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Steffen
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BGH - I ZR 220/15

#11061 Beitrag von Steffen » Mittwoch 10. Mai 2017, 16:53

BGH, Urteil vom 24. November 2016 - I ZR 220/15 - WLAN Schlüssel (Volltextveröffentlichung)


16:50 Uhr


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Bundesgerichtshof

Herrenstraße 45 A
76133 Karlsruhe




Urteil als PDF:

Link:
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-b ... lank=1.pdf



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~





BGH, Urteil vom 24. November 2016 - I ZR 220/15 - WLAN Schlüssel


(...)

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL




I ZR 220/15

Verkündet am:
24. November 2016

Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle


in dem Rechtsstreit


WLAN-Schlüssel


UrhG § 97 Abs. 1 Satz 1
a) Der Inhaber eines Internetanschlusses mit WLAN-Funktion ist nach den Grundsätzen der Störerhaftung zur Prüfung verpflichtet, ob der verwendete Router über die im Zeitpunkt seines Kaufs für den privaten Bereich marktüblichen Sicherungen verfügt. Hierzu zählt der im Kaufzeitpunkt aktuelle Verschlüsselungsstandard sowie die Verwendung eines individuellen, ausreichend langen und sicheren Passworts (Festhaltung an BGH, Urteil vom 12. Mai 2010 - I ZR 121/08, BGHZ 185, 330 Rn. 34 ­ Sommer unseres Lebens).
b) Ein aus einer zufälligen 16-stelligen Ziffernfolge bestehendes, werkseitig für das Gerät individuell voreingestelltes Passwort genügt den Anforderungen an die Passwortsicherheit. Sofern keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass das Gerät schon im Kaufzeitpunkt eine Sicherheitslücke aufwies, liegt in der Beibehaltung eines solchen werkseitig eingestellten Passworts kein Verstoß gegen die den Anschlussinhaber treffende Prüfungspflicht (Fortführung von BGHZ 185, 330 Rn. 34 ­ Sommer unseres Lebens).
c) Dem vom Urheberrechtsinhaber gerichtlich in Anspruch genommenen Anschlussinhaber obliegt eine sekundäre Darlegungslast zu den von ihm bei der Inbetriebnahme des Routers getroffenen Sicherheitsvorkehrungen, der er durch Angabe des Routertyps und des Passworts genügt. Für die Behauptung, es habe sich um ein für eine Vielzahl von Geräten voreingestelltes Passwort gehandelt, ist der Kläger darlegungs- und beweispflichtig.

BGH, Urteil vom 24. November 2016 - I ZR 220/15 - LG Hamburg
AG Hamburg



Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 24. November 2016 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher, die Richter Prof. Dr. Schaffert, Prof. Dr. Koch, die Richterin Dr. Schwonke und den Richter Feddersen

für Recht erkannt:

Die Revision gegen das Urteil des Landesgerichts Hamburg - Zivilkammer 10 - vom 29. September 2015 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.



Von Rechts wegen



Tatbestand:

Die Klägerin ist Inhaberin von Verwertungsrechten an dem Film "T. E.". Die Beklagte wohnte in einem Mehrfamilienhaus und betrieb mit Hilfe eines Routers des Typs "Alice Modem WLAN 1421" einen Internetzugang mittels WLAN (Wireless Local Area Network). Dieser war zu einem Zeitpunkt zwischen Februar und Mai 2012 eingerichtet worden. Der Router war mit einem vom Hersteller vergebenen, auf der Rückseite der Verpackung des Routers aufgedruckten WPA2-Schlüssel gesichert, der aus 16 Ziffern bestand. Diesen Schlüssel hatte die Beklagte bei der Einrichtung des Routers nicht geändert. Den Namen des Routers, mit dem ihr Netz angezeigt wurde, hatte sie auf "O." ändern lassen.

Eine den Film "T. E." enthaltende Datei wurde im November und Dezember 2012 an drei Tagen zu fünf verschiedenen Zeitpunkten über den Internetanschluss der Beklagten in einer Internettauschbörse zum Download angeboten. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass dieses Angebot durch einen unbekannten Dritten vorgenommen wurde, der sich unberechtigten Zugang zum WLAN der Beklagten verschafft hatte.

Die Klägerin ließ die Beklagte am 7. Juni 2013 anwaltlich abmahnen und verlangte Schadensersatz und Kostenerstattung. Die Beklagte gab daraufhin eine Unterlassungsverpflichtung ab, leistete aber keine Zahlung.

Die Klägerin hat erstinstanzlich Abmahnkosten in Höhe von 755,80 EUR sowie Schadensersatz in Höhe von 400,00 EUR verlangt.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen (AG Hamburg, CR 2015, 335). Mit ihrer Berufung, die das Landgericht zurückgewiesen hat (LG Hamburg, Urteil vom 29. September 2015 - 310 S 3/15, juris), hat die Klägerin allein den Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten weiterverfolgt. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin den Anspruch auf Zahlung von Abmahnkosten weiter.



Entscheidungsgründe:


I.

Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stehe der geltend gemachte Anspruch auf Abmahnkostenerstattung nach § 97a Abs. 1 UrhG a.F. nicht zu. Zur Begründung hat es ausgeführt:

Die Voraussetzungen einer Haftung der Beklagten als Störerin lägen nicht vor. Die Beklagte habe keine Prüfungspflichten verletzt. Ein Verstoß gegen Prüfungspflichten liege weder darin, dass die Beklagte den werkseitig vergebenen WLAN-Schlüssel für die WPA2-Verschlüsselung beibehalten habe, noch darin, dass sie diesen nicht selbst geändert habe. Ein 16-stelliger WLAN-Schlüssel sei generell hinreichend sicher. Anhaltspunkte dafür, dass der voreingestellte Code unsicher gewesen sei, hätten für die Beklagten im Zeitpunkt der behaupteten Verletzungshandlung nicht bestanden.


II.

Die hiergegen gerichtete Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass die Voraussetzungen eines Anspruchs gemäß § 97a Abs. 1 UrhG a.F. nicht vorliegen.


1.

Auf den mit der Klage geltend gemachten Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten ist § 97a UrhG in der bis zum 8. Oktober 2013 geltenden Fassung anzuwenden. Die durch das Gesetz über unseriöse Geschäftspraktiken vom 1. Oktober 2013 (BGBl I, S. 3714) mit Wirkung ab dem 9. Oktober 2013 eingeführten Neuregelungen zur Wirksamkeit der Abmahnung und zur Begrenzung der erstattungsfähigen Kosten nach § 97a Abs. 2 und 3 Satz 2 und 3 UrhG nF gelten erst für Abmahnungen, die nach Inkrafttreten des Gesetzes über unseriöse Geschäftspraktiken ausgesprochen worden sind. Für den Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten kommt es auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Abmahnung an (vgl. zu § 97a Abs. 1 Satz 2 UrhG a.F. BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 145/10, ZUM 2012, 34 Rn. 8, m.w.N.; Urteil vom 8. Januar 2014 - I ZR 169/12, BGHZ 200, 76 Rn. 11 - BearShare; Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 75/14, GRUR 2016, 191 Rn. 58 = WRP 2016, 73 ­ Tauschbörse III; Urteil vom 12. Mai 2016 - I ZR 1/15, GRUR 2016, 1275 Rn. 19 = WRP 2016, 1525 - Tannöd).


2.

Nach § 97a Abs. 1 Satz 1 UrhG aF soll der Verletzte den Verletzer vor Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens auf Unterlassung abmahnen und ihm Gelegenheit geben, den Streit durch Abgabe einer mit einer angemessenen Vertragsstrafe bewehrten Unterlassungsverpflichtung beizulegen. Soweit die Abmahnung berechtigt ist, kann der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangt werden. Danach besteht ein Anspruch auf Abmahnkostenersatz, wenn die Abmahnung begründet gewesen ist, ihr also ein materieller Unterlassungsanspruch zugrunde gelegen hat. Darüber hinaus muss die Abmahnung wirksam und erforderlich sein, um dem Unterlassungsschuldner einen Weg zu weisen, den Unterlassungsgläubiger ohne Inanspruchnahme der Gerichte klaglos zu stellen (BGH, Urteil vom 21. Januar 2010 - I ZR 47/09, GRUR 2010, 354 Rn. 8 = WRP 2010, 525 - Kräutertee; Urteil vom 19. Mai 2010 - I ZR 140/08, GRUR 2010, 1120 Rn. 16 = WRP 2010, 1495 - Vollmachtsnachweis; Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 7/14, GRUR 2016, 184 Rn. 55 ff. = WRP 2016, 66 ­ Tauschbörse II; Kefferpütz in Wandtke / Bullinger, Urheberrecht, 4. Aufl., § 97a UrhG Rn. 50; Dreier/Specht in Dreier/Schulze, UrhG, 5. Aufl., § 97a Rn. 8). Im Streitfall steht der Klägerin kein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte zu, weil die Voraussetzungen der Störerhaftung - eine täterschaftliche Haftung steht nicht in Rede - nicht vorliegen.


a)

Als Störer kann bei der Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer - ohne Täter oder Teilnehmer zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat-kausal zur Verletzung des geschützten Rechts beiträgt. Dabei kann als Beitrag auch die Unterstützung oder Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten genügen, sofern der in Anspruch Genommene die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte. Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die weder als Täter noch als Teilnehmer für die begangene Urheberrechtsverletzung in Anspruch genommen werden können, setzt die Haftung als Störer nach der Rechtsprechung des Senats die Verletzung zumutbarer Verhaltenspflichten, insbesondere von Prüfpflichten voraus. Ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen eine Verhinderung der Verletzungshandlung des Dritten zuzumuten ist, richtet sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung seiner Funktion und Aufgabenstellung sowie mit Blick auf die Eigenverantwortung desjenigen, der die rechtswidrige Beeinträchtigung selbst unmittelbar vorgenommen hat (BGH, Urteil vom 12. Mai 2010 - I ZR 121/08, BGHZ 185, 330 Rn. 19 ­ Sommer unseres Lebens; BGHZ 200, 76 Rn. 22 - BearShare; BGH, Urteil vom 26. November 2015 - I ZR 174/14, GRUR 2016, 268 Rn. 21 = WRP 2016, 341 ­ Störerhaftung des Access-Providers; Urteil vom 12. Mai 2016 - I ZR 86/15, GRUR 2016, 1289 Rn. 11 = WRP 2016, 1522 - Silver Linings Playbook).


b)

Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte habe keine Prüfungspflichten verletzt. Ihr Router habe über den zur Abwehr unberechtigter Zugriffe generell geeigneten Sicherungsstandard WPA2 verfügt. Die Beklagte habe nicht deshalb gegen Prüfungspflichten verstoßen, weil sie den werkseitig vergebenen, aus 16 Ziffern bestehenden WLAN-Schlüssel beibehalten habe. Es sei nicht festzustellen, dass es sich um einen nicht individualisierten WLAN-Schlüssel gehandelt habe, der werkseitig auch für andere Geräte desselben Herstellers vergeben worden sei. Die Beklagte sei der ihr insoweit obliegenden sekundären Darlegungslast zu den von ihr ergriffenen Sicherungsmaßnahmen nachgekommen, indem sie den Hersteller, Typ und verwendeten WLAN-Schlüssel ihres Routers benannt habe. Die Klägerin habe keinen Beweis dafür angeboten, dass es sich bei diesem Schlüssel um ein nicht allein für dieses Gerät, sondern auch für andere Geräte vergebenes Passwort gehandelt habe. Die Beklagte habe ferner keine Prüfungspflicht verletzt, weil sie den vom Hersteller voreingestellten WLAN-Schlüssel nicht selbst geändert habe. Die Klägerin mache nicht geltend, dass ein Dritter den auf der Rückseite der Verpackung aufgedruckten WLAN-Schlüssel ausgespäht habe. Die von einem Dritten durch Ausnutzung einer Sicherheitslücke vorgenommene Entschlüsselung des WLAN-Codes sei der Beklagten nicht zurechenbar. Die Beklagte sei nicht verpflichtet gewesen, das Entschlüsseln des Codes durch die Einfügung von Buchstaben oder Sonderzeichen zu erschweren. Ein 16-stelliger WLAN-Schlüssel habe im Zeitpunkt der Inbetriebnahme des Routers als generell hinreichend sicher angesehen werden dürfen. Anhaltspunkte dafür, dass der voreingestellte Code unsicher gewesen sei, hätten für die Beklagten nicht bestanden. Weder sei er einem für Laien erkennbaren Muster gefolgt noch habe er einen Bezug zu persönlichen Daten der Beklagten aufgewiesen. Zudem habe die Beklagte die Netzwerkbezeichnung ihres Routers geändert, so dass ein Rückschluss auf den Routertyp und einen etwa verwendeten reinen Zahlencode nicht möglich gewesen sei. Der Hersteller habe in der Betriebsanleitung nicht zu einer Änderung des WLAN-Schlüssels aufgefordert. Hinweise darauf, dass der voreingestellte WLAN-Code des betroffenen Routertyps unbefugt entschlüsselt werden könne, seien erst im März 2014 veröffentlicht worden. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.


c)

Die Revision wendet sich ohne Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, durch die Beibehaltung des werkseitig voreingestellten WLAN-Schlüssels habe die Beklagte nicht gegen die ihr obliegenden Prüfpflichten verstoßen.


aa)

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Inhaber eines Internetanschlusses mit WLAN-Funktion verpflichtet zu prüfen, ob der verwendete Router über die im Zeitpunkt seines Kaufs für den privaten Bereich marktüblichen Sicherungen verfügt. Hierzu zählt der im Kaufzeitpunkt aktuelle Verschlüsselungsstandard sowie die Verwendung eines individuellen, ausreichend langen und sicheren Passworts (vgl. BGHZ 185, 330 Rn. 34 - Sommer unseres Lebens). In der Beibehaltung einer werkseitigen Standardsicherheitseinstellung kann somit ein Verstoß gegen die Prüfungspflicht liegen, wenn die vorgenannten Anforderungen an die Passwortsicherheit nicht erfüllt sind. Mit diesen Grundsätzen wird dem auf Seiten des Inhabers des Urheberrechts zu berücksichtigenden Grundrecht auf geistiges Eigentum gemäß Art. 17 Abs. 2 EU-Grundrechtecharta und Art. 14 Abs. 1 GG angemessen Rechnung getragen (vgl. EuGH, Urteil vom 15. September 2016 - C-484/14, GRUR 2016, 1146 Rn. 98 = WRP 2016, 1486 - Sony Music / Mc Fadden; BGH, Urteil vom 6. Oktober 2016 ­ I ZR 154/15, GRUR 2017, 386 Rn. 22 ff. = WRP 2017, 448 - Afterlife).


(1)

Am Erfordernis der Individualität des Passworts fehlt es, wenn der Hersteller eine Mehrzahl von Geräten auf ein identisches Passwort voreingestellt hat. In einem solchen Fall steht Dritten schon bei Kenntnis vom Typ des verwendeten Routers potentiell der Zugriff auf das WLAN offen. Hat der Hersteller hingegen jedes einzelne Gerät mit einem individuellen Passwort versehen, ist das Erfordernis der Individualität grundsätzlich gewahrt (vgl. AG Frankfurt am Main, MMR 2013, 605 mit zust. Anm. Mantz, MMR 2013, 605 und Koch, jurisPR-ITR 1/2014 Anm. 4; AG Hamburg, CR 2015, 335 mit zust. Anm. Rössel, ITRB 2015, 90, 91 und Rathsack, jurisPR-ITR 12/2015 Anm. 3).


(2)

Ein aus einer zufälligen 16-stelligen Ziffernfolge bestehendes, werkseitig individuell voreingestelltes Passwort ist im Ausgangspunkt nicht weniger sicher als ein vom Nutzer persönlich eingestelltes Passwort (vgl. AG Frankfurt am Main, MMR 2013, 605, 607; Mantz, MMR 2010, 568, 569 und MMR 2013, 605, 607). Fehlt es im Zeitpunkt des Kaufs des Routers an Anhaltspunkten, dass Dritte den werkseitig voreingestellten Code entschlüsseln konnten, weil dieser vom Hersteller fehlerhaft oder in einer Art und Weise berechnet worden ist, dass eine Sicherheitslücke bestand, verstößt der Nutzer, der die Voreinstellung übernimmt, nicht gegen die ihm obliegenden Prüfungspflichten. Dasselbe gilt, wenn keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Dritte den Code aufgrund seiner Anbringung auf der Produktverpackung oder dem Produkt selbst haben ausspähen können.


bb)

Nach diesen Maßstäben ist das Berufungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte nicht gegen die ihr obliegenden Sicherungsmaßnahmen verstoßen hat.


(1)

Die Revision wendet sich nicht gegen die Feststellung des Berufungsgerichts, der Router der Beklagten habe über den Verschlüsselungsstandard WPA2 verfügt. Der WPA2-Standard ist als hinreichend sicher anerkannt (vgl. BGHZ 185, 330 Rn. 33 - Sommer unseres Lebens; Schmidt in: Auer-Reinsdorff/Conrad, Handbuch IT- und Datenschutzrecht, 2. Aufl., § 3 Rn. 261).


(2)

Die Revision macht ohne Erfolg geltend, nicht die Klägerin, sondern die Beklagte trage die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass es sich um einen individuellen WLAN-Schlüssel gehandelt habe. Das Berufungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass der Anspruchsteller für sämtliche Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs auf Abmahnkostenerstattung die Darlegungs- und Beweislast trägt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 15. November 2012 ­ I ZR 74/12, GRUR 2013, 511 Rn. 32 = WRP 2013, 799 - Morpheus; Urteil vom 12. Mai 2016 - I ZR 48/15, GRUR 2016, 1280 Rn. 32 = WRP 2017, 79 - Everytime we touch). Hierzu zählt im Falle der Störerhaftung auch die Verletzung der Prüfungspflicht durch den Anspruchsgegner. Da die Frage, welche Sicherheitsvorkehrungen der Anschlussinhaber bei Inbetriebnahme seines Routers getroffen hat, außerhalb des Wahrnehmungsbereichs des Anspruchstellers liegt, ist das Berufungsgericht ebenfalls zutreffend davon ausgegangen, dass dem Anschlussinhaber insoweit eine sekundäre Darlegungslast obliegt (vgl. - zur Überlassung des Internetanschlusses zur Nutzung durch Dritte - BGHZ 200, 76 Rn. 15 ff. - BearShare; BGH, GRUR 2016, 191 Rn. 37 - Tauschbörse III; GRUR 2016, 1280 Rn. 33 - Everytime we touch). Die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe durch Angabe des Routertyps und des Passworts ihrer sekundären Darlegungslast genügt, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Dasselbe gilt für die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Klägerin sei für die Behauptung, es habe sich um einen für eine Vielzahl von Routern vergebenes Passwort gehandelt, beweisfällig geblieben.


(3)

Entgegen der Ansicht der Revision ist nicht schon deshalb von einer Pflichtverletzung der Beklagten auszugehen, weil nicht feststeht, dass die Beklagte die Sicherheit der Verschlüsselung und die Individualität des WLAN-Schlüssels überhaupt geprüft hat. Gesonderter Feststellungen hierzu bedurfte es nicht, um die Verletzung von Prüfungspflichten zu verneinen, weil bereits das vom Berufungsgericht festgestellte Verhalten der Beklagten - die Übernahme des werkseitig eingestellten Codes - den anzuwendenden Prüfungspflichten genügte. Das Berufungsgericht hat angenommen, im Zeitpunkt der Inbetriebnahme des Routers habe nicht davon ausgegangen werden können, der voreingestellte Code sei nicht sicher gewesen. Das Berufungsgericht hat hierzu ausgeführt, es hätten im Zeitpunkt der Inbetriebnahme des Routers keine Anhaltspunkte dafür bestanden, dass ein 16-stelliger Zahlenschlüssel generell oder im konkreten Fall ausspähbar gewesen wäre. Die Bedienungsanleitung habe zudem keinen Hinweis darauf enthalten, das voreingestellte Passwort zu ändern.

Gegen diese tatrichterliche Würdigung wendet sich die Revision ohne Erfolg. Ihr Hinweis, die Klägerin habe erstinstanzlich bestritten, dass durch die Verwendung der werkseitigen Verschlüsselung ein hohes Schutzniveau erreicht werden könne, welches den Zugriff unbefugter Dritter ausschließe, stellt die Würdigung des Berufungsgerichts nicht mit Erfolg in Frage. Die Revision vermag nicht aufzuzeigen, dass die Klägerin in erster oder zweiter Instanz substantiiert dargelegt hätte, das voreingestellte Passwort habe im Zeitpunkt des Kaufs des Routers nicht marktüblichen Sicherheitsstandards entsprochen. Mit ihrer Beanstandung, schon im Jahr 2007 habe instanzgerichtliche Rechtsprechung die Vergabe eines ausreichend langen Passworts aus einer losen Kombination von Buchstaben, Ziffern und Sonderzeichen für erforderlich und zumutbar gehalten, greift die Revision lediglich in revisionsrechtlich unbehelflicher Weise die tatrichterliche Würdigung an, für die Beklagte habe mangels besonderer Anhaltspunkte für die Unsicherheit des voreingestellten Passworts kein Anlass bestanden, das Passwort zu ändern.

Welche Anforderungen an die Prüfungspflicht des Inhabers eines Internetanschlusses mit WLAN-Funktion zu stellen sind, wenn nachträglich Anhaltspunkte für eine bereits im Kaufzeitpunkt bestehende Sicherheitslücke auftreten, kann offenbleiben, weil im Streitfall solche Anhaltspunkte im Zeitpunkt der behaupteten Verletzungshandlung nicht bestanden.

Mit ihrer Rüge, das Berufungsgericht habe zu Unrecht dem Umstand Bedeutung beigemessen, dass die Beklagte die Netzwerkbezeichnung des Routers in "O." geändert habe, dringt die Revision ebenfalls nicht durch. Zwar trifft es zu, dass diese Umbenennung in erster Linie der Individualisierung und leichteren Erkennbarkeit des Netzwerks durch den berechtigten Nutzer dienen soll. Die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts, dass die Umbenennung zugleich Dritten die Möglichkeit nimmt, den Routertyp zu erkennen und darauf abgestimmte Ausspähmechanismen anzuwenden, ist jedoch aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden.



III.

Hiernach ist die Revision der Klägerin mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.



Büscher

Schaffert

Koch

Schwonke

Feddersen



Vorinstanzen:

AG Hamburg, Entscheidung vom 09.01.2015 - 36a C 40/14
LG Hamburg, Entscheidung vom 29.09.2015 - 310 S 3/15 (...)



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BGH, Urteil vom 24. November 2016 - I ZR 220/15 - WLAN Schlüssel

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AG Bochum, Az. 65 C 168/16

#11062 Beitrag von Steffen » Donnerstag 11. Mai 2017, 17:30

JurPC.de: Amtsgericht Bochum, Urteil vom 21.02.2017, Az. 65 C 168/16 - Sekundäre Darlegungslast in Filesharing Fällen (JurPC Web-Dok. 67/2017)


17:30 Uhr


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Bericht JurPC Web-Dok. 67/2017:

Link:
http://www.jurpc.de/jurpc/show?id=20170067


Autor:
Rechtsanwalt Dr. Bernd Lorenz, Essen



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AG Bochum, Urteil vom 21.02.2017, Az. 65 C 168/16



(...) - Abschrift -

65 C 168/16

Verkündet am 21.02.2017

[Name], Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle



Amtsgericht Bochum

IN NAMEN DES VOLKES

Urteil




In dem Rechtsstreit


[Name],
- Klägerin -

- Prozessbevollmächtigter: [Name], -


gegen

[Name],
- Beklagte -

- Prozessbevollmächtigte: [Name], -



hat das Amtsgericht Bochum auf die mündliche Verhandlung vom 21.02.2017 durch den Richter am Amtsgericht [Name]

für Recht erkannt:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreit trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Streitwert für den Rechtsstreit wird auf 815,00 EUR festgesetzt.





Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von der Beklagten Schadensersatz in Höhe von 600,00 EUR und Erstattung von Abmahnkosten in Höhe von 215,00 EUR wegen des unerlaubten Anbietens zum Download des pornografischen Filmwerks "[Name]" am 20.10.2015 über den Internetanschluss der Beklagten in einer sogenannten Tauschbörse. Die Klägerin trägt vor, sie habe die Rechtsverletzung über den Anschluss der Beklagten zweifelsfrei ermittelt. Die gegen die Beklagte sprechende Vermutung habe diese nicht widerlegt, so dass die Beklagte als Täterin der Rechtsverletzung hafte. Sie sei daher antragsgemäß zu verurteilen.



Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 815,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.



Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, sie habe die streitgegenständliche Rechtsverletzung nicht begangen. Zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung habe auch ihr am xx.xx.1971 geborener Sohn [Name] freien Zugang zum Internetanschluss ihrer Wohnung gehabt. Der Sohn habe die Beklagte häufig zu Hause besucht und dabei auch das Internet genutzt. Hintergrund sei gewesen, dass er in seiner eigenen Wohnung nur eine 1000er-Leitung gehabt habe, über die ein Herunterladen größerer Dateien nicht möglich gewesen sei. Dies habe er dann über den Anschluss der Beklagten gemacht und dabei auch ohne ihr Wissen gelegentlich ein Tauschbörsenprogramm benutzt. Insoweit komme der Sohn ernsthaft als Täter in Betracht. Darüber hinaus sei der Anspruch auch der Höhe nach nicht gegeben.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.



Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Die Klägerin kann von der Beklagten nicht gemäß §§ 97, 97a UrhG Schadenersatz und Erstattung von Abmahnkosten wegen des unerlaubten Anbietens zum Download eines pornografischen Films am 20.10.2015 verlangen.

Der Anschlussinhaber genügt der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast dadurch, dass er vorträgt, ob andere Personen und ggf. welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu dem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. Die sekundäre Darlegungslast führt nicht zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. Hieran müssen sich die Anforderungen an seine Nachforschungspflicht orientieren. Es ist nicht erforderlich, dass der Anschlussinhaber seinen eigenen Computer auf eine mögliche Rechtsverletzung durchforstet, ein genaues Bild des Nutzungsverhaltens der in Betracht kommenden Personen aufzeigt oder die Familienangehörigen "ins Gebet nimmt", um dem Anspruchsteller einen Täter zu präsentieren. Unter Berücksichtigung dieser Anforderungen hat die Beklagte ihrer sekundären Darlegungslast genügt. Es wird dargelegt, dass Ihr Sohn selbstständigen Zugang zu ihrem Internetanschluss hatte, dabei Tauschbörsenprogramme benutzte und tatsächlich auch Dateien heruntergeladen hat. Auch unter Berücksichtigung der Art des streitgegenständlichen Filmwerks kommt der Sohn daher ernsthaft als Täter in Betracht. Insoweit ist es wieder Sache der Klägerin als Anspruchsteller, die für eine Haftung der Beklagten als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen. Die Klägerin hat sich jedoch darauf beschränkt zu bestreiten, dass der Sohn der Beklagten zum Tatzeitpunkt des Zugriffs auf ihren Internetanschluss hatte, ohne im Übrigen auf das Beklagtenvorbringen einzugehen. Sie hat auch sonst keine Umstände außer der Tatsache, dass die Beklagte Anschlussinhaberin ist, dargelegt, aus denen auf eine eigene Täterschaft der Beklagten geschlossen werden kann.

Da auch eine Haftung der Beklagten als Störer nicht in Betracht kommt, war die Klage insgesamt mit der Kostenfolge aus § 91 ZPO abzuweisen.

Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.



Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,

1. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt
oder
2. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.

Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem

Landgericht Bochum,
Westring 8,
44787 Bochum,


eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.

Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Bochum zu begründen.

Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Bochum durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Amtsgericht Bochum statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem

Amtsgericht Bochum,
Viktoriastraße 14,
44787 Bochum,


schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.



gez. [Name]
Richter am Amtsgericht
(...)



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

AG Bochum, Urteil vom 21.02.2017, Az. 65 C 168/16,
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JurPC Web-Dok. 67/2017,
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Wochenrückblick

#11063 Beitrag von Steffen » Freitag 12. Mai 2017, 22:36

------------------------------------------------------ - Abmahnwahn Deutschland - Filesharing - --------------------------------------------


DER Wochenrückblick........................Bild......................Filesharing Fälle


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Ausgabe 2017, KW 19 ..................................Initiative AW3P.............................08.05. - 14.05.2017

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.............................................Bild


AW3P: Herr Doktor Wachs. In vielen Klageverfahren werden trotz Nichtabgabe einer geforderten Unterlassungserklärung nur die anwaltlichen Gebühren und der Schadensersatz eingeklagt. In vielen Konstellationen ist die Abgabe einer Unterlassungserklärung durch den abgemahnten Anschlussinhaber eigentlich überhaupt nicht notwendig. Ist die Unterlassungserklärung 2017 noch zeitgemäß und was gilt, die Originale oder doch eine Modifizierte?



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Doktor Wachs: Das ist kompliziert.

Zunächst sei vorangestellt: Den Satz, dass in vielen Klageverfahren trotz Nichtabgabe einer geforderten Unterlassungserklärung nur die Gebühren eingeklagt werden, würde ich so nicht unterschreiben. Manche Kanzleien klagen bei Nichtabgabe sofort auf Unterlassung, wie z.B. .rka Rechtsanwälte.

Richtig ist, dass der Anschlussinhaber immer seltener zur Unterlassung verpflichtet ist, allerdings wird in vielen Fällen der Täter im Prozess offenbart und der haftet dann eben auch auf Unterlassung. Außerdem stellt sich das Risiko, dass wenn der Anschlussinhaber auf Unterlassung verklagt wird, und sich herausstellt, dass der 15 jährige Sohn die Verletzung begangen hat, dieser auch die Kosten erstatten muss, welche gegen den Vater entstanden sind. Dann wäre es etwa günstiger gewesen, wenn der Anschlussinhaber eine Unterlassungserklärung abgegeben hätte.

Wir geben in ca. 70 % unserer Fälle eine Unterlassungserklärung ab, allerdings eben nach anwaltlicher Prüfung. Wer sich selber an der Gegenwehr versucht, sollte im Zweifel eher eine Unterlassungserklärung - modifiziert - abgeben. Die beigefügte Unterlassungserklärung ist dagegen regelmäßig unvorteilhaft.


Ihr Rechtsanwalt Dr. Alexander Wachs


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Querbeet





1. Beckmann und Norda Rechtsanwälte (Bielefeld): OLG Frankfurt: Land haftet für Urheberrechtsverletzung durch Lehrer auf Schulhomepage auf Unterlassung und Schadensersatz - Amtspflichtverletzung


OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 09.05.2017, Az. 11 U 153/16



Quelle: Beckmann und Norda Rechtsanwälte
Link: http://www.beckmannundnorda.de/serendip ... tzung.html









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2. Beckmann und Norda Rechtsanwälte (Bielefeld): Bundesgerichtshof - Gericht kann in Zivilsachen nicht beteiligten Dritten anonymisierte Abschriften von Urteilen auch ohne rechtliches Interesse nach § 299 Abs. 2 ZPO zusenden


BGH, Beschluss vom 05.04.2017, IV AR(VZ) 2/16



Quelle: Beckmann und Norda Rechtsanwälte
Link: http://www.beckmannundnorda.de/serendip ... enden.html










3. Bundesgerichtshof: Urteil vom 24. November 2016 - I ZR 220/15 - WLAN Schlüssel (Volltextveröffentlichung)


BGH, Urteil vom 24. November 2016 - I ZR 220/15 - WLAN Schlüssel

Vorinstanzen:
- AG Hamburg, Entscheidung vom 09.01.2015 - 36a C 40/14
- LG Hamburg, Entscheidung vom 29.09.2015 - 310 S 3/15



Quelle: Entscheidungsdatenbank Bundesgerichtshof
Link: http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-b ... lank=1.pdf










4. Zitat der Woche

NRW-Justizminister Thomas Kutschaty:

(...) Offensichtlich haben 21 Monate in einem bayerischen Luxusknast ... am Starnberger See nicht die gewünschte Wirkung gezeigt. Im Steuerparadies Liechtenstein macht er sich über die ehrlichen Steuerzahler lustig. Er sollte vorsichtig sein. Denn er steht unter Bewährung. (...)












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Gerichtsentscheidungen



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  • LG Frankfurt am Main, Beschluss vom 02.03.2017, Az. 2-06 S 003/16 [WF nehmen Berufung zurück; sek. Darlegungslast]
  • AG Bochum, Urteil vom 02.05.2017, Az. 65 C 478/15 [WF verlieren; Fehlermittlung bei 1 3D-Film]
  • AG Bochum, Urteil vom 21.02.2017, Az. 65 C 168/16 [sek. Darlegungslast; Pornofilm]


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  • LG Bochum, Urteil vom 21.03.2017, Az. I-8 S 7/14 [WF; Rückverweisung durch den Bundesgerichtshof; Wertbemessung Unterlassungsanspruch]
  • LG Bochum, Urteil vom 06.04.2017, Az. I-8 S 9/14 [WF; Rückverweisung durch den Bundesgerichtshof; Wertbemessung Unterlassungsanspruch]
  • AG Hamburg, Urteil vom 07.04.2017, Az. 32 C 152/16 [.rka RAe gewinnen; sek. Darlegungslast; theoretische Möglichkeit reicht nicht








Rechtsanwalt Markus Brehm (Frankfurt am Main):



LG Frankfurt am Main, Beschluss vom 02.03.2017, Az. 2-06 S 003/16


Rechtsanwalt Markus Brehm (Frankfurt am Main): Berufung vor dem Landgericht Frankfurt am Main - Waldorf Frommer Rechtsanwälte nehmen Berufung zurück



Quelle: Kanzlei Brehm
Link: http://www.kanzleibrehm.de/kanzlei-breh ... egruendet/








Wilde, Beuger, Solmecke Rechtsanwälte (Köln):



AG Bochum, Urteil vom 02.05.2017, Az. 65 C 478/15


Wilde, Beuger, Solmecke Rechtsanwälte (Köln): Waldorf Frommer Abmahnungen - Fehlermittlung bei 3D-Film!



Quelle: Wilde, Beuger, Solmecke Rechtsanwälte
Link: https://www.wbs-law.de/abmahnung-filesh ... men-73056/









JurPC - Internet-Zeitschrift für Rechtsinformatik und Informationsrecht (Wiesbaden)



AG Bochum, Urteil vom 21.02.2017, Az. 65 C 168/16


JurPC.de: Amtsgericht Bochum, Urteil vom 21.02.2017, Az. 65 C 168/16 - Sekundäre Darlegungslast in Filesharing Fällen (JurPC Web-Dok. 67/2017)



Quelle: JurPC.de
Link: http://www.jurpc.de/jurpc/show?id=20170067








Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München)



LG Bochum, Urteil vom 21.03.2017, Az. I-8 S 7/14
LG Bochum, Urteil vom 06.04.2017, Az. I-8 S 9/14



Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Nach Rückverweisung durch den Bundesgerichtshof bestätigt das Landgericht Bochum die Angemessenheit der Gegenstandswerte - Anschlussinhaber erkennen die klägerischen Ansprüche vollumfänglich an



Quelle: Waldorf Frommer Rechtsanwälte
Link: https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... nglich-an/








.rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR (Hamburg)



AG Hamburg, Urteil vom 07.04.2017, Az. 32 C 152/16


.rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR (Hamburg): Das Amtsgericht Hamburg verurteilt den Beklagten in einer Filesharing Klage. Wenn der Anschlussinhaber sich beruft, dass anderen Personen eine Nutzung möglich war, aber nicht darlegt dass und aus welchen Gründen anderen Personen als Täter der Rechtsverletzung tatsächlich in Betracht kommen, greift die tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers wieder ein.



Quelle: Blog AW3P
Link: https://aw3p.de/archive/2722














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Forenwelt





Steffen's Kurzkommentar





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1. Das Amtsgericht Hamburg zur aktuellen Rechtsprechung des BGH


In einem aktuellen Urteil (Urt. v. 07.04.2017, Az. 32 C 152/16) nahm auch das Amtsgericht Hamburg eine Stellungnahme zum BGH-Entscheid "Afterlife" vor. Dabei trug der Beklagte vor, dass er den Vorwurf abstreitet und weitere Mitbenutzer aus dem Familienverbund benannt, die aber den Vorwurf ihrerseits abstritten. Im Weiteren wurde ausführlich zur Recherche und dem Ergebnissen (Befragung; erfolglose Untersuchung alle internetfähigen Geräte nach P2P-Software / Tauschbörse / Client-Software sowie der Browser (Bookmarks und History)) vorgetragen.


Das Amtsgericht Hamburg:

(...) Zwar mag der Beklagte nach der neusten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs beispielsweise zur Durchsuchung der Computer nicht verpflichtet gewesen sein - macht er derartige Angaben, sind diese aber der Beurteilung auch zugrunde zu legen. (...)







2. (Neu-) Anpassung der Verteidigung an den Hinweisen des Gerichts

Trotz mehrfachen Hinweisen des Gerichts (Urt. v. 07.04.2017, Az. 32 C 152/16) an den Beklagten in seiner Anhörung wurde durch den Beklagten strikt verneint dass ein Mitnutzer als möglicher Täter in Frage kommt. Durch seinen Prozessbevollmächtigten wurde jetzt versucht, dass Ergebnis der Anhörung schönzureden und umzumünzen, dass eigentlich gemeint war dass einer der Mitnutzer oder ein Dritter als möglicher Täter in Frage kommen könnte. Hierauf wurde die Beklagtenseite vom Amtsgericht gerügt:


(...) Der nunmehr erstmalig dahingehende Vortrag des Beklagtenvertreters, es könne vorliegend entgegen sämtlicher vorheriger Angaben doch nicht ausgeschlossen werden, dass entweder einer der Söhne oder aber doch Dritte über den WLAN-Router die Rechtsverletzungen begangen hätten, so erscheint dieses Vorbringen (bereits unabhängig von § 296a ZPO) als offensichtlicher Versuch eines an die Rechtsprechung angepassten Vortrags nicht glaubhaft und ist nicht zu berücksichtigen. (...)







3. Interessante Gedanken des Erst- und Berufungsgericht Frankfurt


Eigentlich schnell überlesen, wurde durch das Erst- und Berufungsgericht Frankfurt am Main in einem Berufungsverfahren (LG Frankfurt am Main, Az. 2-06 S 003/16) ein interessanter - hoffentlich weitergehender - Gedanke geäußert. In einem Berufungsverfahren wurde durch die Münchner Kanzlei Waldorf Frommer (nach Hinweis des Gerichts) die Berufung zurückgenommen.


Der Sachverhalt ist kurz erzählt:

Beklagter streitet den Vorwurf ab - die Mitbenutzer leugneten - die Klägerin vertritt die Auffassung, das eine theoretischer Möglichkeit einer Täterschaft nicht ausreicht die tatsächliche Vermutung zu erschüttern.

Das Erst- und Berufungsgericht sinngemäß:
=> wenn es keinen praktischen Zugriff der Mitnutzer gab, dann muss die Ermittlung und Zuordnung der IP-Adresse fehlerhaft sein.

Einziger Wermutstropfen. Durch die Berufungsrücknahme gibt es diesbezüglich leider kein (Landgericht-) Urteil.








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Steffen Heintsch für AW3P




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BGH - VI ZR 135/13 (IP)

#11064 Beitrag von Steffen » Mittwoch 17. Mai 2017, 00:44

Bundesgerichtshof - Mitteilung der Pressestelle Nr. 074/2017 vom 16.05.2017: Der Bundesgerichtshof zur Zulässigkeit der Speicherung von dynamischen IP-Adressen (Urt. v. 15. Mai 2017 - VI ZR 135/13)


00:40 Uhr


Der Kläger verlangt von der beklagten Bundesrepublik Deutschland Unterlassung der Speicherung von dynamischen IP-Adressen. Dies sind Ziffernfolgen, die bei jeder Einwahl vernetzten Computern zugewiesen werden, um deren Kommunikation im Internet zu ermöglichen. Bei einer Vielzahl allgemein zugänglicher Internetportale des Bundes werden alle Zugriffe in Protokolldateien festgehalten mit dem Ziel, Angriffe abzuwehren und die strafrechtliche Verfolgung von Angreifern zu ermöglichen. Dabei werden unter anderem der Name der abgerufenen Seite, der Zeitpunkt des Abrufs und die IP-Adresse des zugreifenden Rechners über das Ende des jeweiligen Nutzungsvorgangs hinaus gespeichert. Der Kläger rief in der Vergangenheit verschiedene solcher Internetseiten auf.

