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Steffen
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AG Frankfurt am Main (Außenstelle Höchst), Az. 387 C 1062/16 (98)

#10961 Beitrag von Steffen » Montag 30. Januar 2017, 16:33

WALDORF FROMMER: AG Frankfurt am Main (Außenstelle Höchst) - Anschlussinhaber nach bloßem Bestreiten der klägerischen Forderung verurteilt


16:30 Uhr


Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot eines urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen. Die in Anspruch genommene Beklagte beschränkte ihren Vortrag auf ein pauschales Abstreiten der klägerischen Ansprüche. Ihr Sachvortrag erschöpfte sich in der Behauptung: "der Klägerin steht die Klageforderung nicht zu, weil die Beklagte keinen Urheberrechtsverstoß begangen hat, denn sie hat die streitgegenständlichen Dateien nicht heruntergeladen und sie auch nicht anderen zur Nutzung bereitgestellt."



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

Beethovenstraße 12 | 80336 München
Telefon: 089 / 52 05 72 10 | Telefax: 089 / 52 05 72 30
E-Mail: web@waldorf-frommer.de | Web: www.waldorf-frommer.de



Bericht

Link:
http://news.waldorf-frommer.de/waldorf- ... erurteilt/

Urteil als PDF:
http://news.waldorf-frommer.de/wp-conte ... 216_98.pdf




Autorin

Rechtsanwältin Cornelia Raiser



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Das Amtsgericht beurteilte diesen Vortrag als nicht annähernd ausreichend, um die einen Anschlussinhaber treffenden Vortragsobliegenheiten zu erfüllen. So ließen diese Ausführungen "das Ziel des Bestreitens im Unklaren". Die Beklagtenseite lasse offen, ob sie mit bereits bestreiten wolle, dass die streitgegenständliche Rechtsverletzung überhaupt über ihren Internetanschluss begangen wurde; oder ob sie sich damit verteidigen wolle, die streitgegenständliche Rechtsverletzung nicht selbst begangen zu haben.

Die tatsächliche Vermutung der persönlichen Verantwortlichkeit lässt sich nicht durch ein rein pauschales Bestreiten erschüttern.

Das Gericht bestätigt zudem die Höhe der gelten gemachten anwaltlichen Kosten in Höhe von 506,00 EUR. Dabei erachtet das Gericht sowohl den in Ansatz gebrachten Gegenstandswert in Höhe von 10.000,00 EUR sowie die berechnete 1,0 Gebühr als angemessen. Die Anwendung von § 97a Abs. 2 UrhG a.F. lehnte das Gericht ab, da es sich bei der vorliegenden Materie gerade nicht um einfach gelagerte Fälle handle.

Das Amtsgericht ging zurecht davon aus, dass bereits die vorgelagerten Ermittlungen der jeweiligen Rechtsverletzungen einen Aufwand erfordern, der über einen einfach gelagerten Fall hinausgeht. Zudem komme es im Rahmen von Filesharing zu einer "unkontrollierten massenhaften illegalen Nutzung."

Schließlich wurde der Klägerin ein Schadensersatz in Höhe von 600,00 EUR zugesprochen. Aufgrund der Tatsache, dass das Einstellen eines Filmwerkes in einer illegalen Tauschbörse zu einer "lawinenartigen illegalen Weiterverbreitung" führt, sah das Gericht den geforderten Mindestbetrag als angemessen an.





AG Frankfurt am Main (Außenstelle Höchst), Urteil vom 02.12.2016, Az. 387 C 1062/16 (98)


  • (...) - Beglaubigte Abschrift -

    Amtsgericht Frankfurt am Main
    Außenstelle Höchst
    Aktenzeichen: 387 C 1062/16 (98)



    Verkündet lt. Protokoll am:
    02.12 2016

    [Name],
    Urkundsbeamtin/-beamter der Geschäftsstelle



    Im Namen des Volkes

    Urteil




    In dem Rechtsstreit


    [Name],
    Klägerin

    Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldorf u. Koll., Beethovenstraße 12, 80336 München,



    gegen


    [Name],
    Beklagte

    Prozessbevollmächtigter:
    [Name],



    hat das Amtsgericht Frankfurt am Main, Außenstelle Höchst durch den Richter am Amtsgericht [Name] aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 24.09.2016

    für Recht erkannt:

    Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Schadenersatz in Höhe von 600,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.10.2014 zu zahlen.

    Die Beklagte wird weiter verurteilt, an'die Klägerin 506,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.10.2014 zu zahlen.

    Die Kosten des Rechtsstreites hat die Beklagte zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    Die Beklagte darf die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.



    Tatbestand:

    Die Klägerin hat für das Filmwerk [Name] sämtliche exklusiven Verwertungsrechte für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erworben. Sie behauptet, dass über den Internetanschluss der Beklagten das Filmwerk vom [Datum,Uhrzeit] bis zum [Datum, Uhrzeit] Uhr über die illegale Tauschbörse BitTorrent zum illegalen Herunterladen (Download) angeboten worden sei. Eine tatsächliche Vermutung spreche dafür, dass die Beklagte die Tat begangen habe. Die Klägerin hat die Beklagte mit Schreiben vom Mn u.a. zur Abgabe einer strafbewertenden Unterlassungserklärung auffordern lassen. Die Beklagte hat sich daraufhin uneingeschränkt zur Unterlassung zukünftiger Rechtsverletzungen verpflichtet. Die Klägerin verlangt angemessenen Schadenersatz für die Urheberrechtsverletzung. Sie meint, dass ein Betrag von nicht weniger als 600,00 EUR angemessen sei. Außerdem verlangt sie Erstattung der Kosten für die Abmahnung Sie meint, der angesetzte Gegenstandswert von 10.000,00 EUR sei angemessen.

    Wegen des Vortrags der Klägerin im Einzelnen, insbesondere im Hinblick auf die Ermittlung des Internetanschlusses der Beklagten sowie die Begründung der Höhe des Schadensersatzes und des Gegenstandswertes der anwaltlichen Abmahnung, wird auf die Schriftsätze der Bevollmächtigten der Klägerin verwiesen.



    Die Klägerin beantragt,
    die Beklagte zu verurteilen, an sie einen angemessenen Schadenersatz, dessen Höhe in das Ermitteln des Gerichtes gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 600,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 17.10.2014 zu zahlen;

    die Beklagte zu verurteilen, an sie 506,00 EUR zuzüglich Zinsen in Hohe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 17.10.2014 zu zahlen.



    Die Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen.

    Sie bestreitet den Urheberrechtsverstoß. Sie habe die streitgegenständlichen Dateien nicht heruntergeladen und sie auch nicht anderen zur Nutzung zur Verfügung gestellt.

    Die Beklagte erhebt Einwände gegen die Höhe des geltend gemachten Schadenersatzes sowie gegen den Streitwert für das Anwaltschreiben vom [Datum].

    Wegen der Einzelheiten wird auf die Klageerwiderung der Bevollmächtigten der Beklagten vom 09.05.2016, Bl. 98 ff. der Gerichtsakte, verwiesen.



    Entscheidungsgründe:

    Die Klage ist begründet.

    Die Klägerin, die unstreitig die Inhaberin sämtlicher Verwertungsrechte an dem streitgegenständlichen Filmwerk ist, kann gemäß §§ 97 Abs. 2, 19a Urhebergesetz von der Beklagten Schadenersatz verlangen und gemäß § 97a Urhebergesetz Ersatz der Rechtsverfolgungskosten, da die Beklagte das Filmwerk über die illegale Tauschbörse BitTorrent zum elektronischen Abruf über das Internet angeboten hat. Es handelt sich dabei um die illegale öffentliche Zugänglichmachung im Sinne von § 19a Urhebergesetz. Die Täterschaft der Beklagten steht fest, da sie sich zu den dahingehenden Ausführungen der Klägerin nicht in der prozessual erforderlichen vollständigen Weise erklärt hat. Sie hat ausgeführt:

    "Der Klägerin steht die Klageforderung nicht zu, weil die Beklagte kein Urheberrechtsverstoß begangen hat, denn sie hat die streitgegenständlichen Dateien nicht heruntergeladen und sie auch nicht anderen zur Nutzung zur Verfügung gestellt. Die diesbezüglichen Behauptungen der Klägerin werden bestritten."

    Diese Ausführungen lassen das Ziel ihres Bestreitens im Unklaren. Der Anspruch der Klägerin setzt zum einen voraus, dass die Beklagte Inhaberin des Anschlusses ist, von dem aus die Urheberrechtsverletzung begangen wurde, zum anderen, dass sie selbst den Anschluss genutzt hat. Zu ersterem hat die Klägerin substantiierten Vortrag gehalten, zu letzterem weist sie zu Recht auf eine tatsächliche Vermutung der Täterschaft der Beklagten hin. Offen bleibt nun, ob die Beklagte bestreiten möchte, dass die Urheberrechtsverletzung über ihren Internetanschluss begangen wurde oder ob sie sich damit verteidigen will, dass sie für die über ihren Internetanschluss begangene Rechtsverletzung nicht verantwortlich sei. Der klägerische Vortrag ist damit nicht in prozessual wirksamer Weise bestritten.

    Die Klägerin kann einen Schadensersatzbetrag gemäß § 97 Abs. 2 Urhebergesetz in Höhe von 600,00 EUR verlangen. Das Gericht bestimmt den Schadensersatz im Wege einer Lizenzanalogie, und zwar ausgehend von einer Lizenz für das Abrufen des Filmwerkes. Die Klägerin hat unbestritten angegeben, dass die Lizenz für das Abrufen eines entsprechenden Filmwerkes regelmäßig nicht weniger als 5,87 EUR beträgt. Ob dieser Betrag zu erhöhen ist, kann dahinstehen, da ein Schaden von 600,00 EUR, ausgehend von einem Lizenzbetrag von 5,87 EUR für den Einzelfall bereits bei nicht mehr als 100 Abrufen erreicht wird. Das Gericht ist davon überzeugt, dass die Tathandlung der Beklagten wenigstens zu einem zweihundertfachen Herunterladen führt, da das Einstellen in die illegale Tauschbörse zu einer "lawinenartigen illegalen Weiterverbreitung" führt.

    Die Beklagte schuldet gemäß § 97a Urhebergesetz Erstattung der Rechtsverfolgungskosten, also die Kosten für das Anwaltsschreiben vom [Datum] mit dem sie u.a. zur Abgabe einer strafbewertenden Unterlassungserklärung aufgefordert wurde. Die Bevollmächtigten der Klägerin haben eine 1,0 Geschäftsgebühr angesetzt, was nicht ei beanstanden ist. Dasselbe gilt von dem Streitwert von 10.000,00 EUR. Vor dem Hintergrund, dass streitgegenständlich die Zugänglichmachung eines gesamten Filmwerkes, die zu einer unkontrollierbaren lawinenartigen Verbreitung führt, ist der Gegenstandswert nicht zu beanstanden.

    Der Anspruch der Klägerin wird auch nicht durch § 97a Urhebergesetz in der bis zum 08.10.2013 geltenden Fassung beschränkt. Danach sind in einfach gelagerten Fällen nur 100,00 EUR zu erstatten. Hier ist allerdings nicht von einem einfach gelagerten Fall auszugehen, da zum einen aufwendige Ermittlungen erforderlich waren, um die Beklagte als Täterin der Verletzungshandlung festzustellen, auf der anderen Seite die Tathandlung zu einer unkontrollierbaren massenhaften illegalen Nutzung des Werkes führen kann.

    Die Klägerin hat Anspruch auf die gesetzlichen Verzugszinsen.

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

    Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat seine Rechtsgrundlage in §§ 708 Nr 11, 711 ZPO.



    Rechtsbehelfsbelehrung:

    Diese Entscheidung kann mit der Berufung angefochten werden. Sie ist einzulegen innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem

    Landgericht Frankfurt am Main,
    Gerichtsstraße 2,
    60313 Frankfurt am Main.


    Die Frist beginnt mit der Zustellung der in vollständiger Form abgefassten Entscheidung. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Beschwerdegegenstand 600,00 EUR übersteigt oder das Gericht die Berufung in diesem Urteil zugelassen hat. Zur Einlegung der Berufung ist berechtigt, wer durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Die Berufung wird durch Einreichung einer Berufungsschrift eingelegt. Die Berufung kann nur durch einen Rechtsanwalt eingelegt werden.



    [Name],
    Richter am Amtsgericht (...)




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AG Frankfurt am Main (Außenstelle Höchst), Urteil vom 02.12.2016, Az. 387 C 1062/16 (98),
WALDORF FROMMER Rechtsanwälte,
Rechtsanwältin Cornelia Raiser,
Klage Waldorf Frommer,
sekundäre Darlegungslast,
pauschales Bestreiten,
pauschales Abstreiten

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10962 Beitrag von Steffen » Mittwoch 1. Februar 2017, 15:11

Rechtsanwalt Markus Brehm (Frankfurt am Main): Amtsgericht Frankfurt am Main weist Filesharingklage von .rka-Rechtsanwälte ab: Erfüllung der sekundären Darlegungslast


15.10 Uhr



Das Amtsgericht Frankfurt am Main hat mit Urteil vom 26.01.2017 eine Klage der Koch Media GmbH, vertreten von der Kanzlei .rka-Rechtsanwälte aus Hamburg als unbegründet abgewiesen. Gegenstand des Verfahrens war der Vorwurf des Filesharings gegen den von uns vertretenen Beklagten.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Bild

Rechtsanwalt Markus Brehm



Kanzleisitz:

Deutschherrnufer 27 | 60594 Frankfurt
Tel. 069 – 913 16 70 1 | Fax 069 – 913 16 70 2
E-Mail: info@kanzleibrehm.de | Web: http://www.kanzleibrehm.de



Zweigstelle Nürnberg:

Auf dem FrankenCampus
Frankenstraße 152 | 90461 Nürnberg
Tel. 0911 – 477 53 53 0 | zentrales Fax 069- 913 16 70 2
E-Mail: info@kanzleibrehm.de | Web: http://www.kanzleibrehm.de



Bericht

Link:
http://www.kanzleibrehm.de/ag-frankfurt ... gungslast/




~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



1. Verfahren

Dem Beklagten wurde vorgeworfen, das Computerspiel "Dead Island" über eine Internettauschbörse zum Download angeboten zu haben.

Der Beklagte wurde im Jahr 2013 wegen dieses Vorwurfs von der Kanzlei .rka-Rechtsanwälte abgemahnt. Mit der Abmahnung forderte die Kanzlei die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung sowie Schadensersatz und Ersatz der Abmahnkosten.

Außergerichtlich gab der Beklagte weder eine Unterlassungserklärung ab noch zahlte er die geforderten Beträge.

Die Klägerin beauftragte im Jahr 2016 die Kanzlei .rka-Rechtsanwälte mit der Beantragung eines Mahnbescheids, gegen welchen unser Mandant fristgerecht Widerspruch erhoben hat. In dem darauf folgenden Klageverfahren unterlag die Koch Media GmbH vertreten von der Kanzlei RKA da sie letztlich den Beweis der Verantwortlichkeit unseres Mandanten nicht erbringen konnte.



2. Rechtliches

Das Amtsgericht Frankfurt wies die Klage mit der Begründung ab, der Klägerin stünde der geltend gemachte Anspruch auf Schadensersatz im Wege der Lizenzanalogie gemäß § 97 Abs. 2 Urhebergesetz ebenso wenig zu wie ein Anspruch auf Ersatz von Abmahnkosten gemäß § 97a Abs. 1 Satz 2 Urhebergesetz in der hier maßgeblichen, bis zum 08.10.2013 gültigen Fassung.

Das Gericht führte zur Begründung weiter aus, dass es letztlich dahinstehen kann, ob über den Internetanschluss des Beklagten die Software "Dead Island" zum Herunterladen zur Verfügung gestellt wurde daher jedenfalls nicht mit der für eine Verurteilung erforderlichen Sicherheit feststeht, dass der Beklagte auch Täter dieser Urheberrechtsverletzung war. Insofern läge die Darlegungs- und Beweislast bei der Klägerin.

Das Gericht bezieht sich hierbei auf die viel zitierten Entscheidungen des BGH vom 08.01.2014, die I ZR 169/12 (BearShare); BGH Urteil vom 11.06.2015 die I ZR 75/14 (Tauschbörse III).



Sekundäre Darlegungslast

Ferner stellt das Gericht klar, dass entgegen der Auffassung der Klägerin der Beweis des ersten Anscheins zulasten des Beklagten gerade nicht greift. Den Beklagten trifft als Inhaber des Internetanschlusses allerdings eine sekundäre Darlegungslast. Diese hat der Beklagte erfüllt indem er nachvollziehbar und konkret vortragen konnte, welche verschiedenen verwendeten Endgeräte zum fraglichen Tatzeitpunkt im Haushalt des Beklagten vorhanden waren und welche im Haushalt des Beklagten lebenden Personen ebenfalls Zugang zu dem streitgegenständlichen Internetanschluss hatten. Der Beklagte konnte weiter nachvollziehbar darlegen, dass sowohl seine Ehefrau als auch seine beiden Kinder zur angeblichen Tatzeit zu Hause gewesen sind.

Der hinsichtlich der Täterschaft des Beklagten beweisbelasteten Klägerin ist es darüber hinaus nicht gelungen, zu beweisen, dass die Ehefrau und die Kinder des Beklagten keinen selbstständigen Zugriff auf den gegenständlichen Internetanschluss gehabt haben und insofern als Täter in Frage kommen.

Die Entscheidung des Amtsgerichts ist noch nicht rechtskräftig.

Für Fragen rund um das Thema Filesharing stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.




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Ihre Kanzlei Brehm


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AG Frankfurt, Az. 32 C 1866/16 (90)

#10963 Beitrag von Steffen » Mittwoch 1. Februar 2017, 17:23

AG Frankfurt am Main, Urteil vom 26.01.2017, Az. 32 C 1866/16 (90)
im Volltext




17:15 Uhr



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Bild

Rechtsanwalt Markus Brehm



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Zweigstelle Nürnberg:

Auf dem FrankenCampus
Frankenstraße 152 | 90461 Nürnberg
Tel. 0911 – 477 53 53 0 | zentrales Fax 069- 913 16 70 2
E-Mail: info@kanzleibrehm.de | Web: http://www.kanzleibrehm.de



Bericht

Link:
http://www.kanzleibrehm.de/ag-frankfurt ... gungslast/




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AG Frankfurt am Main, Urteil vom 26.01.2017, Az. 32 C 1866/16 (90)


  • (...) Amtsgericht Frankfurt am Main
    Aktenzeichen: 32 C 1866/16 (90)

    Verkündet it. Protokoll am:
    26.01.2017


    [Name], Justizamtsinspektorin
    Urkundsbeamtin-/beamter der Geschäftsstelle




    Im Namen des Volkes

    Urteil




    In dem Rechtsstreit


    [Name],
    Klägerin

    Prozessbevollmächtigte:
    [Name],


    gegen


    [Name],
    Beklagter

    Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt Markus Brehm, Deutschherrnufer 27, 60594 Frankfurt am Main,



    hat das Amtsgericht Frankfurt am Main durch die Richterin am Amtsgericht [Name] aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11.01.2017

    für Recht erkannt:

    Die Klage wird abgewiesen.

    Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar,

    Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.



    Tatbestand

    Die Klägerin verlangt Schadensersatz unter Berufung auf eine Urheberrechtsverletzung durch Nutzung eines so genannten Filesharing-Systems.

    Der Beklagte ist Inhaber eines Internetanschlusses. Mit Schreiben vom 03.01.2013 (Anlage K1 zur Klagebegründung, Bl. 30 ff. d.A.) mahnten die Bevollmächtigten der Klägerin den Beklagten mit der Begründung ab, er habe über diesen Internetanschluss einen Urheberrechtsverstoß dadurch begangen, dass er am 10.12.2012 um [Uhrzeit 1] Uhr und um [Uhrzeit 2] Uhr im Rahmen eines so genannten Filesharing-Systems das Computerspiel "[Name]" aus dem Internet heruntergeladen 'und dadurch zugleich anderen Benutzern zum Herunterladen zur Verfügung gestellt habe, ohne über die erforderliche Lizenz zu verfügen.

    Die Klägerin behauptet, über den Internetanschluss des Beklagten sei am 10.12.2012 um [Uhrzeit 1] Uhr und um [Uhrzeit 2] Uhr die Software "[Name]" zum Download bereitgestellt worden. Die Klägerin ist der Ansicht, ein Beweis des ersten Anscheins spreche dafür, dass der Beklagte als Anschlussinhaber die Urheberrechtsverletzung begangen habe. Die Klägerin meint weiter, im Rahmen der Lizenzanalogie stehe ihr ein Schadensersatzanspruch in Höhe von mindestens 640,20 EUR zu. Daneben macht sie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten für die Abmahnung in Höhe von 859,80 EUR (1,3 fache Gebühr aus einem Gegenstandswert von 20.00,00 EUR zuzüglich Auslagenpauschale) geltend.



    Die Klägerin beantragt,
    den Beklagten zu verurteilen,

    1. an sie einen Betrag von 859,80 EUR nebst jährlicher Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.01.2013 zu zahlen,
    2. an sie einen weiteren Betrag über 640,20 EUR nebst jährlicher Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 15.01.2013 zu zahlen.



    Der Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen.

    Der Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung. Er bestreitet sowohl die Aktivlegitimation der Klägerin als auch die Zuverlässigkeit der zur Ermittlung der IP-Adressen verwendeten Systeme. Der Beklagte behauptet, im Dezember 2012 hätten sowohl seine Ehefrau, die Zeugin [Name], als auch seine beiden Kinder, die Zeugen [Name] und [Name] selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss gehabt, und zwar jeweils über mehrere Endgeräte, wie Notebook, Smartphone und Tablet-Computer; für Einzelheiten wird insofern auf den Schriftsatz vom 06.09.2016 (Bl. 44 d.A.) Bezug genommen. Zur fraglichen Zeit seien seine Ehefrau und Kinder auch zu Hause gewesen.

    Sowohl seine Ehefrau als auch seine Kinder hätten ihm auf Nachfragen versichert, das Computerspiel nicht heruntergeladen zu haben.

    Für den weiteren Vortrag der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung am 11.01.2017 Bezug genommen.

    Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen [Namen]. Für das Ergebnis wird Bezug genommen auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung am 11.01.2017.



    Entscheidungsgründe

    Die Klage ist nicht begründet.

    Der geltend gemachte Anspruch auf Schadensersatz im Wege der Lizenzanalogie gemäß § 97 Abs. 2 UrhG steht der Klägerin ebenso wenig zu wie ein Anspruch auf Ersatz von Abmahnkosten gemäß § 97a Abs. 1 Satz 2 UrhG in der hier maßgeblichen, bis zum 08.10.2013 gültigen Fassung.

    Ob tatsächlich über den Internetanschluss des Beklagten die Software "[Name]" zum Herunterladen zur Verfügung gestellt wurde, kann offen bleiben, da jedenfalls nicht mit der für eine Verurteilung erforderlichen Sicherheit feststeht, dass der Beklagte auch Täter dieser Urheberrechtsverletzung war. Insofern liegt die Darlegungs-und Beweislast grundsätzlich bei der Klägerin (BGH, Urteil vom 08.01.2014, I ZR 169/12 ("BearShare"); BGH, Urteil vom 11.06.2015, 1 ZR 75114 ("Tauschbörse III"), zitiert nach juris).

    Entgegen der Auffassung der Klägerin greift zulasten des Beklagten auch kein Beweis des ersten Anscheins ein. Wird über einen Internetanschluss eine Rechtsverletzung begangen, ist eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers dann nicht begründet, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung (auch) andere Personen diesen Anschluss benutzen konnten (BGH a.a.O.); etwa, weil der Anschluss bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde (vgl. BGH a.a.O.).

    Den Beklagten trifft als Inhaber des Internetanschlusses allerdings eine sekundäre Darlegungslast. Diese führt weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast dadurch, dass er vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen verpflichtet (BGH a.a.O.).

    Dabei reicht es nicht aus, wenn der Anschlussinhaber darlegt, dass bestimmte Personen im Allgemeinen eine Nutzungsmöglichkeit haben, sondern es kommt konkret auf die Situation zum Verletzungszeitpunkt an (BGH, Urteil vom 11.06.2015, I ZR 75/14).

    Diesen Anforderungen ist der Beklagte im vorliegenden Fall nachgekommen. Er hat nicht nur konkret und unter Benennung der verschiedenen verwendeten Endgeräte benannt, dass sowohl seine Ehefrau als auch seine beiden - seinerzeit [Altersangaben] alten - Kinder im fraglichen Zeitraum, nämlich am 10.12.2012 zwischen [Uhrzeit 1] und [Uhrzeit 2] Uhr, in seinem Haushalt lebten, selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und damit grundsätzlich als Täter der geltend gemachten Urheberrechtsverletzung in Betracht kommen. Er hat auch dargelegt, dass sowohl seine Ehefrau als auch seine Kinder zu dieser Zeit zu Hause waren. Dies ist in Anbetracht der Tatsache, dass es sich um einen Montagabend außerhalb der Schulferienzeit handelte und beide Kinder des Beklagten im Dezember 2012 im schulpflichtigen Alter waren, auch plausibel.

    Der hinsichtlich der Täterschaft des Beklagten beweisbelasteten Klägerin ist es nicht gelungen zu beweisen, dass die Ehefrau und die Kinder des Beklagten am 10.12.2012 keinen selbstständigen Zugriff auf den Internetanschluss des Beklagten gehabt und insbesondere die streitgegenständliche Software nicht heruntergeladen hätten, so dass als Täter letztlich nur der Beklagte in Frage komme. Denn die zu diesen Behauptungen benannten Zeugen haben von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht gemäß § 383 Abs. 1 Ziff. 2 bzw. Ziff. 3 ZPO Gebrauch gemacht.

    Der Beklagte hat ferner vorgetragen, dass seine Ehefrau und seine Kinder den streitgegenständlichen Rechtsverstoß ihm gegenüber verneint hätten.

    Darüber hinausgehende Nachforschungspflichten treffen den Beklagten nicht. Insbesondere obliegt es ihm nicht, zugunsten der Klägerin den tatsächlichen Täter zu ermitteln und ihn der Klägerin zu benennen. Über eine Nachfrage hinausgehende Möglichkeiten der Nachforschung sind - jedenfalls im Verhältnis zur Ehefrau des Beklagten - auch nicht ersichtlich.

    Die Nebenentscheidungen über Kosten und vorläufige Vollstreckbarkeit ergeben sich aus §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.



    Rechtsbehelfsbelehrung

    Diese Entscheidung kann mit der Berufung angefochten werden. Sie ist einzulegen innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem

    Landgericht Frankfurt am Main,
    Gerichtsstraße 2,
    60313 Frankfurt am Main.


    Die Frist beginnt mit der Zustellung der in vollständiger Form abgefassten Entscheidung. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600,00 EUR übersteigt oder das Gericht die Berufung in diesem Urteil zugelassen hat. Zur Einlegung der Berufung ist berechtigt, wer durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Die Berufung wird durch Einreichung einer Berufungsschrift eingelegt. Die Berufung kann nur durch einen Rechtsanwalt eingelegt werden.



    [Name],
    Richterin am Amtsgericht (...)



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


AG Frankfurt am Main, Urteil vom 26.01.2017, Az. 32 C 1866/16 (90),
Klage .rka-RAe,
Kanzlei Brehm,
Rechtsanwalt Markus Brehm

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10964 Beitrag von Steffen » Mittwoch 1. Februar 2017, 20:15

OBLADEN GAESSLER Rechtsanwälte (Köln): Berufung der M.I.C.M. MIRCOM (Negele Zimmel Greuter) ohne Erfolg - Rechteinhaber ist nicht aktivlegitimiert


20:15 Uhr


In einem von uns geführten Berufungsverfahren hat das Landgericht Köln einen Hinweis erteilt, der viele Filesharer aufatmen lassen dürfte. Geklagt hatte die Firma M.I.C.M. MIRCOM, die durch die Kanzlei Negele Zimmel Greuter aus Augsburg vertreten wurde. Bereits in der ersten Instanz wurde die Klage teilweise abgewiesen, was unseren Mandanten sehr gefreut hat. Nun hat aber auch die 2. Instanz, hier das Landgericht Köln, geäußert, dass es wohl an der sog. Aktivlegitimation der Firma M.I.C.M. MIRCOM fehlen dürfte.



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OBLADEN GAESSLER Rechtsanwälte

Weißhausstraße 26 | 50939 Köln
Phone: +49 (0) 221 800 676 80 | Fax: +49 (0)221 800 676 77
E-Mail: kanzlei@obladen-gaessler.de | Web: www.obladen-gaessler.de




Bericht

Link:
http://www.obladen-gaessler.de/fileshar ... legimiert/



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Dies bedeutet vereinfacht ausgedrückt, dass die Firma M.I.C.M. MIRCOM nach Auffassung des Landgerichts Köln nicht klageberechtigt ist. Etwaige Klagen sind damit -jedenfalls soweit sie vor dem AG Köln und dem LG Köln- anhängig gemacht werden, wohl unbegründet.



Rechteinhaber ist nicht aktivlegitimiert


Der Hinweis des Landgerichts Köln lautet wie folgt:
  • "In Vorbereitung des anstehenden Termins und zur Vermeidung damit zusammenhängender weiterer Kosten wird die Klägerin darauf hingewiesen, dass ihre Berufung keine Aussicht auf Erfolg haben dürfte. Denn entgegen ihrer Auffassung ist die Klägerin nicht aktivlegitimiert. Die Klägerin macht im eigenen Namen vermeintliche eigene Rechte geltend, die ihr mit dem Licence Agreement vom 2. Oktober 2012 bzw. der Verlängerung vom 1. Februar 2015 worden sein sollen. Bei den eingeräumten Rechten soll es sich jedoch lediglich um das ausschließliche Recht zur öffentlichen Zugänglichmachung der von der Lizenzgeberin hergestellten Filmwerke in dezentralen Netzwerken, so genannten p2p und Internet-Filesharing-Netzwerken handeln.

