"), die nicht zugleich zutreffen können.

Mit Schriftsatz vom 02.08.2013 hatte die Beklagte vorgetragen, der Zeuge [Name] habe keine Filesharing-Software auf den im Haus befindlichen Computern vorfinden können. Mit Schriftsatz vom 30.05.2016 lässt die Beklagte, offen, ob dieses Untersuchungsergebnis zutreffend sei, zu welchem Ergebnis ihr Sohn [Name] bei der Untersuchung seines Computers gekommen sei, teilt die Beklagte nicht mit. Gründe für den Wechsel im Parteivorbringen, die nicht dem Hinweis des Amtsgerichts geschuldet sind, trägt die Beklagte nicht vor.

Da die Beklagte mit Schriftsatz vom 21.10.2014 (erstmals) erklärt hat, sie könne nicht beurteilen, ob auf einem Computer Filesharing-Software installiert sei, ist nach dem Beklagtenvorbringen nicht ausgeschlossen, dass auch auf dem / den von ihr (mit) genutzten Computern Filesharing-Software installiert war. Gleichermaßen ist das Vorbringen der Beklagten, sie habe zu keinem Verletzungszeitpunkt das streitgegenständliche Computerspiel heruntergeladen und damit Dritten zum Download angeboten, nicht zur Entlastung der Beklagten geeignet. Denn damit hat die Beklagte nicht die Möglichkeit ausgeschlossen, dass das streitgegenständliche Computerspiel zu den streitgegenständlichen Verletzungszeitpunkten bereits auf einem von ihr genutzten Computer installiert war und nicht heruntergeladen, sondern (nur) zum Download angeboten wurde.

Schließlich ist auch das Vorbringen der Beklagten zur Nutzung des Internetanschlusses durch ihre Söhne wechselnd und .widersprüchlich. Hierzu trägt die Beklagte vor:

"Der Router sei von ihr ausgeschaltet worden (Schriftsatz vom 02.08.2013), ihre Söhne hätten den Internetanschluss weiterhin genutzt (Schriftsatz vom 21.10.2014), ihre Söhne hätten dies eingeräumt (Schriftsatz vom 25.08.2016), sie sei überzeugt davon, dass ihre Söhne auch zum Tatzeitpunkt ihren Internetanschluss genutzt hätten (Schriftsatz vom 30.05.2016), sie habe Kenntnis davon, dass ihre Söhne zum streitgegenständlichen Zeitpunkt ihren Internetanschluss genutzt hätten (Schriftsatz vom 25.08.2016)."

Da streitgegenständlich vier Tatzeitpunkte sind und mit den Söhnen der Beklagten zwei potentielle Täter von der Beklagten genannt werden, bleibt der Vortrag der Beklagten damit im Ungenauen, obgleich nach dem Vorbringen der Beklagten diese zumindest hinsichtlich einer Tatzeit Kenntnis von dem Zugriff eines oder beider Söhne auf ihren Internetanschluss hatte.

Die Widersprüche in ihrem Vorbringen hat die Beklagte nicht nachvollziehbar erläutert. Insgesamt ist das Vorbringen der Beklagten dadurch gekennzeichnet, dass diese Sachvortrag zur Nutzung des Internetanschlusses nur bruchstückhaft, soweit für die Beklagte vorteilhaft, erklärt und dabei ihr Parteivorbringen der jeweiligen Prozesssituation anpasst. Schließlich erscheint auch das Vorbringen der Beklagten, sie könne nicht kontrollieren, ob Filesharing-Software auf einem Computer installiert sei, vor dem Hintergrund des eigenen Nutzungsverhaltens der Beklagten unglaubhaft. Auch zu Zwecken der "Internetrecherche", des Onlinebankings oder des E-Mail-Versands, welche die Beklagte nach eigenem Vorbringen mit ihrem Notebook vornahm, ist es zunächst erforderlich, entsprechende Programme zu installieren. Wenn die Beklagte ihr Notebook bedienen konnte, ist aus diesem Grund nicht. nachzuvollziehen, dass sie nicht in der Lage gewesen sein will, das Programmverzeichnis des Notebooks oder eines anderen Computers aufzurufen. Dies gilt umso mehr, als zwischen den Parteien unstreitig ist, dass von denn Anschluss der Beklagten erneut ein Computerspiel zum Download angeboten wurde, als die Söhne der Beklagten nicht mehr mit dieser in häuslicher Gemeinschaft lebten. Der - einzige - diesbezügliche Einwand der Beklagten,. sie sei vor Erfassung ihres Internetanschlusses bereits nach [Name] verzogen, verfängt nicht. Es ist gerichtsbekannt, dass die Nutzung eines Internetanschlusses unter der von dem Anbieter mitgeteilten Benutzerkennung ortsungebunden möglich ist, der Internetanbieter, hier die Deutsche Telekom AG, die Auskunft jedoch nur stets zu der Anschrift erteilen kann, die ihr von ihrem Vertragspartner (dem Nutzer des Internetanschlusses) mitgeteilt worden ist (vgl. Urteil der erkennenden Kammer vom 06.04.2017 - Az. 14 S 104115).

Zweifel an der Richtigkeit des geänderten Vortrags der Beklagten bestehen insbesondere, da die Beklagte, mit ihrer Einlassung zunächst ihre Söhne als Täter ausgeschlossen hatte und ihren Vortrag zur Handhabung des Routers, ihren mangelnden Computerkenntnissen sowie möglichen Zweifeln an dem Ergebnis der Computeruntersuchung ihres. Sohnes [Name] nicht, obgleich naheliegend, mit der Klageerwiderung, sondern erst auf den Hinweis des Amtsgerichts auf die fehlende Erfolgsaussicht der ursprünglichen Rechtsverteidigung vorgetragen hat.

Bei seinen tatsächlichen Feststellungen hat das Gericht auch ohne förmliche Beweisaufnahme unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen nach freier Überzeugung zu entscheiden, welchen vorgetragenen Sachverhalt es als wahr oder nicht wahr erachtet (§ 286 ZPO) (OLG Köln, Urteil vom 14.03.2014 - Az. 6 U 109/13; zur grundsätzlichen Zulässigkeit der Berücksichtigung der Modifizierung des Prozessvortrages im Laufe eines Prozesses im Rahmen der Beurteilung gemäß § 286 ZPO vgl. auch BGH, Urteil vom 11.05.2016 - I ZR 75/14 Rn. 31 m.w.N.). Zusammenfassend ist festzuhalten, dass das Vorbringen der Beklagten zu den Gesamtumständen der Nutzung des Internetanschlusses aufgrund seiner Widersprüchlichkeit und des mehrfach geänderten Vorbringens der Beklagten nicht wahrheitsgemäß und glaubhaft wirkt, sondern als an der jeweiligen Prozesssituation orientiert und damit unbeachtlich.

Nichts anderes folgt aus der von der Beklagten zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs "Afterlife" (Urteil vom 06.102.106 - 1 ZR 154/15, juris). Selbst wenn aus dieser Entscheidung abzuleiten wäre, dass in Bezug auf Familienangehörige als mögliche Täter aus Gründen der Zumutbarkeit unter Berücksichtigung des Schutzes von Ehe und Famille (Art. 6 GG) auf die Mitteilung näherer Einzelheiten zu Zeitpunkt und Art der Internetnutzung allgemein und nicht nur in dem konkret von dem Bundesgerichtshof entschiedenen Fall zu verzichten wäre, entbindet dies eine Partei nicht von der Verpflichtung zu wahrheitsgemäßem Vortrag (§ 138 Abs. 1 ZPO). Der Vortrag, den eine Partei in den Prozess einführt, hat gemäß § 138 Abs. 1 ZPO wahrheitsgemäß zu erfolgen, auch soweit die Partei nicht verpflichtet gewesen wäre, sich zu Details überhaupt zu erklären. Es besteht im Rahmen des Zivilprozesses für eine beklagte Partei nicht das Recht zur Lüge, auch nicht im Interesse von Familienangehörigen. Deshalb ist auch vorliegend wie geschehen das Vorbringen der Beklagten insgesamt zu würdigen.


dd)

Da die Beklagte ihrer sekundären Darlegungslast zum Zugriff Dritter auf ihren Internetanschluss nicht genügt hat, greift zugunsten der Klägerin die gegen die Beklagte als Anschlussinhaberin sprechende Vermutung, dass diese die streitgegenständlichen Rechtsverletzungen begangen habe.

Diese tatsächliche Vermutung hat die Beklagte nicht durch Führung des Gegenbeweises erschüttert. Zwar behauptet die Beklagte, ihre Söhne hätten "zum streitgegenständlichen Zeitpunkt", damit zumindest zum Zeitpunkt einer der Verletzungshandlungen, Zugriff auf den Internetanschluss der Beklagten gehabt. Nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme ist die Beklagte jedoch beweisfällig geblieben, da sich die als Zeugen benannten Söhne. der Beklagten auf das ihnen jeweils gemäß § 381 Abs. 1 Nr. 3 ZPO zustehende Zeugnisverweigerungsrecht berufen haben.

Ist - wie hier nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen ,Beweisaufnahme, in welcher die Söhne der Beklagte das Zeugnis verweigert haben - nicht feststellbar, dass ein Dritter selbstständigen Zugang zu dem Internetanschluss des Anschlussinhabers hatte und danach allein verantwortlich für die Rechtsverletzung sein kann, bleibt es bei der tatsächlichen Vermutung, dass der Anschlussinhaber für die Rechtsverletzung verantwortlich ist. In einem solchen Fall fehlt es an einer tatsächlichen Grundlage für die Annahme, ein Dritter könnte die Verletzungshandlung mit - alleiniger - Tatherrschaft begangen haben (BGH, Urteil vom 11.06.2015 - I ZR 50/14 Tauschbörse III, juris Rn. 48).

Aus diesem Grund war dem Beweisangebot der Beklagten, dass sie sich während des Tatzeitraums in Schweden aufgehalten habe, nicht nachzugehen. Denn auch der Aufenthalt der Beklagten in Schweden als zutreffend unterstellt, wäre es dennoch denkbar, dass die Beklagte die streitgegenständlichen Rechtsverletzungen mittels der "ihr zur Verfügung stehenden Computer" begehen konnte. Das Hochladen einer Datei im Rahmen einer Filesharing-Tauschbörse setzt nicht voraus, dass der Handelnde zum Zeitpunkt des Hochladens persönlich anwesend bzw. aktiv ist. Vielmehr kann im Rahmen einer Tauschbörse ein zu einem anderen Zeitpunkt in Gang gesetzter Vorgang selbstständig weiterlaufen (vgl. OLG München, Urteil vom 14.01.2016 - Az. 29 U 2593/15 - Loud, juris Rn. 49; BGH, Urteil vom 12.05.2016 - I ZR 48/15 - Everytime we touch, juris Rn. 55). Das fortdauernde Downloadangebot wäre auch nicht denknotwendig in Abwesenheit der Beklagten durch eine Zwangstrennung des Internetanschlusses nach 24 Stunden beendet worden, da bei entsprechender Voreinstellung des Routers bzw. Computers eine automatische Wiederherstellung der Internetverbindung unter neuer IP-Adresse erfolgt. Auf das Fehlen eines persönlichen Interesses der Beklagten an dem zum Download angebotenen Computerspiel kommt es gleichfalls nicht an, weil der Teilnahme an Filesharing auch anderweitige Interessen - wie die zur Überlassung an Dritte - zugrundeliegen können (vgl. BGH, Urteile vom 11.08.2015 - I ZR 19/14 - Tauschbörse I, juris Rn. 49; I ZR 75114 - Tauschbörse III, juris Rn. 43; Urteil vom 12.05.2016 - I ZR 48/15 - Everytime we touch; juris Rn. 55).

Auch den Aufenthalt der Beklagten in Schweden als zutreffend unterstellt, fehlt es an einer tatsächlichen Grundlage für die Annahme, ein Dritter könnte die Verletzungshandlung mit - alleiniger - Tatherrschaft begangen haben. In einem solchen Fall verbleibt es bei der gegen den Anschlussinhaber sprechenden Vermutung der Täterschaft (vergleiche BGH, Urteil vorn 11. Juni 2015 - I ZR 75/14 Tauschbörse III, juris Rn. 52; auch Urteil vorn 06.10.2016 - I ZR 154115 Afterlife).


d)

Die öffentliche Zugänglichmachung des streitgegenständlichen Computerspieles war auch rechtswidrig, da es ohne Zustimmung der Rechteinhaber erfolgte.


e)

Die Beklagte hat auch schuldhaft gehandelt. Der Beklagten war nach ihrem eigenen Vorbringen jedenfalls im Grundsatz die tatsächliche und rechtliche Problematik des Filesharings bekannt. Dabei spielt keine Rolle, dass möglicherweise davon auszugehen sein könnte, dass die Beklagte keine vertiefte Kenntnis über die Funktionsweise von Filesharing-Tauschbörsen hatte. Denn nach ihrem eigenen Vorbringen war ihr jedenfalls bekannt, dass es sich bei der Teilnahme an einer derartigen Tauschbörse um ein rechtswidriges Verhalten gehandelt hat. Dies genügt; insbesondere reicht einfache Fahrlässigkeit (§ 276 BGB) aus.


f)

Der Klägerin steht gegen die Beklagte aus vorstehenden Gründen ein Anspruch auf Lizenzschadensersatz wegen der unberechtigten öffentlichen Zugänglichmachung des streitgegenständlichen Computerspieles in Filesharing-Netzwerken zu, §§ 97 Abs. 2, 69c Nr. 4 UrhG. Der geltend gemachte Anspruch auf Teil-Schadensersatz von 500,00 EUR ist auch der Höhe nach begründet.

Die Höhe der zu zahlenden Lizenzgebühr hat der Tatrichter gemäß § 287 ZPO unter Würdigung der besonderen Umstände des Einzelfalls nach seiner freien Überzeugung zu bemessen (vgl. BGH Urteil vom 29.04.2010 - I ZR 68/08 - Restwertbörse I; Urteil vom 11.06.2015 - I ZR 19/14 - Tauschbörse I). Nicht entscheidend ist hingegen, ob der Verletzte überhaupt beabsichtigte, eine Lizenzierung vorzunehmen; die Zuerkennung einer angemessenen Lizenzgebühr kommt selbst dann in Betracht, wenn die vorherige Erteilung der Zustimmung als schlechthin undenkbar erscheint (vgl. BGH GRUR 1993, 55 - Tchibo / Rolex II) oder ob der Verletzer selbst bereit gewesen wäre, für seine Benutzungshandlungen eine Vergütung zu zahlen (vgl. BGH NJW-RR 1995, 1320, 1321). Zur Ermittlung der angemessenen Lizenzgebühr ist zu fragen, was ein vernünftiger Lizenzgeber und ein vernünftiger Lizenznehmer anstelle der Parteien für die Übertragung des Rechts auf die Beklagten vereinbart hätten, infolge dessen diese das streitgegenständliche Computerspiel im Internet im Rahmen eines Netzwerks für eine Vielzahl von Teilnehmern zum Download bereit halten durfte.

Für den Schadensersatzanspruch entspricht es unter Anwendung dieser Grundsätze der Rechtsprechung der Kammer, als Anhaltspunkt für die Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO auf die Beträge abzustellen, die für vergleichbare Nutzungsarten vereinbart werden. Der Kammer ist aus einer Reihe von Fällen gerichtsbekannt, dass bereits für die zeitlich und räumlich beschränkte Lizenz zum Anbieten einer Single im Internet Lizenzgebühren im vierstelligen Euro-Bereich vereinbart werden. Auch aus diesem Grund setzt die Kammer in ständiger Rechtsprechung für das Angebot von Musikaufnahmen über Filesharingnetzwerke im Internet für den Regelfall jeweils 200,00 EUR pro Musiktitel als angemessenen Schadensersatz an. Dies entspricht der obergerichtlichen (vgl. etwa OLG Köln, Urteil vom 06.02.2015- Az. 6 U 209/13; OLG Hamburg, Urteil vom 05.11.2013 - Az. 5 U 222/10; OLG Frankfurt, Urteil vom 15.07.2014 - Az. 11 U 115/13; Urteil vom 16.12.2014 - Az. 11 U 27/14) und euch der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BGH, Urteile vom 11.06.2015 zu I ZR 4/14, I ZR 19/14 und 1 ZR 75/14 - Tauschbörse I-III; Urteil vom 12.05.2016 - I ZR 48/15 - Everytime we touch).

Vor diesem Hintergrund hält die Kammer ebenfalls in ständiger Rechtsprechung Schadensersatzverlangen im Bereich von 400,00 EUR bis 600,00 EUR für das rechtswidrige Download-Angebot im Internet im Rahmen eines Filesharingnetzwerks für einen kompletten Film und auch ein Computerspiel für angemessen. So hat die Kammer in vergleichbaren Fällen einen Lizenzschaden von 500,00 EUR bezüglich eines Computerspiels als angemessen angesehen (Urteil vom 11.02.2016 - Az. 14 S 23/14; vgl. zu einem Schadensersatzbegehren in Höhe von 510,00 EUR auch den Rechtsstreit vor der Kammer Az. 14 0 277/13, bestätigt durch Beschluss des Oberlandesgerichts Köln vom 24.01.2016 - Az. 6 W 7/14). Im Hinblick darauf, dass die streitgegenständlichen Rechtsverletzungen unmittelbar nach Erstveröffentlichung des Computerspieles erfolgten und damit in besonderem Maße geeignet waren, die der Klägerin gleichfalls zustehenden ausschließlichen Vertriebsrechte zu beeinträchtigen, erachtet die Kammer vorliegend einen 500,00 EUR übersteigenden Schadensersatzanspruch für angemessen. Der von der Klägerin geltend gemachte Teil-Schadensersatz von nur 500,00 EUR ist deshalb jedenfalls begründet.


2.

Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren für die Abmahnung vom 20.09.2012 ist gemäß § 97a Abs. 1 S. 2 UrhG a.F. in der geltend gemachten Höhe von 368,00 EUR begründet.

Der Anspruch der Klägerin ist gemäß § 97a UrhG a.F. in der bis 08.10.2013 geltenden Fassung zu beurteilen. Für den Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten kommt es auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Abmahnung an (BGH, Urteil vom 12.05.2016 - I ZR 272/14 - Die Päpstin, juris Rn. 19; m.w.N.). Die Abmahnung der Beklagten vom 20.09.2012 war berechtigt, da der Klägerin aus vorstehenden Gründen gegen die Beklagte ein Unterlassungsanspruch gemäß §§ 97 Abs. 1, 69c Nr. 4 UrhG wegen der unberechtigten öffentlichen Zugänglichmachung des streitgegenständlichen Computerspiels zustand, die durch die vorangegangene Rechtsverletzung indizierte Wiederholungsgefahr war erst durch die Unterlassungserklärung der Beklagten vom 02.10.2012 beseitigt worden.

Der Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten ist nicht gemäß § 97a Abs. 2 UrhG a.F. auf 100,00 EUR beschränkt. Bei der Ermittlung der Rechtsverletzung in so genannten Filesharing Netzwerken wie im vorliegenden Fall und der Durchsetzung der daraus folgenden Ansprüche handelt es sich nicht um einen einfach gelagerten Fall im Sinne von § 97a UrhG in der bis 08.10.2013 geltenden Fassung (ständige Rechtsprechung der Kammer; bestätigend schon OLG Köln, Beschluss vom 13.09.2013 - Az. 6 W 152/13; jetzt höchstrichterlich bestätigt durch BGH, Urteil vom 12.05,2016 - I ZR 1/15 - Tannöd). Die zu erstattenden Rechtsanwaltsgebühren bemessen sich aus diesem Grund nach dem vollen Gegenstandswert der Abmahnung.

Bei der öffentlichen Zugänglichmachung eines aktuellen, durchschnittlich erfolgreichen Computerspieles im Rahmen einer Filesharing Tauschbörse ist von einem Gegenstandswert für den Unterlassungsanspruch von nicht unter 15.000,00 EUR auszugehen (BGH, Urteil vom 12.05.2016 - I ZR 43/15, juris Rn. 48).

Die Rechtsanwaltsgebühren bestimmen sich danach grundsätzlich anhand einer 1,3 Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 VV RVG nach einem Gegenstandswert von 15.000,00 EUR, zuzüglich einer Post- und Telekommunikationspauschale nach Nr. 7300 VV RVG in Höhe von 20,00 EUR. Die von der Klägerin geltend gemachten Rechtsanwaltskosten von 368,00 EUR liegen unter einer 1,0 Geschäftsgebühr, welche nach Anl. 2 a.F. zu §.13 Abs. 1 RVG bereits 566,00 EUR betrug:


3.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 2 Nr. 3, 288 Abs. 1 S. 2, 247 BGB. 291, 288 Abs. 1 BGB. Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen kann die Klägerin erst ab Zugang des jegliche, Zahlung verweigernden Schreibens der Beklagten vom 02.10.2012 geltend machen, da für einen für eine frühere, verzugsbegründende Mahnung nichts dargetan ist. Die Zinspflicht beginnt mit dem auf den Zugang des Schreibens (04.10.2012) folgenden Tag (§ 187 BGB), mithin ab 05.10.2012.

Hinsichtlich des weitergehenden Zinsanspruchs war aus diesem Grund die Klage abzuweisen und war die weitergehende Berufung zurückzuweisen.


III.

Die Kostenentscheidung beruht §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 2 Nr. 1, 97 Abs. ZPO. Die Kosten des Rechtsstreits waren der Beklagten insgesamt aufzuerlegen, da das Unterliegen der Klägerin nur einen geringen Teil der geltend gemachten Zinsforderung betraf und keine besonderen Kosten verursacht hat.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO in Verbindung mit § 26 Nr. 8 EGZPO.



IV.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision sind, nicht erfüllt. Die Kammer weicht mit dieser Entscheidung weder von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs ab, noch hat die Sache über die Rechtsanwendung auf den Einzelfall hinaus grundsätzliche Bedeutung oder ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (543 Abs. 2 ZPO).

Die Entscheidung beruht auf der tatrichterlichen Anwendung gesetzlicher und höchstrichterlich durch zahlreiche Urteile des Bundesgerichtshofs geklärter Rechtsgrundsätze in einem Einzelfall unter Berücksichtigung der individuellen Besonderheiten des konkreten Sachverhaltes.



V.

Die nicht nachgelassenen Schriftsätze der Klägerin vom 10.05.2017 und der Beklagten vorn 17.05.2017 haben vorgelegen, geben jedoch keine Veranlassung zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung (§ 156 ZPO).

Die Beschwer im Berufungsverfahren wird auf 868,00 EUR festgesetzt.



[Name]

[Name]

[Name]




Beglaubigt
[Name], Justizbeschäftigte (...)







~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~




LG Köln, Urteil vom 14.06.2017, Az. 14 S 94/15,
Vorinstanz: AG Köln, Urteil vom 21.10.2015, Az. 137 C 263/13,
Klage .rka Rechtsanwälte,
Berufung .rka Rechtsanwälte,
Rechtsanwalt Nikolai Klute,
.rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR,
sekundäre Darlegungslast,
theoretische Zugriffsmöglichkeit reicht nicht,
widersprüchlicher und unvollständiger Sachvortrag

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#11106 Beitrag von Steffen » Freitag 21. Juli 2017, 17:27

Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Das Amtsgericht Bielefeld bestätigt hohe Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast - Pauschaler Verweis auf Dritte als Täter reicht ohne konkrete Nachforschungen nicht aus (Nachbar)



17:25 Uhr


Der vor dem Amtsgericht Bielefeld in Anspruch genommenen Anschlussinhaber hatte seine Verteidigung darauf gestützt, dass er zu den maßgeblichen Zeiten der Rechtsverletzung keinen Zugriff auf seinen Internetanschluss gehabt und folglich auch die Rechtsverletzung nicht begangen habe. Vielmehr habe er seine Ehefrau zu einem Arzttermin begleitet. Als Täter käme ein Nachbar des Beklagten in Betracht, der ebenfalls Zugang zu seinem Internetanschluss gehabt habe. Insoweit habe der Beklagte seinem Nachbarn - nach vorheriger Belehrung - das Passwort für den WLAN-Anschluss bekanntgegeben.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

Beethovenstraße 12 | 80336 München
Telefon: 089 / 52 05 72 10 | Telefax: 089 / 52 05 72 30
E-Mail: web@waldorf-frommer.de | Web: www.waldorf-frommer.de




Bericht

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https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... nkrete-na/


Urteil als PDF:

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https://news.waldorf-frommer.de/wp-cont ... 406_16.pdf




Autor:

Rechtsanwalt David Appel



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Auf Nachfrage habe besagter Nachbar gegenüber dem Beklagten die Rechtsverletzung nicht eingeräumt. Allerdings habe dieser nicht ausschließen können, dass einer seiner Freunde möglicherweise für die Begehung der streitgegenständlichen Rechtsverletzung verantwortlich sei. Mit diesem Vortrag begnügte sich der Beklagte und stellte keine weiteren Nachforschungen an.

Im Übrigen wurde beklagtenseitig u.a. auch die ordnungsgemäße Ermittlung der streitgegenständlichen Rechtsverletzung bestritten. Die durchgeführte Beweisaufnahme durch Vernehmung des klägerseitig angebotenen Zeugen führte zur vollständigen richterlichen Überzeugungsbildung im Hinblick auf die Fehlerfreiheit und Richtigkeit der Ermittlung der streitgegenständlichen Rechtsverletzung. In den Urteilsgründen führte das Gericht hierzu wie folgt aus:

"Das Gericht ist davon überzeugt, dass die Klägerin bzw. deren Prozessbevollmächtigte im Vorfeld der eigentlichen Ermittlungen durch das Peer-to-Peer Forensic System die jeweilige Datei herunterladen und sodann prüfen, ob diese Datei mit dem Originalwerk übereinstimmt. Weiterhin ist das Gericht auch von der Richtigkeit der Ermittlungen überzeugt. [...] Der Zeuge Dr. S. hat den Ablauf der Ermittlungen auch schlüssig und nachvollziehbar erläutert. Insbesondere hat er auch die Sicherheitsvorkehrungen die gegen etwaige Ermittlungsfehler getroffen werden dargestellt. Der Zeuge Dr. [Name] ist glaubwürdig, seine Aussage glaubhaft. Dem Gericht ist bewusst, dass der Zeuge Dr. [Name] als Entwickler und Verantwortlicher für das Ermittlungsprogramm ein Interesse daran hat, die Software und die durchgeführten Ermittlungen positiv darzustellen. Dem Gericht erscheint es aber nach der Würdigung aller Umstände, insbesondere der Darstellung der Ermittlungen durch den Zeugen Dr. [Name] fernliegend, dass es bei den streitgegenständlichen Ermittlungen zu Fehlern gekommen ist, zumal die IP-Adresse auch für zwei verschiedene Zeitpunkte dem Beklagtenanschluss zugeordnet wurde."


Darüber hinaus erachtete das Gericht den beklagtenseitig geleisteten Vortrag als unzureichend, um einer täterschaftlichen Haftung zu entgehen.


Diesbezüglich bestätigte das Gericht zutreffend, dass die Nutzung einer Filesharing-Tauschbörse eine körperliche Anwesenheit gerade nicht voraussetzt und insofern die behauptete Ortsabwesenheit des Beklagten unbeachtlich sei:

"Die Tatsache, dass der Beklagte zum streitgegenständlichen Zeitpunkt nicht zu Hause war ist unbeachtlich, da die Nutzung einer Filesharing-Börse die körperliche Anwesenheit nicht voraussetzt. Soweit der Beklagte behauptet, dass sein Computer nicht eingeschaltet war, so kann das Gericht dem nicht folgen, da der Beklagte bereits keinen plausiblen Sachverhalt dargestellt hat, wie es zu Rechtsverletzung gekommen sein könnte."


Zudem beurteilte das Gericht auch den bloß pauschalen Verweis auf eine mögliche Täterschaft des Nachbarn bzw. dessen Freunde als unzureichend. Insbesondere habe es der Beklagte unterlassen weitergehende Nachforschungen anzustellen.

"Es ist bereits aber auch nach dem Vortrag des Beklagten nicht ersichtlich, dass die Rechtsverletzung durch den Nachbarn erfolgt sei. Vielmehr habe dieser erklärt die Rechtsverletzung nicht begangen zu haben und auf die Möglichkeit der Rechtsverletzung durch seine Freunde verwiesen.

Dass der Beklagte versucht hat im Rahmen seiner Nachforschungspflichten von seinem damaligen Nachbarn die Namen der Freunde zu erfahren ist nicht ersichtlich.
"


Im Übrigen seien sowohl die Höhe des geltend gemachten Lizenzschadens, als auch der angesetzte Gegenstandswert in Höhe von 10.000,00 EUR als Bemessungsgrundlage für die Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung angemessen.

Das Amtsgericht Bielefeld verurteilte daher den Beklagten antragsgemäß zur Leistung von Schadensersatz, Erstattung der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten sowie Übernahme sämtlicher Kosten des Rechtsstreits.










AG Bielefeld, Urteil vom 02.06. 2017, Az. 42 C 406/16



(...) - Abschrift -


42 C 406/16

Verkündet am 02.06.2017
[Name], Justizbeschäftigte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle



Amtsgericht Bielefeld

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil




In dem Rechtsstreit


[Name],
Klägerin,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldorf, Beethovenstraße 12, 80336 München,



gegen


Herrn [Name], 33790 Halle,
Beklagten,

Verfahrensbevollmächtigter: Rechtsanwalt [Name], 33609 Bielefeld,





hat das Amtsgericht Bielefeld auf die mündliche Verhandlung vom 12.05.2017 durch den Richter [Name]

für Recht erkannt:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 600,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf einen Betrag in Höhe von 450,00 EUR seit dem 14.08.2015 und auf einen Betrag in Höhe von 150,00 EUR seit dem 03.11.2016 zu zahlen.

Der Beklagte wird weiterhin verurteilt, an die Klägerin weitere 506,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.08.2015 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn die Klägerin nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.





Tatbestand:

Die Klägerin macht gegenüber der Beklagten Schadens- und Aufwendungsersatzansprüche wegen unerlaubter Verwendung des Filmwerkes [Name] in einer Internettauschbörse geltend.

Ein legaler Download eines aktuellen Spielfilmes kostet nicht weniger als 5,88 EUR. Durchschnittlich lag der Preis für den legalen Download eines aktuellen Spielfilms bei ca. 8,00 EUR.

Zum Zweck der Verfolgung widerrechtlicher Verbreitungen von geschützten Werken beauftragte die Klägerin die ipoque GmbH mit der Überwachung bestimmter Peer-to-Peer-Netzwerke durch das System Peer-to-Peer Forensic Systems. Für den [Datum] teilte die ipoque GmbH der Klägerin mit, dass das streitgegenständliche Musikalbum zum Download angeboten worden sei von einem unbekannten Nutzer mit der IP-Adresse [IP]. Als Zeitraum für die Rechtsverletzung nannte die ipoque GmbH [Zeitraum].

Die Klägerin erwirkte beim Landgericht München I gegenüber dem Provider die Gestattung, Auskunft zu erteilen über Name und Anschrift des Nutzers, dem die aufgeführte IP-Adresse zu den streitgegenständlichen Zeitpunkten zugewiesen war (LG München I, Az. 7 O 1921/13). Der Provider erteilte sodann die Auskunft, dass die benannte IP-Adresse dem Beklagten als Anschlussinhaberin zugewiesen gewesen sei.

Mit Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom [Datum] ließ die Klägerin den Beklagten zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung und zur Zahlung von 450,00 EUR Schadensersatz und 506,00 EUR Rechtsanwaltskosten bis zum [Datum] auffordern.

Der Beklagte gab eine Unterlassungserklärung ab, eine Zahlung erfolgte nicht.



Die Klägerin behauptet,
sie sei Inhaber der ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrecht am streitgegenständlichen Filmwerk. Die Urheberrechtsverletzung sei durch den Beklagten als Anschlussinhaber erfolgt. Im Vorfeld der eigentlichen Anbieter-Ermittlung mittels des Peer-to-Peer Forensic System lade die Klägerseite die unterschiedlichen Dateiversionen eines bestimmten Werkes vollständig herunter und gleiche diese mit dem Originalwerk ab. Im Internet sei das streitgegenständliche Filmwerk in unterschiedlichen Dateiversionen angeboten worden. Die Ermittlung der IP-Adresse sei ordnungsgemäß und richtig erfolgt.

Die Klägerin ist der Ansicht,
für die Täterschaft des Beklagten bestehe eine tatsächliche Vermutung. Der Beklagte sei seiner sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen. Ihr stehe gemäß § 97 Abs. 2 S. 3 UrhG ein Schadensersatz in Höhe von mindestens 600,00 EUR zu. Die Klägerin habe ferner Anspruch auf Ersatz der Anwaltskosten in Höhe von 506,00 EUR.



Die Klägerin beantragt,
1. die Beklagtenseite zu verurteilen, an die Klägerseite einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 600,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 14.08.2015 sowie
2. 506,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 14.08.2015 zu zahlen.



Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Er trägt vor,
er habe zu keinem Zeitpunkt legales oder illegales Filesharing betrieben. Sein Computer sei zum streitgegenständlichen Zeitpunkt ausgeschaltet gewesen. Der Beklagte sei in dem streitgegenständlichen Zeitraum mit seiner Ehefrau bei der Dialyse gewesen. Er habe das Passwort seines verschlüsselten WLAN-Anschlusses einem 19-jährigen Nachbarn- Herrn [Name] wohnhaft [Anschrift]- bekannt gegeben. Er habe diesen darauf hingewiesen, dass er den Internetanschluss nur legal nutzen dürfe. Eine Rechtsverletzung durch den Nachbarn könne er aber nicht ausschließen. Herr [Name] habe die streitgegenständliche Rechtsverletzung nicht eingeräumt, sonder vielmehr erklärt, er könne nicht ausschließen, dass einer seiner Freunde die streitgegenständliche Rechtsverletzung begangen hätten. Herr [Name] könne aber bestätigen, dass der Beklagte für die streitgegenständliche Rechtsverletzung nicht verantwortlich ist.

Die Klägerin habe mit ihren Prozessbevollmächtigten eine Honorarvereinbarung geschlossen.

Er ist der Ansicht, eine Haftung scheide aus, da ein vollständiger Download und Upload der Datei im streitgegenständlichen Zeitraum nicht möglich gewesen sei.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen Dr. [Name]. Zum Inhalt und Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll zur mündlichen Verhandlung vom 12.05.2017 verwiesen.

Auf Antrag der Klägerin vom 25.01.2016 ist am 27.01.2016 ein Mahnbescheid erlassen worden, der dem Beklagten am 30.01.2016 zugestellt worden ist. Der Beklagte hat am 04.02.2016 Widerspruch erhoben. Am 05.02.2016 ist die Benachrichtigung über den Gesamtwiderspruch durch das Mahngericht erfolgt. Unter dem 25.10.2016 ist die Abgabe an das Amtsgericht Bielefeld erfolgt. Die Akte ist am 03.11.2016 beim Amtsgericht Bielefeld eingegangen.




Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist bis auf einen kleinen Teil der Zinsen begründet.



I.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 600,00 EUR gemäß § 97 Abs. 2 S. 1 UrhG.


1.

Die Klägerin ist aktivlegitimiert.

Aus dem auf dem DVD-Cover (Anlage K1 Bl. 35 d.A.) angebrachten Vermerk zugunsten der Klägerin ergibt sich ein erhebliches Indiz dafür, dass die Klägerin Inhaberin der Nutzungsrechte ist. Die Klägerin hat in der Klageschrift und im Schriftsatz vom 26.01.2017 (Bl. 115 d.A.) auch substantiiert zur Rechteinhaberschaft vorgetragen.

Konkrete Einwendungen, die gegen eine Rechteinhaberschaft der Klägerin sprechen hat der Beklagte nicht vorgebracht.


2.

a.

Das Gericht hat keinerlei Zweifel daran, dass von dem Anschluss des Beklagten das streitgegenständliche [Name] in einer Filesharing-Tauschbörse öffentlich zugänglich gemacht wurde.

Das Gericht ist davon überzeugt, dass die Klägerin bzw. deren Prozessbevollmächtigte im Vorfeld der eigentlichen Ermittlungen durch das Peer-to-Peer Forensic System die jeweilige Datei herunterladen und sodann prüfen, ob diese Datei mit dem Originalwerk übereinstimmt. Weiterhin ist das Gericht auch von der Richtigkeit der Ermittlungen überzeugt.

Der Beweis, dass unter einer IP-Adresse während eines bestimmten Zeitraums Musikdateien öffentlich zugänglich gemacht worden sind, kann dadurch geführt werden, dass ein durch Screenshots dokumentierter Ermittlungsvorgang des vom klagenden Tonträgerhersteller beauftragten Unternehmens vorgelegt und der regelmäßige Ablauf des Ermittlungsvorgangs durch einen Mitarbeiter des Unternehmens erläutert wird (BGH Urteil vom 11.06.2015, I ZR 19/14). Ein zweifelsfreier Nachweis der vollständigen Fehlerfreiheit des Auskunftsverfahrens ist nicht erforderlich. Für eine den Anforderungen des § 286 Abs. 1 ZPO genügende richterliche Überzeugung bedarf es keiner absoluten oder unumstößlichen Gewissheit im Sinne des wissenschaftlichen Nachweises, sondern nur eines für das praktische Leben brauchbaren Grades von Gewissheit, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (BGH Urteil vom 11.06.2015, I ZR 19/14).

Mit der Anlage K2 (Bl. 36 d.A.) hat die Klägerin den dokumentierten Ermittlungsvorgang vorgelegt. Der Zeuge Dr. [Name] hat den Ablauf der Ermittlungen auch schlüssig und nachvollziehbar erläutert.

Insbesondere hat er auch die Sicherheitsvorkehrungen die gegen etwaige Ermittlungsfehler getroffen werden dargestellt.

Der Zeuge Dr. [Name] ist glaubwürdig, seine Aussage glaubhaft. Dem Gericht ist bewusst, dass der Zeuge Dr. [Name] als Entwickler und Verantwortlicher für das Ermittlungsprogramm ein Interesse daran hat, die Software und die durchgeführten Ermittlungen positiv darzustellen. Dem Gericht erscheint es aber nach der Würdigung aller Umstände, insbesondere der Darstellung der Ermittlungen durch den Zeugen Dr. [Name] fernliegend, dass es bei den streitgegenständlichen Ermittlungen zu Fehlern gekommen ist, zumal die IP-Adresse auch für zwei verschiedene Zeitpunkte dem Beklagtenanschluss zugeordnet wurde.


b.

Es kann dahinstehen, ob eine lauffähige Datei im Internet öffentlich zugänglich gemacht wurde, da bereits das Verbreiten von Teilen einer geschützten Datei eine Urheberrechtsverletzung darstellt (vgl. BGH, I ZR 19/14).


c.

Der Beklagte ist auch als Täter anzusehen, da er seiner sekundären Darlegungslast als Anschlussinhaber nicht hinreichend nachgekommen ist. Gemäß der BearShare-Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH WW 2014, 2360) und der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 11.06.2015 (I ZR 75/14) besteht zunächst eine durch den Anschlussinhaber zu widerlegende tatsächliche Vermutung seiner Alleinnutzung, die bereits dann widerlegt ist, wenn weitere Personen freien Zugriff auf den Anschluss hatten. Zusätzlich trifft den Anschlussinhaber sodann eine sekundäre Darlegungslast. Diese führt weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast vielmehr dadurch, dass er dazu vorträgt, ob andere Personen und ggf. welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber allerdings i.R.d. Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Rechtsverletzung gewonnen hat. Die pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt des Beklagten lebenden Dritten auf seinen Internetanschluss wird den an die Erfüllung der sekundären Darlegungslast zu stellenden Anforderungen daher nicht gerecht. Entspricht der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast, ist es wieder Sache der Klägerin als Anspruchstellerin, die für eine Haftung des Beklagten als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen (BGH Urteil vom 12.05.2016, I ZR 48/15).

Der Inhaber eines Internetanschlusses wird der ihn treffenden sekundären Darlegungslast in Bezug darauf, ob andere Personen als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen, jedoch erst dann gerecht, wenn er nachvollziehbar vorträgt, welche Personen mit Rücksicht auf Nutzerverhalten, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht Gelegenheit hatten, die fragliche Verletzungshandlung ohne Wissen und Zutun des Anschlussinhabers zu begehen (BGH Urteil vom 12.05.2016, I ZR 48/15).

Diesen Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast wird der Vortrag des Beklagten nicht gerecht.

Der Beklagte hat lediglich vorgetragen, dass er und seine Ehefrau nicht zu Hause gewesen seien und lediglich der Nachbar Herr [Name]das Passwort für den Internetanschluss gehabt habe.

Es ist bereits aber auch nach dem Vortrag des Beklagten nicht ersichtlich, dass die Rechtsverletzung durch den Nachbarn erfolgt sei. Vielmehr habe dieser erklärt die Rechtsverletzung nicht begangen zu haben und auf die Möglichkeit der Rechtsverletzung durch seine Freunde verwiesen.

Das der Beklagte versucht hat im Rahmen seiner Nachforschungspflicht von seinem damaligen Nachbarn die Namen der Freunde zu erfahren ist nicht ersichtlich. Weiterhin ist der Vortrag des Beklagten nach Ansicht des erkennenden Gerichts auch widersprüchlich. Zum Einen erklärt der Beklagte im Schriftsatz vom 28.02.2017, dass Herr [Name] die Rechtsverletzung abgestritten habe und nicht wisse, wer es gewesen sei, dann erklärt er mit Schriftsatz vom 18.04.2017, dass Herr [Name] bestätigen könne, dass der Beklagte nicht für die Rechtsverletzung verantwortlich sei.