Mit seiner Klage begehrt er, die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, ihm zugewiesene IP-Adressen über das Ende des jeweiligen Nutzungsvorgangs hinaus zu speichern. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landgericht dem Kläger den Unterlassungsanspruch nur insoweit zuerkannt, als er Speicherungen von IP-Adressen in Verbindung mit dem Zeitpunkt des jeweiligen Nutzungsvorgangs betrifft und der Kläger während eines Nutzungsvorgangs seine Personalien angibt. Gegen dieses Urteil haben beide Parteien die vom Berufungsgericht zugelassene Revision eingelegt.

Der Bundesgerichtshof (vgl. Pressemitteilung Nr. 152/2014) hat mit Beschluss vom 28. Oktober 2014 - VI ZR 135/13, VersR 2015, 370 das Verfahren ausgesetzt und dem Europäischen Gerichtshof zwei Fragen zur Auslegung der EG-Datenschutz-Richtlinie zur Vorabentscheidung vorgelegt. Nachdem der Gerichtshof mit Urteil vom 19. Oktober 2016 - C-582/14, NJW 2016, 3579 die Fragen beantwortet hat, hat der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs nunmehr mit Urteil vom 16. Mai 2017 über die Revisionen der Parteien entschieden. Diese hatten Erfolg und führten zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

Auf der Grundlage des EuGH-Urteils ist das Tatbestandsmerkmal "personenbezogene Daten" des § 12 Abs. 1 und 2 TMG in Verbindung mit § 3 Abs. 1 BDSG richtlinienkonform auszulegen: Eine dynamische IP-Adresse, die von einem Anbieter von Online-Mediendiensten beim Zugriff einer Person auf eine Internetseite, die dieser Anbieter allgemein zugänglich macht, gespeichert wird, stellt für den Anbieter ein (geschütztes) personenbezogenes Datum dar.

Als personenbezogenes Datum darf die IP-Adresse nur unter den Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 TMG gespeichert werden. Diese Vorschrift ist richtlinienkonform entsprechend Art. 7 Buchst. f der Richtlinie 95/46 EG - in der Auslegung durch den EuGH - dahin anzuwenden, dass ein Anbieter von Online-Mediendiensten personenbezogene Daten eines Nutzers dieser Dienste ohne dessen Einwilligung auch über das Ende eines Nutzungsvorgangs hinaus dann erheben und verwenden darf, soweit ihre Erhebung und ihre Verwendung erforderlich sind, um die generelle Funktionsfähigkeit der Dienste zu gewährleisten. Dabei bedarf es allerdings einer Abwägung mit dem Interesse und den Grundrechten und -freiheiten der Nutzer.

Diese Abwägung konnte im Streitfall auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen nicht abschließend vorgenommen werden. Das Berufungsgericht hat keine hinreichenden Feststellungen dazu getroffen, ob die Speicherung der IP-Adressen des Klägers über das Ende eines Nutzungsvorgangs hinaus erforderlich ist, um die (generelle) Funktionsfähigkeit der jeweils in Anspruch genommenen Dienste zu gewährleisten. Die Beklagte verzichtet nach ihren eigenen Angaben bei einer Vielzahl der von ihr betriebenen Portale mangels eines "Angriffsdrucks" darauf, die jeweiligen IP-Adressen der Nutzer zu speichern. Demgegenüber fehlen insbesondere Feststellungen dazu, wie hoch das Gefahrenpotential bei den übrigen Online-Mediendiensten des Bundes ist, welche der Kläger in Anspruch nehmen will. Erst wenn entsprechende Feststellungen hierzu getroffen sind, wird das Berufungsgericht die nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs gebotene Abwägung zwischen dem Interesse der Beklagten an der Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit ihrer Online-Mediendienste und dem Interesse oder den Grundrechten und -freiheiten des Klägers vorzunehmen haben. Dabei werden auch die Gesichtspunkte der Generalprävention und der Strafverfolgung gebührend zu berücksichtigen sein.



Vorinstanzen:
AG Tiergarten - Urteil vom 13. August 2008 - 2 C 6/08
LG Berlin - Urteil vom 31. Januar 2013 - 57 S 87/08


Karlsruhe, den 16. Mai 2017





* § 12 Telemediengesetz - Grundsätze

(1) Der Diensteanbieter darf personenbezogene Daten zur Bereitstellung von Telemedien nur erheben und verwenden, soweit dieses Gesetz oder eine andere Rechtsvorschrift, die sich ausdrücklich auf Telemedien bezieht, es erlaubt oder der Nutzer eingewilligt hat.


(2) ...

** § 15 Telemediengesetz - Nutzungsdaten

(1) Der Diensteanbieter darf personenbezogene Daten eines Nutzers nur erheben und verwenden, soweit dies erforderlich ist, um die Inanspruchnahme von Telemedien zu ermöglichen und abzurechnen (Nutzungsdaten) ...





Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501



Link:

http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-b ... s=3&anz=77



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#11065 Beitrag von Steffen » Mittwoch 17. Mai 2017, 09:32

Hessenrecht - Landesrechtsprechungsdatenbank: Amtsgericht Kassel, Urteil vom 21.03.2017, Az. 410 C 4277/15 - Zum Nachweis des Rechtserwerbs bei Urheberrechten (Waldorf Frommer Rechtsanwälte)



09:30 Uhr



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Hessenrecht Landesrechtsprechungsdatenbank


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AG Kassel, Urteil vom 21.03.2017, Az. 410 C 4277/15

Volltext:
http://www.lareda.hessenrecht.hessen.de ... id:7866567


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AG Kassel, Urteil vom 21.03.2017, Az. 410 C 4277/15


Rechtsgrundlagen:

§§ 97 Abs. 1, 24, 51 UrhG
§§ 97 Abs. 2, 97 a UrhG



Orientierungssatz:

Zur Feststellung der hinreichenden Rechteübertragung an eine Filmverleihfirma bedarf es im Streitfall der Vorlage des entsprechenden Vertragstextes nicht nur in Auszügen, die in einen Schriftsatz einkopiert sind.



Tenor:

Das Versäumnisurteil vom 11.10.2016 wird aufrecht erhalten.

Die Klägerin hat die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil und aus dem aufrechterhaltenen Titel gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.



Tatbestand

Die Klägerin begehrt Schadensersatz aufgrund eines Filesharing-Vorfalles.

Die Klägerin behauptet, sie sei Rechtsträgerin bzgl. des Films "Tödliches Kommando - The Hurt Locker". Sie behauptet weiter, dass die Beklagte über ihren Internetanschluss am 26. und 27.07.2012 über eine Internet-Tauschbörse diesen Film zur unberechtigten Vervielfältigung angeboten habe. Zur Darlegung ihrer Anspruchsberechtigung bezieht sich die Klägerin unter anderem auf Kopien eines Covers einer DVD und einer DVD (Anlage K 1, Blatt I/39 bis 41 d. A.). Darauf befinden sich Copyright-Vermerke zugunsten einer Firma .... Weiter bezieht sie sich darauf, sie sei Partnerin eines Vertrages mit einer Firma ... die ihr die entsprechenden Vervielfältigungs- und Verbreitungsrechte übertragen habe. Den Vertrag trägt sie auszugsweise durch Einfügung von Kopien des englischsprachigen Vertrages unter Beifügung eigener Übersetzung in das Deutsche im Schriftsatz vom 31.03.2016 vor; wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 228 bis 233 Bezug genommen. Ergänzend bezieht sie sich auf das Zeugnis des Justiziars der Klägerin, des Zeugen ..., der den Inhalt des Vertrages wiedergeben könne. Die Verwertungsrechte für die Verbreitung mittels DVD habe sie an ihre Tochterfirma ... übertragen und Kinoaufführungen habe die Klägerin an ihre Tochterfirma ... vergeben.

Am 11.10.2016 hat das erkennende Gericht ein klageabweisendes Versäumnisurteil erlassen.

Die Klägerin beantragt nunmehr,

Das Versäumnisurteil vom 11.10.2016 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.106,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 10.10.2014 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

das Versäumnisurteil vom 11.10.2016 aufrechtzuerhalten. Klage abzuweisen.

Sie bestreitet nicht nur den Umstand des streitgegenständlichen Filesharing Vorfalls sowie ihre Verantwortlichkeit hierfür, sondern auch die Aktivlegitimation der Klägerin. Die Klägerin könne bereits deswegen nicht Rechtsträgerin sein, weil auf den in der Anlage K 1 vorgelegten Kopien die Firma ...als Rechtsträgerin genannt sei.

Eine weitere Irritation ergebe sich daraus, dass die Klägerin sich nunmehr auf 2 Verkaufsanzeigen von Internetportalen berufe, in denen einmal als Studio ein Unternehmen dem Kürzel "..." angegeben sei (Anlage K 6, Blatt II/11 d. A.), zum anderen aber mit der Bezeichnung "Rechte" ein Unternehmen namens "..." (Anlage K 5, Blatt II/10 d. A.). Aus den in einen Schriftsatz der Klägerin hineinkopierten Einzelteilen eines Vertrages wie geschehen könne nicht abgeleitet werden, ob das hier streitgegenständliche Filmwerk betroffen sei. Die Vernehmung des Zeugen [Name] sei ungeeignet, weil das sachnähere Beweismittel die Vorlage der Vertragsurkunde sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.



Entscheidungsgründe

Die Klage hat keinen Erfolg.

Die Klägerin kann deswegen nicht Schadensersatz und Aufwendungsersatz gemäß § 97 UrhG verlangen, weil sie ihre Aktivlegitimation auf das hinreichende Bestreiten der Beklagten hin nicht ausreichend dargetan und nachgewiesen hat.

Unstreitig ist die Klägerin nicht Herstellerin des streitgegenständlichen Filmwerks "Tödliches Kommando - The Hurt Locker". Sie berühmt sich auch nur, aus abgeleitetem bzw. übertragenen Recht vorzugehen. Diese Rechtsübertragung hat sie jedoch nicht hinreichend dargetan und nachgewiesen.

Nimmt eine Person, die nicht selbst Urheber ist, die Urheberechte wahr, so bedarf es eines entsprechenden Übertragungsaktes. Ein solcher Übertragungsakt kann auch dazu führen, dass dem Rechteempfänger auch diejenigen Rechte des Urhebers zustehen, die aus § 97 UrhG folgen. Erforderlich ist dann eine Vereinbarung über die Übertragung ausschließlicher Nutzungsrechte im Sinne von § 31 Abs. 3 UrhG. Macht eine Person daher Rechte aus § 97 UrhG geltend, ohne selbst Urheber zu sein, bedarf es im Streitfall der Klärung des Inhalts des Übertragungsaktes. Eine solche Klärung ist jedoch im vorliegenden Rechtsstreit nicht erfolgt und nicht möglich, da die Klägerin sich trotz mehrfachen Hinweises des Gerichts bislang geweigert hat, das Vertragswerk vollständig vorzutragen und vorzulegen.

Der vollständigen Vorlage des Vertragswerks bedurfte es aber bereits deswegen (wegen der deutschen Gerichtssprache ggf. in ergänzender Vorlage einer Übersetzung eines allgemein ermächtigten Übersetzers), um durch Auslegung des Vertragswerkes hinreichend sicher bestimmen zu können, ob die von der Klägerin behauptete Übertragung einer umfassenden Rechtsgewährung stattgefunden hat oder nicht. Mithin handelt es sich dabei um einen Akt der Vertragsauslegung, der zwingend die Kenntnis des Vertragswerks erfasst. Der auszugsweise Vortrag eines Vertragswerkes im Schriftsatz der Klägerbevollmächtigten vom 31.03.2016 genügt insoweit nicht. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass die vorgelegten Passagen grundsätzlich eine Thematik berühren, die zur Klärung im vorgenannten Sinne beitragen können. Die Art und Weise des Vortrages erlaubt es jedoch nicht festzustellen, ob es sich hierbei um einen vollständigen Vortrag der einschlägigen Vertragsbestimmungen handelt oder nicht. Theoretisch ist denkbar, dass das Vertragswerk weitere Klauseln enthält, die für die Beurteilung der Aktivlegitimation im streitgegenständlichen Fall von Bedeutung sein können und evtl. auf eine der Klägerin ungünstige Rechtsfolge hindeuten könnten. Darüber hinaus ist jedenfalls für die beklagte Partei auch nicht erkennbar, ob es sich um Auszüge aus ein und derselben Vertragsurkunde handelt. Dies ist aber auch deswegen vonnöten, weil nach der Rechtsprechung des erkennenden Gerichts es auch darauf ankommen kann, für welche Art der Verwertung des jeweils betroffenen Werkes die jeweilige Klagepartei durch eine solche Rechtsübertragungsvereinbarung berechtigt ist (vergleiche Urteil vom 14.04.2015 - 410 C 2230/14).

Die wegen der Nichtvorlage des Vertrages damit weiterbestehende Lücke kann die Klägerin auch nicht mit Erfolg durch die Vernehmung des von ihr als Zeugen angebotenen Justiziars [Name] der Klägerin schließen. Das erkennende Gericht verkennt dabei nicht, dass der Zeuge sehr wohl in der Lage sein wird, über den Inhalt des Vertragswerkes Angaben machen zu können. Das Gericht kann jedoch nicht ausschließen, dass es dem Zeugen möglicherweise nicht gelingt, aus seiner Erinnerung heraus den vollständigen Vertragstext wiederzugeben (wie sich bereits aus dem klägerseits zitierten Erkenntnis des Amtsgerichts Frankfurt/Main vom 01.04.2016 - 32 C 3812/15 - ergibt). Dem erkennenden Gericht kommt es jedoch darauf an, sich mit dem genauen Wortlaut des Vertragstextes auseinanderzusetzen. Gibt der Zeuge lediglich sinngemäßen Vertragsinhalt wieder, handelt es sich dabei um eine Erstinterpretation, die somit den ungefilterten Blick auf das Vertragswerk nicht mehr zulässt. Dies stellt ein immanentes Problem jedenfalls einer derartigen Inhaltswiedergabe dar und lässt sich nicht vermeiden außer durch Vorlage des Originaltextes. Darüber hinaus besteht die generelle Problematik, dass die Klägerin dieses Verfahrens vor dem erkennenden Gericht bereits mehrfach mit unterschiedlichen Werken als Rechteträgerin in Erscheinung getreten ist, so dass es ggf. auch auf Unterschiede in den einzelnen Rechtsübertragungsverträgen ankommen kann. Dabei geht das erkennende Gericht mit der Rechtsansicht der Klägerin konform, dass die Angaben des Zeugen nicht als Rechtsmeinungen zu qualifizieren sind. Auch wenn man diese grundsätzlich als Wiedergabe von Rechtstatsachen qualifiziert, ermöglichen jedoch diese Auskünfte nicht die abschließende rechtliche Beurteilung dieser Rechtstatsachen. Diese Aufgabe kann nur anhand des Originaltextes bewältigt werden. Nach dem bisherigen prozessualen Verhalten der Klägerin kann auch nicht damit gerechnet werden, dass der Zeuge im Falle einer Befragung den vollständigen Vertragstext wiedergibt. Wenn sich die Klägerin trotz mehrfachen gerichtlichen Insistierens bislang geweigert hat, den Vertragstext vorzulegen, ist auch nicht zu erwarten, dass der Zeuge auf entsprechendes Befragen hin den Wortlaut des Vertragstextes vollständig wiedergibt. Denn die Präsentation einer Vertragsurkunde in Abschrift stellt sich als wesentlich einfachere Methode der Beweiserhebung dar. Dabei handelt es sich für das erkennende Gericht nicht um einen Fall einer vorweggenommenen Beweiswürdigung, sondern um die Würdigung des prozessualen Verhaltens der Klägerin selbst.

Die Klärung des Vertragsinhaltes ist jedoch für Entscheidung des Rechtsstreits deswegen von erheblicher Bedeutung, weil die Klägerin selbst dafür gesorgt hat, dass ihre Rechtsträgerschaft zweifelhaft geworden ist. Sie hat selbst mehrere Indizien dafür geliefert, möglicherweise doch nicht Rechtsträgerin zu sein. So deutet der Copyright-Vermerk auf der Hülle und der DVD gemäß Anlage K 1 darauf hin, dass nicht sie selbst, sondern die dort genannte Firma ... Rechtsträgerin ist. Deswegen bedarf es auch der Erkenntnis darüber, ob die Klägerin ihrerseits dazu befugt war, etwaige Verwertungsrechte als ausschließliches Nutzungsrecht weiter zu übertragen oder nicht und ob ggf. trotz der Weiterübertragung die Klägerin noch zur Geltendmachung der hier streitgegenständlichen Ansprüche befugt ist oder nicht. Daneben ist zu klären, ob nicht eine Rechtsübertragung an die Firma ...an der Klägerin vorbei erfolgten mit der Folge, dass sie nicht mehr in ihrem Schutzbereich durch den hier streitgegenständlichen Vorfall verletzt ist. Auch die in Anlagen K 5 und K 6 vorgelegten Kopien von Verkaufsanzeigen in Internet-Portalen belegen nicht die Rechtsträgerschaft der Klägerin. Zwar ist in der Kopie gemäß Anlage K 5 der Namensbestandteil "..." enthalten, jedoch nicht mehr. Damit steht nicht hinreichend eindeutig fest, dass hier die Klägerin gemeint sein soll, zumal es einfach gewesen wäre, die Klägerin auch mit vollständigen Namen in einer solchen Anzeige zu nennen. Dies gilt erst recht für die Anlage K 6, in der nur eine nicht weiter definierte Abkürzung verwendet wird. Diese kann zwar auf die Klägerin passen, muss es jedoch nicht zwangsläufig.

Steht jedoch bereits die Rechtsträgerschaft der Klägerin nicht hinreichend sicher fest, so kommt es auf die weiteren Streitfragen zwischen den Parteien nicht mehr an (Richtigkeit der Anschlussermittlung, Verantwortlichkeit der Beklagten als Täterin oder Störerin, Erfüllung der sekundären Darlegungslast usw.).

Fehlt es nach den vorstehenden Ausführungen an einem Hauptanspruch, so kann die Klägerin auch keine Zinsen beanspruchen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 91 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


Streitwertbeschluss:
Der Streitwert wird auf 1.106,00 EUR festgesetzt.





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AG Kassel, Urteil vom 21.03.2017, Az. 410 C 4277/15,
Klage Waldorf Frommer,
Nachweis des Rechtserwerbs bei Urheberrechten,
AG Kassel - Urteil vom 21.03.2017 - Az. 410 C 4277/15

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#11066 Beitrag von Steffen » Mittwoch 17. Mai 2017, 09:53

Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Tauschbörsenverfahren vor dem Amtsgericht Oldenburg - Nachforschungen sind auch im Familienverbund zumutbar und erforderlich (BGH-Entscheid "Afterlife")


09:52 Uhr


Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen. Die vor dem Amtsgericht Oldenburg in Anspruch genommene Beklagte hatte eine eigene Verantwortlichkeit für den illegalen Upload eines Filmwerks bestritten und darauf verwiesen, zur damaligen Zeit über keinen eigenen Computer verfügt zu haben. Tauschbörsen seien ihr allgemein nicht bekannt gewesen. Im Übrigen seien ihr Ehemann, ihr volljähriger Sohn sowie dessen Freundin, welche selbstständigen Zugriff auf den Internetanschluss gehabt hätten, zum Verletzungszeitpunkt zu Hause gewesen. Eine Tatbegehung hätten jedoch alle auf Nachfrage abgestritten. Auf die Ausführungen der Klägerin zu ihrer Aktivlegitimation, den Ermittlungen der Rechtsverletzung und der Zuordnung zum Internetanschluss der Beklagten hatte sie sich mit Nichtwissen erklärt.



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WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

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E-Mail: web@waldorf-frommer.de | Web: www.waldorf-frommer.de




Bericht

Link:
https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... orderlich/


Urteil als PDF:

Link:
https://news.waldorf-frommer.de/wp-cont ... _16_IV.pdf





Autorin:

Rechtsanwältin Anamaria Scheunemann



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Erläuterungen von Rechtsanwältin Anamaria Scheunemann


Das Amtsgericht Oldenburg bestätigte zunächst, dass ein einfaches Bestreiten mit Nichtwissen angesichts substantiierter Ausführungen nicht geeignet ist, die Aktivlegitimation, die Ermittlungen und die Zuordnung streitig zu stellen.

Weiterhin führte das Amtsgericht Oldenburg aus, dass es einem Anschlussinhaber im Rahmen der sekundären Darlegungslast obliege, konkret zur Situation im Verletzungszeitpunkt vorzutragen und darzulegen, wer als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommt. In diesem Umfang sei ein Anschlussinhaber zu Nachforschungen innerhalb der eigenen Sphäre verpflichtet. Der Verweis auf die bloß theoretische Möglichkeit des Zugriffs weiterer Anschlussnutzer genüge daher nicht.

Diese Grundsätze gälten auch bei Familienanschlüssen. Zwar seien auf Seiten eines Anschlussinhabers die Grundrechte gemäß Art. 7 EU-Grundrechtscharta und Art. 6 Abs. 1 GG zu berücksichtigen, die das ungestörte eheliche und familiäre Zusammenleben vor staatlicher Beeinträchtigung schützten. Im Gegenzug sei auf Seiten der Rechteinhaber jedoch zu beachten, dass auch deren "urheberrechtliche Position unter den grundrechtlichen Schutz des Art. 17 Abs. 2 EU-Grundrechtscharta und des Art. 14 Abs. 1 GG fällt."

Dieser "Konflikt zwischen grundrechtlich geschützten Positionen verschiedener Grundrechtsträger [ist] nach dem Grundsatz praktischer Konkordanz zu lösen, der fordert, dass nicht eine widerstreitende Rechtsposition bevorzugt und maximal behauptet wird, sondern alle einen möglichst schonenden Ausgleich erfahren."

Unter Beachtung dieser Grundsätze sei die Beklagte ihrer sekundären Darlegungslast nicht ausreichend nachgekommen. Insbesondere seien ihr konkrete Angaben zur Situation im Verletzungszeitpunkt zumutbar gewesen. Insoweit sei "bei lebensnaher Betrachtung davon auszugehen, dass es aufgrund des in der Anspruchsbegründung, enthaltenen Vorwurfs zu Nachforschungen und Gesprächen innerhalb der Familie der Beklagten über die Situation im Verletzungszeitpunkt gekommen ist. Warum es angesichts dessen jetzt nicht mehr möglich ist, näher vorzutragen, hat sie [die Beklagte] nicht dargelegt."

Das Amtsgericht verurteilte die Beklagte daher antragsgemäß zur Zahlung von Schadenersatz, zum Ersatz der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten sowie zur Übernahme der gesamten Kosten des Rechtsstreits.







AG Oldenburg, Urteil vom 30.03.2017, Az. 4 C 4486/16 (VI)




(...) - Abschrift -



Amtsgericht
Oldenburg




4 C 4486/16 (IV)

Verkündet am 30.03.2017

[Name], Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle



Im Namen des Volkes

Urteil




In dem Rechtsstreit


[Name],
Klägerin

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte Waldorf Frommer,



gegen


[Name],
Beklagte

Prozessbevollmächtigte:
[Name],



hat das Amtsgericht Oldenburg auf die mündliche Verhandlung vom 02.03.2017 durch die Richterin am Amtsgericht [Name]

für Recht erkannt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 600,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.02.2016 zu zahlen,
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 432,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.2.2016 zu zahlen.
3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn die Klägerin nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages leistet.
5. Der Streitwert wird in Höhe von 1.032,00 EUR festgesetzt.





Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Zahlung von Schadensersatz und die Erstattung von vorgerichtlichen Abmahnkosten wegen einer Urheberrechtsverletzung.

Im Auftrag der Klägerin stellte die ipoque GmbH (bzw. seit dem 01.09.2015 die Digital Forensics GmbH) mittels der Software Peer-to-Peer-Forensic-System fest, dass es am [Datum] in der Zeit von [Uhrzeit] Uhr bis [Uhrzeit] Uhr über die IP-Adresse [IP] jeweils zu einer Rechtsverletzung in Bezug auf die TV-Folgen [Name] und [Name] gekommen ist.

Diese wurden in einer Tauschbörse vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht, ohne dass die Klägerin die Berechtigung dazu erteilt hatte. Nach Durchführung eines Auskunftsverfahrens vor dem Landgericht Köln teilte der für die Internetadresse zuständige Provider, [Name] mit, dass der Internetanschluss in dem festgestellten Zeitpunkt der Beklagten zugeordnet gewesen sei.

Mit anwaltlichem Schreiben vom [Datum] mahnte die Klägerin die Beklagte wegen der streitigen Urheberrechtsverletzungen ab. Die Beklagte gab daraufhin eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab.



Die Klägerin behauptet,
sie sei für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ermächtigt, bei Rechtsverletzungen im Internet in Bezug auf die beiden Folgen der Serie [Name] Ansprüche auf Schadensersatz etc. im eigenen Namen und auf eigene Rechnung geltend zu machen. Die Herstellerin der Filme, die [Name], die auch im Urheber- bzw. Herstellervermerk als Rechteinhaberin genannt sei, habe sie mit Schreiben vom [Datum] dazu ermächtigt.

Die Ermittlungen der ipoque GmbH seien ordnungsgemäß und zuverlässig gewesen. Eine mehrfache Falschzuordnung, die jeweils zufällig zu dem gleichen Ergebnis führe, liege jenseits aller Wahrscheinlichkeit.

Ihr stehe aufgrund der Rechtsverletzungen, für die die Beklagte aufgrund der tatsächlichen Vermutung als Anschlussinhaberin hafte, ein Anspruch auf Schadensersatz und auf Ersatz der durch die Abmahnung bedingten Rechtsanwaltskosten zu. Die Beklagte habe im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast die Vermutung nicht entkräftet.

Als Schadensersatz sei im Wege der Lizenzanalogie ein Betrag in Höhe von mindestens 600,00 EUR festzusetzen. Die Abmahnkosten seien ausgehend von einem Gegenstandswert in Höhe von 8.000,00 EUR und einer einfachen Geschäftsgebühr samt Auslagenpauschale in Höhe von 432,00 EUR in Ansatz zu bringen.



Die Klägerin beantragt,
1.) die Beklagte zu verurteilen, an sie einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 600,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.02.2016 zu zahlen,
2.) die Beklagte zu verurteilen, an sie 432,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.02.2016 zu zahlen.



Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.



Sie behauptet,
sie habe die vorgeworfene Urheberrechtsverletzung weder selbst begangen, noch durch Dritte begehen lassen.

Sie habe noch nie eine Folge der Serie [Name] gesehen. Sie habe auch nicht die streitgegenständlichen Folgen heruntergeladen oder öffentlich zugänglich gemacht. Ihr sei weder der Begriff des "Filesharing" noch, dass dieses rechtswidrig sei, geläufig. Entsprechendes gelte für die technischen Abläufe, Voraussetzungen etc., die für Filesharing erforderlich seien. Sie habe auch keinen eigenen Computer. Wenn sie kurzzeitig Zugang zum Internet haben wollte, habe sie den Computer ihres Ehemanns genutzt. Sie habe sich erst im Juli 2014 ein privates Tablet angeschafft, um damit im Internet zu surfen. Ihre private E-Mail-Korrespondenz habe sie über den Computer an ihrer Arbeitsstelle abgewickelt. Sie nutze das Internet hauptsächlich für die Buchung von Reisen und das Lesen von Urlaubsberichten. Zu der ermittelten Uhrzeit habe sie es aber regelmäßig nicht mehr genutzt, da sie und ihr Ehemann gegen 22.00 Uhr / 22.30 Uhr schlafen gingen.

Zum Tatzeitpunkt seien auch ihr Ehemann, Herr [Name], ihr volljähriger Sohn [Name], sowie dessen damalige Freundin [Name] zu Hause gewesen. Sie hätten aufgrund ihrer Erlaubnis selbstständigen Zugang zu dem Heimnetzwerk gehabt. Sie hätten auch jeweils über einen eigenen Computer und / oder Laptop verfügt, die mit dem Internetanschluss verbunden gewesen seien. Ihr Ehemann habe seinen Computer in erster Linie für seinen E-Mail-Verkehr und für Fotobearbeitung genutzt. Zeitweise habe er auch bei Amazon Einkäufe getätigt. Er wäre auch in der Lage gewesen, sich in die erforderlichen technischen Abläufe für die Vornahme von Filesharing einzuarbeiten. Frau [Name], die sehr häufig bei ihnen zu Besuch gewesen sei, habe immer den Laptop ihres Sohnes genutzt. Ihr Sohn und seine Freundin hätten im Internet vornehmlich gespielt, Videos bei YouTube geschaut oder Shopping betrieben. Sie seien auch noch regelmäßig um 23.00 Uhr wach gewesen. Ihr Sohn hätte damals auch über die erforderlichen technischen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt, um Filesharing betreiben zu können.

Alle drei kämen deshalb ernsthaft als Täter der Urheberrechtsverletzung in Betracht. Sie wisse nicht, ob einer der Genannten die Rechtsverletzung begangen habe. Auf ihre Nachfrage hätten sie ihr jedoch ernsthaft versichert, über den Anschluss kein Filesharing betrieben zu haben.

Sie hafte auch nicht als Störerin, da sie gegenüber ihren volljährigen Familienmitgliedern nicht zu Hinweisen oder zur Überwachungen verpflichtet gewesen sei. Sie habe vor der Abmahnung der Klägerin auch noch nie eine entsprechende Abmahnung erhalten.

Die geltend gemachten Forderungen seien vollkommen überhöht. Es sei schadensmindernd zu berücksichtigen, dass die behauptete Rechtsverletzung nur 20 Minuten gedauert habe.

Hilfsweise bestreite sie die Rechtsinhaberschaft der Klägerin in Bezug auf das streitgegenständliche Werk mit Nichtwissen. Es sei weiterhin davon auszugehen, dass die ermittelte IP-Adresse nicht ihrem Anschluss zuzuordnen sei. Bei der behaupteten Ermittlung von IP-Adressen handele es sich um einen fehleranfälligen Vorgang. Insoweit sei auch zu berücksichtigen, dass gleichzeitig zwei Folgen der streitigen Serie zum Download angeboten worden sein sollen. Dieses sei technisch nicht möglich. Sofern das Angebot zum Download während des Anschauens einer Folge erfolgt sei, könne nicht gleichzeitig eine weitere Folge angeboten werden.


Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.




Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

Der Klägerin steht ein Anspruch auf Schadensersatz gemäß §§ 97 UrhG, 823 BGB und auf Erstattung der durch die vorgerichtliche Abmahnung vom 3.6.2013 veranlassten Rechtsverfolgungskosten gemäß § 97 a UrhG in jeweils ausgeurteilter Höhe gegen die Beklagte zu.

Die Klägerin ist aktiv legitimiert. Die Beklagte ist dem substantiierten Vortrag der Klägerin, dass die [Name] Herstellerin der beiden Folgen der TV Serie [Name] und [Name] ist und infolgedessen die ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrechte an den beiden Filmwerken hält und die Klägerin mit schriftlicher Erklärung vom [Datum] ermächtigt hat, im eigenen Namen und auf eigene Rechnung Rechtsansprüche wegen Rechtsverletzungen aufgrund einer rechtswidrigen Verwertung der Filmwerke im Internet über P2P-Netzwerke (sogen. Internettauschbörsen ) geltend zu machen, nicht in erheblicher Weise entgegen getreten. Das Bestreiten der Anspruchsinhaberschaft ist deshalb nach § 138 Abs.3 ZPO nicht beachtlich.

Entsprechendes gilt für das Bestreiten, dass die ermittelte IP-Adresse im Zeitpunkt der vorliegenden Rechtsverletzungen am [Datum] in der Zeit von [Uhrzeit] Uhr bis [Uhrzeit] Uhr nicht dem Internetanschluss der Beklagte zuzuordnen war. Aufgrund des detaillierten Vortrages der Klägerin und insbesondere des Umstandes, dass es vorliegend zur mehrfachen Ermittlung des Anschlusses der Beklagten gekommen ist, ist davon auszugehen, dass die Feststellungen der ipoque GmbH zuverlässig und ordnungsgemäß gewesen sind.

Die Klägerin haftet als Täterin für die streitigen Urheberrechtsrechtsverletzungen. Gegen sie spricht als Inhaberin des Internetanschlusses eine tatsächliche Vermutung.

Wie das Gericht bereits im Hinweisbeschluss vom 17.01.2017 ausgeführt hat, trägt die Klägerin nach allgemeinen Grundsätzen die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs auf Schadensersatz erfüllt sind. Sie hat darzulegen und im Bestreitensfall zu beweisen, dass die Beklagte für die von ihr behauptete Rechtsverletzung verantwortlich ist. Es spricht aber eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen den Internetanschluss nutzen konnten (zuletzt BGH, Urteil vom 06.10.2016 - I ZR 154/15 - "Afterlife" m.w.N.).

Eine die tatsächliche Vermutung ausschließende Nutzungsmöglichkeit Dritter ist anzunehmen, wenn der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde. In solchen Fällen trifft den Inhaber des Internetanschlusses jedoch eine sekundäre Darlegungslast, da es sich bei der Nutzung des Anschlusses um Interna des Anschlussinhabers handelt, von denen der Urheberrechtsberechtigte im Regelfall keine Kenntnis hat. Diese führt weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. Die Bestimmung der Reichweite der dem Anschlussinhaber obliegenden sekundären Darlegungslast hat vielmehr mit Blick darauf zu erfolgen, dass erst die Kenntnis von den Umständen der Anschlussnutzung durch den Anschlussinhaber dem Verletzten, dessen urheberrechtliche Position unter dem grundrechtlichen Schutz des Art. 17 Abs. 2 EU-Grundrechtecharta und des Art. 14 Abs. 1 GG steht, die Verfolgung einer Rechtsverletzung ermöglicht.

Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast dadurch, dass er vorträgt, ob anderen Personen und gegebenenfalls welchen anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat. Die pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt lebenden Dritten auf den Internetanschluss genügt hierbei nicht, sondern es kommt auf die Situation im Verletzungszeitpunkt an. Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass auf Seiten des Anschlussinhabers die Grundrechte gemäß Art. 7 EU-Grundrechtecharta und Art. 6 Abs. 1 GG das ungestörte eheliche und familiäre Zusammenleben von staatlichen Beeinträchtigungen schützen. Diese Grundrechte verpflichten den Staat, Eingriffe in die Familie zu unterlassen und berechtigt die Familienmitglieder, ihre Gemeinschaft nach innen in familiärer Verantwortlichkeit und Rücksicht frei zu gestalten. Werden dem Anschlussinhaber zur Abwendung seiner täterschaftlichen Haftung im Rahmen der sekundären Darlegungslast Auskünfte abverlangt, die das Verhalten seines Ehegatten oder seiner Kinder betreffen und diese dem Risiko einer zivil- oder strafrechtlichen Inanspruchnahme aussetzen, ist der Schutzbereich dieser Grundrechte berührt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist der Konflikt zwischen grundrechtlich geschützten Positionen verschiedener Grundrechtsträger nach dem Grundsatz praktischer Konkordanz zu lösen, der fordert, dass nicht eine der widerstreitenden Rechtspositionen bevorzugt und maximal behauptet wird, sondern alle einen möglichst schonenden Ausgleich erfahren. Die Berücksichtigung des für die Klägerin sprechenden Eigentumsschutzes und der zugunsten des Anschlussinhabers wirkende grundrechtliche Schutz von Ehe und Familie führen dazu, dass es dem Inhaber eines privaten Internetanschlusses nicht zumutbar ist, die Internetnutzung seines Ehegattens einer Dokumentation zu unterwerfen, um im gerichtlichen Verfahren seine täterschaftliche Haftung abwenden zu können. Es ist ebenfalls unzumutbar, dem Anschlussinhaber die Untersuchung des Computers seines Ehegatten im Hinblick auf die Existenz von Filesharing Software abzuverlangen. Der Anschlussinhaber ist jedoch in Bezug auf seine eigene Internetnutzung verpflichtet, vorzutragen, ob auf dem von ihm genutzten Computer Filesharing Software vorhanden ist.

Entspricht der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast, ist es wieder Sache der Klägerin als Anspruchssteller, die Haftung der Beklagten als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und zu nachzuweisen (BGH a.a.0.).

Genügt der Anschlussinhaber der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast hinsichtlich der Nutzung des Anschlusses durch Dritte nicht, kommt jedoch die Annahme der täterschaftlichen Haftung des Anschlussinhabers in Betracht, auch wenn gegen diesen insoweit kein Beweis des ersten Anscheins spricht, da es für die Annahme, dass der Inhaber eines Internetanschlusses ohne das Hinzutreten weiterer Umstände regelmäßig der Täter einer mittels dieses Anschlusses begangenen Urheberrechtsverletzung ist, an der hinreichenden Typizität des Geschehensablaufs für die Annahme eines Anscheinsbeweises fehlt. Es besteht angesichts der naheliegenden Möglichkeit, dass der Anschlussinhaber Dritten Zugriff auf seinen Anschluss einräumt, für die Annahme der Täterschaft des Anschlussinhabers keine hinreichend große Wahrscheinlichkeit (BGH a.a.O.; Urteil vom 12.6.2015 I ZR 48/15 - "Everytime we touch" -).

Nach diesen Vorgaben hat die Beklagte ihrer sekundären Darlegungslast nicht genügt. Sie hat lediglich pauschal vorgetragen, dass ihr Ehemann und ihr Sohn als ihre Familienangehörigen und die damalige Freundin ihres Sohnes bei ihren Besuchen in ihrem Haushalt Zugriff auf ihren Internetanschluss hatten. Wer konkret im Verletzungszeitpunkt Zugriff hatte, ist ihrem Vortrag jedoch nicht zu entnehmen. Allein ihr Vortrag, dass sie und ihr Ehemann regelmäßig um 22.00 Uhr / 22.30 Uhr zu Bett gehen würden und ihr Sohn und dessen Freundin auch zu entsprechend später Stunde den Anschluss noch nutzen würden, reicht nicht aus. Ihr sind auch konkrete Angaben zu der Situation im Verletzungszeitpunkt zumutbar gewesen, auch wenn zwischen dem Verletzungszeitpunkt und der Einleitung des Mahnverfahrens durch die Klägerin ein längerer Zeitraum vergangen ist. Die Beklagte hat zeitnah zu der behaupteten Urheberrechtsverletzung vom [Datum] am Anfang Juni 2016 eine Abmahnung der Klägerin erhalten und daraufhin eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben. Sie hat auch angegeben, dass es sich um die erste Abmahnung dieser Art gehandelt hat. Es ist deshalb bei lebensnaher Betrachtung davon auszugehen, dass es aufgrund des in der Abmahnung enthaltenen Vorwurfs zu Nachforschungen und Gesprächen innerhalb der Familie der Beklagten über die Situation im Verletzungszeitpunkt gekommen ist. Warum es ihr angesichts dessen jetzt nicht mehr möglich ist, näher dazu vorzutragen, hat sie nicht dargelegt. Die Beklagte hat auch keine Angaben dazu gemacht, ob auf dem von ihr mitbenutzten Computer ihres Ehemanns Filesharingsoftware oder die streitigen Dateien vorhanden waren. Insbesondere hat sie auch angeführt, dass ihr alle Mitbenutzer ernsthaft gegenüber versichert hätten, für die Urheberrechtsverletzungen nicht verantwortlich zu sein, so dass sie bereits nach ihrem Vortrag eine Täterschaft dieser Dritten ausschließt. Sie hat auch keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen, warum diese Angaben nicht zutreffend sein sollten.

Den der Klägerin aufgrund der Urheberrechtsverletzung entstandenen Schaden schätzt das Gericht nach Maßgabe des § 287 ZPO unter Berücksichtigung der detaillierten Ausführungen der Klägerin zur Werthaltigkeit des streitigen Filmwerks auf insgesamt 600,00 EUR.