    Die Kammer hat die Klägerin jedoch bereits in Verfahren nach § 101 Abs. 9 UrhG darauf hingewiesen, dass es sich bei dem vermeintlich übertragenen ausschließlichen Recht der Antragstellerin zum öffentlichen Zugänglichmachen nach § 19a UrhG im Internet über Peer-to-Peer-Netzwerke (sog. Internet-Tauschbörsen, Filesharing), nicht um eine eigenständig abspaltbare Nutzungsform mit dinglicher Wirkung im Sinne von § 31 Abs. 1 S. 2 UrhG handelt.

    Diese Auffassung ist die Kammer in ständiger Rechtsprechung (vergleiche mit ausführlicher Begründung etwa Beschluss der Kammer vom 13. Mai 2016, Az. 214 O 85/16); die Ansicht teilt auch der zuständige Senat beim Oberlandesgericht Köln.

    Daher hat die Klägerin mit den vorgelegten Lizenzvereinbarungen kein ausschließliches Nutzungsrecht erworben, das ihr ein Verbotsrecht eröffnen würde oder aufgrund dessen ein Schaden bei ihr entstehen könnte.

    Daher mag die Klägerin erwägen, die Berufung zurückzunehmen."


Erfolg für Anschlussinhaber

Die Entscheidung ist besonders erfreulich, da das Landgericht Köln sicherlich zu den Gerichten zählen dürfte, das die höchsten Anforderungen an die Darlegungslast des Anschlussinhabers stellt. Das Gericht darf daher nach unserer Auffassung auch als besonders rechteinhaberfreundlich bezeichnet werden. Hier scheint das Gericht jedoch eine Ausnahme von der ansonsten recht strengen Auffassung in Filesharing-Sachen zu machen.




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Rechtsanwalt Philipp Obladen


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AG Mannheim, Az. U 10 C 1780/16

#10965 Beitrag von Steffen » Donnerstag 2. Februar 2017, 18:02

Landesrechtsprechung Baden-Württemberg: AG Mannheim, Urteil vom 18.01.2017, Az. U 10 C 1780/16



18:00 Uhr


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Justizministerium Baden-Württemberg

Schillerplatz 4 | 70173 Stuttgart
Tel.: 0711-279-0 | Fax: 0711-279-2264
E-Mail: poststelle@jum.bwl.de | Web: http://www.justiz.baden-wuerttemberg.de




Bericht

Link:
http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_re ... s=0&anz=21




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AG Mannheim, Urteil vom 18.01.2017, Az. U 10 C 1780/16


  • Leitsätze

    1. Nimmt ein Rechteinhaber einen Internetinhaber, zu dem mehrere Familienangehörigen Zugang haben, wegen Urheberrechtsverletzung in Anspruch, ist das Bestreiten der Verletzung unter gleichzeitiger Benennung der weiteren Zugangsberechtigten ausreichend (sog. sekundäre Darlegungslast). Fortführung von EuGH, MMR 2016, 760 - "Mc Fadden"

    2. Die sekundäre Darlegungslast führt nicht zur Umkehr der Beweislast, diese verbleibt beim Anspruchsteller.

    3. Konkrete Nachforschungen sind dem Anschlussinhaber im Lichte des Art. 6 GG nicht zumutbar, eine Vermutung zu seinen Lasten ist mit der allgemeinen Lebenserfahrung nicht vereinbar.



    Tenor

    1. Die Klage wird abgewiesen.

    2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

    3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.



    Beschluss

    Der Streitwert wird auf bis zu 1.500,00 EUR festgesetzt.




    Tatbestand

    Die Klägerin fordert von den Beklagten Zahlung wegen Urheberrechtsverletzung.

    Die Klägerin ist Rechteinhaberin hinsichtlich des Computerspiels "D. " (Bl. 22 R-27), die Beklagte hat einen Internetanschluss. Die Beklagte wurde mit Schreiben vom 12.12.2012 abgemahnt (Bl. 29, 29R) sowie wegen eines anderen urheberrechtlich geschützten Werkes am 06.12.2012 (Bl. 89).


    Die Klägerin trägt vor:
    - mit geeigneter und zuverlässig funktionierender Software seien von einem von ihr beauftragten Dienstleister IP-Adressen ermittelt worden, welche dem Internetanschluss der Beklagtenseite zuzurechnen seien (Bl. 19-22R, 76-81),
    - mit welchem am 03.11.2012 das streitgegenständliche Computerspiel zum Download in einer lauffähigen Version bereit gehalten worden sei (Bl. 27-29, 81-85),
    - weshalb die Beklagtenseite die Kosten der Abmahnung auf Basis eines Gegenstandswertes in Höhe von bis zu 20.000 EUR zu erstatten habe (Bl. 30R, 90, 91),
    - sowie ihr ein Schadensersatzanspruch i.H.v. 640,20 EUR zustehe (Bl. 31-33),
    - die von der Beklagten benannten Personen hätten weder bei der Beklagten gewohnt noch eigenständig mit eigenen Endgeräten auf deren Anschluss zugreifen können, auch keine Tauschbörsenprogramme über den Internetanschluss der Beklagten genutzt, hätten das Computerspiel auch vor Erhalt der Abmahnung nicht gekannt, wie sie auch nicht wisse, dass der von der Beklagten genutzten Computer für die Nutzung von Tauschbörsenprogrammen ungeeignet sei (Bl. 88),
    - das streitgegenständliche Computerspiel hätte durchaus erfolgreich vertrieben werden können (Bl. 89, 90).



    Die Klägerin beantragt:
    1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag von EUR 859,80 nebst jährlicher Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22. Dezember 2012 zu zahlen.
    2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen weiteren Betrag von EUR 640,20 nebst jährlicher Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 22. Dezember 2012 zu zahlen.



    Die Beklagte beantragt:
    Die Klage wird abgewiesen.


    Die Beklagte trägt vor:
    - sie habe noch nie ein PC-Spiel gespielt, sei auch an den genannten Tatzeitpunkt nicht am Computer gewesen, (Bl. 58, 59),
    - in Ihrem Haushalt hätten ihr Ehemann und die volljährigen Söhne gelebt (Aufenthaltsbescheinigungen Bl. 147,149, 151) mit selbstständigem und gleichberechtigten Zugang zu dem Internetanschluss, welcher auch hinreichend gesichert gewesen sei (Bl. 59), möglicherweise Dritte dennoch auf diesen zugegriffen hätten; zu weiteren Nachforschungen unter ihren Haushaltsangehörigen sei sie nicht verpflichtet (Bl. 59, 65, 66),
    - die ermittelte IP-Adresse sei fehlerhaft ihrem Internetanschluss zugeordnet worden, die ermittelten Datensätze sowie die verwendete Software seien unzuverlässig, (Bl. 61-64),
    - die geltend gemachten Ansprüche deshalb nicht geschuldet,
    - die Anwaltskosten schon der Höhe nach nicht, weil überzogen berechnet (Bl. 66, 67),
    - wie auch der Klägerin ein Schaden im Hinblick auf den Verbot des streitgegenständlichen Spiels nicht entstanden sei (Bl. 68).

    Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze samt Anlagen Bezug genommen.



    Entscheidungsgründe

    Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Klägerin stehen gegen die Beklagte keine Ansprüche gemäß §§ 823, 249,683, 670 BGB, 97, 97a Abs. 1 UrhG a.F. zu.

    Der Klägerin hätte es oblegen zu beweisen, dass es die Beklagte war, welche als Störerin die urheberrechtlich geschützte Rechtsposition der Klägerin verletzte. Dies ist nicht der Fall, die Beklagte hat ihre Täterschaft bestritten und unwiderlegt vorgetragen, dass ihre im gleichen Haushalt lebenden, erwachsenen Familienangehörigen ebenfalls Zugriff auf den Computer hatten.

    Damit ist die Beklagte ihrer sekundären Einlassungslast nachgekommen; mehr kann von der Beklagte nicht verlangt werden. Die sekundäre Einlassungslast führt nur dazu, dass der Gegner den Vortrag der beweisbelasteten Partei nicht einfach bestreiten darf, sondern im Rahmen des ihm Zumutbaren gehalten ist, die für das Gegenteil sprechenden Tatsachen und Umstände darzulegen (BGH NJW 2008, 982 Rn. 16; BeckOK ZPO/Bacher ZPO § 284 Rn. 84). Der Kernbereich von Artikel 6 GG Abs. 1 GG wäre betroffen und verletzt, wenn Familienangehörige faktisch gezwungen würden, sich gegenseitig zu denunzieren, um eine vom BGH postulierte Vermutung hinsichtlich der Störereigenschaft auszuräumen, welche auf den bloßen Umstand geknüpft ist, dass der in Anspruch genommene den betreffenden Internetanschluss eingerichtet hat.

    Es muss der Anspruchsteller vielmehr, wenn die Gegenseite ihrer Einlassungsobliegenheit - wie hier - genügt hat, die Voraussetzungen für eine Haftung des Gegners darlegen und gegebenenfalls beweisen. Es gereicht der Bekl. daher nicht zum Nachteil, dass sie den von ihr geschilderten Sachverhalt nicht bewiesen hat, da ihr insoweit keine Beweislast obliegt (vgl. BGH, TranspR 2008, 113 = BeckRS 2008, 03733 Rdnr. 33; NJW-RR 2009, 751 = TranspR 2009, 134 Rdnr. 15). Eine andere Beurteilung der Darlegungs- und Beweislastverteilung ergibt sich auch dann nicht, wenn der an sich darlegungs- und beweisbelasteten Partei die nähere Darlegung eines zum Wahrnehmungsbereich des Gegners gehörenden Geschehens nicht möglich ist (vgl. BGH NJW 2010, 1816).

    Der Inhaber eines Internetanschlusses haftet deshalb grundsätzlich nicht als Störer auf Unterlassung, wenn volljährige Familienangehörige den ihnen zur Nutzung überlassenen Anschluss für eine behauptete Rechtsverletzung missbrauchen. Erst wenn der Anschlussinhaber konkrete Anhaltspunkte für solch einen Missbrauch hat, muss er die zur Verhinderung von Rechtsverletzungen erforderlichen Maßnahmen ergreifen. Wird über einen Internetanschluss eine Rechtsverletzung begangen, ist eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers nicht begründet, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung (auch) andere Personen diesen Anschluss benutzen konnten. Der Anschlussinhaber trägt insoweit eine sekundäre Darlegungslast. Dieser entspricht er dadurch, dass er vorträgt, ob andere Personen und ggf. welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. Insoweit ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen verpflichtet (BGHZ 185, 330; BGH NJW 2013, 1441; Urteil vom 08.01.2014 -I ZR 169/12 m. w. N.). Diese sekundäre Darlegungslast führt indes weder zu einer Umkehr der Beweislast, noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast, § 138 Abs. 1, Abs. 2 ZPO, hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast vielmehr dadurch, dass er vorträgt, ob andere Personen und ggf. welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. Die Annahme einer derartigen tatsächlichen Vermutung begegnet in Haushalten, in denen mehrere Personen selbstständig und unabhängig Zugang zum Internet haben, jedoch bereits grundsätzlichen Bedenken. Die Aufstellung einer tatsächlichen Vermutung setzt voraus, dass es einen empirisch gesicherten Erfahrungssatz aufgrund allgemeiner Lebensumstände dahingehend gibt, dass ein Anschlussinhaber seinen Internetzugang in erster Linie nutzt und über Art und Weise der Nutzung bestimmt und diese mit Tatherrschaft bewusst kontrolliert. Ein derartiger Erfahrungssatz existiert indes nicht. Die alltägliche Erfahrung in einer Gesellschaft, in der das Internet einen immer größeren Anteil einnimmt und nicht mehr wegzudenken ist, belegt vielmehr das Gegenteil. Wenn sich der Internetanschluss in einem Mehrpersonenhaushalt befindet, entspricht es vielmehr üblicher Lebenserfahrung, dass jeder Mitbewohner das Internet selbstständig nutzen darf, ohne dass der Anschlussinhaber Art und Umfang der Nutzung bewusst kontrolliert. Der Anschlussinhaber genügt daher vorliegend seiner sekundären Darlegungslast, wenn er seine Täterschaft bestreitet und darlegt, dass ein Hausgenosse selbstständig auf den Internetanschluss zugreifen könne, weil sich daraus bereits die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufes als die seiner Alleintäterschaft ergibt. Weitergehende Angaben werden in einem Mehrpersonenhaushalt vom Anschlussinhaber nicht im Rahmen der sekundären Darlegungslast verlangt werden können, da der Anschlussinhaber ohnehin nur zu Tatsachen vortragen kann, die er üblicherweise aus eigener Anschauung vorzutragen vermag. Eigene Ermittlungen dahingehend, wer möglicherweise als Täter des behaupteten Urheberrechtsverstoßes in Betracht kommt, hat der Anschlussinhaber hingegen nicht durchzuführen. Auch eine Überwachung der Familie bei der Internetnutzung kann - ohne besondere Umstände bzw. Veranlassung, bzw. nach einer Abmahnung - vom Anschlussinhaber nicht verlangt werden, da dies mit dem grundgesetzlichen Schutz der Familie nach Art. 6 GG nicht zu vereinbaren ist. Lediglich bei einem 1-Personen-Haushalt wird man regelmäßig detailliertere Erläuterungen verlangen können. Insoweit reicht es nach hiesiger Auffassung, unter Berücksichtigung der dem Beklagten obliegenden prozessualen Wahrheitspflicht aus, dass der Anschlussinhaber vorträgt, weder die streitgegenständliche Datei, noch eine entsprechende Filesharing Software befinde sich auf seinem Rechner, da für diesen Fall eine täterschaftliche Handlung ausgeschlossen ist. Sowohl bei Mehrpersonen-, als auch bei einem 1-Personen-Haushalt ist mit der sekundären Darlegungslast des Anschlussinhabers gerade keine Beweislastumkehr verbunden. Die sekundäre Darlegungslast umfasst nicht die Pflicht des Behauptenden, diesen Sachverhalt ggf. auch zu beweisen. Ein der sekundären Darlegungslast genügender Vortrag hat vielmehr zur Folge, dass der grundsätzlich Beweisbelastete seine Behauptungen beweisen muss. Hierin ist auch keine unzumutbare Belastung des Anspruchstellers zu sehen. Es gehört vielmehr zu den rechtstaatlichen Grundsätzen des Zivilprozesses, dass die Klägerin die volle Darlegungs- und Beweislast für die anspruchsbegründenden Voraussetzungen trägt. Abweichungen sind nur im Einzelfall veranlasst und dürfen nicht dazu führen, dass der Beklagte sich regelmäßig zu entlasten hat. Eine anderslautende Rechtsprechung führt faktisch zu einer Gefährdungshaftung, indem dem Anschlussinhaber eine den Grundlagen des Zivilprozesses widersprechende, praktisch nicht erfüllbare sekundäre Darlegungslast auferlegt wird. Es gibt in zahlreichen Bereichen des täglichen Lebens Sachverhaltskonstellationen, in denen der Anspruchsteller sicher weiß, dass sich der Anspruch gegen eine von mehreren Personen richtet, der Anspruchsinhaber aber nicht nachweisen kann, gegen welche konkrete Person der Anspruch zu richten ist. Auch in diesen Fällen wird im Ergebnis eine Erfolg versprechende Durchsetzung des Anspruchs nicht möglich sein (vgl. AG Frankenthal Endurteil v. 24.4.2015 - 3a C 254/14, BeckRS 2015, 15463).

    Die von der Rechtsprechung des BGH postulierte Vermutung zulasten des Anschlussinhabers BGH stammt aus "analoger Zeit" und verkennt die rasante Entwicklung der heutzutage durchgehend digital geprägten Lebenswelt. Internetanschlüsse sind mittlerweile in fast jeder Wohnung zu finden, im Grunde ubiquitär verbreitet, wie auch deren Nutzung. Dabei ist es ein allgemein sozial übliches und verbreitetes Phänomen - auch im engsten Umfeld des Gerichts - dass sämtliche Besucher, Freunde, Angehörige, Freunde der Familienmitglieder und deren Besucher nach der Begrüßung umgehend Zugriff auf das hauseigene WLAN wollen. Die vom BGH dieser Lebensrealität entgegenstehenden und geforderten Kontrollmaßnahmen und Ermittlungen mögen in Studierstubenwelten so gehandhabt werden, mit der Lebensrealität hat dies allerdings nach Auffassung des erkennenden Gerichts nichts mehr zu tun.

    Vergleichbar lebensfremd ist die Unterstellung des BGH, es sei in einem Privathaushalt möglich, einen Monat nach einer behaupteten Rechtsverletzung hinreichend verlässlich klären und ermitteln zu können, wer das oder mittlerweile häufig die zahlreichen vorhandenen internetfähigen Geräte zu der fraglichen Zeit benutzt hatte; dem erkennenden Gericht ist eine derartige Rekonstruktion im Nachhinein nicht einmal über nur wenige Tage möglich.

    Zudem erachtet das Gericht die diesbezügliche Rechtsprechung des BGH als überholt und gegen Art. 3 GG verstoßend im Hinblick auf die Entscheidung des EuGH MMR 2016, 760 ("Mc Fadden"). Durch diese Entscheidung wird derjenige, welcher einen ungesicherten Internetzugang der Öffentlichkeit zugänglich macht, wie folgt privilegiert:
    • "Mit seiner vierten Frage, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 12 Abs. 1 der RL 2000/31 dahin auszulegen ist, dass es ihm nicht zuwiderläuft, dass derjenige, der durch eine Verletzung seiner Rechte an einem Werk geschädigt worden ist, gegen einen Anbieter, der Zugang zu einem Kommunikationsnetz vermittelt und dessen Dienste zur Begehung dieser Rechtsverletzung genutzt worden sind, Ansprüche auf Unterlassung, Schadensersatz sowie Zahlung der Abmahnkosten und der Gerichtskosten geltend macht. Insoweit ist daran zu erinnern, dass gem. Art. 12 Abs. 1 der RL 2000/31 die Mitgliedstaaten sicherzustellen haben, dass Diensteanbieter, die Zugang zu einem Kommunikationsnetz vermitteln, für die ihnen von denjenigen, die diesen Dienst in Anspruch nehmen, übermittelten Informationen nicht verantwortlich sind, wenn die drei in dieser Bestimmung genannten Voraussetzungen erfüllt sind, dass die Diensteanbieter die Übermittlung nicht veranlasst haben, den Adressaten der übermittelten Informationen nicht auswählen und die übermittelten Informationen nicht auswählen oder verändern. Folglich besteht, wenn diese drei Voraussetzungen erfüllt sind, keine Haftung eines Diensteanbieters, der Zugang zu einem Kommunikationsnetz vermittelt, und ist es daher jedenfalls ausgeschlossen, dass ein Urheberrechtsinhaber von diesem Anbieter Schadensersatz verlangen könnte, weil Dritte dieses Kommunikationsnetz zur Verletzung seiner Rechte benutzt haben. Infolgedessen scheidet es jedenfalls auch aus, dass ein Urheberrechtsinhaber die Erstattung der für sein Schadensersatzbegehren aufgewendeten Abmahnkosten oder Gerichtskosten verlangen könnte. Denn ein solcher Nebenanspruch könnte nur bestehen, wenn der Hauptanspruch selbst bestünde, was Art. 12 Abs. 1 der RL 2000/31 jedoch ausschließt. Jedoch wird in Art. 12 Abs. 3 der RL 2000/31 klargestellt, dass dieser Artikel die Möglichkeit unberührt lässt, dass ein Gericht oder eine Verwaltungsbehörde vom Diensteanbieter verlangt, die Urheberrechtsverletzung abzustellen oder zu verhindern. Daher läuft es, wenn ein Dritter eine Rechtsverletzung mittels eines Internetanschlusses begangen hat, der ihm von einem Diensteanbieter, der Zugang zu einem Kommunikationsnetz vermittelt, zur Verfügung gestellt worden ist, Art. 12 Abs. 1 der RL 2000/31 nicht zuwider, dass der dadurch Geschädigte bei einer nationalen Behörde oder einem nationalen Gericht beantragt, es diesem Anbieter zu untersagen, die Fortsetzung dieser Rechtsverletzung zu ermöglichen. Folglich ist davon auszugehen, dass es Art. 12 Abs. 1 der RL 2000/31 für sich genommen auch nicht ausschließt, dass der Geschädigte die Erstattung der Abmahnkosten und Gerichtskosten verlangen kann, die für einen Antrag wie die in den vorstehenden Randnummern genannten aufgewendet worden sind. Demnach ist auf die vierte Frage zu antworten, dass Art. 12 Abs. 1 der RL 2000/31 dahin auszulegen ist, dass es ihm zuwiderläuft, dass derjenige, der durch eine Verletzung seiner Rechte an einem Werk geschädigt worden ist, gegen einen Anbieter, der Zugang zu einem Kommunikationsdienst vermittelt, Ansprüche auf Schadensersatz und auf Erstattung der für sein Schadensersatzbegehren aufgewendeten Abmahnkosten oder Gerichtskosten geltend machen kann, weil dieser Zugang von Dritten für die Verletzung seiner Rechte genutzt worden ist. Hingegen ist diese Bestimmung dahin auszulegen, dass es ihr nicht zuwiderläuft, dass der Geschädigte die Unterlassung dieser Rechtsverletzung sowie die Zahlung der Abmahnkosten und Gerichtskosten von einem Anbieter, der Zugang zu einem Kommunikationsnetz vermittelt und dessen Dienste für diese Rechtsverletzung genutzt worden sind, verlangt, sofern diese Ansprüche darauf abzielen oder daraus folgen, dass eine innerstaatliche Behörde oder ein innerstaatliches Gericht eine Anordnung erlässt, mit der dem Diensteanbieter untersagt wird, die Fortsetzung der Rechtsverletzung zu ermöglichen."
    Weshalb zeitlich nach dieser Entscheidung noch immer ein drastisch rigideres Haftungsregime zulasten desjenigen - zudem rechtlich und geschäftlich in der Regel nicht geschulter Privatpersonen - gelten können soll, welcher die weitaus weniger gefährliche Handlungsursache setzt, nämlich einen privaten Internetanschluss zur Benutzung durch einen eng begrenzten Nutzerkreis, erschließt sich dem Gericht nicht. Es wäre schlicht jedem Privatmann anzuraten, seinen Internetanschluss öffentlich zugänglich zu machen, etwa in der Form eines Hotspots, damit die oben dargelegten Haftungsprivilegierungen griffen.

    Auch konnte dem Beweisangebot der Klägerin auf Vernehmung der als Zeugen benannten Familienangehörigen nicht nachgegangen werden, (abgesehen von den vorgelegten Zeugnisverweigerungserklärungen [Bl. 146, 148, 150]). Bei dem betreffenden Vortrag der Klägerin (Bl. 88) handelt es sich um einen schlichten Vortrag ins Blaue hinein. Nach BGH NJW-RR 1997, 116-117 gilt: "eine Partei hat zwar das Recht, im Zivilprozess Tatsachen zu behaupten, über die sie keine genauen Kenntnisse haben kann, die sie aber nach Lage der Dinge für wahrscheinlich hält (BGH, Urteil vom 25. April 1995 - VI ZR 178/94 = WM 1995, 1561, 1562; zust. Anm. Baumgärtel MDR 95, 987 m.w.N.). Unzulässig ist ein solches Vorgehen nur dort, wo die Partei willkürlich Behauptungen "aufs Geratewohl" oder "ins Blaue hinein" aufstellt, für deren Bestehen jegliche tatsächlichen Anhaltspunkte fehlen (BGH a.a.O. und Urteil vom 23. April 1991 - X ZR 77/89 = NJW 1991, 2707, 2709 m.w.N.)." So verhält es sich hier, umso mehr, als die Beklagtenseite vorliegend ihrer sekundären Einlassungspflicht hinreichend genügt hat.

    Die Klage ist deshalb als unbegründet abzuweisen mit der Folge der §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO. (...)



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AG Mannheim, Urteil vom 18.01.2017, Az. U 10 C 1780/16

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AG Saarbrücken, Az. 121 C 316/16 (09)

#10966 Beitrag von Steffen » Donnerstag 2. Februar 2017, 18:47

Rechtsanwältin Kathrin Berger (Saarbrücken ): Amtsgericht Saarbrücken - Koch Media für Computerspiel "Dead Island" nicht aktivlegitimiert!


18:45 Uhr


Es gibt verschiedene Gründe, an denen Klagen wegen angeblicher Urheberrechtsverletzungen durch Filesharing scheitern können. Einer davon ist die fehlende Klageberechtigung. Bei den angeblich per Filesharing getauschten Filmen, Spielen etc. gibt es normalerweise verschiedene Unternehmen, die Rechte an den Werken haben bzw. hatten. Diese „Rechtekette“ darzulegen und nachzuvollziehen ist nicht immer ganz einfach. Um angebliche Filesharer wegen einer Rechtsverletzung verklagen zu können, müssen aber bei dem klagenden Unternehmen die entsprechenden Rechte vorhanden sein.



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Bild

Rechtsanwältin Kathrin Berger
Fachanwältin für Informationstechnologierecht,
Fachanwältin für Urheber- und Medienrecht



Futterstraße 15 | 66111 Saarbrücken
Tel.: +49 (0) 681 94011000 | Fax.: +49 (0) 681 94011001
E-Mail: berger@kjmb-recht.de | Web: http://www.kathringibtdirrecht.de




Bericht


Link:
http://www.kathringibtdirrecht.de/2017/ ... gitimiert/


Urteil als PDF:
http://www.kathringibtdirrecht.de/wordp ... _16-09.pdf



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Im Fall des Spiels "Dead Island" hatte die Koch Media GmbH sich darauf berufen, dass ihr von der Entwicklerin des Spiels, die Firma Techland, die Vertriebsrechte eingeräumt worden seien. In dem Vertrag, der dem Gericht vorgelegt wurde, hieß es jedoch ausdrücklich: „Wenn eine dritte Person die übertragenen Rechte nutzt oder beansprucht, ist [die Klägerin] verpflichtet, unmittelbar nach Kenntniserlangung davon Techland zu informieren. Techland wird dann alle rechtlichen und tatsächlichen Schritte unternehmen um die Verletzung von Rechten zu verhindern.“

Den Wortlaut dieser Klausel wertete das AG Saarbrücken in seinem Urteil vom 18.01.2017, Az. 121 C 316/16 (09) dahingehend, dass eindeutig die Rechte zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen gerade nicht bei der Koch Media GmbH liegen, sondern die Firma Techland sich die rechtlichen Schritte gerade selbst vorbehält.

Somit hätte entweder Techland selbst die angeblichen Filesharer abmahnen und verklagen müssen oder der Koch Media GmbH hätte eine gesonderte Ermächtigung zur Klage eingeräumt werden müssen. Auch letzteres erfolgte in dem entschiedenen Fall nicht.

Das Urteil ist übrigens noch nicht rechtskräftig. Es kann also sein, dass das Landgericht Saarbrücken sich mit der Frage der Aktivlegitimation befassen wird.




AG Saarbrücken, Urteil vom 18.01.2017, Az. 121 C 316/16 (09)

  • (...) - Ausfertigung -

    121 C 316/16 (09)


    Verkündet am 18.01.2017
    [Name], Richter am Amtsgericht
    als Richter am Amtsgericht




    Amtsgericht Saarbrücken

    Urteil

    Im Namen des Volkes




    In dem Rechtsstreit


    [Name],
    Klägerin

    Prozessbevollmächtigte: [Name],


    gegen

    [Name],
    Beklagter

    Prozessbevollmächtigte: [Name],


    wegen Urheberrechten


    hat das Amtsgericht Saarbrücken durch [Name] aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 07.12.2016

    für Recht erkannt:

    1. Die Klage wird abgewiesen.
    2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerseite.
    3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerseite kann die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung von 120 Prozent des insgesamt vollstreckbaren Betrages abwenden, es sei denn die Beklagtenseite leistete zuvor Sicherheit in gleicher Höhe.



    Tatbestand


    1.

    Die Parteien streiten um Kostenerstattung und Schadensersatz aus einer Urheberrechtsverletzung.

    Die Klägerin ist Herausgeberin und Vertreiberin von Unterhaltungsmedien.

    Die Klägerin mahnte die Beklagtenpartei mit anwaltlichem Schreiben wegen unberechtigter Nutzung des Computerspiels "Dead Island" im Wege des BitTorrent Filesharing ab, forderte die Beklagtenpartei zur Abgabe einer strafbewährten Unterlassungsverpflichtung auf sowie zur Leistung von Schadensersatz und zur Erstattung der ihr entstandenen Anwaltskosten.

    Die Prozessbevollmächtigten des Beklagten gaben eine entsprechende Unterlassungserklärung ab.

    Die Klägerin macht folgende Gebühren geltend: 859,80 EUR aus einem Gegenstandswert von 20.000,00 EUR berechnet nach einer 1,3 Geschäftsgebühr nach VV RVG Nummer 2300 zzgl. einer Pauschale für Post und Telekommunikation.

    Weiterhin mach die Klägerin € 640,20 Teilschadenersatz geltend.


    2.

    Die Klägerin behauptet, sie sei zur Rechtsverfolgung bezüglich des genannten Spiels aktiv legitimiert. Sie habe von der Fa. Techland Spzoo, Polen, ("Techland") der Entwicklerin des Spiels, die Vertriebsrechte erworben.