Es ist aber bereits nicht ersichtlich, wie Her [Name] zum Einen nicht weiß wer die Rechtsverletzung begangen hat und zum Anderen bestätigen kann, dass es der Beklagte aber nicht gewesen ist.

Dem Beweisantritt durch Vernehmung des Zeugen [Name] war nicht nachzugehen, da es sich um eine unzulässige Ausforschung gehandelt hätte. Ein Ausforschungsbeweis ist bei einem Beweisantritt anzunehmen, der nicht unmittelbar oder mittelbar dem Beweis vom Beweisführer vorgetragener Tatsachen dient, sondern der Ausforschung von Tatsachen oder der Erschließung von Erkenntnisquellen, die erst ermöglichen sollen, bestimmte Tatsachen zu behaupten und sodann unter Beweis zu stellen (OLG Koblenz, Hinweisbeschluss vom 24.6.2013, Az. 3 U 252/13).

Dies ist vorliegend der Fall, da bereits nicht ersichtlich ist, wie Herr [Name] der nach Vortrag des Beklagten erklärt habe nicht zu wissen wer die Rechtsverletzung begangen hat, trotzdem bezeugen kann, dass der Beklagte der nicht Täter der streitgegenständlichen Rechtsverletzung war.

Die Tatsache, dass der Beklagte zum streitgegenständlichen Zeitpunkt nicht zu Hause war ist unbeachtlich, da die Nutzung einer Filesharing-Börse die körperliche Anwesenheit nicht voraussetzt.

Soweit der Beklagte behauptet, dass sein Computer nicht eingeschaltet war, so kann das Gericht dem nicht folgen, da der Beklagte bereits kein plausiblen anderen Sachverhalt dargestellt hat, wie es zur Rechtsverletzung gekommen sein könnte.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom BGH, Urteil vom 06.10.2016, I ZR 154/15 ("Afterlife") und der Vorlage des Landgericht München I an den Europäischen Gerichtshof (Az. 21 S 24454/14). Der jeweilige Sachverhalt der diesen Verfahren zugrunde lag ist nicht mit dem streitgegenständlichen Sachverhalt zu vergleichen.

In der Afterlife-Entscheidung und im Verfahren vor dem Landgericht München I ging es um Nachforschungspflichten im Rahmen des von Art. 6 GG geschützten Familienbereichs. Dieser ist vorliegend nicht einschlägig, da es sich bei Herrn [Name] nicht um einen Familienangehörigen des Beklagten handelt.


3.

Auch die Höhe des geltend gemachten Lizenzschadens ist nicht zu beanstanden. Gibt es - wie im vorliegenden Fall - keine branchenüblichen Vergütungssätze und Tarife, ist die Höhe der als Schadensersatz zu zahlenden Lizenzgebühr vom Tatrichter gemäß § 287 ZPO unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalles nach seiner freien Überzeugung zu bemessen (BGH Urteil vom 11.06.2015, I ZR 7/14).

Der von der Klägerin geltend gemachte Schadensersatz in Höhe von ist angemessen.

Nach Rechtsauffassung des Bundesgerichtshofes (BGH Urteil vom 11.06.2015, I ZR 7/14) können im Rahmen der Schadensschätzung verkehrsübliche Entgeltsätze für legale Downloadangebote im Internet herangezogen werden. Das Gericht hat hierbei den niedrigsten unstreitigen Downloadpreis in Höhe von 5,88 EUR zugrundegelegt. Es ist weiter zu berücksichtigen, dass der Ermittlungszeitraum auch mehrere Minuten betragen hat und damit auch eine nicht unerhebliche und auch unkontrollierte Möglichkeit des Downloads durch andere Tauschbörsennutzer bestand.

Das Gericht schätzt hier gemäß § 287 ZPO auf mindestens 150 Zugriffe. Dies ergibt sich daraus, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Filmwerk gerichtsbekannt zum streitgegenständlichen Zeitpunkt aktuelles Werk (Erscheinungsjahr [Jahreszahl]) handelte und sich damit auch in Tauschbörsen beliebt gewesen sein dürfte.


4.

Der Zinsanspruch ergibt sich hinsichtlich eines Betrages in Höhe von 450,00 EUR aus §§ 286, 288 BGB.

Der Beklagte wurde mit anwaltlichem Schreiben vom [Datum] zur Zahlung bis zum [Datum] aufgefordert und befand sich demnach seit dem [Datum] in Verzug.

Hinsichtlich des weiteren Betrages in Höhe von 150,00 EUR sind Verzugszinsen erst seit Rechtshängigkeit begründet. Durch die streitgegenständliche Abmahnung ist der Beklagte nicht in Verzug gesetzt worden.

In der Abmahnung wurde lediglich die Zahlung in Höhe von 450,00 EUR gefordert. Nach § 696 Abs. 3 BGB gilt die Streitsache als mit Zustellung des Mahnbescheides rechtshängig geworden, wenn sie alsbald nach der Erhebung des Widerspruches abgegeben wird.

Erfolgt die Abgabe an das Prozessgericht innerhalb eines Monats nach Mitteilung des Widerspruches, liegt eine Rechtshängigkeit ab Zustellung des Mahnbescheides vor (vgl. Vollkommer in Zöller ZPO 31. Auflage § 696 Rn. 6). Wird die Streitsache nicht alsbald abgegeben, tritt Rechtshängigkeit mit dem Eingang der Akten beim Prozessgericht ein (vgl. Schüler MüKo ZPO 4. Auflage § 696 Rn. 21).

Die Benachrichtigung der Klägerin über den Widerspruch erfolgte am 05.02.2016, die Abgabe am 25.10.2016, so dass keine alsbaldige Abgabe erfolgt ist. Die Akte ist am 03.11.2016 beim Amtsgericht Bielefeld eingegangen.



II.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten auch einen Anspruch auf Zahlung von Aufwendungsersatz in Höhe von 506,00 EUR für das vorgerichtliche Abmahnschreiben gemäß § 97a Abs. 1 S. 2 UrhG a.F.

Hiernach kann im Falle einer berechtigten Abmahnung die verletzte Partei von dem Verletzter den Ersatz der für das Abmahnschreiben angefallenen erforderlichen Aufwendungen verlangen.


1.

Die Abmahnung war im vorliegenden Fall berechtigt, da wie oben ausgeführt, eine Anscheinsvermutung für die Täterschaft des Beklagten spricht.


2.

Auch der vorliegend den Abmahnkosten zugrundegelegte Gegenstandswert in Höhe von 10.000,00 EUR ist nicht übersetzt.

Ausgangspunkt für die Bemessung des Gegenstandswertes ist das Interesse der Klägerin an einer wirkungsvollen Abwehr von Urheberrechtsverletzungen.

Vorliegend handelt es sich um eine erhebliche Urheberrechtsverletzung, da ein aktueller und bekannter Film betroffen ist. Das Anbieten von Filmwerken in einer Filesharing-Börse ist nach Ansicht des erkennenden Gerichts geeignet zu erheblichen Umsatzeinbußen der Filmindustrie zu führen.


3.

Soweit der Beklagte mutmaßt, der Klägerin sei ein Schaden in dieser Höhe nicht entstanden, da die Klägerin mit ihren Prozessbevollmächtigten eine Gebührenvereinbarung getroffen worden habe, so ist dem nicht zu folgen.

Soweit man nicht schon mit dem OLG Köln (Urteil vom 16.05.2012, Az. 6 U 96/13) der Ansicht ist, dass der Mandant seinen Anwälten auch bei der Vereinbarung eines Erfolgshonorars eine Vergütung nach dem RVG schuldet, hat der Beklagte hinsichtlich einer solchen Vereinbarung eines Erfolgshonorars zwischen der Klägerin und deren Prozessbevollmächtigten keine greifbaren Anhaltspunkte aufgezeigt. Bei der Frage, ob Abmahnkosten erstattungsfähig sind, ist im Regelfall von den im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz getroffenen Bestimmungen auszugehen (vgl. BGH, Urteile vom 11.06.2015, I ZR 7/14 und I ZR 19/14).

Wie auch in den vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fällen, fehlt es im vorliegenden Fall an konkreten Anhaltspunkten, dass ein erfolgsabhängiges Honorar zwischen der Klägerin und deren Prozessbevollmächtigten vereinbart wurde. Der Beklagte stellt diesbezüglich lediglich Mutmaßungen an.

Die Klägerin hat schlüssig vorgetragen, dass sie mit ihren Prozessbevollmächtigten keine Gebührenvereinbarung getroffen hat.


4.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286, 288 BGB.

Wie oben dargestellt, ist der Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 30.01.2013 in Verzug gesetzt worden.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 708 Nr. 11, 711, 709 S. 2 ZPO.



Der Streitwert wird auf 1.106,00 EUR festgesetzt.




Rechtsbehelfsbelehrung:

A) Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,

1. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
2. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.

Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem

Landgericht Bielefeld,
Niederwall 71,
33602 Bielefeld,


eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.

Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Bielefeld zu begründen.

Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Bielefeld durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.

Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.


B) Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Amtsgericht Bielefeld statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem

Amtsgericht Bielefeld,
Gerichtstraße 6,
33602 Bielefeld,


schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. (...)




~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

AG Bielefeld, Urteil vom 02.06.2017, Az. 42 C 406/16,
Rechtsanwalt David Appel,
Waldorf Frommer Rechtsanwälte,
Klage Waldorf Frommer,
sekundäre Darlegungslast,
Nachforschungspflichten,
Gebührenvereinbarung,
widersprüchlicher Sachvortrag,
Nachbar,
Verzugszinsen erst seit Rechtshängigkeit

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Steffen
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Wochenrückblick

#11107 Beitrag von Steffen » Samstag 22. Juli 2017, 09:05

------------------------------------------------------ - Abmahnwahn Deutschland - Filesharing - --------------------------------------------


DER Wochenrückblick........................Bild......................Filesharing Fälle


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Ausgabe 2017, KW 29 ..................................Initiative AW3P.............................17.07. - 23.07.2017

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AW3P: Herr Rechtsanwalt Nikolai Klute. Zunächst einmal Glückwunsch zum Sieg der Hamburger Kanzlei ".rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR " vor dem Bundesgerichtshof (Urteil vom 13. Juli 2017, I ZR 193/16 - "Benutzerkennung").

Unklarheiten gibt es aber immer noch bei der Art und Weise der Reseller Auskunft.

Wird ein Urheberverstoß ermittelt und dokumentiert, geht der Verletzte an das den Provider zugeordneten Landgericht und beantragt die Herausgabe des Namens der Person hinter der IP-Adresse gemäß § 101 Abs. 9 UrhG.

Wenn die Benutzerkennung eines Netzwerkmieter (Reseller-Provider) beauskunftet wird, wie müssen wir uns den weiteren Werdegang vorstellen. Rufen Sie jetzt den Reseller-Provider einfach an, oder schreiben Sie diesen an und dieser übermittelt die Klardaten zur Benutzerkennung einfach so, in welcher Art und Weise erfolgt diese Bestandsdaten Auskunft?

Letztendlich - sehr übertrieben formuliert - könnte man mit jeder x-beliebigen Benutzerkennung an den jeweiligen Reseller-Provider herantreten und dieser müsste die Person hinter der Benutzerkennung einfach so beauskunften.



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Rechtsanwalt Nikolai Klute: Selbstverständlich wird eine solche Auskunft nicht ohne weiteres auf Zuruf erteilt. Dies dürfte für den Reseller auch schwierig werden, weil er sich selbst an datenschutzrechtliche Vorgaben zu halten hat. Ein solcher Hinweis findet sich bereits in § 101 Abs. 9 UrhG, wonach der Schutz personenbezogener Daten unberührt bleibt.

Eine Auskunft gemäß § 28 Abs. 2 Nr. 2 BDSG darf nur erteilt werden, soweit dies zur Wahrung berechtigter Interessen erforderlich ist und insoweit dürfte datenschutzrechtlich eine Abwägung vorzunehmen sein. Um diese zu ermöglichen, werden dem Reseller neben den Kennungen auch der jeweilige Beschluss des Landgerichts verbunden mit dem Hinweis übermittelt, dass die Beauskunftung zur Verfolgung zivilrechtlicher bzw. urheberrechtlicher Ansprüche notwendig ist. Da im Übrigen das Landgericht bereits eine Prüfung vorgenommen hat, ist für den Reseller zugleich aber auch klar, dass ein überwiegendes Interesse des Rechteinhabers an der Herausgabe der Daten besteht - welches im Übrigen nach § 101 Abs. 2 UrhG in einem Gerichtsverfahren auch gegen den Reseller durchgesetzt werden könnte, sollte sich dieser weigern.

Es macht also wenig Sinn für einen Reseller, nach Vorlage des Gestattungsbeschlusses aus dem gegen den Internetserviceprovider voran gegangenen Auskunftsverfahren nun seinerseits die Herausgabe der Bestandsdaten zu verweigern, nachdem er geprüft und festgestellt hat, dass dem Auskunftsbegehren des Rechteinhabers ein förmliches Verfahren bei einem Gericht voran gegangen ist, in dem die Aktivlegitimation des Rechteinhabers und die Richtigkeit der Datenermittlung geprüft worden ist.

Am Rande sei nur darauf hingewiesen, dass - entgegen einer im Netz veröffentlichten Meinung - die Prüfung durch die Gerichte in aller Regel sehr sorgfältig vorgenommen wird. Nach unseren Erfahrungen wird durchaus die Vorlage von ergänzenden Glaubhaftmachungsmitteln verlangt, auch die Vorlage von Verträgen, Gutachten über die Art und Weise der Ermittlungen oder Verifizierungsprotokolle über Dateien und deren Hashwerte. Die Aktivlegitimation ebenso wie die Richtigkeit der Datenermittlung im Zusammenhang mit der Rechtsverletzung steht nach dem Durchlaufen eines solchen Auskunftsverfahrens somit also fest.


Ihr Rechtsanwalt Nikolai Klute



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1. Hessenrecht: Unterlassungsvollstreckung - Bemessung des Ordnungsgeldes nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des Schuldners


OLG Frankfurt am Main, 22.06.2017, Az. 6 W 49/17



Quelle: 'www.lareda.hessenrecht.hessen.de'
Link: http://www.lareda.hessenrecht.hessen.de ... id:7892901











2. Anwalt.de: Schutt, Waetke Rechtsanwälte (Karlsruhe) - Facebook & Co. - Haftungsfallen beim Teilen kennen


(...) Sharing is caring, so heißt ein Motto aus dem Content Marketing. Teilen ist also gut. Das ist ohne Zweifel richtig. Aber so normal das Teilen von Postings, Beiträgen und Bildern geworden ist, so wichtig ist es auch, die rechtliche Seite zu kennen und den Haftungsfallen aus dem Weg zu gehen. (...)



Quelle: 'www.anwalt.de'
Link: https://www.anwalt.de/rechtstipps/faceb ... 11102.html











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3. Anwalt.de: SEK Simon, Evers & Dr. Klimsch (Freiburg im Breisgau) - Bildrechte in sozialen Medien


(...) Immer wieder wird im Zusammenhang mit dem "Teilen" von Fotos auf Facebook, Twitter & Co. erkennbar, dass in Bezug auf die zugrunde liegenden Bildrechte in sozialen Netzwerken eine Aufklärung erforderlich ist, da hier zahllose Halbwahrheiten und teilweise teure Missverständnisse im Umlauf sind. (...)



Quelle: 'www.anwalt.de'
Link: https://www.anwalt.de/rechtstipps/bildr ... 11353.html















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Gerichtsentscheidungen



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  • AG Köln, Urteil vom 06.07.2017, Az. 137 C 32/17 [WF verlieren; Einfachermittlung reicht nicht aus]




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  • LG Köln, Urteil vom 14.06.2017, Az. 14 S 94/15 [.rka RAe gewinnen Berufung; sek. Darlegungslast; widersprüchlicher, unzureichender und wechselnder Sachvortrag]
  • AG Bielefeld, Urteil vom 02.06. 2017, Az. 42 C 406/16 [WF gewinnen; sekundäre Darlegungslast; Mitnutzer = Nachbar]









Wilde, Beuger, Solmecke Rechtsanwälte (Köln):


AG Köln, Urteil vom 06.07.2017, Az. 137 C 32/17


Wilde, Beuger, Solmecke Rechtsanwälte (Köln): Filesharing Sieg gegen Waldorf Frommer Rechtsanwälte am Amtsgericht Köln - Einfachermittlung beim Filesharing reicht nicht - Das Amtsgericht Köln weist Klage ab



Quelle: 'www.wbs-law.de'
Link: https://www.wbs-law.de/abmahnung-filesh ... ung-74222/











.rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR (Hamburg):


LG Köln, Urteil vom 14.06.2017, Az. 14 S 94/15


.rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR (Hamburg): Landgericht Köln - Hinweise auf abstrakte Nutzungsmöglichkeiten Dritter entlasten den Anschlussinhaber nicht



Quelle: 'rka-law.de'
Link: http://rka-law.de/filesharing/lg-koeln- ... ber-nicht/











Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München):


AG Bielefeld, Urteil vom 02.06. 2017, Az. 42 C 406/16


Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Das Amtsgericht Bielefeld bestätigt hohe Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast - Pauschaler Verweis auf Dritte als Täter reicht ohne konkrete Nachforschungen nicht aus (Nachbar)



Quelle: 'news.waldorf-frommer.de'
Link: https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... nkrete-na/















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Forenwelt


Die "Forenwelt" befindet sich, wie schon einmal erwähnt, nach dem "Jahreswechsel-Loch", "Jahresanfang-Loch", "Frühjahrs-Loch", "Oster-Loch", "Pfingst-Loch", "Erstes Halbjahr-Loch", aktuell im "Sommer-Loch", oder einfacher ausgedrückt: "es ist nichts los!"




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Steffen's Kurzkommentar




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1. .rka Rechtsanwälte gehen in Berufung - Landgericht hebt Urteil des Amtsgericht auf


Sehr ausführlich selbsterklärendes Urteil des Landgericht Köln (Urt. v. 14.06.2017, Az. 14 S 94/15) welches schonungslos - unsere Defizite - offenlegt. Es kann nicht alles mit "anders tickenden Uhren" und "faulen" Richtern entschuldigt werden.



Zusammenfassung:

1. widersprüchlicher, unzureichender und wechselnder Sachvortrag
2. einfaches und pauschales Bestreiten
3. AI verneint mögliche Haftung; benennt Mitnutzer (verneinen mögliche Haftung und/oder/bzw. Internetnutzung zum Vorwurf) = Täterschaftsvermutung geht auf den AI zurück



Landgericht Köln (O-Ton):

(...) Zusammenfassend ist festzuhalten, dass das Vorbringen der Beklagten zu den Gesamtumständen der Nutzung des Internetanschlusses aufgrund seiner Widersprüchlichkeit und des mehrfach geänderten Vorbringens der Beklagten nicht wahrheitsgemäß und glaubhaft wirkt, sondern als an der jeweiligen Prozesssituation orientiert und damit unbeachtlich. (...)










2. Das Amtsgericht Köln mit neuer Ermessensgrundlage in punkto Einfachermittlung!


Die Kölner Kanzlei "WILDE BEUGER SOLMECKE Rechtsanwälte GbR" veröffentlichte diese Woche (Bericht) zum wiederholten Male ein positiv erstrittenes Urteil vor dem Amtsgericht Köln in einem Filesharing Verfahren, indem das Amtsgericht konsequent an seiner Rechtsprechung in puncto "Einfachermittlung" festhält.

Hierbei wird schnell sichtbar, das Amtsgericht Köln stellt hohe Anforderungen an die Ermittlung der IP-Adresse,

AG Köln, Urteil vom 06.07.2017, Az. 137 C 32/17
AG Köln, Urteil vom 28.06.2017, Az. 125 C 571/16
AG Köln, Urteil vom 22.06.2017, Az. 148 C 23/17
AG Köln, Urteil vom 08.03.2017, Az. 125 C 251/16
AG Köln, Urteil vom 15.12.2016, Az. 137 C 170/16
AG Köln, Urteil vom 01.12.2016, Az. 148 C 163/14
AG Köln, Urteil vom 06.10.2016, Az. 137 C 121/15
AG Köln, Urteil vom 01.09.2016, Az. 137 C 65/16
AG Köln, Urteil vom 02.05.2016, Az. 137 C 450/15
AG Köln, Urteil vom 22.04.2013, Az. 125 C 602/09


Eine Einfachermittlung (1 IP-Adresse - ein Zeitpunkt bzw. 1 IP mit mehr als 1 Zeitpunkt (kurz hintereinanderliegenden Zeitpunkten)) ist - zumindest hauptsächlich am Amtsgericht Köln - für den Kläger nicht mehr ausreichend, ein Gerichtsgutachten zur Klärung des zuverlässigen Feststellens des Filesharer nicht mehr notwendig, eine Einfachermittlung Unsicher und nicht frei von Fehler.

Obwohl ... obwohl es wieder einmal bundesweit unterschiedlich ermessen wird.

AG Rostock, Urteil vom 09.05.2017, Az. 49 C 76/16
AG Bielefeld, Urteil vom 02.06. 2017, Az. 42 C 406/16










3. Das Amtsgericht Bielefeld zur möglichen Haftung eines Nachbarn als Mitnutzer


Indem von der Kanzlei Waldorf Frommer erstrittenen Urteil, wurde über die mögliche Haftung und deren Anforderungen ermessen, wenn ein Nachbar als Mitnutzer benannt wird.


Zusammenfassung:

1. widersprüchlicher und unzureichender Sachvortrag
2. einfaches und pauschales Bestreiten
3. AI verneint mögliche Haftung; benennt Mitnutzer (verneinen mögliche Haftung und/oder/bzw. Internetnutzung zum Vorwurf) = Täterschaftsvermutung geht auf den AI zurück
4. theoretische Täterschaft und/oder/bzw. Nutzungsmöglichkeit = unzureichend










Fazit AW3P:


Natürlich machen die zitierten Entscheidungen einige Sachverhalte deutlich.

1. Ein Berufungsgericht kann eine Entscheidung eines Erstgerichtes korrigieren
2. Gerichte ermessen bundesweit unterschiedlich
3. fehlende Grundlagen auf Seiten der Beklagten


AW3P gerät immer wieder in Misskredit, weil nicht nur glorreich errungene Siege veröffentlicht werden - sondern auch deren Gegenteil - dadurch verängstigte Betroffene motiviert erst in Vergleichen gezwungen werden. Das ist natürlich nicht richtig. Richtig, dass man zu diversen Gerichtsentscheidung sicherlich seine Kommentare "Abgemahnten freundlicher" abfassen könnte. Natürlich kann AW3P auch nur über gewonnene Gerichtsentscheidungen berichten, aber es gilt: Umfassende Information ist Entscheidend! Es kann nur aus - allen - Entscheidungen gelernt, die notwendigen Lehren gezogen werden. Ansonst rutscht man von einem Verbraucherschutzforum in ein Verbraucherschmutzforum ab und dies nützt auf alle Fälle - keinen - Betroffenen.







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Steffen Heintsch für AW3P




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LG Flensburg, Az. 8 S 14/16

#11108 Beitrag von Steffen » Dienstag 25. Juli 2017, 15:16

.rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR (Hamburg): Das Landgericht Flensburg zur Aktivlegitimation in Filesharing Verfahren - Die Vorlage vollständiger Verträge ist nicht erforderlich - Revision wurde nicht zugelassen


15:15 Uhr


Hamburg / Flensburg, 25.07.2017 (eig.): Zum Nachweis der Aktivlegitimation und ausschließlichen Nutzungsrechtsinhaberschaft der Klägerin ist die Vorlage vollständiger Lizenzverträge nicht erforderlich. Dies hat das Landgericht Flensburg entschieden (Urt. v. 02.06.2017, Az. 8 S 14/16).



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Rechtsanwalt Nikolai Klute
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz



.rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR

Johannes-Brahms-Platz 1 | 20355 Hamburg
Telefon +49 (040) 5 50 06 05 0 | Telefax +49 (040) 5 50 06 05 55
E-Mail kanzlei@rka-law.de | Web: www.rka-law.de




Bericht

Link:
http://rka-law.de/filesharing/lg-flensb ... orderlich/


Urteil als PDF:
http://rka-law.de/wp-content/uploads/20 ... -14-16.pdf



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Im Streit stand im Berufungsverfahren, ob die von der Kanzlei .rka Rechtsanwälte vertretene Klägerin zur Geltendmachung der Ansprüche aus den Urheberrechtsverletzungen befugt sei. Der Vorinstanz hatte die Vorlage von Vertragsauszügen noch nicht gelangt.

Anders das Landgericht Flensburg, das der auszugsweisen Vorlage des Vertrages eine hohe indizielle Wirkung zusprach. Auch die "Begründung der Klägerin, sie lege die Vertragstexte zur Wahrung ihres unternehmerischen Geheimhaltungsinteresses nur auszugsweise vor, hält die Kammer für nachvollziehbar. Der Beklagten muss daher nicht der vollständige Vertragstext der Vereinbarung vom 10.11.2008 zur Verfügung gestellt werden".

Aus dieser Tatsache, aus der Vorlage einer Zusatzvereinbarung, die das Recht der Klägerin zur Rechtsverfolgung seitens des Entwicklerstudios bestätigt, aus der Umverpackung des Computerspiels mit dem Copyrightvermerk gemäß § 10 Abs. 3 UrhG und der gerichtsbekannten Tatsache der Verfolgung von Schutzrechtsverletzungen wegen dieses Computerspiels durch die Klägerin in einer Vielzahl von anderen Verfahren leitete das Gericht eine hohe indizielle Wirkung für die Inhaberschaft der Klägerin an ausschließlichen Nutzungsrechten ab, wobei die Beklagte eben diese Indizientatsachen nicht entkräftet hat. Sie hat insbesondere keine Umstände vorgebracht, aus denen sich ein Hinweis einer Rechteinhaberschaft anderer ergibt und in der Folge in Abänderung und unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils die Beklagte zu Aufwendungs- und Schadensersatz verurteilt.

"Die Entscheidung des Landgerichts Flensburg zeigt, dass seitens der Rechteinhaber angegriffene Urteile der Amtsgerichte in Filesharing Angelegenheiten häufig genug korrigiert werden", so Rechtsanwalt Nikolai Klute aus der Kanzlei .rka Rechtsanwälte, "und das in den Berufungsinstanzen eine strengere Orientierung auch an der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stattfindet." Entsprechend den Vorgaben des Bundesgerichtshofs hat das Landgericht Flensburg konkrete Anknüpfungspunkte verlangt, die die indizielle Wirkung der Verträge widerlegen.

Der Bundesgerichtshof hat in dem Urteil vom 12.05.2016, I ZR 48/15 - "Everytime we touch" - geurteilt, dass Eintragungen des Rechteinhabers in einer allgemein verwendeten Musikdatenbank ein erhebliches Indiz für die Inhaberschaft der Tonträgerherstellerrechte sind, die nur durch den Vortrag konkreter Anhaltspunkte entkräftet werden könnten, die gegen die Richtigkeit der in sie aufgenommenen Angaben sprechen (vgl. BGH, GRUR 2016, 176 Rn. 17 ff. - "Tauschbörse I"). In der zitierte Tauschbörsen-Entscheidung (Urt. v. 11.06.2015, I ZR 19/14 - "Tauschbörse I") werden diese Überlegungen auch mit Blick auf die gebotene Effektivität im Rechtsschutz vertieft. Dort heißt es (Rz. 22 f.):

"Die in der Praxis nicht selten bestehenden Schwierigkeiten des Nachweises der Urheberschaft und der Inhaberschaft von ausschließlichen Nutzungsrechten haben den Gesetzgeber dazu bewogen, deren effektive Durchsetzung durch die Vermutungsregelungen gemäß § 10 UrhG, die die Vorgaben gemäß Art. 5 Buchstaben a und b der Richtlinie 2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums umsetzen, zu gewährleisten. Soweit die Vermutungswirkungen des § 10 Abs. 3 UrhG - wie im Streitfall - nicht greifen, ist in jedem Fall ein Indizienbeweis zulässig, bei dem mittelbare Tatsachen die Grundlage für die Annahme der Rechtsinhaberschaft liefern (vgl. BGH, Urteil vom 28. November 2002 - I ZR 168/00, BGHZ 153, 69, 79 f. - "P-Vermerk"; Thum in Wandtke / Bullinger a.a.O. § 10 UrhG Rn. 53; Dreyer in Dreyer / Kotthoff / Meckel, Urheberrecht, 3. Aufl., § 10 UrhG Rn. 56). Als ein solches Indiz für die Inhaberschaft von Tonträgerherstellerrechten kommt auch die Eintragung als Lieferant eines Musiktitels in für den Handel einschlägigen Datenbank der Ph. GmbH in Betracht (vgl. Schulze in Dreier / Schulze, UrhG, 5. Aufl., § 10 Rn. 63). Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass der Ph. Medienkatalog der zentrale Einkaufskatalog für den Einzelhandel ist und dieser auf die Richtigkeit der darin enthaltenen Daten großen Wert legt. Diese Feststellungen, gegen die die Revision keine Rügen erhoben hat, tragen die Annahme einer erheblichen Indizwirkung der Eintragung in den Medienkatalog. In diesem Zusammenhang sind auch die besonderen Schwierigkeiten für den Nachweis der Rechteinhaberschaft gemäß § 85 Abs. 1 UrhG zu berücksichtigen, die in der Komplexität des Begriffs des Tonträgerherstellers begründet liegen. Tonträgerhersteller und Inhaber des Leistungsschutzrechts aus § 85 UrhG ist, wer die wirtschaftliche, organisatorische und technische Leistung erbringt, das Tonmaterial erstmalig auf einem Tonträger aufzuzeichnen (BGH, Urteil vom 20. November 2008 - I ZR 112/06, GRUR 2009, 403 Rn. 8 = WRP 2009, 308 - "Metall auf Metall I"). Zu den maßgeblichen Leistungen gehören die Übernahme der wirtschaftlichen Verantwortung, der Abschluss der erforderlichen Verträge mit Musikern, Sprechern und sonstigen beteiligten Personen im eigenen Namen, die Miete der Instrumente, Gerätschaften und des Studios, die Übernahme der Materialkosten, die organisatorische Leitung und die Überwachung der Aufnahmen. Es würde die Durchsetzung des Leistungsschutzrechts unzumutbar erschweren, wenn auf ein bloßes Bestreiten mit Nichtwissen hin für jede einzelne Musikaufnahme die insoweit relevanten Einzelheiten dargelegt und bewiesen werden müssten. Der Tonträgerhersteller kann sich deshalb zur Darlegung und zum Beweis seiner Aktivlegitimation in besonderem Maße auf Indizien, namentlich der Eintragung in den Ph. Medienkatalog, beziehen. Ein weitergehender Vortrag ist erst erforderlich, wenn vom als Verletzer in Anspruch Genommenen konkrete Anhaltspunkte dargelegt werden, die gegen die Richtigkeit der Eintragungen in der fraglichen Datenbank zu den jeweiligen Musikstücken sprechen."


Vor diesem Hintergrund ist das Verlangen einzelner Amtsgerichte unter Außerachtlassung berechtigter Interessen der Rechteinhaberin, Verträge vollständig und ungeschwärzt vorzulegen, schwerlich zu verstehen. Denn wenn schon der Hinweis auf eine Phonodatenbank im Musikbereich für den indiziellen Nachweis der Rechteinhaberschaft auslangt, dann erst recht die auszugsweise Vorlage von Verträgen im Computerspielbereich, die eben die Rechteinhaberschaft der Klägerin indiziell belegen.









LG Flensburg, Urteil vom 02.06.2017, Az. 8 S 14/16




(...) - Beglaubigte Abschrift -


8 S 14/16
73 C 190/15 AG Pinneberg


Verkündet am 02.06.2017
gez.
[Name], JAI'in
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle



Landgericht Flensburg

Urteil

Im Namen des Volkes




In dem Rechtsstreit


[Name],
- Klägerin und Berufungsklägerin -

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte rka Rechtsanwälte Reichen Klute GbR, Johannes-Brahms-Platz 1, 20355 Hamburg,



gegen


[Name],
- Beklagte und Berufungsbeklagte -

Prozessbevollmächtigter: [Name],




wegen Schadensersatz



hat die 8. Zivilkammer des Landgerichts Flensburg durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht [Name], den Richter am Landgericht [Name] und den Richter am Landgericht [Name] auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 31.03.2017


für Recht erkannt:


I. Das Urteil des Amtsgerichts Pinneberg zum Aktenzeichen 73 C 190/15, verkündet am 31.03.2016, wird in der Hauptsache wie folgt abgeändert:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag von 755,80 EUR nebst jährlicher Zinsen in Höhe-von 5 Prozentpunkten- über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.12.2012 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen weiteren Betrag über 20,78 EUR nebst jährlicher Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.11.2015 zu zahlen.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen weiteren Betrag über 500,00 EUR nebst jährlicher Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.12.2012 zu zahlen.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

III. Die Kosten der 1. Instanz sowie des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.





Tatbestand:

Die Parteien streiten um urheberrechtliche Ansprüche wegen Filesharings.

Es wird auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des amtsgerichtlichen Urteils nach § 540 ZPO Bezug genommen. Insbesondere ist zwischen den Parteien unstreitig, dass vom Internetanschluss der Beklagten unerlaubt Dateien des Computerspiels "[Name]" zum Download angeboten worden. Unstreitig ist auch, dass das streitbefangene Computerspiel von der Firma [Name] entwickelt wurde.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht, in der der Beklagtenvertreter die Aktivlegitimation gerügt hat, hat das Amtsgericht darauf hingewiesen, dass die Klage mangels ausreichender Darlegung des Tatbestands des Rechteerwerbs unschlüssig sei. Für die Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll des Amtsgerichts vom 12.02.2016 (Bl. 33 ff. d.A.) Bezug genommen.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es u.a. ausgeführt, dass die Klägerin nicht mit dem erforderlichen Maß an Substantiierung dargelegt habe, dass sie Inhaberin ausschließlicher. Nutzungsrechte sei. Die Voraussetzungen nach §. 10 UrhG lägen nicht vor, da sie nicht behaupte, selbst Urheberin zu sein. Weiter fehle Tatsachenvortrab dazu, aufgrund welcher Verträge sie die ausschließlichen Nutzungsrechte erhalten habe. Insbesondere habe sie den Lizenzvertrag vom 10.11.2008 samt Ergänzungsvereinbarungen nicht vorgelegt, sondern allenfalls in englischer Sprache zitiert.

Das erstinstanzliche Urteil ist den Parteien am 05.04.2016 zugestellt worden. Mit am Freitag, dem 06.05.2016, dem Tag nach Christi Himmelfahrt, eingegangenem Faxschreiben hat die Klägerin bei dem Landgericht Flensburg Berufung eingelegt. Nach der antragsgemäßen Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 04.07.2016 hat die Klägerin ihre Berufung mit am 04.07.2016 bei Gericht eingegangenem Schreiben begründet.

Mit Verfügung vom 27.12.2016 hat die Kammer einen Hinweis erteilt, nach dem sie von einer ausreichenden .Substantiierung der Aktivlegitimation durch die Klägerin ausgehe (Bl. 68 ff. d.A.). Im weiteren Verlauf hat die Klägerin auszugsweise Kopien der Vertriebsvereinbarung samt vierter Änderungsvereinbarung sowie entsprechende Übersetzungen (vgl. Anlagen K1 und K2, Bl. 77 ff. d.A.) vorgelegt. Laut den Verträgen haben die Parteien die Anwendung österreichischen Rechts vereinbart. Unter "1. Definitionen" findet sich unter dem Punkt Exklusivität folgende Regelung:

"Die Übertragung eines Rechts auf exklusiver Basis oder die Übertragung eines exklusiven Rechts bedeutet, dass [Name] für die Laufzeit dieses Vertrags exklusives Publishing und Marketing des Produkts gewährt und gleichzeitig garantiert, das Produkt bzw. dessen Inhalt (außer den in Anlage F aufgeführten Artikeln) keinen Dritten zur Verwendung in interaktiven Software- und Konsolenprodukten, sei es unter einer Lizenz oder anderweitig oder auf einer anderen kommerziellen Basis, in einer Weise, welche die auf [Name] in Bezug auf das Produkt übertragenen Publishing- und Distributionsrechte beeinträchtigen und / oder das Umsatzpotential des vertragsgegenständlichen Produkts verringern könnte, anzubieten.

Sollte ein Dritter die übertragenen Rechte nutzen oder beanspruchen, so ist [Name] verpflichtet, [Name] nach Kenntnisnahme umgehend zu informieren. [Name] hat sämtliche rechtlichen und. praktischen Schritte zu unternehmen, um eine solche Rechtsverletzung zu unterbinden.
"


Unter "2 Vertragsgegenstand" heißt es auszugsweise:

"b. Für die Laufzeit dieses Vertrags gewährt [Name] [Name] hiermit die exklusiven und unbeschränkten Nutzungs- und Verwertungsrechte am Produkt im Vertragsgebiet, insbesondere zum Vertrieb als PC- und Heimkonsolen ..."


Außerdem hat die Klägerin Kopien der Verpackung und des Werkstücks des streitgegenständliche Computerspiels eingereicht (Anlage K3, Bl. 97 ff. d.A.).

Mit der Berufung greift die Klägerin das erstinstanzliche Urteil an und verfolgt ihre vor dem Amtsgericht geltend gemachten Ansprüche weiter. Das amtsgerichtliche Urteil basiere auf einer unrichtigen und unvollständigen Tatsachenfeststellung sowie auf der unrichtigen Anwendung materiellen und formellen Rechts. Das Amtsgericht habe überspannte Anforderungen an die Darlegung der Aktivlegitimation gestellt. Es verkenne die Indizfunktion des Vermerks nach § 10 UrhG und lasse den klägerischen Vortrag jedenfalls in Teilen unberücksichtigt. Die Klägerin nimmt Bezug auf ihre Ausführungen zu Ziffer 3. der Anspruchsbegründung, S. 6-9 (Bl. 11R - 13 d.A.). Das Amtsgericht habe diese Ausführungen als hinreichend schlüssig und substantiiert werten müssen, was zu einer antragsgemäßen Verurteilung hätte führen müssen.



Die Berufungsklägerin und Klägerin beantragt,
das Urteil des Amtsgerichts Pinneberg, Geschäftszeichen 73 C 190/15, verkündet am 31.03.2016, zugestellt am 05.04.2016, wird abgeändert:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag von 859,80 EUR nebst jährlicher Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.12.2012 zu zahlen.
2: Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen weiteren Betrag über 20,78 EUR nebst jährlicher Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen weiteren Betrag über 500,00 EUR nebst jährlicher Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.12.2012 zu zahlen.



Die Berufungsbeklagte und Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte meint unter Bezugnahme auf den 2. Absatz der Definition zur Exklusivität, dass sich eine Exklusivität der Rechteübertragung nicht aus dem Vertrag ergebe. Nach dem Wortlaut liege das Recht zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen gerade nicht bei der Klägerin.

In der Berufungsverhandlung hat die Klägerin eine vollständige Version des 30-seitigen Vertrages vom 10.11.2008 vorgelegt, welche die Kammer und der Beklagtenvertreter in Augenschein genommen haben. Letzterer hat gerügt, im Rahmen der mündlichen Verhandlung nicht in der Lage zu sein, in angemessener Weise Stellung zu nehmen. Der Klägervertreter hat mitgeteilt, dass der Beklagten eine vollständige Kopie des Vertrages unter Bezugnahme auf Geheimhaltungsinteressen nicht zur Verfügung gestellt werden könne. Auf das Sitzungsprotokoll der Berufungsverhandlung vom 31.03.2017 (Bl. 117 d.A.) wird Bezug genommen.




Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin hat überwiegend Erfolg.



I.

Die Berufung der Klägerin gegen das amtsgerichtliche Urteil ist zulässig, da sie nach §§ 517, 519 und 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden ist.



II.

Die Berufung ist überwiegend begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz gemäß § 97 Abs. 2 UrhG sowie Erstattung von Abmahnkosten nach § 97a Abs. 1 S. 2 a.F. in Höhe von insgesamt 1.276,58 EUR.


1.

Die Klägerin ist als Inhaberin ausschließlicher Nutzungsrechte an dem streitgegenständlichen Computerspiel "[Name]"nach §§ 2 Nr. 1, 40a ff., 24 Abs. 1 S. 2 UrhG Österreich auch aktivlegitimiert.


a.

Dabei ist davon auszugehen, dass die Klägerin bereits mit der Anspruchsbegründung ihre Aktivlegitimation hinreichend substantiiert vorgetragen hat. Die Klägerin hat die relevanten Tatsachen zur Rechteentstehung bei der Fa. [Name] sowie zur Übertragung eines ausschließlichen Nutzungsrechtes umfassend unter Zitierung der das Recht übertragenden Verträge dargelegt. Darüber hinaus hat die Klägerin zu dem ©-Vermerk auf der Umverpackung sowie dem Werkstück vorgetragen. Sie hat auch im Einzelnen ausgeführt für welche Dauer, für welche Verwertungshandlungen und für welches Lizenzgebiet Rechte übertragen wurden. Auch woraus sich die Exklusivität der Rechteübertragung ergeben soll, hat die Klägerin vorgetragen. Einer Vorlage der Verträge bedurfte es vor dem Hintergrund des ausführlichen Vortrags zur Substantiierung und Schlüssigkeit der Aktivlegitimation nicht


b.