Weiterhin steht der Klägerin ein Anspruch auf Erstattung der durch die Abmahnung veranlassten Kosten zu. Die Abmahnung ist berechtigt gewesen. Der Klägerin stand im Zeitpunkt der Abmahnung ein Anspruch auf Unterlassung gegen die Beklagte zu.

Diese sind nach der zutreffenden Berechnung der Klägerin, der sich das Gericht anschließt, in Höhe von 432,00 EUR anzusetzen.

Die Zinsentscheidung folgt aus §§ 286, 288 BGB.

Die prozessualen Nebenentscheidungen stützen sich auf §§ 91, 708 Nr.11, 711 ZPO.




Rechtsbehelfsbelehrung

Diese Entscheidung kann mit der Berufung angefochten werden. Sie ist einzulegen innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem

Landgericht Oldenburg,
Elisabethstraße 7,
26135 Oldenburg.


Die Frist beginnt mit der Zustellung der in vollständiger Form abgefassten Entscheidung. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Beschwerdegegenstand 600,00 EUR übersteigt oder das Gericht die Berufung in diesem Urteil zugelassen hat. Zur Einlegung der Berufung ist berechtigt, wer durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist.
Die Berufung wird durch Einreichung einer Berufungsschrift eingelegt. Die Berufung kann nur durch einen Rechtsanwalt eingelegt werden.

[Name],
Richterin am Amtsgericht (...)





~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

AG Oldenburg, Urteil vom 30.03.2017, Az. 4 C 4486/16 (VI),
Rechtsanwältin Anamaria Scheunemann,
Waldorf Frommer Rechtsanwälte,
Klage Waldorf Frommer,
sekundäre Darlegungslast,
BGH-Entscheid "Afterlife",
BGH-Entscheid "Everytime we touch",
Art. 7 EU-Grundrechtecharta,
Art. 6 Abs. 1 GG

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BMJV: Wissenschaftliche Studie zur Evaluierung GguGpr

#11067 Beitrag von Steffen » Donnerstag 18. Mai 2017, 11:49

Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz: Wissenschaftliche Studie zur Evaluierung des Gesetzes gegen unseriöse Geschäftspraktiken veröffentlicht


Im Verbraucherschutzkapitel des Koalitionsvertrages wurde vereinbart, die mit dem Ende der letzten Legislaturperiode verabschiedeten Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken (BGBl. I S. 3714) erzielten Verbesserungen zu evaluieren.



Schlussbericht

Evaluierung der verbraucherschützenden Regelungen im Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken(PDF, 2MB, Datei ist nicht barrierefrei)



Veranstaltungshinweis

Dialogveranstaltung „Evaluierung des Gesetzes gegen unseriöse Geschäftspraktiken” am Donnerstag, 1. Juni 2017 im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz.

zur Anmeldung




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AG Halle (Saale), Az. 104 C 711/16

#11068 Beitrag von Steffen » Freitag 19. Mai 2017, 01:32

Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Amtsgericht Halle (Saale) verurteilt Anschlussinhaber nach Zeugenvernehmung zur Rechteinhaberschaft der Klägerin vollumfänglich zur Zahlung


01:30 Uhr


Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot eines urheberrechtlich geschützten Filmwerks. Im genannten Verfahren am Amtsgericht Halle (Saale) behauptete der verklagte Anschlussinhaber, für die Rechtsverletzung nicht verantwortlich gewesen zu sein. Darüber hinaus bestritt er die Inhaberschaft der exklusiven Verwertungsrechte der Klägerin am streitgegenständlichen Filmwerk sowie die Höhe der geltend gemachten Forderungen.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

Beethovenstraße 12 | 80336 München
Telefon: 089 / 52 05 72 10 | Telefax: 089 / 52 05 72 30
E-Mail: web@waldorf-frommer.de | Web: www.waldorf-frommer.de




Bericht

Link:
https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... r-zahlung/


Urteil als PDF:

Link:
https://news.waldorf-frommer.de/wp-cont ... 711_16.pdf




Autorin:

Rechtsanwältin Cornelia Raiser



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Das Amtsgericht erhob zur bestrittenen Rechteinhaberschaft zunächst Beweis durch Vernehmung des Justiziars der Klägerin als Zeugen und verurteilte anschließend den Beklagten vollumfänglich zur Zahlung der geltend gemachten Ansprüche.

Nach Durchführung der Zeugenvernehmung stand zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Klägerin ausschließliche Inhaberin der verletzten Verwertungsrechte am Filmwerk ist. Der Zeuge habe insoweit glaubhaft, detailliert und aus eigener Wahrnehmung heraus die Rechteübertragung auf die Klägerin bestätigen können.

Hingegen habe der Beklagte keinerlei Sachvortrag geleistet, welcher die zu Lasten eines Anschlussinhabers wirkende tatsächliche Vermutung der eigenen Verantwortlichkeit habe widerlegen können. Dementsprechend sei von der Täterschaft des Beklagten auszugehen.

Im Übrigen bestätigte das Amtsgericht Halle die Höhe des geltend gemachten Lizenzschadens sowie - mit ausdrücklichem Verweise auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs - der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten.







AG Halle (Saale), Urteil vom 04.05.2017, Az. 104 C 711/16



(...) - Abschrift -


Amtsgericht
Halle (Saale)



104 C 711116

Verkündet am #

[Name], Richter am Amtsgericht als Richter am Amtsgericht



Im Namen des Volkes

Urteil




In dem Rechtsstreit


[Name],
Klägerin

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldorf Frommer Rechtsanwälte, Beethovenstraße 12, 80336 München



gegen


Herrn [Name],
Beklagter

Prozessbevollmächtigte:
[Name],



hat das Amtsgericht Halle (Saale) auf die mündliche Verhandlung vom 05.04.2017 durch den Richter am Amtsgericht [Name]

für Recht erkannt:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag von 450,00 EUR nebst jährlicher Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.07.2014 zu zahlen.
2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen weiteren Betrag i.H.v. 406,00 EUR nebst jährlicher Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.07.2014 zu zahlen.
3. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Streitwert wird auf 856,00 EUR festgesetzt.





Tatbestand

Die Klägerin verlangt Schadensersatz und die Kosten für die vorgerichtliche Mandatierung eines Rechtsanwaltes wegen eines - mutmaßlichen - Urheberrechtsverstoßes der Beklagten.

Die Klägerin wertet zahlreiche nationale und internationale Bild-/Tonaufnahmen in Deutschland exklusiv aus. Hier streitgegenständlich ist eine Urheberrechtsverletzung des Beklagten an dem Film "[Name]".

Unter dem [Datum] [Uhrzeit] Uhr bis [Uhrzeit] Uhr und [Datum] [Uhrzeit] Uhr bis [Uhrzeit] Uhr wurde das vorgenannte Filmwerk von einem Computer zum Download bereitgehalten, der unter der IP Adresse [IP 1] und der IP Adresse [IP 2] eingeloggt war.

Die im folgenden (gemäß § 101 UrhG) vom Internet-Provider erlangten Auskünfte, wiesen die beiden vorgenannten IP-Adressen jeweils dem Anschluss des Beklagten unter seiner Wohnanschrift [Anschrift] zu.

Mit Abmahnungsschreiben der vorgerichtlich bereits beauftragt Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom [Datum] wurde der Beklagte wegen der vorgenannten Verletzungshandlungen abgemahnt, gleichzeitig wurde von diesem Schadensersatz wegen der Urheberrechtsverletzungen, außerdem die Kosten der Abmahnung verlangt.

Der Beklagte zahlte vorgerichtlich bereits einen Betrag von 150,00 EUR auf den von der Klägerseite verlangten Schadensersatz und weiteren 100,00 EUR auf die vorgerichtlichen Anwaltskosten. Die Klägerin macht nunmehr eine Lizenzschaden von noch 450,00 EUR sowie Anwaltskosten von noch 406,00 EUR gegenüber den Beklagten geltend.



Die Klägerin behauptet,
Inhaber der streitgegenständlichen Rechte am Filmwerk zu sein.



Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 450,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 18.07.2014, des Weiteren 406,00 EUR zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 18.07.2014 zu zahlen.



Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Die Beklagtenseite ist der Auffassung, der von der Klägerseite geforderte Schadenersatz deutlich zu hoch, gleiches gelte für die vorgerichtlichen Anwaltsgebühren.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen[Name]. Wegen der Einzelheiten wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 05.04.2017 erwiesen.




Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist vollumfänglich begründet.

Der Klägerin stehen die mit der Klage gegenüber dem Beklagten geltend gemachten Ansprüche vollumfänglich zu. Anspruchsgrundlage ist hinsichtlich des geltend gemachten Schadensersatzes § 97 UrhG und soweit hier die Kosten der vorgerichtlichen Abmahnung verlangt werden § 97 Buchst. a Abs. 1 S. 2 UrhG.



1.)

Die Klägerin ist Inhaberin des Urheberrechts an dem streitgegenständlichen Filmwerk.

Nach der durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Klägerin sämtliche exklusiven Verwertungsrechte (vergleiche §§ 16, 17, 19 aber Urheberrechtsgesetz) an dem streitgegenständlichen Filmwerk durch Vertrag von der Firma erworben hat. Die Firma [Name] wiederum hat die Verwertungsrechte vom Produzenten des Films der [Name] erworben. Dieser Sachverhalt steht fest aufgrund der glaubhaften Darstellung des glaubwürdigen Zeugen [Name]. Dieser stellte im Rahmen seiner Vernehmung den vorgenannten Sachverhalt so dar, außerdem, dass die Klägerin selbst die Kino- und DVD-Verwertungsrechte sodann an ihre hundertprozentigen Töchter [Name] und homeentertainment weiter übertragen habe. Die Streaming-, bzw. Download- und Uploadrechte habe die Klägerin selbst behalten. Der Zeuge selbst konnte dies aus eigener Anschauung bestätigen. Das Gericht hat keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Zeuge hier die Unwahrheit sagte, solche werden auch durch die Parteien nicht vorgebracht. Im übrigen bestätigt auch das DVD - Cover (vergleiche BI. 44 der Akte) seine Darstellung.

Im übrigen lieferte die Beklagtenseite auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass hier eine andere Person als die Klägerin Inhaber der Rechte nach § 19 Buchst. a UrhG im Hinblick auf das streitgegenständliche Filmwerk ist.


2.)

Der Beklagte hat durch die Bereithaltung des Films zum Herunterladen von seinem Speichermedium dieses Urheberrecht verletzt.

Nach dem Vortrag der Klägerin wurde von dem Anschluss, deren unstreitiger Inhaber der Beklagte ist, am [Datum] von [Uhrzeit] bis [Uhrzeit] Uhr und am [Name] von [Name] bis [Uhrzeit] Uhr der Film "[Name]" zum Download in einem so genannten Peer-to-Peer-Netzwerk bereitgehalten. Die Klägerin hat nachvollziehbar dargestellt, wie der von ihr hiermit beauftragte Zeuge Dr. [Name] diese Feststellungen, darüber hinaus auch zur IP-Adresse des Rechners, von welchem das Spiel zum Download bereitgehalten wurde, traf.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes besteht eine tatsächliche Vermutung
dafür, dass der Inhaber eines Internetanschlusses auch die von diesem Anschluss ausgehende Rechtsverletzung selbst begangen hat. Diese Vermutung hat der Beklagte nicht widerlegt.


3.)

Der Beklagte schuldet auch Schadensersatz in der von der Klägerin begehrten Höhe.


a.)

Soweit die Klägerin hier einen Betrag (unter Berücksichtigung einer vorgerichtlichen Zahlung von 150,00 EUR auf den Schadensersatz) i.H.v. noch 450,00 EUR vom Beklagten verlangt, rechtfertigt sich dies als lizenzanaloger Schadensersatzanspruch.

Dem Verletzten steht im Rahmen der Bemessung des Schadensersatzanspruches aus § 97 Abs. 2 UrhG ein Wahlrecht dahingehend zu, ob er hier den Schaden konkret bemisst oder - durch Schadensschätzung - den Weg über die Grundsätze der Lizenzanalogie fehlt. Hier hat sich die Klägerin für die Schadensberechnung nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie entschieden.

Die Lizenzanalogie beruht dabei auf den Gedanken, dass der handelnde Verletzer nicht besser gestellt sein darf, als der redliche Lizenznehmer. Da es ein Lizenzierungsmodell für das Anbieten von Filmwerken auf Tauschbörsen nicht gibt, hat das Gericht hier gemäß § 287 ZPO die Höhe des Schadens zu schätzen.

Die Schätzung hat dabei unter der Maßgabe zu erfolgen, welche angemessene Lizenzgebühr verständige Vertragspartner in Ansehung der tatsächlichen und bezweckten Nutzung branchenüblich und bei Kenntnis der Sachlage vereinbart hätten (vergleiche BGH, I ZR 106/73). Für den streitgegenständlichen Film ist die von der Klägerin im Prozess geltend gemachte Höhe des Schadensersatzes von 450,00 EUR angemessen. Das Gericht schätzt den Betrag auf der Basis der von der Klägerin in der Klageschrift mitgeteilten Schätzgrundlage und vor dem Hintergrund der tauschbörsenimmanenten lawinenartigen Verbreitung des Werkes (vergleiche Landgericht München, Urteil vom 19.02.2016, Az. 21 S 23673/14).

Bei dem hier gegenständlichen Filmwerk handelt es sich um einen aufwendig produzierten Film mit international bekannten Darstellern, der zum Zeitpunkt der Urheberrechtsverletzungen gerade im Kino angelaufen war. Die illegale Verbreitung des Films auf einer Tauschbörse daher in ganz erheblichem Maße geeignet war, die Einnahmen der Klägerin aus der Lizenzvergabe hinsichtlich der Filmrechte zu schmälern.

Vor diesem Hintergrund ist der von der Klägerin angenommene Schadensersatz von 600,00 EUR ohne weiteres angemessen. Unter Berücksichtigung der vorgerichtlich erfolgten Zahlung, war der Beklagte zur Zahlung von noch weiteren 450,00 EUR zu verurteilen.


b.)

Soweit die Klägerin weitere 406,00 EUR vom Beklagten als Kosten für die vorgerichtliche Abmahnung fordert, rechtfertigt sich dieser Anspruch aus § 97 Buchst. a 12 UrhG.

Der Beklagte hat hier die der Klägerin für die Beauftragung eines Rechtsanwaltes mit der streitgegenständlichen Abmahnung entstandenen Kosten zu tragen.

Die Abmahnung war auch geeignet, einen Zivilprozess im Hinblick auf die vom Beklagten geschuldete Unterlassung weiterer Urheberrechtsverletzungen zu vermeiden. Der von dem beauftragten Rechtsanwälten angesetzte Streitwert ist mit 10.000,00 EUR im Hinblick auf die konkrete Urheberrechtsverletzung und das gegenständliche Filmwerk auch ohne weiteres zutreffend bestimmt.


Der Bundesgerichtshof führt hierzu aus:

"Bei der Bestimmung des angemessenen Gegenstandswerts des Unterlassungsanspruchs ist einerseits dem Wert des verletzten Schutzrechts angemessen Rechnung zu tragen, wobei das Angebot zum Herunterladen eines Spielfilms, eines Computerprogramms oder eines vollständigen Musikalbums regelmäßig einen höheren Gegenstandswert rechtfertigen wird, als er etwa für das Angebot nur eines Musiktitels anzusetzen ist (vgl. BGH, GRUR 2016, 184 Rn. 73 "Tauschbörse II"). Weiter ist die Aktualität und Popularität des Werks und der Umfang der vom Rechtsinhaber bereits vorgenommenen Auswertung zu berücksichtigen. Wird ein durchschnittlich erfolgreicher Spielfilm nicht allzu lange nach seinem Erscheinungstermin öffentlich zugänglich gemacht, so ist regelmäßig ein Gegenstandswert des Unterlassungsanspruchs von nicht unter 10.000,00 EUR angemessen. Liegt die Verletzungshandlung noch vor dem Beginn der Auswertung mittels DVD, kann auch ein höherer Gegenstandswert anzunehmen sein" (vgl. BGH, I ZR 272/14).


Dem ist nichts hinzuzufügen.

Unter Berücksichtigung der vom Beklagten vorgerichtlich auf die Anwaltskosten gezahlten Betrag von 100,00 EUR war der Beklagte noch zur Zahlung von 406,00 EUR zu verurteilen.

Die Zinsforderung rechtfertigt sich aus Verzug. Unstreitig ist der Beklagte mit Schreiben der vorgerichtlich beauftragten Rechtsanwaltskanzlei vom 10.07.2014 zur Zahlung der hier verlangten Kosten bzw. des hier verlangten Schadensersatzes bis zum 17.07.2014 aufgefordert worden. Ab dem 18.07.2014 befand sich der Beklagte daher in Verzug.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.




Rechtsbehelfsbelehrung

Diese Entscheidung kann mit der Berufung angefochten werden. Sie ist einzulegen innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem

Landgericht Halle,
Hansering 13,
06108 Halle (Saale).


Die Frist beginnt mit der Zustellung der in vollständiger Form abgefassten Entscheidung. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Beschwerdegegenstand 600,00 EUR übersteigt oder das Gericht die Berufung in diesem Urteil zugelassen hat. Zur Einlegung der Berufung ist berechtigt, wer durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Die Berufung wird durch Einreichung einer Berufungsschrift eingelegt. Die Berufung kann nur durch einen Rechtsanwalt eingelegt werden.



[Name],
Richter am Amtsgericht
(...)




~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

AG Halle (Saale), Urteil vom 04.05.2017, Az. 104 C 711/16,
Rechtsanwältin Cornelia Raiser,
sekundäre Darlegungslast,
Waldorf Frommer Rechtsanwälte,
Klage Waldorf Frommer,
Freiwillige Zahlung des Abgemahnten von 250,00 EUR

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Wochenrückblick

#11069 Beitrag von Steffen » Freitag 19. Mai 2017, 23:24

------------------------------------------------------ - Abmahnwahn Deutschland - Filesharing - --------------------------------------------


DER Wochenrückblick........................Bild......................Filesharing Fälle


-----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

Ausgabe 2017, KW 20 ..................................Initiative AW3P.............................15.05. - 21.05.2017

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.............................................................Bild



Querbeet




1. Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz: Wissenschaftliche Studie zur Evaluierung des Gesetzes gegen unseriöse Geschäftspraktiken veröffentlicht


Schlussbericht:

Evaluierung der verbraucherschützenden Regelungen im Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken (PDF, 2MB, Datei ist nicht barrierefrei)



Veranstaltungshinweis:

Dialogveranstaltung "Evaluierung des Gesetzes gegen unseriöse Geschäftspraktiken"
am Donnerstag, 1. Juni 2017
im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz.


zur Anmeldung



Quelle: BMJV.de
Link: http://www.bmjv.de/DE/Service/Fachpubli ... iken.html










2. Werbeaussage "Für schnellere, intensivere und multiple Orgasmen" für den Vibrator "Womanizer PRO 40" ist wettbewerbsrechtlich zulässig, da es sich um eine reklamehafte Übertreibung handelt




........................................................Bild




LG Bielefeld, Urteil vom 11.04.2017, Az. 12 O 82/16



Quelle: Justiz.NRW.de
Link: https://www.justiz.nrw.de/nrwe/lgs/biel ... 70411.html





.....................................................................Bild









3. Bundesgerichtshof: Mitteilung der Pressestelle Nr. 074/2017 vom 16.05.2017 - Der Bundesgerichtshof zur Zulässigkeit der Speicherung von dynamischen IP-Adressen


BGH, Urteil vom 15. Mai 2017, VI ZR 135/13


Vorinstanzen:
AG Tiergarten - Urteil vom 13. August 2008 - Az. 2 C 6/08
LG Berlin - Urteil vom 31. Januar 2013 - Az. 57 S 87/08



Quelle: Bundesgerichtshof.de
Link: http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-b ... s=3&anz=77
















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Gerichtsentscheidungen



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  • AG Kassel, Urteil vom 21.03.2017, Az. 410 C 4277/15 [WF verlieren; keine Aktivlegitimation (Nachweis Rechtekette)]



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  • AG Oldenburg, Urteil vom 30.03.2017, Az. 4 C 4486/16 (VI) [WF gewinnen; auch im Familienverbund Nachforschungen erforderlich und zumutbar (u.a. BGH "Afterlife")]
  • AG Halle (Saale), Urteil vom 04.05.2017, Az. 104 C 711/1614 [WF gewinnen, Aktivlegitimation (Nachweis Rechtekette)]









Hessenrecht Landesrechtsprechungsdatenbank:



AG Kassel, Urteil vom 21.03.2017, Az. 410 C 4277/15


Hessenrecht - Landesrechtsprechungsdatenbank: Amtsgericht Kassel, Urteil vom 21.03.2017, Az. 410 C 4277/15 - Zum Nachweis des Rechtserwerbs bei Urheberrechten (Waldorf Frommer Rechtsanwälte)



Quelle: Landesrechtsprechungsdatenbank Hessen
Link: http://www.lareda.hessenrecht.hessen.de ... id:7866567










Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München)



1. AG Oldenburg, Urteil vom 30.03.2017, Az. 4 C 4486/16 (VI)


Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Tauschbörsenverfahren vor dem Amtsgericht Oldenburg - Nachforschungen sind auch im Familienverbund zumutbar und erforderlich (BGH-Entscheid "Afterlife")



Quelle: Waldorf Frommer Rechtsanwälte
Link: https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... orderlich/







2. AG Halle (Saale), Urteil vom 04.05.2017, Az. 104 C 711/16


Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Amtsgericht Halle (Saale) verurteilt Anschlussinhaber nach Zeugenvernehmung zur Rechteinhaberschaft der Klägerin vollumfänglich zur Zahlung



Quelle: Waldorf Frommer Rechtsanwälte
Link: https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... r-zahlung/
















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Forenwelt




Forenzitat der Woche

Im gewerblichen Forum: "Interessengemeinschaft Abmahnwahn" kam es diese Woche zu dem "Zitat der Woche".

Ein neuregistrierter Abgemahnter ("andreyt") stellte an dem Forenbetreiber ("Cheffe") die Frage, ob er das im dortigen Forum angebotene Musterschreiben der mod. UE (Filesharing) auch für eine (File-) Streaming-Abmahnung der Abmahnkanzlei (Link) verwenden kann.



"Zitat der Woche": Fred Olaf Neiße das "große Cheffe"

» ja und sie ist auch für Straming-Abmauhnungen zu verwenden.
Die jetzige Vorgehensweise sollte mod.UE und zahlen nix sein. «

Nun bin ich ein Mensch, der sehr gern von den Besten lernen will, sowie lege ich eigentlich auch keinen großen Wert (zum Unverständnis meiner Leser) auf eines guter Deutsch. Ich bin eben ein "Rechtschreibung und Grammatik"-Legastheniker und in einem Forum ist man nicht in der Schule. "Asche auf mein kahles Haupt!" Nach Anfragen an einem Anwalt wurde mir aber versichert, dass es wohl heißen sollte:

» Ja und diese ist auch für Streaming-Abmahnungen zu verwenden.
Die jetzige Vorgehensweise sollte sein: "mod. UE und nicht zahlen". «

Auch wurde mir im Weiteren versichert, dass die betreffende Kanzlei - keine - Streaming-Abmahnungen versendet (siehe Link).


Wenn Neiße und seine Interessengemeinschaft keine Dummschwätzer sind, dann hat wohl der Anwalt unrecht. Ein Teufelskreis ...





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Steffen Heintsch für AW3P




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LG Frankfurt am Main - Az. 2-06 S 003/16

#11070 Beitrag von Steffen » Sonntag 21. Mai 2017, 10:25

Das Landgericht Frankfurt am Main mit einer neuen Herangehensweise zur theoretischen Möglichkeit der Täterschaft bei gleichzeitigen Bestreiten der Täterschaft durch die Mitnutzer - Berufungsrücknahme durch Waldorf Frommer Rechtsanwälte (Az. 2-06 S 003/16)



10:25 Uhr




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Rechtsanwalt Markus Brehm




Kanzlei Brehm

Kanzleisitz:
Deutschherrnufer 27 | 60594 Frankfurt
Tel. 069 - 913 16 70 1 | Fax 069 - 913 16 70 2
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E-Mail: info@kanzleibrehm.de | Web: http://www.kanzleibrehm.de





Bericht


Berufungsverfahren:

Link.
http://www.kanzleibrehm.de/kanzlei-breh ... egruendet/




Amtsgericht:

Link:
http://www.kanzleibrehm.de/waldorf-from ... frankfurt/



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Rechtsanwalt Markus Brehm (Frankfurt am Main) berichtet am 08. Mai 2017 von einer Berufungsrücknahme der Münchner Kanzlei Waldorf Frommer Rechtsanwälte. In vieler Hinsicht ein interessanter Fall von Abmahnung bis Berufungsrücknahme, insbesondere die Entscheidung rund um die theoretische Möglichkeit einer möglichen Täterschaft. Um diesen Abmahnfall transparenter zu gestallten darf AW3P, mit freundlicher Genehmigung durch Rechtsanwalt Markus Brehm, den Volltext zu den Entscheidungen des Erst- und Berufungsgericht veröffentlichen.




1. Klageverfahren am Amtsgericht Frankfurt am Main

Der Mandant der Kanzlei Brehm wurde 2012 durch die Kanzlei Waldorf Frommerer wegen des Vorwurfs einer Urheberrechtsverletzung über ein P2P-Netzwerk (Film; UVE + 1.06,00 EUR) abgemahnt. Da die Zahlung verweigert wurde, erhob die Kanzlei Waldorf Frommer 2014 Klage.




Verteidigung des Beklagten

AI:
- Bestreiten der Aktivlegitimation
- Einrede der Verjährung
- Bestreitet den Vorwurf
- zum Vorwurf am 22.11. nicht zu Hause

Internetzugang (WLAN Router):
- Verschlüsselungssystem WPA2
- 16-stelliges Passwort (mit Buchstaben und Zahlen)
- wurde abends ausgeschaltet

Mitnutzer:
- Ehefrau, 1 minderjähriger Sohn, 1 volljähriger Sohn
- zum Vorwurf am 22.11. war kein Mitnutzer zu Hause (Arbeit, Schule)
- Söhne wurde Nutzung Internettauschbörse verboten




Das Urteil

Wir haben jetzt die Ausgangssituation, dass die Gerichtsstandorte bundesweit unterschiedlich ermessen. Denn, wenn der Anschlussinhaber selbst den Vorwurf bestreitet und die benannten Mitnutzer den Internetzgang zum Vorwurf nicht konkret selbstständig benutzten, wurde durch die Klägerin regelmäßig vorgetragen und - meist - Recht gegeben,


(...) Der Beklagte habe seiner ihn als Anschlussinhaber treffenden sekundären Darlegungslast nicht genügt, da er nicht vorgetragen habe, dass und warum eine andere Person ernsthaft als Täter in Betracht komme. Allein die theoretische Möglichkeit der Täterschaft eines anderen sei nicht ausreichend, zumal nach dem Beklagtenvortrag letztlich niemand als Täter in Betracht komme. Der Beklage sei seinen Nachforschungspflichten nicht hinreichend nachgekommen. (...)


Spätestens seit dem BGH-Entscheid "Tauschbörse III" (Urt. v. 11.06.2015, I ZR 75/14) heißt es:


(...) Soweit die Revision geltend macht, Raum für eine tatsächliche Vermutung der Täterschaft des Beklagten bestehe nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht, wenn der Internetanschluss von mehreren Personen im Haushalt genutzt werde, lässt sie außer Acht, dass es nicht auf die Nutzungsmöglichkeit von Familienangehörigen im Allgemeinen, sondern konkret auf die Situation zum Verletzungszeitpunkt ankommt. (...)


sowie mit dem BGH-Entscheid "Everytime we touch" (Urt. v. 12. 5. 2016, I ZR 48/15)


(...) Die pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt des Beklagten lebenden Dritten auf seinen Internetanschluss wird den an die Erfüllung der sekundären Darlegungslast zu stellenden Anforderungen daher nicht gerecht. (...)


Das Amtsgericht Frankfurt am Main trifft hierzu eine lesenswerte Entscheidung mit einer neuen Herangehensweise. Der Beklagte ist seiner sekundären Darlegungslast nachgekommen und hat die tatsächliche Vermutung erschüttert. Die drei Mitnutzer konnten das Internet regelmäßig selbstständig benutzen. Das Amtsgericht betont, dass es nicht verkenne, dass es nicht auf die bloße Nutzungsmöglichkeit von Familienangehörigen, sondern konkret auf die Situation zum Verletzungszeitpunkt ankommt und eine pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt des Beklagten lebenden Dritten den Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast nicht genügt. Nur hätten die Mitnutzer ihr internetfähiges Gerät vor verlassen der Wohnung anschalten können, da die Nutzung einer Internettauschbörse keine Anwesenheit des Nutzers voraussetzt. So dass die Ehefrau und der volljährige Sohn als Täter in Betracht kommen könnten. Damit scheidet eine Haftung des Anschlussinhabers (Täter / Störer) aus.




2. Berufungsverfahren am Landgericht Frankfurt am Main

Da der Kläger eine andere Rechtsauffassung vertritt, wurde am Landgericht Berufung eingelegt. Das Landgericht bestätigte hier das erstinstanzliche Urteilt und teilte der Klägerin mit, die Berufung zurückzuweisen.



Theoretischen Möglichkeit - ja oder nein!?

Das Berufungsklägerin wies darauf hin, dass alle Mitnutzer den Vorwurf - glaubhaft - bestritten und somit allenfalls eine abstrakte, aber nicht die in der höchstrichterlichen Rechtsprechung geforderte konkrete Möglichkeit der Täterschaft eines haushaltsangehörigen Mitnutzers des Internetanschlusses des Beklagten. Das bedeutet, der Berufungsbeklagte wäre seiner sekundären Darlegungslast nicht gerecht geworden und müsste haften.

Das Landgericht nahm eine neue Denkweise diesbezüglich vor und kam vorerst zu dem Schluss, dass das Amtsgericht zu Recht und mit zutreffenden Gründen entschied, dass der Beklagte die Anforderungen an seine sekundäre Darlegungslast erfüllt hat. Entgegen der Auffassung der Klägerin hängt die Frage, ob der Beklagte eine bloß theoretische oder eine konkrete Zugriffsmöglichkeit seiner Haushaltsangehörigen dargetan hat, nicht vom Ergebnis der Befragung der Mitbewohner und davon ab, ob der Beklagte ihr Leugnen der Verletzungshandlung für glaubwürdig hält oder nicht. Abzustellen ist vielmehr allein auf die objektiven Umstände, die der Beklagte vorgetragen hat.

Alle Mitnutzer hatten die Möglichkeit das Internet mit zu benutzen und Tauschbörsen-Software zu installieren bzw. zu deinstallieren. Und eine Ortsanwesenheit eines Täters bei einer Tauschbörsennutzung wäre nicht zwingend notwendig. Und der Zugriff war in keinster Weise beschränkt. Der WLAN-Router hätte jederzeit durch die Mitnutzer wieder eingeschaltet werden können und somit war die Möglichkeit nicht nur theoretisch gegeben.


Das Landgericht wörtlich,


(...) Denn andernfalls käme auf der Grundlage des von der Klägerin unstreitig gestellten Vortrags bei ausgestelltem Router und Ortsabwesenheit des Beklagten gar kein Familienmitglied - auch nicht der Beklagte - als Täter in Betracht. Denn bei der vom Amtsgericht festgestellten Netzwerkinstallation war ohne laufenden Router über keinen Computer im Haus des Beklagten ein Internetzugriff möglich. Da die Klägerin erstinstanzlich zudem die korrekte Passwortsicherung des Internetzugangs unstreitig gestellt hatte, käme - bei ausgeschaltetem Router - nur eine fehlerhafte Ermittlung von IP- Adresse oder ihr zugeordnetem Internetanschluss in Betracht. Insgesamt stellt sich die Zugriffsmöglichkeit der übrigen Familienmitglieder damit keinesfalls als bloß theoretisch dar. (...)


Sicherlich stellt dieser Fall nur eine Einzelfallentscheidung dar. Das Landgericht bietet aber hier einen guten Ansatz die Phalanx der nicht ausreichenden theoretischen Möglichkeit zu durchbrechen. ... Und, das man mit Erhalt einer Klageschrift sich an einem Profi - Anwalt - wenden sollte, der über Erfahrungen in Filesharing Verfahren verfügt.




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Steffen Heintsch für AW3P


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Volltextveröffentlichung




AG Frankfurt am Main, Urteil vom 17.12.2015, Az. 31 C 392/15 (83)


(...) Amtsgericht Frankfurt am Main
Aktenzeichen: 31 C 392115 (83)


Verkündet lt. Protokoll am:
17.12.2015
[Name], Justizfachangestellte
Urkundsbeamtin- / beamter der Geschäftsstelle




Im Namen des Volkes

Urteil




In dem Rechtsstreit


[Name],
Klägerin

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte Waldorf Frommer Rechtsanwälte, Beethovenstraße 12, 80336 München



gegen


[Name],
Beklagter

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte Brehm, Deutschherrnufer 27, 60594 Frankfurt am Main




hat das Amtsgericht Frankfurt am Main durch den Richter am Amtsgericht Dr. [Name] aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 19.11.2015

für Recht erkannt:

Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht vor der Vollstreckung der Beklagte Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.




Tatbestand

Die Klägerin begehrt vom Beklagten Zahlung von Schadensersatz und vorgerichtlicher Abmahnkosten wegen unerlaubten Anbietens des Filmwerks "Killer Elite" in einer sog. Internettauschbörse.

Der Beklagte ist Inhaber eines Internetanschlusses. Die von der Klägerin beauftragte Firma ipoque GmbH ermittelte, dass der Film "[Name]" am xx.xx.2011 im Zeitraum von 18:xx bis 21:xx Uhr sowie am xx.xx.2011 im Zeitraum von 12:xx bis 17:xx Uhr in einer Internettauschbörse zum Download angeboten wurde. Die ermittelten IP-Adressen wurden im Rahmen eines zivilgerichtlichen Gestattungsverfahrens nach § 101 Abs. 9 UrhG dem Internetanschluss des Beklagten zugeordnet. Die Klägerin forderte den Beklagten mit Schreiben vom xx.xx.2012 unter Fristsetzung zum xx.xx.2012 zur Abgabe einer Unterlassungserklärung sowie zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 450,00 EUR sowie zur Zahlung von Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 506,00 EUR mit Frist zum xx.xx.2012 auf (Bl. 49 d. A.). In dem Schreiben wurde alleine der ermittelte Zeitraum am xx.xx.2011 aufgeführt. Der Beklagte lehnte die Forderungen mit Schreiben vom xx.xx.2012 ab. Die Klägerin setzte dem Beklagten mit Schreiben vom xx.xx.2012 erneut Fristen zur Abgabe der Unterlassungserklärung und Zahlung der geforderten Beträge. Mit Schreiben vom xx.xx.2012 gab der Beklagte ohne Anerkennung einer Rechtspflicht eine Unterlassungserklärung ab. Zahlungen erfolgten nicht. Weitere Zahlungsaufforderungen der Klägerin vom xx.xx.2013 und xx.xx.2013 blieben ebenfalls erfolglos.

Im Jahr 2011 lebten im Haushalt des Beklagten auch seine Ehefrau, die Zeugin [Name] sowie seine damals 18- und 15 Jahre alten Söhne, die Zeugen [Name] und [Name].

Der streitgegenständliche WLAN-Router war mit einer WPA2- Verschlüsselung und einem 16stelligen Passwort bestehend aus Zahlen und Buchstaben gesichert. Im streitgegenständlichen Zeitraum am xx.xx.2011 waren die Ehefrau und die Söhne nicht Zuhause, sondern bei der Arbeit bzw. in der Schule. Zwischen den Parteien blieb ferner unstreitig. dass der Beklagte nach Erhalt der Abmahnung im Jahr 2012 sämtliche Familienangehörige zu den Vorwürfen der Klägerin befragte und diese die Rechtsverletzung abstritten.

Die Klägerin behauptet, sie sei aufgrund eines Vertrages mit der [Name] vom xx.xx.2010 exklusive Inhaberin der Verwertungsrechte an dem Film "[Name]" für die Bundesrepublik Deutschland und habe nur die Rechte für die Kino bzw. DVD Auswertung an ihre 100%igen Tochterunternehmen [Name] bzw. [Name] vergeben. Die Klägerin behauptet weiter, der Beklagte als Anschlussinhaber habe den streitgegenständlichen Film in der Internettauschbörse zum Download angeboten. Der Beklagte habe seiner ihn als Anschlussinhaber treffenden sekundären Darlegungslast nicht genügt, da er nicht vorgetragen habe, dass und warum eine andere Person ernsthaft als Täter in Betracht komme. Allein die theoretische Möglichkeit der Täterschaft eines anderen sei nicht ausreichend, zumal nach dem Beklagtenvortrag letztlich niemand als Täter in Betracht komme. Der Beklage sei seinen Nachforschungspflichten nicht hinreichend nachgekommen.



Die Klägerin beantragt,
1. den Beklagten zu verurteilen, an sie einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 600,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 15.11.2013 zu zahlen, sowie
2. den Beklagten zu verurteilen, an sie außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 506,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 15.11.2013 zu zahlen.



Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Der Beklagte bestreitet die Aktivlegitimation der Klägerin und erhebt die Einrede der Verjährung und Verwirkung etwaiger Ansprüche bezüglich des xx.xx.2011. Der Beklagte bestreitet, den streitgegenständlichen Film zum Download angeboten zu haben. Der Film habe sich weder auf seinem Computer befunden, noch sei er in Filesharing-Netzwerken aktiv gewesen. Der Beklagte trägt weiter vor, er selbst sei im streitgegenständlichen Zeitraum am xx.xx.2011 nicht Zuhause gewesen, sondern bei seiner Arbeitsstelle. Der Beklagte behauptet ferner, der streitgegenständliche Internetanschluss sei im Jahr 2011 auch von seiner Ehefrau sowie seinen beiden Söhnen genutzt worden. Der Internetanschluss sei abends stets ausgeschaltet worden. Seine Frau und er hätten ihre beiden Söhne zudem bereits vor Erhalt der Abmahnung darüber belehrt, dass sie die Nutzung von Internettauschbörsen zu unterlassen hätten.

Die Klägerin hat am xx.xx.2014 einen Mahnbescheid über 600,00 EUR Schadensersatz und 506,00 EUR Rechtsanwaltskosten beantragt, jeweils wegen Urheberrechtsverletzung "gemäß Schreiben vom 18.04.12" (Bl. 4 d.A.). Der Beklagte hat gegen den ihm am xx.xx.2014 zugestellten Mahnbescheid am xx.xx.2014 Widerspruch erhoben. Das Gericht hat den Beklagten in der mündlichen Verhandlung am xx.xx.2015 informatorisch angehört (Bl. 155 - 156 d.A.). Das Gericht hat zudem Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom xx.xx.2015 (Bl. 159 d.A.). Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom xx.xx.2015 (Bl. 189 - 198 d.A.).



Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.



I.

Der Klägerin stehen die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche nicht zu.


1.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz. Ein solcher Anspruch ergibt sich insbesondere nicht aus § 97 Abs. 2 UrhG. Der Beklagte haftet weder als Täter oder Teilnehmer noch als Störer für die behauptete Rechtsverletzung. Vor diesem Hintergrund kann dahingestellt bleiben, ob die Klägerin - was der Beklagte in Abrede gestellt hat - überhaupt Aktivlegitimiert ist.

Zwar hat die Klägerin vorgetragen, der Beklagte habe die Urheberrechtsverletzung begangen. Diesen Vortrag hat der Beklagte indes in Abrede gestellt. Die Klägerin hat den ihr nach den allgemeinen Grundsätzen obliegenden Beweis (vgl. Wandtke / Bullinger, Praxiskommentar zum Urheberrecht, 2014, § 97 Rn. 14) nicht erbracht, dass der Beklagte die behauptete Urheberrechtsverletzung begangen hat.


a)

Wird über einen Internetanschluss eine Rechtsverletzung begangen, ist eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers nicht begründet, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung (auch) andere Personen den Anschluss benutzen konnten (BGHZ 200, 76 = NJW 2014, 2360 Rn. 15 - "BearShare"). In diesen Fällen trifft den Inhaber des Internetanschlusses im Hinblick auf die Frage, ob zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung andere Personen den Anschluss nutzen konnten, eine sekundäre Darlegungslast, das heißt, er muss sich entsprechend den Anforderungen des § 138 Abs. 2 ZPO zu den Behauptungen der Klägerin äußern. Der sekundären Darlegungslast genügt er nur, wenn er schlüssig vorträgt, andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen hatten selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss und kommen als Täter der Rechtsverletzung in Betracht (BGH, Urteil vom 11. Juni 2015, I ZR 75/14, Rn. 42 - "Tauschbörse III"; BGHZ 200, 76 = NJW 2014, 2360 Rn. 16, 18 - "BearShare"; BGH NJW 2061 m.w.N. - "Sommer unseres Lebens"). In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen verpflichtet (BGHZ 200, 76 = NJW 2014, 2360 Rn. 18 - "BearShare").