    In dem Vertrag vom 10.11.2008 (original in englisch) heiße es im Unterabschnitt b), dass Techland der Klägerin die exklusiven und unbeschränkten Nutzungs-.und Verwertungsrechte am Produkte im Vertriebsgebiet einräume ... Deutschland sei davon erfasst. Die Laufzeit betrage zunächst 10 Jahre.

    Unter dem Stichwort "Deefinitions", dort "Exclusivity" heiße es indes: "If any third person uses or claims the rights transferred, Koch is obliged to inform Techland immediately after getting knowledge of this. Techland will undertake all legal and actual steps in order to impede the violation of rights.", also übersetzt: "Wenn eine dritte Person die übertragenen Rechte nutzt oder beansprucht, ist [die Klägerin) verpflichtet unmittelbar nach Kenntniserlangung davon Techland zu informieren. Techland wird dann alle rechtlichen und tatsächlichen Schritte unternehmen um die Verletzung von Rechten zu verhindern."

    Die Klägerin ist der Ansicht, dieser Vertrag gewähre ihr die hier geltend gemachten Rechte.

    Die Klägerin behauptet weiter, über die Internetadresse des Beklagten sei das gegenständliche Spiel im Rahmen einer BitTorrent Börse zwischen dem 29.09.2012 und dem 17.10.2012 zu zahlreichen, in der Klage aufgelisteten Zeitpunkten zum Download angeboten worden. Der Beklagte sei der Täter dieser Urheberrechtsverletzung. Die Firma Excipio UG habe die oben ersichtlichen Daten protokolliert, daraus seien die genauen Zeiten und der Gegenstand der Vertragsverletzung sowie die IP-Adresse, von der die Verletzung ausgegangen sei, erkennbar. Das Landgericht Köln habe dem Internetprovider der Beklagtenpartei die Sicherung und Auskunft der Verkehrsdaten zur Erfüllung des Auskunftsanspruchs der Klägerin gemäß § 101 Abs. 9 Urheberrechtsgesetz aufgegeben. Der Internetprovider habe nach Erlass der Gestattungsanordnung die vorstehenden Datensätze dem Internetanschluss der Beklagtenpartei zugeordnet.

    Weiter hält sie eine fiktive Lizenzgebühr für die weltweiten und zeitlich unbeschränkten Onlinenutzungsrechte in Höhe von wenigstens 640,20 € für angemessen. Das Spiel sei äußert erfolgreich gewesen.



    Die Klägerin beantragt,
    1. den Beklagten zu verurteilen, die Klägerin Anwaltskosten in Höhe von 859,80 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der europäischen Zentralbank seit 18.12.2012 zu zahlen.
    2. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin einen Teil-Schadensersatz i.H.v. 640,20 EUR zu zahlen zzgl. Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der europäischen Zentralbank seit 18.12.2012.



    Der Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen.


    Wegen ihres Vortrags wird auf die Schriftsätze verwiesen.

    Das Gericht hat mündlich verhandelt, den Beklagten informatorisch angehört. Es hat die Klägerin darauf hingewiesen, dass die Aktivlegitimation seiner Ansicht nach nicht bestehe. Die Klägerseite hat Zeugenbeweis dafür angeboten, dass der Vertrag so wie von ihr gewünscht auszulegen sei. Eine weitere Stellungnahmefrist zum 11.01.2017 hat sie indes nicht mehr genutzt.

    Auf die gewechselten Schriftsätze und insbesondere den Wortlaut des als Anlage vorgelegten Vertrages wird Bezug genommen.



    Entscheidungsgründe



    I.

    Die Klage ist zulässig aber unbegründet.


    1.

    Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Schadenersatz aus Urheberrecht. Sie hat ihre Aktivlegitimation nicht dargetan.

    Nach dem von ihr vorgelegten Vertrag wurde ihr das Recht zur Verfolgung von Verletzungen des Urheberrechts mit rechtlichen Mitteln gerade nicht eingeräumt.

    Dies ergibt sich aus einer Auslegung des Vertrags von 2008 zwischen Techland und der Klägerin.

    Zwar hat Techland, die von der Klägerin behauptete Entwicklungsgesellschaft, in dem vorgelegten Vertrag die Klägerin berechtigt, das Computerspiel "Dead Island" unter allen kommerziellen Gesichtspunkten zu vermarkten. Der Klägerin wurden nach dem Wortlaut des Vertrages hierfür in der bis 2018 laufenden Vertragszeit und für das Vertragsgebiet, das die Bundesrepublik erfasst, exklusiv alle Vertriebsrechte zur eigenen wirtschaftlichen Nutzung eingeräumt, dies auf allen relevanten Vertriebskanälen und auf allen Medien.

    Indes erfasst diese Rechteinräumung gerade nicht das hier gegenständliche Recht, gegen Dritte, welche das Techland zustehende und an die Klägerin exklusiv lizenzierte Urheberrecht einräumen: Die im Tatbestand zitierte Klausel, nach der Techland, und nicht die Klägerin gegen jede Nutzung der Rechte durch Dritte vorzugehen hat, belegt eindeutig, dass der ursprünglichen Rechteinhaber selbst gegen unberechtigte Dritte vorzugehen hat. Das ergibt sich bereits eindeutig aus dem Wortlaut, nach dem die Klägerin Techland jede Nutzung des Rechts durch einen Dritten und jede Rechtsanmutung ("claim") desselben zu melden hat. Techland hat dann nach dem Vertrag gegen diese Nutzung vorzugehen.

    Diese Klausel ist auch so zu verstehen, dass dies unter Ausschluss der lizenznehmenden Klägerin erfolgt. Denn anders ließe sich die Pflicht für die Klägerin, den Verstoß zu melden, nicht erklären. Der Vertrag sieht gerade einen Mechanismus für den Fall der Nutzung des Urheberrechts durch Dritte vor. Und dieser Mechanismus sieht gerade keine Rechtsverfolgung durch die Klägerin vor.

    Der Vertrag lässt sich auch nicht mit einer Unterscheidung zwischen berechtigter und unberechtigter Nutzung durch Dritte erklären. Einmal ist der Wortlaut der Klausel insoweit völlig eindeutig, da er nicht zwischen berechtigter (also von Techland entgegen dem Vertrag mit der Klägerin) lizensierter und unberechtigter Nutzung der Rechte - damit kann nur das urheberrechtlich geschützte Werk gemeint sein - unterscheidet. Weiterhin macht die Klausel im weiteren auch nur Sinn, wenn sie nicht von Techland (unter Bruch des Vertrages mit Koch) lizenzierte Nutzung meint, denn Techland könnte ja gerade nicht gegen einen solchen Vertragspartner vorgehen. Die Klausel kann folglich nur den Fall erfassen, dass ein Dritter ohne Lizenz von Techland das Urheberrecht am Spiel nutzt. Das ist aber genau der gegenständliche Fall, in dem die Klägerin dem Beklagten die unberechtigte Nutzung des Spiels durch Verbreitung über Filesharing vorwirft.

    Die Klausel macht auch nur so Sinn, da sie die Klägerin der Pflicht enthebt, selbst gegen solche Dritten vorzugehen. Sie kann sich „zurücklehnen" und im Zweifel Techland in Anspruch nehmen, wenn Techland die Nutzung der Rechte durch Dritte nicht unterbindet.
    Eine andere Auslegung des Vertrags ist mit dessen Wortlaut nicht vereinbar. Dies bedeutet, das nur Techland, nicht aber die Klägerin berechtigt ist, Dritte wie den Beklagten, die möglicherweise Filesharing mit dem gegenständlichen Spiel betreiben, vorzugehen.

    Urheberrecht ist zudem nach allgemeiner Meinung entsprechend einem allgemeinen Grundsatzes träge. Nur ausdrücklich übertragene oder lizensierte Rechte sind vom Rechtegeber daher auch tatsächlich übertragen oder lizenziert. Im Zweifel bleiben bestimmte Komponenten des Urheberrechts oder Rechte zu seiner Ausübung daher beim Urheber; Lizenzverträge sind entsprechend auszulegen.

    Selbst wenn also die Klausel entgegen der obigen Ausführungen mehrdeutig in dem Sinne wäre, dass man ihr dem Wortlaut nach eine Berechtigung der Klägerin zum Vorgehen gegen Dritte wie den Beklagten entnehmen könnte, führte der Trägheitsgrundsatz dazu, den Vertrag so auszulegen, dass diese Rechte bei Techland verbleiben. Denn ausdrücklich räumt der Vertrag der Klägerin nirgends das Recht ein, gegen die illegale Nutzung der Rechte am Spiel vorzugehen.

    Die von der Klägerin angebotenen Zeugen, z.B. der Justziar und Repräsentanten von Techland, waren daher nicht zu vernehmen. Denn die Klägerin behauptet keine mündlichen Nebenabreden zum Vertrag oder Ähnliches. Es liegt aber eine schriftliche Urkunde vor, die aus sich heraus auszulegen und deren Wortlaut eindeutig ist.

    Ein schlagendes Indiz für die hiesige Argumentation ist zudem der Umstand, dass Techland offenbar nicht bereit war, der Klägerin für den hiesigen Fall eine gewillkürte Prozessstandschaft zu gewähren, wodurch die Klägerin des Problems der Auslegung des Vertrages enthoben worden wäre. Wäre der Vertrag auch von Techland so verstanden worden wie die Klägerin es vorgibt, wäre dies ein unproblematischer Vorgang.


    2.

    Die weiteren Ansprüche teilen das Schicksal der Hauptforderung.



    II.

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.



    III.

    Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 709, 711, 713 ZPO.



    IV.

    Der Streitwert beträgt für den Antrag Ziffer 1 859,80 EUR. Für den Antrag Ziffer 2 640,20 EUR, der Antrag Ziffer 3 ist im Antrag Ziffer 1 und 2 enthalten und rechtfertigt keine Erhöhung des Streitwertes.



    Rechtsbehelfsbelehrung

    Diese Entscheidung kann mit der Berufung angefochten werden. Sie ist einzulegen innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem

    Landgericht Saarbrücken,
    Franz-Josef-Röder-Straße 15,
    66119 Saarbrücken.


    Die Frist beginnt mit der Zustellung der in vollständiger Form abgefassten Entscheidung. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Beschwerdegegenstand 600,00 € übersteigt oder das Gericht die Berufung in diesem Urteil zugelassen hat. Zur Einlegung der Berufung ist berechtigt, wer durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Die Berufung wird durch Einreichung einer Berufungsschrift eingelegt. Die Berufung kann nur durch einen Rechtsanwalt eingelegt werden. (...)




~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


AG Saarbrücken, Urteil vom 18.01.2017, Az. 121 C 316/16 (09),
Rechtsanwältin Kathrin Berger,
Klage .rka-Rechtsanwälte,
Aktivlegitimation,
fehlende Aktivlegitimation

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AG München, Az. 242 C 18776/16

#10967 Beitrag von Steffen » Freitag 3. Februar 2017, 20:37

WALDORF FROMMER: AG München verurteilt Anschlussinhaber in Tauschbörsenverfahren - Spekulationen zu vermeintlichem Hackerangriff reichen nicht aus


20:35 Uhr



Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen. In diesem Verfahren hat das Amtsgericht München den Inhaber des Internetanschlusses zur Leistung von Schadensersatz, zur Erstattung der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten sowie zur Übernahme der Verfahrenskosten verurteilt.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

Beethovenstraße 12 | 80336 München
Telefon: 089 / 52 05 72 10 | Telefax: 089 / 52 05 72 30
E-Mail: web@waldorf-frommer.de | Web: www.waldorf-frommer.de




Bericht

Link:
http://news.waldorf-frommer.de/waldorf- ... nicht-aus/

Urteil als PDF:
http://news.waldorf-frommer.de/wp-conte ... 776_16.pdf



Autor:

Rechtsanwalt David Appel




~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Maßgeblicher Einwand des beklagten Anschlussinhabers war, dass womöglich unbekannte Dritte seinen geschützten Internetanschluss widerrechtlich genutzt und die Rechtsverletzung begangen hätten. Zudem sei es nicht auszuschließen, dass es bei der Ermittlung der Rechtsverletzung und der Zuordnung der IP-Adresse durch den Provider zu Fehlern gekommen sei.

Das erkennende Gericht sah den Vortrag des Beklagten als nicht geeignet an, die klägerischen Ansprüche zu erschüttern. An der Fehlerfreiheit der Ermittlungen konnte kein Zweifel bestehen:
  • "Die Richtigkeit der technischen Ermittlungen durch die Firma Digital Forensics GmbH, die zu den IP-Adressen führten, die dem Rechner des Beklagten zu den zwei Uploadzeitspannen zugeordnet wurden, steht aus Überzeugung des Gerichts ebenso fest wie die richtige Anschlussinhaberermittlung [...]

    Die Beauskunftung der so ermittelten IP-Adressen führte zum Anschluss des Beklagten.

    Wurden in vielfachen Fällen, die sich zeitlich zueinander fügen, stets der gleiche Anschlussinhaber ermittelt, ist nach Ansicht des Gerichts von einer richtigen Anschlussinhaberermittlung über zutreffende technische Ermittlungen der IP-Adressen auszugehen, da ein Übertragungsfehler angesichts von zwei zeitlich nahe beieinander liegenden Ermittlungen, die jeweils unabhängig voneinander zu Beauskunftungen mit jeweils gleichem Ergebnis führten, ausgeschlossen erscheint [...]"
In seiner Urteilsbegründung führte das Gericht weiterhin aus, dass Spekulationen über vermeintliche Hacker keine ernsthafte und wahrscheinliche Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs begründen. Es sei nicht ersichtlich, wie,
  • "wenn nicht durch den Beklagten, es zu den gegenständlichen Rechtsverletzungen gekommen sein kann. Zugriff anderer Personen, die Zugang zu seiner Wohnung hatten, schließt der Beklagte selbst ausdrücklich aus. Zwar hat der Beklagte darauf verwiesen, dass kein WLAN-Netzwerk sicher sei und man daher einen Fremdzugriff nicht ausschließen könne. Auch im Hinblick auf die hohe Sicherung des Anschlusses erscheint aber ein derartiger Missbrauch durch unbefugte Dritte nicht ernsthaft wahrscheinlich [...]"
Sowohl den beantragten Mindestschadensersatz als auch den angesetzten Gegenstandswert von 10.000,00 EUR erachtete das Gericht als angemessen.






AG München, Urteil vom 04.01.2107, Az. 242 C 18776/16


  • (...) Beglaubigte Abschrift

    Amtsgericht München

    Az. 242 C 18776/16




    IM NAMEN DES VOLKES



    In dem Rechtsstreit


    [Name],
    - Klägerin -

    Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldorf Frommer, Beethovenstraße 12, 80336 München,


    gegen


    [Name],
    - Beklagter -


    wegen Forderung



    erlässt das Amtsgericht München durch die Richterin am Amtsgericht [Name] am 04.01.2017 auf Grund des Sachstands vom 20.12.2016 ohne mündliche Verhandlung mit Zustimmung der Parteien gemäß § 128 Abs. 2 ZPO folgendes


    Endurteil


    1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 970,20 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 26.02.2016 zu zahlen.
    2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
    3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
    4. Der Streitwert wird auf 970,20 EUR festgesetzt.



    Tatbestand

    Die Parteien streiten um Schadens- und Aufwendungsersatzansprüche wegen des Angebots eines urheberrechtlich geschützten Spielfilms in einer Internettauschbörse.

    Die Klägerin ist Inhaberin der exklusiven Rechte an dem Spielfilm [Name].

    Zur Feststellung von Urheberrechtsverletzungen hat die Klägerin die Firma Digital Forensics GmbH mit der Überwachung der P2P Internet-Tauschbörsen beauftragt. Die Firma Digital Forensics GmbH ermittelte Urheberrechtsverletzungen an dem Werk, begangen am [Datum] zwischen [Uhrzeit] und [Uhrzeit] Uhr sowie am gleichen Tag zwischen [Uhrzeit] und [Uhrzeit] Uhr, jeweils unter der IP-Adresse [IP].

    Der WLAN-Anschluss des Beklagten war mit einem 16-stelligen WPA2-Passwort verschlüsselt.

    Aufgrund eines Beschlusses des Landgericht München I, Az. 7 0 17063/13, wurde der Beklagte durch seinen Internetprovider Telefónica als Inhaber des betreffenden Internetanschlusses identifiziert.

    Die Bevollmächtigten der Klägerin mahnten den Beklagten wegen dieser Urheberrechtsverletzungen an dem gegenständlichen Werk mit Schreiben vom [Datum] ab und forderten die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung, Zahlung von Schadensersatz und den Ersatz von Rechtsanwaltskosten für die Abmahnung. Der Beklagte gab die Unterlassungserklärung ohne Anerkennung einer Rechtspflicht ab und zahlte Schadensersatz in Höhe von 65,00 EUR sowie anteilige Rechtsanwaltskosten in Höhe von 142,80 EUR. Weiter Zahlungen wurden nicht geleistet.

    Die Klägerin hält den Beklagten als Anschlussinhaberin für die Rechtsverletzungen verantwortlich. Sie verlangt weitere 535,00 EUR Schadensersatz im Wege der Lizenzanalogie sowie Erstattung der für die Abmahnung angefallenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von weiteren 435,20 EUR, wobei sie eine 1,0-Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 VV RVG aus einem Gegenstandswert von 10.000,00 EUR zugrunde legt, zuzüglich Auslagenpauschale.


    Die Parteien haben sich mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO einverstanden erklärt.



    Die Klägerin beantragt:
    1. Die Beklagtenseite wird verurteilt, an die Klägerseite einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 535,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 26.02.2016 sowie
    2. 435,20 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.02.2016 zu zahlen.



    Der Beklagte beantragt:
    Klageabweisung.

    Der Beklagte trägt vor, er habe die streitgegenständliche Urheberrechtsverletzung nicht begangen. Er sei seit Ende April [Jahreszahl] im Besitz der Blu-ray [Name] und sei nicht darauf angewiesen, den Titel herunterzuladen. Es sei technisch für Privatanwender nicht möglich, den Missbrauch eines Internetanschlusses per WLAN abzuwehren. Es sei für einen Hacker möglich, sich in jedes WLAN-Netzwerk einzuschalten Er könne keine konkrete Person als möglichen Täter benennen.


    Zur Ergänzung des jeweiligen Sachvortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.



    Entscheidungsgründe

    Die zulässige Klage erweist sich als begründet.



    I.

    Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch aus § 97 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 UrhG auf Schadensersatz in Höhe von weiteren 535,00 EUR.


    1.

    Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Sie verfügt über die Rechte an dem Spielfilm [Name] und ist damit ausschließlich zur Vervielfältigung und ordentlichen Zugänglichmachung befugt.


    2.

    Das Recht der Klägerin zur öffentlichen Zugänglichmachung des Spielfilms wurde durch den Beklagten verletzt.


    a)

    Die Teilnahme an Internettauschbörsen beinhaltet eine Vervielfältigungshandlung wie auch eine öffentliche Zugänglichmachung des betroffenen Films, § 19 a UrhG. Beim sog. Filesharing werden Dateien, die sich ein Nutzer herunterlädt zeitgleich im Rahmen eines Uploads den anderen Netzwerkteilnehmern zum Download angeboten. Daher kommt es auch nicht darauf an, ob der Beklagte eine Blu-ray des streitgegenständlichen Films besitzt. Anders als beim sog Streaming, bei dem das betroffenen Werk im Regelfall nur kurzzeitig und in Teilen im Arbeitsspeicher des Internetnutzers gespeichert ist und damit eine Vervielfältigungshandlung i.S.v. § 16 UrhG im Regelfall nicht gegeben sein wird, wird beim Filesharing die Datei auf den persönlichen Rechner heruntergeladen und verbleibt dort mit der Möglichkeit der Nutzung auch zu späteren Zeitpunkten.

    Zugleich findet eine öffentliche Zugänglichmachung statt, indem die Datei bereits im Zeitpunkt des Herunterladens anderen Netzwerkteilnehmern zum Download und damit zur Vervielfältigung angeboten wird. Dieser Vorgang fällt nicht unter die Schranke von § 44a UrhG. Ungeachtet der Frage, ob der Upload integraler und wesentlicher Teil des technischen Verfahrens des Downloads i.S.v. § 44a UrhG ist, wird beim Filesharing eine offensichtlich rechtswidrig öffentlich zugänglich gemachte Vorlage verwendet. Diese Schranke des § 53 UrhG ist insoweit in § 44a UrhG hineinzulesen. Wahrend bei anderen visuellen Angeboten im Internet, wie z.B. dem Streaming, im Regelfall nicht per se davon ausgegangen werden kann, dass eine rechtswidrig öffentlich zugänglich gemachte Quelle in das Internet eingestellt wurde und zur visuellen Betrachtung angeboten wird, ist beim Filesharing hinlänglich bekannt, dass ganz überwiegend der Uploader nicht über die entsprechenden Nutzungsrechte verfügte. Durch die Teilnahme an dem Filesharing-Netzwerk, das ein aktives Handeln des Users, mithin das Herunterladen eines entsprechenden Filesharing-Programms erfordert, muss ihm im Sinne zumindest von Fahrlässigkeit bewusst sein, dass Urheberrechte verletzt werden können. Anders wäre der Fall beim Streaming zu beurteilen, dass idR abgesehen von der allgemeinen Internetnutzung keine besonderen Aktionen des Users erfordert, die ihm die potentielle Gefahr einer Urheberrechtsverletzung erkenntlich machen würden.


    b)

    Die Richtigkeit der technischen Ermittlungen durch die Firma Digital Forensics GmbH, die zu den IP-Adressen führten, die dem Rechner des Beklagten zu den zwei Uploadzeitspannen zugeordnet wurden, steht aus Überzeugung des Gerichts ebenso fest wie die richtige Anschlussinhaberermittlung: Zu zwei unterschiedlichen, sich jedoch zeitlich aneinander anfügenden Zeitspannen am [Datum] zwischen [Uhrzeit] und [Uhrzeit] Uhr sowie am gleichen Tag zwischen [Uhrzeit] und [Uhrzeit] Uhr wurde durch die Ermittlungssoftware der Firma ipoque, deren grundsätzlich korrekte Funktionsweise bereits in mehreren gerichtlichen Sachverständigengutachten nachgewiesen wurde (z.B. Az. 155 C 20289/12, Az. 158 C 17155/12) , Verletzungshandlungen festgestellt. Die Beauskunftung der so ermittelten IP-Adressen führte zum Anschluss des Beklagten. Wurden in vielfachen Fällen, die sich zeitlich zueinander fügen, stets der gleiche Anschlussinhaber ermittelt, ist nach Ansicht des Gerichts von einer richtigen Anschlussinhaberermittlung über zutreffende technische Ermittlungen der IP-Adressen auszugehen, da ein Übertragungsfehler angesichts von zwei zeitlich nahe beieinander liegenden Ermittlungen, die jeweils unabhängig voneinander zu Beauskunftungen mit jeweils gleichem Ergebnis führten, ausgeschlossen erscheint (vgl. auch OLG München, Beschluss vom 01.10.2012, Az. 6 W 1705/12; OLG Köln, 15.05.2012, Az 6 U 239/11). Diese Annahme kann auch der Vortrag des Beklagten, der pauschal Ermittlungsfehler in den Raum stellt, nicht entkräften.


    c)

    Steht die Begehung der streitgegenständlichen Rechtsverletzung über den Anschluss des Beklagten damit fest, so besteht die tatsächliche Vermutung, dass der Beklagte als Inhaber des Anschlusses auch für hierüber begangene Rechtsverletzungen persönlich verantwortlich ist (vgl. BGH, Urteil vom 12.05.2010, Az. I ZR 121/08, "Sommer unseres Lebens"). Aus dieser Vermutung ergibt sich für die Beklagte zwar keine Beweislastumkehr, wie der Beklagte zu Recht vorträgt, sondern eine sekundäre Darlegungslast, die es ihm verwehrt, sich auf ein an sich zulässiges einfaches Bestreiten der Rechtsverletzung zu beschränken. Eine Entkräftung der tatsächlichen Vermutung erfordert vielmehr hinsichtlich aller fraglicher Tatzeitpunkte Sachvortrag, nach dem die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass allein ein Dritter und nicht auch der Anschlussinhaber den Internetzugang für die behauptete Rechtsverletzung genutzt hat (vgl. BGH, 15.11.2012, Az. ZR 74/12, "Morpheus"). Der Anschlussinhaber muss seine Verantwortlichkeit deshalb im Rahmen des im Zumutbaren substantiiert bestreiten sowie Tatsachen darlegen und ggf. beweisen, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines abweichenden Geschehensablaufs - nämlich die Alleintäterschaft eines anderen Nutzers des besagten Internetanschlusses - ergibt (OLG Köln, 02.08.2013, Az. 6 U 10/13). An die im Rahmen der sekundären Darlegungslast vorgebrachten Tatsachen ist hierbei bezüglich Detailgrad und Plausibilität ein strenger Maßstab anzulegen (LG München I, 22.03.2013, Az. 21 S 28809/11). Den so skizzierten Anforderungen genügt der Vortrag des Beklagten nicht.


    (1)

    Der Beklagte hat die Unterlassungserklärung - ebenso wie auch die Vornahme der Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 65,00 EUR und Anwaltskosten in Höhe von 142,80 EUR ohne Anerkennung einer Rechtspflicht abgegeben. In diesen Erklärungen liegt deshalb kein Anerkenntnis des zugrundeliegenden Unterlassungsanspruchs und der Pflicht zur Übernahme der Abmahnkosten (BGH, 24.9.2013, Gz. I ZR 219/12).


    (2)

    Der Beklagte behauptet, in seinem Haushalt habe niemand den Film über die Internet-Tauschbörse heruntergeladen, vielmehr sei ein Fremdzugriff möglich gewesen. Dem Beklagten war bekannt, dass dieser Vortrag den Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast nicht genügt. Der Vortrag ist nicht hinreichend detailliert und kann die feststehenden Rechtsverletzungen über den Anschluss des Beklagten nicht plausibel erklären. Es ist nicht ersichtlich, wie, wenn nicht durch den Beklagten, es zu den gegenständlichen Rechtsverletzungen gekommen sein kann Zugriff anderer Personen, die Zugang zu seiner Wohnung hatten, schließt der Beklagte selbst ausdrücklich aus. Zwar hat der Beklagte darauf verwiesen, dass kein WLAN-Netzwerk sicher sei und man daher einen Fremdzugriff nicht ausschließen könne. Auch im Hinblick auf die hohe Sicherung des Anschlusses erscheint aber ein derartiger Missbrauch durch unbefugte Dritte nicht ernsthaft wahrscheinlich, zumal dieser unbekannte Dritte im streitgegenständlichen Zeitraum lediglich eine Urheberrechtsverletzung begangen hat - weitere Manipulationen an seinem Netzwerk, die auf einen Hackerangriff schließen lassen, hat der Beklagte nicht vorgetragen. Dieser Vortrag ist überdies auch deshalb wenig plausibel, da kaum anzunehmen ist, dass der Beklagte - wenngleich ohne Anerkennung einer Rechtspflicht - 207,80 EUR an die Klägerin zugunsten eines unbekannten Dritten, der seinen Anschluss gehackt hat, gezahlt hat.

    Eine ernsthafte und plausible Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs besteht somit nicht. Ist der Beklagte damit den Anforderungen der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen, gilt der Vortrag der Klägerin gem. §138 Abs. 3 ZPO als zugestanden (Greger in Zähler, ZPO, §138, Rz. 8b).


    3.

    Der Beklagte handelt auch fahrlässig, da er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht ließ. Wer ein fremdes urheberrechtlich geschütztes Werk nutzen will, muss sich über den Bestand des Schutzes wie auch über den Umfang der Nutzungsberechtigung Gewissheit verschaffen. Insoweit bestand eine Prüf- und Erkundigungspflicht des Beklagten (vgl. Dreier / Schulze, UrhG, §97, Rdn. 57). Der Beklagte hätte sich daher über die Funktionsweise einer Internet-Tauschbörse und auch über die Rechtmäßigkeit der Angebots kundig machen und vergewissern müssen. Hierzu wird vom Beklagten nichts vorgetragen.


    4.

    Durch das Angebot zum Herunterladen des streitgegenständlichen Spielfilms verursachte der Beklagte einen Schaden, den das Gericht gemäß § 287 ZPO auf 600,00 EUR schätzt. Bei der Verletzung von Immaterialgüterrechten ermöglicht die Rechtsprechung dem Verletzten wegen der besonderen Beweisschwierigkeiten neben dem Ersatz des konkreten Schadens weitere Wege der Schadensermittlung. Danach kann der Schaden auch in Höhe einer angemessenen Lizenzgebühr berechnet werden (BGH GRUR 1990, 1008, 1009 - Lizenzanalogie). Der Verletzte hat das Wahlrecht, wie er seinen Schadensersatz berechnen will. Vorliegend hat die Klägerin die Berechnung im Wege der Lizenzanalogie gewählt. Bei der Berechnung der angemessenen Lizenzgebühr ist rein objektiv darauf abzustellen, was bei vertraglicher Einräumung der Rechte ein vernünftiger Lizenzgeber gefordert und ein vernünftiger Lizenznehmer gewährt hätte, wenn beide im Zeitpunkt der Entscheidung die gegebene Sachlage gekannt hätten. Diese Schadensberechnung beruht auf der Erwägung, dass derjenige, der ausschließliche Rechte anderer verletzt, nicht besser stehen soll, als er im Falle einer ordnungsgemäß erteilten Erlaubnis durch den Rechteinhaber gestanden hätte. Damit läuft die Lizenzanalogie auf die Fiktion eines Lizenzvertrages der im Verkehr üblichen Art hinaus. In welchem Ausmaß und Umfang es konkret zu einem Schaden gekommen ist, spielt keine Rolle. Der Sachvortrag der Klägerseite in der Klage bietet hierzu eine ausreichende Schätzungsgrundlage. Der angesetzte Betrag ist angesichts der gerichtsbekannten Funktionsweise einer Internettauschbörse, die mit jedem Herunterladen eine weitere Downloadquelle eröffnet, angemessen. Das Gericht schätzt daher die angemessene Lizenz gemäß § 287 ZPO auf weitere 535,00 EUR.