Des Weiteren steht zur Überzeugung der Kammer mit der hinreichenden Wahrscheinlichkeit im Sinne des § 286 Abs. 1 S. 1 ZPO fest, dass der Vortrag der Klägerin zutreffend ist und sie Inhaberin ausschließlicher Nutzungsrechte mit dem Inhalt umfassender Verbreitungs-, Vertriebs-und Vervielfältigungsrechte in physischer und nicht-physischer Form, einschließlich der öffentlichen Zugänglichmachung über das Internet des Computerspiels "[Name]" ist.


aa.

Nach dem erstinstanzlichen Tatbestand, an den die Berufungskammer gebunden ist und den die Beklagte auch nicht weiter angegriffen hat, ist unstreitig, dass die Firma [Name] das streitgegenständliche Computerspiel entwickelt hat. Damit steht fest, dass das vorgenannte Unternehmen ein originäres Urheberrecht nach §§ 14 Abs. 1, 2 Nr. 1, 40a ff. UrhG Österreich erworben hat.


bb.

Die Firma [Name] hat der Klägerin umfassende ausschließliche Nutzungsrechte nach § 24 Abs. 1 S. 2 UrhG Österreich eingeräumt. Die Klägerin hat für diesen Umstand hinreichend Indiztatsachen vorgetragen, die die Beklagte nicht erschüttert hat. Nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. Dabei setzt die Überzeugung von der Wahrheit einer beweisbedürftigen Tatsache keine absolute oder unumstößliche Gewissheit voraus, da eine solche nicht zu erreichen ist. Es genügt ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit, der den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 - I ZR 48/16 -, Rn. 23, juris). Der Tatrichter ist grundsätzlich darin frei, welche Beweiskraft er Indizien, aus denen Rückschlüsse auf den unmittelbaren Beweistatbestand gezogen werden können, im Einzelnen und in einer Gesamtschau für seine Überzeugungsbildung beimisst (BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 - I ZR 48/15 -, Rn. 25, juris).

Der Nachweis der Inhaberschaft ausschließlicher Verwertungsrechte - auch außerhalb des Anwendungsbereichs der in § 10 UrhG niedergelegten Vermutungsregeln - kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch durch einen Indizienbeweis erbracht werden, bei dem mittelbare Tatsachen die Grundlage für die Annahme der Rechtsinhaberschaft liefern. Ein Inhaber ausschließlicher Nutzungsrechte, dem die effektive Durchsetzung seines Leistungsschutzrechtes möglich sein muss, kann sich daher zur Darlegung und zum Beweis seiner Aktivlegitimation auf Indizien beziehen. Weitergehende Darlegungen und Beweisangebote und deren Ausschöpfung sind erst erforderlich, wenn der als Verletzer In Anspruch Genommene konkrete Anhaltspunkte darlegt, die gegen die Richtigkeit der vorgetragenen Indizien sprechen (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 - I ZR 48/15 -, Rn. 26, juris; BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 19/14 -, Rn. 20, juris).

Die Klägerin hat vorliegend hinreichend Indiztatsachen vorgetragen. So hat sie Auszüge aus dem als "Exclusive Publishing Agreement" (dt: Exklusiver Publishing-Vertrag) bezeichneten Vertragsdokument vom 10.11.2008 samt deutscher Übersetzung mit den Anlagen K1 und K2 im Rahmen des Berufungsverfahrens vorgelegt. Die Bezeichnung des Vertrags ("Exclusive") deutet schon auf:eine Übertragung ausschließlicher Nutzungsrechte hin. Aus dem Rubrum des Vertrages gehen die Klägerin - bezeichnet als "Publisher" - sowie die Firma [Name] - bezeichnet, als "Developer" - als Vertragsparteien hervor. Aus dem Abschnitt "2. Subject of the Agreement" des Vertrags, in dem der Vertragsgegenstand beschrieben ist, ergibt sich der Bezug zum Spiel "[Name]". Unter b. "gewährt [Name] [Name] (also der Klägerin) die exklusiven und unbeschränkten Nutzungs- und Verwertungsrechte am Produkt im Vertragsgebiet" für die Laufzeit dieses Vertrags. Aus dem 4. Abschnitt ergibt sich das Vertragsgebiet (jedenfalls Deutschland, Österreich, Schweiz, Nordamerika, Frankreich, Großbritannien, Spanien und Italien) sowie aus dem 5. Abschnitt die Vertragszeit (10 Jahre). Nach der Definition im ersten Abschnitt des Vertrages bedeutet die Übertragung eines exklusiven Rechts, dass [Name] für die Laufzeit dieses Vertrages exklusives Publishing und Marketing des Produkts gewährt". Darüber hinaus hat die Klägerin auch die Unterschriftsseite des Vertrages in Kopie vorgelegt. Alles in allem ergeben sich schon aus diesen Auszügen der Vertragsurkunde gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass [Name] der Klägerin ausschließliche Nutzungsrechte übertragen hat.

Die Einwände der Beklagten vermögen die indizielle Wirkung dieser Bestimmungen nicht hinreichend zu erschüttern. Soweit die Beklagte in der Berufungsverhandlung auf die Anwendung österreichischen Rechts in dem Vertrag verweist, mag dies für die Art des übertragenen Rechts zutreffen. Nach dem Wortlaut der vorgelegten vertraglichen Regelung ist aber eindeutig ein ausschließliches Nutzungsrecht, namentlich ein Werknutzungsrecht im Sinne von § 24 Abs. 1 S. 2 UrhG Österreich, zwischen den Parteien vereinbart worden. Schon angesichts der ausdrücklichen Bezeichnung als ausschließliches bzw. exklusives Recht liegt nicht nur eine Werknutzungsbewilligung nach § 24 Abs. 1 S. 1 UrhG Österreich, was im deutschen Recht dem einfachen Nutzungsrecht entspricht, vor. Nach § 26 S. 1 UrhG Österreich richtet sich die Beantwortung der Frage, auf welche Art, mit welchen Mitteln und innerhalb welcher örtlichen und zeitlichen Grenzen das Werk von einem Werknutzungsberechtigten benutzt werden darf, nach dem mit dem Urheber abgeschlossenen Vertrag. Folglich ist der Lizenzvertrag auszulegen. Diese Auslegung führt zur Annahme einer Übertragung von ausschließlichen Nutzungsrechten auf die Klägerin. Soweit sich die Beklagte auf den zweiten Absatz der Definition der Exklusivität im ersten Abschnitt des Vertrages (Definitionen) beruft, vermag dies nicht zum Erfolg zu führen. Diese Vertragsbestimmung steht der ausschließlichen Einräumung von Nutzungsrechten nicht entgegen. Sie begründet keine Einschränkung der Ausschließlichkeit der Rechteeinräumung durch die Fa. [Name] sondern begründet allenfalls eine Informationspflicht der Klägerin gegenüber der Fa. [Name] für den Fall, dass Dritte die übertragenen Rechte nutzen oder beanspruchen. Die [Name] hat nach der Bestimmung sämtliche Schritte zu unternehmen, um eine solche Rechtsverletzung zu unterbinden. Die Bestimmung schränkt nach dem Wortlaut und auch nach einer an den Interessen der Parteien orientierten Auslegung die Rechte der Klägerin nicht ein, sondern erweitert diese um einen Anspruch der Klägerin gegen die Fa. [Name] entsprechende Rechtsverletzungen Dritter zu verfolgen. Der Wortlaut und auch der Sinn und Zweck der Bestimmung geben aber nichts dafür her, dass die Klägerin - auch vor dem Hintergrund des Umfangs der Rechteübertragung - selbst nicht berechtigt sein soll, Rechtsverletzungen Dritter gerichtlich zu verfolgen. Soweit das Amtsgericht Saarbrücken (Urt. v. 18.01.2017, Az. 121 C 316/16; Bl. 105 ff. d.A.) in einem ähnlichen Fall eine entgegenstehende Ansicht vertritt, folgt die Kammer dem nicht. Der Auslegung, der Klägerin seien die ausschließlichen Nutzungsrechte eingeräumt worden, steht nicht entgegen, dass der Klägerin nicht ausdrücklich ermächtigt wurde, ihre Rechte auch gerichtlich geltend zu machen. Einer solchen Ermächtigung bedurfte es nicht, da die gerichtliche Geltendmachung eigener Rechte sich schon aus der Übertragung und dem Inhalt des ausschließlichen Rechts selbst ergibt: Es ist daher anzunehmen, dass der Ausschluss der Klägerin von der gerichtlichen Durchsetzung ihrer Rechte einer klaren und ausdrücklichen Regelung bedurft hätte, die hier gerade nicht vorliegt. Auch die Bewertung der Interessenlage ergibt nichts anderes. Die Klägerin hat kein Interesse, sich bei der Durchsetzung ihrer ausschließlichen Nutzungsrechte von der Fa. [Name] abhängig zu machen. Zudem hat die [Name] nach Übertragung der ausschließlichen Nutzungsrechte kein Interesse, die Klägerin von der gerichtlichen Durchsetzung ihrer Rechte auszuschließen. Die Regelung ist daher als Rückermächtigung der [Name] zu verstehen. In diesem Licht ist dann auch die Informationsverpflichtung der Klägerin gegenüber der [Name] zu sehen. Nur wenn die Klägerin die Entwicklerfirma umgehend benachrichtigt, kann diese ihre gegenüber der Klägerin übernommene Verpflichtung, Rechtsverletzungen Dritter abzuwehren, erfüllen.

Die indizielle Wirkung des vorgelegten Lizenzvertrages wird nicht durch den Umstand erschüttert, dass dieser nur in Auszügen vorgelegt wurde. So mag der Beklagten zuzugeben sein, dass die Vorlage von Vertragsauszügen in Kopie nicht den Anforderungen des Urkundenbeweises im Sinne von §§ 415 ff. ZPO genügt. Darauf kommt es aber nicht an, da die Kammer ihre Feststellungen auf einen solchen nicht stützt, sondern die vorgelegten Auszüge als Indiztatsache wertet Der Umstand, dass nur Teile des Übertragungsvertrages vorgelegt werden, entkräftet die indizielle Wirkung der vorgelegten Vertragsbestimmungen, aus denen eindeutig die exklusive Einräumung von weitgehenden Nutzungsrechten zugunsten der Klägerin hervorgeht, nicht. Es ist vielmehr kein Grund ersichtlich, weswegen die Parteien an anderer, nicht vorgelegter Stelle des Vertrages eine Einschränkung dieser weitgehenden Rechteübertragung im Widerspruch zu den vorgenannten Regelungen vorgenommen haben sollten. Dies wäre äußerst unwahrscheinlich. Die Begründung der Klägerin, sie lege die Vertragstexte zur Wahrung ihres unternehmerischen Geheimhaltungsinteresses nur auszugsweise vor, hält die Kammer für nachvollziehbar. Der Beklagten musste daher nicht der vollständige Vertragstext der Vereinbarung vom 10.11.2008 zur Verfügung gestellt werden.

Weiter hat die Klägerin eine Kopie der "Vierten Änderung" zum vorgenannten Vertrag vom 08.01.2016 - und zwar vollständig - eingereicht. In dieser Vereinbarung bestätigt [Name] unter der Ziffer 1. jegliche Rechte aller Art an den grundlegenden Rechten am Produkt "[Name]", insbesondere [...] das Recht auf abgeleitete Nutzungen [...], in dem Maße, in dem [Name] solche Rechte besitzt, besaß oder jeweils besitzen wird, an [Name] abgetreten zu haben bzw. zu übertragen, und tritt diese hiermit in dem Maß ab, in dem dies bisher noch nicht geschehen ist. Unter Ziffer 2. heißt es dann, dass [Name] auf jegliches Recht verzichtet, die durch die Änderung gewährten Rechte zu kündigen, außer Kraft zu setzen, aufzuheben oder zu widerrufen. Ziffer 4. regelt schließlich, dass die Klägerin ihre Rechte an beliebige Dritte abtreten kann. Auch aus diesen Vertragsbestimmungen ergibt sich, dass der Klägerin umfassende und ausschließliche Nutzungsrechte im Sinne von § 24 Abs. 1 S. 2 UrhG Österreich an dem Computerspiel eingeräumt werden.

Schließlich ergibt sich ein weiteres Indiz aus der Gestaltung der Umverpackung und der das Computerspiel enthaltenen CD. Auf dieser ist nämlich die Klägerin mit einem Copyright-Vermerk als "Publisher" benannt. Soweit die Vermutungswirkungen des § 10 Abs. 3 UrhG - wie im Streitfall - nicht greifen, kann ein Copyright-Vermerk insoweit jedenfalls als Indiztatsache herangezogen werden. Der Copyright-Vermerk deutet üblicherweise darauf hin, dass die dort bezeichnete Person Inhaber ausschließlicher Nutzungsrechte ist (vgl. Dreier / Schulze, § 10 UrhG, Rn. 62). Soweit sich neben der Klägerin auch die Fa. [Name] mit einem Copyright auf Verpackung und CD befindet, schadet dies nicht. Erstens deutet die Abwesenheit der Benennung weiterer Dritter darauf hin, dass keine weiteren Personen Rechte an der Software haben. Was das Verhältnis zwischen der Klägerin und der Fa. [Name] angeht, wird die letztere dort als Developer bezeichnet. Zwar lässt diese Differenzierung noch keinen zwingenden Schluss auf die konkreten Rechtsverhältnisse zwischen den Parteien zu, aber dafür sind die von der Klägerin vorgelegten Vertragsunterlagen heranzuziehen. Die auf dem CD-Cover als Berechtigte benannten Personen sind jene, die auch in den Verträgen bezeichnet werden, was die klägerische Behauptung zu ihrer Aktivlegitimation weiter stützt.

Darüber hinaus sind der Kammer, die im Rahmen der Konzentrationszuständigkeit für das gesamte Land Schleswig-Holstein für erst- und zweitinstanzliche Urheberrechtsstreitsachen zuständig ist, auch mehrere Parallelverfahren bekannt, in denen die Klägerin für das streitgegenständliche Spiel "[Name]" Rechtsverletzungen verfolgt und entsprechende Ansprüche gegen etwaige Verletzer erfolgreich geltend macht. Auch dies ist als Indiz für die Inhaberschaft ausschließlicher Nutzungsrechte zu werten.

Die vorgenannten Indiztatsachen hat die Beklagte nicht konkret entkräftet. Sie hat keine Umstände vorgebracht, aus denen sich ein Hinweis einer Rechteinhaberschaft einer anderen Person ergeben könnte.


2.

Auch die übrigen Voraussetzungen eines Anspruchs der Klägerin gegen die Beklagte gemäß § 97 Abs. 2 UrhG liegen vor.


a.

Die Beklagte hat die ausschließlichen Nutzungsrechte der Klägerin verletzt, indem sie das Computerspiel "[Name]" im Rahmen eines Filesharing-Programms am 21. und 22.10.2012 öffentlich zugänglich gemacht hat. Den entsprechenden Vortrag hat die Beklagte nicht angegriffen. So ist unstreitig, dass an den in der Anspruchsbegründung benannten zehn Zeitpunkten das streitgegenständliche Computerspiel unter Nutzung einer Internettauschbörse über den Internetzugang der Beklagten unbekannten Dritten zum Download angeboten wurde. Dies stellt eine Verwertungshandlung nach § 18a UrhG Österreich / § 19a deutsches UrhG dar, die ohne deren Einwilligung nur der Klägerin zustand.


b.

Die Beklagte haftet als Täterin. Wird ein geschütztes Werk der Öffentlichkeit von einer IP-Adresse aus zugänglich gemacht, die zum fraglichen Zeitpunkt einer bestimmten Person zugeteilt ist, so spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass diese Person für die Rechtsverletzung verantwortlich ist (vgl. BGH, Urteil vom 12: Mai 2010 - I ZR 121108 -, BGHZ 185, 330-341, Rn. 12). Dies gilt vorliegend auch für die Beklagte. Sie hat nicht geltend gemacht, dass ein Dritter für die Rechtsverletzung verantwortlich ist, so dass es auf die Erfüllung einer etwaigen sekundären Darlegungslast nicht ankommt. Im Übrigen hat ihr Ehemann in der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht angegeben, sich im betreffenden Zeitraum in stationärer Behandlung befunden zu haben.


c.

Die Verletzungshandlung war auch rechtswidrig und ist von der Beklagten schuldhaft begangen worden.


d.

Die Beklagte schuldet der Klägerin gemäß § 97 Abs. 2 UrhG Schadensersatz nach der Lizenzanalogie in Höhe von 500,00 EUR. Dieser Betrag ist unter Berücksichtigung aller Gesamtumstände, insbesondere vor dem Hintergrund der Gefährlichkeit des Filesharings sowie der Anzahl der Verletzungshandlungen angemessen. Auch ist unstreitig, dass sich die Klägerin eine einfache, weltweite Lizenz zum kostenlosen Vertrieb des Spiels über das Internet mit 5.000,00 EUR / Woche vergüten lassen würde.


e.

Des Weiteren hat die Klägerin gegen die Beklagte einen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Abmahnung vom 06.12.2012 in Höhe von 755,80 EUR nach § 97a Abs. 1 S. 2 a.F. UrhG. Die Höhe ergibt sich aus dem RVG in der bis zum 31.07.2013 geltenden Fassung (1,3 Gebühr nach Nr. 2300 VV RVG sowie 20,00 EUR Auslagenpauschale, Nr. 7001, 7002 VV RVG). Entgegen der Berechnung der Klägerin war für den Gegenstandswert nur ein Betrag von 15.000,00 EUR zugrunde zu legen (vgl. Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 14. Juni 2016, Az. 6 W 6/16, juris).


f.

Schließlich kann die Klägerin auch die anteiligen und unstreitigen Kosten für das Auskunftsverfahren nach § 101 Abs. 9 UrhG in Höhe von 20,78 EUR gemäß § 97 Abs. 2 UrhG als konkret kausale Schadensposition von der Beklagten beanspruchen.


g.

Die Zinsansprüche beruhen für die Abmahnkosten und den Schadensersatzanspruch nach der Lizenzanalogie auf Verzug gemäß §§ 280, 286, 288 BGB sowie für die Kosten des Auskunftsverfahrens auf §§ 291, 288 BGB.


3.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.


4.

Die Revision war nicht zuzulassen. Die Voraussetzungen nach § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Beurteilung, wann eine Aktivlegitimation auf Grundlage von Indizien anzunehmen ist, ist eine Frage der Beweiswürdigung im konkreten Einzelfall, so dass eine grundsätzliche Bedeutung nicht besteht. im Übrigen liegt auch keine Abweichung von der höchstrichterlichen Rechtsprechung vor.



[Name]

[Name]

[Name]




Beglaubigt
[Name], JAI'in
- maschinell erstellt ohne Unterschrift gültig - (...)





~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

LG Flensburg, Urteil vom 02.06.2017, Az. 8 S 14/16,
Vorinstanz: AG Pinneberg, Urteil vom 31.03.2016, Az. 73 C 190/15,
.rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR,
Berufung .rka Rechtsanwälte,
Klage .rka Rechtsanwälte,
Rechtsanwalt Nikolai Klute,
Aktivlegitimation,
Anforderungen an Vorlage Lizenzvertrag,
Mehrfachermittlung

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#11109 Beitrag von Steffen » Mittwoch 26. Juli 2017, 23:27

Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Das Amtsgericht Leipzig verurteilt Anschlussinhaberin aufgrund widersprüchlichen Vortrags und fehlenden Nachforschungen zur Zahlung eines Lizenzschadensersatzes in Höhe von 1.000,00 EUR sowie zur Erstattung der Rechtsverfolgungskosten


23:25 Uhr


Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen. Die vor dem Amtsgericht Leipzig gerichtlich in Anspruch genommene Anschlussinhaberin hatte die persönliche Begehung der streitgegenständlichen Rechtsverletzung bestritten.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

Beethovenstraße 12 | 80336 München
Telefon: 089 / 52 05 72 10 | Telefax: 089 / 52 05 72 30
E-Mail: web@waldorf-frommer.de | Web: www.waldorf-frommer.de




Bericht

Link:
https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... -sowie-zu/


Urteil als PDF:
https://news.waldorf-frommer.de/wp-cont ... 559_17.pdf




Autorin:

Rechtsanwältin Franziska Hörl



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Nachdem sie außergerichtlich noch behauptet hatte, alleine in ihrer Wohnung gelebt zu haben und arbeitslos gewesen zu sein, behauptete sie im gerichtlichen Verfahren nunmehr, dass neben ihr auch ihr Freund in der Wohnung gelebt und das Internet genutzt habe. Sie gehe zudem davon aus, zur streitgegenständlichen Zeit ihrer Arbeit nachgegangen zu sein. Ihr Computer, auf welchem ohnehin keine Filesharing-Software installiert gewesen sei, wäre zur Zeit der Rechtsverletzung abgeschaltet gewesen. Ob ihr Freund die Rechtsverletzung begangen habe, wisse sie nicht.

Das Amtsgericht sah die sekundäre Darlegungslast mit diesem Vorbringen bereits aufgrund der Widersprüchlichkeiten zwischen außergerichtlichem und gerichtlichem Sachvortrag als nicht erfüllt an. Zudem habe die Beklagte keinerlei Nachforschungen in Bezug auf die Rechtsverletzung angestellt und lediglich pauschal auf einen vermeintlichen "Hackerangriff" verwiesen.

"Der Vortrag der Beklagten ist zum einen schon widersprüchlich, nach dem sie ursprünglich vorgerichtlich noch behauptet hatte, allein gewohnt zu haben und arbeitslos zu sein, während sie nunmehr behauptet, ihr internetnutzender Freund habe damals die Wohnung mitgenutzt und sie sei einer Arbeitstätigkeit nachgegangen. Abgesehen davon, dass dieser Vortrag unsubstantiiert und widersprüchlich ist, hat die Beklagte offenbar keinerlei Nachforschungen in Bezug auf den behaupteten Verstoß angestellt. Darüber hinaus fehlt es an jeglichem Vortrag zur Anschlusssituation, zu den vorgehaltenen Geräten und auch zur konkreten Sicherung des Anschlusses. Noch vorgerichtlich ist wohl auch die Beklagte davon ausgegangen, dass ihr Anschluss "gehackt" wurde."


Im Ergebnis sei daher von der eigenen Verantwortlichkeit der Beklagten auszugehen. Zudem erachtete das Amtsgericht auch den geltend gemachten Lizenzschadensersatz in Höhe von 1.000,00 EUR für ein Filmwerk als angemessen:

"Entgegen der Auffassung der Beklagten ist ein Betrag von 1.000,00 EUR durchaus angemessen, um den aus der Verbreitung eines Filmwerkes unter Nutzung von Filesharing Software entstandenen Schaden abzugelten. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass bei Nutzung einer Filesharing Software der Film potentiell einer unbegrenzten Vielzahl von weiteren Nutzern zur Verfügung gestellt wird. Auch nach der ständigen Rechtsprechung der für Urheberrechtsstreitigkeiten zuständigen Kammer des Landgerichts sind 1.000,00 EUR angemessen, bei Zurverfügungstellung eines Filmwerkes unter Nutzung einer Filesharing-Software."


Das Amtsgericht verurteilte die Beklagte daher antragsgemäß zur Zahlung von Schadensersatz, zum Ersatz der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten sowie zur Übernahme der gesamten Verfahrenskosten.





"Auch die sogenannte "Afterlife"-Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 06.10.2016 hat nichts daran geändert, dass zu Lasten des Anschlussinhabers eine tatsächliche Vermutung seiner Täterschaft spricht."







AG Leipzig, Urteil vom 23.06.2017, Az. 118 C 1559/17



(...) - Ausfertigung -


Amtsgericht Leipzig
Zivilabteilung I



Aktenzeichen: 118 C 1559/17


Verkündet am: 23.06.2017
gez. [Name],
Urkundsbeamter/in der Geschäftsstelle



IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL




In dem Rechtsstreit


[Name],
- Klägerin -

Prozessbevollmächtigte: Waldort Frommer Rechtsanwälte, Beethovenstraße 12, 80336 München,



gegen


[Name],
- Beklagte -

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin [Name], 01277 Dresden,


wegen Urheberrecht



hat das Amtsgericht Leipzig durch Richter am Amtsgericht [Name] auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 24.05.2017 am 23.06.2017

für Recht erkannt:

1. Der Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Coburg, Az: [Aktenzeichen] wird aufrechterhalten.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch die Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.




Beschluss:
Der Streitwert wird auf 1.107,50 EUR festgesetzt.




Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Verpflichtung der Beklagten zur Bezahlung von Schadenersatz aus Urheberrechtsverletzung.

Die Klägerin behauptet, Inhaberin der Rechte am Film [Name] zu sein. In diese die Rechte der Klägerin hat die Beklagte eingegriffen, indem sie sowohl am [Datum] als auch am [Datum] diesen unter Nutzung einer Filesharing-Software der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt habe. Hierdurch sei der Klägerin ein Schaden entstanden, der jedenfalls mindestens 1.000,00 EUR ausmach. Darüber hinaus habe die Klägerin auch Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs.

Die Klägerin hat im Mahnverfahren Ansprüche auf Bezahlung in Höhe von 1.107,50 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten hieraus seit dem [Datum] geltend gemacht.

Wegen dieser Forderung erging ein Vollstreckungsbescheid, der der Beklagten am [Datum] zugestellt wurde. Am [Datum] hat die Beklagte gegen den Vollstreckungsbescheid Einspruch eingelegt.



Die Klägerin beantragt,
den Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Coburg aufrechtzuerhalten.



Die Beklagte beantragt,
den Vollstreckungsbescheid aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hatte ursprünglich außergerichtlich behauptet, die Wohnung zum Zeitpunkt des Verstoßes allein genutzt zu haben. Nunmehr behauptet sie, dass zum damaligen Zeitpunkt auch ihr Freund dort gewohnt habe. Nach dem sie ursprünglich behauptet hatte, zum Zeitpunkt des Verstoßes arbeitslos gewesen zu sein, behauptet die Beklagte nunmehr davon auszugehen, zum damaligen Zeitpunkt einer Arbeit nachgegangen zu sein und den Computer abgeschaltet zu haben. Ob der Freund die Rechtsverletzung begangen habe, wisse sie nicht. Auf ihrem Computer seien jedenfalls keine Filesharing-Programme. Da der Anschluss der Beklagten ordnungsgemäß gesichert gewesen sei, bestehe der geltend gemachte Anspruch nicht.


Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die von ihnen zur Akte gereichen Schriftsätze nebst deren Anlagen verwiesen.




Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist begründet.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Bezahlung von Schadenersatz in Höhe von 1.000,00 EUR aus § 97 UrhG zu.

Zugunsten der Klägerin spricht durch die Veröffentlichung im Internet mit dem dort enthaltenen Vermerk auf die Rechteinhaberschaft entsprechend § 10 Abs. 1 UrhG eine Vermutung, dass diese Urheber und Hersteller und damit Inhaber der Nutzungs- und Verwertungsrechte ist.

Die Beklagte hat in diese Rechte der Klägerin durch das Zurverfügungstellen des Filmes am [Datum] und [Datum] widerrechtlich eingegriffen.

Unstreitig war die Beklagte zum damaligen Zeitpunkt Inhaberin des Internetanschlusses mit angeschlossenem WLAN. Auch die sogenannte "Afterlife"-Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 06.10.2016 hat nichts daran geändert, dass zu Lasten des Anschlussinhabers eine tatsächliche Vermutung seiner Täterschaft spricht. Den Anschlussinhaber trifft in solchen Fällen eine sekundäre Darlegungslast. Er hat dabei zunächst vorzutragen, ob und wenn ja welche anderen Personen selbständigen Zugang zu dem Internetanschluss hatten, und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. Darüber hinaus hat er im Rahmen seiner Möglichkeiten auch Nachforschungen zu der Verletzungshandlung anzustellen. Dem wird der Vortrag der Beklagten nicht gerecht. Der Vortrag der Beklagten ist zum Einen schon widersprüchlich, nach dem sie ursprünglich vorgerichtlich noch behauptet hatte, allein gewohnt zu haben und arbeitslos gewesen zu sein, während sie nunmehr behauptet, ihr internetnutzender Freund habe damals die Wohnung mitgenutzt und sie sei einer Arbeitstätigkeit nachgegangen. Abgesehen davon, dass dieser Vortrag unsubstantiiert und widersprüchlich ist, hat die Beklagte offenbar keinerlei Nachforschungen in Bezug auf den behaupteten Verstoß angestellt. Darüber hinaus fehlt es an jeglichem Vortrag zur Anschlusssituation, zu den vorgehaltenen Geräten und auch zur konkreten Sicherung des Anschlusses. Noch vorgerichtlich ist wohl auch die Beklagte davon ausgegangen, dass ihr Anschluss "gehackt" wurde.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist ein Betrag von 1.000,00 EUR durchaus angemessen, um den aus der Verbreitung eines Filmwerkes unter Nutzung von Filesharing-Software entstandenen Schaden abzugelten. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass bei Nutzung einer Filesharing-Software der Film potentiell einer unbegrenzten Vielzahl von weiteren Nutzern zur Verfügung gestellt wird. Auch nach der ständigen Rechtsprechung der für Urheberrechtsstreitigkeiten zuständigen Kammer des Landgerichts sind 1.000,00 EUR angemessen, bei Zurverfügungstellung eines Filmwerkes unter Nutzung einer Filesharing-Software. Bezüglich der Rechtsverfolgungskosten stellen diese, soweit sie auf den Schadenersatzanspruch gestützt werden, eine Nebenforderung dar. Die weiteren Rechtsanwaltskosten sind im Hinblick auf den nicht mehr geltend gemachten Unterlassungsanspruch nunmehr Hauptforderung und werden im Rechtsstreit auch als solche geltend gemacht.


Die Nebenforderungen rechtfertigen sich aus §§ 286,288 BGB.


Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.


Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgen aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.




Rechtsbehelfsbelehrungen:

Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,

a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder

b) wenn die Berufung durch das Amtsgericht Leipzig zugelassen worden ist


Der Wert des Beschwerdegegenstandes ist glaubhaft zu machen.

Die Berufung muss binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich oder in elektronischer Form mit einer qualifizierten Signatur im Sinne des Signaturgesetzes beim

Landgericht Leipzig,
Harkortstraße 9,
04107 Leipzig


eingegangen sein.


Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich oder in elektronischer Form gegenüber dem Landgericht Leipzig zu begründen. Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Leipzig durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen Berufungs- und Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.

Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

Soweit in diesem Urteil der Streitwert festgesetzt wurde, ist gegen diesen Beschluss das Rechtsmittel der Beschwerde für jede Partei, die durch diesen Beschluss in ihren Rechten benachteiligt ist, zulässig,

- wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder

- das Amtsgericht Leipzig die Beschwerde in diesem Beschluss zugelassen hat.


Die Beschwerde ist schriftlich oder durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle beim

Amtsgericht Leipzig,
Bernhard-Göring-Straße 64,
04275 Leipzig


einzulegen. Die Beschwerdeschrift ist zu unterzeichnen. Die Erklärung über die Beschwerde kann auch zu Protokoll der Geschäftsstelle eines jeden anderen Amtsgerichts abgegeben werden, wobei die Beschwerdefrist nur dann als gewahrt gilt, wenn die Erklärung rechtzeitig bei dem Amtsgericht Leipzig eingeht. Die Beschwerde kann auch in elektronischer Form mit einer qualifizierten elektronischen Signatur im Sinne des Signaturgesetzes eingereicht werden. Eine bloße E-Mail genügt hierfür nicht. Die Beschwerdeschrift muss die Bezeichnung des Beschlusses, gegen den sie gerichtet ist, sowie die Erklärung, dass gegen diesen Beschluss Beschwerde eingelegt werde, enthalten. Die Gerichtssprache ist deutsch.



Beschwerdefrist:

Die Beschwerde muss binnen sechs Monaten nach Rechtskraft der Hauptsache oder deren anderweitiger Erledigung bei dem Amtsgericht Leipzig eingegangen sein. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, muss sie innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses bei dem Amtsgericht Leipzig eingegangen sein. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.



[Name]
Richter am Amtsgericht



Für den Gleichlaut der Ausfertigung mit der Urschrift:
Leipzig, 26.06.2017
[Name], Justizobersekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (...)






~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



AG Leipzig, Urteil vom 23.06.2017, Az. 118 C 1559/17,
Klage Waldorf Frommer,
Waldorf Frommer Rechtsanwälte,
Rechtsanwältin Franziska Hörl,
widersprüchlicher Sachvortrag,
pauschaler Sachvortrag,
sekundäre Darlegungslast,
Nachforschungspflichten,
Vollstreckungsbescheid,
Einspruch gegen Vollstreckungsbescheid,
Hackerangriff

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#11110 Beitrag von Steffen » Donnerstag 27. Juli 2017, 21:13

Wilde, Beuger, Solmecke Rechtsanwälte (Köln): Anschluss zweimal ermittelt - Das Amtsgericht Köln weist RKA Klage trotzdem ab (keine "echte" Mehrfachermittlung)


21:10 Uhr


In einem von unserer Kanzlei geführten Verfahren wegen Filesharings hat das AG Köln entschieden, dass auch die zweimalige Ermittlung eines Anschlusses nicht genügt, wenn beide Male dieselbe IP-Adresse ermittelt wurde. Die Musikindustrie darf es sich hier nicht zu leicht machen.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Bild

Rechtsanwalt Christian Solmecke, LL.M.



WILDE BEUGER SOLMECKE Rechtsanwälte GbR

Kaiser-Wilhelm-Ring 27-29 | 50672 Köln
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Bericht

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Urteil als PDF:
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Bei unserem Mandanten handelte es sich um einen Familienvater. Dieser hatte eine Abmahnung von der Hamburger Kanzlei rka Rechtsanwälte im Auftrag der Koch Media GmbH erhalten. rka Rechtsanwälte behauptete in der Abmahnung, dass der Mann das Computerspiel "Dead Island" über eine Tauschbörse im Internet verbreitet habe. Diese Urheberrechtsverletzung sei an einem Tage sowohl um 12.52 Uhr als auch um 14.13 Uhr festgestellt worden. Dabei sei jeweils die gleiche IP-Adresse ermittelt worden. Die Abmahnkanzlei forderte daher von unserem Mandanten 640,20 EUR Schadensersatz sowie Ersatz der Abmahnkosten in Höhe von 859,80 EUR.

Das Amtsgericht (AG) Köln hat die Klage gegen unseren Mandanten nun aber abgewiesen (Urteil vom 13.07.2017, Az. 148 C 130/17).



Amtsgericht Köln: Anschluss wurde nicht richtig ermittelt

Ein Anspruch auf Schadensersatz scheitere daran, dass der möglicherweise nicht der richtige Anschluss ermittelt worden war. Dies sei auch bei zwei Ermittlungszeitpunkten zweifelhaft, wenn zweimal dieselbe IP-Adresse ermittelt worden ist. Auch, wenn zwei Abfragen innerhalb eines kürzeren Zeitraums erfolgt sind, handelt es sich in diesem Fall daher nur um die Einfachermittlung eines Anschlusses. Im konkreten Fall hätte aber eine echte Mehrfachermittlung durchgeführt werden müssen.

Bei der Einfachermittlung eines Anschlusses gibt es nämlich viele Fehlerquellen. Ein Fehler kann etwa bei der Zuteilung und dem Erfassen der IP-Adresse, aber auch bei der dauerhaften Speicherung sowie Zuordnung durch den Provider unterlaufen. Es handelt sich hier um einen Massenverfahren, bei dem keine Kontrolle der einzelnen Arbeitsvorgänge erfolgt. Auch eine bewusste Manipulation der Auskunft durch das Personal des Providers ist denkbar. Anders ist das lediglich bei der echten Mehrfachermittlung. Diese zeichnet sich dadurch aus, dass zu unterschiedlichen Zeitpunkten mehrere IP-Adressen ermittelt werden, die dem gleichen Anschlussinhaber zugeordnet worden sind. Nur in dieser Situation kann normalerweise davon ausgegangen werden, dass weder bei der Ermittlung der IP-Adresse noch bei der Ermittlung des Anschlussinhabers durch den Provider ein Fehler unterlaufen ist.

Die bei der Ermittlung einer einzigen IP-Adresse bestehende Unsicherheit hinsichtlich der Zuordnung geht natürlich zu Lasten der Musikindustrie. Zu bedenken ist, dass Rechteinhaber normalerweise einem Täter mehrere Rechtsverletzungen nachweisen kann, die zu dieser zu verschiedenen Zeiten begangen hat. Dies ist jedoch mit einem höheren Ermittlungsaufwand verbunden. Dass die Musikindustrie diesen scheut, darf nicht zum Nachteil des abgemahnten Anschlussinhabers gehen.



Fazit

Dass die Ermittlung einer einzelnen IP-Adresse in der Regel nicht genügt, hat das Amtsgericht Köln bereits schon mehrfach festgestellt zugunsten unserer Mandanten festgestellt. Dabei handelt es sich um unterschiedliche Abteilungen des Amtsgerichtes. Zu erwähnen ist etwa ein Urteil des AG Köln vom 06.07.2017 (Az. 137 C 32/17), ein Urteil des AG Köln vom 22.06.2017 (Az. 148 C 23/17), ein Urteil des AG Köln vom 28.06.2017 (Az. 125 C 571/16) sowie ein Urteil des AG Köln vom 06.10.2016 ( Az. 137 C 121/15). Weiterführende Informationen können Sie unserem Beitrag "Einfachermittlung beim Filesharing reicht nicht - AG Köln weist Klage ab" entnehmen.

Dass es bei der Ermittlung einer einzelnen IP-Adresse schnell zu Ermittlungsfehlern mit weitreichenden Folgen kommt, ergibt sich aus einem Urteil des AG Köln vom 02.05.2016 (Az. 137 C 450/15). Das Gericht ging von einer Fehlerquote bis zu 50% aus. In dem Text "Filesharing - Einmalige Ermittlung von IP Adresse reicht nicht wegen hoher Fehlerquote" erfahren Sie Näheres.

Die Abmahnindustrie darf nicht den Aufwand scheuen, der mit einer Mehrfachermittlung des Anschlusses verbunden ist. Ansonsten geht sie das Risiko ein, dass Unschuldige in die Fänge der Abmahnindustrie geraten. (hab)








AG Köln, Urteil vom 13.07.2017, Az. 148 C 130/17



(...) - Beglaubigte Abschrift -

148 C 130/17

Verkündet am 13.07.2017
[Name], Justizbeschäftigte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle



Amtsgericht Köln

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil




In dem Rechtsstreit


[Name],
Klägerin,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte .rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR, Johannes-Brahms-Platz 1, 20355 Hamburg,



gegen


[Name],
Beklagten,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Wilde, Beuger, Solmecke, Kaiser-Wilhelm-Ring 27-29, 50672 Köln,





hat das Amtsgericht Köln auf die mündliche Verhandlung vom 22.06.2017 durch den Richter am Amtsgericht [Name]

für Recht erkannt:

Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.





Tatbestand:

Der Beklagte ist der Inhaber des Internetanschlusses in seinem Haushalt. Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 21.02.2013 ließ die Klägerin den Beklagten abmahnen, weil dieser am 24.11.2013 um 12:52:33 Uhr und 14:13:05 Uhr die ihr an dem Computerspiel "[Name]" zustehenden Rechte verletzt haben soll.

Die Klägerin behauptet, dass die Rechtsverletzung unter der ermittelten IP Adresse begangen worden sei und der Internetanbieter auf ihre Anfrage dahingehend Auskunft erteilt habe, dass die IP Adresse [IP-Adresse] zu den genannten Zeitpunkten dem Internetanschluss des Beklagten zugeordnet gewesen sei.

Die Klägerin behauptet Inhaberin der ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrechte an dem streitgegenständlichen Computerspiel zu sein. Der Beklagte habe dieses in einem Peer-to-Peer-Netzwerk im Wege des Filesharing anderen Nutzern dieses Netzwerkes zum kostenlosen Herunterladen angeboten. Dies sei zuverlässig ermittelt worden. Der Internetdienstanbieter habe zudem zutreffend Auskunft über die Identität des verantwortlichen Anschlusses erteilt.

Die Klägerin ist der Ansicht ihr stehe ein im Wege der Lizenzanalogie zu ermittelnder Schadensersatzanspruch in Höhe von 640,20 EUR sowie ein Anspruch auf Ersatz der ihr im Rahmen der Abmahnung entstandenen Anwaltskosten von 859,80 EUR zu (1,3 Geschäftsgebühr aus einem Streitwert von 20.000,00 EUR zzgl. 20,00 EUR Auslagenpauschale).



Die Klägerin beantragt,
die Beklagtenseite zu verurteilen, an die Klägerseite 859,80 EUR und 640,20 EUR jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 05.03.2013 zu zahlen.



Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Der Beklagte behauptet, die ihm vorgeworfene Rechtsverletzung nicht begangen zu heben. Das streitgegenständliche Spiel sei ihm bis zum heutigen Zeitpunkt unbekannt. Zur angeblichen Tatzeit hätten neben ihm auch seine mit ihm zusammenlebende namentlich benannte Ehefrau sowie seine ebenfalls mit ihm zusammenlebenden namentlich benannten Söhne Zugriff auf den Internetanschluss gehabt. Die Familie verfüge über 2 Desktop-Computer sowie einen Laptop, der ausschließlich von der Ehefrau des Beklagten genutzt werde. Das Nutzungsverhalten aller habe sich hauptsächlich auf die Nutzung von Skype, Facebook und Youtube bezogen. Alle Familienmitglieder hätten ausgesagt, mit der Abmahnung nichts anfangen zu können und das streitgegenständliche Werk nicht geteilt zu haben. Gleichwohl könne nicht ausgeschlossen werden, dass einer der genannten Personen die Computer für Filesharing genutzt habe. Der Beklagte behauptet er habe seine Kinder hinsichtlich der illegalen Nutzung von Filesharing-Software belehrt.

Der Beklagte bestreitet ausdrücklich, dass zu dem streitgegenständlichen Zeitpunkt unter der angegebenen IP-Adresse die streitgegenständlichen Dateien zum Herunterladen verfügbar gemacht worden seien. Zudem bestreitet er, dass die genannte IP-Adresse im streitgegenständlichen Zeitraum seinem Anschluss zugeordnet gewesen sei.


Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien verwiesen.




Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Klägerin stehen die begehrten Ansprüche nicht zu. Der Beklagte ist nicht passivlegitimiert.

Es fehlt an einer tatsächlichen Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers, da es insoweit bereits an einer zuverlässigen Zuordnung der angeblich ermittelten IP-Adresse zum Anschluss des Beklagten fehlt.

Ermittelt wurde nur eine einzige IP-Adresse, weshalb sich der vorliegende Sachverhalt als Einzelermittlung darstellt. Es scheint sich zudem um einen einheitlichen Ermittlungsvorgang zu handeln, so dass eine fehlerhafte Ermittlung nicht von vorneherein ausgeschlossen ist. Fehler der Ermittlung oder Zuordnung, die eine Vielzahl von Ursachen haben können, können, anders als bei Ermittlung einer Vielzahl von Rechtsverletzungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten mit unterschiedlichen IP-Adressen, bei einzelnen Ermittlungsvorgängen niemals völlig ausgeschlossen werden. Diese Unsicherheit geht zu Lasten der Klägerin.

Zwar wäre hinsichtlich der Ermittlung der IP-Adresse gegebenenfalls ein Sachverständigengutachten einzuholen, da die Klägerin die Begutachtung des gespeicherten Datenverkehrs durch einen Sachverständigen als Beweis anbietet. Hinsichtlich der zutreffenden Zuordnung der IP-Adresse zum Anschluss des Beklagten fehlt aber jegliches Beweisangebot der Klägerseite.

Die Klägerseite beruft sich diesbezüglich darauf, dass die Zugehörigkeit der angeblich ermittelten IP-Adresse zum Beklagtenanschluss zu zwei Zeitpunkten abgefragt worden sei und geht wohl davon aus, dass eine mehrfache Falschzuordnung, die zufällig stets zum gleichen "unzutreffenden" Ergebnis führen sollte, ausgeschlossen ist.

Dieser Einschätzung vermag das Gericht nicht zu folgen. Nach Auffassung des Gerichts gelangt man zu einer solchen Feststellung nur in den Fällen, in denen der Zuordnung der Rechtsverletzung in tatsächlicher Hinsicht verschiedene IP-Adressen zu Grunde liegen.

Zunächst ist das Gericht der Auffassung, dass das einfache Bestreiten des Beklagten hinsichtlich der Fehlerfreiheit der Zuordnung der IP-Adresse zu seinem Anschluss beachtlich ist.

Dem Gericht ist bekannt, dass teilweise die Auffassung vertreten wird, der Anschlussinhaber müsse die Richtigkeit der Zuordnung der ermittelten IP-Adresse zu seinem Anschluss substantiiert in Frage stellen und mögliche Fehlerquellen bzw. Ungereimtheiten aufzeigen. Auch die Auffassung der 14. Kammer des Landgerichts Köln hinsichtlich einer Einfachermittlung ist bekannt. Hierauf wurden die Parteien im Rahmen der mündlichen Verhandlung auch explizit hingewiesen und es wurde der Abschluss eines Vergleiches nahegelegt, was jedoch ohne Erfolg geblieben ist.

Jedenfalls in Fällen wie dem vorliegendem ist das Gericht nicht im erforderlichen Maß von der Fehlerfreiheit der Ermittlung und insbesondere Zuordnung der Rechtsverletzung zum Anschluss des Beklagten überzeugt. Der Beklagte ist an dem Verfahren zur Auskunftserteilung durch den Internetprovider nicht beteiligt und er hat überhaupt keinen Einblick in diese Vorgänge. Insofern könnte sich eine entsprechende Verpflichtung zu substantiierten Vortrag nur auf Umstände beziehen, die Gegenstand. der Wahrnehmung des Beklagten gewesen sind. Hierzu trägt der Beklagte jedoch gerade vor, indem er darlegt, dass eine Rechtsverletzung über seinen Anschluss im streitgegenständlichen Zeitraum nicht erfolgt ist.

Zudem dürfte sich die Forderung nach einem substantiierten Bestreiten der richtigen Zuordnung der IP-Adresse auch nur auf Fälle einer "echten" Mehrfachzuordnung der IP-Adresse durch den Internetprovider beziehen, bei denen zur Überzeugung des Gerichts nach § 286 Abs. 1 ZPO allein aufgrund der Mehrfachzuordnung feststeht, dass die IP-Adressen zu den fraglichen Zeiten dem Anschluss des Beklagten zugewiesen waren. In diesen Fällen müsste der Beklagte durch substantiierten Vortrag dazu, warum die Auskunft des Providers trotzdem falsch sein sollte, die Überzeugungsbildung des Gerichts erst wieder durchbrechen. Dies ist vorliegend jedoch gerade nicht der Fall, wie im Folgenden aufzuzeigen sein wird.

Allein anhand der Auskunft des Internetproviders zur Zuordnung ein und derselben IP-Adresse zu den beiden genannten Zeiten, steht nicht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die besagte IP-Adresse im fraglichen Zeitraum tatsächlich dem Internetanschluss des Beklagten zugeordnet gewesen ist.

Nach § 286 Abs. 1 ZPO hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der mündlichen Verhandlung und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine Behauptung für wahr oder unwahr zu erachten ist.

Weniger als die Überzeugung von der Wahrheit reicht für das Bewiesensein nicht aus: ein bloßes Glauben, Wähnen, Fürwahrscheinlichhalten berechtigt den Richter nicht zur Bejahung des streitigen Tatbestandsmerkmals; umgekehrt kann er nicht verpflichtet sein, entgegen seiner Überzeugung von einem objektiv wahrscheinlichem Sachverhalt auszugehen. Objektive Wahrscheinlichkeitserwägungen können allenfalls Grundlage und Hilfsmittel für die Überzeugungsbildung sein; hinzukommen muss die subjektive persönliche Entscheidung des Richters, ob er die streitige Tatsachenbehauptung als wahr erachten kann (BGH NJW 2014, 71). Dass er sie nur für "eher wahr als falsch" hält, also eine "überwiegende Überzeugung" genügt (so Schweizer a.a.O. S. 482 ff.), entspricht weder dem Gesetz noch dem Wesen der Überzeugung. Beweismaßlehren, die auf bloße Wahrscheinlichkeitsgrade abstellen (Kegel FG Kronstein, 1967, S 321 ff; Maassen, Beweismaßprobleme im Schadensersatzprozess, 1975, S. 153 ff.) finden im Gesetz ebenfalls keine Stütze und führen letztlich zur legalen Beweistheorie zurück (Katzenmeier ZZP 117 [2004], 193 f. m.w.N.). Sie sind auch unvereinbar mit der Aufgabe des Beweises, die größtmögliche Übereinstimmung zwischen dem vom Gericht beurteilten und dem wahren Sachverhalt zu gewährleisten, führen zur Ausuferung der materiell-rechtlichen Anspruchsgrundlagen (Baumgärtel in Grundlagen des ZPR, S. 563) und verwässern das gesetzliche System der Beweislast (MK / Prütting Rn 38 f.; Leipold, Beweismaß u. Beweislast im ZP, 1985, S. 8; Katzenmeier ZZP 117 [2004], 213 ff. m.w.N.). Nach Habscheid (FS Baumgärtel, 1990, S. 118 f.) rühren sie an die Wurzeln des Rechtsstaats (vgl. Greger in: Zöller, Zivilprozessordnung, 31. Aufl. 2016, § 286 ZPO).

Mehr als die subjektive Überzeugung wird aber nicht gefordert. Absolute Gewissheit zu verlangen, hieße die Grenze menschlicher Erkenntnisfähigkeit zu ignorieren (Prütting a.a.O. § 8). Dass die Sachverhaltsfeststellung durch das Abstellen auf das persönliche Überzeugtsein mit subjektiven Einflüssen belastet wird, ist im Bereich menschlichen Richtens unvermeidbar. Der Richter muss nach der Feststellung der Wahrheit streben, darf sie aber nicht zur Voraussetzung seiner Entscheidung machen (Katzenmeier ZZP 117 [2004], 195 f, 201 f. m.w.N.). Rechtsfehlerhaft ist es daher, einen Beweis deswegen als nicht erbracht anzusehen, weil keine absolute, über jeden denkbaren Zweifel erhabene Gewissheit gewonnen werden konnte. Der Richter muss sich vielmehr mit einer "persönlichen Gewissheit" begnügen, welche den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (BGHZ 53, 245, 256 = NJW 70, 946; BGHZ 61, 169 = NJW 73, 1925; NJW 93, 935, 937; 2012, 392; 2014, 71, zitiert nach Greger in: Zöller, Zivilprozessordnung, 31. Aufl. 2016, § 286 ZPO).

Bei einer "echten" Mehrfachzuordnung einer IP-Adresse zu einem Internetanschluss, d.h. wenn verschiedene IP-Adressen zu unterschiedlichen Zeiträumen, bestenfalls im Rahmen verschiedener Anfragen an den Provider, jeweils ein und demselben Internetanschluss zugeordnet werden, liegt zwar keine absolute, über jeden denkbaren Zweifel erhabene Gewissheit vor, vernünftigen Zweifeln an der Richtigkeit der Zuordnung wird jedoch Schweigen geboten. Eine fehlerhafte Zuordnung könnte in diesen Fällen nicht mit einem einfachen Fehler erklärt werden, da dieser nicht stets zu dem gleichen, falschen Ergebnis führen würde,

Dies ist bei der Zuordnung ein und derselben IP-Adresse in zeitlich enger Abfolge aber gerade nicht der Fall. Es würde bereits eine falsche Erfassung der IP-Adresse oder ein Speicherfehler beim Internetanbieter für den zugrunde liegenden einheitlichen Datenverarbeitungsvorgang ausreichen, um in beiden Fällen zum gleichen, falschen Ergebnis zu kommen. Fehler können vorliegend auch nicht ausgeschlossen werden, da die Zeitpunkte über die Auskunft erteilt worden ist, jeweils zu Beginn bzw. gegen Ende der angeblich ermittelten Rechtsverletzung zu liegen scheinen und damit gegebenenfalls in unmittelbarer zeitlicher Nähe mit der Zuteilung und dem Entzug der IP-Adresse. In diesem zeitlichen Zusammenhang wird aber auch die Fehlerwahrscheinlichkeit am höchsten sein.

Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass Programme der Datenverarbeitung zum Teil fehlerhaft arbeiten. Auch der Internetprovider arbeitet im Rahmen der Erfassung und Speicherung der Daten mit eben solchen Datenverarbeitungsprogrammen. Die Fehlerquellen können dabei durchaus vielfältig sein. Es kann ein Anwendungsfehler zu der falschen Zuordnung der IP-Adresse führen. Es kann aber auch ein systemischer Fehler vorliegen. Der Fehler kann im Zeitpunkt der Rechtsverletzung bei der Zuteilung und dem Erfassen der IP-Adresse, aber auch bei deren dauerhafter Speicherung und im Rahmen der Abfrage und Auskunftserteilung geschehen. Auch liegt es gerade bei der automatisierten Bearbeitung von Anfragen im Rahmen von Massenverfahren besonders nahe, dass ein Fehler passiert und unbemerkt bleibt, da in der Regel keine Kontrolle der abgerufenen Daten erfolgt. Es ist auch gerichtsbekannt, dass es durchaus zur fehlerhaften Erfassung von Telekommunikationsdaten kommt. Als Beispiel können nachweislich fehlerhafte Abrechnungen über Telekommunikationsdienstleistungen genannt werden, die schließlich auch auf der elektronischen Erfassung von Telekommunikationsdaten durch die Anbieter basieren. Soweit ersichtlich geht die Rechtsprechung in diesen Fällen nicht davon aus, dass das einfache Bestreiten hinsichtlich der Richtigkeit der erfassten, gespeicherten und ausgewerteten Daten ohne Belang ist; da die Fehlerwahrscheinlichkeit so gering ist, dass vernünftigen Zweifeln an der Richtigkeit der Daten schweigen geboten wird.

Auch an und für sich zuverlässig arbeitende Software kann, etwa bedingt durch Serverprobleme, Updates oder sonstige Arbeiten am Programm fehlerhafte Arbeitsergebnisse liefern. Dies ist ebenfalls gerichtsbekannt und wird von Personen die mit den Datenbanken und Textverarbeitungsprogrammen der Justiz arbeiten, die auch grundsätzlich funktionieren, schlechterdings nicht geleugnet werden können.

Bei der Auskunft zu ein und derselben IP-Adresse im Rahmen einer Anfrage kann schließlich auch eine bewusste Manipulation der Auskunft durch das Personal des Internetproviders nicht ausgeschlossen werden, denn durch den zeitlichen Zusammenhang und die gleiche IP-Adresse im Rahmen einer Anfrage, ist es für Dritte mit dem entsprechenden Sachverstand ohne weiteres ersichtlich, dass die IP-Adresse zu diesen beiden Zeitpunkten ein und demselben Anschluss zugeordnet gewesen sein muss. Auch dies ist bei der "echten" Mehrfachermittlung und Zuordnung einer IP-Adresse, bestenfalls im Rahmen unterschiedlicher Anfragen an den Provider, ausgeschlossen oder zumindest wesentlich schwerer.

Es mag durchaus unwahrscheinlich sein, dass die IP-Adresse vorliegend falsch abgespeichert worden ist, ein anderweitiger Fehler im Rahmen der Auskunftserteilung gemacht worden ist oder gar Manipulationen für eine fehlerhafte Zuordnung der IP-Adresse verantwortlich sind. Insgesamt existiert jedoch eine Vielzahl von Fehlerquellen, weshalb bei der Zuordnung einer IP-Adresse, die auf einem einheitlichen Datenerfassungs- und Telekommunikationsvorgang basiert, relevante Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses verbleiben. Das bloße Fürwahrscheinlichhalten reicht nach dem oben Gesagten zur Überzeugungsbildung des Gerichts gerade nicht aus. Anderenfalls würde ein bloßes Glauben, Wähnen und Fürwahrscheinlichhalten zum Maßstab für die Überzeugungsgewinnung.

Fakt ist, dass sich die beiden Zuordnungen auf ein und dieselbe IP-Adresse in zeitlich unmittelbaren Zusammenhang beziehen. Die einheitliche Ermittlung der Rechtsverletzung wird auf der Ebene der Providerauskunft sozusagen künstlich durch das Abstellen auf 2 unterschiedliche Zeitpunkte aufgespalten und somit zum Gegenstand .von zwei Anfragen an den Provider gemacht, die allerdings zeitgleich erfolgen. Damit liegt der Auskunft des Provider aber auch nur ein und derselbe Datenverarbeitungsvorgang zugrunde und es erscheint nicht mit der notwendigen Gewissheit ausgeschlossen, dass nicht ein einziger Fehler zur fehlerhaften Zuordnung der Daten führen kann. Der Fall unterscheidet sich daher nicht wesentlich von der reinen Einfachzuordnung einer IP-Adresse; die ebenfalls nicht für die Überzeugungsbildung des Gerichts genügt. Jedenfalls reicht der Glaube des Gerichts an die elektronische Datenverarbeitung nicht so weit, dass vernünftigen Zweifeln an der richtigen Zuordnung der IP-Adressen im vorliegenden Fall Schweigen geboten wäre.

Dies widerspricht nach Auffassung des Gerichts auch nicht der Rechtsprechung des BGH. In seiner Entscheidung Tauschbörse I führt der BGH unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Berufungsgerichts folgendes aus:

"Das Berufungsgericht hat angenommen, es lägen keine Umstände vor, die generell gegen die Zuverlässigkeit der in diesem Verfahren gegebenen Auskünfte sprächen. Die Richtigkeit der Auskunft könne nicht dadurch in Zweifel gezogen werden, dass bei Ergänzungen oder Bearbeitungen der Tabelle theoretisch eine Fehlzuordnung ganzer Datensätze erfolgt sein könne oder sogar Manipulationen durch die im Auftrag der Deutsche Telekom AG tätigen unbekannten Mitarbeiter stattgefunden haben könnten. Zwar erschienen bewusste oder unbewusste Fehler nicht schlechthin undenkbar. Solche Fehler lägen im Streitfall bei Würdigung aller Umstände jedoch fern. Nach den Bekundungen des Zeugen K., Leiter der Dienststelle ReSA der Deutsche Telekom AG, sei anzunehmen, dass Anfragen der Staatsanwaltschaft bei der ReSA seinerzeit grundsätzlich gewissenhaft und zuverlässig bearbeitet worden seien. Es sei auch davon auszugehen, dass die mit der Bearbeitung derartiger Anfragen befassten Personen sogar im Fall einer etwaigen Eingabe per Hand von Kundendaten in Anbetracht der ihnen bekannten strafprozessualen Konsequenzen für die Betroffenen bemüht gewesen seien, Fehlzuordnungen tunlichst zu vermeiden. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung stand."

(BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 19/14 -, Rn. 39, juris)


In dem vom BGH entschiedenen Fall ging es demnach um die Zuordnung ganzer Datensätze, die auf staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen basierte. Das Berufungsgericht stellte darauf ab, dass gerade in Anbetracht der strafprozessualen Konsequenzen, davon auszugehen sei, dass die Betroffenen bemüht gewesen seien, Fehlzuordnungen tunlichst zu vermeiden. Es ging zudem nicht um die Zuordnung einer einzigen Rechtsverletzung, sondern um 5.080 Audiodateien. Insofern ist der zugrunde liegende Sachverhalt bereits nicht mit dem streitgegenständlichen Fall vergleichbar. Zudem trifft der BGH keine eigene tatrichterliche Entscheidung, sondern überprüft die Entscheidungen der Vorinstanzen lediglich auf revisibele Rechtsfehler. Aus der Rechtsprechung des BGH ist nach Auffassung des Gerichts nicht der Grundsatz abzuleiten, dass bei jeder Auskunft der Internetprovider stets von der Richtigkeit der Zuordnung der IP-Adresse auszugehen ist. Insofern kommt es vielmehr stets auf den jeweiligen Sachverhalt und die darauf basierende Überzeugungsbildung des Tatrichters an, die sich einer schematischen Betrachtung entzieht.

Auch der Umstand, dass die Richtigkeit der erteilten Auskunft durch den Provider nicht Gegenstand der Wahrnehmung der Klägerseite ist und diese gegebenenfalls in Beweisprobleme kommt, vermag zu keinem anderen Ergebnis führen. Zum einen können etwaige Beweisprobleme einer Partei nicht das Maß der Überzeugungsbildung des Gerichts bestimmen. Zum anderen ist gerichtsbekannt, dass in einer Vielzahl von Fällen auch der Nachweis mehrerer Rechtsverletzungen zu verschiedenen Zeiten über unterschiedliche IP-Adressen gelingt. Dadurch dass sich die Klägerin allein auf eine Rechtsverletzung stützt, erspart sie sich auch entsprechenden Ermittlungsaufwand, was aber nicht zum Nachteil der jeweiligen Anschlussinhaber führen kann.

Eine Haftung als Störer kommt ebenfalls nicht in Betracht, da eine Rechtsverletzung über den Internetanschluss des Beklagten, aufgrund der nicht feststehenden Zuverlässigkeit des Ermittlungsvorgangs, nicht bewiesen ist, ist es bereits unerheblich, ob der Internetzugang des Beklagten im angeblichen Verletzungszeitpunkt ordnungsgemäß gesichert gewesen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt §§ 708, 711 ZPO.

Der Streitwert wird auf 1.500,00 EUR festgesetzt.



Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,

1. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
2. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.

Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem

Landgericht Köln,
Luxemburger Str. 101,
50939 Köln,


eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.

Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Köln zu begründen.

Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.

Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.



[Name]
Richter am Amtsgericht (...)




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AG Köln, Urteil vom 13.07.2017, Az. 148 C 130/17,
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Rechtsanwalt Christian Solmecke,
WILDE BEUGER SOLMECKE Rechtsanwälte GbR,
Einfachermittlung,
Beweiswürdigung Tatrichter

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#11111 Beitrag von Steffen » Freitag 28. Juli 2017, 16:45

Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Amtsgericht Charlottenburg - Unsubstantiierte Verweise auf Dritte ohne konkreten Bezug zur Rechtsverletzung reichen nicht aus, um den Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast in Tauschbörsenverfahren zu genügen


16:40 Uhr


Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen. Der in diesem Verfahren vor dem Amtsgericht Charlottenburg in Anspruch genommene Beklagte hatte seine eigene Verantwortlichkeit für den illegalen Upload eines Filmwerks bestritten und darauf verwiesen, dass neben ihm auch dessen Ehefrau und seine beiden Kinder (damals 16 und 18 Jahre) Zugriff auf den Internetanschluss gehabt hätten. Sämtliche Personen hätten auf Nachfrage jedoch angegeben, für die Rechtsverletzung nicht verantwortlich zu sein. Zudem verwies der Beklagte darauf, dass im Tatzeitraum im Rahmen von Besuchen auch Freunde der Kinder den Internetanschluss hätten nutzen können.



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WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

Beethovenstraße 12 | 80336 München
Telefon: 089 / 52 05 72 10 | Telefax: 089 / 52 05 72 30
E-Mail: web@waldorf-frommer.de | Web: www.waldorf-frommer.de




Bericht

Link:
https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... gslast-in/


Urteil als PDF:
https://news.waldorf-frommer.de/wp-cont ... 360_16.pdf




Autorin

Rechtsanwältin Anamaria Scheunemann



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Schließlich machte der Beklagte die Ausnutzung einer vermeintlichen Sicherheitslücke am Router für die Rechtsverletzung verantwortlich und bestritt die Aktivlegitimation der Klägerin mit Nichtwissen. Hinsichtlich der Aktivlegitimation hatte das Gericht nach Vernehmung des von der Klägerin benannten Zeugen keinerlei Zweifel.

"Die Klägerin ist aktivlegitimiert. [...] Dies steht zur Überzeugung des Gerichts aufgrund der glaubhaften Angaben des Zeugen [Name] fest. Dessen Angaben waren in sich schlüssig und passen auch mit den sonstigen Indizien, hier vor allem den ©-Vermerken auf dem DVD-Cover und der DVD, zusammen."


Auch die Ehefrau sowie die beiden Kinder wurden im Laufe des Verfahrens als Zeugen zur Rechtsverletzung vernommen, welche ihre Täterschaft abstritten. Aufgrund dieser Aussagen stand für das Gericht daher fest, dass weder die Frau noch die beiden Kinder den Rechtsverstoß begangen haben.

Soweit der Beklagte im Übrigen auf die Freunde der Kinder verwies, erachtete das Gericht diesen Vortrag für unbeachtlich. Zwar stehe nach der Beweisaufnahme fest, dass die genannten Freunde aufgrund deren Nutzungsmöglichkeit im Tatzeitraum als Täter theoretisch in Betracht kämen. Jedoch habe der Beklagte weder die in Betracht kommenden Nutzer namentlich benannt noch irgendwelche ihm zumutbaren Nachforschungen zu deren vermeintlicher Täterschaft angestellt. Vor diesem Hintergrund sei der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast nicht in erforderlichem Maße nachgekommen, weshalb er als Täter zu verurteilen sei.

"Der Beklagte und auch seine als Zeugen vernommenen Familienangehörigen haben allerdings angegeben, dass weiteren Personen Zugang zum Internet gewährt wurde, z.B. Freunden des [Name]. Wer das im Einzelnen war und ob diese Personen zum Tatzeitpunkt in der Wohnung anwesend waren, wurde vom Beklagten nicht mitgeteilt. Dabei mag es sein, dass der Beklagte das nach so langer Zeit nicht mehr rekonstruieren kann. Es wäre aber seine Obliegenheit gewesen, unverzüglich nach Erhalt der Abmahnung, also knapp 6 Wochen nach dem eigentlichen Geschehen, zu ermitteln, wer zum Tatzeitpunkt anwesend war. Dies wäre grundsätzlich auch möglich gewesen, nämlich durch Auslesen des Routerprotokolls. Dabei kommt es nicht darauf an, dass dem Beklagten solche technischen Möglichkeiten fern liegen. Denn er hätte jemanden beauftragen können, der dazu in der Lage wäre.

[...]

Wenn aber die Beklagtenseite nicht darlegt, dass andere Personen im Tatzeitraum selbständig Zugang zum Internetzugang hatten und deshalb als Täter der geltend gemachten Rechtsverletzung in Betracht kommen, dann greift wieder die tatsächliche Vermutung der Täterschaft (BGH Urteil vom 11.06.2015 - I ZR 75/14 - "Tauschbörse III" - zitiert nach juris, dort Rdnr. 42).
"


Aufgrund des unsubstantiierten Vortrags des Beklagten könne überdies nicht davon ausgegangen werden, dass ein unbefugter Dritter als Täter der Rechtsverletzung in Betracht komme.

Das Amtsgericht Charlottenburg verurteilte daher den Beklagten antragsgemäß zur Leistung von Schadensersatz, Erstattung der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten sowie zur Übernahme sämtlicher Kosten des Rechtsstreits.








AG Charlottenburg, Urteil vom 08.06. 2017, Az. 218 C 360/16



(...) - Beglaubigte Abschrift -



Amtsgericht Charlottenburg

Im Namen des Volkes

Urteil




Geschäftsnummer: 218 C 360/16
verkündet am : 08.06.2017


In dem Rechtsstreit


[Name],
Klägerin,

- Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldorf Frommer, Beethovenstraße 12, 80336 München, -



gegen


den Herrn [Name], 13589 Berlin,
Beklagten,

- Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt [Name], 10789 Berlin, -






hat das Amtsgericht Charlottenburg, Zivilprozessabteilung 218, auf die mündliche Verhandlung vom 27.04.2017 durch die Richterin am Amtsgericht [Name]

für Recht erkannt:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 600,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.10.2015 zu zahlen.
2. Der Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin 506,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.10.2015 zu zahlen.
3. Der Beklagte trägt die Kosten des 'Rechtsstreits.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten bleibt nachgelassen, die vorläufige Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.





Tatbestand

Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Zahlung von Schadens- und Aufwendungsersatz wegen eines Urheberrechtsverstoßes in Anspruch.

Die Fa. Digital Forensics ermittelte, dass am [Datum] zwischen [Uhrzeit] und [Uhrzeit] Uhr MESZ über den Internetanschluss mit der IP-Adresse [IP] der Film [Name] zum Download angeboten wurde. Aufgrund Beschlusses des LG Köln zum Az. 223 0 47/13 erteilte die Telekom die Auskunft, dass zum streitgegenständlichen Zeitpunkt der Beklagte Inhaber des zur IP-Adresse gehörigen Anschlusses gewesen sei (Anlage K2 = Bl. 34 - 36).

Auf die Abmahnung vom [Datum] (Anlage K4-1 = Bl. 38 - 42) gab der Beklagte am [Datum] eine Unterlassungserklärung ab (Anlage K4-2 = Bl. 49, 50) und erläuterte zugleich, er habe den Verstoß nicht begangen, ebenso wenig seine Familienangehörigen. Den geforderten Schadensersatz könne er aufgrund seiner finanziellen Verhältnisse nicht leisten.

Die Klägerin verlangt Schadensersatz in Höhe von mindestens 600,00 EUR, die sie im Wege der Lizenzanalogie berechnet, sowie Aufwendungsersatz in Höhe von 506,00 EUR.

Die Klägerin behauptet, Inhaberin der Leistungsschutzrechte an dem Film [Name] zu sein. Sie legt dazu Fotokopien des DVD-Covers und der DVD (Anlage K1 = Bl. 31 - 33) vor.



Die Klägerin beantragt,
1. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 600,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.10.2015 sowie
2. 506,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.10.2015 zu zahlen.



Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Der Beklagte bestreitet die Aktivlegitimation der Klägerin mit Nichtwissen.

Er behauptet, er habe den Rechtsverstoß nicht begangen. Der Anschluss sei auch von seiner Frau und den damals 16 und 18 Jahre alten Kindern genutzt worden. Alle hätten angegeben, sie seien es ebenfalls nicht gewesen.

Es ist Beweis erhoben worden durch Vernehmung der Zeugen [Namen der 3 Zeugen].

Wegen der Beweisfragen wird Bezug genommen auf den Beschluss vom 27.02.2017 (Bl. 123, 124) und wegen des Beweisergebnisses auf das Protokoll vom 27.04.2017 (Bl. 165 - 172).




Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist in der Sache auch begründet. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Schadens- und Aufwendungsersatzansprüche zu, da der Beklagte als Täter haftet.


1.

Der Beklagte haftet als Täter gemäß § 97 Abs. 2 UrhG auf Schadensersatz.


a)

Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Sie hat sämtliche exklusiven Nutzungs- und Verwertungsrechte (§§ 16, 17, 19a UrhG) von der Produzentin, den [Name] für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erworben und nur die Rechte nach §§ 16 und 17 UrhG an ihre Töchter, die [Name] weitergereicht. Die Klägerin ist nach wie vor Inhaberin der exklusiven Online-Rechte. Dies steht zur Überzeugung des Gerichts aufgrund der glaubhaften Angaben des Zeugen [Name] fest. Dessen Angaben waren in sich schlüssig und passen auch mit den sonstigen Indizien, hier vor allem den ©-Vermerken auf dem DVD-Cover und der DVD zusammen. Dort sind nämlich einerseits von denen die Klägerin ihre Rechte ableitet, und andererseits die als Berechtigte aufgeführt.

Das Gericht ist aufgrund des im Termin gewonnenen persönlichen Eindrucks auch von der Glaubwürdigkeit des Zeugen überzeugt. Dabei verkennt es nicht, dass der Zeuge als Angestellter der Klägerin der Angelegenheit nicht völlig unbefangen gegenüber steht. Andererseits hat das Gericht keine Anhaltspunkte dafür gefunden, dass der Zeuge etwa unwahre. Angaben gemacht haben könnte. Er machte seine Angaben sachlich und gelassen, auf Nachfragen reagierte er spontan und ersichtlich offen.

Das Gericht verkennt nicht, dass nicht auszuschließen ist, dass der Zeuge hinsichtlich der Rechtsinhaberschaft der Klägerin schlicht irrt. Aber wenn die Klägerin eben nicht Inhaberin der Rechte wäre, hätten dafür längst Anhaltspunkte den Zeugen als den entsprechenden Justiziar der Klägerin erreichen müssen. Und schließlich ist insoweit zu berücksichtigen, dass auch der Beklagte keine Anhaltspunkte dafür liefert, dass die Rechte an dem Film etwa Dritten zustehen könnten.


b)

Unstreitig waren die Ermittlungen der durch die Klägerin beauftragten Firma richtig und die ermittelte IP-Adresse zum maßgeblichen Zeitpunkt dem Anschluss des Klägers zugeordnet.

Soweit der Beklagte behauptet, sein Router [Name] sei unsicher gewesen, fehlt es bereits an hinreichend substantiiertem Sachvortrag. Es wäre schon erforderlich, eine eventuelle Sicherheitslücke nach ihrer Art vorzutragen, beispielsweise durch Vorlage entsprechender Artikel aus Fachzeitschriften. Darüber hinaus müsste aber auch zum genauen Zeitraum der Lücke vorgetragen werden. Üblicherweise werden Sicherheitslücken bei Routern vom entsprechenden Internetprovider, hier also der Telekom, unverzüglich nach Bekanntwerden geschlossen, ohne dass die Nutzer davon unbedingt erfahren müssen: Das heißt, eine Sicherheitslücke besteht üblicherweise einige Zeit vor dem Erscheinen entsprechender Fachinformationen, wird dann aber kurz danach durch entsprechende Updates auch wieder geschlossen. Ob für den bezeichneten Speedport in der fraglichen Zeit eine Sicherheitslücke bestand, hat der Beklagte nicht vorgetragen.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den grundsätzlichen Problemen mit der Telekom, wie vor allem die Zeugin [Name] sie geschildert hat. Denn dass die Verknüpfung zwischen Laptop und Router nicht funktioniert, kann verschiedene Ursachen haben. Ein Sicherheitsproblem wird dadurch nicht wahrscheinlicher.


c)

Der Beklagte ist auch passivlegitimiert, d.h. der richtige Anspruchsgegner. Er haftet als Täter, auch wenn das Gericht davon überzeugt ist, dass er den Rechtsverstoß nicht selbst begangen hat.

Die Klägerin trägt nach den allgemeinen Grundsätzen als Anspruchsteller die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs auf Schadensersatz und Erstattung von Abmahnkosten erfüllt sind. Danach ist es grundsätzlich ihre Sache, darzulegen und nachzuweisen, dass der Beklagte für die von ihr behauptete Urheberrechtsverletzung als Täter verantwortlich ist (BGH, Urteil vom 15. November 2012 - I ZR 74/12, GRUR 2013, 511 Rn. 32 = WRP 2013, 799 - "Morpheus "; Urteil vom 8. Januar 2014 - I ZR 169/12, BGHZ 200, 76 Rn. 14 - "BearShare "). Allerdings spricht eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen diesen Internetanschluss benutzen konnten. Eine die tatsächliche Vermutung ausschließende Nutzungsmöglichkeit Dritter ist anzunehmen, wenn der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde. In diesen Fällen trifft den Inhaber des Internetanschlusses jedoch eine sekundäre Darlegungslast. Diese führt zwar weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 Abs. 1 und 2 ZPO) hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast vielmehr dadurch, dass er dazu vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen verpflichtet. Entspricht der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast, ist es wieder Sache der Klägerseite als Anspruchsteller, die für eine Haftung des Beklagten als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen (BGHZ 200, 76 Rn. 15 ff. - "BearShare ", m.w.N.; BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 75/14 -, Rn. 37, juris).

Der Beklagte hat die Täterschaftsvermutung durchaus erschüttert. Nach der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass er den Rechtsverstoß nicht begangen hat, ebenso wenig seine Frau oder die beiden damals fast erwachsenen Kinder.

Der Beklagte ist jedoch seiner sekundären Darlegungslast (vgl. BGHZ 185, 330 Rdnr. 12 - "Sommer unseres Lebens ") nicht nachgekommen. Denn nach der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts auch fest, dass weitere Nutzer im Tatzeitraum in Betracht kommen.

Es war beim Beklagten durchaus üblich, weiteren Personen, insbesondere Freunden seiner Kinder und sonstigen Gästen, das WLAN-Passwort zu überlassen, wie es allgemein üblich ist. Dabei kommt es in der Regel nicht darauf an, dass der Beklagte Freunde oder Gäste extra über deren Pflichten belehren müsste (vgl. BGH 1 ZR 86/15 Urteil vom 12.05.2016 - "Silver Linings Playbook", zitiert nach juris, dort Rdnr. 20). Allerdings muss-er in solchen Fällen seiner sekundären Darlegungslast genügen, d.h. mitteilen, ob und ggf. welchen anderen Personen selbständiger Zugang zum Internet ermöglicht wurde. Ein Anschlussinhaber, der dieser Darlegungslast nicht nachkommt, haftet als Täter (BGH a.a.O. Rdnr. 28).

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die als Zeugen vernommenen Familienangehörigen des Beklagten als Täter nicht in Betracht kommen. Sie haben glaubhaft bekundet, den Rechtsverstoß nicht begangen zu haben.

Der Beklagte und auch seine als Zeugen vernommenen Familienangehörigen haben allerdings angegeben, dass weiteren Personen Zugang zu Internet gewährt wurde, z.B. Freunden des Zeugen [Name]. Wer das im Einzelnen war und ob diese Personen zum Tatzeitpunkt in der Wohnung anwesend waren, wurde vom Beklagten nicht mitgeteilt. Dabei mag es sein, dass der Beklagte das nach so langer Zeit nicht mehr rekonstruieren kann. Es wäre aber seine Obliegenheit gewesen, unverzüglich nach Erhalt der Abmahnung, also knapp 6 Wochen nach dem eigentlichen Geschehen, zu ermitteln, wer zum Tatzeitpunkt anwesend war. Dies wäre grundsätzlich auch möglich gewesen, nämlich durch Auslesen des Routerprotokolls. Dabei kommt es nicht darauf an, dass dem Beklagten solche technischen Möglichkeiten fern liegen. Denn er hätte jemanden beauftragen können, der dazu in der Lage wäre.

Das Gericht verkennt nicht, dass dem Beklagten sowohl die technischen Fähigkeiten, als auch die bloße Idee zu solchen Aktionen damals gefehlt haben und auch heute fehlen. Auffällig ist insoweit, dass der Beklagte sich ersichtlich in besonderem Maße rechtstreu verhalten will und dies auch von seinen Kindern erfolgreich einfordert. Das ändert aber nichts daran, dass er seinen Anschluss eben auch anderen Personen überlassen hat, ohne diese nun nachträglich benennen zu können.

Wenn aber die Beklagtenseite nicht darlegt, dass andere Personen im Tatzeitraum selbständig Zugang zum Internetzugang hatten und deshalb als Täter der geltend gemachten Rechtsverletzung in Betracht kommen, dann greift wieder die tatsächliche Vermutung der Täterschaft (BGH Urteil vom 11.06.2015 - I ZR 75/14 - "Tauschbörse III " - zitiert nach juris, dort Rdnr. 42).


d)

Durch die Rechtsverletzung ist der Klägerin ein Schaden - berechnet nach der Lizenzanalogie - in Höhe von 600,00 EUR entständen. Die Festlegung der Höhe beruht auf einer Schätzung des Gerichts gemäß § 287 ZPO.

Der Rechteinhaber hat zunächst die Wahl, wie er den ihm entstandenen Schaden berechnet wissen möchte. An diese Wahl ist das Gericht gebunden. Die Klägerin hat sich insoweit auf die Berechnung nach der Lizenzanalogie berufen. Demnach ist der Schaden danach zu bemessen, was vernünftige Parteien bei Abschluss eines Lizenzvertrages in Kenntnis der wahren Rechtslage und der Umstände des Einzelfalls als angemessenes Lizenzentgelt vereinbart hätten (Dreier / Schulze UrhG 4. Aufl., § 97 Rdnr. 61), ohne dass es darauf ankäme, ob der Rechteinhaber überhaupt zum Abschluss eines solchen Vertrages bereit gewesen wäre.

Vorliegend ist insoweit zu berücksichtigen, dass schon wegen der fehlenden Begrenzbarkeit der Weitergabe des Films die Klägerin keinesfalls bereit gewesen wäre, die kostenlose Weitergabe im Internet zu lizenzieren. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass - theoretisch - jeder Tauschbörsenteilnehmer entdeckt und auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden könnte. Maßgeblich ist weiter, dass der Film mit einigem finanziellen Aufwand, insbesondere unter Einsatz weithin bekannter Darsteller hergestellt worden ist. Andererseits befand sich der 2009 hergestellte Film zum Zeitpunkt der Rechtsverletzungen nicht mehr in der eigentlichen Verwertungsphase. Berücksichtigt wurde schließlich, dass die Klägerin vorprozessual einen Schadensersatzanspruch von 450,00 EUR geltend gemacht hat.



2.

Der Beklagte haftet als Täter auch auf Aufwendungsersatz in Höhe von 506,00 EUR nach § 97a Abs. 1 Satz 2 UrhG.

Grundsätzlich kann der Aufwendungsersatz für eine anwaltliche Abmahnung anhand RVG berechnet werden (BGH Urteil vom 11.06.2015 AZ I ZR 75/14 - "Tauschbörse III" - zitiert nach der Mitteilung der Pressestelle des BGH Nr. 92/2015).

Die Berechnung ist auch nicht zu beanstanden. Der Gegenstandswert für den Anspruch auf Unterlassung bzgl. des streitgegenständlichen Films ist mit 10.000,00 EUR anzusetzen. Maßgeblich ist das Interesse der Klägerin an der Unterlassung. Und dieses schätzt das Gericht auf den angegebenen Betrag.

Die in Ansatz gebrachte 1,0fache Gebühr ist ebenfalls nicht zu beanstanden.

Das Gericht hat die Berechnung überprüft, sie ist ordnungsgemäß erfolgt.


3.

Nach alle dem besteht Anspruch auf Schadens- der Aufwendungsersatz, beide Forderungen sind gemäß § 286, 288 BGB zu verzinsen.


4.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.



Streitwert: 1.151,80 EUR




Rechtsbehelfsbelehrung


I.

Gegen die Entscheidung können Sie unter bestimmten Voraussetzungen Berufung einlegen, wenn Sie durch die Entscheidung in Ihren Rechten beeinträchtigt sind.


1. Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit Sie Berufung einlegen können?

Der Wert des Beschwerdegegenstandes muss 600,00 EUR übersteigen oder
Die Berufung ist vom Gericht, das die Entscheidung getroffen hat, zugelassen worden.