Im vorliegenden Fall ist der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast nachgekommen und hat die tatsächliche Vermutung erschüttert. Der Beklagte hat dargetan, dass seine Ehefrau und seine beiden Söhne den Internetanschluss zum streitgegenständlichen Zeitpunkt konkret über drei Computer und ein WLAN-Netzwerk mitbenutzt haben und dabei jeweils eigenständig und regelmäßig Zugang zu seinem Internetanschluss hatten. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme erachtet das Gericht diesen Vortrag des Beklagten gemäß § 286 Abs. 1 ZPO für wahr, zumal die Zeugen allesamt übereinstimmend und glaubhaft bestätigt haben, dass und wie - das heißt, durch welche Geräte und über welche Verbindung - der streitgegenständliche Internetanschluss des Beklagten im Jahr 2011 von der Ehefrau sowie seinen beiden Söhnen mitbenutzt wurde.

Entgegen der Auffassung der Klägerin kommen die Zeugen ungeachtet dessen ebenso als Täter der streitgegenständlichen Urheberrechtsverletzung in Betracht, dass der Beklagte angegeben hat, sie alle hätten sich zum Zeitpunkt jedenfalls der Urheberrechtsverletzung entweder bei der Arbeit oder in der Schule aufgehalten. Hierbei verkennt das Gericht nicht, dass es nicht auf die bloße Nutzungsmöglichkeit von Familienangehörigen, sondern konkret auf die Situation zum Verletzungszeitpunkt ankommt (BGH, Urteil vom 11. Juni 2015, I ZR 75/14, Rn. 39 - "Tauschbörse III") und eine pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt des Beklagten lebenden Dritten den Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast nicht genügt (BGH, Urteil vom 11. Juni 2015, I ZR 75/14. Rn. 42 - "Tauschbörse III"). Im Gegensatz zu dem vom BGH entschiedenen Fall "Tauschbörse III", in dem der Beklagte insbesondere vorgetragen hat, seine gesamte Familie habe sich im Urlaub befunden und die Stromzufuhr des Routers sei vor Reisebeginn getrennt worden, liegen die hier grundsätzlich bestehende Nutzungsmöglichkeit des Internetanschlusses der Familienmitglieder am 21. und 22.11.2011 und der konkrete behauptete Verletzungszeitraum am 22.11.2011 zeitlich eng beieinander. Die Ehefrau oder einer der Söhne hätte den frei zugänglichen Router morgens vor der Arbeit bzw. Schule ohne weiteres wieder einschalten und im konkreten Verletzungszeitraum eine Filesharing-Software benutzen können, zumal eine Anwesenheit am Computer nicht notwendig ist, um eine Filesharing Software zu nutzen und Dateien zum Download anzubieten.

Dem Beklagten oblag auch keine weitergehende Nachforschungspflicht. Insbesondere kann von dem Beklagten nicht verlangt werden, den Täter der Rechtsverletzung zu ermitteln und namentlich zu benennen (vgl. u.a. LG Braunschweig, Urteil vom 01.07.2015, GRUR-RR 2015, 522 Rn. 29, Rn. 31 m.w.N.). Die sekundäre Darlegungslast führt weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen (BGHZ 200, 76 = NJW 2014, 2360 Rn. 18 - "BearShare").

Eine Haftung des Beklagten nach § 832 Abs. 1 BGB für seinen zum streitgegenständlichen Zeitpunkt minderjährigen Sohn, dem Zeugen [Name] scheidet ebenfalls aus. Es steht schon nicht fest, dass dieser die Rechtsverletzung begangen hat. Als Täter kommen gleichermaßen die Ehefrau und der ältere Sohn in Betracht.


b)

Vor diesem Hintergrund trifft die Klägerin die Beweislast für die Frage, wer die Urheberrechtsverletzung begangen hat. Soweit die Klägerin vorgetragen hat, der Beklagte habe die Urheberrechtsverletzung begangen, ist sie beweisfällig geblieben.

Der Klägerin hat gegen den Beklagten auch keinen Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten aus § 97a Abs. 1 S. 2 UrhG a.F.

Ein solcher Anspruch setzt voraus, dass die Abmahnung berechtigt war. Wie oben festgestellt wurde, war eine Abmahnung nicht deswegen berechtigt, weil der Beklagte die Urheberrechtsverletzung als Täter begangen hat. Die Abmahnung war auch nicht deswegen berechtigt, weil die Beklagte als Störerin haftet.

Eine Abmahnung gegen einen Störer kommt gegen denjenigen in Betracht, der - ohne Täter oder Teilnehmer zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechts beiträgt (vgl. BGH NJW 2010, 2061, 2062 m. w. N. - "Sommer unseres Lebens"). Als sog. Zustandsstörer haftet derjenige, der ihm nach den Umständen des Einzelfalles zumutbare Verhaltenspflichten verletzt (vgl. BGH NJW 2010, 2061, 2062 m.w.N. "Sommer unseres Lebens"). Als solche Verhaltenspflichten kommen Prüfpflichten hinsichtlich der Sicherung eines WLAN- Netzwerks gegen die Nutzung durch Dritte sowie eine Aufsichtspflicht gegenüber minderjährigen Personen, die Zugriff auf den Internetanschluss haben, in Betracht (vgl. BGH NJW 2013, 1441 - "Morpheus").

Der Beklagte hat jedenfalls hinsichtlich seiner Ehefrau und seines volljährigen Sohnes keine Überwachungspflicht verletzt. Eine solche Störerhaftung wurde seitens der Klägerin auch nicht substantiiert vorgetragen. Gegenüber volljährigen Familienmitgliedern bestehen derartige Prüfpflichten allenfalls, wenn Anhaltspunkte für eine Rechtsgutsverletzung bestehen (vgl. BGH GRUR-RR 2012, 329, 331). Dies gilt auch für die Überlassung des Internetanschlusses an den Ehepartner (BGHZ 200, 76 = NJW 2014, 2360 Rn. 28 - "BearShare"). Das Bestehen derartiger Anhaltspunkte hat die Klägerin bereits nicht dargetan. Da der Beklagte im Rahmen der ihn treffenden sekundären Darlegungs- und Beweislast dargetan hat, dass die Rechtsverletzung auch durch seine Ehefrau und den volljährigen Sohn begangen worden sein kann, gegenüber denen ihn im konkreten Fall keine Prüf- oder Überwachungspflichten treffen, hat die Klägerin eine aufgrund der Verletzung einer Prüfpflicht gegenüber dem minderjährigen Sohn adäquat-kausal beruhenden Urheberrechtsverletzung bereits nicht dargetan.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme vom xx.xx.2015 steht zur Überzeugung des Gerichts gemäß § 286 Abs. 1 ZPO darüber hinaus fest, dass der Beklagte seiner Aufsichtspflicht gegenüber seinem damals minderjährigen Sohn [Name] nachgekommen ist. Die Zeugen haben übereinstimmend bekundet, dass sogar beide Söhne vor Erhalt der Abmahnung mehrfach darüber belehrt worden sind, im Internet vorsichtig zu sein und die Nutzung von Internettauschbörsen zu unterlassen. Die Aussagen sind glaubhaft, insbesondere da von Belehrungen auch im Zusammenhang mit konkreten Anlässen berichtet wurden. So erhielt der minderjährige Sohn mit dem Umzug nach Hessen im Jahr 2010 ein eigenes Zimmer und erstmals einen eigenen Rechner, und der ältere Sohn hatte im Internet in dieser Zeit Erfahrungen mit einem Klingelton Abo gemacht. Eine weitergehende Überwachungspflicht bestand nicht.

Eine Störerhaftung aufgrund einer Verletzung der Prüfungspflicht hinsichtlich der ausreichenden Sicherung des WLAN- Zugangs scheidet bereits deswegen aus, da unstreitig geblieben ist, dass das Netzwerk durch eine WPA2- Verschlüsselung und ein 16-stelliges Passwort ausreichend gesichert gewesen ist.

Da schon die Voraussetzungen für eine Haftung des Beklagten nicht vorliegen, kann dahinstehen, ob etwaige Ansprüche hinsichtlich des xx.xx.2011 verjährt gewesen wären.


3.

Die Zinsforderungen teilen das Schicksal der Hauptforderungen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.



Rechtsbehelfsbelehrung

Diese Entscheidung kann mit der Berufung angefochten werden. Sie ist einzulegen innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem

Landgericht Frankfurt am Main,
Gerichtsstraße 02,
60313 Frankfurt am Main.


Die Frist beginnt mit der Zustellung der in vollständiger Form abgefassten Entscheidung. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Beschwerdegegenstand 600,00 EUR übersteigt oder das Gericht die Berufung in diesem Urteil zugelassen hat. Zur Einlegung der Berufung ist berechtigt, wer durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Die Berufung wird durch Einreichung einer Berufungsschrift eingelegt. Die Berufung kann nur durch einen Rechtsanwalt eingelegt werden.



Dr. [Name]
Richter am Amtsgericht




Beglaubigt
Frankfurt am Main, den 18.12.2015
[Name], Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
(...)




~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

AG Frankfurt am Main, Urteil vom 17.12.2015, Az. 31 C 392/15 (83)

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~







LG Frankfurt am Main, Beschluss vom 02.03.2017, Az. 2-06 S 003/16



(...) 2-06 S 003/16



LANDGERICHT FRANKFURT AM MAIN

BESCHLUSS



In dem Rechtsstreit


[Name],
Klägerin und Berufungsklägerin

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldorf Frommer, Beethovenstraße 12, 80336 München,



gegen


[Name],
Beklagter und Berufungsbeklagter

Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt Markus Brehm, Deutschherrnufer 27, 60594 Frankfurt am Main,




hat das Landgericht Frankfurt am Main - 6. Zivilkammer - durch Vorsitzenden Richter am Landgericht [Name], Richterin am Landgericht Dr. [Name] und Richter am Landgericht Dr. [Name] am 02.03.2017

beschlossen:

Die Kammer beabsichtigt, die Berufung durch einen einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.





Gründe:



I.

Die Klägerin begehrt Schadensersatz und Abmahnkostenerstattung wegen des öffentlich Zugänglichmachens des Films "[Name]" im November 2011 im Wege des Filesharings.

Hinsichtlich des Sachverhalts wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast nachgekommen und die Klägerin beweisfällig für die Täterschaft des Beklagten geblieben sei. Mangels früherer Vorfälle scheide eine Störerhaftung des Beklagten für seine Ehefrau und seinen volljährigen Sohn genauso aus wie eine Störerhaftung für seinen seinerzeit minderjährigen Sohn, den der Beklagte und seine Ehefrau ordnungsgemäß belehrt hätten.

Das Urteil ist der Klägerin am xx.xx.2015 zugestellt worden. Mit bei Gericht am xx.xx.2016 eingegangenem Schriftsatz hat sie Berufung eingelegt, die sie innerhalb der bis xx.xx.2016 verlängerten Berufungsbegründungsfrist mit am xx.xx.2016 eingegangenem Schriftsatz begründet hat.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen sei. Unstreitig hätten er und seine Ehefrau bereits am Morgen der streitgegenständlichen Verletzungshandlung das Haus verlassen. Dass der über Nacht ausgestellte Router vor dem Verlassen des Hauses zur Schule bzw. zur Arbeit wieder angestellt worden sei, könne - unstreitig - ausgeschlossen werden. Sämtliche Angehörige hätten, zum Vorfall befragt, - unstreitig - ihre Verantwortlichkeit glaubhaft bestritten, woran zu zweifeln keinerlei Anlass bestehe. Danach bestehe allenfalls eine abstrakte, aber nicht die in der höchstrichterlichen Rechtsprechung geforderte konkrete Möglichkeit der Täterschaft eines haushaltsangehörigen Mitnutzers des Internetanschlusses des Beklagten.

Der Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil.



II.

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung hat nach der derzeitigen Sach- und Rechtslage keine Aussicht auf Erfolg.

Auch hat die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts und eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten, so dass die weiteren Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 Ziffer 2 bis 4 ZPO ebenfalls vorliegen.

Die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 ZPO).

Das Amtsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin die Beweislast für eine Täterschaft des beklagten Anschlussinhabers trifft, über dessen Internetanschluss eine Rechtsverletzung begangen wird. Den Anschlussinhaber trifft jedoch eine sekundäre Darlegungslast, der er dadurch genügt, dass er vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen verpflichtet (BGH GRUR 2014, 657 Rn. 18 - "BearShare" - Urt. v. 11.06.2016, I ZR 75/14, Rn. 37 - "Tauschbörse III") sowie zur Mitteilung, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat (BGH, Urt. v. 11.06.2016, I ZR 75/14, 42 - "Tauschbörse III"). Den Anforderungen an die sekundären Darlegungslast wird dabei allerdings die pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt des Anschlussinhabers lebenden Dritten auf seinen Internetanschluss nicht gerecht (BGH, Urt. v. 11.06.2016, I ZR 75/14, 42 - "Tauschbörse III"), so dass in einem solchen Fall die Täterschaft des Anschlussinhabers mangels ausreichenden Bestreitens unstreitig bleibt.

Das Amtsgericht hat zu Recht und mit zutreffenden Gründen entschieden, dass der Beklagte die Anforderungen an seine sekundäre Darlegungslast erfüllt hat.

Entgegen der Auffassung der Klägerin hängt die Frage, ob der Beklagte eine bloß theoretische oder eine konkrete Zugriffsmöglichkeit seiner Haushaltsangehörigen dargetan hat, nicht vom Ergebnis der Befragung der Mitbewohner und davon ab, ob der Beklagte ihr Leugnen der Verletzungshandlung für glaubwürdig hält oder nicht. Abzustellen ist vielmehr allein auf die objektiven Umstände, die der Beklagte vorgetragen hat. Danach haben alle drei neben dem Beklagten in Betracht kommenden Haushaltsangehörigen mittels eigener Computer gleichwertigen Zugriff über den Zugang des Beklagten auf das Internet gehabt. Als Besitzer eigener Computer waren sie in der Lage Tauschbörsensoftware eigenständig zu installieren und wieder zu deinstallieren. Die gleichzeitige Ortsanwesenheit des Täters ist beim Bereitstellen von Internetdownloads grundsätzlich nicht erforderlich. Ferner war der Internetzugriff der Familienmitglieder in keiner Weise beschränkt und sie müssen - wie das Amtsgericht zu Recht unterstellt hat - in der Lage gewesen sein, den ausgeschalteten Router wieder einzuschalten. Denn andernfalls käme auf der Grundlage des von der Klägerin unstreitig gestellten Vortrags bei ausgestelltem Router und Ortsabwesenheit des Beklagten gar kein Familienmitglied - auch nicht der Beklagte - als Täter in Betracht. Denn bei der vom Amtsgericht festgestellten Netzwerkinstallation war ohne laufenden Router über keinen Computer im Haus des Beklagten ein Internetzugriff möglich. Da die Klägerin erstinstanzlich zudem die korrekte Passwortsicherung des Internetzugangs unstreitig gestellt hatte, käme - bei ausgeschaltetem Router - nur eine fehlerhafte Ermittlung von IP- Adresse oder ihr zugeordnetem Internetanschluss in Betracht. Insgesamt stellt sich die Zugriffsmöglichkeit der übrigen Familienmitglieder damit keinesfalls als bloß theoretisch dar.

Eine Störerhaftung des Beklagten hat das Amtsgericht mit zutreffenden Gründen, auf die Bezug genommen wird, verneint.



III.

Die Kammer regt an, nicht zuletzt aus Kostengründen eine Rücknahme der Berufung zu prüfen.

Etwaiger neuer tatsächlicher Vortrag ist nach der ZPO ohnehin nur in sehr engen Grenzen zulässig. Darüber hinaus könnte sich die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung durch Beschluss gegebenenfalls auf die bloße Bezugnahme auf diesen Hinweis beschränken. Die Rücknahme würde zur Halbierung der Gerichtskosten zweiter Instanz führen (KV 1222).

Es wird Gelegenheit gegeben, zu diesem Hinweis binnen 3 Wochen ab Zustellung Stellung zu nehmen.


[Name]

[Name]

[Name]
(...)




~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

LG Frankfurt am Main, Beschluss vom 02.03.2017, Az. 2-06 S 003/16

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~







LG Frankfurt am Main, Beschluss vom 28.03.2017, Az. 2-06 S 003/16



(...)Frankfurt am Main, 28.03.2017

Landgericht Frankfurt am Main
6. Zivilkammer



Aktenzeichen: 2-06 S 003/16
31 C 392/15 (83) Amtsgericht Frankfurt am Main

Es wird gebeten, bei allen Eingaben das
vorstehende Aktenzeichen anzugeben




Beschluss

In dem Rechtsstreit



[Name],
Klägerin und Berufungsklägerin

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldorf Frommer Beethovenstraße 12, 80336 München



gegen


[Name],
Beklagter und Berufungsbeklagter

Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt Markus Brehm Deutschherrnufer 27, 60594 Frankfurt am Main





hat das Landgericht Frankfurt am Main - 6. Zivilkammer - durch Vorsitzenden Richter am Landgericht [Name], Richterin am Landgericht Dr. [Name] und Richter am Landgericht Dr. [Name] am 28.03.17

beschlossen:

Die Zurücknahme der Berufung hat den Verlust des Rechtsmittels zur Folge. Die Berufungsklägerin hat die durch das Rechtsmittel entstandenen Kosten zu tragen (§ 516 ZPO).


[Name]

[Name]

[Name]



Beglaubigt
Frankfurt am Main, 03.04.2017
[Name], Justizfachangestellte
Urkundsbeamtin / -beamter der Geschäftsstelle








(...) Beglaubigte Abschrift

WALDORF FROMMER Rechtsanwälte
Beethovenstraße12
80336 München

Landgericht Frankfurt am Main
Gerichtsstraße 2
60313 Frankfurt am Main
Vorab per Telefax: [Nummer]
Az. Gericht: 2-06 S 003/16
[...]
Datum: 24.03.2017



In Sachen


[Name]

gegen

[Name]




nehmen wir namens und im Auftrag der Klägerseite die Berufung zurück.



[Name], Rechtsanwalt



Beglaubigt
[Name] Rechtsanwalt
(...)


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

LG Frankfurt am Main, Beschluss vom 28.03.2017, Az. 2-06 S 003/16

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~




LG Frankfurt am Main - Beschluss vom 02.03.2017 - Az. 2-06 S 003/16,
LG Frankfurt am Main - Beschluss vom 28.03.2017 - Az. 2-06 S 003/16,
Vorinstanz: AG Frankfurt am Main - Urteil vom 17.12.2015 - Az. 31 C 392/15 (83),
Klage Waldorf Frommer,
Berufung Waldorf Frommer,
Berufungsrücknahme Waldorf Frommer,
Tele München Fernseh GmbH + Co Produktionsgesellschaft,
Film Killer Elite,
Rechtsanwalt Markus Brehm
Kanzlei Brehm,
sekundäre Darlegungslast,
https://aw3p.de/archive/2805

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#11071 Beitrag von Steffen » Mittwoch 24. Mai 2017, 18:28

Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Anschlussinhaber haftet für Rechtsverletzungen über eine Tauschbörse - Bloße Spekulationen zu Hackerangriffen sowie der Verweis auf generell Nutzungsberechtigte sind unbeachtlich (Beklagter ohne Anwalt)


18:25 Uhr



.............................................................Bild





Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmwerke. Der vor dem Amtsgericht Charlottenburg in Anspruch genommene Beklagte hatte seine eigene Täterschaft mit dem Hinweis in Abrede gestellt, Kunde diverser legaler Streamingdienste zu sein und daher kein Interesse an der streitgegenständlichen Rechtsverletzung zu haben. Neben ihm hätten auch Besucher und weitere Personen auf seinen Internetanschluss zugreifen können. Zudem hätten sich Viren bzw. Trojaner auf seinem Computer befunden. Dies habe dazu führen können, dass Dritte sich unbefugt Zugriff auf den Internetanschluss verschafft haben.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

Beethovenstraße 12 | 80336 München
Telefon: 089 / 52 05 72 10 | Telefax: 089 / 52 05 72 30
E-Mail: web@waldorf-frommer.de | Web: www.waldorf-frommer.de




Bericht

Link:
https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... eachtlich/



Urteil als PDF:

Link:
https://news.waldorf-frommer.de/wp-cont ... 365_16.pdf




Autorin:

Rechtsanwältin Anamaria Scheunemann



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Im Übrigen zweifelte der Beklagte - unter Verweis auf theoretische Fehlerquellen - auch die richtige Ermittlung der streitgegenständlichen Rechtsverletzung sowie die Zuordnung zu seinem Internetanschluss an.

Das Amtsgericht hat den pauschalen Einwänden und Spekulationen nunmehr eine Abfuhr erteilt.

Nach Auffassung des Gerichts sei von einem Anschlussinhaber zu verlangen, konkrete Anhaltspunkte beizubringen, die für Fehler bei der Ermittlung und Zuordnung oder für einen unberechtigten Fremdzugriff sprechen könnten. Der Sachvortrag des Beklagten hingegen sei wenig detailliert gewesen und habe weder einen erforderlichen zeitlichen Bezug zur Rechtsverletzung aufgewiesen, noch habe er Rückschlüsse zugelassen, dass tatsächlich Dritte unberechtigt den Internetanschluss hätten nutzen können.

"Das Argument des Beklagten, er habe im Mai 2012 erhebliche Probleme mit der Leistung gehabt, sagt für den Tatzeitraum Ende März bis April 2013 nichts aus. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem wenig detaillierten Sachvortrag, es seien Viren und Trojaner auf seinen Rechner gekommen. Weder wird das zeitlich eingegrenzt, noch bedeutet das eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, dass unbekannte Dritte den Anschluss genutzt hätten. Im Gegenteil: Wer sich die Mühe macht, einen Virus oder Trojaner auf den Rechner des Beklagten zu schleusen - was bekanntlich meist über Malware in Mails bzw. deren Anhängen geschieht - wird das kaum tun, um auch anders zugängliche TV-Folgen mehrfach anzubieten."

Auch der Vortrag des Beklagten zu den berechtigten Mitnutzern sei zu pauschal gewesen. und habe ebenfalls jeglichen Bezug zur Tatzeit und zur Rechtsverletzung vermissen lassen. Gerade dieser Bezug sei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs jedoch erforderlich gewesen.

"Der Inhaber eines Internetanschlusses wird der ihn treffenden sekundäre Darlegungslast in Bezug darauf, ob andere Personen als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen, erst gerecht, wenn er nachvollziehbar vorträgt, welche Personen mit Rücksicht auf Nutzungsverhalten, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht Gelegenheit hatten, die fragliche Verletzungshandlung ohne Wissen und Zutun des Anschlussinhabers zu begehen (Bundesgerichtshof, Urteil vom 12.Mai 2016 - I ZR 48/15 . , Rn. 34, juris)."

In der Folge greife eine Vermutung zu Lasten des Anschlussinhabers für seine eigene Täterschaft. Das Amtsgericht Charlottenburg hat den Anschlussinhaber daher antragsgemäß verurteilt.







AG Charlottenburg, Urteil vom 13.04.2017, Az. 218 C 365/16



(...) - Beglaubigte Abschrift -



Amtsgericht Charlottenburg

Im Namen des Volkes

Urteil




Geschäftsnummer: 218 C 365/16
verkündet am: 13.04.2017



In dem Rechtsstreit


[Name],
Klägerin,

- Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldorf Frommer, Beethovenstraße 12, 80336 München,-



gegen


den Herrn [Name],
Beklagten,



hat das Amtsgericht Charlottenburg, Zivilprozessabteilung 218, auf die mündliche Verhandlung vom 02.03.2017 durch die Richterin am Amtsgericht [Name]

für Recht erkannt:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 600,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.01.2016 zu zahlen.
2. Der Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin 506,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.01.2016 zu zahlen:
3. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten bleibt nachgelassen, die vorläufige Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus diesem Urteil beitreibbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht vor der Vollstreckung die Klägerin Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.





Tatbestand

Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Zahlung von Schadens- und Aufwendungsersatz wegen eines Urheberrechtsverstoßes in Anspruch.

Sie ist für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ermächtigt, im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft Ansprüche an den 2 streitgegenständlichen Folgen der TV-Serie "[Name]" in englischer Sprachfassung geltend zu machen (Anlage K 1 = Bl. 54 - 57).

In der Zeit vom [Datum] wurde durch die Fa. ipoque GmbH, jetzt Fa. Digital Forensics GmbH, ermittelt, dass über den Internetanschluss des Beklagten die beiden Folgen [Namen] über 10 verschiedene IP-Adressen zum Download angeboten wurden. Wegen der Einzelheiten der Ermittlungsergebnisse wird Bezug genommen auf die Aufstellung in der Klageschrift (Bl. 15 - 19). Aufgrund der Beschlüsse des LG [Name] hatte die [Name] jeweils den Beklagten als Anschlussinhaber angegeben. Wegen der Einzelheiten der Daten wird auf die Anlagen K 2-1 (Bl. 58 - 72) und K 4-1 (Bl. 81 - 83) Bezug genommen.

Mit Schreiben vom [Datum] mahnte die Klägerin den Beklagten (Anlage K 4-1 = Bl. 38 - 43) ab.

Die Klägerin verlangt nun Schadensersatz im Wege der Lizenzanalogie in Höhe von 600,00 EUR und vorprozessuale Anwaltskosten nach einem Streitwert von 8.000,00 EUR in Höhe von 432,00 EUR.



Die Klägerin beantragt,
- wie erkannt -.



Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Der Beklagte bezweifelt, dass sein Anschluss ordnungsgemäß ermittelt worden sei und weist auf Bedenken hinsichtlich der Beachtung der Datenschutzbestimmungen hin, da sein gesamter "Traffic" dokumentiert worden sei.

Er trägt vor, er habe den Film nicht angeboten. Dies ergebe sich schon daraus, dass er als "Amazon-Prime"- und "Netflix"-Kunde jederzeit die Möglichkeit habe, die gesamte Serie herunter zu laden.

Der Beklagte behauptet, er habe im Zusammenhang mit dem Wechsel von "Alice" bzw. "O2" zu einem neuen Anbieter erhebliche Probleme mit seinem Anschluss gehabt. So hätte im Mai [Jahreszahl] über Wochen nur ein geringer Prozentsatz der vereinbarten Übertragungsleistung zur Verfügung gestanden. Außerdem seien auf seinem Rechner Viren und Trojaner gewesen, ohne dass er überhaupt etwas herunter geladen gehabt hätte. Er habe mehrmals Antivirus-Programme anwenden müssen und seinen WPA-2-Schlüssel mehrfach ändern müssen, so dass Ende 2013 nur noch er selbst ihn gekannt hätte. Zudem gebe es durchaus die Möglichkeit, dass Dritte seinen Anschluss gehackt hätten.

Im Tatzeitraum seien ungefähr 8 - 9 Geräte an sein WLAN angeschlossen gewesen. Einige Personen, die in der Zeit Zugang zum Internet über seinen Anschluss gehabt hätten, hätte er bislang nicht erreichen können. Die Ehefrau und andere Verwandte / Freunde wollten nichts mit dem Rechteverstoß zu tun gehabt haben. Auf entsprechenden Hinweis hat der Beklagte 3 Personen namentlich benannt (Bl. 117). Ob und in welchem Verhältnis diese Personen zum Beklagten stehen, insbesondere, ob auch die Ehefrau benannt worden ist, wird nicht mitgeteilt.




Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist in der Sache auch begründet. Der Klägerin stehen sowohl der geltend gemachte Schadensersatzanspruch als auch der Aufwendungsersatzanspruch in vollem Umfang zu, da der Beklagte als Täter haftet.



1.

Der Beklagte haftet als Täter gemäß § 97 Abs. 2 UrhG auf Schadensersatz.


a)

Die Klägerin ist im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft unstreitig aktivlegitimiert. Dass die [Name] Rechteinhaberin ist, wurde nicht bestritten.


b)

Zwischen den Parteien ist letztlich unstreitig, dass über den Internetanschluss des Beklagten die streitgegenständlichen TV-Folgen unter 10 verschiedenen IP-Adressen zum Download angeboten worden sind.

Dabei verkennt das Gericht nicht, dass grundsätzlich sowohl die Ermittlung der IP-Adressen, als auch die Auskunft des Providers fehlerhaft sein können und es grundsätzlich auch möglich ist, dass Adressen gehackt werden.

Vorliegend spricht aber nichts für derartige Fehler, der Beklagte hat dafür jedenfalls keine Anhaltspunkte dargetan.

Für die Richtigkeit der Ermittlungen spricht vielmehr die Vielzahl der ermittelten Verstöße. Es erscheint schlechterdings ausgeschlossen, dass es auf Zufall beruhen sollte, dass die von der Klägerseite ermittelten IP-Adressen immer zum Anschluss des Beklagten führen.

Gegen einen Ermittlungsfehler des Internetanbieters spricht schon, dass dieser als Vertragspartner des Beklagte ein eigenes Interesse hat, diesen nicht zu Unrecht zu belasten, und auch hier statistisch praktisch ausgeschlossen ist, dass [Providername] sich 10 Mal geirrt hat.

Das Argument des Beklagten, er habe im [Monat] erhebliche Probleme mit der Leistung gehabt, sagt für den Tatzeitraum Ende März bis [Monat] nichts aus. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem wenig detaillierten Sachvortrag, es seien unbeabsichtigt Viren und Trojaner auf seinen Rechner gekommen. Weder wird das zeitlich eingegrenzt, noch bedeutet das eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, dass unbekannte Dritte den Anschluss genutzt hätten. Im Gegenteil: Wer sich die Mühe macht, ein Virus oder einen Trojaner auf den Rechner des Beklagten zu schleusen - was bekanntlich meist über Malware in Mails bzw. deren Anhängen geschieht - wird das kaum tun, um auch anders zugängliche TV-Folgen mehrfach anzubieten.


c)

Der Beklagte ist auch passiv-legitimiert, das heißt, der richtige Anspruchsgegner. Er haftet als Täter.


aa)

Die Klägerin trägt nach den allgemeinen Grundsätzen als Anspruchsteller die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs auf Schadensersatz und Erstattung von Abmahnkosten erfüllt sind. Danach ist es grundsätzlich ihre Sache, darzulegen und nachzuweisen, dass die Beklagte für die von ihr behauptete Urheberrechtsverletzung als Täter verantwortlich ist (BGH, Urteil vom 15. November 2012 - I ZR 74/12, GRUR 2013, 511 Rn. 32 = WRP 2013, 799 - "Morpheus"; Urteil vom 8. Januar 2014 - I ZR 169/12, BGHZ 200, 76 Rn. 14 - "BearShare"). Allerdings spricht eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen diesen Internetanschluss benutzen konnten. Eine die tatsächliche Vermutung ausschließende Nützungsmöglichkeit Dritter ist anzunehmen, wenn der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde. In diesen Fällen trifft den Inhaber des Internetanschlusses jedoch eine sekundäre Darlegungslast. Diese führt zwar weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 Abs. 1 und 2 ZPO) hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen: Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast vielmehr dadurch, dass er dazu vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen verpflichtet. Entspricht der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast, ist es wieder Sache der Klägerseite als Anspruchsteller, die für eine Haftung des Beklagten als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen (BGHZ 200, 76 Rn. 15 ff. - "BearShare", m.w.N.; BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 75/14 -, Rn. 37, juris).

Diese Vermutung hat der Beklagte nicht erschüttert. Er selbst hatte grundsätzlich durchaus Zugriff auf seinen Computer und hat ihn auch nach seinen Angaben im Tatzeitraum genutzt.


cc)

Der Beklagte ist seiner sekundären Darlegungslast (vgl. BGHZ 185, 330 Rdnr. 12 - Sommer unseres Lebens) nicht nachgekommen. Dass weitere Nutzer im Tatzeitraum in Betracht kämen, hat er nicht konkret vorgetragen. Damit greift die Vermutung, sie selbst sei es gewesen.


(1)

Den Prozessgegner der primär darlegungsbelasteten Partei trifft in der Regel eine sekundäre Darlegungslast, wenn' die primär darlegungsbelastete Partei keine nähere Kenntnis_der maßgeblichen Umstände und auch keine Möglichkeit zur weiteren Sachverhaltsaufklärung hat, während dem Prozessgegner nähere Angaben dazu ohne weiteres möglich und zumutbar sind (vgl. BGH GRUR 2012, 602 Rn. 23 - "Vorschaubilder II", m.w.N.). Diese Voraussetzung ist im Verhältnis zwischen der primär darlegungsbelasteten Klägerin und dem Beklagten als Anschlussinhaber im Blick auf die Nutzung des Internetanschlusses erfüllt.


(2)

Die sekundäre Darlegungslast führt weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast dadurch, dass er vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen (BGHZ 200, 76 - BearShare - , zitiert nach juris, dort Rdnr. 18). In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen verpflichtet (BGH a.a.O.). Wenn aber die Beklagtenseite nicht darlegt, dass andere Personen im Tatzeitraum selbständig Zugang zum Internetzugang hatten und deshalb als Täter der geltend gemachten Rechtsverletzung in Betracht kommen, dann greift wieder die tatsächliche Vermutung der Täterschaft (BGH Urteil vom 11.06.2015 AZ I ZR 75/14- "Tauschbörse III" - zitiert nach juris, dort Rdnr. 42). In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat. Die pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt lebenden oder gar sonstigen Dritten auf den Internetanschluss genügt hierbei nicht. Entspricht der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast, ist es wieder Sache der Klägerin als Anspruchstellerin, die für eine Haftung des Beklagten als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen (BGH, Urteil vom 06. Oktober 2016 - I ZR 154/15 -, Rn. 15, juris). Der Inhaber eines Internetanschlusses wird der ihn treffenden sekundären Darlegungslast in Bezug darauf, ob andere Personen als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen, erst gerecht, wenn er nachvollziehbar vorträgt, welche Personen mit Rücksicht auf Nutzerverhalten, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht Gelegenheit hatten, die fragliche Verletzungshandlung ohne Wissen und Zutun des Anschlussinhabers zu begehen (BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 - I ZR 48/15 -, Rn. 34, juris).

Dass der Beklagte solche Nachforschungen angestellt hätte - beispielsweise durch Überprüfung seines Computers auf entsprechende Software, durch Befragen der Ehefrau und der Verwandten / Freunde oder Überprüfung des Routers, vor allem des Routerprotokolls, hat er nicht vorgetragen.

Zur Nutzung seitens der Ehefrau trägt er trotz Hinweises durch das Gericht weder deren Namen vor, noch macht er irgendwelche Angaben zu deren üblicher Nutzung seines Internetzugangs oder gar im Tatzeitraum. Ob sich ihr Name unter den im Schreiben vom 14.01.2017 befindet, ist unklar. Ob und wann die dort benannten Personen Zugang zum Internetanschluss des Beklagten hatten, ist nicht vorgetragen. Es scheint außerdem noch weitere Personen gegeben zu haben, die den Anschluss des Beklagten nutzen ("mindestens die folgenden Nutzer"). Ob tatsächlich alle diese Personen als Täter in Betracht kommen, erschließt sich ebenfalls nicht. Der Beklagte macht keine Angaben dazu, in welchem Zeitraum sich diese Personen überhaupt bei ihm aufgehalten haben.

Zur Überprüfung seines eigenen Computers teilt er nur mit, dass er dort Viren und Trojaner gehabt habe. Um welche es sich gehandelt haben soll, sagt er nicht, auch nicht, wann er sie jeweils entdeckt und gelöscht habe.

Hinsichtlich des Routers (welcher, welche Verschlüsselung, welches Passwort) und dessen Überprüfung gibt es überhaupt keinen Sachvortrag. Auch die Angaben des Beklagten zu Schwierigkeiten und eventuellen Sicherheitslücken mit seinem Internetanschluss stehen seiner Haftung als Täter nicht entgegen. Denn der Beklagte hat gerade nicht dargetan, dass sein Router zur Tatzeit so unsicher gewesen wäre, dass die Nutzung durch einen unbekannt gebliebenen Dritten ernsthaft in Betracht käme. Der entsprechende Sachvortrag des Beklagten ist nicht hinreichend substantiiert. Dabei verkennt das Gericht nicht, dass es im Laufe der Jahre durchaus Sicherheitslücken bei Routern gibt, über die dann in den Medien berichtet wird und die von den Diensteanbietern durch entsprechende Software-Updates beseitigt werden. Ob und was hier im Tatzeitraum von Belang gewesen sein soll, trägt der Beklagte nicht vor. Minderleistungen sind jedenfalls für sich genommen kein Hinweis auf eine Sicherheitslücke.


c)

Durch die Rechtsverletzungen ist der Klägerin ein Schaden - berechnet nach der Lizenzanalogie - in Höhe von 2 x 300,-, insgesamt also 600,00 EUR entstanden. Die Festlegung der Höhe beruht auf einer Schätzung des Gerichts gemäß § 287 ZPO.

Der Rechteinhaber hat zunächst die Wahl, wie er den ihm entstandenen Schaden berechnet wissen möchte,. An diese Wahl ist das Gericht gebunden. Die Klägerin hat sich insoweit auf die Berechnung nach der Lizenzanalogie berufen. Demnach ist der Schaden danach zu bemessen, was vernünftige Parteien bei Abschluss eines Lizenzvertrages in Kenntnis der wahren Rechtslage und der Umstände des Einzelfalls als angemessenes Lizenzentgelt vereinbart hätten (Dreier / Schulze UrhG 4. Aufl., § 97 Rdnr. 61), ohne dass es darauf ankäme, ob der Rechteinhaber überhaupt zum Abschluss eines solchen Vertrages bereit gewesen wäre.

Vorliegend ist insoweit zu berücksichtigen, dass schon wegen der fehlenden Begrenzbarkeit der Weitergabe der TV-Folgen die Klägerin keinesfalls bereit gewesen wäre, die kostenlose Weitergabe im Internet zu lizenzieren. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass - theoretisch - jeder Tauschbörsenteilnehmer entdeckt und auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden könnte. Maßgeblich ist weiter, dass der Film mit einigem finanziellen Aufwand, insbesondere unter Einsatz eines weithin bekannten Hauptdarstellers hergestellt worden ist und sich zum Zeitpunkt der Rechtsverletzungen in der eigentlichen Verwertungsphase befand. Da es sich um die englischsprachige Fassung handelte, geht es auch nicht um eine Nutzung noch vor Erstausstrahlung im TV. Die englischsprachige Fassung war jedenfalls in den USA bereits 3 Monate zuvor ausgestrahlt worden. Darauf, ob von Deutschland aus nur mit Schwierigkeiten darauf zugegriffenen werden konnte, erscheint für die Schadensbemessung von eher untergeordneter Bedeutung. Berücksichtigt wurde schließlich, dass die Klägerin vorprozessual einen Schadensersatzanspruch von 300,00 EUR geltend gemacht hat.



2.

Der Beklagte haftet als Täter auch auf Aufwendungsersatz in Höhe von 432,00 EUR nach § 97a Abs. 1 Satz 2 UrhG.

Grundsätzlich kann der Aufwendungsersatz für eine anwaltliche Abmahnung anhand RVG berechnet werden (BGH Urteil vom 11.06.2015 AZ 1 ZR 75/14 - "Tauschbörse III" - zitiert nach der Mitteilung der Pressestelle des BGH Nr. 92/2015).