    II.

    Daneben kann die Klägerin von dem Beklagten Ersatz von Rechtsanwaltskosten für die Abmahnung in Höhe von weiteren 435,20 EUR gemäß § 97a Abs. 1 Satz 2 UrhG verlangen.


    1.

    Eine Urheberrechtsverletzung des Beklagten hinsichtlich des Leistungsschutzrechtes der Klägerin liegt, wie oben dargestellt, vor. Der Beklagte wurde daraufhin mit Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom [Datum] zu Recht abgemahnt und zur Abgabe einer strafbewerten Unterlassungserklärung und zur Zahlung von Schadensersatz aufgefordert. Damit kann die Klägerin von dem Beklagten die Kosten der Abmahnung nach § 97a Abs. 1 Satz 2 UrhG verlangen, da dies die erforderlichen Aufwendungen für die berechtigte Abmahnung darstellen.


    2.

    Der Streitwert eines Unterlassungsanspruchs richtet sich nach dem Interesse des geschädigten Rechteinhabers an der künftigen Unterlassung gleichartiger Verletzungshandlungen. Im Hinblick auf das hohe Verletzungspotential, dem die Urheberrechte in Filesharing-Netzwerken ausgesetzt sind, erscheint vorliegend ein Streitwert von 10.000,00 EUR angemessen (§ 287 ZPO). Gegen die geltend gemachte 1,0-Geschäftsgebühr bestehen im Hinblick darauf, dass die Abmahnung in Bezug auf ein vollständiges Album erfolgte, Unterlassungserklärung sowie auch Schadensersatzansprüche geltend gemacht wurden, keinerlei Bedenken.



    III.

    Die Entscheidung zu den Nebenforderungen ergibt sich aus §§ 280 Abs. 1, 2, 286, 288 BGB.



    IV.

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 3 ZPO.



    Rechtsbehelfsbelehrung:

    Gegen die Entscheidung kann das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600,00 EUR übersteigt oder das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

    Die Berufung ist binnen einer Notfrist von einem Monat bei dem

    Landgericht München l
    Prielmayerstraße 7
    80335 München


    einzulegen

    Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung der Entscheidung.

    Die Berufung muss mit Schriftsatz durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt eingelegt werden Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt werde.

    Die Berufung muss binnen zwei Monaten mit Anwaltsschriftsatz begründet werden. Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.



    gez.
    [Name],
    Richterin am Amtsgericht (...)






~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


AG München, Urteil vom 04.01.2107, Az. 242 C 18776/16,
Rechtsanwalt David Appel,
WALDORF FROMMER Rechtsanwälte,
Klage Waldorf Frommer,
Vornahme Zahlung,
Beklagter ohne Prozessbevollmächtigten,
Selbstverteidigung,
Hackerangriff,
ernsthafter und plausibler Sachvortrag,
sekundäre Darlegungslast

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OLG Celle, Az. 13 U 113/16

#10968 Beitrag von Steffen » Freitag 3. Februar 2017, 22:41

.rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR (Hamburg): Oberlandesgericht Celle (Urt. v. 26.01.2017, Az. 13 U 113/16) - Fragmente reichen für Bejahung der Verletzungshandlung nach § 97 UrhG aus - Koch Media GmbH aktivlegitimiert!



22:39 Uhr



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Bild

Rechtsanwalt Nikolai Klute
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz




.rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR

Johannes-Brahms-Platz 1 | 20355 Hamburg
Telefon +49 (040) 5 50 06 05 0 | Telefax +49 (040) 5 50 06 05 55
E-Mail kanzlei@rka-law.de | Web: http://www.rka-law.de



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~







OLG Celle, Urteil vom 26.01.2017, Az. 13 U 113/16



  • (...) Oberlandesgericht Celle



    Im Namen des Volkes

    Urteil




    13 U 113/16
    18 0 44/16 Landgericht Hannover


    Verkündet am
    26.01.2017

    [Name],
    Justizhauptsekretärin
    als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle


    In dem Rechtsstreit


    [Name],
    Beklagte und Berufungsklägerin,

    Prozessbevollmächtigte:
    [Name],


    gegen


    [Name],
    Klägerin und Berufungsbeklagte,

    Prozessbevollmächtigte: Anwaltsbüro .rka Rechtsanwälte Reichelt, Klute, Johannes-Brahms-Platz 1, 20355 Hamburg,



    hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch die Richterin am Oberlandesgericht Dr. [Name], die Richterin am Oberlandesgericht [Name] und den Richter am Oberlandesgericht [Name] aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 10.01.2017

    für Recht erkannt:

    Die Berufung der Beklagten gegen das am 06.06.2016 verkündete Urteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Hannover wird zurückgewiesen.

    Die Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen.

    Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

    Die Revision wird nicht zugelassen.



    Gründe


    I.

    Die Klägerin begehrt von der Beklagten Unterlassung wegen des behaupteten Hochladens des Computerspiels "[Name]" am 13. Dezember, 14. Dezember, 15. Dezember, 17. Dezember und 21. Dezember 2012 zum Filesharing in einem Peer-to-Peer-Netzwerk. Die Beklagte finanziert ihrem volljährigen Enkel [Name] einen Internetanschluss in dessen Wohnung und hat insoweit mit der 1&1 AG einen entsprechenden Vertrag abgeschlossen.

    Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes in erster Instanz und der dort gestellten Anträge wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

    Das Landgericht hat der auf Unterlassung und Erstattung von Abmahnkosten in Höhe von 859,80 EUR gerichteten Klage stattgegeben. Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beklagte als Störerin auf Unterlassung hafte. In der Vergangenheit habe es bereits Abmahnungen der Klägerin wegen des illegalen Hochladens von Computerspielen durch ihren Enkel gegeben, so dass Anlass bestanden habe, die Internetnutzung ihres Enkels auf mögliche Urheberrechtsverletzungen zu überwachen.

    Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter. Das Landgericht habe verkannt, dass sie umfangreich und substantiiert die Rechteinhaberschaft der Klägerin an dem streitgegenständlichen Computerspiel "[Name]" bestritten habe. Die Vermutungswirkung des § 10 Abs. 3 UrhG greife hier nicht ein. Im Übrigen habe sie bestritten, dass die von der Klägerin angeblich ermittelte IP-Adresse zur behaupteten Tatzeit dem Internetanschluss ihres Enkels zugehörig gewesen sei. Ebenso bestritten habe sie die Behauptung, das Computerspiel "[Name]" sei zum Download angeboten worden. Soweit die Klägerin die Excipio GmbH zur Ermittlung der IP-Adressen beauftragt habe und diese sich dafür der Software NARS bedient haben will, habe sie dies umfänglich bestritten.'Dies gelte auch für die ordnungsgemäße Funktionsweise der Software NARS. Ferner sei streitig, dass das Computerspiel "[Name]" in einer funktions- und ablauffähigen Fassung hochgeladen worden sei. Im Übrigen sei sie lediglich Vertragspartner der 1&1 gewesen und nicht Inhaberin des Internetanschlusses ihres Enkels. Die tatsächliche Herrschaft über den Internetanschluss habe ihr Enkel innegehabt, ohne dass sie eine tatsächliche Zugriffsmöglichkeit darauf gehabt habe. Mit der Finanzierung des Internetanschlusses habe sie keinen kausalen Beitrag zur Begehung einer Urheberrechtsverletzung geleistet.



    Die Beklagte beantragt,
    unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Landgerichts Hannover vom 06.06.2016 (Az. 18 0 44/16) die Klage abzuweisen.



    Die Klägerin beantragt,
    die Berufung zurückzuweisen.


    Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

    Der Senat hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 05.09.2016 durch Vernehmung der Zeugen [Name] und [Name] sowie durch Verwertung des in dem vom Amtsgericht Bretten in dem Rechtsstreit Az. 1 C 52/14 eingeholten schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen [Name] vom 24.08.2014. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 10.01.2017 sowie auf den Inhalt des schriftlichen Sachverständigengutachtens verwiesen.

    Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.

    Die Beklagte haftet als Inhaberin des von ihrem Enkel genutzten Internetanschlusses als Störerin gemäß § 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG auf Unterlassung wegen der Verletzung der ausschließlichen Nutzungsrechte der Klägerin an dem Computerspiel "[Name]" am 13. Dezember, 14. Dezember, 15. Dezember, 17. Dezember und 21. Dezember 2012.


    1.

    Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Ihr sind die ausschließlichen Nutzungsrechte an dem Computerspiel "[Name]" durch die [Name] übertragen worden, so dass sie als Rechteinhaberin aktivlegitimiert ist (von Wolff in Wandtke / Bullinger, UrhR, 4. Aufl., § 97 Rdnr. 9).


    a)

    Für die Rechteinhaberschaft der Klägerin spricht die Vermutung des § 10 Abs. 3 UrhG.

    Die Klägerin ist sowohl auf der DVD als auch auf dessen Umschlag durch einen Copyright-Vermerk als Inhaberin ausschließlicher Rechte ausgewiesen, so dass von Rechts wegen die Rechtsinhaberschaft zu ihren Gunsten vermutet wird (§§ 69a Abs. 4, 10 Abs. 3 UrhG). Die Vermutung des § 10 UrhG gilt auch bei Computerprogrammen (Grützmacher in Wandtke / Bullinger, a. a. 0., § 69a Rdnr. 47). Zwar können Urheber i.S.d. § 7 UrhG nur natürliche Personen sein, da juristische Personen öder Personengesellschaften keine geistigen Tätigkeiten entfalten (Thom in Wandtke / Bullinger, § 7 Rdnr. 1). Es gilt hier aber nach § 10 Abs. 3 UrhG die Vermutung für den Inhaber ausschließlicher Nutzungsrechte im Rahmen der Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen. Die Vermutungswirkung tritt ein, wenn die Bezeichnung die Rechtsinhaberschaft auf den Vervielfältigungsstücken einwandfrei erkennen lässt. Dies ist bei einem Copyright-Vermerk der Fall (Ahlberg in BeckOK UrhR, 13. Edition, § 10 Rdnr. 54). Nach der von der Klägerin vorgelegten Anlage K5 befindet sich sowohl auf der DVD-ROM als auch auf der Hülle der Umverpackung der Vermerk:

    • "Deep Silver, a division of Koch Media GmbH, Gewerbegebiet 1, 6604 Höfen, Austria. Dolby and the double-D symbol are trademarks of Dolby Laboratories. © Copyright 2011 and Published by Deep Silver, a division of Koch Media GmbH, Gewerbegebiet 1, 6604 Höfen, Austria. Developed 2011 Techland Sp. z o.o., Poland. © Copyright 2011 Chrome Engine, Techland Sp. z o.o."

    Dies reicht aus, die Klägerin als Inhaberin ausschließlicher vertraglicher Nutzungsrechte anzusehen (vgl. OLG Köln, Urteil vom 18.10.1991 - Az. 6 U 58/91, juris Rdnr. 35, 36). Unbeachtlich ist dabei, dass neben der Klägerin auch die [Name] aufgeführt ist. Werden auf den Vervielfältigungsstücken sowohl der originär Berechtigte als auch der Rechtsinhaber genannt, so hat das auf die Vermutungswirkung des § 10 Abs. 3 UrhG keinen Einfluss (Ahlberg in BeckOK UrhR, a. a 0., § 10 Rdnr. 55).

    Die Vermutung beschränkt sich nicht nur darauf, dass der auf den Vervielfältigungsstücken Bezeichnete Inhaber von ausschließlichen Rechten ist. Vielmehr erstreckt sich diese auch darauf, dass er frei von räumlichen, zeitlichen oder inhaltlichen Beschränkungen Inhaber sämtlicher Nutzungsrechte ist (Ahlberg in BeckOK UhrR, a. a. 0., § 10 Rdnr. 56) Einen weitergehenden Nachweis ihrer Rechtsinhaberschaft muss die Klägerin nicht führen, so dass es auf den Inhalt des von der Klägerin vorgelegten exklusiven Publishing-Vertrags vom 10.11.2008 (Anlage K7) sowie der Änderungsvereinbarung "IV-[Name] nicht ankommt. Die sich aus § 10 UrhG ergebende Vermutung kann nur durch den Beweis des Gegenteils widerlegt werden. Wer die zu vermutende Rechtsinhaberschaft bestreitet, trägt daher die Darlegungs- und Beweislast für das Fehlen der Rechtsinhaberschaft (BGH, Urteil vom 26.02.2009 - I ZR 142/06 - Kranhäuser, juris Rdnr. 42). Diese Vermutung hat die Beklagte nicht entkräftet. Die Beklagte hat insbesondere nicht dargelegt, dass es sich bei der Bezeichnung "[Name]" um eine eigenständige juristische Persönlichkeit handelt. Soweit die Beklagte darauf abstellt, dass [Name] ein Tochterunternehmen der Klägerin sei (51. 48 d. A.), ist der Hinweis auf den Eintrag bei Wikipedia nicht ausreichend, um substantiierten Vortrag zu ersetzen. Ein Handelsregisterauszug, aus dem sich Gegenteiliges ergeben würde, ist nicht vorgelegt. Die Klägerin hat vorgetragen, dass [Name] keine eigene Rechtspersönlichkeit ist, sondern vielmehr eine eingetragene Gemeinschaftsmarke unter der die Klägerin ihre Vertriebsaktivitäten wahrnimmt (Bl. 142 d.A.). Der Ausdruck "Devision", der bei dem Copyright-Vermerk verwandt wird, spricht auch dafür, dass es sich um eine unselbstständige Abteilung der Klägerin handelt.

    Ferner ist unerheblich, wenn für das Computerspiel "[Name]" in den USA und Taiwan mit der [Name] ein anderer Rechtsinhaber existiert (Bl. 107 d.A.).

    Vorliegend geht es um eine Urheberrechtsverletzung in Deutschland.


    b)

    Des Weiteren hat die Klägerin - ohne dass es im Ergebnis darauf ankommt - ihre Rechteinhaberschaft zu durch den vorgelegten "Exklusiven Publishing-Vertrag" vom 10.11.2008 zwischen der [Name] und ihr nachweisen können, der die Übertragung ausschließlicher Nutzungsrechte auf die Klägerin zum Gegenstand, hat. Für die [Name] als Urheber des Computerspiels i.S.d. § 69b Abs. 1 UrhG spricht gleichfalls der vorgenannte Copyright-Vermerk, so dass zu deren Gunsten die Vermutung nach § 10 Abs. 1 UrhG i. V. m. § 69a Abs. 4 UrhG eingreift. Das pauschale Bestreiten, der Beklagten ist insoweit nicht ausreichend, um die Vermutungswirkung zu entkräften.


    2.

    Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme durch die Vernehmung der Zeugen [Name] und [Name] sowie des gem. § 411a Abs. 2 ZPO verwerteten Gutachtens des Sachverständigen [Name] vom 24.08.2014 kann der Senat mit der nach § 286 ZPO erforderlichen Gewissheit feststellen, dass der Enkel der Beklagten [Name] Datenteile des Computerspiels "[Name]" durch den Upload in ein Peer-to-Peer-Netzwerk i.S.d. § 19a UrhG öffentlich zugänglich gemacht hat.


    a)

    Die Zeugen [Name] und [Name] haben übereinstimmend bestätigt, dass sie im Frühjahr 2012 von den Prozessbevollmächtigten der Klägerin unter anderem damit beauftragt worden seien, in Filesharing-Netzwerken nach dem Computerspiel "[Name]" zu suchen. Dabei sei die von dem Zeugen [Name] mitentwickelte Software NARS eingesetzt worden. Die Zeugen haben insoweit bekundet, dass die Software NARS seit 2010 laufe, ohne dass Fehler aufgetreten seien. Die Software benutze zwei parallel laufende Systeme, die sich gegenseitig überprüfen, so dass Fehler bei der Ermittlung der IP-Adressen nahezu ausgeschlossen seien. Mit der Software sei es möglich, von einzelnen IP-Adressen hochgeladene Dateiteile eines Computerspiels mit dem Originalwerk zu vergleichen und auf Übereinstimmung zu prüfen. Um die in einem Filesharing- Netzwerk hochgeladenen Dateiteile zu überprüfen, werde zunächst das vollständige Computerspiel aus dem Netzwerk heruntergeladen, um es mit dem bereitgestellten Originalwerk zu vergleichen. Nach erfolgreicher Verifikation werde die mit einem spezifischen Hashwert versehene Datei im Ermittlungssystem freigegeben. Von jedem ermittelten Anschluss werde ein Teilstück der angebotenen Datei heruntergeladen und mittels eines von der Ermittlungssoftware automatisch durchgeführten Fingerprinting-Verfahrens eine Authentifizierung desselben durchgeführt. Hash-Kollisionen seien dadurch ausgeschlossen.

    Der Sachverständige [Name] hat sich in seinem schriftlichen Gutachten in dem Verfahren vor dem Amtsgericht Bretten (Az. 1 C 52/14) vom 24.08.2014 (Anlage K 22) mit der Funktionsweise der eingesetzten NARS-Software bei der Ermittlung der IP-Adressen auseinandergesetzt und festgestellt, dass es sich bei dem eingesetzten Identifikationsverfahren mittels von Hashwerten um ein anerkanntes Verfahren handele, die eine eindeutige Identifikation des Anschlussinhabers auf der Basis der IP-Adresse zulasse.

    Der Senat ist davon überzeugt, dass die von der Klägerin beauftragte [Name] UG, die nunmehr unter [Name] firmiert, zutreffend und fehlerfrei die IP-Adresse des Enkels der Beklagten im Hinblick auf den Upload von Dateiteilen des Computerspiels "[Name]" ermittelt hat. Die Zeugen haben die Arbeitsweise des von ihnen eingesetzten Programms zur Ermittlung der IP-Adressen umfangreich und nachvollziehbar beschrieben. Anhaltspunkte für eine Fehlerhaftigkeit des Programms bei der Ermittlung der IP-Adressen haben die Zeugen ausgeschlossen. Die Richtigkeit des Ermittlungsergebnisses wird durch das Gutachten des Sachverständigen [Name] vom 24.08.2014 bestätigt. Zudem hatte die Klägerin durch Vorlage des Privatgutachtens des Prof. Dr. [Name] vom ein 31.01.2014 (Anlage K 21) substantiiert zur Funktionsfähigkeit und Zuverlässigkeit der in NARS-Software vorgetragen. Durchgreifende Einwendungen gegen dieses Beweisergebnis hat die Beklagte nicht vorgebracht.

    Der Sachverständige [Name] war auch nicht auf den Antrag der Beklagten mit Schriftsatz vom 19.09.2016 zum Termin zur mündlichen Verhandlung am 10.01.2017 zu laden, Der Senat hat mit Beschluss vom 05.092016 die Ladung des Sachverständigen von der Zahlung eines Auslagenvorschusses in Höhe von 1.000,00 EUR abhängig gemacht. Gem. §§ 402, 379 Satz 2 ZPO unterbleibt die Ladung des Sachverständigen, wenn die Vorschusszahlung nicht innerhalb der gesetzten Frist erfolgt, so dass das Verfahren dann ohne die entsprechende Beweiserhebung fortgesetzt wird.

    Für die Zuverlässigkeit der eingesetzten Software und die zutreffende Ermittlung der IP-Adresse des Enkels der Beklagten spricht ferner der Umstand, dass an den einzelnen Tagen, an denen Datenteile der [Name] hochgeladen wurden, die jeweils unterschiedlichen IP-Adressen dem Internetanschluss der Beklagten zugerechnet werden konnten. Die Klägerin hat das Schreiben der 1&1 Internet AG vom 17.07.2013 vorgelegt (Anlage K 6), mit dem die 1&1 AG die ermittelten IP-Adressen den Internetanschluss der Beklagten zugeordnet hat. Fehlt es - wie hier - an konkreten Anhaltspunkten für eine Fehlzuordnung, ist es nicht erforderlich, dass der Kläger nachweist, dass die durch den Internet-Provider vorgenommenen Zuordnungen stets absolut fehlerfrei sind (vgl. BGH, Urteil vom 11.06.2015, a.a.0., Leitsatz Nr. 3, juris).


    b)

    Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme kann der Senat gleichfalls feststellen, dass sich die von dem Internetanschluss der Beklagten an den einzelnen Tagen öffentlich zugänglich gemachten Dateifragmente nicht nur als "Datenmüll" darstellten, sondern bereits geschützte Werkqualität umfasst haben. Denn die Klägerin hat bewiesen, dass in dem Peer-to-Peer-Netzwerk der Download des Computerspiels "[Name]" möglich war, so dass sich daraus ableitet, dass von dem Enkel der Beklagten zum Hochladen bereitgestellte Dateifragmente geeignet waren, den illegalen Download des Gesamtwerks zu ermöglichen. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sind verschiedene Teile eines Werkes nach der Urheberrechtsrichtlinie unter der Voraussetzung geschützt, wenn sie Elemente enthalten, die die eigene geistige Schöpfung ihres Urhebers zum Ausdruck bringen, so dass auch sequenzielle Fragmente eines Werkes geschützt sind (EuGH, Urteil vom 04.10.2011- C-403/08, Tz. 156, 157). Dem entspricht § 69a UrhG, nachdem schon einzelne Programmteile eines Computerprogramms, sofern sie individuell und nicht von untergeordneter Bedeutung sind, schutzfähig sind, Ohne dass es dabei darauf ankäme, dass die Datenteile autonom funktions- und ablauffähig sind (Grützmacher in Wandtke / Bullinger, a. a. 0., § 69a Rn. 12).

    Im Ergebnis ist eine Rechtsgutsverletzung i.S.d. § 97 Abs. 1 UrhG bereits dann zu bejahen, wenn - in dem vorgenannten Umfang - Dateifragmente öffentlich zugänglich gemacht werden (vgl. nur OLG Köln, Beschluss vom 20.04.2016 - Az. 6 W 37/16, juris Rn: 18 ff.; Heckmann / Nordmeyer, CR 2014, 41 [43]; Woitkewitsch, MDR 2016,1117 [1119]; a. A. LG Frankenthal, Urteil vom 22.07.2016 - Az. 6 S 22/15, juris Rn. 27). Im Übrigen dürfte auch zugunsten der Rechteinhaber auf eine mittäterschaftlich begangene Rechtsverletzung durch die an dem jeweiligen Zugänglichmachen eines Computerspiels beteiligten Tauschbörsennutzer abgestellt werden können (vgl. Heckmann / Nordmeyer, a.a.0., 41 [43]), ohne dass der Senat dies hier abschließend entscheiden müsste.

    Damit setzt sich der Senat auch nicht in Widerspruch zu der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Schutz des Sampling durch die Kunstfreiheit (Urteil vom 03.05.2016 - 1 BvR 1585/13, juris Rn. 84 ff.). Denn das Bundesverfassungsgericht hat mit der vorgenannten Entscheidung nicht verneint, dass "Fragmente" eines Musikstücks dem Schutz des Urheberrechtsgesetzes genießen, sondern vielmehr eine Abwägung zwischen dem Eigentumsrecht des Urhebers und der Kunstfreiheit im Rahmen des Sampling vorgenommen.


    3.

    Die Beklagte haftet als Störerin für von ihrem Enkel begangene Urheberrechtsverletzungen.


    a)

    Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann als Störer bei der Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer - ohne Täter oder Teilnehmer zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechts beiträgt. Dabei kann als Beitrag auch die Unterstützung oder Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten genügen, sofern der Inanspruchgenommene die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte. Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die weder als Täter noch als Teilnehmer für die begangene Urheberrechtsverletzung in Anspruch genommen werden können, setzt die Haftung als Störer die Verletzung zumutbarer Verhaltenspflichten, insbesondere von Prüfungspflichten, voraus. Ob und inwieweit dem als Störer Inanspruchgenommenen eine Verhinderung der Verletzungshandlung des Dritten zuzumuten ist, richtet sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung seiner Funktion und Aufgabenstellung sowie mit Blick auf die Eigenverantwortung desjenigen, der die rechtswidrige Beeinträchtigung selbst unmittelbar vorgenommen hat (BGH, Urteil vom 8. Januar 2014 - I ZR 169/12 - BearShare, juris Rdnr. 22).

    Der Inhaber eines Internetanschlusses, über den Rechtsverletzungen begangen werden, haftet daher als Störer, wenn konkrete Anhaltspunkte für eine rechtsverletzende Nutzung des Internetanschlusses durch den Nutzer des Internetanschlusses bestehen (vgl. BGH, Urteil vom 11.06.2015 -1 ZR 7/14 - Tauschbörse II, juris Rdnr. 32; Reber in BeckOK UrhR, a.a.0., § 97 Rdnr. 72).

    Entgegen der Ansicht der Beklagten ist diese Inhaberin des Internetanschlusses. Die Beklagte ist Vertragspartnerin bei der 1&1 AG. Die 1&1 AG schuldet aufgrund des mit der Beklagten geschlossenen Vertrags die Bereitstellung eines Internetzugangs. Dafür erbringt die Beklagte die vereinbarte Vergütung. Es kommt bei der Bestimmung des Inhabers des Internetanschlusses nicht darauf an, wer den Internetanschluss tatsächlich nutzt. Denn der tatsächliche Nutzer, der mit dem Vertragspartner nicht identisch ist, hat kein Recht auf Bereitstellung des Internetanschlusses.

    Zwar ist es richtig, dass die Beklagte grundsätzlich nicht verpflichtet ist, ihren Enkel, von dessen Volljährigkeit der Senat ausgeht, über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Internettauschbörsen zu belehren und ihm eine Teilnahme daran zu verbieten. Die Beklagte hatte hier allerdings durch die vorausgehenden Abmahnungen der Klägerin in Bezug auf die Computerspiele "[Name]" und "[Name]" Kenntnis davon, dass ihr Enkel an Internettauschbörsen teilnimmt und urheberrechtlich geschützte Werke dort einstellt.
    Die Beklagte hat sich mit Anwaltsschreiben vom 14.04.2011 (Anlage K14) und vom 02.072012, (Anlage K16) insoweit gegenüber der Klägerin zur Unterlassung verpflichtet. Vor diesem Hintergrund hätte sie tätig werden müssen, um weitere Rechtsverletzungen zum Nachteil der Klägerin durch ihren Enkel zu verhindern. Ihr hätte es daher oblegen, ihrem Enkel keinen Internetanschluss mehr zur Verfügung zu stellen.


    b)

    Die Störerhaftung ist gegenüber der Inanspruchnahme des Täters im Grundsatz auch nicht subsidiär (BGH, Urteil vom 26.11.2015 - I ZR 3/14, juris Rdnr. 69).


    4.

    Die Beklagte ist nicht nach § 214 Abs. 1 BGB berechtigt, die von ihr geforderte Unterlassung zu verweigern.

    Unterlassungsansprüche nach § 97 Abs. 1 UrhG verjähren nach § 102 Satz 1 UrhG i. V. m. §§ 195, 199 Abs. 1 BGB binnen drei Jahren, nach Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen.

    Kenntnis von der Person der Beklagten als Störerin hat die Klägerin erst durch die Schreiben der 1&1 AG vom 17.07.2013 (Anlage K6) erhalten, so dass die Verjährungsfrist am 01.01.2014 zu laufen begann und mit der Klageerhebung am 08.02.2016 gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB rechtzeitig gehemmt wurde. Dass eine frühere Kenntnis der Klägerin im Jahr 2012 nicht möglich war, ergibt sich schon aus dem Umstand, dass die Rechtsverletzungen erst im Dezember 2012 - begangen wurden und die Beschlüsse des Landgerichts München I vom 19.12.2012 in der Folge umgesetzt werden mussten.


    5.

    Die Abmahnkosten sind nach §§ 97 Abs. 1, 97a UrhG zu erstatten.


    6.

    Die nicht nachgelassenen Schriftsätze der Parteien vom 17.01.2017 und vom 23.01.2017 boten keinen Anlass gern. § 156 ZPO die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen.



    III.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

    Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

    Gründe, die Revision gern. § 543 ZPO zuzulassen, lagen nicht vor.


    Dr. [Name]

    [Name]

    [Name]
    (...)





~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


OLG Celle, Urteil vom 26.01.2017, Az. 13 U 113/16,
Vorinstanz: LG Hannover, Urteil vom 06.06.2016, Az. 18 0 44/16,
Aktivlegitimation,
Sachverständigengutachten,
Amtsgericht Bretten - Az. 1 C 52/14,
Rechtsanwalt Nikolai Klute,
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OLG Schleswig, Az. 6 U 9/16

#10969 Beitrag von Steffen » Samstag 4. Februar 2017, 07:46

.rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR (Hamburg): Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht - Das mehrfache Bereithalten eines Werks in Filesharingbörsen lässt eine Vertragsstrafe auch mehrfach verwirken


07:40 Uhr



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Rechtsanwalt Nikolai Klute



.rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR

Johannes-Brahms-Platz 1 | 20355 Hamburg
Telefon +49 (040) 5 50 06 05 0 | Telefax +49 (040) 5 50 06 05 55
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Bericht

Link:
http://rka-law.de/filesharing/olg-schle ... eskonform/

Urteil als PDF:
http://rka-law.de/wp-content/uploads/20 ... U-9-16.pdf



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OLG Schleswig, Teilversäumnis- und Schluss-Urteil vom 25.01.2017, Az. 6 U 9/16



  • (...) Abschrift

    6 U 9/16
    8 O 118/15 LG Flensburg


    Verkündet am 25.01.2017

    gez.
    [Name], JAng
    als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle




    Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht

    Teilversäumnis- und Schluss-Urteil

    Im Namen des Volkes




    In dem Rechtsstreit


    [Name],
    - Klägerin und Berufungsklägerin -

    Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte .rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR, Johannes-Brahms-Platz 1,



    gegen


    [Name],
    - Beklagter und Berufungsbeklagter -


    wegen Vertragsstrafe und Ersatz von Abmahnkosten



    hat der 6. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts durch den Richter am Oberlandesgericht Dr. [Name] als Einzelrichter auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 12.01.2017

    für Recht erkannt:

    Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Flensburg vom 05.02.2016, Az. 8 O 118/15, teilweise abgeändert und wie folgt insgesamt neu gefasst:

    Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 5.365,00 EUR nebst jährlicher Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14.08.2015 zu zahlen. Im Übrigen werden die Klage ab- und die Berufung zurückgewiesen.