2. Müssen Sie sich anwaltlich vertreten lassen?

Im Berufungsverfahren müssen Sie sich von einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt vertreten lassen.

Dies gilt für das Einlegen der Berufung und die Begründung.


3. In welcher Form und bei welchem Gericht können Sie Berufung einlegen?

Die Berufung muss schriftlich durch Ihre Rechtsanwältin oder Ihren Rechtsanwalt beim

Landgericht Berlin
Littenstraße 12-17
10179 Berlin


oder

Landgericht Berlin
Tegeler Weg 17-21
10589 Berlin


oder

Landgericht Berlin,
Turmstraße 91,
10559 Berlin


eingelegt werden.

Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt wird.

Die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift müssen von Ihrer Rechtsanwältin / Ihrem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Der Schriftsatz ist in deutscher Sprache zu verfassen.


4. Welche Fristen sind zu beachten?

Die Berufung ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem oben genannten Gericht einzulegen.

Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Verkündung der Entscheidung, wenn die Entscheidung nicht zugestellt werden konnte.

Die Berufungsschrift muss innerhalb der Frist beim Gericht eingegangen sein.

Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, innerhalb von zwei Monaten schriftlich zu begründen.

Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.



II.

Gegen die Entscheidung, mit der der Streitwert festgesetzt worden ist, können Sie unter bestimmten Voraussetzungen Beschwerde einlegen.


1. Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit Sie Beschwerde einlegen können?

Der Wert des Beschwerdegegenstandes muss 200,00 Euro übersteigen oder
Die Beschwerde muss vom Gericht, das die Entscheidung getroffen hat, zugelassen worden sein.


2. In welcher Form und bei welchem Gericht können Sie Beschwerde einlegen?

Die Beschwerde ist beim

Amtsgericht Charlottenburg
Amtsgerichtsplatz 1
14057 Berlin


einzulegen, entweder

a) mündlich, durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle bei dem oben genannten Gericht oder bei jedem anderen Amtsgericht oder
b) schriftlich, durch Übersendung eines Schriftsatzes. Ihren Schriftsatz müssen Sie in deutscher Sprache verfassen.


3. Welche Fristen müssen Sie einhalten?

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten einzulegen.

Die Frist beginnt mit dem Eintreten der Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache oder der anderweitigen Erledigung des Verfahrens.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf der sechsmonatigen Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tag nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.

Bitte beachten Sie bei mündlicher Einlegung der Beschwerde bei einem anderen Amtsgericht als dem oben genannten, dass die Frist nur gewahrt ist, wenn das Protokoll rechtzeitig bei dem oben genannten Gericht eingeht.


4. Müssen Sie sich anwaltlich vertreten lassen?

Sie müssen sich nicht anwaltlich vertreten lassen.



[Name],
Richterin am Amtsgericht




Für die Richtigkeit der Abschrift
Berlin, den 08.06.2017

[Name], Justizbeschäftigte
Durch maschinelle Bearbeitung beglaubigt - ohne Unterschrift gültig. (...)







~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



AG Charlottenburg, Urteil vom 08.06. 2017, Az. 218 C 360/16,
Waldorf Frommer Rechtsanwälte,
Rechtsanwältin Anamaria Scheunemann,
Klage Waldorf Frommer,
sekundäre Darlegungslast,
Nachforschungspflichten,
Sicherheitslücke Router,
Verwertungsphase

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Steffen
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Wochenrückblick

#11112 Beitrag von Steffen » Samstag 29. Juli 2017, 20:42

------------------------------------------------------ - Abmahnwahn Deutschland - Filesharing - --------------------------------------------


DER Wochenrückblick........................Bild......................Filesharing Fälle


-----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

Ausgabe 2017, KW 30 ..................................Initiative AW3P.............................24.07. - 30.07.2017

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1. Bundesverfassungsgericht (Karlsruhe), Pressemitteilung Nr. 61/2017: Gegen presserechtliche Unterlassungsanordnungen kann in Ausnahmefällen unmittelbar Verfassungsbeschwerde erhoben werden


BVerfG, Beschluss vom 06. Juni 2017, 1 BvQ 16/17, 1 BvR 770/17, 1 BvR 764/17, 1 BvQ 17/17



Quelle: 'www.bundesverfassungsgericht.de'
Link: http://www.bundesverfassungsgericht.de/ ... 7.1_cid370











2. Bundesgerichtshof (Karlsruhe):



2.1. Bundesgerichtshof, Mitteilung der Pressestelle Nr. 121/2017: Bundesgerichtshof entscheidet über eine Preisklausel für sogenannte smsTAN


BGH, Urteil vom 25. Juli 2017, XI ZR 260/15

Vorinstanzen:
- LG Frankfurt am Main, Urteil vom 17. Januar 2013, Az. 5 O 168/12
- OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 29. Mai 2015, Az. 10 U 35/13



Quelle: 'juris.bundesgerichtshof.de'
Link: http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-b ... 23&Blank=1







2.2. Bundesgerichtshof, Mitteilung der Pressestelle Nr. 234/2016: Verhandlungstermin am 11. Mai 2017, 9.00 Uhr, in Sachen I ZR 228/15 (Bundesgerichtshof zur Presseveröffentlichung von Buchbeiträgen eines Bundestagsabgeordneten)


Vorinstanzen:
- LG Berlin, Urteil vom 17. Juni 2014, Az. 15 O 546/13
- KG, Urteil vom 7. Oktober 2015, Az. 24 U 124/14



Quelle: 'juris.bundesgerichtshof.de'
Link: http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-b ... 6&nr=76863







2.3. Bundesgerichtshof, Mitteilung der Pressestelle Nr. 124/2017: Bundesgerichtshof legt Europäischem Gerichtshof Fragen zum Umfang des urheberrechtlichen Zitatrechts der Presse vor


BGH, Beschluss vom 27. Juli 2017, I ZR 228/15: Reformistischer Aufbruch



Quelle: 'juris.bundesgerichtshof.de'
Link: http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-b ... 24&Blank=1











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3. Hessenrecht: Landgericht Frankfurt am Main zum Unterlassungsanspruch - von Erstbegehung bis Verjährung


LG Frankfurt am Main, Urteil vom 30.05.2017, Az. 2-03 O 134/16


(...) Im Regelfall indiziert die Erstbegehung die Wiederholungsgefahr (ständige Rechtsprechung BGH GRUR 1997, 379, 380 [BGH 16.11.1995 - I ZR 229/93] - Wegfall der Wiederholungsgefahr II). Im Allgemeinen gelingt eine Widerlegung der Wiederholungsgefahr durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung, die jedoch beklagtenseits verweigert wurde. Damit zeigt der Beklagte, dass nach wie vor Wiederholungsgefahr besteht (vgl. BGH GRUR 1998, 1045, 1046 [BGH 19.03.1998 - I ZR 264/95] - Brennwertkessel).

c. Der Anspruch ist auch nicht verjährt. Der Verjährungsbeginn richtet sich insoweit nach §§ 199 ff. BGB. Bei Unterlassungsansprüchen beginnt die Verjährung mit jeder Verletzungshandlung neu. Bei Dauerhandlungen beginnt die Verjährung damit erst, wenn sie vom Verletzer eingestellt wird (Palandt / Ellenberger, BGB, 76. Aufl. 2017, § 199 Rn. 34; vgl. zum UrhG Fromm / Nordemann, UrhG, 11. Aufl. 2014, § 102 Rn. 7 m.w.N.).
(...)



Quelle: 'www.lareda.hessenrecht.hessen.de'
Link: http://www.lareda.hessenrecht.hessen.de ... id:7891339











4. CHIP Digital GmbH (München): WLAN-Schnorrer entlarven: Tool deckt fremde Zugriffe auf


(...) Wird Ihr heimisches WLAN wirklich nur von Ihnen genutzt? Klar, Familie und Freunde dürfen natürlich rein, aber fremde Mitsurfer sollen draußen bleiben. Ein Gratis-Tool entlarvt WLAN-Schnorrer ganz einfach. (...)



Quelle: 'www.chip.de'
Link: http://www.chip.de/news/WLAN-Schnorrer- ... 49572.html











5. VERLAG C.H.BECK (München): Die virtuelle Anwaltskanzlei - Gastbeitrag von Dr. Petra Arends-Paltzer


(...) Ein Bürobetrieb mit Angestellten wird vom Standesrecht nicht gefordert, lediglich das Anbringen eines Kanzleischildes am Arbeitsort des Anwaltes. Selbst von dieser Kanzleipflicht kann ein Anwalt sich unter bestimmten Voraussetzungen von der Rechtsanwaltskammer befreien lassen. (...)



Quelle: 'kanzleiforum.beck-shop.de'
Link: http://kanzleiforum.beck-shop.de/2017/0 ... s-paltzer/











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6. Oberlandesgericht Hamm: Auslegung eines gerichtlichen Unterlassungsgebotes ("Warenkorb")


OLG Hamm, Beschluss vom 14.03.2017, Az. 4 W 34/16 + 4 W 35/16



Quelle: 'www.justiz.nrw.de'
Link: https://www.justiz.nrw.de/nrwe/olgs/ham ... 70314.html











7. Berufsverband der Rechtsjournalisten e.V. (Berlin): Urheberrecht beim Bild: Welche Vorschriften gelten beim Schnappschuss?


(...) Fotos bilden eine ganz eigene Art der Kommunikation und werden durch das Internet rasant verbreitet. Unabhängig davon, ob es sich bei den Fotografien um Selfies, Schnappschüsse oder künstlerische Aufnahmen handelt, das Urheberrecht stellt diese Bilder unter Schutz. (...)



Quelle: 'www.urheberrecht.de'
Link: http://www.urheberrecht.de/bilder/











8. BITCOIN - was steckt hinter der digitalen / virtuellen Währung?


(...) Auch die Welt der Banken und Finanzen wird immer mehr vom Internet beherrscht. Neben Onlinebanking, Bezahlsystemen per Handy, crowd-investing und robo-advisors rückt die digitale Währung "BITCOIN" immer mehr in den Fokus. Dabei existiert die Währung bereits seit 2009. (...)



Quelle: 'rainanjauelhoff.blogspot.de'
Link: http://rainanjauelhoff.blogspot.de/2017 ... talen.html











9. Freie Presse (Erzgebirge): Panzer der Erzgebirgskaserne für Litauen-Einsatz verladen


(...) In der Erzgebirgskaserne Marienberg sind am Samstag 14 Schützenpanzer für die Reise nach Litauen auf Züge verladen worden. Sie sind für den Einsatz des Panzergrenadierregimentes 371 bestimmt, wie die Bundeswehr mitteilte. Im Rahmen des NATO-Einsatzes Enhancend Forward Presence stellt es den Kern des von Juli 2017 bis Februar 2018 an der Ostflanke des NATO-Bündnisgebietes eingesetzten Gefechtsverbandes. (...)

Quelle: 'www.freiepresse.de'
Link: https://www.freiepresse.de/LOKALES/ERZG ... 958263.php






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10. Kanzlei Dr. Bahr (Hamburg): Oberlandesgericht Frankfurt am Main: Ordnungsgeld wegen Nicht-Löschung verbotener Aussagen von Webseite


OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 22.06.2017, Az. 6 W 49/17


(...) Werde einer Schuldnerin etwas gerichtlich verboten, so müsse sie umfassend dieser Verpflichtung nachkommen. Dazu gehöre auch, dass die alte Einträge auf der eigenen Homepage lösche. Dabei spiele es keine Rolle, ob die Sätze auf der Startseite oder lediglich auf der Unterseite der Homepage aufzufinden seien. (...)



Quelle: 'www.dr-bahr.com'
Link: http://www.dr-bahr.com/news/ordnungsgel ... seite.html













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Gerichtsentscheidungen



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  • AG Köln, Urteil vom 13.07.2017, Az. 148 C 130/17 [.rka RAe verlieren; Einfachermittlung reicht nicht aus]




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  • LG Flensburg, Urteil vom 02.06.2017, Az. 8 S 14/16 [.rka RAe gewinnen Berufung; Aktivlegitimation (Vorlage des vollständigen Werksvertrages nicht notwendig)]
  • AG Leipzig, Urteil vom 23.06.2017, Az. 118 C 1559/17 [WF gewinnen; sekundäre Darlegungslast; widersprüchlicher Sachvortrag]
  • AG Charlottenburg, Urteil vom 08.06. 2017, Az. 218 C 360/16 [WF gewinnen; sekundäre Darlegungslast; widersprüchlicher Vortrag (außergerichtlich / gerichtlich)]









Wilde, Beuger, Solmecke Rechtsanwälte (Köln):


AG Köln, Urteil vom 13.07.2017, Az. 148 C 130/17


Wilde, Beuger, Solmecke Rechtsanwälte (Köln): Anschluss zweimal ermittelt - Das Amtsgericht Köln weist RKA Klage trotzdem ab (keine "echte" Mehrfachermittlung)



Quelle: 'www.wbs-law.de'
Link: https://www.wbs-law.de/abmahnung-filesh ... -ab-74344/











.rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR (Hamburg):


LG Flensburg, Urteil vom 02.06.2017, Az. 8 S 14/16


.rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR (Hamburg): Das Landgericht Flensburg zur Aktivlegitimation in Filesharing Verfahren - Die Vorlage vollständiger Verträge ist nicht erforderlich - Revision wurde nicht zugelassen



Quelle: 'rka-law.de'
Link: http://rka-law.de/filesharing/lg-flensb ... orderlich/











Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München):


1. AG Leipzig, Urteil vom 23.06.2017, Az. 118 C 1559/17


Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Das Amtsgericht Leipzig verurteilt Anschlussinhaberin aufgrund widersprüchlichen Vortrags und fehlenden Nachforschungen zur Zahlung eines Lizenzschadensersatzes in Höhe von 1.000,00 EUR sowie zur Erstattung der Rechtsverfolgungskosten



Quelle: 'news.waldorf-frommer.de'
Link: https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... -sowie-zu/






2. AG Charlottenburg, Urteil vom 08.06. 2017, Az. 218 C 360/16


Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Amtsgericht Charlottenburg - Unsubstantiierte Verweise auf Dritte ohne konkreten Bezug zur Rechtsverletzung reichen nicht aus, um den Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast in Tauschbörsenverfahren zu genügen



Quelle: 'news.waldorf-frommer.de'
Link: https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... gslast-in/













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Forenwelt




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Steffen's Kurzkommentar




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1. .rka Rechtsanwälte gehen in Berufung - Landgericht hebt Urteil des Amtsgericht auf


Erst einmal werden hier zwei Dinge deutlich. Einmal gibt das Landgericht Flensburg eine Antwort auf die Frage: "Muss der Kläger den - vollständigen - Werksvertrag vorlegen, um seine Aktivlegitimation zu beweisen". Die Landesrichter verneinten dieses. Sicherlich hat jeder seine Meinung diesbezüglich. Wir sind - aus welchen Gründen auch immer - nicht in der Lage den eigenen Namen offen zu schreiben, der Kläger soll aber on Detail seine Vereinbarungen offenlegen. Auszugweise sollte ausreichen, genau wie die Indizwirkung einiger Sachverhalte. Punkt.

Interessant, dass andermal Rechtsanwalt N. Klute die Entscheidungen einiger Erstgerichte offen infrage stellt. Diesbezüglich gibt es die unterschiedlichsten Meinungen. natürlich, solange ein Erstgericht (Amtsgericht) eine Klage zurückweist, ist es unser "Hero". es gibt aber auch andere Meinungen, die dahin tendieren, dass viele Amtsrichter zum Thema einfach, sagen wir, überfordert wären.










2-mal Waldorf Frommer

Deutlich, dass die (höchstrichterlichen) Feinheiten auf unseren Seiten nicht beherrscht werden. Sicherlich bin ich kein Anwalt und habe auch nicht jahrelang studiert ...
... aber,




2-Stufen-Modell des BGH


1. tatsächliche Vermutung

- eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers spricht, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen diesen Internetanschluss benutzen konnten.
- eine die tatsächliche Vermutung ausschließende Nutzungsmöglichkeit Dritter ist anzunehmen, wenn
a) der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt nicht hinreichend gesichert war oder
b) bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde.



2. sekundäre Darlegungslast

Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast dadurch, dass er vorträgt,
a) ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten
und [nicht oder / bzw.]
b) als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen.
c) Vorbenannten entspringen bestimmte Nachforschungspflichten


Es geht immer um den Vortrag hinsichtlich eines anderen möglichen Geschehensablaufes. Das heißt, besteht die Möglichkeit, dass einer der benannten Mitnutzer als möglicher Täter infrage kommen kann! Kommt kein Mitnutzer als Täter infrage, ist es Banane, ob der Beklagte unschuldig ist, dann geht die tatsächliche Vermutung auf ihn zurück und er haftet vollumfänglich!


Die Anpassung seiner Strategie mit Erhalt einer Klage bzw. Hinweisen des Gerichtes ist zwar auch eine, aber mit wenig Erfolg gekrönt. Wenn man sich außergerichtlich sich gegenüber dem Abmahner äußert, sollte man im Klageverfahren dann nicht diesen verwerfen und einen neuen vorbringen. Denn schnell kann man dann Widerspruch auch mit Lüge ersetzen.










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Das AG Köln und die Einfachermittlung!?


Die Kölner Kanzlei "Wide, Beuger, Solmecke Rechtsanwälte konnte zum wiederholten Male ein positives Urteil am AG Köln (Urteil vom 13.07.2017, Az. 148 C 130/17) erstreiten.


AG Köln, Urteil vom 13.07.2017, Az. 148 C 130/17
AG Köln, Urteil vom 06.07.2017, Az. 137 C 32/17
AG Köln, Urteil vom 28.06.2017, Az. 125 C 571/16
AG Köln, Urteil vom 22.06.2017, Az. 148 C 23/17
AG Köln, Urteil vom 08.03.2017, Az. 125 C 251/16
AG Köln, Urteil vom 15.12.2016, Az. 137 C 170/16
AG Köln, Urteil vom 01.12.2016, Az. 148 C 163/14
AG Köln, Urteil vom 06.10.2016, Az. 137 C 121/15
AG Köln, Urteil vom 01.09.2016, Az. 137 C 65/16
AG Köln, Urteil vom 02.05.2016, Az. 137 C 450/15
AG Köln, Urteil vom 22.04.2013, Az. 125 C 602/09




Es wurde durch das Erstgericht erneut eine Einfachermittlung der IP-Adresse als unzureichend gewertet. Eine Einfachermittlung (1 IP-Adresse - ein Zeitpunkt bzw. 1 IP mit mehr als 1 Zeitpunkt (kurz hintereinanderliegenden Zeitpunkten)) ist für den Kläger nicht mehr ausreichend, ein Gerichtsgutachten zur Klärung des zuverlässigen Feststellens des Filesharer nicht mehr notwendig, eine Einfachermittlung Unsicher und nicht frei von Fehler.

Natürlich muss ich immer den Spielverderber mimen. Ich persönlich bin gespannt, ob der jeweilige Kläger sich mit dem jeweiligen Urteil zufrieden gibt, oder im Grundsatz die Berufung einlegt sowie, wenn, ob das Berufungsgericht das jeweilige Urteil aufrechterhält. Ich kann es mir persönlich nicht vorstellen. Punkt.










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...............................................................Liebe Gemeinschaft,
...............................................................aber selbstverfreilich würden WIR auch alle Urteile veröffentlichen.
...............................................................Es war und ist für UNS schon immer nur eine Frage des Preises!










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Steffen Heintsch für AW3P




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#11113 Beitrag von Steffen » Montag 31. Juli 2017, 14:31

Dr. Wachs Rechtsanwälte (Hamburg): Das Amtsgericht Hamburg weist Negele Klage zurück - Beklagte haftet nicht für Rechteverletzung ihres Ex


14:30 Uhr


Wie die Hamburger Kanzlei "Dr. Wachs Rechtsanwälte" unterrichtet, hat das Amtsgericht Hamburg eine Filesharing Klage der Augsburger Kanzlei "Negele, Zimmel, Greuter, Beller Rechtsanwälte" als unbegründet zurückgewiesen (Urt. v. 20.07.2017, Az. 32 C 435/16, - noch nicht rechtskräftig!). Die Beklagte kam ihrer sekundäre Darlegungslast nach und haftet folgerichtig nicht für ihren Ex.



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Rechtsanwalt Dr. Alexander Wachs


Dr. Wachs Rechtsanwälte

Osterstraße 116 | 20259 Hamburg
Telefon: +49 (0)40 411 88 15 70 | Fax: +49 (0)40 411 88 15 77 | Fax 2: +49 (0)40 444 655 10
E-Mail: info@dr-wachs.de | Web: www.dr-wachs.de



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Dieses Urteil des Amtsgericht Hamburg ist in vieler Hinsicht interessant. Die Beklagte wurde 03/2013 von der Kanzlei "Negele, Zimmel, Greuter, Beller Rechtsanwälte" im Auftrag der "Klaus Buttgereit BB Video- Produktions- und Vertriebsgesellschaft mbH" wegen einem Urheberverstoß an dem Film: "Muttis aus deiner Nachbarschaft - Voll erwischt" abgemahnt. Gefordert wurden die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung sowie die Zahlung eines Pauschalabgeltungsbetrag i.H.v. 850,00 EUR. Der Ex der Beklagten wandte sich an den Vertreter der abgemahnten Anschlussinhaberin und gab anschließend eine Unterlassungserklärung ab.

Da die Zahlung verweigert wurde, reichten "Negele, Zimmel, Greuter, Beller Rechtsanwälte" Klage am Amtsgericht Hamburg ein. Sie waren der Meinung, dass die Beklagte selbst für die Rechteverletzung verantwortlich sei, es keinen Mitnutzer gab und ihr Ex nie bei ihr gewohnt hat.



Amtsgericht Hamburg: Beklagte haftet weder als Täter noch als Störer

Das Amtsgericht Hamburg konnte sich der Meinung der Klägerin nicht anschließen. Die Beklagte - die für das Gericht glaubhaft war - hat mit dem Bestreiten ihrer Täterschaft, der Benennung ihres Ex als Mitnutzer sowie dem Vortrag dass dieser die Rechteverletzung getätigt hat die tatsächliche Vermutung erschüttert und ist ihrer sekundäre Darlegungslast nachgekommen. Die Klägerin konnte das Gegenteil nicht beweisen.

Als Beweisangebot, dass der Ex gar nicht bei der Beklagten gewohnt hatte, legte die Klägerin einen Auszug der Melderegisterauskunft vor. Das Amtsgericht konnte diesem Beweisangebot nicht folgen.

Amtsgericht Hamburg:
(...) Auch folgt aus dem Umstand, dass Herr [Name] unter der damaligen Anschrift der Beklagten nach der klägerseits vorgelegten Melderegisterauskunft offenbar nicht gemeldet war, nicht, dass er dort nicht gewohnt hat. (...)


Es war der Beklagten auch nicht zumutbar Ermittlungen der aktuellen Adresse vorzunehmen.

Amtsgericht Hamburg:
(...) Nach einer Gesamtbetrachtung erscheinen der Beklagten insbesondere auch etwaige Ermittlungen zu der aktuellen Adresse des Herrn [Name] nicht zumutbar. Dies dürfte jedenfalls gelten, da die Beklagte keinen Kontakt zu ihrem ehemaligen Lebensgefährten mehr pflegt und zu einem solchen auch nicht verpflichtet ist. Eine Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen, gibt es insbesondere nicht (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 - I ZR 48/15 -, Rn. 33, - "Everytime we touch" juris). (...)


Auch wenn das Urteil noch nicht rechtskräftig ist macht es deutlich, dass sich Abgemahnte / Beklagte in Filesharing Angelegenheiten nicht selbst vertreten sollten, sondern einen Anwalt beauftragen müssen.









AG Hamburg, Urteil vom 20.07.2017, Az. 32 C 435/16




(...) - Beglaubigte Abschrift -



Amtsgericht Hamburg
Az.: 32 C 435/16


Verkündet am 20.07.2017
[Name], JAng
Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle



Urteil

IM NAMEN DES VOLKES




In dem Rechtsstreit


[Name],
- Klägerin -

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte [Name],


gegen


[Name],
- Beklagte -

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Dr. Wachs, Osterstraße 116, 20259 Hamburg,





erkennt das Amtsgericht Hamburg - Abteilung 32 - durch die Richterin am Amtsgericht [Name] auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 01.06.2017

für Recht:

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.





Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der Beklagten Schadensersatz und Aufwendungsersatz wegen einer Verletzung von ausschließlichen Nutzungs- und Auswertungsrechten an dem Film "[Name]" durch das öffentliche Zugänglichmachen dieses Films im Internet über eine sogenannte P2P-Tauschbörse (Filesharing-System).

Die Klägerin ist Herstellerin des streitgegenständlichen Films. Unstreitig liegen die ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrechte zur Vervielfältigung, Verbreitung und öffentlichen Zugänglichmachung bei der Klägerin.

Am [Datum] um [Uhrzeit] Uhr wurde durch die [Name] GmbH mittels der Software "[Name]" ein/e Nutzer/in mit der IP-Adresse [IP] ermittelt, die/der zu diesem Zeitpunkt die Datei mit dem Hashwert "[Hash]", die zuvor visuell mit dem streitgegenständlichen Film abgeglichen worden war - wobei eine Übereinstimmung festgestellt worden war - anderen Teilnehmern von Tauschbörsen zum Download anbot.

Die [Providername] übermittelte der Klägerin sodann aufgrund einer Gestattungsanordnung des Landgerichts [Name] die Daten, die zum fraglichen Zeitpunkt der ermittelten IP-Adresse zugeordnet waren, nämlich den Namen und die Anschrift der Beklagten als Anschlussinhaberin.

Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin mahnten die Beklagte mit Schreiben vom [Datum] hinsichtlich der hier streitgegenständlichen Rechtsverletzung vom [Datum] ab und forderte sie zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung und Zahlung eines Pauschalabgeltungsbetrages in Höhe von 850,00 EUR auf (vgl. Anlage K7).

Herr [Name] wandte sich nachfolgend an den Beklagtenvertreter. Die Beklagte gab schließlich eine Unterlassungserklärung ab.


Die Klägerin behauptet,
die Beklagte habe den streitgegenständlichen Film selbst über eine Tauschbörse anderen Nutzern zum Download angeboten. Es habe keine andere Person auf ihren Internetanschluss zugreifen können. Ein Herr [Name] habe nicht bei der Beklagten gewohnt.


Die Klägerin ist der Auffassung,
die Beklagte hafte als Täterin für die Rechtsverletzung. Sie habe ihre sekundäre Darlegungslast nicht erfüllt, da sie keine ladungsfähige Anschrift des Herrn [Name] angegeben habe. Sie habe diese jedenfalls durch einen Anruf oder eine E-Mail in Erfahrung bringen müssen. Die Klägerin könne von der Beklagten Schadensersatz in Höhe von mindestens 500,00 EUR beanspruchen. Zudem stehe ihr die Erstattung der im Rahmen der Abmahnung angefallenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 651,80 EUR netto (Gegenstandswert von 10.000,00 EUR) zu.


Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.151,80 EUR zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.



Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet,
sie selbst habe die Rechtsverletzung nicht begangen. Vielmehr habe ihr ehemaliger Lebensgefährte, Herr [Name], zugegeben, die streitgegenständliche Rechtsverletzung begangen zu haben. Sie habe sich von Herrn [Name] Ende April 2015 getrennt und habe zu diesem seit Mitte des Jahres 2016 gar keinen Kontakt mehr und kenne auch seine aktuelle Anschrift in [Name] nicht. Herr [Name] habe noch bis zum Spätsommer 2015 bei der Beklagten gewohnt. Er habe dann gemeint, dass er bei Freunden untergekommen sei. Später habe er der Beklagten noch erzählt, dass er irgendwo in [Name] eine Wohnung gefunden habe. Wo, wisse die Beklagte aber nicht. Sie habe seitdem weder Kontakt zu Herrn [Name], noch zu dessen Freunden.

Die Beklagte ist der Auffassung,
sie hafte nicht für die streitgegenständliche Rechtsverletzung. Jedenfalls sei der beanspruchte Schadensersatz und der für die beanspruchten Rechtsanwaltskosten zugrunde gelegte Gegenstandswert von 10.000,00 EUR zu hoch bemessen.

Das Gericht hat die Beklagte persönlich angehört. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und das Protokoll zu der mündlichen Verhandlung vom 01.06.2017 verwiesen.




Entscheidungsgründe



I.

Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet.

Der Klägerin stehen Ansprüche auf Schadensersatz und / oder Erstattung von Abmahnkosten nicht zu. Die Ansprüche ergeben sich insbesondere nicht aus §§ 97 Abs. 2, 97a Abs. 1 UrhG.


1.

Auf Schadensersatz haftet nach § 97 Abs. 2 UrhG derjenige, der die Verletzungshandlung vorgenommen hat, also Täter der Rechtsverletzung war. Dass die behauptete Rechtsverletzung durch die Beklagte vorgenommen wurde, hat die Klägerin nicht bewiesen.

Nach den allgemeinen Grundsätzen trägt die Klägerin die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs erfüllt sind. Sie hat darzulegen und im Bestreitensfall nachzuweisen, dass die Beklagte für die von ihr behauptete Urheberrechtsverletzung als Tätern verantwortlich ist (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 2012 - I ZR 74/12 - "Morpheus"; Urteil vom 8. Januar 2014 - I ZR 169/12, - "BearShare"; Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 75/14 - "Tauschbörse III", jeweils zitiert nach juris). Allerdings spricht eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen diesen Internetanschluss benutzen konnten. Eine die tatsächliche Vermutung ausschließende Nutzungsmöglichkeit Dritter ist anzunehmen, wenn der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde. In solchen Fällen trifft den Inhaber des Internetanschlusses jedoch eine sekundäre Darlegungslast (BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 - I ZR 48/15 -, Rn. 33, juris).

Die sekundäre Darlegungslast führt weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 Abs. 1 und 2 ZPO) hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast vielmehr dadurch, dass er dazu vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber allerdings im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Rechtsverletzung gewonnen hat. Die pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt des Beklagten lebenden Dritten auf seinen Internetanschluss wird den an die Erfüllung der sekundären Darlegungslast zu stellenden Anforderungen daher nicht gerecht. Entspricht der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast, ist es wieder Sache der Klägerinnen als Anspruchsteller, die für eine Haftung des Beklagten als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen (BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 - I ZR 48/15 -, Rn. 33, - "Everytime we touch" juris).

Die Beklagte hat ihre Täterschaft bestritten und der ihr obliegenden sekundären Darlegungslast entsprochen, indem sie Tatsachen vorgetragen hat, die die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs begründen. Die Beklagte hat vorgetragen, dass in der streitgegenständlichen Zeit der Internetanschluss ihrem ehemaligen Lebensgefährten, Herrn [Name], zur Nutzung überlassen wurde und dieser die streitgegenständliche Rechtsverletzung begangen habe. Sie habe Herrn [Name] nach Erhalt der Abmahnung direkt angesprochen und er habe die Rechtsverletzungshandlung nicht abgestritten, sondern versucht, diese zu erklären. Sie selbst habe nicht mitbekommen, dass er Tauschbörsen nutze und sei sogar bereits damals übervorsichtig gewesen, wenn es um Downloads aus dem Internet gegangen sei.

Soweit sich die Klägerin - entgegen der Einlassung der Beklagten - darauf beruft, dass Herr [Name] keinen Zugang zum Internetanschluss der Beklagten gehabt habe und die Beklagte Täterin der streitgegenständlichen Rechtsverletzung gewesen sei, obliegt nach den oben dargelegten Grundsätzen der Klägerin die Darlegungs- und Beweislast. Diesen Beweis hat die Klägerin nicht erbracht.

Die Angaben der Beklagten im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung erschienen vielmehr glaubhaft. Die Beklagte hat detailliert vorgetragen und alle Fragen ohne Zögern bereitwillig beantwortet. Dies betraf auch sämtliche vom Gericht oder auch dem Klägervertreter gestellte Fragen zu Herrn [Name]. Daran, dass Herr [Name] existiert, bestehen keine Zweifel. Es ist unstreitig geblieben, dass Herr [Name] sich nach dem Erhalt der Abmahnung der Klägerseite für eine Beratung an den Prozessbevollmächtigten der Beklagten gewandt hat. Auch bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung sonstige unwahre Angaben gemacht hat. Die Beklagte hat vielmehr glaubhaft Auskunft zu der Beziehung zu Herrn [Name] gegeben und versichert, seit Mitte des Jahres 2016 weder Kontakt zu Herrn [Name], noch zu Freunden von Herrn [Name] zu haben und sich bereits im Frühjahr 2015 von diesem getrennt zu haben, wobei Herr [Name] noch bis Spätsommer 2015 in der gemeinsamen Wohnung gewohnt habe. Auch folgt aus dem Umstand, dass Herr [Name] unter der damaligen Anschrift der Beklagten nach der klägerseits vorgelegten Melderegisterauskunft offenbar nicht gemeldet war, nicht, dass er dort nicht gewohnt hat.

Nach einer Gesamtbetrachtung erscheinen der Beklagten insbesondere auch etwaige Ermittlungen zu der aktuellen Adresse des Herrn [Name] nicht zumutbar. Dies dürfte jedenfalls gelten, da die Beklagte keinen Kontakt zu ihrem ehemaligen Lebensgefährten mehr pflegt und zu einem solchen auch nicht verpflichtet ist. Eine Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen, gibt es insbesondere nicht (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 - I ZR 48/15 -, Rn. 33, - "Everytime we touch" juris).

Da Herr [Name] als Täter ernsthaft in Betracht kommt, greift keine tatsächliche Vermutung für die Verantwortlichkeit der Beklagten als Anschlussinhaberin ein und die Klägerin trifft die volle Beweislast für die (Allein-)Täterschaft der Beklagten. Ein hinreichendes Beweisangebot hat die Klägerin diesbezüglich jedoch nicht gemacht. Soweit die Klägerin in dem ihr nachgelassenen Schriftsatz vom 06.07.2017 das Zeugnis von Herrn [Name] als Beweis angeboten hat, war diesem Beweisangebot mangels Benennung einer ladungsfähigen Anschrift nicht nachzugehen. Ein Hinweis mit Ausschlussfrist musste diesbezüglich nicht erfolgen, da dies angesichts des Umstandes, dass die Adresse nach den eigenen Angaben der Klägerseite nicht ermittelbar sei, als reine Förmelei erschiene. Weiteren Beweis hat die Klägerseite nicht angeboten.


2.

Die Beklagte haftet auch nicht als Teilnehmerin. Voraussetzung dafür wäre neben einer objektiven Gehilfenhandlung (Anstiftung oder Beihilfe) ein zumindest bedingter Vorsatz in Bezug auf die Haupttat, einschließlich des Bewusstseins ihrer Rechtswidrigkeit (vgl. dazu: BGH, GRUR 2011, 152 - "Kinderhochstühle im Internet"). Dies kann nach dem Vorbringen der Klägerin nicht festgestellt werden.


3.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte auch keinen Aufwendungsersatzanspruch gemäß § 97a Abs. 1 Satz 2 UrhG (a.F.).

Die Beklagte haftet nicht als unmittelbarere Verletzerin im Sinne dieser Vorschrift, da nicht zur Überzeugung des Gerichts feststeht, dass sie die Rechtsverletzung begangen hat (siehe oben Ziffer 1).

Die Beklagte haftet auch nicht als Störerin im Sinne des § 97a Abs. 1 Satz 2 UrhG (a.F.). Anders als im Rahmen der Schadensersatzhaftung nach § 97 Abs. 2 UrhG haftet auf Kostenersatz nach § 97a Abs. 1 Satz 2 UrhG (a.F.) auch ein mittelbarer Verletzer (sog. Störer). Als Störer kann bei der Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer - ohne Täter oder Teilnehmer zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechts beiträgt (vgl. BGH GRUR 2014, 657, 659 - "BearShare"). Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, setzt die Haftung als Störer die Verletzung zumutbarer Verhaltenspflichten, insbesondere von Prüfungs- bzw. Belehrungspflichten, voraus.

Für eine Belehrungspflicht der Beklagten bestehen vorliegend keine Anhaltspunkte. Ohne konkrete Anhaltspunkte für eine bereits begangene oder bevorstehende Urheberrechtsverletzung ist der Inhaber eines Internetanschlusses insbesondere grundsätzlich nicht verpflichtet, volljährige Mitglieder seiner Wohngemeinschaft oder seine volljährigen Besucher und Gäste, denen er das Passwort für seinen Internetanschluss zur Verfügung stellt, über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Tauschbörsen aufzuklären und ihnen die rechtswidrige Nutzung entsprechender Programme zu untersagen (BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 - I ZR 86/15 -, BGHZ 210, 224-232).

Ob eine etwaige Verletzung von Sicherungspflichten hinsichtlich des WLAN-Routers vorlag, kann vorliegend dahinstehen. Dass eine etwaige Verletzung kausal für die streitgegenständliche Rechtsverletzung geworden wäre, ist bereits angesichts der ernsthaften Möglichkeit der Täterschaft des Herrn [Name] nicht ersichtlich und ist auch nicht durch die Klägerseite behauptet.


4.

Da die Hauptforderung aus den unter I. 1. - 3. genannten Gründen nicht begründet ist, besteht auch kein Anspruch der Klägerin auf die als Nebenforderung geltend gemachten Zinsen.



II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.




Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen die Entscheidung kann das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600,00 EUR übersteigt oder das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

Die Berufung ist binnen einer Notfrist von einem Monat bei dem

Landgericht Hamburg
Sievekingplatz 1
20355 Hamburg


einzulegen.

Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung der Entscheidung.

Die Berufung muss mit Schriftsatz durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt eingelegt werden. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt werde.

Die Berufung muss binnen zwei Monaten mit Anwaltsschriftsatz begründet werden. Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.



gez.
[Name]
Richterin am Amtsgericht




Für die Richtigkeit der Abschrift
Hamburg, 20.07.2017

[Name], JAng
Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Durch maschinelle Bearbeitung beglaubigt - ohne Unterschrift gültig
(...)





~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



AG Hamburg, Urteil vom 20.07.2017, Az. 32 C 435/16,
Rechtsanwalt Dr. Alexander Wachs,
Dr. Wachs Rechtsanwälte,
Klage Negele - Zimmel - Greuter - Beller,
sekundäre Darlegungslast,
Nachforschungspflichten,
Einfachermittlung

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AG Charlottenburg, Az. 229 C 75/17

#11114 Beitrag von Steffen » Donnerstag 3. August 2017, 16:09

Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Amtsgericht Charlottenburg - Unzureichende Nachforschungen in Tauschbörsenverfahren führen zur Verurteilung des Anschlussinhabers (Wohngemeinschaft)


16:05 Uhr



Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Musikaufnahmen. Der Beklagte in diesem Verfahren vor dem Amtsgericht Charlottenburg verteidigte sich damit, in einer Wohngemeinschaft (WG) mit fünf weiteren Personen gelebt zu haben, welche uneingeschränkten Zugang zum Internetanschluss gehabt hätten. Keiner der Mitbewohner habe auf Nachfrage die Rechtsverletzung eingeräumt, dennoch sei eine Täterschaft einer dieser Personen nicht auszuschließen. Auf dem gemeinschaftlich genutzten Computer der WG habe sich jedoch keine Tauschbörse befunden.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

Beethovenstraße 12 | 80336 München
Telefon: 089 / 52 05 72 10 | Telefax: 089 / 52 05 72 30
E-Mail: web@waldorf-frommer.de | Web: www.waldorf-frommer.de




Bericht

Link:
https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... sinhabers/


Urteil als PDF:
https://news.waldorf-frommer.de/wp-cont ... _75_17.pdf




Autor

Rechtsanwalt Thorsten Nagl, LL.M.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Das Amtsgericht Charlottenburg bewertete den Sachvortrag des Beklagten zurecht als unzureichend. Die bloße Behauptung, fünf weitere WG-Mitbewohner kämen als Täter der Rechtsverletzung in Betracht, sei nicht geeignet, der sekundären Darlegungslast in ausreichendem Maße zu genügen. Der Beklagte müsse sich dabei insbesondere vorwerfen lassen, den ihm obliegenden Nachforschungspflichten nicht nachgekommen zu sein.

"Hierbei fordert das Gericht nicht, dass der Beklagte rückwirkend aufzuzeichnen und zu dokumentieren hat, wann und in welchem Umfang das Internet über seinen privaten Anschluss auch von Dritten genutzt wurde. Allerdings umfasst seine Nachforschungspflicht gegenüber Personen, denen er seinen Internetanschluss zur Verfügung stellt, konkrete zeit- und umfangbezogene Nachfragen und diesbezüglich auch eine Dokumentation der hierauf gegebenen Antworten. Allein die Benennung seiner Mitbewohner mit Namen und Anschriften genügt dieser Darlegungslast nicht."


Der Beklagte hafte daher als Täter.

Auch den weiteren Einwänden des Beklagten in Bezug auf die Aktivlegitimation der Klägerin, die korrekte Ermittlung der Rechtsverletzung sowie die Forderungshöhe erteilte das Amtsgericht eine Absage.

Die Klägerin könne sich zum Nachweis ihrer Rechteinhaberschaft - wie der Bundesgerichtshof bereits bestätigt habe - auf Eintragungen in der "Phononet"-Datenbank berufen. Ein solcher Eintrag stelle jedenfalls ein gewichtiges Indiz dar, der "durch den Vortrag konkreter Anhaltspunkte entkräftet" werden müsse. Ein solcher Vortrag sie seitens des Beklagten jedoch nicht erfolgt.