Die Berechnung ist auch nicht zu beanstanden. Der Gegenstandswert für den Anspruch auf Unterlassung bzgl. der streitgegenständlichen beiden TV-Folgen ist mit je 4.000,00 EUR, insgesamt also 8.000,00 EUR anzusetzen. Maßgeblich ist das Interesse der Klägerin an der Unterlassung. Und dieses schätzt das Gericht auf den angegebenen Betrag.

Die in Ansatz gebrachte 1,0fache Gebühr ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Das gilt auch unter. Berücksichtigung der Tatsache, dass die klägerischen Prozessbevollmächtigten nach Auffassung des Beklagten "industriell" Abmahnungen versenden sollen. Bei einer Vielzahl von Verstößen kommt es eben auch zu entsprechend vielen Abmahnungen. Das ändert aber nichts daran, dass jeder einzelnen wieder umfangreiche Prüfungen vorauszugehen haben, 'damit unter Nutzung entsprechender Sachkunde und Erfahrung das jeweilige Schreiben aufgesetzt werden kann.

Das Gericht hat die Berechnung überprüft, sie ist ordnungsgemäß erfolgt.



3.

Nach alle dem besteht Anspruch auf Schadens- der Aufwendungsersatz in zuerkannter Höhe. Beide Forderungen sind gemäß § 288, 291 BGB zu verzinsen.



4.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.


Streitwert: 1.032,00 EUR




Rechtsbehelfsbelehrung



I.

Gegen die Entscheidung können Sie unter bestimmten Voraussetzungen Berufung einlegen, wenn Sie durch die Entscheidung in Ihren Rechten beeinträchtigt sind.


1. Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit Sie Berufung einlegen können?

Der Wert des Beschwerdegegenstandes muss 600,00 EUR übersteigen
oder
Die Berufung ist vom Gericht, das die Entscheidung getroffen hat, zugelassen worden.


2. Müssen Sie sich anwaltlich vertreten lassen?

Im Berufungsverfahren müssen Sie sich von einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt vertreten lassen.

Dies gilt für das Einlegen der Berufung und die Begründung.


3. In welcher Form und bei welchem Gericht können Sie Berufung einlegen?

Die Berufung muss schriftlich durch Ihre Rechtsanwältin oder Ihren Rechtsanwalt beim

Landgericht Berlin
Littenstraße 12-17
10179 Berlin


oder

Landgericht Berlin
Tegeler Weg 17-21
10589 Berlin


oder

Landgericht Berlin,
Turmstraße 91,
10559 Berlin


eingelegt werden.

Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt wird.

Die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift müssen von Ihrer Rechtsanwältin / Ihrem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Der Schriftsatz ist in deutscher Sprache zu verfassen.


4. Welche Fristen sind zu beachten?

Die Berufung ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem oben genannten Gericht einzulegen.

Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Verkündung der Entscheidung, wenn die Entscheidung nicht zugestellt werden konnte.

Die Berufungsschrift muss innerhalb der Frist beim Gericht eingegangen sein.

Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, innerhalb von zwei Monaten schriftlich zu begründen.

Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.



II.

Gegen die Entscheidung, mit der der Streitwert festgesetzt worden ist, können Sie unter bestimmten Voraussetzungen Beschwerde einlegen.


1. Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit Sie Beschwerde einlegen können?

Der Wert des Beschwerdegegenstandes muss 200,00 EUR übersteigen
oder
Die Beschwerde muss vom Gericht, das die Entscheidung getroffen hat, zugelassen worden sein.


2. In welcher Form und bei welchen Gericht können Sie Beschwerde einlegen?

Die Beschwerde ist beim

Amtsgericht Charlottenburg
Amtsgerichtsplatz 1
14057 Berlin


einzulegen, entweder


a) mündlich, durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle bei dem oben genannten Gericht oder bei jedem anderen Amtsgericht
oder
b) schriftlich, durch Übersendung eines Schriftsatzes. Ihren Schriftsatz müssen Sie in deutscher Sprache verfassen.


3. Welche Fristen müssen Sie einhalten?

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten einzulegen.

Die Frist beginnt mit dem Eintreten der Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache oder der anderweitigen Erledigung des Verfahrens.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf der sechsmonatigen Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tag nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.

Bitte beachten Sie bei mündlicher Einlegung der Beschwerde bei einem anderen Amtsgericht als dem oben genannten, dass die Frist nur gewahrt ist, wenn das Protokoll rechtzeitig bei dem oben genannten Gericht eingeht.


4. Müssen Sie sich anwaltlich vertreten lassen?

Sie müssen sich nicht anwaltlich vertreten lassen.



[Name]
Richterin am Amtsgericht



Für die Richtigkeit der Abschrift
Berlin, den 13.04.2017

[Name], Justizbeschäftigte
Durch maschinelle Bearbeitung beglaubigt - ohne Unterschrift gültig. (...)






~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



AG Charlottenburg, Urteil vom 13.04.2017, Az. 218 C 365/16,
Waldorf Frommer Rechtsanwälte,
Klage Waldorf Frommer,
Rechtsanwältin Anamaria Scheunemann,
Viren,
Trojaner,
pauschales Bestreiten,
sekundäre Darlegungslast,
Beklagter ohne Anwalt

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#11072 Beitrag von Steffen » Donnerstag 25. Mai 2017, 18:30

Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Ehemann als Täter ausgeschlossen - Das Amtsgericht Leipzig verurteilt Anschlussinhaberin antragsgemäß zur Zahlung von 1.106,00 EUR wegen illegaler Tauschbörsennutzung - Beklagtenseite legt Berufung ein!


18:25 Uhr



.............................................................Bild




Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen. Die beklagte Anschlussinhaberin hatte im Rahmen der gerichtlichen Auseinandersetzung die Begehung der streitgegenständlichen Rechtsverletzung abgestritten und behauptet, dass sie den einzigen im Haushalt befindlichen Computer gar nicht nutzen würde. Dieser würde ausschließlich von ihrem Ehemann genutzt werden. Allerdings habe auch der Ehemann die streitgegenständliche Rechtsverletzung nicht begangen, da er weder im streitgegenständlichen Zeitraum noch zu einem anderen Zeitpunkt Tauschbörsen genutzt habe. Weitere berechtigte Anschlussnutzer habe es nicht gegeben. Im Übrigen wurde beklagtenseitig pauschal die Richtigkeit und Zuverlässigkeit der Ermittlung der Rechtsverletzung und deren Zuordnung zum Internetanschluss bestritten.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

Beethovenstraße 12 | 80336 München
Telefon: 089 / 52 05 72 10 | Telefax: 089 / 52 05 72 30
E-Mail: web@waldorf-frommer.de | Web: www.waldorf-frommer.de




Bericht

Link:
https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... ennutzung/


Urteil als PDF:

Link:
https://news.waldorf-frommer.de/wp-cont ... 361_16.pdf




Autor:

Rechtsanwalt David Appel



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Das Amtsgericht Leipzig hat der Klage vollumfänglich stattgegeben und die Anschlussinhaberin zur Zahlung von Schadensersatz, der Rechtsverfolgungskosten sowie der gesamten Verfahrenskosten verurteilt.

In seiner Begründung führte das Amtsgericht Leipzig zu der bestritten Ermittlung und Zuordnung zunächst wie folgt aus:

"Nach der Rechtsprechung ist die fehlerhafte Ermittlung und Zuordnung des Rechtsverstoßes zum Internetanschluss der Beklagten ausgeschlossen bei mehrfach festgestellten gleichartigen Verstößen, die die gleiche Datei betreffen. Dass alle diese von der Klägerin festgestellten Ermittlungsergebnisse zu einer Vielzahl unterschiedlicher Zeitpunkte, die jedoch zu gleich alle die Beklagte betreffen und auch die gleiche Datei, fehlerhaft sein sollen ist ausgeschlossen, so dass das bloße Behaupten von Fehlern bei der technischen Ermittlung nicht zu Zweifeln an der Richtigkeit der Anschlussidentifizierung führt. Damit war ohne Beweiserhebung davon auszugehen, dass die Rechtsverletzung über den Internetanschluss der Beklagten begangen wurde (OLG Köln, Urteil vom 16.05.2012, Az. 6 U 239/12)."


Vor dem Hintergrund, dass die Rechtsverletzung also tatsächlich über den Internetanschluss der Beklagten erfolgte, habe sie "ihre Täterschaft nicht hinreichend bestritten".

"Hier hat die Beklagte lediglich pauschal vorgetragen, einen im Haus vorhandenen PC selbst nicht zu nutzen. Andere Täter der Rechtsverletzung kommen nach dem Sachvortrag der Beklagten jedoch nicht in Betracht."


Denn zwischen den Parteien war im Hinblick auf den Ehemann der Beklagten "unstreitig, dass der Zeuge den Rechtsverstoß nicht begangen hat." Abschließend kam das Gericht unter umfassender Würdigung der gesamten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu dem Ergebnis, dass der beklagtenseitig erbrachte Vortrag nicht zur Erfüllung der sekundären Darlegungslast genüge:

"Vielmehr geht das Gericht davon aus, dass andere Personen den Urheberrechtsverstoß nicht begangen haben sondern vielmehr die Beklagte selbst. Unter Berücksichtigung der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aus den Entscheidungen vom 12.05.2010 ("Sommer unseres Lebens ") sowie vom 15.11.2012 ("Morpheus") sowie vom 08.01.2014 ("BearShare"), vom 12.05.2016 ("Everytime we touch"), vom 11.06.2015 ("Tauschbörse I-III "), vom 06.10.2016 ("Afterlife") und vom 30.03.2017 ("Loud") ist davon auszugehen, dass die Beklagte als Anschlussinhaber die sekundäre Darlegungslast trägt. Dieser entspricht sie dadurch, dass sie im Rahmen des Zumutbaren auch Nachforschungen anstellt und einen alternativen Geschehensablauf wahrscheinlich erscheinen lässt, aus dem sich ergibt, dass allein ein anderer die Rechtsverletzung begangen haben könnte."


Im Hinblick auf den eingeklagten Lizenzschadensersatz in Höhe von 600,00 EUR und den geltend gemachten Kosten der Rechtsverfolgung in Höhe von 506,00 EUR (berechnet aus einem Gegenstandswert von 10.000,00 EUR) hatte das Gericht ebenfalls keinerlei Bedenken.


Die Beklagte hat zwischenzeitlich gegen das Urteil Berufung beim Landgericht Leipzig eingelegt.






AG Leipzig, Urteil vom 12.04.2017, Az. 102 C 7361/16


(...) Ausfertigung


Amtsgericht Leipzig

Zivilabteilung I


Aktenzeichen: 102 C 7361/16

Verkündet am: 12.04.2017

[Name], Urkundsbeamter / in der Geschäftsstelle



IM NAMEN DES VOLKES

ENDURTEIL




In dem Rechtsstreit


[Name],
- Klägerin -

Prozessbevollmächtigte: Waldorf Frommer Rechtsanwälte, Beethovenstraße 12, 80336 München,



gegen


[Name]
- Beklagte -

Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt [Name], [Straße, Nummer], 04860 Torgau,



wegen Urheberrecht



hat das Amtsgericht Leipzig durch Richter am Amtsgericht [Name] auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 09.03.2017 am 12.04.2017

für Recht erkannt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.106,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 23.10.2015 zu zahlen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch die Klägerin abwenden durch eine Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.




Beschluss:
Der Streitwert wird auf 1.106,00 EUR festgesetzt.




Tatbestand

Die Klägerin ist Lizenznehmerin und Nutzungsrechteinhaberin von Filmwerken zur Verwertung auf DVD sowie über das Internet. Am [Datum] wurde der Film [Name] über einen Internetanschluss über ein Filesharing-System mittels eines Computerprogrammes jedem Teilnehmer an dem sogenannten Tauschbörsensystem über das Internet kostenlos angeboten in der Form, dass Dritte den Film als Datei im Internet herunterladen und sich abspeichern konnten. Somit wurde der Film weltweit öffentlich zugänglich gemacht. Die von der Klägerin veranlassten Ermittlungen über den Inhaber dieses Internetanschlusses ergaben, dass dieser der Beklagten zuzuordnen sei.

Mit Abmahnschreiben vom [Datum] wurde die Beklagte aufgefordert, die Rechtsverletzung des öffentlichen Angebotes zum kostenlosen Zugriff auf diese Filmdatei zu unterlassen.

Das öffentliche Angebot von Filmdateien über Filesharing-Systeme setzt das Vorhandensein eines entsprechenden Computerprogrammes auf dem Computer des jeweiligen Anbieters voraus.

Der im Haushalt lebende Ehemann der Beklagten hat die Rechtsverletzung nicht begangen. Weitere Personen im Haushalt der Beklagten, die zum fraglichen Zeitpunkt Zugriff auf den Internetanschluss der Beklagten hätte nehmen können, waren nicht vorhanden.

Von der Klägerin wurden 2 weitere gleichgelagerte Verstöße über den Internetanschluss der Beklagten ermittelt.



Die Klägerin trägt vor,

die von ihr veranlassten Ermittlungen über die Personen des Anschlussinhabers des Internetanschlusses über welchen die Rechtsverletzungen begangen wurden, seien zutreffend. Die Rechtsverletzung sei damit über den Internetanschluss der Beklagten begangen worden. Es sei daher davon auszugehen, dass die Beklagte diejenige Person gewesen ist, die den Film zum Herunterladen für Jedermann auf ihrem Computer bereitgestellt hat.

Dem Abmahnschreiben der Klägerin war ein Streitwert von 10.000,00 EUR zu Grunde zu legen. Der Klägerin sei darüber hinaus ein Schaden von bis zu 600,00 EUR dadurch entstanden, dass das Filmwerk weltweit zugänglich gemacht und angeboten worden ist.


Die Beklagtenseite wird verurteilt, an die Klägerseite
1. Einen angemessenen Schadenersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 600,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 23.10.2015 sowie
2. 506,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 23.10.15 zu zahlen.



Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.


Sie trägt hierzu vor,

Der Beklagten sei der streitgegenständliche Film unbekannt. Sie habe diesen nicht über eine Internettauschbörse im Internet verbreitet.

Die Aktivlegitimation der Klägerin wird bestritten.

Im Haushalt gäbe es nur insgesamt ein internetfähiges Gerät. Dies werde von der Beklagten grundsätzlich nicht genutzt. Das Gerät sei über Kabel mit dem Internet verbunden. Darüber hinaus sendet der Internetanschluss der Beklagten auch ein WLAN-Signal aus. Dieses sei lediglich durch das werksseitig voreingestellte Passwort gesichert. Es sei daher davon auszugehen, dass unbekannte Dritte das unzureichend gesicherte WLAN-Netz des Anschlusses der Beklagten widerrechtlich genutzt hätten. In der mündlichen Verhandlung vom 09.03.2017 hat die Beklagte ergänzend vorgetragen, der Ehemann der Beklagten habe auf Nachfragen abgestritten, die Rechtsverletzung begangen zu haben.


Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die in der Akte befindlichen Schriftsätze verwiesen.



Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Der Klägerin steht gemäß § 97 Urheberrechtsgesetz i.V.m. § 823 BGB sowie §§ 19a,16 und 85 Urheberrechtsgesetz ein Schadensersatzanspruch in der im Tenor genannten Höhe zu für die ungenehmigte und öffentliche Verbreitung eine urheberrechtlich geschützten Filmes, dessen Rechteinhaber die Klägerin ist.

Die Beklagte war auch als Anschlussinhaber des Internetanschlusses anzusehen, über den die Rechtsverletzung erfolgt ist. Dies ergibt sich zum einen aus den vorgelegten Anlagen K2-K3.

Zum anderen hat die Beklagte die Richtigkeit und die Zuverlässigkeit entsprechender Ermittlungen lediglich pauschal und in theoretischen Fällen bestritten. Bereits hier erfolgt seitens der Beklagten jedoch kein substantiierter Sachvortrag zu fehlerhaften Ermittlungen, wie in anderen vergleichbaren Fällen. Die Beklagte äußert lediglich theoretische Bedenken über die technische Zuverlässigkeit der Ermittlungen. Die Beklagte hat jedoch nicht konkret ausgeführt, in welchen anderen Fällen technische Fehler zu fehlerhaften Feststellungen geführt hätten oder in welchen Fällen Mängel der Datenermittlung bei einem solchen Verfahren belegt worden seien. Die Beklagte ist darüber hinaus nicht darauf eingegangen,warum sie von einer fehlerhaften technischen Ermittlung ausgeht , obwohl seitens der überprüfenden Beauftragten der Klägerin eine Verbindung zum Computer des Beklagten über einen längeren Zeitraum hergestellt wurde im Rahmen eines Probedownloads.

Zudem geht die Beklagte auch nicht darauf ein, inwiefern sich eine fehlerhafte Ermittlung mit dem gleichen Ergebnis insgesamt in einer Mehrzahl von Fällen wiederholen könnte. Die Klägerin hat insoweit vorgetragen, dass neben dem streitgegenständlichen Verstoß zwei gleichartige Verstöße über den Internetanschluss der Beklagten festgestellt wurden am [Datum].

Im Falle einer fehlerhaften technischen Ermittlung hätte sich der identische Fehler mehrfach wiederholen müssen, was zunächst ohne weiteren Sachvortrag der Beklagten ausgeschlossen erscheint (vgl. OLG Köln Urteil vom 02.08.2013 , Az. 6 U 10/13 ). Die Verstöße selbst waren auch nicht bestritten.

Nach der Rechtsprechung ist die fehlerhafte Ermittlung und Zuordnung des Rechtsverstoßes zum Internetanschluss der Beklagten ausgeschlossen bei mehrfach festgestellten gleichartigen Verstößen, die die gleiche Datei betreffen. Dass alle diese von der Klägerin festgestellten Ermittlungsergebnisse zu einer Vielzahl unterschiedlicher Zeitpunkte, die jedoch zu gleich alle die Beklagte betreffen und auch die gleiche Datei fehlerhaft sein sollen ist ausgeschlossen, so dass das bloße Behaupten von Fehlern bei der technischen Ermittlung nicht zu Zweifeln an der Richtigkeit der Anschlussidentifizierung führt. Damit war ohne Beweiserhebung davon auszugehen, dass die Rechtsverletzung über den Internetanschluss der Beklagten begangen wurde (vgl. OLG Köln, Urteil vom 16.05.2012, Az. 6 U 239/12).

Hinsichtlich der diesbezüglichen Rechtsverletzung hat die Beklagte ihre Täterschaft nicht hinreichend bestritten.

Nach der herrschenden Rechtsprechung besteht eine widerlegliche Vermutung zu Gunsten der Klägerin, dass diese Person für die Rechtsverletzung verantwortlich ist, der der jeweilige Internetanschluss auch zum Tatzeitpunkt zuzuordnen war (vgl. BGH, Urt. v. 12.05.2010, I ZR 121/08). Die Beklagte hat daher die ernsthafte Möglichkeit eines abweichenden Geschehensablaufes darzulegen, der von den o.g. Erfahrungssatz der Lebenserfahrung abweicht. Der Sachvortrag der bloßen und theoretischen Zugriffsmöglichkeit Dritter auf den genannten Internetanschluss reicht hierzu nicht aus. Vielmehr ist ein konkreter Sachvortrag, sowohl bezogen auf die genannten Tatzeitpunkte als auch bezogen auf das allgemeine Benutzerverhalten, erforderlich (vgl. auch LG Leipzig Urteil vom 18.11.2016, Az. 05 S 203/16 und Urteil vom 24.08.2016, Az. 05 S 450/16).

Hier hat die Beklagte lediglich pauschal vorgetragen, einen im Haus vorhandenen PC selbst nicht zu nutzen. Andere Täter der Rechtsverletzung kommen nach dem Sachvortrag der Beklagten jedoch nicht in Betracht. Weitere Umstände, die auf einen unberechtigten Internetzugriff durch unbekannte Dritte hinweisen, wurden nicht vorgetragen. Weitere Umstände der Internetnutzung im Haus wurden ebenso nicht vorgetragen.

Weiterer Sachvortrag fehlt jedoch. Auf Nachfragen im Termin konnte die Beklagte keinerlei konkrete Angaben machen. Die nach der Rechtsprechung erforderlichen Nachforschungen im Hinblick auf mögliche Täter der Rechtsverletzung und Nachforschungen im Bezug auf den streitgegenständlichen Sachverhalt sind von der Beklagten nicht eingeleitet worden. Hierzu wäre die Beklagte jedoch vielmehr bereits bei Erhalt der Abmahnung angehalten und in der Lage gewesen. Zu diesem Zeitpunkt, lediglich 2 Wochen nach dem behaupteten Rechtsverstoß, wären dem Beklagten mutmaßlich auch inhaltliche Angaben möglich gewesen.

Die Beklagte hat erst verspätet im Haupttermin und ohne Beweisangebot vorgetragen, den im Haushalt lebenden Ehemann zum Rechtsverstoß befragt zu haben. Wann diese Nachforschungen angestellt wurden, wurde nicht vorgetragen. Zu weiteren Nachforschungen, insbesondere in Bezug auf unberechtigte Internetzugriffe durch Dritte wurde sowohl in inhaltlicher als auch in zeitlicher Hinsicht nichts vorgetragen.

Des Weiteren hat die Beklagte auch keinerlei Angaben zur Internetnutzung der Haushaltsangehörigen gemacht und auch über die technischen Voraussetzungen der Internetnutzung und die hierzu erforderlichen Geräte konnten keine konkreten Angaben gemacht werden, auch auf Nachfrage im Termin erfolgten lediglich oberflächliche und pauschale Angaben.

Insofern war dem angebotenem Beweis nicht nachzugehen, der ausschließlich die theoretische Zugriffsmöglichkeit zum Internetanschluss der Beklagten durch den Zeugen zum Gegenstand hatte.

Daneben war jedoch unstreitig, dass der Zeuge den Rechtsverstoß nicht begangen hat. Konkreter Sachvortrag zu den eigenen Wahrnehmungen des Zeugen zur Internetnutzung der Beklagten fehlt hingegen. Aufgrund welcher Umstände der Zeuge zum Beweisthema der fehlenden Internetnutzung Angaben machen könne, wurde nicht vorgetragen. Insbesondere ist davon auszugehen, dass der Zeuge nicht vollumfänglich über 24 Stunden am Tag wahlweise den Computer oder die Beklagte überwacht und insofern die Internetnutzung durch die Beklagte ausschließen kann. Entsprechende Umstände sind jedenfalls von der Beklagten nicht vorgetragen worden. Ebenso fehlt Sachvortrag der Beklagten zum Aufenthaltsort zum fraglichen Zeitpunkt des Rechtsverstoßes sowie zum Aufenthaltsort des Zeugen oder zu der Frage, ob der Zeuge zum fraglichen Zeitpunkt den Computer genutzt habe. Mangels eines konkreten unter Beweis gestellten Sachverhaltes, stellt sich das Beweisangebot als Ausforschungsbeweis dar, so dass kein Beweis zu erheben war.

Vielmehr geht das Gericht somit davon aus, dass andere Personen den Urheberrechtsverstoß nicht begangen haben sondern vielmehr die Beklagte selbst. Unter Berücksichtigung der ständigen Rechtssprechung des Bundesgerichtshofs aus den Entscheidungen vom 12.05.2010 ("Sommer unseres Lebens") sowie vom 15.11.2012 ("Morpheus") sowie vom 08.01.2014 ("BearShare"), vom 12.05.2016 ("Everytime we touch"), vom 11.06.2016 ("Tauschbörse I-III"), vom 06.10.2016 ("Afterlife") und vom 30.03.2017 ("Loud") ist davon auszugehen, dass die Beklagte als Anschlussinhaber die sekundäre Darlegungslast trägt. Dieser entspricht sie dadurch, dass sie im Rahmen des Zumutbaren auch Nachforschungen anstellt und einen alternativen Geschehensablauf wahrscheinlich erscheinen lässt, aus dem sich ergibt, dass allein ein anderer die Rechtsverletzung begangen haben könnte.

Ausreichende Nachforschungen über den Umstand der technischen Ermittlung ihres Internetanschlusses hat die Beklagte auch nicht angestellt. Die Beklagte konnte bereits keine konkreten Angaben dazu machen.

Aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung ergibt sich vielmehr jedoch, dass der Inhaber eines Internetanschlusses seiner sekundären Darlegungslast nicht dadurch genügt, dass er lediglich pauschal die theoretische Möglichkeit des Zugriffs von in seinem Haushalt lebenden oder anderen Dritten auf seinen Internetanschluss behauptet (vgl. BGH, Urteil v. 11.06.2015, I ZR 75/14).

Die Klägerin ist auch aktivlegitimiert. Dies ergibt sich aus der vorgelegten Anlage K 1 (vgl. hierzu auch BGH, Urteil vom 11.06.2015, I ZR 19/14).

Über das allgemeine Nutzerverhalten der Beklagten ist auch kein hinreichender Sachvortrag erfolgt, weder im Bezug auf die Nutzung von bestimmten Endgeräten noch bezogen auf den konkreten Tatzeitpunkt. Die Beklagte hat vielmehr die Rechtsverletzung und die Teilnahme an einem Filesharing-System für ihre eigene Person lediglich pauschal bestritten. Auf Rückfragen im Rahmen des Termins konnte die Beklagte keine detaillierten und insbesondere keine gesicherten Angaben machen. Die Angaben in der Klageerwiderung waren diesbezüglich oberflächlich und wenig aussagekräftig und beschränkten sich im wesentlichen darauf, dass die Beklagte die Tat bestreite (vgl. LG Leipzig, Beschluss vom 23.03.2015, Az. 05 S 591/14).

Seitens der Beklagten ist somit kein einzelfallbezogener Sachvortrag zur Rechtsverletzung in allen Fällen erfolgt. Der Sachvortrag, dass der Verstoß fehlerhaft ermittelt worden sein könnten oder, dass eine Rechtsverletzung durch andere Personen als die Beklagte möglich ist, wird nicht dadurch erfüllt, dass lediglich die vage und theoretische Möglichkeit von der Beklagten vorgetragen wird. Konkrete Umstände, die eine Rechtsverletzung durch eine andere Person, als die Beklagte wahrscheinlich erscheinen lassen, ist dabei nicht erfolgt (vgl. OLG Köln, Urteil vom 02.08.2013, Az. 6 U 10/13).

Dies ergibt sich auch aus der aktuellen Rechtssprechung der örtlich zuständigen Berufungskammer (vgl. Urteil vom 05.06.2014, Az. 05 S 620/13).

Auch danach folgt eine indizielle Vermutung dafür, dass das streitgegenständliche Filmwerk über die genannte IP-Adresse damit über den Internetanschluss des Beklagten angeboten worden ist durch die vorliegenden Anlagen K2 - K3.

Aus der Vermutung zu Lasten der Beklagten für ihre Täterschaft ergibt sich somit die Beweislast für die Beklagte, Tatsachen nachzuweisen, die einen anderen Geschehensablauf plausibel erscheinen lassen. Der Anscheinsbeweis wird dabei durch den Nachweis von Tatsachen entkräftet aus denen sich ein anderer Sachablauf ergibt. Konkrete Umstände, die die Täterschaft der Beklagten in Zweifel ziehen ,wurden jedoch ,wie oben ausgeführt, nicht nachgewiesen.

Die Beklagte ist gehalten, den von ihr selbst vorgetragenen Sachverhalt nachzuweisen, aus dem sich ergäbe, dass allein ein Dritter die Urheberrechtsverletzung begangen haben könnte. Allein aus der theoretischen Nutzungsmöglichkeit des Internetanschlusses, noch dazu ohne Bezug zum konkreten Tatzeitpunkt, ergibt sich nicht die ernsthafte Möglichkeit, dass andere Personen als der Beklagte für die Rechtsverletzung in Betracht kommen.

Die Klage ist somit dem Grunde nach, aber auch der Höhe nach begründet.

Der Klägerin steht ein Anspruch auf Kostenersatz der vorgerichtlichen Abmahnung zu. Als Gegenstandswert der Abmahnung war ein Streitwert in Höhe von 10.000,00 EUR anzunehmen (§§ 3 ZPO ,48 I GKG), da im vorliegenden Fall ein kompletter Film, zum Download für Dritte angeboten wurde. (vgl. hierzu LG Leipzig, Beschluss vom 15.01.2015, Az. 05 S 557/14).

Im Einklang mit der Rechtsprechung, insbesondere des OLG Dresden (Beschluss vom 05.11.13, Az. 14 W 348/13 betreffend ein aktuelles Musikalbum) war daher der Streitwert in Höhe von 10.000,00 EUR anzunehmen sowie der Ansatz einer 1,0 Geschäftsgebühr als für den Gegenstandswert einer urheberrechtlichen Abmahnung.

Der Klägern steht darüber hinaus ein Schadensersatzanspruch zu, den die Klägerin im Wege der Lizenzanalogie ermittelt hat und danach steht der Klägerin ein solcher Schadensersatzanspruch zu in der Höhe eines Betrages, den die Klägerin bei redlichem Erwerb der Nutzungslizenz vom Urheberrechtsverletzer erhalten hätte. Im vorliegenden Fall vertreibt die Klägerin keine Nutzungslizenzen zur Bereitstellung vollständiger Filme über das Internet zu kostenlosen Download für Jedermann. Auf der Hand liegend ist dabei aber, dass bereits beim einmaligen Verkauf einer solchen Lizenz und der sich daran anschließenden rechtmäßigen Verbreitung eines Filmes über das Internet, Verkaufsmöglichkeiten des entsprechenden Datenträgers gleichen Inhaltes nahezu ausgeschlossen wären.

Unter Berücksichtigung dessen, was vernünftige Vertragspartner als Vergütung für eine unbegrenzte weltweite und kostenlose Downloadmöglichkeit für einen vollständigen Film vereinbart hätten, ist gern. § 287 ZPO davon auszugehen, dass dieser Betrag nahezu den gesamten finanziellen Erfolg der Produktion erreichen müsste, so dass der von der Klägerin angenommene Schadensbetrag von 600,00 EUR angemessen ist. Das Gericht hat somit im Wege der Lizenzanalogie die Schadenshöhe auf mindestens diese Höhe geschätzt (vgl. LG Leipzig, a.a.O.), wobei davon auszugehen ist, dass der Schadensbetrag auch diese Summe übersteigen könnte.

Aus dem Streitwert in Höhe von 10.000,00 EUR besteht ein Anspruch auf Abmahnkosten in Höhe von 506,00 EUR. Der Klägerin steht ein weiterer Anspruch zu auf Schadensersatz in Form gesetzlicher Zinsen ab Verzug.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.



Rechtsbehelfsbelehrungen:

1. Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt. Der Wert des Beschwerdegegenstandes ist glaubhaft zu machen.

Die Berufung muss binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich oder in elektronischer Form mit einer qualifizierten Signatur im Sinne des Signaturgesetzes beim

Landgericht Leipzig,
Harkortstraße 9,
04107 Leipzig


eingegangen sein.

Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich oder in elektronischer Form gegenüber dem Landgericht Leipzig zu begründen. Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Leipzig durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen Berufungs- und Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.


2. Soweit in diesem Urteil der Streitwert festgesetzt wurde, ist gegen diesen Beschluss das Rechtsmittel der Beschwerde für jede Partei, die durch diesen Beschluss in ihren Rechten benachteiligt ist, zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt.

Die Beschwerde ist schriftlich oder durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle beim

Amtsgericht Leipzig,
Bernhard-Göring-Straße 64,
04275 Leipzig


einzulegen. Die Beschwerdeschrift ist zu unterzeichnen. Die Erklärung über die Beschwerde kann auch zu Protokoll der Geschäftsstelle eines jeden anderen Amtsgerichts abgegeben werden, wobei die Beschwerdefrist nur dann als gewahrt gilt, wenn die Erklärung rechtzeitig bei dem Amtsgericht Leipzig eingeht. Die Beschwerde kann auch in elektronischer Form mit einer qualifizierten elektronischen Signatur im Sinne des Signaturgesetzes eingereicht werden. Eine bloße E-Mail genügt hierfür nicht. Die Beschwerdeschrift muss die Bezeichnung des Beschlusses, gegen den sie gerichtet ist, sowie die Erklärung, dass gegen diesen Beschluss Beschwerde eingelegt werde, enthalten. Die Gerichtssprache ist deutsch.



Beschwerdefrist:

Die Beschwerde muss binnen sechs Monaten nach Rechtskraft der Hauptsache oder deren anderweitiger Erledigung bei dem Amtsgericht Leipzig eingegangen sein. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, muss sie innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses bei dem Amtsgericht Leipzig eingegangen sein. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.


[Name],
Richter am Amtsgericht



Für den Gleichlaut der Ausfertigung mit der Urschrift:
Leipzig, 18.04.2017

[Name], Justizobersekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
(...)






~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



AG Leipzig, Urteil vom 12.04.2017, Az. 102 C 7361/16,
Waldorf Frommer Rechtsanwälte,
Rechtsanwalt David Appel,
Klage Waldorf Frommer,
sekundäre Darlegungslast,
Mehrfachermittlung,
pauschales Bestreiten,
Beklagte legt Berufung ein,
Klageerwiderung oberflächlich und wenig aussagekräftig

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Steffen
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Wochenrückblick

#11073 Beitrag von Steffen » Freitag 26. Mai 2017, 21:55

------------------------------------------------------ - Abmahnwahn Deutschland - Filesharing - --------------------------------------------


DER Wochenrückblick........................Bild......................Filesharing Fälle


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Ausgabe 2017, KW 21 ..................................Initiative AW3P.............................22.05. - 28.05.2017

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AW3P: Herr Doktor Wachs. Letzte Woche wurde in einem Anwalts-Blog voll fett in durchaus lustiger Art und Weise eine abmahnende Kanzlei gerügt, weil diese statt üblicher "Faxbomben" nun Schriftsätze per E-Mail (im Anhang als PDF) versendet. Natürlich erntete der Blogger bei seinen Lesern dafür frenetischen Beifall. Er beruft sich auf den traditionellen Weg des Postwegs und verweist, dass sich in heutiger Zeit sehr viele Viren und Trojaner in Anhängen versteckten, so dass man diese Anhänge nicht öffnen braucht.

Darf ein Anwalt einen anderen Anwalt einen Schriftsatz im Anhang per E-Mail versenden; muss er diesen Anhang überhaupt öffnen (Stichpunkt: Viren / Trojaner); kann er diese sofort ungelesen löschen und kann man gegen das schändliche Vorgehen des Abmahner rechtlich bzw. berufsstandlich vorgehen - was gilt?



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Doktor Wachs: Wenn ein Anwalt eine E-Mail Adresse auf seinem Briefkopf vorhält, und er auch von Mandanten E-Mails erhalten sollte, finde ich es schon ungewöhnlich dann E-Mails einer Kanzlei nicht entgegenzunehmen.

Solange die E-Mail nicht Anhänge als ZIP- oder RAR-Archiv enthält - diese würde ich auch zurückweisen - sondern als PDF-Dokument, halte ich das Risiko bei einem guten Virenscanner für vertretbar.

Andererseits ist die unverschlüsselte Versendung von E-Mails aufgrund des geringeren Datenschutzes eine Versandmethode, welche der empfangende Anwalt zustimmen sollte. Gegen eine Versendung kann man allenfalls dann vorgehen, wenn vorher klar die Versendung über E-Mails untersagt wurde - aus welchem Grund auch immer. Ich persönlich glaube, dass die Versendung über E-Mail ohnehin mit dem Anwaltspostfach kommt und viele Mandanten wünschen auch die Versendung über E-Mail, weil es schneller geht.

Aus diesem Grund ist das eine Diskussion, die mehr unterhält als auf längere Sicht Bedeutung hat.


Ihr Rechtsanwalt Dr. Alexander Wachs


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Querbeet



1. Rechtsanwalt Markus Brehm (Frankfurt am Main): Das Landgericht Frankfurt am Main mit einer neuen Herangehensweise zur theoretischen Möglichkeit der Täterschaft bei gleichzeitigen Bestreiten der Täterschaft durch die Mitnutzer - Berufungsrücknahme durch Waldorf Frommer Rechtsanwälte (Az. 2-06 S 003/16)


LG Frankfurt am Main, Beschluss vom 28.03.2017, Az. 2-06 S 003/16

Vorinstanz:
AG Frankfurt am Main, Urteil vom 17.12.2015, Az. 31 C 392/15 (83)


Sicherlich eine Einzelfallentscheidung. Sicherlich nicht ohne Weiteres auf alle weiteren Filesharing Verfahren anwendbar. Wurde aber hier durch den Gerichtsstandort Frankfurt am Main eine interessante Ermessensgrundlage getroffen.


Ausgangslage:
a) wenn AI ortsabwesend, dann Router aus
b) AI bestreitet und benennt Mitnutzer, die ihrerseits auch bestreiten.
c) Kläger argumentiert seinerseits, das eine theoretische Möglichkeit der Täterschaft nicht ausreicht, es käme auf die konkreten Möglichkeit an

Das Landgericht Frankfurt am Main bestätigte das Urteil des Amtsgericht und sagte sinngemäß,

» Wenn für beide Parteien unstreitig feststeht, dass bei Abwesenheit des AI das Internet ausgeschaltet ist und damit niemand der benannten Mitnutzer als möglicher Täter infrage kommen kann, dann käme nur eine fehlerhafte Ermittlung von IP- Adresse oder ihr zugeordnetem Internetanschluss in Betracht. Insgesamt stellt sich die Zugriffsmöglichkeit der übrigen Familienmitglieder damit keinesfalls als bloß theoretisch dar. «



Quelle: Blog Initiative AW3P
Link: https://aw3p.de/archive/2805










2. ZPO Blog (Rastede): Recht auf Anhörung des Sachverständigen (§§ 397, 402 ZPO) darf nicht übergangen werden


OLG Hamm, Beschluss vom 19.12.2016, Az. 6 U 82/15

Jeder Partei steht gemäß §§ 397, 402 ZPO das Recht zu, einen gerichtlichen Sachverständigen persönlich zu befragen



Quelle: zpoblog.de
Link: http://www.zpoblog.de/recht-auf-anhoeru ... en-werden/










3. Kanzlei Dr. Bahr (Hamburg): Landgericht Köln - Unterlassungserklärung bei Online-Wettbewerbsverstoß ist weit auszulegen


LG Köln, Urteil vom 14.02.2017, Az. 31 S 2/16

Eine Unterlassungserklärung, in der sich der Schuldner verpflichtet, den unter einem bestimmten Link auffindbaren Webauftritt zu löschen, ist im Zweifel weit auszulegen. Auch wenn die schriftliche Verpflichtung lediglich den konkreten Link bezeichnet, ist der Schuldner nicht berechtigt, etwaige weitere Verstöße unter anderen Web-Adressen bestehen zu lassen.



Quelle:
Link: http://www.dr-bahr.com/news/unterlassun ... legen.html













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Gerichtsentscheidungen



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  • AG Charlottenburg, Urteil vom 13.04.2017, Az. 218 C 365/16 [WF gewinnen; sek. Darlegungslast; Beklagter ohne Anwalt]
  • AG Leipzig, Urteil vom 12.04.2017, Az. 102 C 7361/16 [WF gewinnen; sek. Darlegungslast; Beklagte legte Berufung ein]








Waldorf Frommer (München):



1. AG Charlottenburg, Urteil vom 13.04.2017, Az. 218 C 365/16


Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Anschlussinhaber haftet für Rechtsverletzungen über eine Tauschbörse - Bloße Spekulationen zu Hackerangriffen sowie der Verweis auf generell Nutzungsberechtigte sind unbeachtlich (Beklagter ohne Anwalt)



Quelle: Waldorf Frommer Rechtsanwälte
Link: https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... eachtlich/






2. AG Leipzig, Urteil vom 12.04.2017, Az. 102 C 7361/16


Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Ehemann als Täter ausgeschlossen - Das Amtsgericht Leipzig verurteilt Anschlussinhaberin antragsgemäß zur Zahlung von 1.106,00 EUR wegen illegaler Tauschbörsennutzung - Beklagtenseite legt Berufung ein!



Quelle: Waldorf Frommer Rechtsanwälte
Link: https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... ennutzung/














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Forenwelt





Steffen's Kurzkommentar





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O.K. Meine Aufgabe ist ja nicht irgend jemanden Brei oder Met in oder um den Bart zu schmieren, sondern meine persönliche Meinung öffentlich wiederzugeben. In meinen Augen schon zumindest schuftig gegenüber Abgemahnten, wird durch das Werbeforum - der neuerdings "Interessengemeinschaft blogge jeden Käse von WBS" - bewusst negative Gerichtsentscheidungen verschwiegen.