    Von den Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz tragen Beklagte 77 % und die Klägerin 23 %. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen Beklagte 55 % und die Klägerin 45 %.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 3.637,00 EUR festgesetzt.



    Gründe



    I.

    Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Vertragsstrafe und Ersatz von Abmahnkosten in Anspruch, nachdem nach Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung durch den Beklagten erneut über den dem Beklagten zuordenbaren Internetzugang das Computerspiel "[Name]" in einem P2P-Netzwerk zum Herunterladen bereitgehalten wurde und Dritten der Download ermöglicht wurde. Auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.

    Das Landgericht hat den Beklagten mit Versäumnisteil- und Schlussurteil zur Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 3.000,00 EUR sowie zum Ersatz von Abmahnkosten in Höhe von 347,60 EUR verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Den Erstattungsanspruch hat das Landgericht abweichend von dem Antrag der Klägerin unter Zugrundelegung eines niedrigeren Gegenstandswerts zuerkannt. Der zur Berechnung der Vergütung zugrunde zu legende Gegenstandswert sei gemäß § 97a Abs. 3 S. 4 UrhG, § 23 Abs. 3 S. 2 RVG nach billigem Ermessen zu bestimmen. Die Kammer bemesse den Wert des Unterlassungsanspruchs regelmäßig mit dem drei- bis fünffachen Betrag des geltend gemachten oder voraussichtlich entstandenen, im Wege der Lizenzanalogie zu berechnenden Schadens. Im Falle des Filesharings sei wegen der Gefährdung der Verwertung des Nutzungsrechts durch eine öffentliche Zugänglichmachung im Falle einer wiederholten oder zu gewerblichen Zwecken begangenen Rechtsverletzung grundsätzlich der fünffache Betrag zugrunde zu legen. Für das Anbieten eines Computerspiels innerhalb der Verwertungsphase werde ein Schadensersatzanspruch von 400,00 bis 600,00 EUR für angemessen gehalten. Dies führe für den Unterlassungsanspruch zu einem Gegenstandswert von 3.000,00 EUR. Hierbei sei zum einen der erhebliche Wert des beeinträchtigten Rechts und die verbleibende Laufzeit zu berücksichtigen. Zum anderen werde die Realisierung des Nutzungsrechts nicht ausschließlich durch die Verletzungshandlung des Beklagten, sondern durch alle Verletzungshandlungen sämtlicher Teilnehmer solcher Filesharing-Netzwerke beeinträchtigt. Zudem habe sich das Computerspiel im Zeitpunkt der Verletzungshandlung bereits seit 16 Monaten auf dem Markt befunden und sei folglich nicht in der hochaktuellen Verwertungsphase gewesen.

    Zudem erfolge die Verletzung des Rechts nicht zu gewerblichen Zwecken, Der Gegenstandswert des mit der Abmahnung ebenfalls erfolgten Anspruchs auf Schadensfeststellung könne auf etwa 1/5 des Unterlassungsanspruchs geschätzt werden, was zu einem Gegenstandswert von 600,00 EUR führe. Der Auskunftsanspruch sei mit einem Wert von 200,00 Euro anzusetzen. Es seien keine Anknüpfungspunkte für eine höhere Wertfestsetzung hinsichtlich des Feststellungs- und Auskunftsbegehrens gegeben. Die Klägerin habe, da diese Ansprüche nicht eingeklagt worden seien, zu erkennen gegeben, dass ihr Interesse an der Verfolgung dieser Ansprüche hinter dem Interesse an der Durchsetzung ihrer Ansprüche auf Unterlassung, Vertragsstrafe und Erstattung von Abmahnkosten zurückstehe. Unter Zugrundelegung des Gegenstandswerts von 3.800,00 EUR seien Abmahnkosten in Höhe von insgesamt 347,60 EUR erstattungsfähig.

    Hinsichtlich der beanspruchten Vertragsstrafe bestehe ein Anspruch der Klägerin lediglich in Höhe von 3.000,00 EUR. Es seien lediglich zwei Verletzungshandlungen festzustellen. Ausgehend von einer Vertragsstrafe von jeweils 1.500,00 EUR ergebe sich der zugesprochene Betrag von 3.000,00 EUR. Es handele sich bei den vier zu unterschiedlichen Zeitpunkten festgestellten Upload-Vorgängen nicht um vier selbstständige Verletzungshandlungen. Die am 12. und 19.04.2014 zu jeweils unterschiedlichen Zeitpunkten festgestellten Verstöße stellten jeweils nur eine Verletzungshandlung dar. Die Anzahl der Verletzungshandlungen könne bei einem öffentlich Zugänglichmachen eines geschützten Werkes über ein Filesharing-System, welches regelmäßig eine gewisse Zeit in Anspruch nehme, nicht davon abhängen, zu wie vielen Zeitpunkten dieser Verstoß festgestellt worden sei. Die Zuwiderhandlung bestehe jeweils in der öffentlich Zugänglichmachung von Dateien des Computerspiels über das Filesharing-Netzwerk. Dies geschehe in der Weise, dass die Daten des Spiels mit Hilfe eines Programms heruntergeladen und von diesem Programm sogleich im Internet öffentlich zugänglich gemacht werde. Da die Uploads automatisch vorgenommen würden, wenn eine Verbindung mit dem Internet bestehe, müsse dem Weiterverbreiten nicht notwendigerweise ein erneuter Entschluss des Nutzers zur öffentlichen Zugänglichmachung zugrunde liegen. Da den jeweils am selben Tag festgestellten Verstößen keine unterschiedlichen dynamischen IP-Adressen zugewiesen worden seien, habe der Beklagte die Verbindung nicht mehrfach hergestellt. Es handele sich vielmehr lediglich um zwei Verletzungshandlungen in Form eines Dauerdelikts. Der Verletzer begehe durch das Ingangsetzen des File-Sharing-Programms die tatbestandsmäßige Handlung des öffentlichen Zugänglichmachens eines Werks, die er über einen gewissen Zeitraum aufrecht erhalte oder fortdauern lasse. Die beiden Verstöße könnten nicht zu einer Handlungseinheit mit der Folge zusammengefasst werden, dass nur von einer einzigen Zuwiderhandlung gegen die Strafvereinbarung auszugehen sei. Zwar könnten im Zivilrecht und in der Zwangsvollstreckung mehrere fahrlässig begangene Verstöße zu einer natürlichen Handlungseinheit zusammengefasst werden, doch beruhten die Verstöße vom 12. und 19.04.2013 jeweils auf einem neuen Entschluss, den Filesharing-Vorgang in Gang zu setzen. Eine solche Zusammenfassung wäre auch nicht mit dem Wortlaut der Vertragsstrafenvereinbarung zu vereinbaren.

    Die Höhe der Vertragsstrafe von 1.500,00 EUR je Verstoß sei angesichts der Bedeutung des verletzten Rechts nicht zu beanstanden. Die Vertragsstrafe müsse hoch genug sein, um die Funktion, dem Verletzen einen Ausgleich für den Schaden zu gewähren und den Verletzer von weiteren Verletzungshandlungen abzuhalten, erfüllen zu können.

    Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin. Sie verfolgt ihre erstinstanzlich gestellten Anträge weiter. Der vom Landgericht angenommene Gegenstandswert zur Bemessung der zu erstattenden Abmahnkosten sei zu niedrig bestimmt. Das Landgericht habe die maßgeblichen Faktoren für die Festlegung des Gegenstandswertes nicht bzw. nicht hinreichend gewürdigt. Die vom Landgericht vorgenommenen Schätzungen basierten teilweise auf unzutreffenden tatsächlichen und rechtlichen Annahmen, einer fehlerhaften Tatsachenfeststellung und auf unzutreffenden Schlussfolgerungen. Bei der Streitwertfestsetzung von Unterlassungsansprüchen sei zunächst maßgeblich, dass von der Klägerin mit der Abmahnung verbundene wirtschaftliche Interesse zu berücksichtigen. Diesem komme eine starke indizielle Bedeutung zu. Anhaltspunkt für die Schätzung sei dabei zunächst der Wert, den der Gläubiger des Anspruchs in seiner außergerichtlichen Abmahnung selbst angegeben habe. Dies sei vorliegend der Betrag von 20.000,00 EUR. Maßgebliche Faktoren bei der Streitwertbemessung seien vor allem die Bedeutung des vom Verstoß betroffenen Unternehmens sowie, als Bewertung des Angriffsfaktors, die Art, Dauer und Gefährlichkeit des beanstandeten Verstoßes. Weitere Bedeutung hätten grundsätzlich auch der erzielbare Verletzergewinn und der Abschreckungsgedanke im Hinblick auf die Verhinderung künftiger Verstöße. Das Landgericht habe demgegenüber nicht hinreichend die Art der in Rede stehenden Verletzungshandlung und den Umstand berücksichtigt, dass es sich bei dem urheberrechtswidrig über den Internetanschluss des Beklagten zum Download bereitgehaltenen Werk um ein hochwertiges und hochpreisiges Computerspiel gehandelt habe. Die Klägerin habe für den Erhalt der ausschließlichen Nutzungs- und Vertriebsrechte des Computerspiels mehrere Millionen Euro investiert. Im Hinblick auf die aufgewandten Kosten sei das in die Zukunft gerichtete Unterlassungsinteresse der Klägerin daran, dass die unberechtigte öffentliche Zugänglichmachung von Daten mit dem streitgegenständlichen Computerspiel über Filesharing-Netzwerke unterbleibe, bei genauer Betrachtung der Schäden, die über die unberechtigte Zugänglichmachung des Spiels über Filesharing-Netzwerke entstünden, letztlich nicht unter 100.000,00 EUR zu bemessen. Dementsprechend sei der in der Abmahnung angesetzte Gegenstandswert von 20.000,00 EUR angemessen.

    Die Annahme des Landgerichts, die Rechtsverletzung sei "nicht zu gewerblichen Zwecken" erfolgt, beruhe auf einer unzutreffenden, weil rechts- und verfahrensfehlerhaft getroffenen Feststellung, die weder im Kläger- noch im Beklagtenvortrag eine hinreichende Grundlage finde. Es gebe keine Vermutung und / oder Annahme auf Grundlage der Lebenswahrscheinlichkeit, dass eine Nutzung von Filesharing-Software grundsätzlich und / oder in erster Linie privaten Zwecken des jeweiligen Nutzers diene. Das Landgericht habe auch nicht berücksichtigt, dass zur Annahme einer Rechtsverletzung gewerblichen Ausmaßes im Bereich Filesharing eine Mindestanzahl von Abrufen bereitgehaltener Dateien nach der Rechtsprechung des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts nicht erforderlich sei. Weiterhin habe das Landgericht unberücksichtigt gelassen, dass es sich bei dem Beklagten um einen "Wiederholungstäter" handele. Bereits in der Vergangenheit sei dieser wegen einer Filesharing-Urheberrechtsverletzung zum Computerspiel "[Name]" abgemahnt worden, worauf er eine vertragsstrafenbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben habe. Der Angriffsfaktor erhöhe sich, wenn der Verletzer zu erkennen gebe, dass er sich trotz eines bestehenden Unterwerfungsvertrages nicht rechtstreu verhalten wolle.

    Vor diesem Hintergrund sei es rechtsfehlerhaft, den Gegenstandswert für Unterlassungsansprüche anhand des drei- bis fünffachen des geltend gemachten oder voraussichtlich entstandenen, im Wege der Lizenzanalogie zu berechnenden Betrages zu bemessen. Entgegen der Annahme des Landgerichts handele es sich bei dem zum Zeitpunkt der Verletzungshandlung seit ca. 16 Monaten auf dem Markt befindlichen Computerspiel noch um ein aktuelles Computerspiel. Anderenfalls wäre es nicht von Dritten über Filesharing-Netzwerke zum Download bereitgehalten worden. Zudem habe das Landgericht übersehen, dass auch bei Computerspielen eine Zweitverwertungsphase bestehe, in der das Spiel zu einem reduzierten Einzelhandelspreis von ca. 20 bis 30 Euro einer Käufergruppe angeboten werde, die nicht bereit gewesen sei, den Veröffentlichungsverkaufspreis zu zahlen. Infolgedessen bestehe auch ein Jahr nach der Veröffentlichung des Spiels noch ein erhebliches Interesse der Klägerin daran, sicherzustellen, dass auch künftig keine derartigen Verletzungen erfolgten. Der vom Landgericht in dem angegriffenen Urteil gewählte Ansatz zur Bemessung des Gegenstandswertes der Abmahnung sei auch ermessensfehlerhaft, da mit der Bezugnahme nur auf die Höhe eines geltend gemachten Schadensersatzanspruchs das in die Zukunft gerichtete Unterlassungsinteresse nicht hinreichend berücksichtigt werde. Auch sei nicht nachvollziehbar, wieso ein Schadensersatzanspruch wegen -des File-Sharings eines Musikalbums häufig mit bis zu ca. 2.000,00 EUR bemessen werde, bei einem Einzelhandelskaufpreis von ca. 10,00 EUR, während für Computerspiele mit dem fünffachen Verkaufspreis im Einzelhandel und einem Produktionsaufwand in Höhe von mehreren Millionen Euro lediglich 500,00 EUR als angemessen erachtet würden. Die Multiplikation eines derart bemessenen Schadensersatzanspruchs mit dem "drei- bis fünffachen" zur Ermittlung des Unterlassungsstreitwerts könne nicht zu sachgerechten Ergebnissen führen.

    Das Landgericht habe die Höhe der Vertragsstrafe rechtsfehlerhaft zu niedrig bemessen. Bei den festgestellten Verletzungshandlungen handele es sich jeweils um Einzelhandlungen, die die ausbedungene Vertragsstrafe auslösten. Es habe bereits unberücksichtigt gelassen, dass bei den Verstößen am 19.04.2013 zwei unterschiedliche Dateien Gegenstand der Verletzungshandlungen gewesen seien. Ausweislich der Tabelle mit den Verstoßzeitpunkten in der Klagschrift ergebe sich, dass zum einen die Datei "D[...].iso" und zum anderen "D[...]-Ka- Os" betroffen gewesen seien. Es lägen mithin zwei eindeutig abgrenzbare Verletzungshandlungen an diesem Tag vor. Die in dem angefochtenen Urteil dargelegte gegenteilige Annahme finde im Parteivorbringen keinen Anhaltspunkt.

    Ungeachtet dessen handele es sich unabhängig von der unterschiedlichen Bezeichnung der Dateien nicht jeweils um ein Dauerdelikt. Jede Erfassung stelle für sich genommen eine eigene, in sich geschlossene und eindeutig abgrenzbare Verletzungshandlung dar. Die vom Landgericht in Bezug genommene Entscheidung des Bundesgerichtshofs, wonach mehrere fahrlässig begangene Verstöße dann zusammengefasst werden könnten, wenn sie im Rahmen einer natürlichen Betrachtungsweise als ein einheitliches, zusammengehörendes Tun erschienen, bezögen sich auf ein Vertragsstrafeversprechen im Zusammenhang mit einem Wettbewerbsverstoß. Bereits aus diesem Grunde bestünden Zweifel an der Übertragbarkeit der aufgestellten Grundsätze. Darüber hinaus bestünde auf Grundlage des Parteivorbringens keine Grundlage für die Annahme, dass es sich lediglich um fahrlässige Verstöße des Beklagten gehandelt habe. Denn mit Blick auf die am 12.04.2013 zu zwei Zeitpunkten und am 19.04.2013 erneut zum Download bereitgehaltene Datei mit dem Namen "D[...].iso" handele es sich um eine andere Datei, als die in der ursprünglichen Abmahnung genannte Datei. Es habe mithin für die neuerliche Verletzungshandlung eines direkten Vorsatzes des Beklagten bedurft. Gleiches gelte für die am 19.04.2013 erneut zum Download bereitgehaltene weitere Datei mit dem Spiel "[Name]".

    Der Umstand, dass der Rechtsverletzer das Bereithalten zum Download durch die verwendete Filesharing-Software "automatisch" vornehme, er mithin die entsprechende Funktion der Software nicht bei jeder Benutzung aktiv erneut bestätigen müsse, führe nicht zu einer Privilegierung des Verletzers. Vielmehr müsse sich dieser Vorsatz, der als Indiz für die Gleichgültigkeit der wiederholten Verletzung der Rechte Dritter spreche, und gerade die Schadensgeneigtheit von Filesharing-Netzwerken manifestiere, sich erhöhend für die Vertragsstrafe auswirken. Zudem habe der Bundesgerichtshof in einer weiteren Entscheidung ausdrücklich festgestellt, dass die Frage, in welchem Umfang die Vertragsstrafen bei mehrfachen Verstößen gegen eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtung verwirkt seien, immer auf die Vertragsauslegung im Einzelfall hinauslaufe. Die vom Landgericht vorgenommene Würdigung, wonach jeweils am gleichen Tag festgestellte Verstöße Dauerdelikte seien, sei auch deshalb unzutreffend, weil sie die von den Parteien getroffene Vertragsstrafenvereinbarung rechtsfehlerhaft auslege und Art und Weise des Zustandekommens der Vereinbarung, deren Zweck und die Interessenlage nicht hinreichend berücksichtige. Das Landgericht hätte sich in seiner Entscheidung der Frage stellen müssen, wann nach dem gegenständlichen Unterlassungsvertrag eine Vertragsstrafe verwirkt sei und daraus folge, dass mehrere Verstöße zusammengefasst werden könnten. Im Hinblick auf die Formulierung des Unterlassungsvertrages könne dies nicht angenommen werden. Der Beklagte habe sich verpflichtet es zu unterlassen, Dateien mit dem Computerspiel "[Name]" öffentlich zugänglich zu machen oder durch Dritte zugänglich machen zu lassen. Dies umfasse auch das Bereithalten der Datei zum Download durch Dritte. Hieraus ergebe sich eine Verpflichtung des Beklagten, die Dateien mit dem Spiel "[Name]" zu löschen. Hierdurch hätte gerade vermieden werden können, dass es zu weiteren Verletzungshandlungen habe kommen können. Die Auslegung der gegenständlichen Klausel könne daher nur in der Weise vorgenommen werden, dass die Parteien eine Vertragsstrafe für jeden einzelnen Verstoß, also für jedes einzelne Anbieten, bzw. zugänglich machen vereinbart hätten. Der Wortlaut schließe eine Zusammenfassung mehrerer Verstöße zu einer einzigen Zuwiderhandlung nach den Grundsätzen der natürlichen Handlungseinheit oder auch einer Handlung im Rechtssinne aus. Im Übrigen sei die Art der Ermittlung zu berücksichtigen. Die Auffassung erfolge nämlich nur dann, wenn ein Spie! tatsächlich zum Download angeboten werde. Der Beklagte habe zu jeweils zwei unterschiedlichen Zeitpunkten an unterschiedlichen Tagen die Datei mit dem Spiel "[Name]" Dritten zum Download angeboten.

    Aber auch unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Landgerichts sei die angenommene Vertragsstrafe zu niedrig bemessen. Wenn die vier Verstöße zusammengezogen würden, so hätte die jeweils geforderte Vertragsstrafe auf dem doppelten Betrag basieren müssen. Für den Fall, dass es sich nämlich nicht um vier Einzelverstöße, sondern. nur um drei oder gar nur zwei Verstöße gehandelt hätte, hätte die Klägerin bei ihrer Ermessensausübung dies entsprechend berücksichtigt, um zu dem insgesamt als angemessen angesehenen Vertragsstrafenbetrag von 6.000,00 EUR zu gefangen.

    Schließlich habe das Landgericht in seiner Würdigung außer Acht gelassen, dass in einer Konstellation wie der vorliegenden gerade der gesamte Umfang der Rechtsverletzung gar nicht zutage trete. Nach der Lebenserfahrung sei anzunehmen, dass der Beklagte die Datei mit dem Spiel nicht nur am 12. und 19. 04.2013 zu den jeweiligen Zeitpunkten öffentlich zugänglich gemacht habe, sondern. durchgehend vom 12. bis zum 19.04.2013. Wenn aber mit der Auffassung des Landgerichts eine Vertragsstrafe in Fällen der streitgegenständlichen Art auch als zeitbezogene Dauerstrafe verwirkt sein könne, so müsse die Vertragsstrafe erheblich höher anzusetzen sein, weil die Gefährlichkeit und Schadensgeneigtheit einer derartigen Rechtsverletzung dann ungleich höher zu bewerten wäre.



    Die Klägerin beantragt,
    den Beklagten im Wege eines Versäumnisurteils unter Abänderung des am 05.02.2016 verkündeten Urteils des Landgerichts Flensburg - Az. 8 0 118/15 - zu verurteilen:
    a) an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 984,60 EUR nebst jährlicher Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.01.2013 zu zahlen;
    b) an die Klägerin Vertragsstrafe in Höhe von 6.000,00 EUR nebst jährlicher Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.01.2013 zu zahlen.

    Der Beklagte hat sich in der Berufungsinstanz nicht eingelassen.



    II.

    Die Berufung der Klägerin hat zum Teil Erfolg. Entgegen der Auffassung des Landgerichts sind die Abmahnkosten basierend auf einem höheren Streitwert erstattungsfähig, wobei dieser Streitwert unterhalb des von der Klägerin angesetzten Betrages zu beziffern ist. Auch die Vertragsstrafe ist nicht lediglich in Höhe von 3.000,00 EUR verwirkt. Der Anspruch beläuft sich auf den Betrag von 4.500,00 EUR.


    1.

    Die Klägerin kann die ausgehend von einem Gegenstandswert von 15.700,00 EUR berechneten Abmahnkosten in Höhe von 865,00 EUR beanspruchen.


    a)

    Die Klägerin hat einen Anspruch aus § 97a Abs. 3 UrhG n.F. auf den mit der Klage geltend gemachten Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten. § 97a UrhG ist in der ab dem 09.10.2013 geltenden Fassung anzuwenden. Die durch das Gesetz über unseriöse Geschäftspraktiken vom 01.10.2013 (BGBl. 1, Seite 3714, 3716) mit Wirkung ab dem 09.10.2013 eingeführten Neuregelungen zur Wirksamkeit der Abmahnung und zur Deckelung der erstattungsfähigen Kosten nach § 97a Abs. 2 und 3 Satz 2 und 3 UrhG n.F. gelten für Abmahnungen, die nach Inkrafttreten des Gesetzes über unseriöse Geschäftspraktiken ausgesprochen worden sind. Für den Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten kommt es auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Abmahnung an (vergleiche zu § 97a Abs. 1 Satz 2 UrhG: BGH, Urteile vom 28.09.2011 - I ZR 145/12, ZUM 2012,34 Rn. 8 - Tigerkopf und vom 12.05.2016 - 1 ZR 43/15, Juris Rn. 13 m.w.N.). Die Abmahnung datiert vom 30.03.2015, so dass die geltende Fassung von § 97a UrhG anzuwenden ist.


    b)

    Nach § 97a Abs. 1 UrhG n.F. soll der Verletzte den Verletzer vor Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens auf Unterlassung abmahnen und ihm Gelegenheit geben, den Streit durch Abgabe einer mit einer angemessenen Vertragsstrafe bewehrten Unterlassungsverpflichtung beizulegen. Soweit die Abmahnung berechtigt ist, kann gemäß Absatz 3 der Regelung der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangt werden.


    aa)

    Danach besteht ein Anspruch auf Abmahnkosten, da die Abmahnung berechtigt war, ihr also ein materieller Unterlassungsanspruch zugrunde gelegen hat, und die Abmahnung die Voraussetzungen des § 97a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 4 UrhG erfüllt (vgl. Reber in Beck'scher Online-Kommentar Urheberrecht, Ahlberg / Götting, Stand: 01.10.2016. § 97a Rn. 17).


    (1.)

    Die Voraussetzungen für eine wirksame Abmahnung sind gegeben. Der Klägerin hat zum Zeitpunkt der an den Beklagten gerichteten Abmahnung wegen der öffentlichen Zugänglichmachung des Computerspiels "[Name]" einen auf Unterlassung gerichteten Anspruch gehabt (§ 97 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. §§ 19a, 69c Nr. 4 UrhG). Zweifel an dem Bestehen eines urheberrechtlichen Schutzes hinsichtlich des streitgegenständlichen Computerprogramms bestehen nicht. Mangels entgegenstehender berücksichtigungsfähiger Ausführungen des Beklagten ist davon auszugehen, dass Dateien mit dem Computerspiel "[Name]" ohne Zustimmung der Klägerin als Inhaberin ausschließlicher Verwertungsrechte zu den von der Klägerin vorgetragenen Zeiten über einen dem Beklagten zuzuordnenden Internetanschluss im Wege des Filesharing Teilnehmern. einer Tauschbörse zum Herunterladen angeboten worden sind und hierdurch widerrechtlich in das der Klägerin zustehende Recht der öffentlichen Zugänglichmachung eingegriffen worden ist. Auch wenn der Beklagte in einem Schreiben, welches am 21.01.2016 beim Landgericht Flensburg eingegangen ist, erklärt hat, dass sein damals 15-jähriger Sohn lediglich ein Spiel runtergeladen habe (GA 54) und damit die täterschaftliche Haftung des Beklagten materiellrechtlich in Zweifel zu ziehen seien könnte, ist dieser Vortrag - ungeachtet der Frage, ob er hinreichend substantiiert ist - unbeachtlich, da nicht von einem Rechtsanwalt gehalten.


    (2.)

    Die formalen Anforderungen des § 97a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 4 UrhG sind erfüllt. Die Firma der Abmahnenden ist von den für sie handelnden Rechtsanwälten angegeben worden. Auch die dem Beklagten vorgehaltenen Rechtsverletzung ist hinreichend genau bezeichnet. Der geltend gemachte Aufwendungsersatzanspruch ist konkret beschrieben und es ist ebenfalls ersichtlich, inwieweit die vorgeschlagene Unterlassungsverpflichtung über die eigentliche Rechtsverletzung hinausgeht.


    bb)

    Für die Inanspruchnahme anwaltlicher Dienstleistungen beschränkt sich der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen hinsichtlich der gesetzlichen Gebühren vorliegend nicht auf Gebühren nach einem Gegenstandswert für den Unterlassung- und Beseitigungsanspruch von 1.000,00 EUR gemäß § 97a Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 UrhG. Nach dieser Regelung gilt die Gebührenbegrenzung bereits dann nicht, wenn der Abgemahnte bereits wegen eines Anspruchs des Abmahnenden durch Vertrag zur Unterlassung verpflichtet ist. Dies ist vorliegend der Fall. Auf die Abmahnung vom 03.01.2013 (Anlage K1, Anlagenband) hat der Beklagte am 15.01.2013 eine Unterlassung-und Verpflichtungserklärung abgegeben (Anlage K2, Anlagenband), in der sich der Beklagte u.a. verpflichtet, das Computerspiel "[Name]" nicht ganz oder teilweise ohne Einwilligung der Unterlassungsgläubigerin in P2P-Netzwerken zum Herunterladen bereit zu halten oder dies Dritten über den eigenen Internetanschluss zu ermöglichen.

    Der Gegenstandswert einer Abmahnung wegen der Verletzung eines Schutzrechts ist gemäß § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG nach billigem Ermessen zu bestimmen (BGH, Urteil vom 12.05.2016, a.a.O. Rn. 20). Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass der Gegenstandswert der Abmahnung dem Wert des mit der Abmahnung geltend gemachten Unterlassungsanspruchs zuzüglich eines angemessenen Werts für den mit der ab Mahnung zusätzlich verfolgten Anspruch auf Schadensfeststellung und Auskunft entspricht.

    Der Wert des Unterlassungsanspruchs bestimmt sich nach dem Interesse des Anspruchstellers an der Unterbindung weiterer gleichartiger Verstöße. Dieses Interesse ist pauschaliert und unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu bewerten (BGH, Urteil vom 24.01.2013 - ZR 174111, GRUR 2013, 1067, 1068 Rn.. 12 - Beschwer des Unterlassungsschuldners) und wird maßgeblich durch die Art des Verstoßes, insbesondere seine Gefährlichkeit und Schädlichkeit für den Inhaber des verletzten Schutzrechts bestimmt (BGH, Beschluss vom 26.04.1990 - I ZR 58/89, GRUR 1990, 1052, 1053 - Streitwertbemessung; Urteil vom 12.07.2012 - I ZR 54/11, GRUR 2013, 301, 305 Rn.. 56 - Solarinitiative). Anhaltspunkt für die Beurteilung der mit dem Unterlassungsanspruch abzuwehrenden Gefährdung der Interessen des Inhabers eines nach dem Urheberrechtsgesetz geschützten Rechts sind sowohl der wirtschaftliche Wert des verletzten Rechts als auch die Intensität und der Umfang der Rechtsverletzung (sogenannter Angriffsfaktor; BGH, Urteil vom 12.05.2016, a.a.O. Rn.. 24 m.w.N.; Senatsbeschluss vom 13.06.2016 - Az. 6 W 6/16). Der Angriffsfaktor wird insbesondere durch die Stellung des Verletzers und des Verletzten, die Qualität der Urheberrechtsverletzung, den drohenden Verletzungsumfang, die Art der Begehung des Rechtsverstoßes und eine hierdurch begründete Gefahr der Nachahmung durch Dritte sowie subjektive Umstände auf Seiten des Verletzers wie den Veeschuldensgrad bestimmt. Das mit dem Unterlassungsbegehren verfolgte Interesse des Anspruchstellers ist darauf gerichtet, in Zukunft weitere oder fortgesetzte Rechtsverletzungen zu unterbinden. Der Gefährlichkeit der bereits begangenen Verletzungshandlung kommt bei der Wertbemessung indizielle Wirkung zu. Allerdings kann auch anderen von der Verletzungshandlung unabhängigen Faktoren - etwa dem Grad der Wahrscheinlichkeit künftiger Zuwiderhandlungen - Rechnung zu tragen sein (siehe hierzu BGH, Urteil vom 12.05.2016, a.a.O. Rn. 25).