"Aber auch in der Sache ist der Vortrag nicht geeignet, den qualifizierten Vortrag zur Aktivlegitimation der Klägerin in Frage zu stellen, da die Richtigkeit unterstellt, die GEMA habe bzgl. einzelner Titel des betreffenden Albums Aufführungsrechte, daraus noch nicht der Rückschluss gezogen werden kann, die GEMA habe daher auch die sonstigen ausschließlichen Nutzungsrechte der Verbreitung."


Aufgrund der mehrfachen Ermittlung der Rechtsverletzung über mehrere IP-Adressen, die allesamt dem Anschluss des Beklagten zugeordnet werden konnten, liege es auch außerhalb jeglicher Lebenswahrscheinlichkeit, dass die Rechtsverletzung nicht korrekt ermittelt worden sei. Einer Beweisaufnahme bedürfe es daher nicht.

"Aufgrund der Anzahl der festgestellten Zuordnungen von unterschiedlichen IP-Adressen, die zu unterschiedlichen Zeiten ermittelt wurden, liegt es außerhalb der Lebenswahrscheinlichkeit, dass mehrere IP-Adressen mehrere Male genau demselben - falschen - Internetanschluss zugeordnet wurden."


Letztlich sei auch die Höhe der geltend gemachten Forderungshöhe nicht zu beanstanden.

Das Amtsgericht Charlottenburg verurteilte den Beklagten daher vollumfänglich zur Zahlung von Schadensersatz, zum Ersatz der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten sowie zur Übernahme der gesamten Verfahrenskosten.









AG Charlottenburg, Urteil vom 04.07.2017, Az. 229 C 75/17



(...) - Beglaubigte Abschrift -



Amtsgericht Charlottenburg

Im Namen des Volkes

Urteil




Geschäftsnummer: 229 C 75/17

verkündet am: 04.07.2017
[Name], Justizbeschäftigte


In dem Rechtsstreit


[Name],
Klägerin,

- Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldorf Frommer, Beethovenstraße 12, 80336 München,-



gegen


den Herrn [Name], 12435 Berlin,
Beklagten,

- Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt [Name], 69123 Heidelberg, -





hat das Amtsgericht Charlottenburg, Zivilprozessabteilung 229, auf die mündliche Verhandlung vom 19.05.2017 durch die Richterin am Amtsgericht [Name]

für Recht erkannt:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.178,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 04.03.2016 zu zahlen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 120 % des aufgrund des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.





Tatbestand:

Die Parteien streiten über Schadensersatzansprüche wegen einer behaupteten Urheberrechtsverletzung durch Ermöglichung eines Downloads des Musikalbums [Name] der Musikgruppe [Name].

Die Klägerin beauftragte im streitgegenständlichen Zeitraum die Firma ipoque GmbH mit der Überwachung der Filesharing-Systeme (P2P-Tauschbörsen) bzgl. des streitgegenständlichen Musikalbums. Diese nutzte zur Ermittlung von Rechtsverletzungen das sogenannte "Peer-to-Peer Forensic System" (PFS). Wegen der streitgegenständlichen Downloads erwirkte die Klägerin im zivilrechtlichen Gestattungsverfahren gemäß § 101 Abs.2 UrhG den Beschluss des Landgerichts Köln zum dortigen Az. 213 0 179/13. Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird auf die in Bezug genommene Anlage K 2, Bl. 37 40 d.A., Bezug genommen. Mit diesem wurde der Provider, die Telekom Deutschland, zur Auskunft angehalten. Nach der Auskunft des Providers sind die ermittelten IP-Adressen dem Beklagten zuzuordnen, vgl. Anlage K 2, Bl. 38 - 40 d.A..

Die Klägerin mahnte den Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom [Datum] wegen der aufgrund dieser Ermittlungen behaupteten Urheberrechtsverletzungen an dem Musikalbum mit dem Titel [Name] in der Zeit zwischen dem [Datum] bis [Datum] ab.

Wegen der Einzelheiten des Schreibens wird auf die als Anlage K4 zur Akte gereichte Abschrift desselben, Bl. 42 - 46 d.A., Bezug genommen. Daraufhin gab der Beklagte die geforderte rechtsverbindliche Unterlassungserklärung ab. Auf die vorgerichtlichen Zahlungsaufforderungen und Mahnungen zahlte der Beklagte nicht. Der Beklagte wohnte zu dieser Zeit in einer Wohngemeinschaft, zusammen mit fünf weiteren volljährigen Personen, deren vollständige Namen und Anschriften der Beklagte zum Gegenstand seiner Verteidigung macht.

Die Klägerin beziffert ihren mit dieser Klage geltend gemachten in Anwendung der sog. Lizenzanalogie berechneten Mindestschaden auf 600,00EUR. Ferner beziffert die Klägerin ihre durch die anwaltliche Abmahnung vom [Datum] entstandenen Kosten unter Zugrundelegung eines Gegenstandswerts in Höhe von 10.000,00 EUR auf 578,00 EUR. Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird auf die Berechnungen auf Seite 25 - 27 der Klageschrift Bezug genommen.


Die Klägerin behauptet,
sie sei ausschließliche Rechteinhaberin an dem Album mit dem Titel [Name] der Musikgruppe [Name]. Sie behauptet weiter, der Beklagte habe über seinen Internetanschluss Dritten dieses Album zum illegalen Download angeboten; die Daten seien dann auch übertragen und über das sog. P2P-Netz verteilt worden. Dies habe u.a. am [Datum] [Uhrzeiten] Uhr und am [Datum] [Uhrzeiten] Uhr und um [Uhrzeit] Uhr über die IP-Adressen des Beklagten [IP] und [IP] stattgefunden. Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird auf das als Anlage K 3eingereichte sogenannte "Falldatenblatt", Bl. 41 d.A., Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt,
die beklagte Partei zu verurteilen, an die Klägerin einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 600,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 04.03.2016 sowie
578,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hier- aus seit dem 04.03.2016 zu zahlen.



Die beklagte Partei beantragt,
die Klage abzuweisen.

Der Beklagte behauptet,
seine fünf Mitbewohner hätten zu den streitgegenständlichen Tatzeiten uneingeschränkten Zugang zum Internetanschluss des Beklagten gehabt. Alle Mitbewohner hätten das Internet auch Nachts benutzt. Er habe im Nachgang der Vorwürfe der Klägerin die Mitbewohner gefragt, woraufhin keiner der Mitbewohner gegenüber dem Beklagten eingeräumt habe, die Downloads vorgenommen zu haben. Eine Täterschaft einer der anderen Mitbewohner des Beklagten könne er daher nicht ausschließen. Auf der Festplatte des von der Wohngemeinschaft gemeinschaftlich genutzten Computers sei weder eine Filesharing-Software noch seien dort die streitgegenständlichen Musiktitel zu finden gewesen.

Er erhebt die Einrede der Verjährung.

Mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 13.06.2017 behauptet der Beklagte ferner, die Nutzungsrechte an dem Album seien zur Verwertung der GEMA übertragen worden. Der Datenbank der GEMA sei zu entnehmen, dass einzelne Titel dieses Albums dort geführt werden.

Die Klage ist dem Beklagten am 16.03.2017 zugestellt worden, nachdem der Mahnbescheid dem Beklagten bereits am 16.04.2016 zugestellt worden war, der Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens jedoch erst am 20.02.2017 bei Gericht eingegangen war.


Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie das Protokoll zur mündlichen Verhandlung am 19.05.2017 Bezug genommen. Darin hat das Gericht der Klägerin Schriftsatznachlass auf die richterlichen Hinweise binnen 2 Wochen gewährt. Auf Antrag der Klägerin vorn 02.06.2017 hat das Gericht diese Stellungnahmefrist stillschweigend bis zum 12.06.2017 verlängert. Am 09.06.2017 ist daraufhin der Schriftsatz der Klägerin vom 09.06.2017 bei'Gericht eingegangen: Am 27.05.2017 ist ein Schriftsatz des Beklagten, datiert auf dem 24.05.2017, eingegangen.




Entscheidungsgründe:



I.

Die zulässige Klage ist begründet.


1.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Erstattung eines Schadensersatzes in Gestalt eines Lizenzschadens in Höhe von 600,00 EUR. Der Klageantrag war dahingehend auszulegen, dass die Klägerin diesen Lizenzschaden als Mindestschaden begehrt, vgl. auch die Ausführungen hierzu in der Klageschrift, darin S. 19; wo die Klägerin explizit auf das Urteil des BGH, in GRUR 1993, 55 - "Tchibo" / "Rolex II" Bezug nimmt. Dem Beklagten ist zuzugeben, dass es § 253 Abs.2 ZPO gebietet, den Klageantrag auch der Höhe nach festzulegen, um den Bestimmtheitsanforderungen an denselben zu genügen. Diesen Anforderungen genügt die Klägerin jedoch, indem sie die nach § 287 ZPO zu schätzende Höhe des begehrten Mindestschadens beziffert.

Der Anspruch auf Erstattung des Lizenzschadens folgt aus §§ 97 Abs.2, 19a UrhG (in der bis zum 08.10.2013 geltenden Fassung).

Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Sie hat unter Bezugnahme auf die Anlagen K 2 und K 5 ihre Rechteinhaberschaft konkret dargetan. Danach ist sie Inhaberin der Rechte an dem streitbefangenen Musikalbum. Dies folgt aus der Indizienwirkung des als Anlage K 5 zur Akte gereichten Auszugs aus der Phononet-Datenbank. Der BGH hat hierzu bereits statuiert, dass die Eintragung in diese Katalogdatenbank ein erhebliches Indiz für die Inhaberschaft von Tonträgerherstellerrechten an den auf dem Album enthaltenen Musikaufnahmen darstellt. Dieses könnte allenfalls durch den Vortrag konkreter Anhaltspunkte entkräftet werden, die gegen die Richtigkeit der in der Datenbank zu findenden Angaben sprechen (vgl. BGH, Urteil vom 11.06.2015, Az. I ZR 19/14 "Tauschbörse I", Leitsatz). Dieser Rechtsprechung schließt sich das erkennende Gericht an. Nach erneuter Prüfung der rechtlichen Anforderungen an die Vortragslast der Klägerin hält das Gericht den klägerischen Vortrag, der auch schon Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, hierfür ausreichend. Auf den Inhalt des nachgelassenen Schriftsatzes der Klägerin vom 09.06.2017 kam es daher nicht mehr in entscheidungserheblicher Weise an. Die Indizienwirkung entkräftende Anhaltspunkte hat der Beklagte weder vorgetragen, noch sind diese sonst ersichtlich. Soweit der Beklagte erstmals im Schriftsatz vom 24.05.2017 Ausführungen zu einer möglichen Entkräftung der Vermutung macht, stellt dies neuen Vortrag dar, der erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung zur Akte gereicht wurde und daher der Entscheidung nicht mehr zugrunde gelegt werden kann. Aber auch in der Sache ist der Vortrag nicht geeignet, den qualifizierten Vortrag zur Aktivlegitimation der Klägerin in Frage zu stellen, da die Richtigkeit unterstellt, die GEMA habe bzgl. einzelner Titel des betreffenden Albums Aufführungsrechte, daraus noch nicht der Rückschluss gezogen werden kann, die GEMA habe daher auch die sonstigen ausschließlichen Nutzungsrechte der Verbreitung.

Das Gericht hat seiner Entscheidung ferner die Annahme zugrunde zu legen, dass die Urheberrechtsverletzung vom Internetanschluss des Beklagten ausging. Der Beklagte hat nicht dargelegt, welche sonstige IP-Adresse seinem Anschluss zugeordnet gewesen sein sollte. Auch an der Richtigkeit der Ermittlung der IP-Adresse bestehen keine Bedenken. Die Klägerin hat mehrfache Verstöße, insgesamt acht Verstöße, verteilt über einen Zeitraum von 4 Tagen, über die IP-Anschlüsse des Beklagten ermittelt. Danach ist es unwahrscheinlich, dass es mehrfach zu einer fehlerhaften Ermittlung gekommen sein soll (vgl. auch OLG Köln, Beschluss vom 16.05.2012, Az. 6 U 239/11, juris).

Der Beklagte ist passivlegitimiert. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH, der sich das erkennende Gericht anschließt, spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass diejenige Person, der eine IP-Adresse zum fraglichen Zeitpunkt zugeordnet worden ist, auch die Rechtsverletzung zu verantworten hat, wenn ein geschütztes Werk der Öffentlichkeit von dieser IP-Adresse aus zugänglich gemacht worden ist (vgl. BGH, Urteil vom 12.05.2016, Az. I ZR 48/15 - "Everytime we touch").

So liegt der Fall auch hier. Der Beklagte hat diese Vermutung durch seinen Vortrag nicht entkräften können. Mit seiner pauschalen Behauptung, seine Mitbewohner hätten Zugriff auf den Internetanschluss gehabt, ist der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen. Unzureichend ist ferner die Behauptung, eine der ermittelten IP-Adressen sei dem Frankfurter Raum zuzuordnen. Zum Einen legt die Klägerin hier nicht nur die Zuordnung nur einer IP-Adresse, sondern gleich vier IP-Adressen zur Last. Zum anderen hat der Beklagte weiterhin nicht ausgeführt, welche IP-Adressen seiner Person denn zuzuordnen seien. Es ist nämlich völlig praxisfern anzunehmen, der Beklagte verfüge über keine eigene IP-Adresse. Dies hat er selbst auch zu keiner Zeit behauptet.

Der Einwand etwaiger Ermittlungsfehler kommt hier ebenfalls nicht zum Tragen. Aufgrund der Anzahl der festgestellten Zuordnungen von unterschiedlichen IP-Adressen, die zu Unterschiedlichen Zeiten ermittelt wurden, liegt es außerhalb der Lebenswahrscheinlichkeit, dass mehrere IP-Adressen mehrere Male genau demselben - falschen - Internetanschluss zugeordnet wurden (vgl. auch OLG Hamburg, MMR 2011, 281, LG Hamburg, ZUM-RD 2010, 416). Das weitere Bestreiten des Beklagten der Richtigkeit der Ermittlungen durch die ipoque GmbH und deren verwendetes System PFS ist ebenfalls unbeachtlich, da es sich um pauschales Bestreiten - ohne Bezug zum konkreten Fall handelt, womit der Beklagte seinen prozessualen Erklärungspflichten nicht genügt.

Nach dem entscheidungserheblichen Sachvortrag der Parteien hat der Beklagte zudem das Urheberrecht der Klägerin verletzt. Der Beklagte genügt seiner sekundären Darlegungslast nicht, wenn er behauptet, dass als Verletzer auch einer seiner damaligen fünf Mitbewohner in Betracht käme.

Bei der Inanspruchnahme eines Internet-Anschlussinhabers wegen Urheberrechtsverletzungen trägt der Anspruchsteller nach den, allgemeinen Grundsätzen die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs auf Schadensersatz erfüllt sind. Er hat darzulegen und im Bestreitensfall nachzuweisen, dass der in Anspruch Genommene für die behauptete Urheberrechtsverletzung als Täter verantwortlich ist (vgl. nur BGH, NJW 2017, 78 und NJW 2013, 1441). Für die Täterschaft des Anschlussinhabers spricht nicht etwa der Beweis des ersten Anscheins (Anscheinsbeweis). Für die Anwendung der Regeln über den Anscheinsbeweis ist im Falle der Urheberrechtsverletzung durch die Nutzung eines Internetanschlusses nicht ohne weiteres aufgrund der Inhaberschaft am Anschluss Raum. Es besteht allerdings zumindest eine tatsächliche Vermutung dahingehend, dass diejenige Person, der die IP-Adresse zugeordnet ist, von welcher die Rechtsverletzungen begangen wurden, auch. für die Rechtsverletzungen verantwortlich ist (vgl. nur BGH, NJW 2014, 2360). Der Anschlussinhaber kann diese Vermutung nur entkräften, indem er im Rahmen der ihn treffenden sekundären Darlegungslast Umstände vorträgt, die einen abweichenden Geschehensablauf nahe legen,(vgl. hierzu BGH, GRUR 2010, 633). Da es sich bei der Nutzung des Anschlusses um Interna des Anschlussinhabers handelt, von denen der Urheberrechtsberechtigte im Regelfall keine Kenntnis hat, obliegt dem Anschlussinhaber insoweit eine sekundäre Darlegungslast. Eine. die tatsächliche Vermutung ausschließende Nutzungsmöglichkeit Dritter ist etwa dann anzunehmen, wenn der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde. Der Beklagte muss sich deshalb zur Erfüllung seiner sekundären Darlegungslast entscheiden, ob er in einem ersten Schritt in Zweifel zieht, dass die Rechtsverletzung überhaupt über seinen Internetanschluss erfolgte und dann in einem zweiten Schritt entweder für seine Person die Rechtsverletzung unter Verweis auf andere Familien-Mitglieder oder Wohnungsinhaber und ggf. unter Darlegung der getätigten Kontrollmaßnahmen bestreitet oder aber insgesamt eine Täterschaft bestreitet und auf einen Dritten verweist, was indes Darlegungen zu den getroffenen Sicherheitsvorkehrungen erfordert (vgl. zur Darlegungslast: BGH, Urt. v. 11. Juni 2015 - I ZR 75/14 in NJW 2016, 953; insgesamt zu dieser Frage: LG Köln, Urt. v. 11.05.2011 - Az. 28 0 763/10).

Der Beklagte genügte seiner sekundären Darlegungslast nach diesen Grundsätzen erst dadurch, dass er vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat. Die pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt lebenden Dritten auf .den Internetanschluss genügt hierbei nicht. Erst wenn der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast nachgekommen ist, ist es wieder Sache der Klägerin, die für eine Haftung des Beklagten als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen Und nachzuweisen (vgl. BGH, Urt. v. 6. Okt. 2016 - I ZR 154/15, BeckRS 116060; NJW 2014, 2360).

An einem solchen Vortrag fehlt es hier, so dass die tatsächliche Vermutung weiterhin gegen den Beklagten streitet. Der Beklagte ist seiner sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen. Die bloße Mitteilung weiterer Anschlussnutzer genügt weder zur Erschütterung der tatsächlichen Vermutung noch zur Erfüllung der sekundären Darlegungslast. (vgl. auch BGH, Urteil vom 11.06.2015, Az. I ZR 75/14 "Tauchbörse III", Leitsatz). Hier war der Beklagte zu Nachforschungen verpflichtet. Welche konkreten Nachforschungen er tatsächlich betrieben hat, hat der Beklagte nicht weiter ausgeführt. Er hat insbesondere weder dargetan, wann. er seine Mitbewohner befragt hat. Es ist ferner nicht ausgeführt worden, ob und wenn ja, wer von den Fünfen, zu den Tatzeiten überhaupt in der Wohnung war. Seine Ausführungen zu einem Gemeinschaftscomputer in der Wohngemeinschaft sind ebenfalls nicht geeignet, den Vermutungstatbestand zu entkräften. Es ist in der heutigen Zeit, in der nahezu jeder Heranwachsender und junge Erwachsener ein internetfähiges Mobilfunkgerät hat, völlig unwahrscheinlich, dass sich die sechs Mitbewohner der Wohngemeinschaft auf nur ein einziges internetfähiges Endgerät beschränken.

Auch in zeitlicher Hinsicht war der Beklagte im Rahmen seiner sekundären Darlegungsrecht vortragen, ob andere Personen als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. Hier hat der Beklagte noch nicht einmal vorgetragen, ob die weiteren Bewohner der WG zu den angegebenen Tatzeiten überhaupt zu Hause waren, ob sie Besuch hatten und ggf. welcher Beschäftigung sie nachgegangen sind.

Der Beklagte hat weiterhin nicht vorgetragen, wann genau er seine damaligen Mitbewohner befragt hat und mit welchen Worten diese sinngemäß auf seine Fragen geantwortet haben. Stattdessen beschränkt sich der Beklagte selbst in diesem Punkt auf die Verwendung von Textbausteinen, indem er für alle fünf Mitbewohner auf Seite 3 - 4 seines Schriftsatzes vom 06.05.2017 wortgleich vorträgt, ohne einen konkreten Bezug zum Tatvorwurf herzustellen und ohne vorzutragen, was der einzelne Mitbewohner zu dieser Zeit tatsächlich gemacht hat, ob sie überhaupt zu Hause waren, etc.

Hierbei fordert das Gericht nicht, dass der Beklagte rückwirkend aufzuzeichnen und zu dokumentieren hat, wann und in welchem Umfang das Internet über seinen privaten Anschluss auch von Dritten genutzt wurde. Allerdings umfasst seine Nachforschungspflicht gegenüber Personen, denen er seinen Internetanschluss zur Verfügung stellt, konkrete zeit- und umfangbezogene Nachfragen und diesbezüglich auch eine Dokumentation der hierauf gegebenen Antworten. Allein die Benennung seiner Mitbewohner mit Namen und Anschriften genügt dieser Darlegungslast nicht.

Der Beklagte ist mithin als aktiver Täter anzusehen. Die theoretische Möglichkeit, dass bei den Ermittlungen auch Fehler vorkommen können, spricht zunächst einmal nicht gegen die Beweiskraft des Ermittlungsergebnisses, wenn im Einzelfall keine konkreten Fehler dargelegt werden, die gegen deren Richtigkeit sprechen. Der Beklagte hat seiner sekundären Darlegungslast nicht entsprochen. Dabei kann dahinstehen, ob ihm aufzuerlegen ist, von den weiteren Nutzern Verlaufsprotokolle zu verlangen bzw. den Computer regelmäßig auf Filesharing-Programme zu untersuchen (verneinend zumindest bei Familienangehörigen: BGH, Urt. v: 6. Okt. 2016 - I ZR 154/15, BeckRS 116060). Jedenfalls hat der Beklagte nicht nachvollziehbar dargetan, dass bzw. ob seine Mitbewohner als potenzielle Dritte tatsächlich zur Tatzeit Zugang zu dem Anschluss besessen haben. Der diesbezügliche Vortrag ist insgesamt pauschal "ins Blaue hinein" und offenbar insgesamt an den Vorgaben der zitierten Rechtsprechung angelehnt.

Zudem vermochte er nicht nachvollziehbar dazutun, aus welchem Grund er - trotz der behaupteten Nichttäterschaft und Nichtstörereigenschaft - die Unterlassungserklärung abgegeben hat. Die Beantwortung der generellen Frage, ob die Abgabe einer Unterlassungserklärung zu einer Beweislastumkehr hinsichtlich der Frage der Täterschaft oder Störerhaftung des Beklagten (vgl. OLG .Celle, WRP 2013, 208; OLG Düsseldorf, ZUM 2007, 386; Hess, WRP 2003, 353 - KG, WRP 1977, 793) führt, kann im Ergebnis daher dahinstehen. Ob zudem ein ausreichend qualifizierter Vortrag zu der Sicherung des Anschlusses vorliegt, kann aufgrund der Vielzahl der ihm vorgeworfenen Verstöße ebenso dahinstehen. Der Beklagte macht auch hierzu keine konkreten Angaben, sondern äußert nur Vermutungen, gestützt auf öffentliche Bekanntmachungen zum Router des Modells "Speedport W 504 V". Der Beklagte teilt hingegen noch nicht einmal, um was für einen Router es sich bei dem von seinem Internetprovider zur Tatzeit zur Verfügung gestellten handelte.

Der Beklagte handelte schuldhaft. Im Urheberrecht ist dabei ein strenger Maßstab anzulegen. Er handelte zumindest fahrlässig.

Der Beklagte schuldet damit dem Grunde nach Schadensersatz. Dieser Anspruch ist auch nicht verjährt. Der Beklagte hat zwar die Einrede der Verjährung erhoben, § 214 BGB. Für den hier geltend gemachten Lizenzschaden in Höhe von 600,00 EUR gilt jedoch die 10-jährige Verjährungsfrist des § 852 BGB (vgl. BGH, NJW 2015, 3165).

Soweit man die Höhe des Schadensersatzanspruchs im Wege der Lizenzanalogie ermittelt, ist die Berechnung der Klägerin und die Geltendmachung eines Mindestschadens nicht zu beanstanden. Dabei ist der (damalige) Kaufpreis des Musikalbums in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen. Als Faustregel nimmt das Gericht grundsätzlich als Lizenzschaden den hundertfachen Wert des Kaufpreises zum Zeitpunkt der Verletzungshandlung an, wobei unter Berücksichtigung der weiteren Umstände des Einzelfalles eine Anpassung nach oben oder unten erfolgen kann. Angesichts der Art des Musikalbums, dessen zum Zeitpunkt der Verletzungshandlung durchaus noch zu bejahende Aktualität erachtet das Gericht mit der Klägerin einen Lizenzschaden von 600,00 EUR als angemessen, aber auch ausreichend, § 287 ZPO. Unerheblich ist, dass das Musikalbum unter Umständen kostenlos auf der Plattform "Youtube" gestreamt werden kann - dies führt nicht dazu, dass eine Lizenz für das Urheberrecht zu verneinen ist, da es vorliegend um die Frage des Zurverfügungstellens zum Download geht.


2.

Ferner besteht ein Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 578,00 EUR.

Der Anspruch folgt aus § 97 Abs. 2 UrhG (a.F.), d.h. als Teil des Schadensersatzes; ferner aber auch aus § 97a UrhG (a.F.) und den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag.

Aus den vorbezeichneten Gründen haftet der Beklagte der Klägerin als Täter. Die Klägerin durfte sich der Durchsetzung ihres Schadensersatzanspruchs eines Rechtsanwalts bedienen. Auszugehen ist dabei von einem Gegenstandswert von bis zu 10.000,00 Euro bei einer 1,0 Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VVRVG zuzüglich der Pauschale nach Nr. 7002 VVRVG.

Den Gegenstandswert für den Unterlassungsanspruch schätzt das Gericht (nach §§ 53 Abs. 1 Nr. 1 GKG, 3 ZPO) auf 10.000,00 Euro. Ausgangspunkt für die Bemessung des Wertes einer Unterlassungsklage ist das Interesse der Klägerin an der Rechtsdurchsetzung bei einer "ex ante" Betrachtung, wobei dieses Interesse vom Gericht nach freiem Ermessen geschätzt werden muss, § 3 ZPO. Zu berücksichtigen ist im Urheberrecht deshalb, wie und in welchem Umfang das geschützte Recht verletzt wird und inwieweit dadurch das wirtschaftliche Interesse des Urheberrechtsinhabers betroffen ist. Maßgeblich sind dabei der wirtschaftliche Wert des Urheberrechts und der Angriffsfaktor der Rechtsverletzung. Bereits dieser Ansatz macht deutlich, dass diese Bewertungsfaktoren nicht für alle Urheberrechtsverletzungen zu einem mehr oder weniger einheitlichen Streitwert führen. Zu beachten ist nämlich, dass das Interesse des Urhebers an der Unterlassung unterschiedlich geprägt sein kann. Handelt es sich um ein Urheberrecht an. einem Werk, das der Urheber vermarktet, zielt sein Unterlassungsanspruch gegen nicht genehmigte Nutzungen im Wesentlichen darauf ab, dieses Lizenzinteresse zu sichern. Bei einer solchen Interessenlage vermag es durchaus sachgerecht erscheinen, für die Streitwertbemessung auf den vom Urheber aufgezeigten drohenden Lizenzschaden abzustellen (vgl. etwa OLG Braunschweig, GRURPrax 2011, 516). Ein solcher war hier allerdings noch gar nicht bekannt, der Umfang (Art, Anzahl, Dauer der Nutzung etc.) nicht abzusehen. Das wirtschaftliche Interesse der Klägerin, den drohenden Schaden, bemisst das Gericht unter Ansehung der Verletzungsintensität und der weiteren Umstände, wie Aktualität und Bekanntheit etc., auf zumindest 10.000,00 EUR.

Eine 1,0 Gebühr nach Nr. 2300 VVRVG ist nicht zu beanstanden. Diese liegt sogar unterhalb des (gekappten) Mittelwertes von 1,3. Der Beklagte trägt keine Umstände vor, die gegen die Gewährung der unter der Mittelgebühr liegenden " gekappten Mittelgebühr" sprechen würden. Allein der Umstand, dass es sich um Massenverfahren handelt, ist insoweit nicht ausreichend. Darüber hinaus steht dem Rechtsanwalt in einem begrenzten Umfang ein Ermessensspielraum zu. Eine Deckelung nach § 97a Abs. 3 S. 2 UrhG n.F. hat nicht zu erfolgen; maßgeblich kommt es insoweit auf den Zeitpunkt der Abmahnung an, weshalb dahinstehen kann, ob in Fällen wie dem vorliegenden nicht ohnehin die Öffnungsklausel nach § 97a Abs. 3 S. 4 UrhG n.F. anzuwenden ist. Hinzu kommt die Pauschale nach Nr. 7002 VVRVG. Eine Deckelung nach § 97a Abs. 2 UrhG a.F. hat nicht zu erfolgen. Nach Auffassung des Gerichts kann in derartigen Fällen (P2P-Tauschbörse) nicht von einem einfach gelagerten Fall ausgegangen werden.

Auch der Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten ist nicht verjährt. Nach § 199 Abs. 1 BGB begann die Verjährung mit dem Schluss des Jahres, in dem die geltend gemachten Ansprüche entstanden waren. Entstanden im Sinne des § 199 Abs. 1 BGB ist ein Anspruch, sobald er erstmals geltend gemacht und notfalls im Wege der Klage durchgesetzt werden kann. Dies ist der Zeitpunkt, in dem er fällig wird (vgl. nur BGHZ 55, 340, 341; 79, 176, 177). Voraussetzung hierfür ist die Kenntnis des Schädigers. Danach begann der Lauf der regelmäßigen Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres 2013 und endete (frühestens, vgl. oben zu § 852 BGB und BGH, NJW 2015, 3165) mit Ablauf des Jahres 2016.

Der Lauf der Verjährung wurde durch die Zustellung des Mahnbescheides am 16.04.2016 (bzw. rückwirkend nach § 167 ZPO bereits Antragseingang) gehemmt, § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB. Hierfür sind die im Mahnbescheid geltend gemachten Ansprüche ausreichend bezeichnet. Zur Verjährungshemmung führt die Zustellung des Mahnbescheides - beziehungsweise unter den Voraussetzungen des § 167 ZPO der Eingang des Antrags auf. Erlass eines Mahnbescheides - nur unter der Voraussetzung, dass der geltend gemachte Anspruch ausreichend individualisiert ist, § 690 Abs. 1 Nr. 3 ZPO (vgl. nur BGH, NJW 1991, 43; NJW 1992, 1111 und WM 2000, 686; KG, GE 2001, 989 jeweils m.w.N.). Dies ergibt sich daraus, dass der Mahnbescheid als Grundlage eines Vollstreckungsbescheides dienen soll und dem Schuldner die Beurteilung ermöglichen muss, ob er sich gegen den Anspruch zur Wehr setzen will oder nicht. Wird - wie vorliegend - eine Mehrzahl von Einzelforderungen geltend gemacht, muss es deren Bezeichnung im Mahnbescheid dem Beklagten ermöglichen, die Zusammensetzung des verlangten Gesamtbetrages aus für ihn unterscheidbaren Ansprüchen zu erkennen (vgl. nur BGH, NJW 2001, 305). Demnach muss der Schuldner erkennen können, welche Forderung gegen ihn geltend gemacht wird (vgl. nur BGH, NJW 1992, 1111 und NJW-RR 2006, 275). Die Berechnungsgrundlagen für den Anspruch sind hingegen nicht erforderlich. Die Substantiierung bleibt dem Erkenntnisverfahren vorbehalten. Eine ausreichende Individualisierung ist vorliegend zu bejahen. Der Beklagte konnte dem Mahnbescheid entnehmen, dass die Klägerin zwei Forderungen geltend macht. Der Forderungsgrund ist ausreichend individualisiert - das Abmahnschreiben und die Forderungshöhe sowie der Lizenzschaden und die Abmahnkosten sind bezeichnet.

Die Hemmung endete zunächst aufgrund des Nichtbetreibens über ein halbes Jahr mit Ablauf des 16.10.2016, § 204 Abs. 2 BGB. Allerdings ist bereits am 20.02.2017 die Anspruchsbegründungsschrift eingegangen und die Hemmungswirkung daher wieder eingetreten, so. dass eine Verjährung nicht eingetreten ist.


3.

Die Zinsentscheidung beruht auf §§ 288 Abs.1, 286 Abs.1 S. 1, 280 BGB.



II.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs.1, 708 Nr. 11, 711, 709 S. 2 ZPO.




Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen die Entscheidung können Sie, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder die Berufung vom Gericht, das die Entscheidung getroffen hat, zugelassen worden ist, Berufung einlegen, wenn Sie durch die Entscheidung in ihren rechten beeinträchtigt sind.

Im Berufungsverfahren müssen Sie sich von einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt vertreten lassen. Dies gilt für das Einlegen der Berufung und die Begründung.

Die Berufung muss schriftlich durch Ihre Rechtsanwältin oder Ihren Rechtsanwalt beim

Landgericht Berlin
Littenstraße 12-17
10179 Berlin


oder

Landgericht Berlin
Tegeler Weg 17-21
10589 Berlin


oder

Landgericht Berlin,
Turmstraße 91,
10559 Berlin


eingelegt werden.

Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt wird. Die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift müssen von Ihrer Rechtsanwältin / Ihrem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Die Berufung ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem oben genannten Gericht einzulegen.

Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Verkündung der Entscheidung, wenn die Entscheidung nicht zugestellt werden konnte.

Die Berufungsschrift muss innerhalb der Frist beim Gericht eingegangen sein. Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, innerhalb von zwei Monaten schriftlich zu begründen. Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.



[Name],
Richterin am Amtsgericht




Für die Richtigkeit der Abschrift
Berlin, den 05.07.2017
[Name], Justizbeschäftigte
Durch maschinelle Bearbeitung beglaubigt - ohne Unterschrift gültig. (...)





~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


AG Charlottenburg, Urteil vom 04.07.2017, Az. 229 C 75/17,
WALDORF FROMMER Rechtsanwälte,
Rechtsanwalt Thorsten Nagl LL.M.,
Klage Waldorf Frommer,
Wohngemeinschaft,
WG,
sekundäre Darlegungslast,
Nachforschungspflichten,
Mehrfachermittlung,
Aktivlegitimation,
Indizwirkung Eintrag "Phononet"-Datenbank,
pauschales Bestreiten,
Verjährung

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Wochenrückblick

#11115 Beitrag von Steffen » Freitag 4. August 2017, 18:51

------------------------------------------------------ - Abmahnwahn Deutschland - Filesharing - --------------------------------------------


DER Wochenrückblick........................Bild......................Filesharing Fälle


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Ausgabe 2017, KW 31 ..................................Initiative AW3P.............................31.07. - 06.08.2017

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.............................................................Bild










1. Bundesgerichtshof (Karlsruhe): Kostenlose Erstberatung des Rechtsanwalts (im Verkehrsrecht) zulässig


BGH, Urteil vom 03.07.2017 - AnwZ (Brfg) 42/16


(...) Da § 34 Absatz 1 RVG für die außergerichtliche Beratung schon keine gesetzliche Gebühr vorsieht, steht § 4 Absatz 1 einer unentgeltlichen Tätigkeit insoweit zwar nicht entgegen. Anders gestaltet sich die derzeitige Rechtslage aber, wenn der Rechtsuchende vertreten wird: Keine auch noch so geringe Leistung nebst Verantwortung und Haftungsrisiko wird je in einem "angemessenen Verhältnis" zum vollständigen Verzicht auf Bezahlung liegen. Die strikten Einschränkungen unentgeltlicher Tätigkeit widersprechen dabei allerdings praktischen Bedürfnissen ..." (...)



Quelle: 'juris.bundesgerichtshof.de'
Link: http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-b ... os=0&anz=1










2. Dr. Damm und Partner | Rechtsanwälte & Fachanwälte (Hamburg): Kammergericht Berlin - Zu den Voraussetzungen einer wirksamen Abmahnung


KG Berlin, Beschluss vom 04.04.2017, Az. 5 W 31/17


(...) Die Abmahnung muss mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck bringen, welches konkrete Verhalten beanstandet wird (vgl. OLG Düsseldorf WRP 2012, 595, 596; OLG Köln GRUR-RR 2014, 80, 82; OLG Stuttgart WRP 1996, 1229, 1230), für das die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung verlangt wird (Senat WRP 2012, 1562 [KG Berlin 20.07.2012 - Az. 5 U 90/11]). Auch wenn der Gläubiger Unterlassung nicht nur der konkreten Verletzungsform begehrt, muss er doch den Anlass der Beanstandung ganz konkret bezeichnen, damit der Schuldner weiß, was genau für den Gläubiger den Stein des Anstoßes bildet (Hess a.a.O. Rn. 7; vgl. auch OLG Köln GRUR-RR 2014, 80, 82). Um ihren Zweck zu erfüllen, muss in der Abmahnung der Sachverhalt, der den Vorwurf rechtswidrigen Verhaltens begründen soll, also die begangene Handlung, genau angegeben und der darin erblickte Verstoß so klar und eindeutig bezeichnet sein, dass der Abgemahnte die gebotenen Folgerungen ziehen kann (OLG Düsseldorf WRP 2012, 595, 596; vgl. ferner OLG Jena Magazindienst 2013, 548; OLG Saarbrücken v. 16.03.2015 - Az. 1 W 7/15 - juris). Weder muss aber die Abmahnung eine rechtlich einwandfreie Begründung enthalten noch ein vorformuliertes Unterlassungsversprechen (Senat v. 22.11.2016 - Az. 5 U 89/15 - juris Rn. 62 m.w.N.). In der Abmahnung sind ferner gerichtliche Schritte für den Fall des fruchtlosen Ablaufs einer zu setzenden angemessenen Frist anzudrohen (BGH GRUR 2007, 164, [BGH 01.06.2006 - I ZR 167/03] Rn. 12 - Telefax-Werbung II; Hess a.a.O. Rn. 11 m.w.N.). (...)



Quelle: 'www.damm-legal.de'
Link: http://www.damm-legal.de/kg-berlin-zu-d ... -abmahnung










3. Oberlandesgericht München: Erledigung des Rechtsstreits trotz mangelnder förmlicher Zustellung der Klage nur per Fax


OLG München, Beschluss vom 07.07.2017, Az. 13 W 941/17


(...) Im vorliegenden Fall wurde die Klage - aus welchen Gründen auch immer - dem Beklagten mit Telefax vom 13.04.2017 übermittelt. In der Folge hat er sich zur Sache eingelassen und nicht etwa die fehlende förmliche Zustellung der Klage gerügt. Des Weiteren teilte er mit Schriftsatz vom 02.05.2017 mit, er verzichte auf die weitere Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil, womit die Klage erledigt sei. Diese Erklärung hat das Landgericht zu Recht als Erledigungserklärung des Beklagten unter Verzicht auf die förmliche Zustellung der Klage angesehen. Nicht nur der Kläger, sondern auch der Beklagte kann die Erledigung erklären. Entscheidend ist nur, dass beide Parteien übereinstimmend die Erledigung erklären, egal in welcher Reihenfolge. Das ist hier der Fall. (...)



Quelle: 'www.gesetze-bayern.de'
Link: http://www.gesetze-bayern.de/Content/Do ... 7-N-116317









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4. JurPC (Wiesbaden): Kein Kostenersatzanspruch für Einscannen der Akte


LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 08.05.2017, Az. L 7 AS 5/16 B


(...) Ein Einscannen von Teilen der Akte begründet keinen Kostenersatzanspruch nach Nr. 7000 VV RVG. Bis zum Inkrafttreten des 2. KostRMoG genügte für einen Ersatzanspruch die Herstellung und Überlassung u.a. von Ablichtungen. Überwiegend wurde in Rechtsprechung und Literatur vertreten, dass durch Einscannen eine Ablichtung im Sinne von Nr. 7000 VV RVG a.F. entstanden war, die zu einem Ersatzanspruch nach Nr. 7000 Nr. 1 VV RVG a.F. führen konnte. Dies hat der Gesetzgeber aber zum Anlass einer Neuregelung der Nr. 7000 VV RVG genommen, so dass der bisher vertretenen Auffassung der Boden entzogen wurde. Mit der Verwendung des Begriffes "Kopie" anstelle von "Ablichtung" sollte nämlich gerade erreicht werden, dass das Einscannen nicht erfasst ist. Dies ergibt sich aus der Gesetzesbegründung zu Nr. 7000 VV RVG (vgl. BT-Drucks. 17/11471, S. 284 zu Nummer 159). Danach sollte durch die Neuregelung klargestellt werden, dass es sich beim Einscannen gerade nicht um Ablichtungen im Sinne des geltenden Rechts und damit auch nicht um Kopien im Sinne des Gerichts- und Notarkostengesetzes handelt. Kopie im Sinne des Kostenrechts ist die Reproduktion einer Vorlage auf einem körperlichen Gegenstand, beispielsweise Papier, Karton oder Folie. (...)