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Und damit man ja keine eigene Arbeit hat, wird den Fragenden veralteter Murks von (Vor-) Gestern empfohlen.



Originalzitat: IGGDAW



(...) Grundlagen der Verjährung

(...)

8. Drei oder zehn Jahre - ja was denn nu?

Bei der Frage, wie lange die Verjährungsfrist läuft, streiten sich die Geister.

Der Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten (Rechtsanwalts- und Nebenkosten) verjährt zwar unstrittig nach drei Jahren. Beim Schadensersatz herrscht jedoch Uneinigkeit unter den Rechtsgelehrten. Während manche Rechtsanwälte und auch Richter sich unter Berufung auf das BGH-Urteil I ZR 175/10 ("Bochumer Weihnachtsmarkt") für eine zehnjährige Verjährungsfrist aussprechen, gibt es mehr und mehr Urteile, die auch hier die dreijährige Regelverjährung ansetzen.

Anstoß des Streits ist der BGB-Paragraf zur ungerechtfertigten Bereicherung (§ 852 BGB), die den Verletzer bis zu zehn Jahre zur "Herausgabe des Erlangten" verpflichtet. Das angeblich Erlangte, nämlich das Vervielfältigungsrecht, kann natürlich nicht herausgegeben werden, weswegen manche Gerichte eine analoge Lizenzgebühr als Ausgleich vorschlagen - in Höhe des geforderten Schadensersatzes.

Anderen Gerichten geht das zu weit. Entweder sehen Sie überhaupt keine Bereicherung, oder allenfalls eine in Höhe des Wertes des geshareten Werkes (also z.B. 20 Euro für einen Film). Dafür lohnt es sich kaum, zu klagen, weswegen die zehnjährige Verjährungsfrist für den Schadensersatz eher eine akademische Frage ist. Bisher gibt es kaum Klagen, in denen versucht wird die übliche dreijährige Verjährung auszuhebeln.
(...)




O.K. Vielleicht ist das massenhafte Posten von WBS-Beiträgen für Neißes Potmanaise lukrativer, als umfassende Information zum Thema "Filesharing Abmahnungen" und Aktualisierung der eigenen Beiträge. Und hierbei streiten sich wahrscheinlich keine Geister.





1. Amtsgericht Charlottenburg (Urteil vom 13.04.2017, Az. 218 C 365/16)


Ein typischer Fall, wo ein hochbegabter und technisch versierter Abgemahnter schlauer als studiert Anwälte sein will und kläglich wernimanmäßig scheitert. Trotz 10 unterschiedlich ermittelten IP-Adressen, wird alles vorgetragen was theoretisch sein können, dabei fehlen die einfachsten juristischen Grundlagen (Bestreiten, substantiierter Vortrag) gänzlich.



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2. Amtsgericht Leipzig (Urteil vom 12.04.2017, Az. 102 C 7361/16)



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Mehr kann man eigentlich diesbezüglich sich nicht äußern. Nun weiß ich persönlich nicht, ob der Torgauer Prozessbevollmächtigte erst zum Termin der mündlichen Verhandlung dazustieß, ansonsten ist es definitiv kein Ruhmeszeichen, weder für den Anwalt noch für die Beklagte. Und Gipfel der strotzenden Unfähigkeit, beklagtenseits legt man auch noch Berufung ein.


Dabei war die Ausgangslage unstreitig:

Bis zur Hauptverhandlung wurde der Internetzugang durch die Beklagte nicht genutzt und man ging von Hacker aus. Zur Krönung wurden von der Klägerin zusätzlich zum Klagegegenstand 2 weitere gleichgelagerte Verstöße dem Gericht auf dem Silbertablett präsentiert. Was man eigentlich nie liest - mir bislang nicht bekannt - rügte das Amtsgericht die Qualität und Inhalt der Klageerwiderung. Erst zum mündlichen Termin, wurde dann der Mitnutzer Ehemann aus dem Zylinder gezaubert, der natürlich den Vorwurf leugnet.

Da kann man nur noch alles Glück dieser Welt im völlig unverständlichen Berufungsverfahren wünschen. Die Beklagte wird es wohl brauchen.





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Steffen Heintsch für AW3P




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Uploaded.net haftet nicht auf SE

#11074 Beitrag von Steffen » Mittwoch 31. Mai 2017, 09:34

Kanzlei Dr. Bahr (Hamburg):
Oberlandesgericht München - Sharehoster Uploaded.net haftet nicht auf Schadensersatz für fremde Urheberrechtsverletzungen



09:28 Uhr



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OLG München, Urt. v. 02.03.2017, Az. 29 U 1799/16



Vorinstanz:

LG München I, Urt. v. 10.08.2016, Az. 31 O 6197/14


(...) Der Sharehoster Uploaded.net haftet für fremde Urheberrechtsverletzungen nicht auf Schadensersatz. (...) Das LG München I hatte in solchen Fällen eine Schadensersatzpflicht bejaht. (...) Die Richter des OLG München schlossen sich im vorliegenden Fall dieser Meinung jedoch nicht an. Zwar hafte das Unternehmen auf Unterlassung, jedoch nicht auf Schadensersatz. (...)




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...





Alle Entscheidungen: Voraussetzungen der Teilnehmer- und Störerhaftung eines Sharehostingdienstes


..

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AG Charlottenburg, Az. 210 C 14/17

#11075 Beitrag von Steffen » Donnerstag 1. Juni 2017, 23:47

NIMROD RECHTSANWÄLTE Bockslaff Strahmann GbR (Berlin): Amtsgericht Charlottenburg verurteilt Anschlussinhaberin, Urteil vom 18.05.2017 zum Az. 210 C 14/17


23:45 Uhr


Das Amtsgericht Charlottenburg hat mit o.g. Urteil eine, anwaltlich vertretene, Anschlussinhaberin zur Zahlung von Schadensersatz und Erstattung der vorgerichtlichen Abmahnkosten verurteilt. Gegenstand des Verfahrens war das illegale Tauschbörsenangebot eines urheberrechtlich geschützten Spiels.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


NIMROD RECHTSANWÄLTE
Bockslaff Strahmann GbR


Emser Straße 9 | 10719 Berlin
Tel.: +49 (0) 30 544 61 793 | Fax: +49 (0) 30 544 61 794
E-Mail: info@nimrod-rechtsanwaelte.de | Internet: nimrod-rechtsanwaelte.de




Bericht

Link:
https://nimrod-rechtsanwaelte.de/2017/0 ... 10-c-1417/


Urteil als PDF:
https://nimrod-rechtsanwaelte.de/wp-con ... 551204.pdf



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Die beklagte Anschlussinhaberin bestritt die Richtigkeit der Ermittlungen. Zudem teilte sie mit, dass ihr minderjähriger Sohn und ihr Ehemann auf den Internetanschluss Zugriff hätten. Der Router habe ein kindgerechtes Profil eingerichtet gehabt und der Computer des Sohnes sei mit einer Kinderschutzsoftware versehen worden. Es habe regelmäßige Kontrollen und Belehrungen gegeben. Die Familienmitglieder hätten verneint, die Rechtsverletzung begangen zu haben.

Das Gericht hat der Klage voll umfänglich stattgeben. Zu dem Bestreiten der Richtigkeit der Ermittlungen teilte das Gericht mit, dass dies keinen Erfolg habe. Denn vom Anschluss wurden vierzehn Rechtsverletzungen mit sieben verschiedenen IP-Adressen dokumentiert. Immer wurde der Anschluss der Beklagten zugeordnet. Bei derartigen Mehrfacherfassungen sind pauschale Einwände zur Richtigkeit der Ermittlungen nicht zu berücksichtigen.

Zudem habe die Beklagte ihrer sekundären Darlegungslast nicht entsprochen. Der von der Beklagten erbrachte Sachvortrag reiche nicht für die Annahme einer ernsthaften Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs aus. Dieser erschöpfe sich lediglich darin, dass sowohl der Ehemann der Beklagten als auch der Sohn Zugang zu dem Internetanschluss gehabt hätten, die Rechtsverletzung durch den Sohn wegen zahlreicher installierter Schutz- und Kontrollmechanismen jedoch grundsätzlich auszuschließen sei und beide Personen auf Nachfrage nach Erhalt der Abmahnung die Rechtsverletzung verneint hätten.

Weitergehender Vortrag zu üblichen Nutzerverhalten fehle. Auch unter Berücksichtigung des Art. 6 Abs. 1 GG (Schutz von Ehe und Familie) sei es der Beklagten zumutbar weiteren Sachvortrag zu erbringen. Denn es hat eine Abwägung mit dem Grundrecht der Klägerin aus Art. 14 Abs. 1 GG zu erfolgen. Der Beklagten seien weitergehende Angaben möglich und zumutbar. Sie habe selbst vorgetragen der Sohn sei so stark kontrolliert worden; sie habe somit Kenntnis von dessen Nutzerverhalten haben müssen.

Eine andere Auffassung hätte das Nichtbeachten der Eigentumsrechte des Urheberrechtsinhabers zur Folge. Denn ohne weitere Anhaltspunkte würde, bei der Existenz mehrerer Familienangehöriger, praktisch zu einer Nichtverfolgbarkeit von Ansprüchen führen.






AG Charlottenburg, Urteil vom 18.05.2017, Az. 210 C 14/17



(...) - Beglaubigte Abschrift -



Amtsgericht Charlottenburg

Im Namen des Volkes

Urteil




Geschäftsnummer: 210 C 14/17

verkündet am: 18.05.2017

[Name], Justizsekretärin


In dem Rechtsstreit


[Name],
Klägerin,

- Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Nimrod, Emser Straße 9, 10719 Berlin, -



gegen


[Name],
Beklagte,

- Prozessbevollmächtigte:
[Name], -



hat das Amtsgericht Charlottenburg, Zivilprozessabteilung 210, auf die mündliche Verhandlung vom 20.04.2017 durch die Richterin am Amtsgericht [Name]

für Recht erkannt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von Anwaltskosten in Höhe von 281,30 EUR freizustellen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Schadensersatzbetrag in Höhe von 1.300,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.06.2014 zu zahlen.
3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags vorläufig vollstreckbar.





Tatbestand

Die Parteien streiten um Schadensersatz wegen einer Urheberrechtsverletzung im Internet.

Die Klägerin ist die Lizenzinhaberin des Computerspiels "Euro Truck Simulator 2". Die Klägerin beauftragte die Firma Excipio GmbH mit der Überwachung von P2P-Netzwerken. Nach den Ermittlungen dieser Firma wurde das bezeichnete Spiel in der Zeit vom 01.01.2014, 17.50.26 Uhr bis zum 08.01.2014, 21.18.31 Uhr an 14 festgestellten Zeitpunkten unter den IP-Adressen [IP's] zum Download in P2P-Netzwerken angeboten. Nach einem entsprechenden Auskunftsbeschluss des Landgerichts [Name] teilte der Provider, [Name], der Klägerin mit Schreiben vom 29.01.2014 mit, dass die sämtlichen genannten IP-Adressen zu den jeweiligen - insgesamt vierzehn - Zeitpunkten sämtlich dem Internetanschluss der Beklagten zuzuordnen seien (Anlage K 1 zum klägerischen Schriftsatz vom 15.02.2017, Bl. 17 ff. der Akten).

Die Klägerin mahnte die Beklagte mit Schreiben vom 07.02.2014 (Anlage K 2 zum klägerischen Schriftsatz vom 15.02.2017, Bl. 20 ff. der Akten) wegen dieser Rechtsverletzungen ab und forderte sie auf, einen Betrag in Höhe von 850,00 EUR als Schadensersatz und Erstattung der Abmahnkosten zu zahlen. Die Beklagte gab die Unterlassungserklärung ab, leistete jedoch keine Zahlung.



Die Klägerin trägt vor,
die Beklagte habe die Rechtsverletzungen begangen. Die Beklagte sei ihrer sekundären Darlegungspflicht nicht hinreichend nachgekommen. Denn sie hätte weder zu Erkundigungen bei dem Sohn und dem Ehemann vorgetragen noch zu deren Nutzerverhalten. Diese hätten im Zeitpunkt der Rechtsverletzungen nicht im Haushalt der Beklagten gelebt und keinen konkreten Zugriff auf den WLAN-Anschluss der Beklagten gehabt. Hierfür hat die Klägerin Beweis angetreten durch Vernehmung des [Name] als Zeugen (Bl. 43 der Akten).



Die Klägerin beantragt,
1. Die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin von Anwaltskosten in Höhe von 281,30 EUR freizustellen.
2. Die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen angemessenen Schadensersatzbetrag in einer nach dem Ermessen des Gerichts zu bestimmenden Höhe, mindestens jedoch in Höhe von 1.300,00 EUR, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit 19.06.2014 zu zahlen.



Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.



Die Beklagte trägt vor,
sie habe weder die Rechtsverletzung begangen noch Prüf- oder Sorgfaltspflichten verletzt. Die konkrete Ermittlung und Beauskunftung des Internetanschlusses der Beklagten werde bestritten. Zu den Zeitpunkten der streitgegenständlichen Rechtsverletzungen hätten ihr Ehemann, [Name], sowie ihr am xx.xx.1998 geborene Sohn [Name], im Haushalt der Beklagten gelebt. Beide hätten Zugang zu dem WLAN-Anschluss der Beklagten, welcher WPA2 gesichert gewesen sei, gehabt. Hierfür hat die Beklagte Beweis angetreten durch Vernehmung der Beklagten als Partei, hilfsweise hat sie die Parteianhörung angeboten (Bl. 100 der Akten). Die Beklagte habe den Router mit einem neuen Passwort versehen, welches allein ihr und ihrem Ehemann bekannt gewesen sei. Die WLAN-fähigen Geräte des Sohnes seien von der Beklagten eingerichtet worden, das entsprechende Passwort sei ihrem Sohn nicht bekannt gewesen. Die Beklagte habe für ihren Sohn ein kindgerechtes Profil im Router eingerichtet und es sei eine " Kinderschutzsoftware" installiert worden. Sie habe immer wieder kontrolliert, dass der Sohn den Anschluss nicht verbotswidrig nutze. Die Beklagte habe den Sohn mehrfach darüber belehrt, dass sämtliche verbotswidrige Nutzungen untersagt seien. Die Höhe des geltend gemachten Schadensersatzbetrages sei nicht begründet. Sowohl der Ehemann als auch der Sohn der Beklagten hätten, als die Beklagte diese nach Erhalt der Abmahnung, bezüglich der Rechtsverletzungen befragt habe, verneint, diese begangen zu haben.




Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist in vollem Umfang begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagten gemäß §§ 97a Absatz 1, 97 Absatz 2 UrhG einen Anspruch sowohl auf Freistellung von den Abmahnkosten in Höhe von 281,30 EUR als auch auf Zahlung des Schadensersatzes in Höhe von 1.300,00 EUR.

Nach dem Vortrag der Parteien steht es zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Beklagte als Täterin der streitgegenständlichen Rechtsverletzungen haftet.

Sofern die Beklagte bestritten hat, dass die Ermittlungen ordnungsgemäß erfolgt sind, hat sie damit keinen Erfolg. Denn das von der Klägerin beauftragte Ermittlungsunternehmen dokumentierte vierzehn Rechtsverletzung mit sieben unterschiedlichen IP-Adressen, welche sämtlich dem Internetanschluss der Beklagten zugeordnet werden konnten. Bei einer solchen Vielzahl von Rechtsverletzungen und einer großen Anzahl von unterschiedlichen dynamischen IP-Adressen, welche sämtlich demselben - zuvor unbekannten - Anschluss der Beklagten zugeordnet werden können, ist es in so hohem Maße unwahrscheinlich, dass eine falsche Ermittlung stattgefunden hat, dass dieser pauschale Einwand der Beklagten nicht zu berücksichtigen ist (vgl. OLG Köln, Urteil vom 16.05.2012, Az. 6 U 239/11, Rn. 4, zitiert nach juris).

Wenn es als feststehend anzunehmen ist, dass eine Urheberrechtsverletzung von einem bestimmten Internetanschluss aus erfolgt ist, ist eine tatsächliche Vermutung des Inhalts gegeben, dass der Inhaber des Internetanschlusses die Rechtsverletzung begangen hat (vgl. BGH, Urteil vom 12.05.2010 - I ZR 121/08 - "Sommer unseres Lebens", zitiert nach juris). Diese Vermutung wird darauf gestützt, dass es nach. der Lebenserfahrung der allgemeinen Üblichkeit entspricht, dass der Anschlussinhaber seinen Anschluss selbst nutzt, zumindest aber die Kontrolle über dessen Nutzung hat und diesen nicht für die Nutzung durch Dritte unterhält.

Um diese Vermutung zu erschüttern, muss der Anschlussinhaber im Rahmen der sogenannten sekundären Darlegungslast zu dem Umstand, dass er die Rechtsverletzung nicht begangen habe, hinreichend konkret vortragen. Dies bedeutet, dass es aufgrund der Darlegungen des Anschlussinhabers ernsthaft möglich erscheinen muss, dass nicht er, sondern eine andere Person die Rechtsverletzung begangen hat.

Zwar hat die Beklagte vorgetragen, dass sowohl ihr Ehemann als auch ihr Sohn Zugang zu dem Internetanschluss hatten. Der Vortrag der Beklagten reicht für die Annahme einer ernsthaften Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs jedoch nicht aus. Denn der Vortrag erschöpft sich darin, dass sowohl der Ehemann der Beklagten als auch der Sohn Zugang zu dem Internetanschluss zu den Tatzeiten gehabt hätten, die Rechtsverletzung durch den Sohn wegen zahlreicher installierter Schutz- und Kontrollmechanismen jedoch grundsätzlich auszuschließen sei und beide Personen auf Nachfrage nach Erhalt der Abmahnung die Rechtsverletzung verneint hätten.

Die Beklagte trägt jedoch weder zu dem sonstigen üblichen Nutzerverhalten der beiden Personen vor noch hinreichend konkret zu deren Zugriffsmöglichkeiten zu den ermittelten Tatzeiten, die sich hier über einen Zeitraum von immerhin mehr als einer Woche erstrecken. Aufgrund der sekundären Darlegungslast ist der Anschlussinhaber jedoch im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat" (BGH, Urteil vom 06.10.2016 - I ZR 154/15 - "Afterlife", Rn. 15, zitiert nach juris).

Sofern die Beklagte diesbezüglich argumentiert, es könne ihr aufgrund des Schutzes von Ehe und Familie nicht zugemutet werden, konkrete Angaben zu dem Nutzerverhalten ihrer jeweiligen Familienangehörigen zu machen, da sie sonst Gefahr liefe, einen ihrer Familienangehörigen der zivil- und / oder strafrechtlichen Verfolgung auszusetzen, folgt das Gericht dem in dieser Pauschalität nicht. Zwar berührt die sekundäre Darlegungslast den grundrechtlichen Schutz von Ehe und Familie nach Artikel 6 Absatz 1 Grundgesetz.

Auf der Seite der Klägerin sind jedoch ebenfalls Grundrechte in Form der Eigentumsrechte des Artikel 14 Absatz 1 Grundgesetz berührt, so dass es für die Entscheidung einer Abwägung im Rahmen der praktischen Konkordanz der berührten Grundrechte bedarf, bei welcher diese einen möglichst schonenden Ausgleich erfahren sollen (BGH, a.a.0. m.w.N.).

Danach ist zwar weder eine Dokumentation der jeweiligen Nutzungen eines Internetanschlusses durch die Familienangehörigen zumutbar noch eine Untersuchung des Computers des Familienangehörigen auf Filesharing-Software (vgl. BGH a.a.0.), da diese das familiäre Zusammenleben nachhaltig zu stören geeignet wären und zu einer negativen Beeinflussung des familiären Zusammengehörigkeitsgefühl führen könnten. Dies bedeutet jedoch nicht, dass jegliche Auskunft über das dem Familienangehörigen, hier der Beklagten, ohnehin bekannte übliche Nutzungsverhalten ihres Ehemannes oder ihres Sohnes oder die Auskunft über ihre diesbezüglichen Wahrnehmungen unzumutbar wäre. Dies gilt hier insbesondere auch deshalb, da die Beklagte selbst vorträgt, dass sie das Nutzerverhalten ihres Sohnes einem starken Netz von Kontrollmechanismen unterworfen hatte, so dass von diesbezüglichen Kenntnis ihrerseits ausgegangen werden muss.

Denn andernfalls wäre eine Rechtsdurchsetzung von Ansprüchen wegen urheberrechtlicher Rechtsverletzungen im Internet in nahezu jedem Fall nicht möglich, in welchem der Anschlussinhaber mit einen oder mehreren Familienmitgliedern in einem Haushalt zusammenlebt. Dies würde jedoch eine Nichtbeachtung der Eigentumsrechte des Urheberrechtsinhabers nach Artikel 14 Absatz 1 Grundgesetz im Rahmen der Grundrechtskonkordanz bedeuten. Die Angaben zu dem jeweiligen üblichen Nutzungsverhalten seiner Familienangehörigen, welches dem Anschlussinhaber jedoch ohnehin bekannt ist, sind auf der Grundlage dieser Abwägung auch deshalb zu verlangen, da es dem Rechteinhaber bei der Existenz mehrerer Familienangehöriger andernfalls nahezu unmöglich gemacht würde, Anhaltspunkte dafür zu finden, welcher der Familienangehörigen grundsätzlich als Täter in Betracht kommen könnte, um seine Ansprüche verfolgen zu können. Dies würde andernfalls praktisch zu einer Nichtverfolgbarkeit von Ansprüchen führen, die auf Rechtsverletzungen beruhen, die aus einem Familienhaushalt begangen wurden.

In diesem Zusammenhang muss auch berücksichtigt werden, dass die Beklagte als Anschlussinhaberin, welche den Internetzugang ihren Familienangehörigen zur Verfügung stellt, den Kreis der Personen, die rechtsverletzende Handlungen begehen können, erweitert und damit die Verletzungsgefahr für die Rechte der Urheberrechtsinhaber erhöht. Zwar ist dieses Verhalten der Anschlussinhaberin sozialadäquat und entspricht der Üblichkeit. Dieser Erhöhung der Gefahr von Rechtsverletzungen muss jedoch aufgrund der notwendigen grundrechtlichen Konkordanz ein Ausgleich auf Seiten der Rechteinhaber in Gestalt der genannten begrenzten Auskunftspflicht gegenübergestellt werden, welche dem Rechteinhaber die Rechtsverfolgung zumindest nicht unmöglich macht.
Ob die Beklagte ihren Sohn vor den festgestellten Rechtsverletzungen hinreichend belehrt hatte, ist nicht streitentscheidend und kann dahingestellt bleiben.

Bezüglich der Höhe der Rechtsanwaltskosten hinsichtlich derer die Freistellung verlangt werden sowie bezüglich der Höhe des verlangten lizenzanalogen Schadensersatzes bestehen keine Bedenken. Die Abmahnkosten sind gemäß § 97a UrhG auf der Grundlage des Wertes eines Unterlassungsanspruchs von 1.000,00 EUR zuzüglich des Wertes des verlangten Schadensersatzes bei einer Gebühr von 1,3 mit 281,30 EUR korrekt berechnet.

Der lizenzanalogen Schaden ist danach zu berechnen, was vernünftige Parteien bei Abschluss eines Lizenzvertrages als zu zahlenden Betrag vereinbart hätten. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass es bei dem Download-Angebot im Internet auf Internet-Tauschbörsen zu einer kostenlosen und uneingeschränkten Weiterverbreitung des Werks kommt. Angesichts dessen sowie des Umstands, dass es sich um ein nachgefragtes Spiel handelt, welchem nach wie vor ein relativ hoher Verkaufswert zukommt, ist der Betrag von 1.300,00 EUR angemessen, § 287 ZPO.

Die verlangten Zinsen sind gemäß §§ 288 Absatz 1, 286 Absatz 1 begründet.

Die prozessualen Nebenentscheidungen haben ihren Grund in §§ 91, 709 ZPO.




Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen die Entscheidung können Sie unter bestimmten Voraussetzungen Berufung einlegen, wenn Sie durch die Entscheidung in Ihren Rechten beeinträchtigt sind.


1. Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit Sie Berufung einlegen können?

Der Wert des Beschwerdegegenstandes muss 600,00 EUR übersteigen
oder
Die Berufung ist vom Gericht, das die Entscheidung getroffen hat, zugelassen worden.


2. Müssen Sie sich anwaltlich vertreten lassen?

Im Berufungsverfahren müssen Sie sich von einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt vertreten lassen.

Dies gilt für das Einlegen der Berufung und die Begründung.


3. In welcher Form und bei welchem Gericht können Sie Berufung einlegen?

Die Berufung muss schriftlich durch Ihre Rechtsanwältin oder Ihren Rechtsanwalt beim

Landgericht Berlin
Littenstraße 12-17
10179 Berlin


eingelegt werden.

Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt wird.

Die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift müssen von Ihrer Rechtsanwältin /I hrem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Der Schriftsatz ist in deutscher Sprache zu verfassen.


4. Welche Fristen sind zu beachten?

Die Berufung ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem oben genannten Gericht einzulegen.

Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Verkündung der Entscheidung, wenn die Entscheidung nicht zugestellt werden konnte.

Die Berufungsschrift muss innerhalb der Frist beim Gericht eingegangen sein.

Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, innerhalb von zwei Monaten schriftlich zu begründen.

Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.



[Name], Richterin am Amtsgericht



Für die Richtigkeit der Abschrift Berlin, den 18.05.2017
[Name], Justizsekretärin
Durch maschinelle Bearbeitung beglaubigt - ohne Unterschrift gültig.
(...)




~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

AG Charlottenburg, Urteil vom 18.05.2017, Az. 210 C 14/17,
Klage NIMROD,
Mehrfachermittlung,
14 Ermittlungsdatensätze,
NIMROD RECHTSANWÄLTE Bockslaff Strahmann GbR,
sekundäre Darlegungslast,
BGH-Entscheid "Afterlife",
Artikel 6 Absatz 1 Grundgesetz,
Artikel 14 Absatz 1 Grundgesetz

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Steffen
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#11076 Beitrag von Steffen » Freitag 2. Juni 2017, 09:30

Bayerische Staatskanzlei (Bayern.Recht): Amtsgericht München - Sekundäre Darlegungslast beim Filesharing - Fragebogen für WG-Mitbewohner (Wohngemeinschaft)


09:30 Uhr


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Bayerische Staatskanzlei

Franz-Josef-Strauß-Ring 1 | 80539 München
Postanschrift: Postfach 220011 | 80535 München
Telefon: 00 49 (0)89 2165 - 0 | E-Mail: direkt@bayern.de
Web: http://www.gesetze-bayern.de/




Urteil:

Link:
http://www.gesetze-bayern.de/Content/Do ... 53?hl=true



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



"Bayern.Recht" veröffentlichte eine interessante Entscheidung des Amtsgericht München, die nach m.E. noch nicht groß Erwähnung fand. Interessant einmal der Gerichtsstandort und andermal die mögliche Haftungsfrage in einer Wohngemeinschaft (WG). Das Amtsgericht München erteilt dem Kläger ebenso eine klare Abfuhr, dass der Anschlussinhaber persönlich "so oder so haften würde".



Abmahnfall

Der Anschlussinhaber (Wohnungsinhaber) teilte seinen Wohnraum und Internetzugang (passwortgeschütztes WLAN-Netz) ebenfalls mit weiteren 6 Mitbewohnern. 2013 erhielt der Anschlussinhaber eine Abmahnung wegen einer Urheberrechtsverletzung an einem Film der Rechteinhaberin über einem P2P-Netzwerk (ugs. "Tauschbörse"). Es wurde darauf hin eine modifizierte Unterlassungserklärung abgegeben und schriftlich gegenüber dem Abmahner angegeben, dass auf mehrmaliges Nachfragen aller Mitbenutzer das Herunterladen oder Anbieten des o.g. Filmes von allen Mitbenutzern verneint worden sei.



Der Anschlussinhaber hafte grundsätzlich so oder so

Die Antwort auf das Schreiben des Abgemahnten ist bei vielen abmahnenden Kanzleien wieder zu finden. Es wird nicht explizit auf das Vorgetragene eingegangen, sondern mit einem Textbaustein geantwortet, dass der Anschlussinhaber grundsätzlich persönlich haften würde sowie primär zivilrechtlich verantwortlich sei und die Rechtsverfolgung nur gegenüber den Anschlussinhaber erfolgen kann.

Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hatte erst kürzlich dieser generellen Vermutung, dass der Anschlussinhaber Täter einer Urheberrechtsverletzung ist, die von seinem Anschluss aus begangen worden ist und die er widerlegen oder erschüttern müsste, nur weil er Inhaber des Anschlusses ist, eine klare Abfuhr erteilt (Urteil vom 06.10.2016 - I ZR 154/15 - "Afterlife").



Anschlussinhaber legt dem Gericht das Ergebnis eines Fragebogens vor

Nach Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid, wurde dem Gericht ein Fragebogen vorgelegt. Mit diesen Fragebogen wurden weitere Auskünfte zur Befragung der Mitbewohner vorgetragen.


Das Amtsgericht München:

(...) Die Informationen in den Fragebögen sind alles, was bei verständiger Würdigung der Lage zu erwarten ist. Mittels des Fragebogens zeigte der Beklagte auf, dass er die Mitbewohner befragt hatte. Er erfragte dabei auch die verwendeten Computer, deren Betriebssysteme sowie die ggf. verwendeten Bittorrent-Software-Programme. Ebenso erfragte der Beklagte, ob die betreffenden Personen zum Tatzeitpunkt zu Hause waren. Die Frage der Anwesenheit ist zwar kein zwingendes Ausschlusskriterium, hat aber dennoch indikative Bedeutung, da zahlreiche Computermodelle bei Nichtbenutzung in den Stand-by-Modus wechseln. (...) Weiteres Tätigwerden kann vom Beklagten nicht verlangt werden. (...)

Einen Vortrag der Klägerin hinsichtlich der verspäteten Erstellung des Fragebogens erteilte das Amtsgericht München auch eine klare Abfuhr.

(...) Selbst wenn, wie die Klägerin vorträgt, dass die Erstellung des Fragebogens zu spät geschah und bei rechtzeitiger Erstellung im Jahr 2013 man hätte bessere Erkenntnisse gewinnen können, so kann die Klägerin in diesem konkreten Fall mit ihrem Einwand nicht gehört werden. Auch die Abmahnung begründet zwischen den Parteien ein Schuldverhältnis, im Zuge dessen die Parteien in gewissem Umfang verpflichtet sind, auf die jeweiligen Interessen nach Treu und Glauben Rücksicht zu nehmen, §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB. Ein solches Verhältnis besteht insbesondere im konkreten Fall deswegen, weil die Klägerin schon damals sich ihrer Rechtsanwälte bediente, die in diesem Fällen ein erheblich vertieftes Wissen haben, und daher leicht Auskunft über die konkreten Anforderungen von Ermittlungen hätten Auskunft geben können. (...)

Da die Klägerin den Beweis der Täterschaft des Anschlussinhabers nicht erbringen konnte, dieser seiner sekundäre Darlegungslast gerecht wurde, hat das Amtsgericht München die zwar zulässige Klage als unbegründet abgewiesen.







AG München, Endurteil vom 04.11.2016, Az. 224 C 11869/16



(...) In dem Rechtsstreit


[Name],
- Klägerin -

Prozessbevollmächtigte:
[Name],


gegen


[Name],
- Beklagter -

Prozessbevollmächtigter:
[Name],



wegen Forderung



erlässt das Amtsgericht München durch den Richter [Name] am 04.11.2016 auf Grund des Sachstands vom 28.10.2016 ohne mündliche Verhandlung mit Zustimmung der Parteien gemäß § 128 Abs. 2 ZPO folgendes


Endurteil


1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Der Streitwert wird auf 1.106,00 EUR festgesetzt.





Tatbestand

Die Klägerin verlangt vom Beklagten Schadenersatz sowie den Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten aufgrund behaupteter Urheberrechtsverletzungen.

Der Beklagte bewohnte am xx.xx.2013 zusammen mit Mitbewohnern [Name], [Name], [Name], [Name], [Name], und [Name] eine Wohnung in der [Straßenname] in München. Er unterhält an dieser Adresse auch einen Internetanschluss, welcher mittels eines Modems und WLAN-Routers Internetzugang für alle Mitbewohner eröffnet. Die Sicherung des WLAN's erfolgt mittels eines Passwortes (WPA-Verschlüsselung).

Die Klägerin ermittelte, dass von der IP-Adresse [IP] am xx.xx.2013 in der Zeit von [Uhrzeit] Uhr bis [Uhrzeit] Uhr das Filmwerk [Name] zum Download über das Tauschbörsen-Protokoll [Name] bereitgestellt worden sei (mithin hochgeladen worden ist). Wegen dieser Verletzungshandlung mahnte die Klägerin den Beklagten ab (bezüglich des genauen Wortlauts wird auf die Anlage K4-1 Bezug genommen). Der Klägerin war zuvor die Auskunft durch die [Providername], den Internetzugangs-Provider des Beklagten, erteilt worden, dass die IP-Adresse dem Anschluss des Beklagten zuzurechnen sei. Der Kläger gab am xx.xx.2013 eine modifizierte Unterlassungserklärung ab. Gleichzeitig gab er schriftlich gegenüber der Klägerin an, dass "auf mehrmaliges Nachfragen aller Mitbenutzer des Internetanschlusses das Herunterladen oder Anbieten des o.g. Filmes von allen Mitbenutzern verneint" worden sei (Anlage K 4-2). Hierauf replizierte die Klägerin durch Schreiben vom xx.xx.2013 im Wesentlichen, dass der Beklagte als Anschlussinhaber "grundsätzlich persönlich" hafte und, da Rechteverletzungen sich ohne weitergehende strafrechtliche Ermittlungen nur bis zum verantwortlichen Internetanschluss zurückverfolgen ließen, der Inhaber des Anschlusses "primär zivilrechtlich verantwortlich" sei. Es könne die Verfolgung von Rechtsverletzungen in Internettauschbörsen "dementsprechend ausschließlich gegenüber dem Anschlussinhaber erfolgen". Bezüglich der Einzelheiten des Antwortschreibens wird auf die Anlage K4-3 verwiesen.

Durch Schriftsatz vom xx.xx.2016, eingegangen am selben Tage bei Gericht, gab der Beklagte mittels eines Fragenbogens gegenüber den Mitnutzern des Internetanschlusses weitere Auskünfte. Bezüglich der Einzelheiten wird auf die Anlage B1 zu diesem Schriftsatz verweisen.



Die Klägerin behauptet,
Inhaberin des Filmwerks zu sein.

Sie ist der Ansicht, dass für die Täterschaft des Klägers spreche, dass dieser Anschlussinhaber sei. Soweit er vorträgt, dass auch andere Personen außer er selbst als Täter in Betracht kämen, so sei der Vortrag nicht hinreichend substantiiert, um der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast zu genügen. Die nunmehr eingereichten Fragebögen seien wegen des zeitlichen Abstands nicht mehr hilfreich, vielmehr hätte der Beklagte solche Informationen schon unmittelbar nach der Abmahnung ermitteln müssen (Bl. 99 d.A.).

Am 22.04.2016 erließ das Amtsgerichts Coburg unter dem Geschäftszeichen [Gz.] einen Vollstreckungsbescheid, aufgrund dessen der Beklagte zur Zahlung von 1.106,00 EUR zzgl. Zinsen hieraus seit xx.xx.2015 verpflichtet worden ist (wegen der Einzelheiten wird auf den Vollstreckungsbescheid Bezug genommen).



Die Klägerin beantragt,
den Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Coburg vom 22.04.2016 (Geschäftszeichen[Gz.]) aufrechtzuerhalten.



Der Beklagte beantragt,
den Vollstreckungsbescheid aufzuheben und die Klage abzuweisen.



Der Beklagte bestreitet,
die Urheberrechtsverletzung selbst begangen zu haben. Zum Verletzungszeitpunkt habe er im [Name] gearbeitet.

Aufgrund seiner Erkundigungen gegenüber den anderen Mitbewohnern ist er der Ansicht, der sekundären Darlegungslast genügt zu haben, denn die Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast dürften nicht überspannt werden. Soweit er erst jetzt im Verfahren eine detaillierte Auskunft übergeben habe, habe dies auch daran gelegen, dass die Schreiben der Klägerseite ihm diese Möglichkeit nicht aufgezeigt hätten. Die Kläger hätten ihm daher einen Fragenkatalog zur leichteren Behandlung beilegen müssen.



Der Beklagte trägt vor,
auf eingehende Nachfrage hätten alle Mitbewohner angegeben, keinen Filesharing-Clienten zu nutzen. Weitere Möglichkeiten, dies zu überprüfen, habe er nicht, da er - anders etwa als Eltern gegenüber ihren Kindern - keine Zugriffsmöglichkeiten in die Privatsphäre der Mitbewohner habe.



Der Beklagte ist der Ansicht,
dass § 8 TMG schon in der damals geltenden Fassung nach richtlinienkonformer Auslegung ihn als Zugangsprovider privilegiere und von einer Haftung freistelle.

Auf die schriftsätzlichen Äußerungen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 30.08.2016 wird Bezug genommen.




Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.



I.

Die Klägerin hat den Beweis der Täterschaft des Beklagten für die unerlaubtem Urheberrechtsverletzung nicht erbracht.


1.

Für den Nachweis der Täterschaft in Filesharing-Fällen gelten folgende Grundsätze (OLG München, Urteil vom 14.01.2016 - Az. 29 U 2593/15, BeckRS 2016, 01186, Hervorhebungen hinzugefügt):


a)

Die Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen eines geltend gemachten Schadensersatzanspruchs erfüllt sind, trägt nach den allgemeinen Grundsätzen der Anspruchsteller; danach ist es grundsätzlich seine Sache nachzuweisen, dass der in Anspruch Genommene für die von ihm behauptete Urheberrechtsverletzung als Täter verantwortlich ist. Wenn allerdings ein urheberrechtlich geschütztes Werk [...] der Öffentlichkeit von einer IP-Adresse aus zugänglich gemacht wird, die zum fraglichen Zeitpunkt einer bestimmten Person zugeteilt ist, spricht eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers (vgl. BGH GRUR 2013, 511 - "Morpheus " Tz. 33; GRUR 2010, 633 - Sommer unseres Lebens Tz. 12). [...]

Eine tatsächliche Vermutung begründet einen Anscheinsbeweis (vgl. BGH NJW 2012, 2435 Tz. 36; NJW 2010, 363 Tz. 15; NJW 1993, 3259; jeweils m. w. N.), zu dessen Erschütterung nicht allein der Hinweis auf die Möglichkeit eines anderen Verlaufs genügt; es müssen vielmehr besondere Umstände hinzukommen, aus denen sich die ernste Möglichkeit eines anderen als des vermuteten Verlaufs ergeben soll, die gegebenenfalls vom Beweisgegner zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen werden müssen (vgl. BGH NJW 2012, 2435 Tz. 36; Beschl. v. 06.07.2010 - XI ZR 224/09, juris, Tz. 10; NJW 1993, 3259; NJW 1991, 230 [231]; Greger in: Zöller, ZPO, 31. Aufl. 2016, vor § 284 Rz. 29; Bacher in: Vorwerk / Wolf, Beckscher OnlineKommentar, ZPO, Stand 01.09.2015, § 284 Rz. 98; Foerste in: Musielak, ZPO, 12. Aufl. 2015, § 286 Rz. 23; Reichold in: Thomas / Putzo, ZPO, 36. Aufl. 2015, § 286 Rz. 13; Rinken in: Cepl / Voß, Prozesskommentar zum Gewerblichen Rechtsschutz, 2015, § 286 Rz. 60; Prütting in: Münchener Kommentar zur ZPO, 4. Aufl. 2013, § 286 Rz. 65).


b)

Voraussetzung für das Eingreifen der tatsächlichen Vermutung der Täterschaft des Inhabers eines Internetanschlusses ist allerdings nicht nur das Vorliegen einer Verletzungshandlung, die von diesem Internetanschluss ausging, sondern - im Falle der hinreichenden Sicherung des Anschlusses - auch, dass der Anschluss nicht bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde (vgl. BGH, Urt. v. 11. Juni 2015 - I ZR 75/14, juris, - "Tauschbörse III" Tz. 37; ähnlich BGH GRUR 2014, 657 - "BearShare" Tz. 15; unklar BGH, a.a.O., - "Morpheus" Tz. 34, wo ausgeführt wird, dass die tatsächliche Vermutung in jenem Fall "entkräftet" und "erschüttert" sei, weil die ernsthafte Möglichkeit bestehe, dass allein ein Dritter und nicht auch der Anschlussinhaber den Internetzugang für die behauptete Rechtsverletzung genutzt habe).