    Entgegen der Auffassung des Landgerichts kann der Gegenstandswert vorliegend nicht auf der Grundlage einer mehrfachen der für die bereits geschehene Nutzung anzusetzenden fiktiven Lizenzgebühr bestimmt werden. Der Wert des Verletztenschutzrechts und dessen drohende Beeinträchtigung durch künftige Verletzungen wird nicht allein durch die für eine konkrete Nutzungshandlung zu erzielende fiktiven Lizenzeinnahme, sondern auch durch die dem Rechtsinhaber insgesamt zu Gebote stehende Auswertungsmöglichkeit bestimmt, deren Verwirklichung durch künftige Rechtsverletzungen beeinträchtigt zu werden droht. Bei der Bewertung des Interesses des Rechtsinhabers an der Abwehr künftiger Verletzungshandlungen muss nicht nur dem Interesse an der Verhinderung fortgesetzter und lizenzierter Nutzungen Rechnung tragen, sondern es ist auch das einer fortgesetzten Rechtsverletzung innewohnende Gefährdungspotenzial für das Schutzrecht und seine wirtschaftliche Auswertung zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom 11.06.2015 - 1 ZR 19/14, GRUR 2016, 176, 184 Rn. 80 - Tauschbörse I). Die Bereitstellung eines Werks über eine Tauschbörse im Internet eröffnet einer unbegrenzten Vielzahl von Tauschbörsenteilnehmern. die Möglichkeit, das Werk kostenlos herunterzuladen und anschließend anderen Nutzern. zum Herunterladen zur Verfügung zu stellen. Ein solcher Eingriff in die urheberrechtlich geschützten Verwertungsrechte stellt die kommerzielle Auswertung des Werks insgesamt infrage. Demgegenüber tritt das Interesse des Rechtsinhabers an der Verhinderung einer fortgesetzten unlizenzierten Nutzung in den Hintergrund. Das Gefährdungspotenzial, welches dem Bereitstellen eines Werkes in einer Internettauschbörse innewohnt, ist mit Blick auf das konkrete Streitverhältnis zu bestimmen. Anhaltspunkte für die Bewertung des Unterlassungsanspruchs lassen sich der Qualität und Intensität der bereits erfolgten Verletzungshandlung entnehmen. Insbesondere die Dauer und die Häufigkeit der dem Unterlassungsschuldner zuzurechnenden Downloadangebote sowie die Anzahl der zum Herunterladen bereitgestellt Werke können zu berücksichtigen sein. Darüber hinaus sind feststellbare subjektive Umstände auf Seiten des Verletzers in den Blick zu nehmen.

    Der Bundesgerichtshof hat als Orientierungspunkt für die Bestimmung des Gegenstandswertes eines Unterlassungsanspruchs bezüglich eines Computerspiels den Betrag von 15.000,00 EUR angegeben, wobei er zu Grunde gelegt hat, dass es sich hierbei um ein durchschnittlich erfolgreiches Computerspiel, welches nicht allzu lange nach seinem Erscheinungstermin öffentlich zugänglich gemacht wurde, handelt. Der Senat hat in dem bereits zitierten Beschluss vom 13.06.2016 den Unterlassungsanspruch hinsichtlich des streitgegenständlichen Computerspiels mit 15.000,00 EUR bewertet. Allerdings betraf das seinerzeitige Unterlassungsbegehren eine Verletzungshandlung aus dem Oktober 2012, nachdem das streitgegenständliche Computerspiel im September 2011 auf den Markt gebracht worden war. Die streitgegenständlichen Vorwürfe datieren aus dem April 2013. Zu diesem Zeitpunkt befand sich das streitgegenständliche Computerspiel mithin bereits ein Jahr und 5 Monate auf, dem Markt. Die Klägerin hat in der Berufungsbegründung dargelegt, dass das Computerspiel zum Zeitpunkt der Verletzungshandlung noch als aktuelles Computerspiel einzuordnen gewesen sei, welches sich immer noch erheblicher Beliebtheit erfreut habe. Allerdings ergibt sich aus dem Vortrag der Klägerin nicht eindeutig, ob zu dem Zeitpunkt der Verletzungshandlungen bereits die sogenannte Zweitverwertungsphase begonnen hatte, mithin das Computerspiel lediglich noch zu einem reduzierten Einzelhandelspreis angeboten wurde. Unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Verletzungshandlung vorsätzlich erfolgte und es nach der bereits erfolgten Abmahnung und Abgabe der Unterlassungserklärung erneut zu der Verletzung der Rechtsposition der Klägerin gekommen ist, hält es der Senat vorliegend für vertretbar trotz des gestiegenen Alters des Computerspiels lediglich eine geringfügige Reduzierung des Gegenstandswert des mit Beschluss vom 13.06.2016 auf 15.000,00 EUR festgesetzten Wertes vorzunehmen. Angemessen erscheint ein Wert von noch 12.500,00 EUR.

    Der Gegenstandswert des mit der Abmahnung verfolgten Anspruchs auf Schadensfeststellung ist in Übereinstimmung mit dem Landgericht auf 1/5 des Wertes des Unterlassungsanspruchs festzusetzen. Dies entspricht einem Gegenstandswert von 2.500 EUR. Der Auskunftsanspruch ist mit dem Wert von 200 vom Landgericht angemessen bewertet worden.


    c)

    Unter Zugrundelegung eines angemessenen Gegenstandswertes von 15.200,00 EUR ergeben sich angemessene Abmahnkosten aufgrund folgender Berechnung:

    • 1,3 Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV RVG 845,00 EUR

      Auslagen, Nr. 7001 W RVG 20,00 EUR
      ____________________________________________________

      865,00 EUR

    d)

    Den vom Landgericht angenommenen Zinsbeginn hat die Klägerin nicht ausdrücklich angegriffen. Es bestehen auch keine hinreichenden Anhaltspunkte für den von der Klägerin in ihrem Antrag angegebenen Zinsbeginn. Vielmehr konnte der Erstattungsanspruch frühestens mit Versand der streitgegenständlichen Abmahnung im Jahr 2015 entstanden sein (vgl. BGH, Urteil vom 11.06.2015 - I ZR 7/14, GRUR 2016, 184, 190 Rn. 71 - Tauschbörse II), so dass für einen Zinsbeginn im Jahr 2013 kein Raum ist. Mangels anderweitiger Anknüpfungspunkte kann die Klägerin lediglich Zinsen ab Rechtshängigkeit der Klage beanspruchen.


    2.

    Der Beklagte schuldet aus dem Unterlassungsvertrag vom 15.01.2013 wegen der rechtswidrigen und schuldhaften Verletzung des ausschließlichen Nutzungsrechts der Klägerin durch das öffentliche Zugänglichmachen des Computerspiels "[Name]" über ein Filesharing Netzwerk die Zahlung einer Vertragsstrafe. Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts bemisst sich die Vertragsstrafe vorliegend allerdings nicht auf lediglich 3.000,00 EUR. Die Vertragsstrafe ist in Höhe von 4.500,00 EUR verwirkt.


    a)

    Im Falle mehrerer Verstöße gegen eine Unterlassungspflicht ist vorrangig zu prüfen, ob diese deshalb nur eine Zuwiderhandlung darstellen, weil sie als natürliche Handlungseinheit anzusehen sein könnten (Grosch / Ebersohl / Herrmann / Federsen / Schwippert in: Teplitzky / Peifer / Leistner, UWG, 2. Aufl. 2015, § 12 B. Abmahnung und Unterwerfung Rn. 193). Der Begriff der natürlichen Handlungseinheit bezeichnet eine Mehrheit von Verhaltensweisen, die ,von einem einheitlichen Willen getragen werden und aufgrund ihres räumlich-zeitlichen Zusammenhangs derart eng miteinander verbunden sind, dass das gesamte Tätigwerden äußerlich für einen Dritten bei natürlicher Betrachtungsweise als ein einheitliches, zusammengehöriges Tun erscheint" (BGH, Urteil vom 18.12.1984 -1 StR 596/84, NJW 1985, 1565). Dieser Rechtsbegriff wurde bereits auf das Wettbewerbsrecht übertragen und gilt auch nach der Abkehr vom strafrechtlich geprägten Begriff des Fortsetzungszusammenhangs fort (BGH, Urteile vom 20.09.1960 -1 ZR 770/59, BGHZ 33, 163, 168 - Krankenwagen Hund vom 17.07.2008 - I ZR 168/05, GRUR 2009, 181, 183 Rn. 38 - Kinderwärmekissen). Maßgebend ist jedoch stets die vertragliche Vereinbarung der Parteien. Im Falle eines zulässigen individualvertraglichen Ausschlusses einer natürlichen Handlungseinheit kommt daher eine Zusammenfassung nicht in Betracht. Mangels ausdrücklicher vertraglicher Regelung ist der Unterlassungsvertrag nach den allgemeinen für die Vertragsauslegung geltenden Grundsätzen auszufegen (BGH, Urteil vom 25.01.2001 - I ZR 323/98, BGHZ 146, 318, 322 - Trainingsvertrag). Wenn - wie im konkreten Fall - kein eindeutiger Vertragswille ermittelt werden kann und der Wortlaut auslegungsbedürftig ist, kommt es in erster Linie auf den objektiv erkennbaren Erklärungsinhalt des Unterlassungsversprechens an (vgl. Urteile vom 20.09.1960, a.a.O., 164 f - Krankenwagen Hund vom 10.12.1992 -1 ZR 186/90, BGHZ 121, 13, 17 - Fortsetzungszusammenhang). Daneben ist zu berücksichtigen, dass sich die Vereinbarung einer Vertragsstrafe auf mögliche zukünftige Sachverhalte bezieht, deren nähere Umstände naturgemäß kaum vorhersehbar sind. Dies hat zur Folge, dass die Auslegung eines Unterlassungsversprechens im Einzelfall auch Elemente einer ergänzenden Vertragsauslegung beinhalten kann (BGH, Urteile vom 20.09.1960, a.a.O. - Krankenwagen II und vom 25.012001, a.a.O. - Trainingsvertrag).


    b)

    Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe sind die dem Beklagten zur Last gelegten Verletzungshandlungen am 12.04.2013 als einheitliche Handlung zu bewerten. Die Taten liegen lediglich 8 Minuten auseinander. Das Zurverfügungstellen der identischen Dateien in dem File-Sharing-Netzwerk stellt im Hinblick auf die unmittelbare zeitliche Nähe ein einheitliches zusammengehöriges Tun dar. Diese zeitliche Nähe lässt vorliegend auch einen hinreichenden Rückschluss auf einen einheitlichen Willen hinsichtlich dieser Verletzungshandlungen zu. Die Verletzungshandlungen vom 19.04.2013 sind entgegen der Annahme des Landgerichts demgegenüber nicht als eine einheitliche Verletzungshandlung zu qualifizieren. Die Verletzungshandlungen beziehen sich auf unterschiedliche Dateien, die jeweils das gleiche Spiel enthalten. Vor diesem Hintergrund ist die Annahme einer einheitlichen Handlung nicht gerechtfertigt. Die vom Landgericht bestätigte Vertragsstrafenhöhe von 1.500,00 EUR je Verletzungshandlung ist nicht zu beanstanden. Eine Erhöhung hinsichtlich der als einheitliche Handlung bewerteten zwei Tatvorwürfe vom 12.04.2013 ist nicht angezeigt. Im Hinblick auf die zeitliche Nähe der beiden Vorgänge ist nicht ersichtlich, dass eine höhere Strafe verwirkt sein könnte.


    c)

    Ein von der Entscheidung des Landgerichts abweichender Zinsbeginn ist auch hinsichtlich der Vertragsstrafe nicht festzustellen.



    3.

    Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92, 97 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 2, 10, 713 ZPO. Der Wert des Berufungsverfahrens bestimmt sich nach der Höhe der weiterverfolgten Forderung der Klägerin (6.984,60 EUR - 3.347,60 EUR = 3.637,00 EUR).



    Rechtsbehelfsbelehrung:

    Gegen die Entscheidung steht dem Beklagten der Einspruch zu. Der Einspruch kann binnen einer Notfrist von zwei Wochen bei dem

    Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht
    Gottorfstraße 2
    24837 Schleswig


    eingelegt werden,

    Die Frist beginnt mit der Zustellung des Urteils.

    Der Einspruch muss mit Schriftsatz durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt eingelegt werden.

    Die Einspruchsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das der Einspruch gerichtet wird, und die Erklärung enthalten, dass gegen dieses Urteil Einspruch eingelegt werde. Soll das Urteil nur zum Teil angefochten werden, so ist der Umfang der Anfechtung zu bezeichnen.

    In der Einspruchsschrift, jedenfalls aber innerhalb der Einspruchsfrist, hat die Partei ihre Angriffs- und Verteidigungsmitte! (z.B. Einreden und Einwendungen gegen den gegnerischen Anspruch, Beweisangebote und Beweiseinreden) mitzuteilen. Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es äußerst wichtig ist, die Angriffs- und Verteidigungsmittel innerhalb der Einspruchsfrist vorzubringen. Wird die Frist versäumt, besteht die Gefahr, dass der Partei jegliche Verteidigung abgeschnitten und in dem Prozess nur auf Grundlage des gegnerischen Sachvortrags entschieden wird. Ein verspätetes Vorbringen wird vom Gericht nur zugelassen, wenn sich dadurch der Rechtsstreit nicht verzögert oder wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt. Verspätete verzichtbare Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen, können nur bei genügender Entschuldigung der Verspätung zugelassen werden.

    Der Prozess kann also allein wegen der Versäumung der Frist zur Mitteilung der Angriffs- und Verteidigungsmittel verloren werden.

    Erscheint die Frist für die Mitteilung von Angriffs- und Verteidigungsmitteln (nicht für den Einspruch selbst) als zu kurz, kann vor ihrem Ablauf eine Verlängerung beantragt werden. Die Frist kann nur verlängert werden, wenn dadurch der Rechtsstreit nicht verzögert wird oder wenn erhebliche Gründe dargelegt werden.



    Dr. [Name],
    Richter am Oberlandesgericht (...)






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OLG Schleswig, Teilversäumnis- und Schluss-Urteil vom 25.01.2017, Az. 6 U 9/16,
Vorinstanz: LG Flensburg, Urteil vom 05.02.2016, Az. 8 O 118/15,
Rechtsanwalt Nikolai Klute,
.rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR,
Vertragsstrafe

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#10970 Beitrag von Steffen » Sonntag 5. Februar 2017, 12:33

------------------------------------------------------ - Abmahnwahn Deutschland - Filesharing - --------------------------------------------


Der Wochenrückblick........................Bild........................Filesharing Fälle


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Ausgabe 2017, KW 05....................................Initiative AW3P.........................30.01. - 05.02.2017

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.............................................Bild



AW3P: Eine Gretchenfrage im Abmahnwahn ist die sekundäre Darlegungslast des Abgemahnten. Hier gibt es konträre Auffassungen wann der Abgemahnte seiner gerecht wird i.V.m. ab welchen Zeitpunkt. Abmahner vertreten den Standpunkt, dass man den genauen Sachverhalt zum Vorwurf am Anschluss nicht kenne und somit der Abgemahnte sich schon selbst und mit Erhalt der Abmahnung aus den Fängen der möglichen Haftung befreien muss. Abgemahntevertreter hingegen vertreten den Standpunkt, dass man nicht allein mit dem Abmahner vorgerichtlich Kontakt aufnehmen und schon gar nicht etwas ohne anwaltlicher Prüfung zum Sachverhalt preisgeben sollte. Gibt es eine solche Antwortpflicht, wie weit sollte diese gehen und mit oder mit ohne Anwalt?



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Doktor Wachs: Ich sehe mit dem Amtsgericht Hamburg (AG Hamburg, Beschluss vom 10.10.2016, Az. 25b C 20/16) nicht, dass es eine außergerichtliche Antwortpflicht des Abgemahnten gibt. Außergerichtlich muss sich der Abgemahnte nach meiner Meinung nicht erklären. Allerdings will ich gern einräumen, dass ich wenn ich Abgemahnte vertrete, mittlerweile in vielen Verfahren ausführlich bereits außergerichtlich vortrage. Das hängt damit zusammen, dass mittlerweile die Gerichtsverfahren nicht mehr die Ausnahme sondern eher die Regel sind. Und ich mir von gutem Vortrag verspreche, dass gerade bei stärkeren Fällen die Gegenseite von einer Klage absieht.

Die Überlegung, dass nicht anwaltlich vertretene Abgemahnte sich besser nicht außergerichtlich äußern sollten, gründet auch auf der Überlegung, dass viele Abgemahnte im Zweifel sehr negativ vortragen. Das ist heute auch nicht anders. Das hängt damit zusammen, dass die juristische Argumentation nicht zwingend identisch ist mit dem gesunden Menschenverstand. Nur ein Beispiel: Wenn im Haushalt drei Personen neben dem Anschlussinhaber leben, dann wird der Anschlussinhaber schreiben, dass er die Verletzung nicht begangen hat und auch keines seiner Familienmitglieder, außerdem war der Anschluss gesichert. Nach dem gesunden Menschenverstand wäre der Fall dann für den Abgemahnte erledigt. Nach juristischer Logik ist dieser Vortrag aber eher schädlich, denn es gibt keinen alternativen Geschehensablauf (was könnte geschehen sein?). Das einzige was der Anschlussinhaber dann vortragen könnte, wäre "Fehlermittlung" oder "Einhacken Dritter in das geschützte Netzwerk." Beides sind sehr schwache Verteidigungen, die bestenfalls zu einem teuren Sachverständigenkosten führen. Ein Anwalt hätte im Beispielsfall - wahrheitsgemäß - vorgetragen, dass es der Anschlussinhaber nicht war, aber es vielleicht die Kinder oder Ehefrau - je nach Nutzungsverhalten - gewesen sein könnten.

Ich persönlich rate Abgemahnten mittlerweile bereits außergerichtlich einen Anwalt einzuschalten - zumindest bei Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte, .rka-Rechtsanwälte und Rechtsanwalt Sarwari. Viele Kollegen sind sehr günstig und im Zweifel wird es ohnehin vor Gericht gehen.



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Querbeet



1. OBLADEN GAESSLER Rechtsanwälte (Köln): Berufung der M.I.C.M. MIRCOM (Negele Zimmel Greuter) ohne Erfolg - Rechteinhaber ist nicht aktivlegitimiert

  • (...) In einem von uns geführten Berufungsverfahren hat das Landgericht Köln einen Hinweis erteilt, der viele Filesharer aufatmen lassen dürfte. Geklagt hatte die Firma M.I.C.M. MIRCOM, die durch die Kanzlei Negele Zimmel Greuter aus Augsburg vertreten wurde. Bereits in der ersten Instanz wurde die Klage teilweise abgewiesen, was unseren Mandanten sehr gefreut hat. Nun hat aber auch die 2. Instanz, hier das Landgericht Köln, geäußert, dass es wohl an der sog. Aktivlegitimation der Firma M.I.C.M. MIRCOM fehlen dürfte. (...)

Quelle: OBLADEN GAESSLER Rechtsanwälte
Link: http://www.obladen-gaessler.de/fileshar ... legimiert/









2. Auf dem Abmahnradar: Veraltete Widerrufsbelehrung / Versicherter Versand / Grundpreise / Werbung mit Nickelfrei / UVP / Marke Fred Perry

  • (...) Inhaltsverzeichnis
    • Alte Widerrufsbelehrung, unwirksame AGB-Klauseln, fehlender Hinweis zur OS-Plattform
    • Werbung mit versichertem Versand
    • Geld-zurück-Garantie und fehlender Grundpreis
    • Werbung mit Garantie
    • Werbung mit Nickelfrei
    • Werbung mit UVP
    • Markenrecht: Verwendung der Marke Fred Perry
    • Urheberrecht: Bilderklau (...)

Quelle: IT Recht Kanzlei München
Link: http://www.it-recht-kanzlei.de/abmahnun ... i-uvp.html












Gerichtsentscheidungen



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  • AG Frankfurt am Main, Urteil vom 26.01.2017, Az. 32 C 1866/16 (90) [.rka-RAe verlieren; sek. Darlegungslast erfüllt]
  • AG Mannheim, Urteil vom 18.01.2017, Az. U 10 C 1780/16 [.rka-RAe verlieren; es reicht nur die reine Benennung von Mitnutzer aus]
  • AG Saarbrücken, Urteil vom 18.01.2017, Az. 121 C 316/16 (09) [.rka-RAe verlieren; Koch Media nicht aktivlegitimiert]




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  • OLG Celle, Urteil vom 26.01.2017, Az. 13 U 113/16 [Beklagte verliert Berufung gegen .rka-RAe; Fragmente reichen für Bejahung der Verletzungshandlung nach § 97 UrhG aus - Koch Media aktivlegitimiert]
  • OLG Schleswig, Teilversäumnis- und Schluss-Urteil vom 25.01.2017, Az. 6 U 9/16 [.rka-RAe gewinnen Berufung; mehrfaches Bereithalten eines Werks in Filesharingbörsen lässt eine Vertragsstrafe auch mehrfach verwirken]
  • AG Frankfurt am Main (Außenstelle Höchst), Urteil vom 02.12.2016, Az. 387 C 1062/16 (98) [WF gewinnen; bloßes Bestreiten reicht nicht]
  • AG München, Urteil vom 04.01.2107, Az. 242 C 18776/16 [Beklagter ohne Anwalt verliert gegen WF; sek. Darlegungslast]






.rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR (Hamburg)


1. OLG Celle, Urteil vom 26.01.2017, Az. 13 U 113/16


.rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR (Hamburg): Oberlandesgericht Celle (Urt. v. 26.01.2017, Az. 13 U 113/16) - Fragmente reichen für Bejahung der Verletzungshandlung nach § 97 UrhG aus - Koch Media GmbH aktivlegitimiert!



Quelle: Blog Initiative AW3P
Link: https://aw3p.de/archive/2301






2. OLG Schleswig, Teilversäumnis- und Schluss-Urteil vom 25.01.2017, Az. 6 U 9/16


.rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR (Hamburg): Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht - Das mehrfache Bereithalten eines Werks in Filesharingbörsen lässt eine Vertragsstrafe auch mehrfach verwirken



Quelle: Blog Initiative AW3P
Link: https://aw3p.de/archive/2309










WALDORF FROMMER Rechtsanwälte (München)


1. AG Frankfurt am Main (Außenstelle Höchst), Urteil vom 02.12.2016, Az. 387 C 1062/16 (98)


WALDORF FROMMER: AG Frankfurt am Main (Außenstelle Höchst) - Anschlussinhaber nach bloßem Bestreiten der klägerischen Forderung verurteilt



Quelle: Waldorf Frommer News
Link: http://news.waldorf-frommer.de/waldorf- ... erurteilt/






2. AG München, Urteil vom 04.01.2107, Az. 242 C 18776/16


WALDORF FROMMER: AG München verurteilt Anschlussinhaber in Tauschbörsenverfahren - Spekulationen zu vermeintlichem Hackerangriff reichen nicht aus



Quelle: Waldorf Frommer News
Link: http://news.waldorf-frommer.de/waldorf- ... nicht-aus/










Rechtsanwalt Markus Brehm (Frankfurt am Main)


AG Frankfurt am Main, Urteil vom 26.01.2017, Az. 32 C 1866/16 (90)


Rechtsanwalt Markus Brehm (Frankfurt am Main): Amtsgericht Frankfurt am Main weist Filesharingklage von .rka-Rechtsanwälte ab: Erfüllung der sekundären Darlegungslast



Quelle: Rechtsanwalt Markus Brehm
Link: http://www.kanzleibrehm.de/ag-frankfurt ... gungslast/

Urteil im Volltext:
Link: https://aw3p.de/archive/2262










Justizministerium Baden-Württemberg


AG Frankfurt am Main (Außenstelle Höchst), Urteil vom 02.12.2016, Az. 387 C 1062/16 (98)


Landesrechtsprechung Baden-Württemberg: AG Mannheim, Urteil vom 18.01.2017, Az. U 10 C 1780/16



Quelle: Landesrechtsprechungsdatenbank Baden-Württemberg
Link: http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_re ... s=0&anz=21










Rechtsanwältin Kathrin Berger (Saarbrücken)


AG Saarbrücken, Urteil vom 18.01.2017, Az. 121 C 316/16 (09)


Rechtsanwältin Kathrin Berger (Saarbrücken ): Amtsgericht Saarbrücken - Koch Media für Computerspiel "Dead Island" nicht aktivlegitimiert!



Quelle: Rechtsanwältin Kathrin Berger
Link: http://www.kathringibtdirrecht.de/2017/ ... gitimiert/








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Steffen Heintsch für AW3P



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BGH - VI ZR 135/13

#10971 Beitrag von Steffen » Mittwoch 8. Februar 2017, 11:42

Bundesgerichtshof - Mitteilung der Pressestelle Nr. 016/2017 vom 08.02.2017: Verhandlungstermin am 14. Februar 2017, 10.00 Uhr, in Sachen VI ZR 135/13 (Speicherung von dynamischen IP-Adressen)


BGH - VI ZR 135/13 (Speicherung von dynamischen IP-Adressen)


Link: http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-b ... s=0&anz=16

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Wochenrückblick

#10972 Beitrag von Steffen » Sonntag 12. Februar 2017, 12:30

------------------------------------------------------ - Abmahnwahn Deutschland - Filesharing - --------------------------------------------


Der Wochenrückblick........................Bild........................Filesharing Fälle


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Ausgabe 2017, KW 06....................................Initiative AW3P.........................06.02. - 12.02.2017

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AW3P: Wenn an die aktuellen Entscheidungen der Gerichte verfolgt, ist ersichtlich das - vorsichtig ausgedrückt - es zu sehr unterschiedlichem Ermessensspielraum kommt. Deutlich, dass eine große Abweichung zwischen Amtsgericht, Landgericht bis hin zum Oberlandesgericht vorherrscht. Ein Amtsgericht sagt, der Rechteinhaber ist nicht aktivlegitimiert, ein Oberlandesgericht sagt wiederum, dass der Rechteinhaber aktivlegitimiert sei. Ein Amtsgericht sagt, es reiche nur aus die eigene Täterschaftsvermutung mit der Benennung von Mitnutzern zu durchbrechen sowie sei ein Abgemahnter bzw. Beklagter zu keinen weiteren Nachforschungen verpflichtet. Ein Land- bzw. Oberlandesgericht sagt das glatte Gegenteil und beziehen sich auf die aktuelle höchstrichterliche Rechtsprechung. Warum gibt es solch große (Qualitäts-) Unterschiede zwischen den Erst- und Berufungsgerichten und schafft diesen nicht mehr Unklarheiten als Klarheit?



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Doktor Wachs: Es ist schwierig über Qualitätsunterschiede bei den Gerichten zu sprechen. Zunächst ist ein Richter unabhängig und nur (Recht und) Gesetz unterworfen. Die Auslegung dessen kann durchaus individuell geprägt sein. In Kategorien wie richtig und falsch zu denken finde ich daher schwierig. Ich persönlich denke auch, dass die Gerichte eine unterschiedliche Funktion haben.

An den Amtsgerichten landet die Masse der Verfahren, die Amtsrichter sind oftmals durchaus weniger streng dogmatisch sondern sehen die Masse der Fälle wie auch den Einzelfall.

Die Landgerichte hingegen sind dogmatischer haben aber als Berufungsinstanz auch deutlich weniger Fälle. Die unterschiedlichen Sichtweisen zwischen Amts- und Landgerichten sind teilweise auch offenkundig und bekannt. So ist das Amtsgericht Köln sicher ein Gericht bei dem Abgemahnte sehr gute Chancen haben einen Rechtsstreit zu gewinnen, während das Landgericht Köln diese Entscheidungen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit aufhebt.

Das weiß das Amtsgericht Köln auch und schreibt das teilweise sogar in das Urteil hinein bzw. thematisiert das in der mündlichen Verhandlung. Für den Beklagten (Abgemahnten) bedeutete das aber letztlich nur höhere Kosten, weil er die Kosten beider Instanzen tragen muss.

Mit anderen Worten die Richter sind unabhängig, müssen aber damit rechnen von der höheren Instanz aufgehoben zu werden.



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Querbeet



1. Pressestelle des Bundesgerichtshof; Mitteilung Nr. 16/2017: Verhandlungstermin am 14. Februar 2017, 10.00 Uhr, in Sachen VI ZR 135/13 (Speicherung von dynamischen IP-Adressen)


BGH, Verhandlungstermin 14.02.2017, 10.00 Uhr, VI ZR 135/13 (Speicherung von dynamischen IP-Adressen)



Quelle: Bundesgerichtshof
Link: http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-b ... s=0&anz=16




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2. Bayrische Staatskanzlei: Landgericht München I - Bäume sind keine geeignete Balkonbepflanzung (Bergahorn)


LG München I, Beschluss des vom 08.11.2016, Az. 31 S 123717/16



Quelle: Gesetze in Bayern
Link: http://www.gesetze-bayern.de/Content/Do ... eSupport=1




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3. Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Gerichtsverfahren nach Abmahnung wegen unlizenzierter Bildnutzung vor dem LG München I - Pauschaler Verweis auf vermeintliches "Framing" ist unbeachtlich


LG München I, Protokoll vom 20.01.2017, Az. 21 O 14692/16



Quelle: Waldorf Frommer News
Link: http://news.waldorf-frommer.de/waldorf- ... eachtlich/








4. BitTorrent Expert Report Slams Movie Piracy Evidence (Excipio)

  • (...) In California, a copyright case between adult movie studio Malibu Media and a John Doe is heating up in court. The alleged downloader discredits the actions and technical evidence provided by the makers of the "X-Art" series, using a very detailed expert opinion from a former BitTorrent Inc. employee to back up his claims. (...)