Quelle: 'JurPC Web-Dok. 105/2017, Abs. 1 - 36'
Link: http://www.jurpc.de/jurpc/show?id=20170105










5. Beckmann und Norda Rechtsanwälte (Bielefeld): Landgericht Köln - 220.000 EUR Geldentschädigung für Persönlichkeitsrechtsverletzung durch unzulässige Wort- und Bildberichterstattung über bekannten Fußballtrainer


LG Köln, Urteil vom 05.07.2017, Az. 28 O 9/17



Quelle: 'www.beckmannundnorda.de'
Link: http://www.beckmannundnorda.de/serendip ... ainer.html









6. Lobby-Diesel-Gipfel 2017


Matthias Müller, VW-Chef, Antwort auf eine Frage zur Nachrüstung der Hardware:
"Ich möchte meine Ingenieure gerne zukunftsorientiert arbeiten lassen und nicht rückwärtsgewandt an Motoren, die zehn und 15 Jahre alt sind."




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"Wir können dank - UNSEREN - Politikern euch bescheißen, belügen und betrügen, wie uns beliebt. Denkt lieber daran, wie viele Arbeitsplätze Ihr mit euren unverschämten Forderungen gefährdet. Schämt Euch!"








7. Brandenburgisches Oberlandesgericht: Spaghettimonster-Kirche ist keine Religionsgemeinschaft - Hinweisschilder: "Nudelmessen" dürfen nicht aufgestellt werden


Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 02.08.2017, Az. 4 U 84/16



Quelle: 'www.gerichtsentscheidungen.berlin-branden-burg.de'
Link: http://www.gerichtsentscheidungen.berli ... focuspoint













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Gerichtsentscheidungen



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  • AG Hamburg, Urteil vom 20.07.2017, Az. 32 C 435/16 [NZGB verlieren; sek. Darlegungslast, Beklagte haftet nicht für dem Ex]




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  • AG Charlottenburg, Urteil vom 04.07.2017, Az. 229 C 75/17 [WF gewinnen; sek. Darlegungslast (Wohngemeinschaft)]









Dr. Wachs Rechtsanwälte (Hamburg):


AG Hamburg, Urteil vom 20.07.2017, Az. 32 C 435/16


Dr. Wachs Rechtsanwälte (Hamburg): Das Amtsgericht Hamburg weist Negele Klage zurück - Beklagte haftet nicht für Rechteverletzung ihres Ex



Quelle: 'aw3p.de'
Link: https://aw3p.de/archive/3024









Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München):


AG Charlottenburg, Urteil vom 04.07.2017, Az. 229 C 75/17


Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Amtsgericht Charlottenburg - Unzureichende Nachforschungen in Tauschbörsenverfahren führen zur Verurteilung des Anschlussinhabers (Wohngemeinschaft)



Quelle: 'news.waldorf-frommer.de'
Link: https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... sinhabers/












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Forenwelt




Forenpedia: "Der Neanderuler"




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Der Neanderuler (früher auch "Neanderuhler", wissenschaftlich Homo noctuaensis) ist ein aussterbender Verwandter des Abgemahnten (Admonitus vulgaris). Er entwickelte sich in Foren aus abgemahnten Vorfahren der Gattung Admonitus vulgaris und besiedelt einen kleinen Teil Norddeutschland. Hinzu kommen Fossilienfunde aus Kirchardt und Chemnitz. Diese Neanderuler werden aufgrund ihrer ausgeprägten Geldgier, Dummbabbelei und Faulheit auch als "klassische" Neanderuler bezeichnet.









Steffen's Kurzkommentar




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Amtsgericht Charlottenburg (Urt. v. 04.07.2017, Az. 229 C 75/17) - Wohngemeinschaft


Einer interessante Entscheidung des Amtsgericht Charlottenburg zur möglichen Haftungsfrage in einer Wohngemeinschaft, in der aufgeführt wird, welche Nachforschungspflichten den abgemahnten Anschlussinhaber treffen.


Ausgangslage:
- Wohngemeinschaft (AI + 5 weitere WG-Mitbewohner)
- Verteidigung: AI bestreitet eigen Haftung; Mitbewohner hätten zu den Logs uneingeschränkten Zugriff gehabt; Nach Befragung bestreitet jeder Mitbewohner seine Haftung; auf dem WG-Rechner war keine P2P-Software installiert oder das Album auffindbar; AI könne eine Täterschaft eines WG-Mitbewohners nicht ausschließen.



Amtsgericht Charlottenburg:

1) bloße Mitteilung weiterer Anschlussnutzer nur allein namentlich reicht nicht
2) konkrete zeit- und umfangbezogene Nachfragen i.V.m. einer Dokumentation der hierauf gegebenen (sinngemäßen) Antworten (evtl. Reaktionen auf Fragen):
- wann hat der AI welchen Mitnutzer befragt (zu dem Log bzw. den Logs)
a) Anwesenheit in der WG und Beschäftigung
b) Internetnutzung (evtl. mit welchen Gerät)
c) gab es Besucher, wenn
aa) wer (Name + Anschrift)
ab) hat dieser Besucher das Internet zu dem Log bzw. den Logs mit welchen Gerät genutzt sowie für was



Amtsgericht Charlottenburg:
"Hierbei fordert das Gericht nicht, dass der Beklagte rückwirkend aufzuzeichnen und zu dokumentieren hat, wann und in welchem Umfang das Internet über seinen privaten Anschluss auch von Dritten genutzt wurde. Allerdings umfasst seine Nachforschungspflicht gegenüber Personen, denen er seinen Internetanschluss zur Verfügung stellt, konkrete zeit- und umfangbezogene Nachfragen und diesbezüglich auch eine Dokumentation der hierauf gegebenen Antworten. Allein die Benennung seiner Mitbewohner mit Namen und Anschriften genügt dieser Darlegungslast nicht."


Obwohl dann diese Aussage des Amtsgericht - jedenfalls nach meiner Einschätzung - doch etwas widersprüchlich ist. Einerseits soll / muss man nicht rückwirkend ein "Internettagebuch" führen, im Verfahren ist es aber zur eigenen Erklärung dann doch notwendig. Nun gut ...



Eine "spannende" Frage, die erneut unbeantwortet blieb, stellte das Amtsgericht hinsichtlich der Abgabe der mod. UE durch den AI, obwohl er seinerseits seine Haftung bestreitet.


Amtsgericht Charlottenburg zur abgegebenen mod. UE:
(...) Zudem vermochte er nicht nachvollziehbar dazutun, aus welchem Grund er - trotz der behaupteten Nichttäterschaft und Nichtstörereigenschaft - die Unterlassungserklärung abgegeben hat. Die Beantwortung der generellen Frage, ob die Abgabe einer Unterlassungserklärung zu einer Beweislastumkehr hinsichtlich der Frage der Täterschaft oder Störerhaftung des Beklagten (vgl. OLG .Celle, WRP 2013, 208; OLG Düsseldorf, ZUM 2007, 386; Hess, WRP 2003, 353 - KG, WRP 1977, 793) führt, kann im Ergebnis daher dahinstehen. (...)



Für den Anspruch auf Unterlassung genügt Widerrechtlichkeit

widerrechtlich:
a) keine Einwilligung vom RI
b) Pflicht auf Handeln durch Wiederholungsgefahr

Für den Wegfall des Unterlassungsanspruch genügt, Abgabe (Annahme nicht Notwendig) einer ernsthaften, unbefristeten und vorbehaltlos gegebenen, hinreichend strafbewehrten Unterlassungserklärung


Im Gegensatz zum Schadensersatzanspruch muss zur Widerrechtlichkeit Verschulden hinzukommen. (Quelle: Schricker in Urheberrecht)




BGH, Urteil vom 24.09.2013 - I ZR 219/12 - Medizinische Fußpflege

"Sofern der Abgemahnte den Anspruch auf Zahlung der Abmahnkosten nicht förmlich anerkennt oder sonst ausdrücklich zu erkennen gibt, dass der Vorwurf des Abmahnenden zu Recht erfolgt ist, sondern lediglich eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgibt, kann darin nicht das Anerkenntnis des zugrundeliegenden gesetzlichen Unterlassungsanspruchs und der Pflicht zur Übernahme der Abmahnkosten gesehen werden (Ahrens/Scharen, Der Wettbewerbsprozess, 6. Aufl., Kap. 11 Rn. 39; Hess in Ullmann, juris-PK-UWG, 3. Aufl., § 12 Rn. 31; ders., WRP 2003, 353; Bornkamm in Köhler/Bornkamm, UWG, 31. Aufl., § 12 Rn. 1.111; aA KG, WRP 1977, 793).

Die Unterlassungserklärung hat die Funktion, mit Wirkung für die Zukunft die Wiederholungsgefahr zu beseitigen und so den Streit zwischen den Parteien beizulegen. Dabei ist es für die Wirksamkeit der Unterlassungserklärung unerheblich, ob der Abgemahnte der Ansicht ist, die Abmahnung sei berechtigt gewesen, oder ob er sich unterwirft, weil er zukünftig am angegriffenen Wettbewerbsverhalten kein Interesse mehr hat oder lediglich Kostenrisiken und Prozessaufwand vermeiden möchte. Dies gilt - entgegen der Ansicht der Revision - auch dann, wenn der Abgemahnte die Unterlassungserklärung abgibt, ohne zugleich zu erklären, dass dies ohne Anerkennung einer Rechtspflicht, aber gleichwohl rechtsverbindlich erfolgt.

Da in der strafbewehrten Unterlassungserklärung selbst keine Anerkennung der Berechtigung der Abmahnung liegt, hat ein solcher Zusatz eine allein klarstellende Funktion (Hess in Ullmann a.a.O. § 12 Rn. 31; ders., WRP 2003, 353; Bornkamm in Köhler/Bornkamm a.a.O. § 12 Rn. 1.111).i]"










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Steffen Heintsch für AW3P




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#11116 Beitrag von Steffen » Montag 7. August 2017, 11:37

Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Amtsgericht München - widersprüchlicher Vortrag oder solcher ins Blaue hinein verspricht in Tauschbörsenverfahren keinen Erfolg


11:35 Uhr


Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Literaturwerke. In dem vorliegenden Verfahren bestritt die verklagte Anschlussinhaberin ihre Täterschaft und behauptete, sie verfüge über keine besonderen Computerkenntnisse und habe zudem kein Interesse an dem streitgegenständlichen Werk gehabt. Zu den Zeiten der Rechtsverletzung habe an ihrem Anschluss eine Internetstörung vorgelegen, weshalb sie vermute, dass sich eine ihr unbekannte dritte Person Zugriff auf ihren Anschluss verschafft habe.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

Beethovenstraße 12 | 80336 München
Telefon: 089 / 52 05 72 10 | Telefax: 089 / 52 05 72 30
E-Mail: web@waldorf-frommer.de | Web: www.waldorf-frommer.de




Bericht

Link:
https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... en-erfolg/


Urteil als PDF:
https://news.waldorf-frommer.de/wp-cont ... 109_16.pdf




Autor

Rechtsanwalt Thorsten Nagl, LL.M.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Das Amtsgericht München bewertete diesen Vortrag der Beklagten als zu unsubstantiiert und widersprüchlich, um der ihr als Anschlussinhaberin obliegenden Vortragslast ausreichend nachkommen zu können.

"Genauere Angaben zu Zeitpunkt und Art der Störung, die im Übrigen von der Klägerin zulässigerweise mit Nichtwissen bestritten wurde, hat sie nicht vorgebracht, ebenso wurden hierfür keinerlei taugliche Beweismittel beigebracht. Soweit die Parteieinvernahme beantragt hat, war diesem Beweisangebot nicht nachzukommen, da die Klägerin sich dieser widersetzt hat und eine für § 448 ZPO Anfangswahrscheinlichkeit nicht vorliegt.
[...]
Ferner ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte mit ihrem Vortrag, ein unbekannter Dritter habe sich Zugriff auf ihren Anschluss verschafft, ihrem eigenen Vortrag, dass der Anschluss gestört gewesen sei, gerade widerspricht, worauf die Klägerin zu Recht hingewiesen hat.
"


Daher sei davon auszugehen, dass die Beklagte die streitgegenständliche Rechtsverletzung begangen hat. Dies gelte insbesondere, da sie keiner anderen Person Zugriff auf ihr WLAN erlaubte und auch nicht vorgetragen habe, dass der Internetanschluss nicht hinreichend gesichert war.

"Soweit sie vorträgt, die Vermutung liegt nahe, dass sich eine fremde, von ihr nicht nennbare Person Zugriff auf ihren Anschluss verschafft habe, genügt dies nicht, um eine Nutzungsmöglichkeit Dritter substantiiert darzulegen. Es ist zu berücksichtigen, dass es dabei schon nach den eigenen Angaben der Beklagten um eine bloße Vermutung handelt; es handelt sich um eine Behauptung ins Blaue hinein, ohne dass hierfür über die Vermutung der Beklagten hinaus greifbare Anhaltspunkte vorliegen. Aus diesem Grund bedurfte es auch der beantragten Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht. Es wurde bereits nicht einmal hinreichende Umstände vorgetragen, die für die Erholung eines Sachverständigengutachtens als Anknüpfungstatsache tauglich wären."


Das Amtsgericht München bestätigte schließlich auch die Höhe der von der Klägerin geltend gemachten Forderungen. Insbesondere der Ansatz eines Gegenstandswertes für den Unterlassungsanspruch in Höhe von 10.000,00 EUR begegne keinen Bedenken. Das Gericht nahm dabei auf die "Tannöd"-Entscheidung des Bundesgerichtshofes Bezug, in welcher der auch hier angesetzte Gegenstandswert als Untergrenze für einen durchschnittlich erfolgreichen Film bestätigt wurde. Dieser Wert sei nach Auffassung des Amtsgerichts München auch bei dem streitgegenständlichen Buch gerechtfertigt, "ein geringerer Ansatz ist bei einem Buchwerk wie dem hier streitgegenständlichen nicht geboten". Dass das Werk zur Zeit der Rechtsverletzung bereits zwei Jahre alt gewesen sei, stehe dem ebenfalls nicht entgegen.

Die Beklagte wurde daher vollumfänglich zur Zahlung von Schadensersatz, Ersatz der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten sowie zur Übernahme der gesamten Verfahrenskosten verurteilt.








AG München, Urteil vom 26.05.2017, Az. 132 C 25109/16



(...) - Beglaubigte Abschrift -



Amtsgericht München

Az.: 132 C 25109/16



IM NAMEN DES VOLKES



In dem Rechtsstreit


[Name],
- Klägerin -

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldorf Frommer, Beethovenstraße 12, 80336 München,



gegen


[Name], 81671 München,
- Beklagte -

Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt [Name], 80803 München,



wegen Forderung




erlässt das Amtsgericht München durch den Richter [Name] am 26.05.2017 aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 12.04.2017 folgendes


Endurteil


1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 806,00 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.09.2015 zu zahlen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.




Beschluss
Der Streitwert wird auf 806,00 EUR festgesetzt.




Tatbestand

Die Parteien streiten über Ansprüche aus einem Filesharing Vorfall.

Die Klägerin ist exklusive Verwerterin des Werks [Name] sowohl für den nationalen wie auch internationalen, gedruckten wie elektronischen Bereich. Sie ist ausschließlich zur Vervielfältigung und Verbreitung berechtigt. Die Klägerin räumte der Beklagten keinerlei Verwertungsrechte ein, insbesondere keine Erlaubnis zur Verwertung des Werks in Tauschbörsen. Überdies vergibt sie generell keine Lizenzen für Vervielfältigungen und Angebote in Tauschbörsen.

Am [Datum] wurde über das Peer-to-Peer Forensic System (PFS) ermittelt, dass im Zeitraum von [Uhrzeit] bis [Uhrzeit] Uhr das streitgegenständliche Werk in einer Tauschbörse über die IP-Adresse [IP] angeboten wurde. Im Rahmen des Gestattungsverfahrens nach § 101 IX UrhG wurde dieser IP-Adresse sowohl um [Uhrzeit] Uhr wie auch um [Uhrzeit] Uhr der Anschluss der Beklagten unter ihrer Anschrift zugeordnet.

Die Beklagte hat keiner anderen Person Zugriff auf ihr WLAN erlaubt, weder bewusst noch fahrlässig.

Am [Datum] wurde die Beklagte mit Schreiben der nunmehrigen Prozessbevollmächtigten zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert sowie zur Zahlung von Schadensersatz und der Erstattung der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten. Für die Einzelheiten wird auf Anlage K 4 - 1 Bezug genommen. In der Folge kam es zu Korrespondenz zwischen dem nunmehrigen Prozessbevollmächtigten der Beklagten und denen der Klägerin; die Beklagte ließ dabei vortragen, dass sie das Werk weder gedownloaded noch vertrieben hat, und dass ihr nicht bekannt sei, ob dritte Personen unerlaubten Zugang zu ihrem Computer haben könnten; sie habe jedoch alle Sicherheitsvorkehrungen getroffen, insbesondere eine Sicherheitskodierung, damit keine nicht berechtigte Person über den WLAN-Anschluss Zugang haben könnte; ferner wurde darauf verwiesen, dass sich die IP-Adresse nach ihren Recherchen auf eine andere Lokalität in der Nähe des Englischen Gartens beziehen würde, zu der die Beklagte keinen Bezug habe. Diesbezüglich und für die weitere Korrespondenz wird auf die Anlagen K 4 - 2 bis K 4 - 10 Bezug genommen. Die Beklagte wurde dabei mehrfach zur Zahlung des nunmehr gerichtlich geltend gemachten Betrags aufgefordert, unter anderem bis 03.09.2015 (Anlage K 4-9).



Die Klägerin beantragt:
1. Die Beklagtenseite wird verurteilt, an die Klägerseite einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 300,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 04.09.2015 sowie
2. 506,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 04.09.2015 zu zahlen.



Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, für die streitgegenständliche Rechtsverletzung nicht verantwortlich zu sein; sie verfüge über keine besonderen Computerkenntnisse in technischer Hinsicht. Zum maßgeblichen Zeitpunkt habe bei ihr darüber hinaus eine Internetstörung vorgelegen, welche mit Hilfe eines Fachmannes behoben worden sei. Es liege die Vermutung nahe, dass eine dritte Person, die sie nicht benennen könne, sich Zugriff auf ihren Anschluss verschafft habe, um das streitgegenständliche Werk herunterzuladen. Ferner sei zu berücksichtigen, dass eine Ortung der IP-Adresse als Ort Giesing beim Englischen Garten ergeben habe, ferner, dass es unwahrscheinlich sei, dass sie als Griechin Interesse an einem Werk von [Name] habe.


Die Klägerin entgegnet hierauf, dass der Vortrag der Beklagten diese nicht entlaste. Zu berücksichtigen sei, dass besondere technische Vorkenntnisse für die Nutzung eines Filesharing-Programms nicht nötig seien; es komme ferner nicht darauf an, ob die Beklagte ein persönliches Interesse am streitgegenständlichen Werk habe. Ferner sei es völlig lebensfremd, dass sich ein Dritter den technischen und kriminellen Aufwand betreibe, sich Zugriff auf das WLAN der Beklagten zu verschaffen, um dieses zum Herunterladen und Anbieten von Filmen, Musik oder dem streitgegenständlichen Buch zu nutzen. Hinsichtlich der IP-Adresse sei zu berücksichtigen, dass dynamische IP 's ständig wechseln würden, eine Überprüfung der IP zu einem späteren Zeitpunkt also keinerlei Anhaltspunkte liefere, wem zum streitgegenständlichen Zeitpunkt die IP-Adresse zugeordnet gewesen ist.


Für das weitere Vorbringen der Parteien wird auf ihre Schriftsätze sowie deren Anlagen vom 21.11.2016, 26.01.2017, 02.02.2017 und 24.03.2017 Bezug genommen.




Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.



A.

Die Klage ist zulässig. Die Zuständigkeit des Gerichts beruht auf §§ 1 ZPO, 23 Nr. 1 GVG (sachlich), § 104a 1 UrhG (örtlich). Der Klageantrag ist darüber hinaus hinreichend bestimmt i.S.v. § 253 II Nr. 2 ZPO: Zwar macht die Klägerin einen unbestimmten, ins Ermessen des Gerichts gestellten Schadensersatzanspruch geltend. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass die (zulässige, vgl. § 97 II 3 UrhG) Geltendmachung eines Schadens im Wege der Lizenzanalogie für die Klägerin nicht eindeutig zu beziffern ist, sondern ein angemessener, im Ermessen des Gerichts gestellter Ausgleich verlangt werden kann. Die Klägerin hat ihren Anspruch daher, so weit es ihr möglich ist, bestimmt, insbesondere durch Angabe eines Mindestschadens.



B.

Die Klage ist begründet. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche zu.



I.

Ein Anspruch auf Zahlung von 300,00 EUR ergibt sich aus § 97 II UrhG.


1.

Die Klägerin ist nach ihrem unstreitig gebliebenen Vortrag Inhaberin des exklusiven Verwertungsrechts am streitgegenständlichen Werk, § 31 I, III UrhG.


2.

Die Beklagte hat das ausschließliche Verwertungsrecht der Klägerin, welches ein von § 97 UrhG umfasstes, geschütztes Recht darstellt (vgl, Wandtke / Bullinger / v. Wolff, Praxiskommentar zum Urheberrecht, 4. Auflage 2014, § 97 UrhG, Rn. 9) verletzt, indem sie das streitgegenständliche Werk über ein Filesharing-Netzwerk zum Download angeboten hat.


a)

Nicht bestritten und damit zugestanden, § 138 III ZPO, ist der Vortrag der Klägerin, dass die Klägerin über die Forensic-Peer-System-Software als Anbieter des streitgegenständlichen Werks unter anderem die IP-Adresse [IP] um [Uhrzeit] Uhr sowie um [Uhrzeit] Uhr festgestellt hat, sowie, dass diese IP-Adresse sodann im Rahmen des Verfahrens nach § 101 IX ZPO dem Anschluss der Beklagten zugeordnet wurde.

Soweit die Beklagte vorgetragen hat, eine Ortung der IP-Adresse hätte ergeben, dass der Ort in Giesing beim Englischen Garten liege und nicht an ihrem Wohnsitz, handelt es sich hierbei um kein relevantes, substantiiertes Bestreiten dieser Umstände, denn die Beklagte verkennt offensichtlich die Funktionsweise und das Prinzip von IP-Adressen. Zu Recht hat die Klägerin ausgeführt, dass diese im Regelfall ständig wechseln und man daher von der Zuordnung einer IP zum jetzigen Zeitpunkt nicht darauf schließen kann, wer Inhaber der IP zu einem vergangenen Zeitpunkt gewesen ist. Die Beklagte hat aber offensichtlich zu einem späteren Zeitpunkt (nach dem Ausdruck unter Anlage K 4 - 2 am [Datum] die streitgegenständliche IP-Adresse geortet.

Soweit die Beklagte vorgetragen hat, zum streitgegenständlichen Zeitpunkt hätte ihr Anschluss eine Internetstörung aufgewiesen, die durch einen Fachmann behoben worden sei, ist dieser Vortrag ebenso unsubstantiiert, worauf das Gericht bereits mit der Terminsladung vom 02.02.2017 hingewiesen hat. Genauere Angaben zu Zeitpunkt und Art der Störung, die im Übrigen von der Klägerin zulässigerweise mit Nichtwissen bestritten wurde, hat sie nicht vorgebracht, ebenso wurden hierfür keinerlei taugliche Beweismittel beigebracht. Soweit sie Parteieinvernahme beantragt hat, war diesem Beweisangebot nicht nachzukommen, da die Klägerin sich dieser widersetzt hat und eine für § 448 ZPO Anfangswahrscheinlichkeit nicht vorliegt. Eine informatorische Anhörung der Beklagten war ebenso nicht möglich, da sie trotz Anordnung des persönlichen Erscheinens und ohne hinreichende Begründung nicht zur Verhandlung erschienen war.

Ferner ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte mit ihrem Vortrag, ein unbekannter Dritter habe sich Zugriff auf ihren Anschluss verschafft, ihrem eigenen Vortrag, dass der Anschluss gestört gewesen sei, gerade widerspricht, worauf die Klägerin zu Recht hingewiesen hat.


b)

Es ist davon auszugehen, dass die Beklagte die streitgegenständliche Rechtsverletzung begangen hat.


aa)

Die Klägerin trägt nach den allgemeinen Grundsätzen als Anspruchstellerin die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs auf Schadensersatz erfüllt sind. Sie hat darzulegen und im Bestreitensfall nachzuweisen, dass der Beklagte für die von ihr behauptete Urheberrechtsverletzung als Täter verantwortlich ist (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 2012 - I ZR 74/12, GRUR 2013, 511 Rn. 32 = WRP 2013,2799 - "Morpheus"; Urteil vom 8. Januar 2014 - I ZR 169/12, BGHZ 200, 76 Rn. 14 - "BearShare"; Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 75/14, GRUR 2016, 191 Rn. 37 = WRP 2016, 73 - "Tauschbörse III"; Urteil vom 12. Mai 2016 1 ZR 48/15, GRUR 2016, 1280 Rn. 32 = WRP 2017, 79 - "Everytime we touch"; zuletzt BGH, Urteil vom 06.10.2016, Az. I ZR 154/15 - "Afterlife"). Allerdings spricht eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen diesen Internetanschluss benutzen konnten (BGHZ 200, 76 Rn. 15 - "BearShare"; BGH, GRUR 2016, 191 Rn. 37 - "Tauschbörse III").

Eine die tatsächliche Vermutung ausschließende Nutzungsmöglichkeit Dritter ist anzunehmen, wenn der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde. In solchen Fällen trifft den Inhaber des Internetanschlusses jedoch eine sekundäre Darlegungslast. Diese führt weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 I, II ZPO) hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast vielmehr dadurch, dass er dazu vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat. Die pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt lebenden Dritten auf den Internetanschluss genügt hierbei nicht. Entspricht der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast, ist es wieder Sache der Klägerin als Anspruchstellerin, die für eine Haftung des Beklagten als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen.


bb)

Die Beklagte hat hier nicht hinreichend eine Nutzungsmöglichkeit Dritter dargelegt, die die tatsächliche Vermutung widerlegen würde.

Nach ihrem eigenen - und von der Klägerin ausdrücklich nicht bestrittenen Vortrag - hat sie keiner anderen Person Zugang auf ihr WLAN erlaubt. Auch hat sie nicht vorgetragen, dass ihr Internetanschluss zum damaligen Zeitpunkt nicht hinreichend gesichert war. Soweit sie vorträgt, die Vermutung liegt nahe, dass sich eine fremde, von ihr nicht nennbare Person Zugriff auf ihren Anschluss verschafft habe, genügt dies nicht, um eine Nutzungsmöglichkeit Dritter substantiiert darzulegen. Es ist zu berücksichtigen, dass es sich dabei schon nach den eigenen Angaben der Beklagten um eine bloße Vermutung handelt; es handelt sich um eine Behauptung ins Blaue hinein, ohne dass hierfür über die Vermutung der Beklagten hinaus greifbare Anhaltspunkte vorliegen. Aus diesem Grund bedurfte es auch der beantragten Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht. Es wurden bereits nicht einmal hinreichende Umstände vorgetragen, die für die Erholung eines Sachverständigengutachtens als Anknüpfungstatsachen tauglich wären.


cc)

Der Vortrag der Beklagten, es sei unwahrscheinlich, dass eine Griechin wie sie Interesse an einem Werk von [Name] habe, kann an dieser Beurteilung nichts ändern. Ungeachtet des Umstands, dass dieser Umstand von der Klägerin mit Nichtwissen bestritten worden ist, kommt es hierauf nicht an, wie die Klagepartei zutreffend ausgeführt hat: Ein persönliches Interesse an den im Filesharing angebotenen Daten, seien es Videos, Musik oder - wie hier - Bücher ist nicht erforderlich (vgl. BGH, Urteile vom 11.06.2015, Az. 1 ZR 19/14 bzw. I ZR 75/14, "Tauschbörse I / III"). Zu berücksichtigen ist, dass der Download und der damit verbundene Upload für etwaige Dritte oder aus anderen Gründen außer persönlichem Interesse erfolgt sein kann.


dd)

Einer Parteieinvernahme der Beklagten, wie von ihr beantragt, bedurfte es nicht. Dies ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass sie die tatsächliche Vermutung nicht widerlegt hat. Ferner fehlt es an den gesetzliche Voraussetzungen hierfür, wie bereits oben dargelegt; auch eine informatorische Anhörung konnte nicht erfolgen, vgl. oben.


3.

Die Verletzung des Verwertungsrechts erfolgte zumindest fahrlässig. Dabei ist zu berücksichtigen, dass im Rahmen von Urheberechtsverletzungen strenge Sorgfaltsanforderungen zu stellen sind; wer einen fremden, urheberrechtlich geschützten Gegenstand nutzen will, muss sich grundsätzlich über Bestand des Schutzes und Umfang der Nutzungsberechtigung Gewissheit verschaffen (vgl. LG München I, Urteil vom 22.04.2015, Az. 21 S 10340/14).


4.

Der zu ersetzende Schaden beläuft sich auf 300,00 EUR.


a)

Bei der Verletzung von Immaterialgüterrechten ermöglicht die Rechtsprechung dem Verletzten wegen der besonderen Beweisschwierigkeiten neben dem Ersatz des konkreten Schadens weitere Wege der Schadensermittlung. Danach kann der Schaden auch in Höhe einer angemessenen Lizenzgebühr berechnet werden (BGH GRUR 1990, 1008, 1009 - "Lizenzanalogie"). Der Verletzte hat das Wahlrecht, wie er seinen Schadensersatz berechnen will. Vorliegend hat die Klägerin die Berechnung im Wege der Lizenzanalogie gewählt. Bei der Berechnung der angemessenen Lizenzgebühr ist rein objektiv darauf abzustellen, was bei vertraglicher Einräumung der Rechte ein vernünftiger Lizenzgeber gefordert und ein vernünftiger Lizenznehmer gewährt hätte, wenn beide im Zeitpunkt der Entscheidung die gegebene Sachlage gekannt hätten. Diese Schadensberechnung beruht auf der Erwägung, dass derjenige, der ausschließliche Rechte anderer verletzt, nicht besser stehen soll, als er im Falle einer ordnungsgemäßerteilten Erlaubnis durch den Rechteinhaber gestanden hätte. Damit läuft die Lizenzanalogie auf die Fiktion eines Lizenzvertrages der im Verkehr üblichen Art hinaus. In welchem Ausmaß und Umfang es konkret zu einem Schaden gekommen ist, spielt keine Rolle.

Gibt es, wie im streitgegenständlichen Fall, keine branchenüblichen Vergütungssätze und Tarife, da die Klägerin nach ihrem unbestrittenen Vortrag Rechte für die Vervielfältigung und das Anbieten in Tauschbörsen grundsätzlich nicht gewährt, so ist die Höhe der als Schadensersatz nach § 97 UrhG zu zahlenden Lizenzgebühr nach § 287 ZPO unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu bemessen (BGH, 1 ZR 19/14, "Tauschbörse I").


b)

Ein Schadensersatz von 300,00 EUR erscheint dabei dem Gericht der Höhe nach angemessen. Der Sachvortrag der Klägerseite in der Klage bietet hierzu eine ausreichende Schätzungsgrundlage. Der angesetzte Betrag ist angesichts der gerichtsbekannten Funktionsweise einer Internettauschbörse, die mit jedem Herunterladen eine weitere Downloadquelle eröffnet, angemessen. Er steht in einem angemessenen Verhältnis zu den 200,00 EUR, die laut BGH, Tauschbörse 1 111 für den Upload eines Songs als Schadensersatz anfallen (BGH, Urt. v. 11. Juni 2015 - 1 ZR 19/14, juris, "Tauschbörse I", Rn. 54 ff.; Urt. v. 11. Juni 2015 - I ZR 7/14, juris, "Tauschbörse II", Rn. 39 ff.). Das Gericht schätzt daher die angemessene Lizenz gemäß § 287 ZPO auf 300,00 EUR.



II.

Ebenso besteht ein Anspruch auf Zahlung von 506,00 EUR, § 97a I 2 UrhG in der Fassung vom 01.09.2008 bis 08.10.2013.


1.

Auf die Frage der Abmahnkosten ist § 97a UrhG in seiner alten Fassung anzuwenden, da die streitgegenständliche Abmahnung vor Inkrafttreten der jetzigen Fassung am 09.10.2013 erfolgte.


2.

Ein Anspruch auf Erstattung der Rechtsanwaltskosten besteht daher dem Grunde nach, denn die Abmahnung, zu der die Klägerin nach § 97a II UrhG a.F. angehalten war, war berechtigt entsprechend der obigen Ausführungen ist davon auszugehen, dass die Beklagte die Rechtsverletzung begangen hat, die auch Gegenstand der Abmahnung war. Dabei sind erstattungsfähig insbesondere die Rechtsanwaltskosten, die mit einer Abmahnung verbunden sind, vgl. § 97a II UrhG a.F.


3.

Der Anspruch besteht in der begehrten Höhe von 506,00 EUR.


a)

Eine Anwendung des § 97a III 2 UrhG in seiner jetzigen Fassung mit einer Begrenzung des Gegenstandswerts scheidet aus, da die Abmahnung vor Inkrafttreten der Vorschrift erfolgte.


b)

Ebenso findet keine Begrenzung der Kosten nach § 97a II UrhG a.F. statt; denn es fehlt hierfür an der Voraussetzung einer unerheblichen Rechtsverletzung. Eine solche kann aufgrund der exponentiellen Verbreitungsweise von Daten im Rahmen von Filesharing-Plattformen allgemein nicht angenommen werden.


c)

Der Wert von 506,00 EUR ergibt sich aus den Vorschriften des RVG in der zur Zeit der Abmahnung maßgeblichen Fassung:


aa)

Gemäß Ziffer 2300 VV RVG fällt für die Abmahnung eine Rahmengebühr an; der Ansatz einer Gebühr von 1,0, wie von der Klagepartei vorgetragen, begegnet dabei keinen Bedenken und hegt unter der Regel-Geschäftsgebühr von 1,3.

Hinzu kommt die Auslagenpauschale gemäß Ziffer 7002 VV RVG.


bb)

Der Ansatz eines Gegenstandswerts von 10.000,00 EUR begegnet ebenso keinen Bedenken. Im Rahmen von Filmwerken ist regelmäßig bei durchschnittlichem Erfolg und Zugänglichmachung im Wege des Filesharings nicht allzu lange nach seinem Erscheinungstermin von einem Gegenstandswert von 10.000,00 EUR auszugehen (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 - I ZR 1/15 -, juris, Rn. 59 - "Tannöd"); ein geringerer Ansatz ist bei einem Buchwerk wie dem hier streitgegenständlichen nicht geboten. Einerseits ist zu berücksichtigen, dass die Einzelhandelspreise von Büchern mit denen von Filmwerken durchaus vergleichbar sind. Das streitgegenständliche Werk erschien, wie allgemein bekannt ist, zwar im Laufe des Jahres 2010 und war zum Zeitpunkt der hier streitgegenständlichen Rechtsverletzung also schon mehr als 2 Jahre alt; es handelt sich bei dem Werk hier aber - wie ebenso allgemein bekannt ist - um höchst kontrovers diskutiertes und kommerziell auch überaus erfolgreiches Werk.



III.

Die Zinsansprüche beruhen auf §§ 2801, II, 286 I, 288 I BGB: Die Beklagte wurde unstreitig von der Klägerin mehrfach zur Zahlung der hier geltend gemachten Forderungen, unter anderem mit Fristsetzung bis 03.09.2015, aufgefordert, so dass sie sich jedenfalls ab 04.09.2015 im Verzug befand.



C.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 I 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711, 709 S. 2 ZPO.



D.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 39 ff., 48 I 1 GKG, 3 ff. ZPO.




Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen die Entscheidung kann das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600,00 EUR übersteigt oder das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

Die Berufung ist binnen einer Notfrist von einem Monat bei dem

Landgericht München I
Prielmayerstraße 7
80335 München


einzulegen.

Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung der Entscheidung.

Die Berufung muss mit Schriftsatz durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt eingelegt werden. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt werde.

Die Berufung muss binnen zwei Monaten mit Anwaltsschriftsatz begründet werden. Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.

Gegen die Entscheidung, mit der der Streitwert festgesetzt worden ist, kann Beschwerde eingelegt werden, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,00 EUR übersteigt oder das Gericht die Beschwerde zugelassen hat.

Die Beschwerde ist binnen sechs Monaten bei dem

Amtsgericht München
Pacellistraße 5
80333 München


einzulegen.

Die Frist beginnt mit Eintreten der Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache oder der anderweitigen Erledigung des Verfahrens. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf der sechsmonatigen Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.

Die Beschwerde ist schriftlich einzulegen oder durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle des genannten Gerichts. Sie kann auch vor der Geschäftsstelle jedes Amtsgerichts zu Protokoll erklärt werden; die Frist ist jedoch nur gewahrt, wenn das Protokoll rechtzeitig bei dem oben genannten Gericht eingeht. Eine anwaltliche Mitwirkung ist nicht vorgeschrieben.



gez.
[Name]
Richter




Verkündet am 26.05.2017
gez.
[Name], JAng
Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle




Für die Richtigkeit der Abschrift
München, 26.05.2017
[Name], JAng
Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Durch maschinelle Bearbeitung beglaubigt - ohne Unterschrift gültig
(...)






~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



AG München, Urteil vom 26.05.2017, Az. 132 C 25109/16,
WALDORF FROMMER Rechtsanwälte,
Rechtsanwalt Thorsten Nagl LL.M.,
Klage Waldorf Frommer,
sekundäre Darlegungslast,
Internetstörung

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Vergleich mit Klage?

#11117 Beitrag von Steffen » Dienstag 8. August 2017, 10:58

Schreiner Lederer Rechtsanwälte GbR (Freising): Ist ein außergerichtlicher Vergleich trotz Klage möglich?



10:50 Uhr




§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§


Schreiner Lederer Rechtsanwälte GbR

Blumenstraße 7a | 85354 Freising
Telefon: 08161 789 7557 | Telefax: 08161 789 7555
E-Mail: recht@schreiner-lederer.de | Web: https://www.schreiner-lederer.de


§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§



(...) Eine Frage, die wir bei der Beratung in Filesharing-Angelegenheiten immer wieder gestellt bekommen, ist die, ob nach Erhalt einer Klage auf Schadenersatz nach einer Filesharing-Abmahnung immer noch ein außergerichtlicher Vergleich möglich ist.

Die kurze Antwort auf diese Frage lautet: nein. Die lange Antwort lautet: es kommt darauf an, was man unter einem außergerichtlichen Vergleich versteht.
(...)




----------------------------------


... weiterlesen auf 'schreiner-lederer.de'




§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§

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AG Stuttgart, Az. 10 C 2140/16

#11118 Beitrag von Steffen » Donnerstag 10. August 2017, 23:53

Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Urteil des Amtsgericht Stuttgart nach Sachverständigengutachten - Verweis auf für die Öffentlichkeit bis dato noch unbekannte Sicherheitslücke im Router reicht nicht aus


23:50 Uhr



Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Musikaufnahmen. Der Beklagte wurde im genannten Verfahren aufgrund des illegalen Tauschbörsenangebots eines Musikalbums auf Erstattung von Schadensersatz sowie anwaltlicher Abmahnkosten in Anspruch genommen.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

Beethovenstraße 12 | 80336 München
Telefon: 089 / 52 05 72 10 | Telefax: 089 / 52 05 72 30
E-Mail: web@waldorf-frommer.de | Web: www.waldorf-frommer.de




Bericht

Link:
https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... nicht-aus/


Urteil als PDF:
https://news.waldorf-frommer.de/wp-cont ... 140_16.pdf




Autorin

Rechtsanwältin Cornelia Raiser



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Im Rahmen des Rechtsstreits stritt der Beklagte seine eigene Täterschaft mit dem Verweis auf seine angebliche Ortsabwesenheit ab. Weitere Personen hätten sich nicht in seiner Wohnung aufgehalten.

Ferner behauptete er, dass für den von ihm genutzten Router des Typs "Alice Modem WLAN" zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung eine - für die Öffentlichkeit bis dato noch unbekannte - Sicherheitslücke bestanden habe, von der auch sein Router betroffen gewesen sei. Durch diesen erheblichen Sicherheitsmangel habe - trotz entsprechender WPA2-Verschlüsselung - die Möglichkeit eines Zugriffs auf den Router durch unbefugte Dritte bestanden.

Zu der Frage eines unberechtigten Fremdzugriffs wurde seitens des Amtsgerichts Stuttgart ein Sachverständigengutachten eingeholt.

Der Sachverständige kam in seinem Gutachten zum Ergebnis, dass aufgrund der Absicherung des Routers ein unberechtigter Fremdzugriff auf den Internetanschluss ausgeschlossen sei. Auch sei die Ausnutzung einer Sicherheitslücke durch Dritte im streitgegenständlichen Fall nicht vorstellbar, da diese zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung in der Öffentlichkeit überhaupt nicht bekannt gewesen sei.

Aufgrund des Ergebnisses des Sachverständigen war das Gericht davon überzeugt, dass der Beklagte die Rechtsverletzung selbst begangen hat. Hieran ändere auch der Umstand nichts, dass der Beklagte zum Verletzungszeitpunkt nicht zu Hause gewesen sein will. Zum einen habe er dies nicht ausreichend nachweisen können, zum anderen wäre - wie der Bundesgerichtshof bereits bestätigt habe - selbst bei Abwesenheit seine Täterschaft nicht ausgeschlossen.

Vor diesem Hintergrund verurteilte das erkennende Gericht den Beklagten zur Zahlung des geforderten Schadensersatzes sowie der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in voller Höhe. Ferner hat der Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, welche auch die Kosten für die Einholung des Sachverständigengutachtens in vierstelliger Höhe enthalten.