Will sich der Anspruchsteller auf die tatsächliche Vermutung stützen, so obliegt es grundsätzlich ihm, deren Voraussetzungen darzulegen und nötigenfalls zu beweisen. Jedoch trifft in diesen Fällen den Anschlussinhaber eine sekundäre Darlegungslast, der er nur genügt, wenn er vorträgt, ob und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter in Betracht kommen; in diesem Umfang ist er im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat. Diesen Anforderungen wird die pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt des Anschlussinhabers lebenden Dritten auf seinen Internetanschluss nicht gerecht (vgl. BGH, a.a.O., - "Tauschbörse III" Tz. 37 und 42).

Entspricht der Anschlussinhaber seiner sekundären Darlegungslast, ist es wieder Sache des Anspruchstellers, die für eine Haftung des Anschlussinhabers als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen (vgl. BGH, a.a.O., - "Tauschbörse III" Tz. 37 a.E.); dazu muss er entweder beweisen, dass entgegen dem substantiierten Vorbringen des Anschlussinhabers doch kein Dritter Zugriff auf den Anschluss hatte, und sich anschließend auf die dann geltende tatsächliche Vermutung berufen, oder er muss unmittelbar - ohne Inanspruchnahme der tatsächlichen Vermutung - die Täterschaft des Anschlussinhabers beweisen. Entspricht der Anschlussinhaber dagegen seiner sekundären Darlegungslast nicht, so ist zugunsten des Anspruchstellers dessen Vorbringen zugrunde zu legen (vgl. BGH NJW 2010, 2506 Tz. 26 m.w.N.), das die tatsächliche Vermutung der Täterschaft des Anschlussinhabers begründet. Dann muss zu deren Widerlegung der Anschlussinhaber den Beweis führen, dass auch andere als Täter in Betracht kommen.


2.

Vorliegend hat der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast genügt.


a)

Die Informationen in den Fragebögen sind alles, was bei verständiger Würdigung der Lage zu erwarten ist. Mittels des Fragebogens zeigte der Beklagte auf, dass er die Mitbewohner befragt hatte. Er erfragte dabei auch die verwendeten Computer, deren Betriebssysteme sowie die ggf. verwendeten Bittorrent-Software-Programme. Ebenso erfragte der Beklagte, ob die betreffenden Personen zum Tatzeitpunkt zu Hause waren. Die Frage der Anwesenheit ist zwar kein zwingendes Ausschlusskriterium, hat aber dennoch indikative Bedeutung, da zahlreiche Computermodelle bei Nichtbenutzung in den Stand-by-Modus wechseln.


b)

Weiteres Tätigwerden kann vom Beklagten nicht verlangt werden. Denn gerade, weil der Beklagte mit seinen Mitbewohnern nicht familiär verbunden ist, sondern nur im Rahmen einer typischerweise auf Zweckmäßigkeit ausgelegten Wohngemeinschaft lebt, stehen ihm keine weiteren Möglichkeiten zur Verfügung, das Verhalten einzelner Mitbewohner zu überprüfen. Insofern unterscheidet sich seine Situation nicht wesentlich von der der Klägerin, da beide Parteien vorliegend keinen konkreten Täter ermitteln können.


c)

Selbst wenn, wie die Klägerin vorträgt, dass die Erstellung des Fragebogens zu spät geschah und bei rechtzeitiger Erstellung im Jahr 2013 man hätte bessere Erkenntnisse gewinnen können (so der Klägerschriftsatz vom 28.10.2016, S. 5, Bl. 100 d.A.), so kann die Klägerin in diesem konkreten Fall mit ihrem Einwand nicht gehört werden. Auch die Abmahnung begründet zwischen den Parteien ein Schuldverhältnis, im Zuge dessen die Parteien in gewissem Umfang verpflichtet sind, auf die jeweiligen Interessen nach Treu und Glauben Rücksicht zu nehmen, §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB. Ein solches Verhältnis besteht insbesondere im konkreten Fall deswegen, weil die Klägerin schon damals sich ihrer Rechtsanwälte bediente, die in diesem Fällen ein erheblich vertieftes Wissen haben, und daher leicht Auskunft über die konkreten Anforderungen von Ermittlungen hätten Auskunft geben können.

Denn bereits im Zuge der Abgabe der modifizierten Unterlassungserklärung gab der Beklagte der Klägerin an, dass er alle Mitbewohner mehrmals befragt hatte und alle verneint hätten, das Filmwerk hochgeladen zu haben. Auf diese Information reagierte die Klägerin nicht angemessen, denn es wäre ihr möglich gewesen, schon damals zu rügen, dass die Angaben ihr nicht hinreichend substantiiert seien. Dies hat die Klägerin jedoch in ihrem Antwortschreiben vom xx.xx.2013 mit keinem Wort gemacht, sondern im Gegenteil den Eindruck erweckt, dass der Beklagte so oder so hafte. Denn die Klägerin schrieb, dass der Anschlussinhaber "grundsätzlich persönlich" hafte und die Verfolgung von Rechtsverletzungen "ausschließlich gegenüber dem Anschlussinhaber" erfolgen könne.

Es ist bei verständiger Würdigung dieser Erklärung und auch unter der Berücksichtigung, dass man Prozessvertretern grundsätzlich eine einseitige Darstellung der Rechtslage zubilligen darf, anzunehmen, dass im konkreten Fall geeignet waren, den Beklagte von weiteren Ermittlungen abzuhalten.


3.

Mangels hinreichenden Tatnachweises war vorliegend nicht weiter zu entscheiden, ob § 8 TMG in der neuen Fassung auf den vorliegenden Fall anzuwenden ist.

Eine Rückwirkung dieser Norm hält das Gericht zwar für ausgeschlossen, jedoch wäre zu überlegen, ob nicht die gesetzgeberischen Wertungen, die zweifelsohne durch die neue Regelung deutlich zum Ausdruck kommen, nicht auch schon davor zur Auslegung des damals bestehenden Rechts herangezogen werden können. Denn insbesondere erscheint dem Gericht das gesetzgeberische Ziel, die Teilung des Internets zu erleichtern, schon davor ein erstrebenswertes Ziel gewesen zu sein. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, da noch immer DSL-Anschlüsse in Deutschland knapp sind und gerade für die Versorgung von einzelnen Zimmern in den Wohngemeinschaften sowohl die Ports auf Seiten des Netzbetreibers als auch die Telefonleitungen innerhalb der Häuser oft fehlen würden.

Daher erscheint es volkswirtschaftlich erstrebenswert und ressourcenschonend zu sein, wenn sich mehrere Bewohner einer Wohnung den DSL-Anschluss teilen. Typischerweise nutzen dafür Bürger die von den DSL-Anbietern zur Verfügung gestellten einfachen, unkontrollierten und nur mittels einem WLAN-Passwort versehenden Router-Modelle.



II.

Die Kosten ergeben sich aus § 91 ZPO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 11, 711 ZPO. (...)





~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



AG München, Urteil vom 04.11.2016, Az. 224 C 11869/16,
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AG Bielefeld, Az. 42 C 384/16

#11077 Beitrag von Steffen » Samstag 3. Juni 2017, 00:04

Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Amtsgericht Bielefeld verurteilt Anschlussinhaber in Tauschbörsenverfahren - Vortrag über generell zugriffsberechtigte Familienangehörige nicht ausreichend



00:02 Uhr



Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen. Der vor dem Amtsgericht Bielefeld in Anspruch genommene Beklagte hatte eine eigene Verantwortlichkeit für den illegalen Upload eines urheberrechtlich geschützten Filmwerkes bestritten und vorgetragen, zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung sei sein im Ausland lebender Sohn und dessen Freundin zu Besuch gewesen. Nach dem Vortrag des Beklagten hätten seine Ehefrau, sein Sohn und dessen Freundin Zugang zum Internetanschluss gehabt. Nach der Befragung der Mitnutzer habe der Beklagte nicht herausfinden können, wer für die Rechtsverletzung verantwortlich gewesen sei. Im Übrigen bestritt der Beklagte die ordnungsgemäße Ermittlung und Zuordnung der Rechtsverletzung sowie die Höhe des geltend gemachten Schadens und der Rechtsanwaltskosten.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

Beethovenstraße 12 | 80336 München
Telefon: 089 / 52 05 72 10 | Telefax: 089 / 52 05 72 30
E-Mail: web@waldorf-frommer.de | Web: www.waldorf-frommer.de




Bericht:

Link:
https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... sreichend/


Urteil als PDF:

Link:
https://news.waldorf-frommer.de/wp-cont ... 384_16.pdf




Autorin:

Rechtsanwältin Philine Baader, LL.M. (UCT)



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Das Amtsgericht Bielefeld führte aus, dass der Anschlussinhaber seiner sekundären Darlegungslast im Hinblick darauf, ob weitere Personen selbstständigen Zugang zum Internetanschluss hatten, nicht damit genüge, dass er lediglich pauschal die theoretische Zugriffsmöglichkeit von im Haushalt lebenden Personen behauptet. Vielmehr sei der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen verpflichtet. Dabei habe der Anschlussinhaber zum einen die zugriffsberechtigten Personen namentlich und unter Angabe der ladungsfähigen Anschrift zu benennen.

Zum anderen seien "nähere Angaben zum generellen Nutzungsverhalten der Personen, denen die Nutzung des Internet-Anschlusses gestattet wurde, zu machen: Hierzu gehören Angaben, wie die Personen Zugang zum Internet-Anschluss erhalten, wie häufig diese Personen das Internet nutzen, wozu das Internet genutzt wird und wie das Nutzungsverhalten im Einzelfall kontrolliert wurde".

Diese Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast habe der Beklagte nicht erfüllt. Der Beklagte habe lediglich pauschal seine Verantwortlichkeit bestritten. Zudem ergebe sich aus seinem Vortrag "nicht ansatzweise, ob die weiteren Familienangehörigen auch tatsächlich genutzt haben". Auch fehle jeglicher Vortrag dazu, "ob und welche Ermittlungen der Beklagte im Hinblick auf die Feststellung des Verursachers für die Rechtsverletzung durchgeführt" habe. Mit diesem Vortrag habe der Beklagte "gerade keine ernsthafte Möglichkeit dafür vorgetragen, dass ein Dritter die Urheberrechtsverletzung begangen haben könnte".

Das Amtsgericht verurteilte den Beklagten daher antragsgemäß auf Zahlung von Schadenersatz, zum Ersatz der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten sowie zur Übernahme der gesamten Kosten des Rechtsstreits.







AG Bielefeld, Urteil vom 06.04.2017, Az. 42 C 384/16


(...) - Abschrift -

42 C 384/16

Verkündet am 06.04.2017

[Name], als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle



Amtsgericht Bielefeld

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil




In dem Rechtsstreit


[Name],
Klägerin,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldorf und Kollegen, Beethovenstraße 12, 80336 München,



gegen


Herrn [Name], 48145 Münster,
Beklagter

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin [Name], 48159 Münster,




hat das Amtsgericht Bielefeld durch den Richter am Amtsgericht [Name] auf die mündliche Verhandlung vom 06.04.2017

für Recht erkannt:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 956,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.07.2016 zu zahlen:
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.





Tatbestand:

Die Klägerin macht gegen den Beklagten Schadensersatzansprüche wegen des Zurverfügungstellens des Filmwerkes [Name] im Rahmen einer P2P-Tauschbörse geltend.

Der Klägerin stehen an dem Filmwerk [Name] sämtliche Vertriebs- und Nutzungsrechte zu. Der Beklagte wurde von der Klägerin mit anwaltlichem Schreiben vom [Datum] wegen des behaupteten Anbietens des Filmwerkes [Name] im Rahmen einer Internet-Tauschbörse abgemahnt. Der Beklagte gab eine strafbewährte Unterlassungserklärung ab und zahlte auf die vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren 150,00 EUR.



Die Klägerin behauptet,
das Filmwerk [Name] sei in der Zeit vom [Datum] um [Uhrzeit] Uhr bis zum [Datum] um [Uhrzeit] Uhr von der IP-Adresse [IP] im Rahmen einer Internet-Tauschbörse zum Download angeboten . worden. Nach Mitteilung des zuständigen Internet-Providers sei die IP-Adresse [IP] am [Datum] um [Uhrzeit] Uhr und um [Uhrzeit] Uhr dem Beklagten zugewiesen worden. Der Beklagte hafte auf Grund der begangenen Urheberrechtsverletzung auf Erstattung der rechtsanwaltlichen Abmahnkosten nach einem Gegenstandswert von 10.000,00 EUR in Höhe von 500,60 EUR und auf Zahlung einer Lizenzgebühr in Höhe von 600,00 EUR. Unter Berücksichtigung der vorprozessualen Zahlung des Beklagten bestehe daher der Anspruch auf Erstattung der rechtsanwaltlichen Abmahnkosten noch in Höhe von 356,00 EUR. Der Beklagte habe die ihm obliegende sekundäre Darlegungslast nicht erfüllt.



Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie 956,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seitdem 11.07.2016 zu zahlen.



Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.



Der Beklagte trägt vor,
er habe die Rechtsverletzung nicht begangen. Er - der Beklagte - habe mit seiner Ehefrau zusammengelebt. Zudem seien zum fraglichen Zeitpunkt sein in Australien lebender Sohn mit seiner Freundin zu Besuch gewesen. Seine Ehefrau, sein Sohn und die Freundin des Sohnes hätten Zugang zum Internetanschluss gehabt. Es existiere keine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Beklagten. Er - der Beklagte - sei der sekundären Darlegungslast nachgekommen. Er hafte nicht für volljährige Mitbenutzer. Zudem liege kein Anerkenntnis durch die Teilzahlung vor. Die Ermittlungen seien fehlerhaft. Der geltend gemachte Lizenzschaden und die geltend gemachten Rechtsanwaltsgebühren seien zu hoch.




Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist begründet.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren für die Abmahnung vom [Datum] in Höhe von 356,00 EUR und auf Zahlung einer Lizenzgebühr in Höhe von 600,00 EUR aus §§ 97, 97a Abs. 1 S. 2 UrhG.

Der Beklagte haftet für die begangene Urheberrechtsverletzung durch das Anbieten des Filmwerks [Name] im Rahmen einer Internet-Tauschbörse am [Datum]. Die Klägerin hat unter Einsatz entsprechender Ermittlungssoftware festgestellt, dass das Filmwerk [Name] am [Datum] zu zwei Zeitpunkten vom Internetanschluss des Beklagten im Rahmen einer Filesharingtauschbörse, angeboten wurde. Der Beklagte hat insgesamt keine substantiierten Einwendungen gegen die ordnungsgemäße Feststellung und Ermittlung der IP-Adresse erhoben. Die Klägerin hat umfangreich und ausführlich. die einzelnen Ermittlungsschritte und Feststellungsmaßnahmen dargelegt und durch entsprechende Schriftstücke belegt.

Angesichts der Feststellung von zwei Erfassungszeitpunkten ist daher ein Ermittlungsfehler auszuschließen, so dass feststeht, dass das Filmwerk [Name] am [Datum] um [Uhrzeit] Uhr und [Uhrzeit] Uhr vom Internetanschluss des Beklagten zum Download im Rahmen einer Internet-Tauschbörse zur Verfügung gestellt wurde (vgl. hierzu auch OLG Köln, Urteil vom 16.05.2015, Az. 6 U 239/11; LG Bielefeld, Urteil vom 28.02.2017, Az. 20 S 226/15).

Der Klägerin stehen die Nutzungs- und Verwertungsrechte an dem Filmwerk [Name] zu.

Der Beklagte haftet für die über seinen Internetanschluss begangene Rechtsverletzung, die darin zu sehen ist, dass das urheberrechtlich geschützte Filmwerk [Name] ohne Gestattung der Klägerin im Rahmen einer Internettauschbörse zum Download angeboten wurde.

Nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 12.05.2010 - I ZR 121/08, Sommer unseres Lebens) besteht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass dann, wenn ein geschütztes Werk der Öffentlichkeit von einer IP-Adresse aus zugänglich gemacht wird, die zum fraglichen Zeitpunkt einer bestimmten Person zugeteilt ist, diese Person für die Rechtsverletzung verantwortlich ist. Nach den im BearShare-Urteil aufgestellten Grundsätzen (BGH, Urteil vorn 08.01.2014 - I ZR 169/12) ist eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers dann nicht begründet, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung auch andere Personen diesen Anschluss benutzen konnten. Den Anschlussinhaber trifft eine sekundäre Darlegungslast, sofern über seinen Internetanschluss eine Rechtsverletzung begangen wurde. Der Inhaber eines Internetanschlusses, über den eine Rechtsverletzung begangen wird, genügt seiner sekundären Darlegungslast im Hinblick darauf, ob andere Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten, nicht dadurch, dass er lediglich pauschal die theoretische Möglichkeit des Zugriffs von in seinem Haushalt lebenden Dritten auf seinen Internetanschluss behauptet (BGH, Urteil vom 11.06.2015, I ZR 75/14). Darüber hinaus ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen verpflichtet. Der Anschlussinhaber hat die Person, die selbstständig Zugriff auf den Internetanschluss hatte, unter Angabe einer ladungsfähigen Anschrift namentlich zu benennen. Ferner sind nähere Angaben zum generellen Nutzungsverhalten der Personen, denen die Nutzung des Internetanschlusses gestattet wurde, zu machen. Hierzu gehören Angaben, wie die Personen Zugang zum Internetanschluss erhalten, wie häufig diese Personen das Internet nutzen, wozu das Internet genutzt wird und wie das Nutzungsverhalten im Einzelfall kontrolliert wurde. Im Rahmen der sekundären Darlegungslast ist es erforderlich, dass der Anschlussinhaber nachvollziehbar vorträgt, welche Personen mit Rücksicht auf Nutzerverhalten, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht Gelegenheit hatten, die fragliche Verletzungshandlung ohne Wissen und Zutun des Anschlussinhabers zu begehen (BGH, Urteil vom 12.05.2016, I ZR 48/15).

Ausgehend von den vorstehenden Erwägungen ist der Beklagte der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen, so dass von einer täterschaftlichen Begehung auszugehen ist. Der Beklagte bestreitet lediglich pauschal, die Rechtsverletzung nicht begangen zu haben. Ferner trägt der Beklagte vor, dass seine Ehefrau, sein Sohn und die Freundin seines Sohnes Zugang zum Internetanschluss hatten. Aus dem Vorbringen des Beklagten ergibt sich nicht ansatzweise, ob die weiteren Familienangehörigen den Internetanschluss auch tatsächlich genutzt haben. Die weiteren Personen, die nach dem Vorbringen des Beklagten Zugang zum Internetanschluss hatten, werden auch nicht namentlich unter Angabe einer ladungsfähigen Anschrift genannt. Es fehlt auch jeglicher Vortrag des Beklagten dazu, ob und welche Ermittlungen der Beklagte im Hinblick auf die Feststellung des Verursachers für die Rechtsverletzung durchgeführt hat. Damit hat der Beklagte gerade keine ernsthafte Möglichkeit dafür vorgetragen, dass ein Dritter die Urheberrechtsverletzung begangen haben könnte. Der Beklagte hat daher die ihm obliegende sekundäre Darlegungslast nicht erfüllt und haftet dementsprechend auf Grund der begangenen Urheberrechtsverletzung.

Auf Grund der begangenen Rechtsverletzung steht der Klägerin gegenüber dem Beklagten ein Anspruch auf Erstattung der Rechtsanwaltsgebühren für die Abmahnung mit Schreiben vom [Datum] in Höhe von noch 356,00 EUR nach einem Gegenstandswert von 10.000,00 EUR zu. Der Gegenstandswert für die Abmahnung ist zutreffend mit 10.000,00 EUR angesetzt worden. Der Gegenstandswert für das Unterlassungsbegehren ist mit 10.000,00 EUR zu bewerten. Ausgangspunkt für die Bemessung des Gegenstandswertes für die Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten der Klägerin ist das Interesse an einer wirkungsvollen Abwehr nachhaltiger und eklatanter Verstöße gegen ihre Schutzrechte und ihre daraus resultierende Vermögensposition. Unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, wie sie sich aus den Urteilen des BGH vom 11.06.2015 und 12.05.2016 (I ZR 7/14, I ZR 19/14, I ZR 75/14, I ZR 272/14, I ZR 1/15, I ZR 43/15, I ZR 44/15, I ZR 48/15 und I ZR 86/15) ergibt, ist der Gegenstandswert für das Unterlassungsbegehren mit 10.000,00 EUR zu bemessen. Auf die berechtigten Abmahnkosten in Höhe von 506,00 EUR hat der Beklagte vorprozessual 150,00 EUR gezahlt, so dass ein Restanspruch von 356,00 EUR verbleibt.

Der Klägerin steht gegenüber dem Beklagten auf Grund der begangenen Urheberrechtsverletzung des weiteren ein Anspruch auf Zahlung einer Lizenzgebühr in Höhe von 600,00 EUR zu. Bei der Verletzung von Immaterialrechtsgütern ermöglicht die Rechtsprechung dem Verletzten wegen der besonderen Schwierigkeiten neben dem Ersatz des konkreten Schadens weitere Wege der Schadensermittlung. Danach kann der Schaden auch in Höhe einer angemessenen Lizenzgebühr berechnet werden. Bei der Berechnung der angemessenen Lizenzgebühr ist rein objektiv darauf abzustellen, was bei vertraglicher Einräumung der Rechte ein vernünftiger Lizenzgeber fordert und ein vernünftiger Lizenzgeber gewährt hätte, wenn beide im Zeitpunkt der Entscheidung die angegebene Sachlage erkannt hätten. Unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, wie sie sich aus den Urteilen des BGH vom 11.06.2015 und 12.05.2016 (I ZR 7/14, I ZR 19/14, I ZR 75/14, I ZR 272/14, I ZR 1/15, I ZR 43/15, I ZR 44/15, I ZR 48/15 und I ZR 86/15) ergibt, ist der Ansatz einer Lizenzgebühr in Höhe von 600,00 EUR für das Filmwerk [Name] angemessen.

Daneben hat die Klägerin gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen aus § 286 Abs. 1 BGB.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 N . 11, 709 ZPO.

Der Gegenstandswert wird auf 956,00 EUR festgesetzt.




Rechtsbehelfsbelehrung:


A) Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,

1. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
2. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.

Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem

Landgericht Bielefeld,
Niederwall 71,
33602 Bielefeld,


eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die. Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.

Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Bielefeld zu begründen.

Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Bielefeld durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.

Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung *oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.



B) Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Amtsgericht Bielefeld statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem

Amtsgericht Bielefeld,
Gerichtstraße 6,
33602 Bielefeld,


schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, . so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.



[Name],
Richter am Amtsgericht (...)




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AG Bielefeld, Urteil vom 06.04.2017, Az. 42 C 384/16,
WALDORF FROMMER Rechtsanwälte,
Rechtsanwältin Philine Baader LL.M. (UCT),
Klage Waldorf Frommer,
sekundäre Darlegungslast,
pauschales bestreiten,
Benennung ladungsfähige Adresse

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Steffen
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Wochenrückblick

#11078 Beitrag von Steffen » Samstag 3. Juni 2017, 12:47

------------------------------------------------------ - Abmahnwahn Deutschland - Filesharing - --------------------------------------------


DER Wochenrückblick........................Bild......................Filesharing Fälle


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Ausgabe 2017, KW 22 ..................................Initiative AW3P.............................29.05. - 04.06.2017

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Deutschland - Land der Rechtsverletzer!?


AW3P: Herr Doktor Wachs. Heute einmal eine Frage, die Filesharing Abmahnungen nicht allein betrifft. Auf der Internetpräsenz der Münchener Kanzlei IT-Recht werden einmal a) 1.000 Gründe aufgelistet bei eBay, Amazon und Online-Shops abgemahnt zu werden sowie b) ein "Abmahnradar" angeboten, wo aus den unterschiedlichsten Gründe heraus urheberrechtlich und wettbewerbsrechtlich abgemahnt wird.

Sind wir Deutschen ein Volk - ohne - Unrechtsbewusstsein, die Gesetze so kompliziert oder gar nicht bekannt, oder so ausgelegt damit auch schön alle Anwälte ihre Berechtigung haben?



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Doktor Wachs: Das Abmahnwesen ist nach meiner Meinung aus zwei Gründen in Deutschland so verbreitet.

Der eine ist, dass der Staat die Durchsetzung einiger Vorschriften in die Hände des Wettbewerbs gegeben hat, mithin outgesourct hat. Das hat durchaus auch Sinn als der Wettbewerber natürlich umfassender Fehler sucht und findet und der Wettbewerb auch eher die Bedeutsamkeit einschätzen kann.

Der andere Grund ist der, dass in Deutschland durch dieses System sehr viel eher EU-Verordnungen und Satzungen (nach Umsetzung) befolgt werden, als das in anderen Ländern der Fall ist. Klar ist auch, dass in Deutschland durch dieses System einige schwarze Schafe unterwegs sind, welche das System als Erwerbsquelle nutzen.

Gleichzeitig muss man aber auch konstatieren, dass wer heutzutage im Handel aktiv ist und nicht regelmäßig seine AGB's etc. überarbeiten lässt, es seinen Gegnern schon sehr leicht macht. Es gibt viele günstige Wege sich hier mit aktuellen Rechtstexten zu versorgen. Das gleiche gilt, wer heute noch Tauschbörsen nutzt. Das ist heutzutage weder gesellschaftlich üblich - wie vielleicht noch 2003-2006 - noch überhaupt nötig, als es eine Vielzahl von günstigen legalen Angeboten gibt, auf welche zurückgegriffen werden kann. Und wird.

Daher ist Deutschland sicher kein Land von Menschen ohne Unrechtsbewusstsein.


Ihr Rechtsanwalt Dr. Alexander Wachs


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Querbeet



1. Focus Online: Das änderte sich mit dem 01. Juni 2017


(...) - Roaming-Gebühren werden abgeschafft
- Mobilfunk-Anbieter müssen Kunden besser informieren
- Arbeitnehmer haben ein Recht zu erfahren, was ihre Kollegen verdienen
- Elektro-Händler müssen mit höheren Strafen rechnen
- Die Schweizer Vignette wird günstiger
- Leiharbeiter bekommen einen höheren Mindestlohn
- Unitymedia stellt analoge Programme ein
(...)



Quelle: Focus Online (mit Video)
Link: http://www.focus.de/finanzen/videos/neu ... 01401.html










2. Bundesgerichtshof Mitteilung der Pressestelle Nr. 086/2017 vom 01.06.2017: Vorlage des Bundesgerichtshofs an den Europäischen Gerichtshofs zur Zulässigkeit des Tonträger-Samplings


BGH, Beschluss vom 01.06.2017, I ZR 115/16: Metall auf Metall III



Quelle: Pressestelle BGH
Link: http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-b ... 89&Blank=1










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3. Oberlandesgericht München zur Beweiswürdigung Erst- / Berufungsgercht


OLG München, Urteil vom 12.05.2017, Az. 10 U 748/16


(...) Auch soweit die Klägerin die Beweiswürdigung des Erstgerichts angreift, ist dies nicht zielführend. Denn das Berufungsgericht ist nach § 529 I Nr. 1 ZPO an die Beweiswürdigung des Erstgerichts gebunden, wenn keine konkreten Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Beweiswürdigung vorgetragen werden. Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Beweiswürdigung sind ein unrichtiges Beweismaß, Verstöße gegen Denk- und Naturgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze, Widersprüche zwischen einer protokollierten Aussage und den Urteilsgründen sowie Mängel der Darstellung des Meinungsbildungsprozesses wie Lückenhaftigkeit oder Widersprüche, vgl. z.B. BGH VersR 2005, 945). Konkreter Anhaltspunkt in diesem Sinn ist jeder objektivierbare rechtliche oder tatsächliche Einwand gegen die erstinstanzlichen Feststellungen (BGHZ 159, 254 [258]; NJW 2006, 152 [153]); bloß subjektive Zweifel, lediglich abstrakte Erwägungen oder Vermutungen der Unrichtigkeit ohne greifbare Anhaltspunkte genügen nicht (BGH, a.a.O.). (...)



Quelle: Gesetze-Bayern.de
Link: http://www.gesetze-bayern.de/Content/Do ... 98?hl=true










4. Versandhandelsrecht.de: Allgemeiner Verweis auf Printmagazin ist als Fundstellenangabe unzureichend


OLG Köln, Urt. v. 07.04.2017, Az. 6 U 135/16



Quelle: Versandhandelsrecht.de
Link: http://versandhandelsrecht.de/2017/05/t ... reichend/










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5. IWW.de: Das Familiengericht Berlin-Brandenburg zur Mitteilungspflicht per E-Mail


FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 01.03.2017, Az. 7 K 7210/15


(...) Die Mitteilung per Email reichte aus, um die Mitteilungspflicht zu erfüllen. Im Briefkopf des Schreibens vom 03.05.2010 ist die E-Mail-Adresse der Familienkasse gleichberechtigt neben den anderen Kommunikationswegen aufgeführt. Im Text wird keine Mitteilung auf dem Postweg verlangt. Die Klägerin war auch nicht verpflichtet, die E-Mail auszudrucken oder auf andere Weise länger als 5 Jahre abrufbar aufzubewahren. (...)



Quelle: IWW.de
Link: http://www.iww.de/quellenmaterial/id/193242













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Gerichtsentscheidungen



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  • AG München, Endurteil vom 04.11.2016, Az. 224 C 11869/16 [WF verlieren; sek. Darlegungslast, WG-Fragebogen]



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  • AG Charlottenburg, Urteil vom 18.05.2017, Az. 210 C 14/17 [NIMROD gewinnen; auch im Familienverbund Nachforschungen erforderlich und zumutbar (u.a. BGH "Afterlife")]
  • AG Bielefeld, Urteil vom 06.04.2017, Az. 42 C 384/16 [WF gewinnen, sek. Darlegungslast; theoretische Möglichkeit reicht nicht]









Bayerische Staatskanzlei (Bayern.Recht):



AG München, Endurteil vom 04.11.2016, Az. 224 C 11869/16


Bayerische Staatskanzlei (Bayern.Recht): Amtsgericht München - Sekundäre Darlegungslast beim Filesharing - Fragebogen für WG-Mitbewohner (Wohngemeinschaft)



Quelle: Bayern.Recht
Link: http://www.gesetze-bayern.de/Content/Do ... 53?hl=true










NIMROD RECHTSANWÄLTE Bockslaff Strahmann GbR (Berlin):



AG Charlottenburg, Urteil vom 18.05.2017, Az. 210 C 14/17


NIMROD RECHTSANWÄLTE Bockslaff Strahmann GbR (Berlin): Amtsgericht Charlottenburg verurteilt Anschlussinhaberin, Urteil vom 18.05.2017 zum Az. 210 C 14/17



Quelle: NIMROD Rechtsanwälte
Link: https://nimrod-rechtsanwaelte.de/2017/0 ... 10-c-1417/










Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München):



AG Bielefeld, Urteil vom 06.04.2017, Az. 42 C 384/16


Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Amtsgericht Bielefeld verurteilt Anschlussinhaber in Tauschbörsenverfahren - Vortrag über generell zugriffsberechtigte Familienangehörige nicht ausreichend



Quelle: Waldorf Frommer Rechtsanwälte
Link: https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... sreichend/













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Forenwelt





Steffen's Kurzkommentar




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1. Aufreger der Woche


Lena Meyer-Landrut patzt - eigentlich als Einzige - bei "Sing meinen Song - Das Tauschkonzert" (VOX, Staffel 4, Dienstag; 20:15 Uhr) elendig und vergisst ihren Text. Skandal!


Lena, so wörtlich:

"Scheiße, ich hab's verkackt", "ich bin zu aufgeregt, das ist Deutsch und ich bin zu aufgeregt."




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Gut, singen kann ich genau so wenig ... aber immerhin eine gute Ausrede für meinen nächsten "Posting-Deutsch-Patzer!"








2. Zitat der Woche

Dieses kommt von Großbritanniens Premierministerin Theresa May.



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......................................................................."I had the balls"


Manchmal wäre ich in Deutschlands Führungsspitze schon mit Rückgrat statt Eier zufrieden. Sowie Demut, was man Amerika nach '45 verdankt.









3. Amtsgericht München (Endurteil vom 04.11.2016, Az. 224 C 11869/16)


AW3P hat sich einmal - mit einem Augenzwinkern - Gedanken gemacht, wie so ein Fragebogen aussehen könnte. Da ist es ja zu einem "Internetfahrtenbuch" nicht mehr weit!



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............................................................................(PDF-Download)










4. Whisky Werbung in einem Verbraucherschutzforum - ein No-Go!


Anfang dieser Woche war folgende Werbung im gewerblichen "Neiße-Interessen-Forum" zu lesen.




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Ob nun gewerbliche Werbung betreffs Alkohol bei Menschen - die abgemahnt worden, oder gar eine Klageschrift erhielten - angebracht ist, weiß ich nicht einzuschätzen. Und ob es der Versuch von Neiße ist, den berühmt-berüchtigten technischen und sachverständigen Gerichtsvergleicher Shual aufzumuntern endlich wieder einmal weiter zu prollen, entzieht sich leider auch meiner Kenntnis. Wenn, dann ohne Erfolg.


Nun einmal ernsthaft. Dass das "Trio Infernale" ihre Geldgier hinter sarmaritischen Verbraucherschutz bei Thema: "Filesharing Abmahnung" tarnt, ist nichts Neues. Gewerbliche Werbung, gut wenn's schee macht. Aber, Werbung für Alkohol oder andere Suchtmittel in einem Verbraucher(schutz)forum, dass ist sicherlich ein No-Go!


'Mal als Hinweis zu Pfingsten. Denn da kam den Aposteln der "Heilige Geist" über und nicht der des Whisky über das Shual.






..........................................................................Bild
..........................................................................Pfingsten Jappy Pics - GBPicsOnline.com










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Steffen Heintsch für AW3P




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#11079 Beitrag von Steffen » Dienstag 13. Juni 2017, 00:03

Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Das Amtsgericht München verurteilt Anschlussinhaber in Filesharing Verfahren aufgrund mangelnder Nachforschungen (Beklagter (= Informatiker) ohne Anwalt)



00:00 Uhr




Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen. Der Beklagte hatte sich im Rahmen der gerichtlichen Auseinandersetzung dahingehend verteidigt, sein WLAN-Heimnetzwerk habe auch von seiner Ehefrau und befreundeten Nachbarn genutzt werden können. Zudem hätten auch seine Eltern sowie der im Ausland lebende Bruder via VPN Zugang zum Internetanschluss des Beklagten gehabt. Bestandteil dieses Heimnetzwerkes war u.a. ein sog. NAS-Gerät (Network Attached Storage), auf welchem sich ein bereits vorinstallierter BitTorrent-Client befunden habe.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

Beethovenstraße 12 | 80336 München
Telefon: 089 / 52 05 72 10 | Telefax: 089 / 52 05 72 30
E-Mail: web@waldorf-frommer.de | Web: www.waldorf-frommer.de




Bericht

Link:
https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... rschungen/

Urteil als PDF:

Link:
https://news.waldorf-frommer.de/wp-cont ... 465_17.pdf




Autor

Rechtsanwalt David Appel



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Im Laufe des Verfahrens ergänzte der Beklagte seinen Vortrag dahingehend, dass seine Ehefrau und sein Bruder bereits in der Vergangenheit eingeräumt hätten Tauschbörsensoftware genutzt zu haben. Ein konkreter Bezug zu der streitgegenständlichen Urheberrechtsverletzung wurde indes nicht hergestellt.

Das Amtsgericht München hat der Klage vollumfänglich stattgegeben und den Beklagten wegen eigener Täterschaft zur Zahlung in Höhe von 1.106,00 EUR sowie zur Tragung der gesamten Kosten des Rechtsstreites verurteilt.


In den Entscheidungsgründen führte das Amtsgericht München zu den allgemeinen Anforderungen, welche an den Vortrag eines Anschlussinhabers zu richten sind (sekundäre Darlegungslast), zunächst wie folgt aus:

"Der Beklagte hat die Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast nicht erfüllt.

Steht die Begehung der streitgegenständlichen Rechtsverletzungen über den Anschluss des Beklagten damit fest, so besteht eine tatsächliche Vermutung, dass der Beklagte als Inhaber des Anschlusses auch für hierüber begangene Rechtsverletzungen persönlich verantwortlich ist (vgl. BGH, Urteil vom 12.05.2010, I ZR 121/08, "Sommer unseres Lebens").

Hintergrund der tatsächlichen Vermutung ist die Lebenserfahrung, dass in erster Linie der Anschlussinhaber seinen Internetzugang nutzt, die Art und Weise der Nutzung bestimmt und kontrolliert (s. OLG Köln, 02.08.2013). Es wird deshalb eine Darlegungslast desjenigen angenommen, in dessen Herrschaftsbereich, i.e. über dessen Internetanschluss, die festgestellte Rechtsverletzung geschehen ist. Denn im Gegensatz zum Urheber, dessen Rechte verletzt wurden, ist er deutlich näher an der Verletzung dran und kann feststellen, wer die Urheberrechtsverletzung begangen hat. Eine derartige Feststellung ist demgegenüber dem Urheber in aller Regel nicht möglich, denn andere Daten als die IP-Adresse, über die der Rechtsverletzung nach draußen kommunizierte, kann er nicht wissen noch in Erfahrung bringen. Der Urheber kann mithin nicht wissen, welche konkrete Person seine Rechte verletzt hat. Insoweit ist es Sache des Anschlussinhabers, im Rahmen seiner Darlegungslast dem Urheber die Verfolgung seiner Rechte zu ermöglichen. Als Anschlussinhaber, der über den Zugang zu seinem Internetanschluss bestimmt, muss er insoweit im Rahmen der Darlegungslast das Risiko für den Missbrauch seines Anschlusses tragen. Dürfte sich der Anschlussinhaber mit pauschalen Behauptungen und Verweisen auf Dritte zur Anspruchsabwehr begnügen, so würden die Urheber gegenüber Filesharing Rechtsverletzungen de facto schutzlos gestellt und das Urheberrecht entwertet."



Diese Anforderungen habe der Beklagte (von Beruf Informatiker) nicht erfüllen können, da er insbesondere der ihm obliegenden Nachforschungsverpflichtung nicht hinreichend nachgekommen sei - so das Amtsgericht in seiner Urteilsbegründung:

"Eine naheliegende Nachforschung hat nicht stattgefunden. Der Beklagte hat nach seinem Vortrag und dem Vortrag seiner Frau im Rahmen der mündlichen Verhandlung unmittelbar nach Erhalt der Abmahnung lediglich in seinem Haushalt Nachforschungen angestellt. Dabei konnte wohl auf den Computern des Beklagten und seiner Ehefrau der streitgegenständliche Film nicht gefunden werden. Dem Beklagten als Informatiker wäre es jedoch ohne Weiteres zumutbar gewesen, zu überprüfen, welche Rechner in dem in der Abmahnung angegebenen Zeitraum online waren. Eine solche Recherche ist auch vor dem Hintergrund zumutbar, dass ohnehin davon auszugehen ist, dass derjenige, dem eine Abmahnung wegen öffentlicher Zugänglichmachung urheberrechtlich geschützter Werke zugeht, zur Vermeidung weiterer Rechtsverletzungen im eigenen Interesse recherchieren wird (vgl. LG Stuttgart, 25.11.2014, Az. 17 O 468/14). Insofern wird sich ein Anschlussinhaber, der tatsächlich nicht selbst für die ihm vorgeworfene Rechtsverletzung verantwortlich ist, sich schon aus verständlichem Eigeninteresse ernsthaft auf die Suche nach einem möglichen alternativen Geschehensablauf begeben. Verweist er im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast jedoch pauschal auf die theoretische Möglichkeit, dass auch andere Personen verantwortlich sein könnten, so ist von einer reinen Schutzbehauptung auszugehen."