Quelle: Torrentfreak.com
Link: https://torrentfreak.com/bittorrent-exp ... ce-170210/








5. Frankfurter Allgemeine: Pannen beim A400M kosten Airbus Millionen

  • (...) Die Luftwaffe verfügt momentan noch über einen einsatzbereiten A400M. Die sieben übrigen ausgelieferten Militärtransporter befinden sich in der Reparatur, in Inspektionen oder werden modernisiert. Insgesamt kauft Deutschland 53 Flugzeuge des Typs. 40 von ihnen sollen an die Bundeswehr gehen, 13 sind für den Weiterverkauf oder gemeinsamen Betrieb mit Partnernationen vorgesehen. (...)

Quelle: Frankfurter Allgemeine
Link: http://www.faz.net/aktuell/politik/inla ... 69827.html









Gerichtsentscheidungen



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Forenwelt


Eigentlich nicht Besonderes, das Anfang des Jahres und insbesondere Februar in den Foren gähnende Leere herrscht.



Warum? Die fünfte Jahreszeit hat begonnen!


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Es Ist Karneval GB Pics - GBPicsOnline.com




Beispiel:
  • Neiße will mit seinem Werbeforum endlich wieder das große Geld vedienen. Veränderungen müssen her. Es ruft aus: "Die IGGDAW muss IGGDAW bleiben!" Werniman und Shual sind dagegen: "Wir wollen keine Veränderungen!"




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Steffen Heintsch für AW3P



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#10973 Beitrag von Steffen » Mittwoch 15. Februar 2017, 18:24

WALDORF FROMMER: Amtsgericht Augsburg - Anschlussinhaber haftet für Rechtsverletzungen über eine Tauschbörse, wenn er nach nur unzureichenden Nachforschungen keinen konkreten Dritten als möglichen Täter benennen kann


18:20 Uhr


Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen. Der vor dem Amtsgericht Augsburg in Anspruch genommene Beklagte hatte seine eigene Verantwortlichkeit für den illegalen Upload eines Filmwerks bestritten und darauf verwiesen, dass neben ihm auch dessen Ehefrau sowie drei minderjährige Kinder Zugriff auf den Internetanschluss gehabt hätten. Die Kinder seien bereits im Vorfeld belehrt worden, keine "Medien" aus dem Internet herunterzuladen. Zudem habe der Beklagte nach Erhalt der Abmahnung zwei der im Haushalt vorhandenen Computer auf Tauschbörsensoftware untersucht, wobei er jedoch nicht fündig geworden sei.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

Beethovenstraße 12 | 80336 München
Telefon: 089 / 52 05 72 10 | Telefax: 089 / 52 05 72 30
E-Mail: web@waldorf-frommer.de | Web: www.waldorf-frommer.de




Bericht

Link:
http://news.waldorf-frommer.de/waldorf- ... oeglichen/

Urteil als PDF:
http://news.waldorf-frommer.de/wp-conte ... 369_16.pdf




Autorin:

Rechtsanwältin Anamaria Scheunemann




~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Das Amtsgericht Augsburg bestätigte, dass ein Anschlussinhaber mit solchen pauschalen Ausführungen seinen Darlegungslasten nicht nachkommen kann. Die bloß generell bestehende Zugriffsmöglichkeit weiterer Personen weise keinen konkreten Bezug zur Rechtsverletzung auf. Dem Beklagten habe es vielmehr oblegen, die Umstände der Rechtsverletzung aufzuklären und im Anschluss mitzuteilen, welche andere Person konkret für die Rechtsverletzung verantwortlich gewesen sein könnte bzw. sei. Da er dies versäumt habe, sei von dessen eigener Täterschaft auszugehen:
  • "Dieser Behauptung ist der Beklagte zu 1) entgegengetreten, er hat aber nicht die Anforderungen der ihn insoweit treffenden sekundären Darlegungslast erfüllt. Ihm oblag es nach den bereits dargestellten Maßstäben, mitzuteilen, welche Kenntnisse er über die Umstände einer evtl. Verletzungshandlung gewonnen hatte, also welches der jugendlichen Haushaltsmitglieder die Verletzungshandlung begangen hatte. [...] Damit beruft der Beklagte sich lediglich pauschal auf eine bloß generell bestehende Zugriffsmöglichkeit der weiteren Haushaltsmitglieder auf den Internetanschluss ohne konkrete Angaben zur Verletzungshandlung. Dies genügt nicht der sekundären Darlegungslast. Deswegen ist von der tatsächlichen Vermutung auszugehen, dass der Beklagte als Inhaber des Anschlusses der Träger der Rechtsverletzung ist."
Im Übrigen habe der Beklagte für die Umstände, die zur Widerlegung der tatsächlichen Vermutung führen könnten, auch keinen Beweis angeboten.

Das Amtsgericht verurteilte daher den Beklagten antragsgemäß zur Zahlung von Schadenersatz, zum Ersatz der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten sowie zur Übernahme der gesamten Kosten des Rechtsstreits.





AG Augsburg, Urteil vom 24.11.2016, Az. 23 C 1369/16


  • (...) Beglaubigte Abschrift

    Amtsgericht Augsburg
    Az. 23 C 1369/16




    IM NAMEN DES VOLKES



    In dem Rechtsstreit


    [Name],
    - Klägerin -

    Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldorf Frommer, Beethovenstraße 12, 80336 München,


    gegen



    [Name]
    - Beklagter -

    Prozessbevollmächtigte:
    [Name],


    wegen Urheberrecht


    erlässt das Amtsgericht Augsburg durch die Richterin am Amtsgericht [Name] am 24.11.2016 auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 04.08.2016 folgendes


    Endurteil


    I. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen angemessenen Schadenersatz in Höhe von 600,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 16.01.2015 zu bezahlen.
    II. Der Beklagte wird des Weiteren verurteilt, 506,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.01.2015 zu bezahlen.
    III. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
    IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
    Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Hohe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit leistet.



    Tatbestand

    Die Parteien streiten über Ansprüche auf Schadens- und Aufwendungsersatz wegen unerlaubter Verwertung eines urheberrechtlich geschützten Filmwerkes.

    Die Klägerin wertet den Film [Name] exklusiv in Deutschland aus. Sie ist im Hersteller- bzw. Urhebervermerk ausdrücklich als Rechteinhaberin ausgewiesen.

    Zur Ermittlung der Rechtsverletzungen wurde das Peer to Peer Forensic System (PFS) eingesetzt. Dieses ermittelte im vorliegenden Fall Verletzungen bezüglich des Films [Name] vom [Datum]. Hinsichtlich der genauen Daten wird auf Seite 12 der Klageschrift Blatt 21 d.A. Bezug genommen. Auf Grundlage des Gestattungsbeschlusses des LG [Name] erteilte der für die Beauskunftung zuständige Internetprovider Auskunft über die Identität des verantwortlichen Anschlussinhabers, nämlich des Beklagten. Die verfahrensgegenständliche Rechtsverletzung konnte dabei über die jeweilige IP-Adresse in Verbindung mit dem Verletzungszeitpunkt eindeutig und ausschließlich dem Internetanschluss der Beklagtenseite zugeordnet werden. Mit Schreiben vom [Datum] forderte die Klägerin den Beklagten zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung, Zahlung von Schadenersatz sowie zur Erstattung der Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung auf. Der Beklagte verpflichtete sich daraufhin uneingeschränkt zur Unterlassung zukünftiger Rechtsverletzungen.

    Die Klägerin behauptet, der Beklagte hätte über seinen Internetanschluss als Nutzer eines Peer to Peer Netzwerkes, nämlich der Teilnahme an der Tauschbörse BitTorrent, den Film [Name] am [Name] um [Uhrzeit] Uhr heruntergeladen Aufgrund dessen stehe der Klägerin gem. § 97 Abs. 2 Urhebergesetz ein Schadenersatz nach Lizenzanalogie in Höhe von mind. 600,00 EUR zu. Des Weiteren hätte der Beklagte die hinsichtlich der Abmahnung angefallenen außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe einer 1,0 Geschäftsgebühr zuzüglich Auslagen in Höhe von insgesamt 506,00 EUR zu tragen.



    Die Klägerin beantragt:
    Die Beklagtenseite wird verurteilt, an die Klägerin,
    1. Einen angemessenen Schadenersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gericht gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 600,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 16.01.2015 sowie
    2. 506,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 16.01.2015 zu zahlen.



    Der Beklagte beantragt:
    Die Klage wird abgewiesen.

    Der Beklagte bestreitet dahingehend, er habe weder den Film per Download bezogen noch im Internet bereitgestellt. Er nutze keine Filesharing Netzwerke. Der Beklagte habe zum maßgeblichen Zeitpunkt die Wohnung zusammen mit seiner Ehefrau, seinen Söhnen [Name] (damals 17) und sowie zweier Pflegekinder [Namen] (damals 13 und 16 Jahre alt) bewohnt. In der Wohnung sei ein WLAN Netzwerk zum eigenen Gebrauch betrieben worden. Dieses sei auch zum damaligen Zeitpunkt durch die nach dem damaligen Stand der Technik für privatgenutzte WLAN Router üblichen Verschlüsselungstechniken geschützt gewesen. Der Sohn [Name] habe über einen eigenständigen Rechner verfügt. Das Pflegekind [Name] habe ein eigenes Notebook gehabt. Der Beklagte habe die Kinder vor Freischaltung des WLAN-Zugangs darauf hingewiesen, dass ein Herunterladen von Medien aus dem Internet nicht erlaubt sei. Alle Personen hätten den Internetanschluss genutzt. Nach Eingang der klägerischen Abmahnung habe der Beklagte die Rechner seiner Kinder noch einmal kontrolliert und dabei keine Filesharing-Programme festgestellt. Allerdings habe er festgestellt, dass von Dritter Seite ein sogenanntes "rootkit" installiert gewesen sei, welches offensichtlich durch einen Trojaner oder ähnliches auf den Rechner gelangt sei.

    Das Gericht hat den Beklagten formlos angehört. Hinsichtlich des Ergebnisses wird Bezug genommen auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 04.08.2016. Hinsichtlich weiteren Sachvortrags der Parteien wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze samt Anlagen.



    Entscheidungsgründe

    Die zulässige Klage ist begründet.



    I.

    Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von Schadenersatz in Höhe von pauschal 600,00 EUR § 97 Abs. 2 Satz 1, § 19 a Urhebergesetz.


    1.

    Die Klägerin ist unstreitig Inhaberin der urheberrechtlichen Nutzungsrechte bezüglich des Film [Name].


    2.

    Dass der Film im Zeitraum [Datum, Uhrzeit]Uhr über den Internetanschluss des Beklagten öffentlich zugänglich gemacht wurde, ist unstreitig. Darin liegt eine Verletzung der genannten Nutzungsrechte. Die Urheberrechtsverletzung erfolgt durch das Angebot zum Download über das Internet im Rahmen des Peer to Peer Netzwerkes, § 19a Urheberrechtsgesetz, wobei maßgebliche Verwertungshandlung das Zugänglichmachen für den interaktiven Abruf ist. Durch Download des Films im Filesharing-Netzwerk wird dieser gleichzeitig zum Abruf im Internet für andere Nutzer bereitgestellt und damit öffentlich zugänglich gemacht.


    3.

    Der Beklagte ist als Täter dieser Rechtsverletzung anzusehen. Der Beklagte hat das Vorbringen der Klägerin bestritten, er sei Täter der Rechtsverletzung. Auch wenn den Anschlussinhaber im Hinblick auf die Nutzung seines Internetanschlusses eine sekundäre Darlegungslast trifft, genügt nach der Rechtsprechung des BGH bereits ein einfaches Bestreiten durch den Anschlussinhaber, um die Behauptung seiner Täterschaft beweisbedürftig werden zu lassen. Vorliegend ist von einer Täterschaft des Beklagten auszugehen. In Filesharingfallen trägt nach den allgemeinen Grundsätzen der Anspruchsteller, d.h. die Klägerin, die Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen eines geltend gemachten Schadenersatzanspruches erfüllt sind. Danach ist es grundsätzlich seine Sache, nachzuweisen, dass der in Anspruch genommene für die behauptete Urheberrechtsverletzung als Täter verantwortlich ist. Wenn allerdings ein urheberrechtlich geschütztes Werk der Öffentlichkeit von einer IP-Adresse aus zugänglich gemacht wird, die zum fraglichen Zeitpunkt einer bestimmten Person zugeteilt ist, spricht eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers (BGH GRUR 2013, 511 Morpheus; GRUR 2010, 633 Sommer unseres Lebens). Eine tatsächliche Vermutung begründet einen Anscheinsbeweis, zu dessen Erschütterung nicht allein der Hinweis auf die Möglichkeit eines anderen Verlaufs genügt; es müssen vielmehr besondere Umstände hinzukommen, aus denen sich die ernste Möglichkeit eines anderen als des vermuteten Verlaufs ergeben soll, die gegebenenfalls vom Beweisgegner zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen werden müssen (BGH NJW 2012, 2435 tz. 36). Voraussetzung für das Eingreifen der tatsächlichen Vermutung ist allerdings nicht nur das Vorliegen einer Verletzungshandlung, sondern im Fall der hinreichenden Sicherung des Anschlusses auch, dass der Anschluss nicht bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde (BGH vom 11.06.2015 1 ZR 75/14 Tauschbörse 3; BGH GROR 2014, 657 BearShare, OLG München vom 14.01.2016, 29 U 2593/15). Will sich der Anspruchsteller auf die tatsächliche Vermutung stützen, so obliegt es grundsätzlich ihm, deren Voraussetzungen darzulegen und nötigenfalls zu beweisen. Jedoch trifft in diesen Fällen den Anschlussinhaber eine sekundäre Darlegungslast, der er nur genügt, wenn er vorträgt, ob und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter in Betracht kommen. In diesem Umfang ist er im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer evtl. Verletzungshandlung gewonnen hat. Diesen Anforderungen wird die pauschale Behauptung der bloßen theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt des Anschlussinhabers lebenden Dritten auf seine Internetanschluss nicht gerecht (BGH vom 11.06.2015 1 ZR 75/14 Tauschbörse III) Entspricht der Anschlussinhaber seiner sekundären Darlegungslast nicht, so ist zugunsten des Anspruchstellers dessen Vorbringen zugrunde zulegen (BGH NJW 2010, 2506, OLG München 29 U 2593/15), das die tatsächliche Vermutung der Täterschaft des Anschlussinhabers begründet. Dann muss zu deren Widerlegung der Anschlussinhaber den Beweis führen, dass auch andere als Täter in Betracht kommen. Vorliegend hat die Klägerin schon bestritten, dass die weiteren im Haushalt des Beklagten lebenden Personen Zugriff auf den Internetanschluss hatten nehmen können. Damit hat sie vorgetragen, dass allein der Beklagte auf den Internetanschluss hätte zugreifen können. Dieser Behauptung ist der Beklagte zu 1) entgegengetreten, er hat aber nicht die Anforderungen der ihn insoweit treffenden sekundären Darlegungslast erfüllt. Ihm oblag es nach den bereits dargestellten Maßstäben, mitzuteilen, welche Kenntnisse er über die Umstände einer evtl. Verletzungshandlung gewonnen hatte, also welches der jugendlichen Haushaltsmitglieder die Verletzungshandlung begangen hatte. Der Beklagte musste indes formlos angehört einräumen, dass er die Jugendlichen nicht einmal befragt hatte, ob sie die Rechtsverletzung begangen hätten. Damit beruft der Beklagte sich lediglich pauschal auf eine bloß generell bestehende Zugriffsmöglichkeit der weiteren Haushaltsmitglieder auf den Internetanschluss ohne konkrete Angaben zur Verletzungshandlung. Dies genügt nicht der sekundären Darlegungslast. Deswegen ist von der tatsächlichen Vermutung auszugehen, dass der Beklagte als Inhaber des Anschlusses der Träger der Rechtsverletzung ist. Diese tatsächliche Vermutung hat der Beklagte nicht erschüttert. Es fehlt hier auch bereits an einer Benennung der den Internetanschluss nutzenden Jugendlichen als Zeugen.


    4.

    Der Beklagte handelte auch schuldhaft, da sich die Beteiligung an einer Internettauschbörse als zumindest fahrlässig darstellt.

    Der Klägerin steht somit ein nach Lizenzanalogie gern. § 97 Abs. 2 Satz 3 Urhebergesetz angemessener Schadensersatzanspruch in Höhe von 600,00 EUR zu, § 287 ZPO zu. Die Klägerseite hat insoweit nachvollziehbar dargelegt, dass die übliche Lizenzgebühr für einen Film bei legalen Downloadportalen nicht weniger als 5,87 EUR beträgt (BI 35 d.A.), wobei dieser Wert je nach Laufzeit, Bekanntheit und Aktualität des Werkes auch deutlich hoher liegen kann. Allerdings müssen die Tauschbörsen spezifischen Risiken sich bei einer Übertragung auf illegale Tauschbörsen lizenzerhöhend auswirken. Geht man vom doppelten Wert einer branchenüblichen Mindestabruflizenz, d.h. 11,75 EUR aus, würde bei 250 Abrufen eine Lizenzgebühr von mehr als 2.900,00 EUR anfallen, so dass nach Ansicht des Gerichts der beantragte Pauschalbetrag von 600,00 EUR als Mindestschaden angesetzt werden kann, § 287 ZPO.



    II.

    Des Weiteren hat die Klägerin Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten in Hohe von 506,00 EUR, §§ 97 Abs. 2, 97 a Urhebergesetz.


    1.

    Der Anspruch besteht unabhängig vom Verschulden, § 97a Urhebergesetz.


    2.

    Der Ansatz einer 1,0 Geschäftsgebühr ist nach Ansicht des Gerichts nicht zu beanstanden, ebenso wenig der zugrundegelegte Gegenstandswert von 10.000,00 EUR, da dieser sich an der ständigen Rechtsprechung orientiert. Erstattungsfähig ist somit die geltend gemachte Summe von 506,00 EUR.


    3.

    Die Begrenzung des § 97 a Abs. 3 Satz 2 Urhebergesetz Neufassung ist nicht anwendbar, da zum Zeitpunkt der Abmahnung diese Vorschrift noch nicht in Kraft getreten war.



    III.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.



    IV.

    Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Ziff 11, 711 ZPO.



    Rechtsbehelfsbelehrung:

    Gegen die Entscheidung kann das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600,00 EUR übersteigt oder das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

    Die Berufung ist binnen einer Notfrist von einem Monat bei dem

    Landgericht München 1
    Prielmayerstraße 7
    80335 München


    einzulegen

    Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung der Entscheidung.

    Die Berufung muss mit Schriftsatz durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt eingelegt werden Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt werde.

    Die Berufung muss binnen zwei Monaten mit Anwaltsschriftsatz begründet werden. Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung



    gez. [Name]
    Richterin am Amtsgericht



    Verkündet am 24.11 2016
    gez. [Name]
    JHSekr
    Urkundsbeamter der Geschäftsstelle (...)



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


AG Augsburg, Urteil vom 24.11.2016, Az. 23 C 1369/16,
sekundäre Darlegungslast,
WALDORF FROMMER Rechtsanwälte,
Klage Waldorf Frommer,
Rechtsanwältin Anamaria Scheunemann

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AG Oldenburg, Az. 6 C 6124/16 (VI)

#10974 Beitrag von Steffen » Samstag 18. Februar 2017, 10:33

WALDORF FROMMER (München): Amtsgericht Oldenburg - Zur Erfüllung der sekundären Darlegungslast bedarf es der Darlegung konkreter Anhaltspunkte für die Täterschaft eines Dritten


10:30 Uhr


Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen. Die vor dem Amtsgericht Oldenburg in Anspruch genommene Beklagte hatte eine eigene Verantwortlichkeit für den illegalen Upload eines Filmwerks bestritten und darauf verwiesen, dass auch ihr Ehemann sowie der minderjährige Sohn im Tatzeitraum selbstständigen Zugriff auf den Internetanschluss gehabt hätten. Auf die Ausführungen der Klägerin zur Ermittlung der Rechtsverletzung sowie zur Zuordnung zum Internetanschluss hatte die Beklagte sich mit Nichtwissen erklärt.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

Beethovenstraße 12 | 80336 München
Telefon: 089 / 52 05 72 10 | Telefax: 089 / 52 05 72 30
E-Mail: web@waldorf-frommer.de | Web: www.waldorf-frommer.de



Bericht

Link:
http://news.waldorf-frommer.de/waldorf- ... s-dritten/

Urteil als PDF:
http://news.waldorf-frommer.de/wp-conte ... _16_VI.pdf



Autorin:

Rechtsanwältin Anamaria Scheunemann



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Das Amtsgericht Oldenburg bestätigte zunächst, dass ein einfaches Bestreiten mit Nichtwissen angesichts der substantiierten Ausführungen zur Ermittlung und Zuordnung unerheblich sei.
  • "Vorliegend hatte die Klägerin nachvollziehbar erläutert, auf welche Weise sie die dem Anschluss der Beklagten zuzuordnende IP-Adresse ermittelt hat. (...) Konkrete Fehler in dieser Ermittlungstätigkeit sind seitens der Beklagten trotz Hinweis des Gerichts nicht vorgetragen worden. Das allgemeine unsubstantiierte Bestreiten, dass die eingesetzte Ermittlungssoftware geeignet sei, zuverlässig Urheberrechtsverletzungen über Tauschbörsen zu ermitteln, ist unbeachtlich. Hier substantiiert ein Vortrag der Klägerseite, umso substantiiert muss auch das Bestreiten der Beklagtenseite ausfallen."
Weiterhin führte das Amtsgericht Oldenburg aus, dass es einem Anschlussinhaber im Rahmen der sekundären Darlegungslast obliege, konkrete Anhaltspunkte vorzutragen, die einen abweichenden Geschehensverlauf in Form der Alleintäterschaft eines Dritten ernsthaft möglich erscheinen lässt. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei es dabei gerade nicht ausreichend, bloß auf einen selbstständigen und generellen Zugriff Dritter zu verweisen - auch wenn dieser "im Tatzeitraum" gegeben sein soll. Da die Beklagte sich insbesondere nicht geäußert habe, welcher der potentiellen Mitnutzer aufgrund des Nutzungsverhaltens, der Kenntnisse und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht als Täter in Betracht komme, sei in der Konsequenz von ihrer eigenen Verantwortlichkeit auszugehen.
  • "Weder trägt die Beklagte vor, dass sie ihren Sohn eingehend nach dem streitgegenständliche Film und einem möglichen illegalen Download befragt hat, noch trägt die Beklagte zu Nutzungsverhalten, Kenntnissen und Fähigkeiten in zeitlicher Hinsicht betreffend die potentiellen Nutzer des Internetanschlusses (Ehemann und Sohn) vor."
Da es insoweit bereits an ausreichendem Sachvortrag der Beklagten gefehlt habe, sehe das Gericht keine Veranlassung, den Beweisangeboten der Beklagten nachzugehen.

Das Amtsgericht verurteilte die Beklagte daher antragsgemäß zur Zahlung von Schadenersatz, zum Ersatz der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten sowie zur Übernahme der gesamten Kosten des Rechtsstreits.






AG Oldenburg, Urteil vom 21.12.2016, Az. 6 C 6124/16 (VI)



  • (...) - Abschrift -


    Amtsgericht
    Oldenburg



    6 C 6124/16 (VI)


    Verkündet am 20.12.2016
    [Name] Justizobersekretärin
    als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle



    Im Namen des Volkes

    Urteil




    In dem Rechtsstreit


    [Name],
    Klägerin

    Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte Waldorf & Partner, Beethovenstraße 12, 80336 München,


    gegen

    [Name],
    Beklagte

    Prozessbevollmächtigte:
    [Name],


    hat das Amtsgericht Oldenburg auf die mündliche Verhandlung vom 26.09.2016 durch die Richterin am Amtsgericht [Name]

    für Recht erkannt:

    1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Schadensersatz in Höhe von 600,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem einen 20.11.2014 zu zahlen.
    2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 506,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem einen 20.11.2014 zu zahlen.
    3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
    4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe geleistet hat.
    5. Der Streitwert wird auf bis zu 1.500,00 EUR festgesetzt.



    Tatbestand

    Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche sowie Abmahnkosten wegen eines illegalen Downloads eines Films über eine Tauschbörse.

    Die Klägerin hat sämtliche exklusiven Nutzung-bzw. Verwertungsrechte unter anderem an dem Film [Name] für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erworben.

    Am 11.05.2012 ist die Beklagte seitens des Prozessbevollmächtigten der Klägerin aufgefordert worden, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben und Schadensersatz zu zahlen sowie Erstattung der Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung zu übernehmen. Ihr ist vorgeworfen worden, den Film [Name] illegal über ihren Internetanschluss durch eine Tauschbörsensoftware illegal zum Download bereitgestellt zu haben.

    Die Klägerin behauptet, die streitgegenständliche Rechtsverletzung sei mit Hilfe des Peer zu Peer Forensic Systems (PFS) ermittelt worden. Die PFS habe vorliegend erfolgreiche Datenübermittlungen aufgezeichnet. Damit sei sichergestellt, dass der Client über den Anschluss der Beklagtenseite tatsächlich Daten übertragen habe. Diese Daten würden bitweise mit der jeweiligen Referenzdatei abgeglichen und stimmten mit dieser exakt, also1:1 überein.

    Es könne daher festgehalten werden, dass über den Anschluss der Beklagtenseite tatsächlich konkrete Daten zu den streitgegenständlichen Bild / Tonaufnahmen nicht nur illegal angeboten, sondern auch übertragen und über das P2P-Netz verteilt worden seien. Auf Basis der durch das PFS ermittelten Angebotsdaten sei ein zivilgerichtliches Gestattungsverfahren nach § 101 Abs. 9 UrhG durchgeführt worden. Die verfahrensgegenständliche Rechtsverletzung sei dabei über die jeweilige IP-Adresse samt genutzten Port in Verbindung mit dem Verletzungszeitpunkt eindeutig und ausschließlich dem Internetanschluss der Beklagten zuzuordnen.

    Sie behauptet weiter, die entsprechende Lizenz für den aktuellen Spielfilm betrage regelmäßig nicht weniger als 5,88 EUR. Im Interesse einer maßvollen Anspruchs für sei von dem doppelten Wert einer branchenüblichen Mindest-Abruflizenz, also von 11,76 EUR ausgegangen. Somit würde bereits bei 400 Abrufen eine Lizenzgebühr von mehr als 4.700,00 EUR pro Werk anfallen.



    Die Klägerin beantragt,
    1 Die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerseite einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 600,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 21.11.2014 sowie
    2. 506,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 21.11. 2014 zu zahlen.



    Die Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen.

    Sie erhebt die Einrede der Verjährung.

    Sie behauptet, sie habe zu keiner Zeit eine Tauschbörse genutzt, eine solche habe sie auch nicht auf Ihrem Computer. Der Internetanschluss werde ebenfalls von ihrem Ehemann Herrn [Name] genutzt. Auch zum angeblichen Tatzeitpunkt am [Datum] bzw. [Datum] habe er selbstständig Zugriff auf den Internetanschluss der Beklagten (über seinen eigenen Computer) gehabt. Nach Kenntniserlangung von dem angeblichen Verstoß habe die Beklagte ihren Ehemann hierauf angesprochen und gefragt, ob dieser für den Verstoß verantwortlich sei. Dieser habe die Frage verneint. Neben der Beklagten habe auch der damals neunjährige Sohn erden Internetanschluss der Beklagten genutzt. Dieser sei von seinen Eltern belehrt worden, "keine illegalen Downloads zu machen und auch sonst nichts Verbotenes über den Anschluss zu machen". Die Beklagte selbst habe lediglich rudimentäre PC-Kenntnisse. Sie nutze im Internet ausschließlich- und dies in geringem Umfang- ein soziales Netzwerk, ansonsten nutze sie den Computer nicht. Sie wisse nicht einmal, wie sie auf einem Computer ein Programm installieren solle und wäre überfordert, wenn sie eine Tauschbörsensoftware herunterladen bzw. installieren oder aber einen Film aus dem Internet herunterladen solle.


    Ergänzend wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.



    Entscheidungsgründe

    Die Klage ist begründet. Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Schadensersatz sowie Erstattung der Abmahnkosten in geltend gemachter Höhe, §§ 97, 97a UrhG.

    Die Klägerin ist unstreitig aktivlegitimiert, sie besitzt das ausschließliche Verwertungsrecht für den streitgegenständlichen Film [Name] § 10 Abs. 1 UrhG.

    Weiter ist davon auszugehen, dass die streitgegenständliche Urheberrechtsverletzung von dem Anschluss der Beklagten aus begangen worden ist. Bei seinen tatsächlichen Feststellungen hat das Gericht auch ohne förmliche Beweisaufnahme unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen nach freier Überzeugung zu entscheiden, welchen vorgetragenen Sachverhalt es als wahr oder nicht wahr erachtet (§ 286 ZPO). Substantiierten, schriftlichen oder bildlich belegten Darstellungen kommt dabei eine beträchtliche Indizwirkung zu. Sie sind nicht allein deshalb, weil sie von der Klägerin vorgelegt wurden und nicht jeden einzelnen Ermittlungsschritt fälschungssicher dokumentieren, nicht glaubhaft. Erklärt sich die Beklagtenseite zu diesen Ermittlungen zulässigerweise mit Nichtwissen (§ 138 Abs. 4 ZPO), hat das Gericht frei zu würdigen, inwieweit es die Darstellung der Klägerin für plausibel erachtet. Es muss nicht ohne stichhaltigen Grund ergänzend Beweis erheben, OLG Köln,GRUR-RR 2014.