AG Stuttgart, Urteil vom 24.05.2017, Az. 10 C 2140/16



(...) - Beglaubigte Abschrift -


Aktenzeichen:
10 C 2140/16




Amtsgericht Stuttgart

Im Namen des Volkes

Urteil




In dem Rechtsstreit


[Name],
- Klägerin -

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldorf Frommer Rechtsanwälte, Beethovenstraße 12, 80336 München,



gegen


[Name], 70191 Stuttgart,
- Beklagter -

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte [Name], 69115 Heidelberg,



wegen Urheberrechts




hat das Amtsgericht Stuttgart durch die Richterin am Amtsgericht [Name] am 24.05.2017 aufgrund des Sachstands vom 11.05.2017 ohne mündliche Verhandlung mit Zustimmung der Parteien gemäß § 128 Abs. 2 ZPO

für Recht erkannt:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Schadensersatz in Höhe von 450,00 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 27.03.2015 zu zahlen.
2. Der Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin 506,00 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 27.03.2015 zu zahlen.
3. Der Beklagte hat die Kasten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.


Streitwert: 956,00 EUR





Tatbestand

Die Klägerin begehrt Schadensersatz und den Ersatz von Abmahnkosten wegen einer Urheberrechtsverletzung.

Die Klägerin ist nach ihrem insoweit unstreitig gebliebenen Vortrag Inhaberin ausschließlicher Nutzungs- und Verwertungsrechte an dem Musikalbum [Name] von [Name].

Die Klägerin erwirkte einen Beschluss des Landgerichts [Name] in einem unter dem Aktenzeichen [Name] geführten Verfahren gemäß § 101 Abs. 9 UrhG, in welchem der [Name] die Auskunftserteilung über zugewiesene IP-Adressen gestattet wurde (vgl. Bl. 52, 53 d.A.).

Der Beklagte wurde mit Schreiben der Klägervertreter vom [Datum] zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung, zur Zahlung von Schadensersatz sowie zur Erstattung der Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung aufgefordert (vgl. Bl. 45-49 d.A.). Der Beklagte gab eine Unterlassungserklärung ab.

Die Klägerin macht geltend: Schadensersatz nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie in Höhe von mindestens 450,00 EUR; vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten: 506,00 EUR (1,0 Geschäftsgebühr aus einem Gegenstandswert von 10.000,00 EUR).



Die Klägerin trägt vor,
sie vergebe generell keine Lizenzen für Vervielfältigungen bzw. Angebote in Tauschbörsen.

Vom Internetanschluss des Beklagten sei am [Datum] das Musikalbum [Name] der Künstlerin [Name] im Internet öffentlich zugänglich gemacht worden. Zur Ermittlung der Rechtsverletzungen sei das "Peer-to-Peer Forensic System" ("PFS") eingesetzt worden. Dieses nehme wie ein regulärer Client an der Tauschbörse teil. Es sei ermittelt worden, dass unter der IP-Adresse [IP] eine voll funktionsfähige Version des streitgegenständlichen Musikalbums zugänglich gemacht worden sei. Diese IP-Adresse sei zum streitgegenständlichen Zeitpunkt eindeutig und ausschließlich dem Internetanschluss des Beklagten zugewiesen gewesen.

Dies ergebe sich aus der erteilten Auskunft der [Name] (vgl. Bl. 43 d.A.). Der Beklagte sei zu zwei unterschiedlichen Zeitpunkten als Inhaber des Internetanschlusses ermittelt worden. Es sei davon auszugehen, dass die streitgegenständliche Rechtsverletzung durch den Beklagten begangen worden sei. Es lägen keine Anhaltspunkt vor, welche Zweifel an der Verantwortlichkeit des Beklagten begründen könnten.

Angesichts der behaupteten Absicherung des Anschlusses sei es faktisch ausgeschlossen, dass das Funknetzwerk des Beklagten von unbekannten Dritten zur Begehung der Rechtsverletzung genutzt worden sei. Die Funktionsweise einer Tauschbörse erfordere keine persönliche Anwesenheit des Nutzers zum Zeitpunkt des Up- bzw. Downloads. Die behauptete, im Jahr bekannt gewordene Sicherheitslücke habe zum Verstoßzeitpunkt nicht durch Dritte erkannt und ausgenutzt werden können.

Durch das unberechtigte Anbieten des Musikalbums zum Download seien die ihr eingeräumten Verwertungsrechte verletzt worden, was der Beklagte auch verschuldet habe. Ihr sei dadurch ein Schaden von mindestens 450,00 EUR entstanden. Ausgehend von einem gemittelten Download Verkaufspreis von 9,00 EUR erhalte sie für jedes abgerufene Werk eine (korrigierte) Lizenzgebühr in Höhe von durchschnittlich mindestens 6,05 EUR. Bei lediglich 250 Abrufen ergeben sich bereits eine Lizenzgebühr von 1.512,00 EUR.

Sie habe Anspruch auf Erstattung der ihr entstandenen Rechtsverfolgungskosten. Der Ansatz einer 1,3 Geschäftsgebühr aus einem Streitwert von 10.000,00 EUR sei angemessen.


Die Klägerin beantragt:
1. Die Beklagtenseite wird verurteilt, an die Klägerseite einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 450,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 27.03.2015 zu zahlen.
2. Die Beklagtenseite wird verurteilt, an die Klägerseite einen Betrag in Höhe von 506,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 27.03.2015 zu zahlen.



Der Beklagte beantragt:
Klagabweisung.


Der Beklagte trägt vor,
er habe das streitgegenständliche Musikalbum nicht angeboten bzw. öffentlich zugänglich gemacht. Es komme ständig vor, dass gegen Internetnutzer unberechtigter Weise urheberrechtliche Ansprüche geltend gemacht würden. Er habe zum damaligen Zeitpunkt keine Tauschbörsen benutzt bzw. urheberrechtlich geschützte Werke im Internet öffentlich zugänglich gemacht. Das streitgegenständliche Album habe er weder aus dem Internet heruntergeladen noch im Internet angeboten bzw. verbreitet oder veröffentlicht. Dieses Album habe sich zu keinem Zeitpunkt auf einem seiner Geräte befunden. Zum vermeintlichen Verstoßzeitpunkt sei er ortsabwesend gewesen, da er über das Wochenende zu einem Bekannten nach [Name] gefahren sei. Er habe keinerlei Möglichkeit gehabt, während seiner Abwesenheit auf den Anschluss zuzugreifen. Sobald er das Haus verlasse, schalte er seine Geräte grundsätzlich aus. Sein Anschluss sei entsprechend den damaligen Sicherheitsstandards verschlüsselt gewesen. Hierbei habe es sich um eine WPA-2- Verschlüsselung gehandelt. Er habe das Passwort entsprechend den Herstellervorgaben eingerichtet. Durch ihn werde seit Anfang [Jahr] der Router "Alice Modem WLAN" genutzt.

Die Vermutungswirkung betreffend seiner Täterschaft sei widerlegt. Mittlerweile sie bekannt geworden, dass der durch ihn genutzte Router erhebliche Sicherheitsmängel aufweise und trotz Sicherung die Möglichkeit eines Zugriffs durch Dritte auf den Router bestehe. Er wohne in einem Hochhaus mit insgesamt 80 Parteien. Sämtliche Parteien innerhalb des Hauses hätten auf seinen Anschluss unter Ausnutzung der Sicherheitslücke zugreifen können. Bis zum Erhalt der Abmahnung habe es für ihn keinerlei Anhaltspunkte dafür gegeben, dass die entsprechend den Herstellervorgaben eingerichtete Verschlüsselung nicht hinreichend sicher sein könnte. Er habe ansonsten noch keine Probleme mit seinem Anschluss gehabt. Nach dem Erhalt der Abmahnung habe er Vorsorgemaßnahmen getroffen.


Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften vom 29.06.2016 (vgl. Bl. 118-122 d.A.) sowie vom 12.10.2016 (vgl. 177-179 d.A.) verwiesen. Das Gericht erhob Beweis durch Einnahme eines Augenscheins sowie durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens des Sachverständigen [Name]. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 12.10.2016 sowie auf das schriftliche Gutachten vom 12.03.2017 (Bl. 196-199 d.A.) Bezug genommen.




Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.



I.

Der Klägerin steht als ausschließlicher Nutzungsrechtsinhaberin gegen den Beklagten aus § 97 Abs. 2 UrhG ein Anspruch auf lizenzanalogen Schadensersatz i.H.v.450,00 EUR sowie aus § 97a Abs. 1 S. 2 UrhG a.F. ein Anspruch auf Erstattung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 506,00 EUR zu.


1.

Die Klägerin hat zur Überzeugung des Gerichts dargelegt und nachgewiesen, dass der Beklagte als Anschlussinhaber für einen am [Datum] begangenen Urheberrechtsverstoß haftet, weil von diesem Anschluss das Musikalbum [Name] von [Name] zum Download angeboten wurde.

Nachdem unstreitig gestellt wurde, dass der vorgeworfene Urheberrechtsverstoß über den Anschluss des Beklagten erfolgt ist, steht die Begehung des streitgegenständlichen Urheberrechtsverstoßes am [Datum] über den Internetanschluss des Beklagten fest.

Der Beklagte hat für die über seinen Internetanschluss erfolgten Verletzungen der urheberrechtlichen Leistungsschutzrechte der Klägerin auch als Täter einzustehen. Zwar spricht nicht bereits die tatsächliche Vermutung für die Täterschaft des Beklagten. Eine tatsächliche Vermutung ist dann nicht begründet, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung (auch) andere Personen diesen Anschluss benutzen konnten, was insbesondere dann der Fall ist, wenn der Internetanschluss zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde (vgl. BGH, Urteil vom 08.01.2014, I ZR 169/12, recherchiert unter juris). Der Beklagte ist seiner sekundären Darlegungslast nachgekommen, indem er substantiiert dargelegt hat, welchen Router er zum Zeitpunkt der geltend gemachten Rechtsverletzung verwendet hat, nämlich das "Alice Modem WLAN" und dass dieses Modem Sicherheitslücken aufwies. Dass dieser Router durch den Beklagten zum Verstoßzeitpunkt tatsächlich genutzt wurde, steht zur Überzeugung des Gerichts aufgrund der Angaben des Beklagten in Zusammenhang mit den vorgelegten Unterlagen und mit dem durchgeführten Augenschein auch fest.

Damit obliegt es der Klägerin, die für die Haftung des Beklagten als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände nachzuweisen. Diesen Beweis hat die Klägerin erbracht. Unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der mündlichen Verhandlung und der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Beklagte am [Datum] das streitgegenständliche Musikalbum zum Download angeboten hat. Nach den nachvollziehbaren und überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen, denen das Gericht folgt, ist es zwar möglich, dass der Router des Beklagten zum Verstoßzeitpunkt am [Datum] eine Sicherheitslücke aufwies, jedoch hält es der Sachverständige für ausgeschlossen, dass es einem unbekannten Dritten möglich war, diese Sicherheitslücke auszunutzen. Der Sachverständige erläuterte anschaulich, dass die Sicherheitslücke erst am [Datum] bekannt wurde. Dies steht auch in Einklang mit den Angaben des Beklagten. Der Sachverständige führte weiter nachvollziehbar aus, dass es nicht vorstellbar ist, dass ein Angreifer des WLAN's des Beklagten diese Sicherheitslücke zwei Jahre vor der eigentlichen offiziellen Entdeckung und Veröffentlichung bereits selbst entdeckt hat, ohne dass dies in der Zwischenzeit bekannt wird. Nachdem unstreitig keine weiteren Personen berechtigt Zugriff auf den Internetanschluss des Beklagten hatten, steht für das Gericht mit der nach § 286 ZPO erforderlichen Überzeugung fest, dass der Beklagte den Urheberrechtsverstoß begangen hat. Erforderlich ist nicht, dass eine absolute, über jeden denkbaren Zweifel erhabene Gewissheit gewonnen werden konnte, sondern es genügt eine Gewissheit, welche den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (vgl. Zöller, ZPO, Kommentar, 31. Aufl. 2016, § 286 Rn. 19). Daran ändert auch der Vortrag des Beklagten nichts, er sei zum Verstoßzeitpunkt ortsabwesend gewesen. Zum einen wäre durch eine Abwesenheit des Beklagten zur Tatzeit die Täterschaft des Beklagten nicht ausgeschlossen (vgl. BGH, Urteil vom 12.05.2016, I ZR 48/15, recherchiert unter juris, Rn. 54), zum anderen steht nicht fest, dass der Beklagte zum Tatzeitpunkt ortsabwesend war, nachdem der Beklagte selbst nicht angeben konnte, wann genau er an dem Sonntag, [Datum], zurückkam.


2.

Ein Schadensersatz in Höhe von 450,00 EUR wird durch das Gericht für angemessen erachtet.

Der Schadensersatz kann in Fällen des widerrechtlichen öffentlichen Zugänglichmachens eines urheberrechtlich geschützten Werks über eine Internettauschbörse mittels einer fiktiven Lizenzberechnet werden, wobei für einen Musiktitel ein Betrag in Höhe von 200,00 EUR verlangt werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 12.05.2016, I ZR 48/15, Rn. 56). Selbst wenn man diesen Betrag für deutlich übersetzt erachtet, ist danach ein Ersatzanspruch in Höhe von 450,00 EUR für das Anbieten eines gesamten Musikalbums jedoch angemessen.


3.

Die Klägerin hat einen Anspruch auf Ersatz von Abmahnkosten in Höhe von 506,00 EUR aus § 97a Abs. 1 S. 2 UrhG a.F.

Die mit der Abmahnung verbundenen Aufwendungen waren erforderlich, da die Klägerin berechtigt war, mit der Wahrnehmung ihrer Rechte aus der begangenen Urheberverletzung eine Anwaltskanzlei zu beauftragen. Der Gegenstandswert einer Abmahnung wegen Verletzung eines Schutzrechts ist gemäß § 23 Abs. 3 S. 2 RVG nach billigem Ermessen zu bestimmen, wobei sich bei einem Unterlassungsanspruch der Wert nach dem Interesse des Anspruchstellers an der Unterbindung weiterer gleichartiger Verstöße bestimmt (vgl. BGH, I ZR 48/15, recherchiert unter juris, Rn. 68). Ein Fall der Kostendeckelung gemäß § 97 a Abs. 2 UrhG a.F. liegt nicht vor, da es sich nicht um eine unerhebliche Rechtsverletzung handelt.



II.

Die Entscheidung über die Zinsen ergeht gemäß §§ 286, 288 BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.




Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen die Entscheidung kann das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600,00 EUR übersteigt oder das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

Die Berufung ist binnen einer Notfrist von einem Monat bei dem

Landgericht Stuttgart
Urbanstraße 20
70182 Stuttgart


einzulegen.

Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung der Entscheidung.

Die Berufung muss mit Schriftsatz durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt eingelegt werden. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt werde.

Die Berufung muss binnen zwei Monaten mit Anwaltsschriftsatz begründet werden. Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.

Gegen die Entscheidung, mit der der Streitwert festgesetzt worden ist, kann Beschwerde eingelegt werden, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,00 EUR übersteigt oder das Gericht die Beschwerde zugelassen hat.

Die Beschwerde ist binnen sechs Monaten bei dem

Amtsgericht Stuttgart
Hauffstraße 5
70190 Stuttgart


einzulegen.

Die Frist beginnt mit Eintreten der Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache oder der anderweitigen Erledigung des Verfahrens. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf der sechsmonatigen Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.

Die Beschwerde ist schriftlich einzulegen oder durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle des genannten Gerichts. Sie kann auch vor der Geschäftsstelle jedes Amtsgerichts zu Protokoll erklärt werden; die Frist ist jedoch nur gewahrt, wenn das Protokoll rechtzeitig bei dem oben genannten Gericht eingeht. Eine anwaltliche Mitwirkung ist nicht vorgeschrieben.



[Name]
Richterin am Amtsgericht




Verkündet am 24.05.2017
[Name], JFAng'e
Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle



Beglaubigt
Stuttgart, 26.05.2017
[Name],
Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Durch maschinelle Bearbeitung beglaubigt - ohne Unterschrift gültig (...)





~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~




AG Stuttgart, Urteil vom 24.05.2017, Az. 10 C 2140/16,
Waldorf Frommer Rechtsanwälte,
Rechtsanwältin Cornelia Raiser,
Klage Waldorf Frommer,
sekundäre Darlegungslast,
Router Type "Alice Modem WLAN",
Sicherheitslücke Router,
Sicherheitslücke Router Type "Alice Modem WLAN"

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Wochenrückblick

#11119 Beitrag von Steffen » Samstag 12. August 2017, 21:40

------------------------------------------------------ - Abmahnwahn Deutschland - Filesharing - --------------------------------------------


DER Wochenrückblick........................Bild......................Filesharing Fälle


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Ausgabe 2017, KW 32 ..................................Initiative AW3P.............................07.08. - 13.08.2017

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.............................................................Bild










1. intersoft consulting services AG (Hamburg): Diese Auskunftsrechte haben Betroffene nach der DSGVO


(...) Nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO haben betroffene Personen das Recht, von Verantwortlichen eine Bestätigung darüber zu verlangen, ob sie betreffende personenbezogene Daten verarbeitet werden. Ist das der Fall, haben die betroffenen Personen ein Recht auf Auskunft über diese Daten und darüber hinausgehende Informationen zu deren Verarbeitung. (...)



Quelle: 'www.datenschutzbeauftragter-info.de'
Link: https://www.datenschutzbeauftragter-inf ... der-dsgvo/











2. Kanzlei Dr. Bahr (Hamburg): Landgericht Hamburg - Beweiskraft von Analyse-Tools wie Google Analytics, SISXTRIX und Alexa Ranking


LG Hamburg, Urteil vom 08.08.2017, Az. 312 O 176/16


(...) Nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO haben betroffene Personen das Recht, von Verantwortlichen eine Bestätigung darüber zu verlangen, ob sie betreffende personenbezogene Daten verarbeitet werden. Ist das der Fall, haben die betroffenen Personen ein Recht auf Auskunft über diese Daten und darüber hinausgehende Informationen zu deren Verarbeitung. (...)



Quelle: 'www.dr-bahr.com'
Link: http://www.dr-bahr.com/news/beweiskraft ... nking.html











Wahnsinn - Was für eine vorbildliche Interessenwahrung!?




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Prozessbevollmächtigter des Beklagten: "Sehr geehrter Kollege, bitte prüfen Sie einmal meine Klageerwiderung hinsichtlich der Fakten sowie den rechtlichen Aspekten. Ich möchte nämlich den Kläger nicht schaden!"


Hinweis:
Diese Handlungen und Personen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden Politikern / Aufsichtsrat-Mitgliedern wären rein zufällig!










3. Schreiner Lederer Rechtsanwälte GbR (Freising): Ist ein außergerichtlicher Vergleich trotz Klage möglich?


(...) Eine Frage, die wir bei der Beratung in Filesharing Angelegenheiten immer wieder gestellt bekommen, ist die, ob nach Erhalt einer Klage auf Schadenersatz nach einer Filesharing-Abmahnung immer noch ein außergerichtlicher Vergleich möglich ist.

Die kurze Antwort auf diese Frage lautet: nein. Die lange Antwort lautet: es kommt darauf an, was man unter einem außergerichtlichen Vergleich versteht.
(...)



Quelle: 'www.schreiner-lederer.de'
Link: https://www.schreiner-lederer.de/filesh ... -moeglich/





Literaturhinweis:

Prof. Dr. Klaus Schreiber, Bochum: Die einvernehmliche Beendigung des Zivilprozesses
- der Prozessvergleich
PDF: http://www.juraexamen.info/wp-content/u ... 12.003.pdf











4. Bundesgerichtshof (Karlsruhe): Der Anspruch auf Geldentschädigung wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung ist grundsätzlich nicht vererblich


BGH, Urteil vom 23.05.2017, VI ZR 261/16



Quelle: 'juris.bundesgerichtshof.de'
Link: http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-b ... os=0&anz=1















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Gerichtsentscheidungen



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  • AG München, Urteil vom 26.05.2017, Az. 132 C 25109/16 [WF gewinnen; sek. Darlegungslast (vermeintliche Internetstörung)]
  • AG Stuttgart, Urteil vom 24.05.2017, Az. 10 C 2140/16 [WF gewinnen; sek. Darlegungslast (Sicherheitslücke im Router vor Bekanntwerden)]









Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München):



1. AG München, Urteil vom 26.05.2017, Az. 132 C 25109/16


Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Amtsgericht München - widersprüchlicher Vortrag oder solcher ins Blaue hinein verspricht in Tauschbörsenverfahren keinen Erfolg



Quelle: 'news.waldorf-frommer.de'
Link: https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... en-erfolg/










2. AG Stuttgart, Urteil vom 24.05.2017, Az. 10 C 2140/16


Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Urteil des Amtsgericht Stuttgart nach Sachverständigengutachten - Verweis auf für die Öffentlichkeit bis dato noch unbekannte Sicherheitslücke im Router reicht nicht aus



Quelle: 'news.waldorf-frommer.de'
Link: https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... nicht-aus/















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Forenwelt




Neues vom Neanderuler: "Jetzt proll' endlich wieder!"




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Steffen Heintsch für AW3P




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AG Bremen, Az. 25 C 12/17

#11120 Beitrag von Steffen » Freitag 18. August 2017, 18:05

Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Das Amtsgericht Bremen verurteilt Anschlussinhaber in Filesharingverfahren - bloßes Benennen von Mitnutzern reicht nicht aus, um klägerische Ansprüche zu erschüttern


18:03 Uhr


Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Literaturwerke. Im Rahmen des Verfahrens vor dem Amtsgericht Bremen hatte der beklagte Anschlussinhaber seine Verantwortlichkeit für die Rechtsverletzung bestritten. Er habe die Rechtsverletzung bereits deshalb nicht begehen können, da er zu den Zeiten der Rechtsverletzung sich nicht zu Hause aufgehalten bzw. geschlafen haben soll. Seine internetfähigen Geräte seien zu diesen Zeiten nicht mit dem Internetanschluss verbunden gewesen. Darüber hinaus habe er auch kein Interesse an dem Werk gehabt, da dieses nicht seinen üblichen Lesegewohnheiten entspreche. Letztlich habe es weitere berechtigte Mitnutzer des Internetanschlusses gegeben, welche grundsätzlich als Täter der Rechtsverletzung in Frage kämen. Deren Täterschaft schloss der Beklagte jedoch letztendlich aus.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

Beethovenstraße 12 | 80336 München
Telefon: 089 / 52 05 72 10 | Telefax: 089 / 52 05 72 30
E-Mail: web@waldorf-frommer.de | Web: www.waldorf-frommer.de




Bericht

Link:
https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... chuettern/


Urteil als PDF:
https://news.waldorf-frommer.de/wp-cont ... 12_17_.pdf




Autorin

Rechtsanwältin Eva-Maria Forster



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Das Gericht erachtete das Vorbringen des Beklagten als unerheblich und stellte in seiner Urteilsbegründung klar, dass ein alleiniger Verweis auf Dritte nicht ausreiche, um der Täterhaftung zu entgehen. Der Beklagte habe es insoweit versäumt, konkrete Anhaltspunkte vorzutragen, welche ernsthaft auf die Täterschaft einer dritten Person schließen lassen könnten.


"Der Beklagte hat zwar vorgetragen, dritten Personen die selbstständige Nutzung seines Internetanschlusses überlassen zu haben. Er hat aber gerade keine Umstände (mehr) vorgetragen, die die Täterschaft einer dieser Nutzer zulassen. Der Inhaber eines Internetanschlusses wird der ihn treffenden sekundären Darlegungslast in Bezug darauf, ob andere Personen als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen, aber erst gerecht, wenn er nachvollziehbar vorträgt, welche Personen mit Rücksicht auf Nutzerverhalten, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht Gelegenheit hatten, die fragliche Verletzungshandlung ohne Wissen und Zutun des Anschlussinhabers zu begehen (LG Köln, Urteil vom 14. Juni 2017 - Az. 14 S 94/15 -‚ Rn. 58, juris).

Hier hat der Beklagte die Möglichkeit nach anfänglicher Behauptung, die benannten Personen kämen als mögliche Täter in Frage, zuletzt dargelegt, dass diese gerade nicht als Täter in Frage kämen, weil sie keine Filesharing Software oder Software zum Lesen von eBooks nutzten und das streitgegenständliche Werk auf den Endgeräten nicht vorhanden gewesen sei. Die Klägerin hat die entsprechenden Behauptungen unstreitig gestellt, so dass es bei der grundsätzlichen tatsächlichen Vermutung der Täterschaft des Anschlussinhabers bleibt.
"


Auch der Verweis auf persönliche Präferenzen sei dabei unbeachtlich, da diese keine bedeutende Aussagekraft in Bezug auf die eigene Täterschaft besäßen.

"Dabei haben allgemeine Erwägungen wie Lesegewohnheiten, die Altersgruppe der Nutzer von Filesharing-Software oder der regelmäßigen Alltagsroutine keinen hinreichenden Beweiswert; sie würden selbst bei Wahrunterstellung keinen hinreichenden Beweis gegen die Täterschaft des Beklagten erbringen."


Gegen den angesetzten Schadensersatz sowie die geltend gemachten Rechtsverfolgungskosten aus einem Gegenstandswert von 10.000,00 EUR Höhe hatte das Gericht ebenfalls keinerlei Bedenken.

Der Beklagte wurde daher vollumfänglich verurteilt und hat darüber hinaus die vollen Kosten des Rechtsstreits zu tragen.








AG Bremen, Urteil vom 21.07.2017, Az. 25 C 12/17



(...) - Abschrift -



Amtsgericht Bremen



25 C 12/17

Verkündet am 21.07.2017
[Name], Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle



Im Namen des Volkes

Urteil




In dem Rechtsstreit

[Name],
Klägerin

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte Waldorf Frommer Rechtsanwälte, Beethovenstraße 12, 80336 München,



gegen


[Name], 28203 Bremen
Beklagter

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte [Name], 28195 Bremen,





hat das Amtsgericht Bremen im schriftlichen Verfahren gern. § 128 ZPO mit einer Erklärungsfrist bis zum 10.07.2017 durch die Richterin am Amtsgericht [Name]

für Recht erkannt:

1. Der Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Euskirchen vom 22.12.2016 (Az. [Zeichen]) wird aufrechterhalten.
2. Der Beklagte trägt auch die weiteren Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; der Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin aus dem Vollstreckungsbescheid und aus diesem Urteil durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.





Tatbestand

Die Klägerin macht wegen der von ihr behaupteten Verletzung ausschließlicher Nutzungsrechte an dem Buch [Name] gegen die Beklagte Ansprüche auf Zahlung von Lizenzschadensersatz und Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren geltend.

Das streitgegenständliche Buch gehört in der deutschsprachigen Ausgabe sowohl in gedruckter Form als auch in elektronischer Form, sog. eBook, zum Verlagsprogramm [Name] nach formwechselnder Umwandlung und Umfirmierung jetzt [Name], der Klägerin. Die Klägerin hält die ausschließlichen Rechte der Verbreitung und Vervielfältigung. Das Buch wurde in elektronischer Form (eBook) ohne Zustimmung der Rechteinhaberin in Peer-to-Peer-Netzwerken, so genannten Filesharing-Tauschbörsen, anderen Nutzern zum kostenlosen Download angeboten.

Im Rahmen von der Klägerin hierzu veranlasster Ermittlungen stellte die von der Klägerin beauftragte Firma Digital Forensics GmbH der Klägerin mit, dass streitgegenständliche eBook zu nachfolgenden Zeitpunkten unter den angegebenen IP-Adressen von Nutzern eines Filesharing-Netzwerkes anderen Nutzern zum Download angeboten worden war:

[Ermittlungszeitpunkte]

Die Telekom Deutschland erteilte der Klägerin aufgrund der von dieser bei dem Landgericht Köln zu den Az. 209 O 123/13, 232 O 89/13, 230 O 128/13 und 204 O 109/13 gemäß 101 Abs. 9 UrhG erwirkten Gestattungsbeschlüssen vom [Name] (Bl. 135 - 154 GA) die Auskunft, dass oben stehende IP-Adressen zu den angegebenen Tatzeitpunkten jeweils dem Internetzugang des Beklagten zugewiesen waren.

Der Beklagte lebte mit der Zeugin [Name] unter der im Rubrum angegebenen Adresse in einer gemeinsamen Wohnung. Der Beklagte war Inhaber eines Internetanschlusses mit WLAN-Verbindung, welcher mittels WPA2-Verschlüsselung gesichert war. Den Zugang zu dem Internetanschluss hatte er der vorgenannten Zeugin und den in einem Nachbarhaus wohnenden Zeugen [Name] und [Name] zur Verfügung gestellt.

Die Klägerin mahnte den Beklagten mit Schreiben vom [Datum] ab und verlangte Unterlassung, Schadensersatz und Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten. Der Beklagte gab daraufhin eine schriftliche Unterlassungserklärung vom [Datum] ab, bestritt aber die behauptete Rechtsverletzung und verweigert die Erfüllung der Zahlungsansprüche.

Die Klägerin erwirkte den Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Euskirchen vom 22.12.2016 (Az. [Zeichen]) über Rechtsanwaltskosten in Höhe von 506,00 EUR und Schadensersatz in Höhe von 450,00 EUR jeweils wegen Urheberrechtsverletzung gemäß Schreiben vom [Datum], der dem Beklagten am 24.12.2016 zugestellt wurde. Am 05.01.2017 legte der Beklagte Einspruch ein.

Die Klägerin verlangt zum einen Lizenzschadensersatz im Wege der Lizenzanalogie für die Rechteverletzung und zum anderen Erstattung der Kosten der anwaltlichen Abmahnung.



Die Klägerin beantragt,
den Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Euskirchen vom 22.12.2016 (Az. [Zeichen]) aufrecht zu erhalten.



Der Beklagte beantragt,
den Vollstreckungsbescheid aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Er behauptet, die .streitgegenständlichen Rechtsverletzungen nicht begangen zu haben. Damals habe lediglich. einen Laptop und ein Smart hone als Endgeräte benutzt. Am [Datum] sei er ab 15.00 Uhr bis zum [Datum, Uhrzeit] in [Name] gewesen, dabei habe er die Geräte mitgenommen. Nächtliche Verletzungshandlungen könne er nicht begangen haben, weil er regelmäßig ab 23.00 Uhr seine Geräte abschalte und Nachtruhe halte, sowie morgens unter Mitnahme der Geräte ab 9.00 Uhr seiner Berufstätigkeit im Büro nachgehe. Die behaupteten Rechteverletzungen könne er ferner schon deshalb nicht begangen haben, weil das Buch nicht seinen Lesegewohnheiten entspräche. Unter keinen Umständen würde Trivialliteratur von [Name] lesen, auch lehne er elektronische Bücher ab. die erforderliche Software habe er nicht auf seinen Endgeräten installiert gehabt.

Nachdem der Beklagte zunächst behauptet hatte, es käme nur einer der anderen berechtigten Nutzer seines Internetanschlusses als Täter in Frage, trug er sodann vor, dass auch diese nicht als Täter in Frage kämen, zumal sie alle über 40 Jahre alt seien. Softwareanwendungen wie BitTorrent würden dagegen regelmäßig von Jugendlichen oder "Twens" genutzt.

Schließlich bestreitet er, dass die Klägerin Inhaberin der behaupteten Rechte sei und die Verletzungshandlungen überhaupt richtig ermittelt worden seien.

Wegen weiterer Einzelheiten des gegenseitigen Parteivorbringens wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und deren Anlagen Bezug genommen.




Entscheidungsgründe

Der Einspruch des Beklagten ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt.

In der Sache hat er jedoch keinen Erfolg, denn die Klage ist begründet.

Der Klägerin steht gegenüber dem Beklagten ein Schadensersatzanspruch wegen der unberechtigten Nutzung des eBooks [Name] in Form der öffentlichen Zugänglichmachung aus §§ 97 Abs. 2, 15 Abs. 2 in Verbindung mit § 19a UrhG sowie auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren gemäß § 97a Abs. 1 UrhG a.F. in Höhe von insgesamt 956,00 EUR (450,00 EUR + 506,00 EUR) zu.


1.

Die Klägerin ist aktivlegitimiert.

Die Klägerin ist als Inhaberin der ausschließlichen urheberrechtlichen Verwertungsrechte an dem Buch hinsichtlich der deutschsprachigen Ausgabe aktivlegitimiert. Die Rechteinhaberschaft wird gemäß §§ 10 Abs. 1, 3 UrhG vermutet, denn die Klägerin ist auf den Vervielfältigungsstücken des Buches durch Copyright-Vermerk als Rechtsinhaberin der deutschen Ausgabe bezeichnet. Gründe, die Rechteinhaberschaft ernsthaft in Frage zu stellen, hat der Beklagte nicht hinreichend substantiiert vorgetragen. Um die gesetzliche Vermutung zu erschüttern, genügt es nicht, allgemeine Erwägungen anzustellen oder mit Nichtwissen zu bestreiten.


2.

Die Urheberrechtsverletzung wurde vom Internetanschluss des Klägers begangen.

Soweit der Beklagte die zuverlässige Ermittlung seines Internetanschlusses in Abrede stellt, auch die Zuverlässigkeit der Ermittlungssoftware, dringt er damit nicht durch. Wie die Klägerin vorgetragen hat, wurde der Internetanschluss des Beklagten nicht nur einmal, sondern an mehreren Tagen bzw. mehrfach an einem Tag im Zusammenhang mit der Urheberrechtsverletzung ermittelt. Dieser Befund stellt bereits ein starkes Indiz für die richtige Ermittlung des Internetanschlusses des Beklagten dar, so dass ein einfaches Bestreiten der Richtigkeit der Ermittlung des Internetanschlusses nicht mehr ausreicht, vielmehr Zweifel an der Richtigkeit der Anschlussidentifizierung nicht mehr bestehen (vgl. LG Köln, Urteil vom 14.06.2017, Az. 14 S 94/15).

Die Klägerin hat weiter die ergangenen Gestattungsbeschlüsse des LG Köln vorgelegt, auf deren Grundrage die jeweiligen IP-Adressen dem Beklagten zugeordnet worden sind.


3.

Der Beklagte ist für den Urheberrechtsverstoß als Täter verantwortlich.

Es spricht grundsätzlich eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen diesen Internetanschluss benutzen konnten. Eine die tatsächliche Vermutung ausschließende Nutzungsmöglichkeit Dritter ist anzunehmen, wenn der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde. In diesen Fällen trifft den Inhaber des Internetanschlusses jedoch eine sekundäre Darlegungslast. Diese führt zwar weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 Abs. 1 und 2 ZPO) hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, den Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast vielmehr dadurch, dass er dazu vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat (BGH Urteil vom 11.06.2015 - I 75/14 - "Tauschbörse III" Rn. 37; Urteil am 12.05.2016 - I ZR 48/15 - "Everytime we touch", juris Rn. 33; Urteil vom 06.10.2016 I ZR 154/15 - "Afterlife", juris Rn. 15). (LG Köln, Urteil vom 14. Juni 2017 - Az. 14 S 94/15 Rn. 47, juris).

Dabei betrifft die sekundäre Darlegungslast die der Feststellung der Täterschaft vorgelagerte Frage, ob die Voraussetzungen für die tatsächliche Vermutung vorliegen, der Anschlussinhaber sei der Täter. Erst wenn der Anschlussinhaber dieser sekundären Darlegungslast genügt, trifft den Anspruchsteller die Last der dann erforderlichen Beweise; genügt der Anschlussinhaber seiner sekundären Darlegungslast dagegen nicht, so muss er zur Widerlegung der dann für den Anspruchsteller streitenden tatsächlichen Vermutung den Gegenbeweis erbringen (OLG München, Urteil vom 14.01.2016 - Az. 29 U 2593/15 - "Loud", juris Rn. 38; vgl: BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 75/14- "Tauschbörse III"; Urteil vom 12. Mai 2016 - I ZR 48/15 - "Everytime we touch"; BGH, Urteil vom 06.10.2016 - "Afterlife", juris Rn. 15).

Nach diesen Grundsätzen ist von der Täterschaft des Beklagten auszugehen.

Der Beklagte hat zwar vorgetragen, dritten Personen die selbstständige Nutzung seines Internetanschlusses überlassen zu haben. Er hat aber gerade keine Umstände (mehr) vorgetragen, die die Täterschaft einer dieser Nutzer zulassen. Der Inhaber eines Internetanschlusses wird der ihn treffenden sekundären Darlegungslast in Bezug darauf, ob andere Personen als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen, aber erst gerecht, wenn er nach vollziehbar vorträgt, welche Personen mit Rücksicht auf Nutzerverhalten, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht Gelegenheit hatten, die fragliche Verletzungshandlung ohne Wissen und Zutun des Anschlussinhabers zu begehen (LG Köln, Urteil vom 14. Juni 2017 - Az. 14 S 94/15 -, Rn. 58, juris). Hier hat der Beklagte die Möglichkeit nach anfänglicher Behauptung, die benannten Personen kämen als mögliche Täter in Frage, zuletzt dargelegt, dass diese gerade nicht als Täter in Frage kämen, weil sie keine Filesharing Software oder Software zum Lesen von eBooks nutzten und das streitgegenständliche Werk auf den Endgeräten nicht vorhanden gewesen sei. Die Klägerin hat die entsprechenden Behauptungen unstreitig gestellt, so dass es bei der grundsätzlichen tatsächlichen Vermutung der Täterschaft des Anschlussinhabers bleibt.


4.

Der Beklagte den Gegenbeweis zur Widerlegung der dann für den Anspruchsteller streitenden tatsächlichen Vermutung nicht erbracht. .Er hat Tatsachen, die seine Täterschaft ausschließen, nicht unter Beweisantritt dargelegt. Dabei haben allgemeine Erwägungen wie Lesegewohnheiten, die Altersgruppe der Nutzer von Filesharing-Software oder der regelmäßigen Alltagsroutine keinen hinreichenden Beweiswert; sie würden selbst bei Wahrunterstellung keinen hinreichenden Beweis gegen die Täterschaft des Beklagten erbringen.


5.

Die öffentliche Zugänglichmachung des streitgegenständlichen eBooks war auch rechtswidrig, da es ohne Zustimmung der Rechteinhaber erfolgte. Der Beklagte hat auch schuldhaft gehandelt.


6.

Der Klägerin steht gegen den Beklagten aus vorstehenden Gründen ein Anspruch auf Lizenzschadensersatz wegen der unberechtigten öffentlichen Zugänglichmachung des streitgegenständlichen eBooks in Filesharing-Netzwerken zu, §§ 97 Abs. 2 UrhG. Der geltend gemachte Anspruch auf Schadensersatz von 450,00 EUR ist auch der Höhe nach begründet.

Für die Bemessung des Lizenzschadensersatzes maßgeblich und im Rahmen der Ermessensausübung zu berücksichtigen ist; was ein vernünftiger Lizenzgeber und ein vernünftiger Lizenznehmer anstelle der Parteien für die Übertragung des Rechts, welches der Beklagte durch Teilnahme an der Filesharing-Tauschbörse in Anspruch genommen hat, vereinbart hätten (§ 97 Abs. 2 Satz 3 UrhG).

Das LG Köln hat in seinem Urteil vom 06.08.2015 (Az. 14 S 2/15) mit Ausführungen, die auch auf den vorliegenden Fall zutreffen, und auf die deshalb an dieser Stelle verwiesen werden kann, für die unberechtigte Nutzung eines Hörbuch den angemessenen Lizenzschaden mit 450,00 EUR beziffert. Dies erscheint aus den dort genannten Gründen auch für das eBook gerechtfertigt.


7.

Auch' der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren für die Abmahnung vom 01.07.2013 ist in vollem Umfang begründet. Die Klägerin hat gegenüber dem Beklagten Anspruch auf Erstattung der von ihr aufgewendeten Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 506,00 EUR gemäß § 97a Abs. 1 Satz 2 UrhG a.F.. Unter Berücksichtigung des wirtschaftlichen Interesses der nutzungsberechtigten Klägerin an der Unterbindung der Rechtsverletzung und der erheblichen Angriffsintensität des Rechtsverletzers, die mit der Beteiligung an illegalen Filesharing-Tauschbörsen verbunden ist, ist der Wert des Unterlassungsanspruchs mit 10.000,00 EUR in jedem Fall gerechtfertigt, vergl. auch LG Köln, Urteil vom 06. August 2015 - Az. 14 S 2/15 -, Rn. 35, juris.


8.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1,247 BGB. Verzug des Beklagten ist mit Ablauf der mit Schreiben vom 01.07.2013 bis 22.07.2013 gesetzten Zahlungsfrist eingetreten.



9.

Nach allem war der Klage mit den auf §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO beruhenden Nebenentscheidungen zu entsprechen.




Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung. für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,

wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht Bremen zugelassen worden ist.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes ist glaubhaft zu machen; eine Versicherung an Eides statt ist nicht zulässig. Die Berufung muss binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich beim

Landgericht Bremen,
Domsheide 16,
28195 Bremen,

eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. Die Gerichtssprache ist deutsch.

Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Bremen zu begründen.

Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Bremen durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.

Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.



[Name]
Richterin am Amtsgericht
(...)




~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

AG Bremen, Urteil vom 21.07.2017, Az. 25 C 12/17,
Klage Waldorf Frommer,
Klage eBook,
Waldorf Frommer Rechtsanwälte,
Rechtsanwältin Eva-Maria Forster,
sekundäre Darlegungslast

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