Mangels Erfüllung der sekundären Darlegungslast gelte daher die eigene Täterschaft im Ergebnis als prozessual zugestanden.

"Eine ernsthafte und plausible Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs besteht damit nicht. Ist der Beklagte den Anforderungen der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen, gilt der Vortrag der Klägerseite gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden (Greger in Zöller, ZPO, § 138, Rn. 8b)."

Den geltend gemachten Lizenzschaden in Höhe von 600,00 EUR erachtete das Amtsgericht als angemessen:

"Ein Schadensersatz von 600,00 EUR erscheint dem Gericht der Höhe nach angemessen. Der Sachvortrag der Klägerseite in der Klage bietet hierzu eine ausreichende Schätzungsgrundlage. Der angesetzte Betrag ist angesichts der gerichtsbekannten Funktionsweise einer Internet-Tauschbörse, die mit jedem Herunterladen eine weitere Downloadquelle eröffnet, angemessen. Er steht in einem angemessenen Verhältnis zu den 200,00 EUR, die laut BGH, "Tauschbörse I - III" für den Upload eines Songs als Schadensersatz anfallen (ebenso OLG München, 14.01.2016, s.o.). Das Gericht schätzt daher die angemessene Lizenz gemäß § 287 ZPO auf 600,00 EUR."


Auch die geltend gemachten Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung wurden vollumfänglich zugesprochen. Insoweit sei der von der Klägerin für die Abmahnung angesetzte Gegenstandswert von 10.000,00 EUR angesichts des hohen Verletzungspotentials, dem die Urheberrechte in Filesharing-Netzwerken ausgesetzt seien, nicht zu beanstanden.







AG München, Urteil vom 08.05.2017, Az. 159 C 2465/17




(...) - Beglaubigte Abschrift -


Amtsgericht München
Az. 159 C 2465/17




IM NAMEN DES VOLKES



In dem Rechtsstreit


[Name],
- Klägerin -

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldorf Frommer, Beethovenstraße 12, 80336 München,



gegen


[Name],
Beklagter


wegen Forderung



erlässt das Amtsgericht München durch die Richterin am Amtsgericht [Name] aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 04.04.2017 folgendes


Endurteil


1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.106,00 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 16.10.2015 zu zahlen.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.




Beschluss
Der Streitwert wird auf 1.106,00 EUR festgesetzt.




Tatbestand

Die Parteien streiten um Schadens- und Aufwendungsersatzansprüche wegen des Angebots eines urheberrechtlich geschützten Werks über die Tauschbörsensoftware BitTorrent.

Die Klägerin verfügt hinsichtlich des streitgegentständlichen Films [Name] über die Rechte des Filmsherstellers nach § 94 UrhG und ist daher ausschließlich zu dessen Vervielfältigung und öffentlicher Zugänglichmachung berechtigt. Zur Feststellung von Urheberrechtsverletzungen hat die Klägerin die Firma ipoque GmbH mit der Überwachung der Internet-Tauschbörsen beauftragt. Die Firma ipoque GmbH verwendet hierzu die Analyse- und Protokollierungssoftware "PFS". Die Firma ipoque GmbH ermittelte Urheberrechtsverletzungen an dem Film [Name] begangen am [Datum] [Uhrzeit] Uhr bis [Uhrzeit] Uhr unter der IP-Adresse [IP]. Aufgrund Beschlusses des Landgerichts München I, Az. 21 0 6659/13, wurde der Beklagte durch seinen Internetprovider [Name] als Inhaber des betreffenden Internetanschlusses zu den Zeitpunkten [Uhrzeit] Uhr und [Uhrzeit] Uhr identifiziert.

Die Bevollmächtigten der Klägerin mahnten den Beklagten wegen der Urheberrechtsverletzung an dem gegenständlichen Film mit Schreiben vom [Datum] ab und forderten die Abgabe einer Unterlassungserklärung, Zahlung von Schadensersatz und den Ersatz von Rechtsanwaltskosten für die Abmahnung. Der Beklagte gab weder eine Unterlassungserklärung ab noch erfüllte er die geltend gemachten Zahlungsansprüche.

Unter Klageandrohung forderten die klägerischen Prozessbevollmächtigten den Beklagten nochmals mit Schreiben vom 08.10.2015 zur Zahlung von mindestens 600,00 EUR Schadensersatz sowie weiterer 506,00 EUR Rechtsverfolgungskosten unter Fristsetzung zum 15.10.2015 auf.

Die Klägerin hält den Beklagten als Anschlussinhaber für die Rechtsverletzungen verantwortlich. Sie verlangt 600,00 EUR als teilweise geltend gemachten Schadensersatz im Wege der Lizenzanalogie sowie Erstattung der für die Abmahnung angefallenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 506,00 EUR, wobei sie eine 1,0-Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 W RVG aus einem Gegenstandswert von 10.000,00 EUR zugrunde legt, zuzüglich Auslagenpauschale.



Die Klägerin beantragt:
1. Die Beklagtenseite wird verurteilt, an die Klägerseite einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 600,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 16.10.2015 sowie
2. 506,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.10.2015 zu zahlen.



Der Beklagte beantragt,
Klageabweisung.

Er bestreitet, den streitgegenständlichen Film über seinen Internetanschluss Dritten zum illegalen Download angeboten zu haben. Zum streitgegenständlichen Zeitpunkt habe sein Internetanschluss durch ein WPA2 geschütztes WLAN, Kabel innerhalb der Wohnung und einen gesicherten VPN-Zugang durch mehrere Personen selbstständig genutzt werden können. Neben ihm habe seine Ehefrau Zugriff gehabt. Den befreundeten Nachbarn sei der WLAN-Zugang zeitweise während des Umzugs überlassen worden. Seinem im Ausland lebendem Bruder sowie seinen Eltern sei ein VPN-Zugang eingerichtet worden. Zum streitgegenständlichen Zeitpunkt hätten sich seine Eltern zudem besuchsweise in seiner Wohnung befunden.

Zum streitgegenständlichen Zeitpunkt habe sich in seinem Haushalt ein NAS-Gerät, das einen BitTorrent Client vorinstalliert habe, befunden. Dritte hätten darauf mit webfähigen Geräten zugreifen können.

Er habe sich den streitgegenständlichen Film jederzeit legal und ohne zusätzliche Kosten beschaffen können.

Das Verhalten der Klägerin sei Betrug, da es sich um eine nachweislich massenhaft vollzogene Masche handele, weshalb nach Erhalt des ersten Schreibens Anzeige bei der Leipziger Polizei gegen Unbekannt erstattet worden sei.


Wegen der näheren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift vom 04.04.2017.




Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Das Amtsgericht München ist gemäß § 104a UrhG als Wohnsitzgericht des Beklagten örtlich zuständig.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch aus § 97 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 UrhG auf Schadensersatz in Höhe von 600,00 EUR.

Die Klägerin ist als Rechteinhaberin nach § 94 Abs. 1 UrhG aktivlegitimiert. Der Film [Name] genießt den Urheberschutz von § 2 Abs. 2 Nr. 6 UrhG. Das Recht der Klägerin zur öffentlichen Zugänglichmachung des Films nach § 19a UrhG wurde seitens des Beklagten verletzt.

Die Teilnahme an Internettauschbörsen beinhaltet eine Vervielfältigungshandlung wie auch eine öffentliche Zugänglichmachung des betroffenen Films, § 19a UrhG. Beim sog. Filesharing werden regelmäßig Dateien, die sich ein Nutzer in der Regel herunterlädt - wobei der Akt des Herunterladens nicht essenziell ist - zeitgleich im Rahmen eines Uploads den anderen Netzwerkteilnehmern zum Download angeboten. Anders als beim sog. Streaming, bei dem das betroffene Werk im Regelfall nur kurzzeitig und in sehr kleinen, für sich genommen kaum substantiellen Teilen in einem Puffer (Cache) im Arbeitsspeicher oder auf der Festplatte des Zielrechners zwischengespeichert wird und damit eine Vervielfältigungshandlung i.S.v. §16 UrhG im Regelfall nicht gegeben sein wird (vgl. Stieper, MMR 2012, 12), wird beim Filesharing die Datei auf den persönlichen Rechner heruntergeladen und verbleibt dort mit der Möglichkeit der Nutzung durch den Nutzer zu späteren Zeitpunkten.

Zugleich findet eine öffentliche Zugänglichmachung statt, indem die Datei bereits im Zeitpunkt des Herunterladens anderen Netzwerkteilnehmern zum Download und damit zur Vervielfältigung angeboten wird. Dieser Vorgang fällt nicht unter die durch Art. 5 Abs. 1 der Multimedia-Richtlinie vorgegebene Schranke von § 44a UrhG. Ungeachtet der technischen Frage, ob der Upload integraler und wesentlicher Teil des technischen Verfahrens des Downloads i.S.v. § 44a UrhG ist, ist § 44a UrhG auf Internettauschbörsen jedenfalls nicht anwendbar. Zum einen erfasst § 44a UrhG nur das nicht öffentliche, visuelle und auditive Wahrnehmen von Webseiten im Rahmen von Browsing und Streaming, das mit kurzzeitigen und teilweisen Speichervorgängen im Arbeitsspeicher des Rechners technisch bedingt verbunden sein kann, nicht aber das dem Filesharing immanente Herunterladen von Dateien (Wandte / Bullinger, Urheberrecht, § 44a, Rn. 1 u. 21, Stieper, MMR, 2012, 12, 17, Stolz, MMR 2013, 353, 358). Überdies ist die Schranke des § 53 UrhG insoweit in § 44a UrhG hineinzulesen, als dass es sich nicht um eine offensichtlich rechtswidrig vervielfältigte und öffentlich zugänglich gemachte Vorlage handeln darf (so im Ergebnis auch Busch, GRUR 2011, 496, 502). Während bei anderen visuellen Angeboten im Internet, wie z.B. dem Streaming, im Regelfall nicht per se davon ausgegangen werden kann, dass eine rechtswidrig öffentlich zugänglich gemachte Quelle in das Internet eingestellt wurde und zur visuellen Betrachtung angeboten wird, ist beim Filesharing hinlänglich bekannt, dass ganz überwiegend der Uploader nicht über die entsprechenden Nutzungsrechte verfügt. Durch die Teilnahme an dem Filesharing-Netzwerk, das ein aktives Handeln des Users, mithin das Herunterladen eines entsprechenden Filesharing-Programms erfordert, muss ihm im Sinne zumindest von Fahrlässigkeit bewusst sein, dass Urheberrechte verletzt werden können. Anders wäre der Fall beim Streaming zu beurteilen, das idR abgesehen von der allgemeinen Internetnutzung keine besonderen Aktionen des Users erfordert, die ihm die potentielle Gefahr einer Urheberrechtsverletzung erkenntlich machen würden (vgl. AG München, Urteil vom 19.05.2016, Az. 142 C 6133/16).

Dass die technischen Ermittlungen der Fa. ipoque GmbH, die zu der IP-Adresse geführt haben, ordnungsgemäß verliefen und ein richtiges Ergebnis erbrachten, wurde ebenso wenig bestritten wie die Zuordnung der IP-Adresse zum Internetanschluss des Beklagten. Es steht deshalb für das Gericht fest, dass die streitgegenständlichen Urheberrechtsverletzung über den Internetanschluss des Beklagten begangen wurde.

Der Beklagte hat die Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast nicht erfüllt.

Steht die Begehung der streitgegenständlichen Rechtsverletzungen über den Anschluss des Beklagten damit fest, so besteht eine tatsächliche Vermutung, dass der Beklagte als Inhaber des Anschlusses auch für hierüber begangene Rechtsverletzungen persönlich verantwortlich ist (vgl. BGH, Urteil vom 12.05.2010, I ZR 121/08, "Sommer unseres Lebens").

Hintergrund der tatsächlichen Vermutung ist die Lebenserfahrung, dass in erster Linie der Anschlussinhaber seinen Internetzugang nutzt, die Art und Weise der Nutzung bestimmt und kontrolliert (s. OLG Köln, 02.08.2013). Es wird deshalb eine Darlegungslast desjenigen angenommen, in dessen Herrschaftsbereich, i.e. über dessen Internetanschluss, die festgestellte Rechtsverletzung geschehen ist. Denn im Gegensatz zum Urheber, dessen Rechte verletzt wurden, ist er deutlich näher an der Verletzung dran und kann feststellen, wer die Urheberrechtsverletzung begangen hat. Eine derartige Feststellung ist demgegenüber dem Urheber in aller Regel nicht möglich, denn andere Daten als die IP-Adresse, über die der Rechteverletzung nach draußen kommunizierte, kann er nicht wissen noch in Erfahrung bringen. Der Urheber kann mithin nicht wissen, welche konkrete Person seine Rechte verletzt hat. Insoweit ist es Sache des Anschlussinhabers, im Rahmen seiner Darlegungslast dem Urheber die Verfolgung seiner Rechte zu ermöglichen. Als Anschlussinhaber, der über den Zugang zu seinem Internetanschluss bestimmt, muss er insoweit im Rahmen der Darlegungslast das Risiko für den Missbrauch seines Anschlusses tragen. Dürfte sich der Anschlussinhaber mit pauschalen Behauptungen und Verweisen auf Dritte zur Anspruchsabwehr begnügen, so würden die Urheber gegenüber Filesharing-Rechtsverletzungen de facto schutzlos gestellt und das Urheberrecht entwertet.

Eine Beweislastumkehr findet demgegenüber nicht statt, die Klägerseite trägt nach allgemeinen Grundsätzen vielmehr die Beweislast, dass die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind (BGH, I ZR 75/14, "Tauschbörse III"), Rn. 37). Aus dieser tatsächlichen Vermutung, die entkräftet wird, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung auch andere Personen den Anschluss nutzen konnten (BGH, ZR 169/12 "BearShare"), ergibt sich für die Beklagtenseite eine sekundäre Darlegungslast, die es ihr verwehrt, sich auf ein an sich zulässiges einfaches Bestreiten der Rechtsverletzung zu beschränken. Eine Entkräftung der tatsächlichen Vermutung erfordert vielmehr hinsichtlich aller fraglicher Tatzeitpunkte Sachvortrag, nach dem die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass allein ein Dritter und nicht auch der Anschlussinhaber den Internetzugang für die behauptete Rechtsverletzung genutzt hat (vgl. BGH, 15.11.2012, I ZR 74/12, "Morpheus" BGH, I ZR 169/12 "BearShare"). In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen (BGH, "BearShare") sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat (BGH, 06.10.2016, I ZR 154/15 - "Afterlife").

Eine persönliche Anwesenheit im Zeitpunkt des Hochladens ist nicht Voraussetzung für eine Urheberrechtsverletzung, da im Rahmen einer Tauschbörse ein zu einem anderen Zeitpunkt in Gang gesetzter Vorgang selbstständig weiterlaufen kann (vgl. OLG München, 14.01.2016, Az. 29 U 2593/15 unter Verweis auf BGH, "Tauschbörse I", I ZR 19/14). Insoweit ist unerheblich, dass der Beklagte zum streitgegenständlichen Zeitpunkt (seinen Sachvortrag unterstellt) mit dem Zu-Bett-Bringen seiner Kinder beschäftigt war.

Eine naheliegende Nachforschung hat nicht stattgefunden. Der Beklagte hat nach seinem Vortrag und dem Vortrag seiner Frau im Rahmen der mündlichen Verhandlung unmittelbar nach Erhalt der Abmahnung lediglich in seinem Haushalt Nachforschungen angestellt. Dabei konnte wohl auf den Computern des Beklagten und seiner Ehefrau der streitgegenständliche Film nicht gefunden werden. Dem Beklagten als Informatiker wäre es jedoch ohne Weiteres zumutbar gewesen, zu überprüfen, welche Rechner in dem in der Abmahnung angegebenen Zeitraum online waren. Eine solche Recherche ist auch vor dem Hintergrund zumutbar, dass ohnehin davon auszugehen ist, dass derjenige, dem eine Abmahnung wegen öffentlicher Zugänglichmachung urheberrechtlich geschützter Werke zugeht, zur Vermeidung weiterer Rechtsverletzungen im eigenen Interesse recherchieren wird (vgl. LG Stuttgart, 25.11.2014, Az. 17 0 468/14). Insofern wird sich ein Anschlussinhaber, der tatsächlich nicht selbst für die ihm vorgeworfene Rechtsverletzung verantwortlich ist, sich schon aus verständlichem Eigeninteresse ernsthaft auf die Suche nach einem möglichen alternativen Geschehensablauf begeben. Verweist er im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast jedoch pauschal auf die theoretische Möglichkeit, dass auch andere Personen verantwortlich sein könnten, so ist von einer reinen Schutzbehauptung auszugehen.

Soweit der Beklagte nunmehr vorträgt, dass auch seine Ehefrau die Nutzung von BitTorrent-Diensten in der Vergangenheit eingeräumt hat, ist dieser Vortrag nicht glaubhaft, nachdem in der mündlichen Verhandlung vom 04.04.2017 lediglich die Nutzung von BitTorrent-Diensten durch den Bruder des Beklagten eingeräumt wurde, nicht aber durch die Ehefrau selbst. Dies kann im Ergebnis aber dahinstehen, da der Beklagte selbst eine Rechtsverletzung durch seine Ehefrau ausschließt. Wenn es aber weder er noch seine Ehefrau gewesen sein sollen, so wären weitere Nachforschungen angezeigt gewesen, die jedoch (zeitnah) unterblieben sind. Insofern musste es sich für den Beklagten nahezu aufdrängen, im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Erhalt der Abmahnung seine Eltern zu befragen. Dies hat er jedoch zunächst unterlassen und erst im Rahmen dieses Verfahrens nachgeholt, ohne wiederum mitzuteilen, was seine Nachforschungen zur Tätigkeit seiner Eltern im Tatzeitraum ergeben haben. Auch die Angabe des Beklagten, dass der VPN-Zugang weitestgehend in Vergessenheit geraten sei und ihm erst mit Erhalt der Klageschrift im Jahr 2016 und der damit konkret verbundenen Aufforderung, die Nutzung des Internetanschlusses im Hinblick auf seine sekundäre Darlegungslast dazustellen, wieder in Erinnerung gekommen sei, ist für das Gericht wenig glaubhaft und lediglich als Schutzbehauptung zu werten. Dass der Beklagte möglicherweise weder ein Motiv, noch die Gelegenheit gehabt haben mag, die streitgegenständliche Urheberrechtsverletzung zu begehen, vermag die Vermutung seiner Täterschaft ebenfalls nicht zu widerlegen. Im Ergebnis verweist der Beklagte nach wie vor pauschal auf die bloß theoretische Möglichkeit des Zugriffs von im und außerhalb des Haushalts des Beklagten lebenden Familienangehörigen und Dritten.

Mangels ausreichender Nachforschungen sowie der Darlegung einer rein theoretischen Möglichkeit der Urheberschaft eines Dritten, die nicht substantiiert fundiert ist, hat der Beklagte die Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast nicht erfüllt. Dem Beklagten gelingt es damit nicht, seine sekundäre Darlegungslast zu erfüllen und einen möglichen Täter der streitgegenständlichen Urheberrechtsverletzung zu nennen.

Eine ernsthafte und plausible Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs besteht damit nicht. Ist der Beklagte den Anforderungen der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen, gilt der Vortrag der Klägerseite gern. § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden (Greger in Zöller, ZPO, § 138, Rn. 8b).

Der Beklagte handelte auch fahrlässig, da er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht ließ. Wer ein fremdes urheberrechtlich geschütztes Werk nutzen will, muss sich über den Bestand des Schutzes wie auch über den Umfang der Nutzungsberechtigung Gewissheit verschaffen. Insoweit bestand eine Prüf- und Erkundigungspflicht des Beklagten (vgl. Dreier / Schulze, UrhG, § 97, Rdn. 57). Diese Sorgfaltspflicht variiert je nach Art der Nutzung und der damit verbundenen Gefahr potentiellen Urheberrechtsverletzungen. So sind an den Teilnehmer einer Filesharing-Netzwerkes, der zunächst die Filesharing-Software auf seinem Rechner installieren muss, deutlich höhere Anforderungen zu stellen als bei herkömmlicher Internetnutzung mittels Browsing bzw. Streaming, die ohne einen Download stattfindet und damit oftmals dem Nutzer eine einfache und zuverlässige Feststellung, ob eine Urheberrechtsverletzung stattfindet, d.h. eine offensichtlich rechtswidrige Quelle i.S.v. §§ 53a, 44a UrhG genutzt wurde, unmöglich macht (so auch Busch, GRUR 2011, 496, 502). Der Beklagte hätte sich daher über die Funktionsweise einer Internet-Tauschbörse und auch über die Rechtmäßigkeit der Angebots kundig machen und vergewissern müssen. Hierzu wird vom Beklagten nichts vorgetragen.

Durch das Angebot zum Herunterladen des streitgegenständlichen Films verursachte der Beklagte einen Schaden, den das Gericht gemäß § 287 ZPO auf 600,00 EUR schätzt.

Bei der Verletzung von Immaterialgüterrechten ermöglicht die Rechtsprechung dem Verletzten wegen der besonderen Beweisschwierigkeiten neben dem Ersatz des konkreten Schadens weitere Wege der Schadensermittlung. Danach kann der Schaden auch in Höhe einer angemessenen Lizenzgebühr berechnet werden (BGH GRUR 1990, 1008, 1009 - "Lizenzanalogie"). Der Verletzte hat das Wahlrecht, wie er seinen Schadensersatz berechnen will. Vorliegend hat die Klägerin die Berechnung im Wege der Lizenzanalogie gewählt. Bei der Berechnung der angemessenen Lizenzgebühr ist rein objektiv darauf abzustellen, was bei vertraglicher Einräumung der Rechte ein vernünftiger Lizenzgeber gefordert und ein vernünftiger Lizenznehmer gewährt hätte, wenn beide im Zeitpunkt der Entscheidung die gegebene Sachlage gekannt hätten. Diese Schadensberechnung beruht auf der Erwägung, dass derjenige, der ausschließliche Rechte anderer verletzt, nicht besser stehen soll, als er im Falle einer ordnungsgemäßerteilten Erlaubnis durch den Rechteinhaber gestanden hätte. Damit läuft die Lizenzanalogie auf die Fiktion eines Lizenzvertrages der im Verkehr üblichen Art hinaus. In welchem Ausmaß und Umfang es konkret zu einem Schaden gekommen ist, spielt keine Rolle. Gibt es, wie im streitgegenständlichen Fall, keine branchenüblichen Vergütungssätze und Tarife, so dass die Höhe der als Schadensersatz nach § 97 UrhG zu zahlenden Lizenzgebühr nach § 287 ZPO unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu bemessen ist (BGH, I ZR 19/14, "Tauschbörse I").

Ein Schadensersatz von 600,00 EUR erscheint dem Gericht der Höhe nach angemessen. Der Sachvortrag der Klägerseite in der Klage bietet hierzu eine ausreichende Schätzungsgrundlage. Der angesetzte Betrag ist angesichts der gerichtsbekannten Funktionsweise einer Internettauschbörse, die mit jedem Herunterladen eine weitere Downloadquelle eröffnet, angemessen. Er steht in einem angemessenen Verhältnis zu den 200,00 EUR, die laut BGH, "Tauschbörse I - III" für den Upload eines Songs als Schadensersatz anfallen (ebenso OLG München, 14.1.2016, s.o.). Das Gericht schätzt daher die angemessene Lizenz gemäß § 287 ZPO auf 600,00 EUR.

Daneben kann die Klägerin von dem Beklagten Ersatz von Rechtsanwaltskosten für die Abmahnung in Höhe von 506,00 EUR gemäß § 97a Abs. 1 Satz 2 UrhG verlangen.

Eine Urheberrechtsverletzung des Beklagten hinsichtlich des Leistungsschutzrechtes der Klägerin liegt, wie oben dargestellt, vor. Der Beklagte wurde darauf hin mit Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom [Datum] zu Recht abgemahnt und zur Abgabe einer strafbewerten Unterlassungserklärung und zur Zahlung von Schadensersatz aufgefordert. Damit kann die Klägerin von dem Beklagten die Kosten der Abmahnung nach § 97a Abs. 1 Satz 2 UrhG verlangen, da dies die erforderlichen Aufwendungen für die berechtigte Abmahnung darstellen. § 97a Abs. 2 a.F. UrhG greift vorliegend hinsichtlich der Kosten der Abmahnung nicht ein. Bei der gegenständlichen Rechtsverletzung kann eine unerhebliche Rechtsverletzung nicht bejaht werden. Diese würde nämlich einen nach Art und Umfang geringfügigen Eingriff in die Rechte des Abmahnenden voraussetzen. Dies ist beim Anbieten eines gesamten Films in einer Internet-Tauschbörse nicht der Fall (so auch OLG München, 14.01.2016, s.o.). Immanent einer derartigen Verletzungshandlung ist nämlich nicht nur die öffentliche Zugänglichmachung des Werkes, § 19a UrhG, sondern auch die unkontrollierbare, grenzüberschreitende Vervielfältigung des Werkes durch den Upload, § 16 UrhG.

Der von der Klägerin für die Abmahnung angesetzte Gegenstandswert von 10.000,00 EUR ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Der Streitwert eines Unterlassungsanspruchs richtet sich nach dem Interesse des geschädigten Rechteinhabers an der künftigen Unterlassung gleichartiger Verletzungshandlungen. Im Hinblick auf das hohe Verletzungspotenzial, dem die Urheberrechte in Filesharing-Netzwerken ausgesetzt sind, erscheint vorliegend ein Streitwert von 10.000,00 EUR angemessen (§ 287 ZPO). Gegen die geltend gemachte 1,0-Geschäftsgebühr bestehen im Hinblick darauf, dass die Abmahnung in Bezug auf einen vollständigen Film erfolgte, Unterlassungserklärung sowie auch Schadensersatzansprüche geltend gemacht wurden, keine Bedenken.

Die Geltendmachung der streitgegenständlichen Ansprüche ist nicht nach § 242 BGB oder § 226 BGB ausgeschlossen. Die Urheber / Leistungsschutzinhaber wurden vorliegend in ihren Rechten verletzt. Das UrhG ist deshalb für sie einerseits die Abmahnung, deren Gebühren im Rahmen des § 97a UrhG zu erstatten sind, andererseits Schadensersatz nach § 97 UrhG vor. Dass es, wie die Beklagtenseite vorträgt, zahlreiche Abmahnungen wegen Filesharing gibt, kann die Rechte des einzelnen verletzten Urhebers / Leistungsschutzinhabers nicht einschränken.

Die Zinsforderung ergibt sich aus §§ 280 Abs. 2 , 286 Abs. 1, 288 BGB.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Der Streitwert wurde gemäß §§ 3 ZPO, 63 Abs. 2 GKG festgesetzt.



Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen die Entscheidung kann das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600,00 EUR übersteigt oder das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

Die Berufung ist binnen einer Notfrist von einem Monat bei dem

Landgericht München l
Prielmayerstraße 7
80335 München


einzulegen.

Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung der Entscheidung.

Die Berufung muss mit Schriftsatz durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt eingelegt werden. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt werde.

Die Berufung muss binnen zwei Monaten mit Anwaltsschriftsatz begründet werden. Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.

Gegen die Entscheidung, mit der der Streitwert festgesetzt worden ist, kann Beschwerde eingelegt werden, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,00 EUR übersteigt oder das Gericht die Beschwerde zugelassen hat.

Die Beschwerde ist binnen sechs Monaten bei dem

Amtsgericht München
Pacellistraße 5
80333 München


einzulegen.

Die Frist beginnt mit Eintreten der Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache oder der anderweitigen Erledigung des Verfahrens. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf der sechsmonatigen Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.

Die Beschwerde ist schriftlich einzulegen oder durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle des genannten Gerichts. Sie kann auch vor der Geschäftsstelle jedes Amtsgerichts zu Protokoll erklärt werden; die Frist ist jedoch nur gewahrt, wenn das Protokoll rechtzeitig bei dem oben genannten Gericht eingeht. Eine anwaltliche Mitwirkung ist nicht vorgeschrieben.



gez.
[Name]
Richterin am Amtsgericht



Verkündet am 08.05.2017
gez.
[Name], JAng
Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle



Für die Richtigkeit der Abschrift München, 09.05.2017
[Name], JAng
Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Durch maschinelle Bearbeitung beglaubigt - ohne Unterschrift gültig (...)





~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



AG München, Urteil vom 08.05.2017, Az. 159 C 2465/17,
WALDORF FROMMER Rechtsanwälte,
Rechtsanwalt David Appel,
Klage Waldorf Frommer,
sekundäre Darlegungslast,
VPN,
NAS-Gerät,
keine UE,
Beklagter ohne Anwalt,
Beklagter ist Informatiker,
fehlendes Bestreiten,
einfaches bestreiten,
Widersprüchlicher Vortrag,
Strafanzeige gegen Unbekannt

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AG Düsseldorf, Az. 14 C 66/16

#11080 Beitrag von Steffen » Dienstag 13. Juni 2017, 11:11

Rechtsanwalt Andreas Schwartmann (Köln): Das Amtsgericht Düsseldorf weist Klage von .rka Rechtsanwälte für Koch Media ab


11:10 Uhr


Auch die jüngsten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zur Frage der Haftung von Anschlussinhabern für Filesharingverletzungen, die über ihren Internetanschluss begangen wurden, haben an Grundsätzlichem nichts geändert:

» Wer darlegen kann, warum er selbst als Täter ausscheidet und wer stattdessen als Täter in Betracht kommt, kann sich auch weiterhin erfolgreich vor Gericht behaupten. «



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Bild

Rechtsanwalt Andreas Schwartmann

Robert-Perthel-Str. 45 | 50739 Köln
Tel: 0221-80137193 | Fax: 0221-80137206
E-Mail: info@rechtsanwalt-schwartmann.de | Web: https://rheinrecht.wordpress.com/




Bericht (vom 30.05.2017)


Link:

https://www.rechtsanwalt-schwartmann.de ... -media-ab/



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



So hat das Amtsgericht Düsseldorf nun mit Urteil vom 13.04.2017 eine Klage der Hamburger Kanzlei .rka Rechtsanwälte für die Firma Koch Media GmbH abgewiesen, mit der meinem Mandanten vorgeworfen worden war, das Computerspiel "Dead Island" unerlaubt öffentlich über seinen Internetanschluss zugänglich gemacht zu haben. In der mündlichen Verhandlung bestätigten die als Zeugen gehörten Familienmitglieder seinen im Rahmen der sekundären Darlegungslast abgegebenen Vortrag.

Es bleibt nun abzuwarten, ob die Gegenseite in Berufung zum Landgericht Düsseldorf geht oder die Entscheidung akzeptiert.

Natürlich könnte die Gegenseite nun den im Urteil genannten Zeugen als mutmaßlichen Täter abmahnen - aber der bestreitet die Rechtsverletzung und eine tatsächliche Vermutung für seine Täterschaft besteht nicht. Also wäre der Vollbeweis gegen ihn zu erbringen. Ich sehe nicht, wie das gelingen sollte.







AG Düsseldorf, Urteil vom 13.04.2017, Az. 14 C 66/16




(...) 14 C 66/16

Verkündet am 13.04 2017

[Name], Justizbeschäftigte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle



Amtsgericht Düsseldorf

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil




In dem Rechtsstreit


[Name],
Klägerin,

Prozessbevollmächtigte. .rka Rechtsanwälte, Johannes-Brahms-Platz 1. 20355 Hamburg,



gegen


[Name],
Beklagter,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Andreas Schwartmann, Robert-Perthel-Str 45. 50739 Köln,




hat das Amtsgericht Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vorn 13.02 2017 durch den Richter am Amtsgericht [Name]

für Recht erkannt

De Klage wird abgewiesen

Die Klägerin trägt de Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar Der Klägerin wird nachgelassen. die Zwangsvollstreckung durch den Beklagten durch Leistung einer Sicherheit in Hohe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden. wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Hohe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet




Tatbestand:

Die Klägerin nimmt den Beklagten wegen angeblichen Anbietens des Computerspiels "Dead Island" im Internet im Wege des Filesharings in Anspruch.

Mit der Klage verlangt die Klägerin Erstattung anwaltlicher Abmahnkosten von 859.80 EUR netto, anteiliger Kosten des Auskunftsverfahrens und der Providerauskunft von 9,52 EUR und teilweisen Schadensersatz nach den Grundsätzen der Lizenzanaloge von 500,00 EUR.

Die Klägerin behauptet, sie sei aufgrund vertraglicher Vereinbarung ausschließliche Nutzungsrechtsinhaberin des Computerspiels "Dead Island". Der Beklagte habe das Computerspiel mindestens vom 22.10.2011 bis zum 09.08.2013 im Wege des Filesharings im Internet angeboten



Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen.

1. an sie einen Betrag von 859.80 EUR nebst jährlicher Zinsen in Hohe von fünf Prozentpunkten aber dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 10.01.2012 zu zahlen.
2. an sie 9.52 EUR nebst jährlicher Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz sen Rechtsbangigkeit zu zahlen;
3. an Se einen weiteren Betrag aber 500,00 EUR nebst ehrlicher Zinsen in Hohe von fünf Prozentpunkten aber dem jeweiligen Basiszinssatz ab 10.01.2012 zu zahlen.



Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Das Gericht hat über das behauptete Anbeten des Computerspiels durch den Beklagten Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen [Name]. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Verhandlungsprotokoll vom 13.02.2017 (Bl. 196 ff. GA) verwiesen. Im übrigen wird auf alle Schriftsatze der Parteien nebst Anlagen und den sonstigen Akteninhalt verwesen.




Entscheidungsgrunde:

Die Klage ist unbegründet.

De Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch aus § 97a Abs. 1 S 2 UrhG a.F. auf Erstattung von Abmahnkosten. Die vorgenannte Vorschrift ist als lex specialis einzige Anspruchsgrundlage für de Erstattung von Abmahnkosten (vgl. Dreier / Schulze, UrhG, 5 Aufl., zu § 97a n.F. Rn. 12). Ein entsprechender Anspruch setzt voraus, dass der Beklagte Verletzer im Sinne von § 97a Abs 1 UrhG a.F. ist. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht recht fest, dass der Beklagte als Täter oder Teilnehmer vorsätzlich oder fahrlässig Urheberrechte der Klägerin verletzt hat. Es kann dahinstehen, ob das inkriminierte Anbieten zum Download tatsächlich von dem Internetanschluss des Beklagten aus erfolgt ist. Bei Urheberrechtsverletzungen im Internet spricht eine tatsächliche Vermutung für die Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen den Internetanschluss benutzen konnten (BGH. NJW 2016. 953, 955 - Tauschbörse III). Eine die tatsächliche Vermutung ausschließende Nutzungsmöglichkeit Dritter ist anzunehmen, wenn der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde; in diesen Fällen trifft den Inhaber des Internetanschlusses eine sekundäre Darlegungslast (a.a 0.). Diese führt zwar weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für den Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast vielmehr dadurch, dass er dazu vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen (a.a 0 ). In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen verpflichtet, entspricht der Anschlussinhaber seiner sekundären Darlegungslast, ist es wieder Sache des Anspruchstellers, die für eine Haftung des Anspruchsinhaber als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und zu beweisen (a.a.0.).

Der Beklagte ist - unterstellt, die angeführte Verletzungshandlung am 22.10.2011 erfolgte über seinen Internetanschluss - vorliegend dementsprechend seiner sekundären Darlegungslast nachgekommen. Aus seinem Vortrag ergibt sich. dass der Zeuge [Name] als Täter der angeführten Rechtsverletzung ernsthaft in Betracht kommt. Der Beklagte hat eine eigene Verletzungshandlung zunächst ausreichend bestritten, indem er auf Seite 2 der Klageerwiderung (Bl. 38 GA) darauf hinweist, dass auf dem von ihm benutzten Computer keine Filesharingsoftware installiert war und ist. Ferner stellt er dort das Nutzungsverhalten der weiteren Familienangehörigen ausreichend dar. denn er trägt vor, jedes weitere Familienmitglied habe einen eigenen Computer besessen und das Internet benutzt, auf Nachfrage hätten sämtliche Familienmitglieder de Vornahme der angeführten Verletzungshandlung bestritten. Mit Schriftsatz vom 14.04.2016, dort Seite 2 (Bl. 139 GA), behauptet der Beklagte weiter, der Zeuge [Name] sei zum angeführten Verletzungszeitpunkt zu Hause gewesen und dessen Computer sei mit dem Internet verbunden gewesen, ohne dass der Zeuge eine LAN-Party veranstaltet habe.

Die Klägerin muss daher beweisen, dass der Beklagte die Verletzungshandlung verübt hat. Diesen Beweis hat sie nicht führen können. Dazu musste nämlich zumindest feststehen, dass eine Verletzungshandlung durch den Zeugen [Name] auszuschließen ist, so dass zu Lasten des Beklagten weder eine tatsächliche Vermutung für dessen Täterschaft bestünde. Der Zeuge hat zwar ein Bereithalten des Spiels zum Download durch ihn selbst ausdrücklich verneint. Infolgedessen steht aber nicht zweifelsfrei fest, dass nur der Beklagte dies getan haben kann. An der Richtigkeit der Angaben des Zeugen bestehen nämlich Zweifel von Gewicht, soweit er ein eigenes entsprechendes Handeln verneint hat Nach den Angaben der Zeugen war das Spiel nämlich nur dem Zeugen [Name] bekannt und durch de Veranstaltung von LAN-Partys zeigte sich auch, dass er von allen Familienmitgliedern das größte Interesse an Computerspielen hatte. Seine ein eigenes Handeln bestreitenden Angaben können daher zwanglos als bloße Schutzbehauptung anzusehen sein.

Der Beklagte schuldet die Erstattung der Abmahnkosten auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Störerhaftung. Ob der Beklagte zur Verhinderung oder Kontrolle der LAN-Partys verpflichtet war, kann dahinstehen. Für eine solche Haftung musste nämlich zumindest feststehen, dass die Verletzungshandlung entweder durch ihn selbst oder durch die Teilnehmer der LAN-Partys begangen worden ist Daran fehlt es hier. Wie bereits ausgeführt, kommt nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme eine Täterschaft des damals bereits volljährigen Zeugen [Name] ernsthaft in Betracht. Die Klägerin führt schließlich eine angeblich von ihr festgestellte weitere Verletzungshandlung am 09.08 2013 an. Ob der Beklagte für diese Verletzungshandlung als Störer haftet, kann aber dahinstehen Die eingeklagten Abmahnkosten sind nämlich durch de erste angeführte Verletzungshandlung entstanden.

De Klägerin hat gegen den Beklagten auch keinen Anspruch aus § 97 Abs. 2 S. 1 und 3 UrhG auf Zahlung von Schadensersatz - der auch die verlangten Auskunftskosten umfassen wurde (vgl. Beck 'scher Online Kommentar Urheberrecht, Stand 01.10.2016, § 97 UrhG, Rn. 113) - bzw. Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung nach §§ 102a UrhG, 812 Abs 1 S. 1, 2 Alt. BGB nach den Gruix1satzen der Lizenzanaloge. Ein Anspruch nach § 97 Abs 2 S 1 und 3 UrhG setzt voraus, dass der Beklagte als Täter oder Teilnehmer vorsätzlich oder fahrlässig Urheberrechte der Klägerin verletzt und ihr dadurch einen Schaden zugefügt hat.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht ein entsprechendes Handeln des Beklagten wie ausgeführt aber nicht fest. Da wie ausgeführt offen bleibt, ob der Beklagte auf das Computerspiel durch die Tauschbörse zugegriffen hat, hat er im Sinne von § 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. BGB auch nichts "erlangt ".

Die verlangten Zinsen entfallen mangels Begründetheit der Klage in der Hauptsache. Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91. 708 Nr. 11, 711 S. 1 und 2 ZPO.

Streitwert bis 1.500,00 EUR. (...)





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AG Düsseldorf, Urteil vom 13.04.2017, Az. 14 C 66/16,
Rechtsanwalt Andreas Schwartmann,
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.rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR,
sekundäre Darlegungslast,
Mehrfachermittlung,
LAN-Party

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