    Vorliegend hatte die Klägerin nachvollziehbar erläutert, auf welche Weise sie die dem Anschluss der Beklagten zuzuordnende IP-Adresse ermittelt hat. So wird zunächst über eine entsprechende Software im Internet nach unerlaubt zum Download angebotenen Daten des streitgegenständlichen Films gesucht. Nach Auffinden einer solchen Datei wird ein Download durchgeführt, und ein Mitarbeiter vergewissert sich, ob es sich tatsächlich um eine voll funktionsfähige Version der Originaldatei handelt. Sodann werden die IP-Adresse sowie der exakte Angebotszeitpunkt gesichert.

    Konkrete Fehler in dieser Ermittlungstätigkeit sind seitens der Beklagten trotz Hinweis des Gerichts nicht vorgetragen worden. Das allgemeine unsubstantiierte Bestreiten, dass die eingesetzte Ermittlungssoftware geeignet sei, zuverlässig Urheberrechtsverletzungen über Tauschbörsen zu ermitteln, ist unbeachtlich. Hier substantiiert ein Vortrag der Klägerseite, umso substantiiert muss auch das Bestreiten der Beklagtenseite ausfallen. Die Klägerin hat detailliert dargelegt, wie der vorgetragene Verstoß ermittelt worden ist. Dazu hatte die Beklagte keine Stellung bezogen. Es wäre ihr indes zumutbar gewesen, konkrete Schritte der Ermittlungstätigkeit anzugreifen, dem ist sie nicht nachgekommen.

    Es steht weiter fest, dass die Beklagte als Täterin für die behauptete Urheberrechtsverletzung verantwortlich ist. Hierfür trägt die Klägerin nach allgemeinen Grundsätzen als Anspruchsteller an die Darlegungs- und Beweislast (BGH, Urteil vom 12.05.2010 - ZR 121/08, BGHZ 185,330 - Sommer unseres Lebens; BGH, Urteil vom 15.11.2012 - I ZR 74/12, GRUR 2013,511 Rn. 32 - Morpheus; BGH, Urteil vom 08.01.2014 - I ZR 169/12, BGHZ 700,76 Rn. 14 - BearShare). Vorliegend spricht die tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft der Beklagten. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (BGH, a.a.O.) spricht eine tatsächliche Vermutung für die Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn ein geschütztes Werk der Öffentlichkeit von einer IP-Adresse aus zugänglich gemacht wird, die zum fraglichen Zeitpunkt einem Anschluss zugeordnet war. Diese tatsächliche Vermutung ist jedoch entkräftet, wenn die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass allein ein Dritter und nicht auch der Anschlussinhaber den Internetzugang für die behauptete Rechtsverletzung genutzt hat. Den Anschlussinhaber trifft insoweit eine sekundäre Darlegungslast, da die Urheber regelmäßig keine nähere Kenntnis der häuslichen Umstände haben und dem Anschlussinhaber nähere Angaben dazu ohne weiteres zumutbar sind. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast dadurch, dass er vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen verpflichtet (BGH-BearShare, a.a.O.).

    Sekundäre Darlegungslast und tatsächliche Vermutung stehen nicht ausschließend nebeneinander, sondern greifen wie folgt ineinander: die sekundäre Darlegungslast betrifft die der Feststellung der Täterschaft vorgelagerte Frage, ob die Voraussetzungen für die tatsächliche Vermutung vorliegen, der Anschlussinhaber sei der Täter. Erst wenn der Anschlussinhaber dieser sekundären Darlegungslast genügt, trifft den Anspruchsteller die Last der dann erforderlichen Beweise; genügt der Anschlussinhaber seiner sekundären Darlegungslast dagegen nicht, so muss er zur Widerlegung der dann für den Anspruchsteller streitenden tatsächlichen Vermutung den Gegenbeweis erbringen (OLG München, Urteil vom 14.01.2016 - Loud - Az. 29 U 2593/15).

    Vorliegend hat die Beklagte ihrer sekundären Darlegungslast nicht hinreichend entsprochen. Sie hat insbesondere keine konkreten Anhaltspunkte aufgezeigt, die einen abweichenden Geschehenslauf in Form der Alleintäterschaft eines Dritten mindestens ebenso wahrscheinlich erscheinen lassen.

    Nach der aktuellen Rechtsprechung des BGH, Urteil vom 12.05.2016, Az. I ZR 48/15 - Everytime we touch- kommt ein Eingreifen der tatsächlichen Vermutung der Täterschaft des Anschlussinhabers auch dann in Betracht, wenn der Internetanschluss - wie bei einem Familienanschluss - regelmäßig von mehreren Personen genutzt wird. Für die Frage, wer als Täter eines urheberrechtsverletzenden Downloadangebotes haftet, kommt es nicht auf die Zugriffsmöglichkeit von Familienangehörigen im Allgemeinen, sondern auf die Situation im Verletzungszeitpunkt an, vgl. BGH,GRUR 2016,191 Rn. 39 - Tauschbörse III. Der Inhaber eines Internetanschlusses wird der ihn treffenden sekundären Darlegungslast in Bezug darauf, ob andere Personen als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen, erst gerecht, wenn er nachvollziehbar vorträgt, welche Personen mit Rücksicht auf Nutzerverhalten, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht Gelegenheit hatten, die fragliche Verletzungshandlung ohne Wissen und Zutun des Anschlussinhabers zu begehen, vgl. BGH a.a.O. Rn. 34.

    Vorliegend spricht tatsächliche Vermutung für die täterschaftliche Verantwortlichkeit der Beklagten. Die Beklagte trägt vor, sie habe unmittelbar nach Erhalt der Abmahnung ihren Ehemann, der ebenfalls den Internetanschluss nutze, gesprochen. Dieser habe die Urheberrechtsverletzung abgestritten. Weder sie, die Beklagte, noch ihr Ehemann hätten zu irgendeinem Zeitpunkt den Film [Name] illegal heruntergeladen. Auf Hinweis des Gerichts, dass nicht hinreichend vorgetragen ist, dass ein anderer konkreter Täter für die Rechtsverletzung in Betracht kommt, erklärte der Beklagte ergänzend, dass ihrem Ehemann ein Computer zum Tatzeitpunkt zur Verfügung gestanden hätte und er zu diesem Zeitpunkt auch das Internet genutzt habe. Des Weiteren nutze auch der Sohn [Name] damals neunjährig, den Internetanschluss, dieser sei aber darauf hingewiesen worden, "keine illegalen Downloads zu machen und auch sonst nichts Verbotenes über den Anschluss zu machen".

    Weder trägt die Beklagte vor, dass sie seinen Sohn eingehend nach dem streitgegenständlichen Film und einen möglichen illegalen Download befragt hat, noch trägt die Beklagte zu Nutzerverhalten, Kenntnissen und Fähigkeiten in zeitlicher Hinsicht betreffend die potentiellen Nutzer des Internetanschlusses (Ehemann und Sohn) vor. Es wäre der Beklagten aber durchaus zumutbar gewesen, immerhin zum Nutzungsverhalten des Ehemannes in Bezug auf den streitgegenständlichen Zeitpunkt vorzutragen. Trotz ausdrücklichen Hinweises des Gerichts, ist ein solcher Vortrag indes nicht erfolgt Der Beklagten oblag es aber nach den oben dargestellten Maßstäben mitzuteilen, welche Kenntnisse sie über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat, nach ihrem eigenen Vorbringen also, welche Person die Verletzungshandlung begangen hat. Im Ergebnis beruft sich die Beklagte damit lediglich pauschal auf eine bloß generell bestehende Zugriffsmöglichkeit des Ehemannes bzw. des Sohnes auf den Internetanschluss ohne konkrete Angaben zur Verletzungshandlung und genügt damit ihrer Darlegungslast nicht.

    Die Grundrechtsverbürgung gemäß Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz, nach der Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stehen, stehen dieser zivilprozessualen Obliegenheiten nicht entgegen, denn Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz gewährt keinen schrankenlosen Schutz gegen jede Art von Beeinträchtigung familiärer Belange; vielmehr sind auch die gegenläufigen Belange der Klägerin, deren Ansprüche ihrerseits den Schutz der Eigentumsgewährleistung des Art. 14 GG genießen, zu berücksichtigen. Diesen kommt im Streitfall ein Gewicht zu, das es rechtfertigt, dass sich der Beklagte im Einzelnen dazu erklären muss, wie es zu den - unstreitig - über seinem Internetanschluss erfolgten Rechtsverletzung aus der Familie heraus gekommen ist; anderenfalls könnten die Inhaber urheberrechtlich geschützter Nutzungsrechte bei Rechtsverletzung vermittelst von Familien genutzte Internetanschlüsse ihre Ansprüche regelmäßig nicht durchsetzen (OLG München a.a.O.). Nichts anderes fuhrt der BGH im Urteil vom 11.06.2015 Tauschbörse III - aus. Der BGH ist der Auffassung, dass der Anschlussinhaber seiner sekundären Darlegungslast dadurch genügt, dass er dazu vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständig Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang sei der Anschlussinhaber, so der BGH weiter, im Rahmen des zumutbaren zu Nachforschungen verpflichtet (BGH Urteil vom 11.06.2015 - AZ I ZR 75/14, Rz. 37-Tauschbörse III) Dies wird bestätigt durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, auf die die Klägerin im letzten Schriftsatz vom 12.12.2016 richtigerweise Bezug nimmt. Danach führt das Bundesverfassungsgericht aus, dass der Anschlussinhaber seiner sekundären Darlegungslast nicht genüge, sofern vorgetragen wird, dass es zwar theoretisch möglich sei, dass ein Familienmitglied die Rechtsverletzung begangen habe, der Anschlussinhaber jedoch nicht davon ausgehe, weil er deren Auskunft glaube, aber nicht mit Sicherheit wisse, ob die Auskunft zutreffend sei, vgl. BVerfG 2 BvR 1797/16. Der genannten Nachforschungspflicht ist die Beklagte gerade nicht nachgekommen. Soweit die Beklagte keinen konkreten Geschehensablauf darlegt, wonach die ernsthafte Möglichkeit der Täterschaft eines Dritten besteht, war auch den Beweisanträgen nicht weiter nachzugehen.

    Gemäß § 97 Abs. 2 UrhG schuldet der Beklagte sogenannten lizenzanalogen Schadensersatz, den das Gericht hier gemäß § 287 ZPO auf 600,00 EUR schätzt. Für die Schätzung eines angemessenen lizenzanalogen Schadens durch eine widerrechtliche öffentliche Zugänglichmachung urheberrechtlich geschützter Werke im Wege des Filesharing sind zunächst nach der Rechtsprechung des Landgerichts Oldenburg folgende Gesichtspunkte wesentlich und zu berücksichtigen:


    "die Anzahl der Downloads ist nicht bekannt und Filesharingprogramme sind nicht auf eine Erfassung der Anzahl der Downloads angelegt. Die Zahl möglicher Tauschbörsenteilnehmer und Downloads ist unkontrollierbar. Die Ermöglichung eines Download in einem Filesharing-Netzwerk führt mittelbar zu einer Vervielfachung der Verbreitung, da die Filesharing-Programme in ihren Grundeinstellungen vorsehen, dass eine heruntergeladene Datei ihrerseits wieder zum Abruf bereitgehalten wird (Amtsgericht Hamburg GRUR-RR 2014,107 90). Auf der anderen Seite ist auch zu berücksichtigen, dass in zeitlicher Hinsicht nur eine punktuelle Nutzungshandlung über den Internetanschluss der Beklagten vorgetragen wurden und ohne weitere Anhaltspunkte nicht von einer längeren Nutzungsdauer als maximal 2 Tagen ausgegangen werden kann. Einer Schätzung des Lizenzanalogie-Schadens nach § 287 ZPO spielt nämlich die Zeitdauer der Verletzungshandlung eine nicht nur untergeordnete Rolle (vgl. Schricker / Loewenheim / Wild, Urheberrecht, 4. Aufl , § 7 90 Nummer 158). Weiter ist im Rahmen der Schätzung des sogenannten lizenzanalogen Schadensersatzes zu berücksichtigen, dass das Angebot in einem Filesharing Netzwerk von vornherein gerade nicht an eine unbegrenzte "weltweite Öffentlichkeit" gerichtet ist, sondern lediglich an die Teilnehmer eben dieses konkreten Netzwerkes, mag deren Anzahl selbst auch nicht Beziehung weise schwer feststellbar oder begrenzt bei sein, die nicht legale Angebote im Internet nutzen. Dieser Personenkreis ist von vornherein erheblich eingeschränkt"
    (Landgericht Oldenburg Urteil vom 14.1.2015, Aktenzeichen 5 S 482/14).


    Unter Anwendung dieser Grundsätze erscheint hier ein Betrag in Höhe von 600,00 EUR noch als angemessen.

    Schließlich hat die Klägerin einen Anspruch auf vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten (Abmahnkosten) in Höhe von 506,00 EUR (Gegenstandswert 10.000,00 EUR). Aufgrund der täterschaftlichen Haftung der Beklagten, hat diese der Klägerin als Schaden auch die ihr entstandenen vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren zu erstatten. Nachdem die Klägerin ihre Prozessbevollmächtigten vorgerichtlich mit der Geltendmachung eines Unterlassung-und Schadensersatzanspruchs beauftragt hat, sind auf Basis eines Streitwerts von 10.000,00 EUR vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 506,00 EUR entstanden. Insoweit ist auch der zugrunde gelegte Streitwert nicht zu beanstanden, vielmehr liegt dieser im Bereich der nach der ständigen Rechtsprechung anzusetzenden Streitwerthöhe.

    Die Einrede der Verjährung greift nicht. Unabhängig davon, dass nach der neuen Rechtsprechung des BGH die Verjährungsfrist bezüglich des Schadensersatzanspruches nicht mehr drei Jahre sondern mittlerweile zehn Jahren Anwendung von § 852 BGB beträgt ist der Anspruch bereits deshalb nicht verjährt, weil die Klägerin im Jahre [Jahreszahl] Kenntnis von der Urheberrechtsverletzung erlangt hat, ein entsprechender Mahnbescheid ist bereits am 21.01.2015 erlassen worden, somit sogar noch innerhalb der Dreijahresfrist.

    Es ist auch davon auszugehen, dass die Beklagte das Abmahnschreiben erhalten hat. Die pauschale Behauptung, sie habe keines erhalten, dürfte eine Schutzbehauptung darstellen, zumal die Beklagte selbst vorträgt, dass aufgrund einer Abmahnung der Klägerin sie ihren Ehemann auf die Behauptung des Urheberrechtsverstoßes angesprochen habe. Darüber hinaus trägt die Klägerin unwidersprochen vor, dass der Ehemann der Beklagten selbst nach Erhalt des sechsten Schreibens vom 01.12.2014 bei der Klägerin angerufen habe, um eine Neuzustellung der Abmahnung zu bewirken, was dann auch erfolgt ist.

    Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 280,286,288 BGB.

    Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1,708 Nr.11, 711 ZPO.



    Rechtsbehelfsbelehrung

    Diese Entscheidung kann mit der Berufung angefochten werden Sie ist einzulegen innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem

    Landgericht Oldenburg,
    Elisabethstraße 7,
    26135 Oldenburg.


    Die Frist beginnt mit der Zustellung der in vollständiger Form abgefassten Entscheidung Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Beschwerdegegenstand 600,00 EUR übersteigt oder das Gericht die Berufung in diesem Urteil zugelassen hat Zur Einlegung der Berufung ist berechtigt, wer durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist.

    Die Berufung wird durch Einreichung einer Berufungsschrift eingelegt Die Berufung kann nur durch einen Rechtsanwalt eingelegt werden



    [Name]
    Richterin am Amtsgericht (...)



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

AG Oldenburg, Urteil vom 21.12.2016, Az. 6 C 6124/16 (VI),
Klage Waldorf Frommer,
Rechtsanwältin Anamaria Scheunemann,
WALDORF FROMMER Rechtsanwälte,
sekundäre Darlegungslast
tatsächliche Vermutung der Täterschaft,
Einrede Verjährung,
Abmahnschreiben nicht erhalten,
Artikel 6 Abs. 1 Grundgesetz,
unsubstantiiertes Bestreiten,
Nutzungsverhalten,
Minderjährige (9 Jahre),
Belehrung Minderjährige

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Wochenrückblick

#10975 Beitrag von Steffen » Sonntag 19. Februar 2017, 10:33

------------------------------------------------------ - Abmahnwahn Deutschland - Filesharing - --------------------------------------------


Der Wochenrückblick........................Bild........................Filesharing Fälle


-----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

Ausgabe 2017, KW 07....................................Initiative AW3P.........................13.02. - 19.02.2017

-----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------






.............................................Bild



AW3P: Man liest auf vielen Anwaltsseiten, dass der betreffende Anwalt Terminvertretungen übernimmt. Wie funktioniert diese Terminvertretung; welche Vorteile oder Nachteile bietet diese, wer beauftragt die Terminvertretung und last but not least, ist es nicht irgendwie sinnbefreit, da wahrscheinlich doppelte Kosten anfallen? Sichert man sich so die (Anwalts-) Arbeitsplätze untereinander?



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Doktor Wachs: Die Terminsvertretung ist dann erforderlich, wenn das zuständige Gericht von dem Ort des Anwalts (Hauptbevollmächtigte) weit entfernt ist und der Anwalt sehr weit anreisen müsste.

Bei der Terminsvertretung wird der Termin zur mündlichen Verhandlung durch den Anwalt vor Ort (Korrespondenzanwalt) durchgeführt. Die Schriftsätze werden von dem Hauptbevollmächtigten erstellt. Üblicherweise erhält der Terminsvertreter die Terminsgebühr. Andererseits müsste der Beklagte für den Hauptbevollmächtigten Reisekosten und Abwesenheitsgeld zahlen.

Allerdings muss man auch sagen, dass viele Anwälte die Vertretung in Filesharing Verfahren überhaupt nicht mehr übernehmen, weil es sich wegen der geringen Streitwerte und des hohen Aufwands nicht lohnt und das gilt sowohl für Hauptbevollmächtigte als auch Korrespondenzanwälte. Am günstigsten fährt sicher der Beklagte, der einen spezialisierten Anwalt am Ort des Gerichts für eine Vertretung nach den RVG Kosten übernimmt. Der wird aber oftmals sehr schwer zu finden sein, wie ich bereits darstellte.

Wir selber haben über die Jahre durch viele Verfahren eine Netz aus guten Terminsvertretern aufgebaut, auch wenn wir immer noch die meisten Termine persönlich wahrnehmen.

Meine Empfehlung wäre tatsächlich einen Anwalt zu suchen, bei dem man sich gut vertreten fühlt. Ein Gerichtsverfahren ist nicht der richtige Zeitpunkt zu versuchen 200,00 EUR zu sparen, schließlich soll der Rechtsstreit möglichst gewonnen werden.



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Querbeet




1. Rechtstipp zum Fasching - Was gilt es zu beachten?


11 Dinge die ein Jecke beachten muss.



Quelle: Legal Tribune Online
Link: http://www.lto.de/galerien/11-dinge-die ... ssen-muss/




Natürlich auch mit diesjährigen Hinweise zum Umgang mit Flüchtlingen.

Hinweis:
Diese E-Mail stammt - nicht - von der AfD!


Quelle: Kölner Stadt Anzeiger
Link: http://www.ksta.de/koeln/fluechtlinge-s ... l-25674044



Bild
Bild: Kölner Stadt Anzeiger








2. Bundesgerichtshof: Einwurf-Einschreiben in GmbH-Sachen ausreichend


BGH, Urteil vom 27.09.2016, II ZR 299/15
  • (...) Bei einem Übergabe-Einschreiben besteht damit das Risiko, dass der Zugang nicht bewirkt werden kann, weil der Empfänger die Sendung trotz Benachrichtigung nicht abholt. Der Empfänger muss sich auch nicht stets gemäß § 242 BGB so behandeln lassen, als ob ihm die Erklärung zugegangen wäre.

    Zu diesen Zugangsschwierigkeiten kann es beim Einwurf-Einschreiben nicht kommen. Diese Form des Einschreibens wird im Unterschied zum Übergabe-Einschreiben nicht persönlich gegen Unterschrift an den Empfänger ausgehändigt. Die Ablieferung erfolgt in diesem Fall vielmehr durch Einwurf der Sendung in den Briefkasten des Empfängers. Für den Zugang gemäß § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB genügt es, wenn das Schreiben so in den Bereich des Empfängers gelangt, dass dieser unter normalen Verhältnissen die Möglichkeit hat, vom Inhalt der Erklärung Kenntnis zu nehmen. Dies ist beim Einlegen in den Briefkasten des Empfängers der Fall (vgl. BGH, Urteil vom 8. Januar 2014 – IV ZR 206/13, NJW 2014, 1010 Rn. 8). (...)

Quelle: Lexetius
Link: http://lexetius.com/2016,3542









3.Thomas Stadler: Nicht mein Bundespräsident - Zur Wahl von Frank-Walter Steinmeier

  • (...) Gerade in Zeiten, in denen die Politikverdrossenheit vieler Bürger rechten Parteien Zulauf beschert, wäre eine andere Kandidatin oder ein anderer Kandidat das gebotene Zeichen gewesen. Aber ein solches Zeichen war von einer großen Koalition, die es gewohnt ist, sich gegenseitig Posten zuzuschieben, natürlich nicht zu erwarten. (...)

Quelle: InternetLaw.de
Link: http://www.internet-law.de/2017/02/nich ... meier.html









4. Landgericht Berlin: Unterlassungserklärung unter der Bedingung dass abmahnender Rechtsanwalt Vollmacht im Original zusendet genügt nicht


LG Berlin, Beschluss vom 22.07.2016, Az. 15 O 330/16:
  • (...) Das LG Berlin hat entschieden, dass eine strafbewehrte Unterlassungserklärung unter der Bedingung dass der abmahnende Rechtsanwalt eine Vollmacht im Original zusendet, nicht ausreicht um die Wiederholungsgefahr auszuräumen. (...)

Quelle: Beckmannundnorda.de
Link:http://www.beckmannundnorda.de/serendip ... nicht.html









5. Landgericht Dessau-Roßlau: Unternehmereigenschaft eines eBay-Verkäufers wenn monatlich 15 - 25 Verkäufe mit professionell gestalteten Angebote getätigt werden


LG Dessau-Roßlau, Urteil vom 11.01.2017, Az. 3 O 36/16
  • (...) Dafür sprechen schon die Anzahl der Verkäufe und die entsprechenden Bewertungen durch die Käufer. denn auch wenn sich aus der Rechtsprechung ein uneinheitliches Bild ergibt, so ist doch festzustellen, dass bei durchschnittlich 15 bis 25 Verkaufsaktionen pro Monat ein gewerbliches Handeln indiziert wird, insbesondere dann, wenn dies - wie hier - über einen längeren Zeitraum geschieht (Fischer, Abgrenzung von privatem und unternehmerischem Handeln, WRP 2008, 193). (...)

Quelle: Beckmannundnorda.de
Link:http://www.beckmannundnorda.de/serendip ... erden.html











Gerichtsentscheidungen



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  • AG Augsburg, Urteil vom 24.11.2016, Az. 23 C 1369/16 [WF gewinnt; theoretische Zugriffsmöglichkeit reicht nicht]
  • AG Oldenburg, Urteil vom 21.12.2016, Az. 6 C 6124/16 (VI) [WF gewinnt, Nachforschungspflichten]






WALDORF FROMMER Rechtsanwälte (München)



1. AG Augsburg, Urteil vom 24.11.2016, Az. 23 C 1369/16


WALDORF FROMMER: Amtsgericht Augsburg - Anschlussinhaber haftet für Rechtsverletzungen über eine Tauschbörse, wenn er nach nur unzureichenden Nachforschungen keinen konkreten Dritten als möglichen Täter benennen kann



Quelle: Waldorf Frommer News
Link: http://news.waldorf-frommer.de/waldorf- ... oeglichen/






2. AG Oldenburg, Urteil vom 21.12.2016, Az. 6 C 6124/16 (VI)


WALDORF FROMMER (München): Amtsgericht Oldenburg - Zur Erfüllung der sekundären Darlegungslast bedarf es der Darlegung konkreter Anhaltspunkte für die Täterschaft eines Dritten



Quelle: Waldorf Frommer News
Link: http://news.waldorf-frommer.de/waldorf- ... s-dritten/











Forenwelt



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Steffen Heintsch für AW3P



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#10976 Beitrag von Steffen » Mittwoch 22. Februar 2017, 23:41

WALDORF FROMMER (München): Amtsgericht Leipzig - Verurteilung eines Anschlussinhabers in Tauschbörsenverfahren aufgrund fehlender Belehrung des minderjährigen Täters


23:40 Uhr


Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Hörbuchaufnahmen. Im genannten Verfahren am Amtsgericht Leipzig bestritt der beklagte Anschlussinhaber, das streitgegenständliche Hörbuch über eine Tauschbörse öffentlich zugänglich gemacht zu haben. Zu den Verletzungszeitpunkten sei er arbeiten gewesen. Zuhause hätten sich jedoch die Lebensgefährtin sowie der damals 11-jährige Sohn aufgehalten, welche grundsätzlich als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kämen.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

Beethovenstraße 12 | 80336 München
Telefon: 089 / 52 05 72 10 | Telefax: 089 / 52 05 72 30
E-Mail: web@waldorf-frommer.de | Web: www.waldorf-frommer.de




Bericht

Link:
http://news.waldorf-frommer.de/waldorf- ... n-taeters/

Urteil als PDF:
http://news.waldorf-frommer.de/wp-conte ... 366_16.pdf




Autorin:

Rechtsanwältin Cornelia Raiser




~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Im Rahmen der im Anschluss durchgeführten Beweisaufnahme stellte sich heraus, dass die Rechtsverletzung tatsächlich vom Sohn des Beklagten begangen wurde. Das Amtsgericht Leipzig verurteilte den Beklagten dennoch vollumfänglich zur Zahlung der geltend gemachten Ansprüche, da er den Sohn nicht ausreichend in Bezug auf ein Verbot zur Teilnahme an Tauschbörsen belehrt hatte.

Insoweit gab der Beklagte an, seinen Sohn lediglich dazu aufgefordert zu haben, das Internet ausschließlich für schulische Belange zu nutzen. Die als Zeugin vernommene Lebensgefährtin bestätigte zudem eine Belehrung des Sohnes nur dahingehend, "dass er nicht einfach etwas downloaden soll und nie was gefährliches macht".

Dies entspreche jedoch nicht den Anforderungen an eine ausreichende Belehrung, denn es "enthält keine für das Kind verständliche Erklärung, was es an rechtswidrigen Downloads im Internet gibt". Für die Wahrung der Aufsichtspflichten sei es deshalb notwendig, "ein Kind über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Internettauschbörsen zu belehren und ihm die Teilnahme daran zu verbieten [...]".

Da der Beklagte dies jedoch offensichtlich versäumt habe, hafte er gemäß § 832 BGB vollumfänglich für die Rechtsverletzung seines Sohnes. Im Übrigen bestätigte das Amtsgericht Leipzig auch die Höhe der geltend gemachten Rechtsverfolgungskosten sowie des Lizenzschadens.





AG Leipzig, Urteil vom 30.01.2017, Az. 104 C 7366/16


  • (...) Ausfertigung

    Amtsgericht Leipzig
    Zivilabteilung I


    Aktenzeichen: 104 C 7366/16

    Verkündet am: 30.01.2017
    [Name], Justizobersekretärin
    Urkundsbeamter/in der, Geschäftsstelle



    IM NAMEN DES VOLKES

    ENDURTEIL



    In dem Rechtsstreit


    [Name],
    - Klägerin -

    Prozessbevollmächtigte: Waldorf Frommer Rechtsanwälte, Beethovenstraße 12, 80336 München,



    gegen


    [Name],
    - Beklagter -

    Prozessbevollmächtigte:
    [Name],


    wegen Urheberrecht


    hat das Amtsgericht Leipzig durch Richterin am Amtsgericht [Name] auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 13.12.2016 am 30.01.2017

    für Recht erkannt:

    1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 956,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11.12.2015 zu zahlen.
    2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreites zu tragen.
    3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
    Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung In Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.



    Beschluss:
    Der Streitwert wird auf 956,00 EUR festgesetzt.



    Tatbestand

    Die Klägerin ist Rechteinhaberin des Tonträgerherstellers nach § 85 UrhG für das Hörbuch [Name].

    Das Werk wurde am Freitag, [Darum ] zwischen [Uhrzeit] und [Uhrzeit] Uhr über die IP [IP-Adresse] unerlaubt zum Download angeboten. Als Inhaber der IP zum streitgegenständlichen Zeitpunkt wurde der Beklagte ermittelt. Der Beklagte wurde daraufhin mit Schreiben vom [Datum] abgemahnt. Er wurde zur Zahlung von 300,00 EUR Schadensersatz und 506,00 EUR Rechtsanwaltskosten, ausgehend von einem Gegenstandswert von 10.000,00 EUR aufgefordert.

    Die Klägerin behauptet, der Sohn des Beklagten [Name] und seine Lebensgefährtin [Name] hätten zum streitgegenständlichen Anspruch den Internetanschluss nicht benutzt und die streitgegenständliche Rechtsverletzung nicht begangen.


    Die Klägerin beantragt,
    1. Die Beklagtenseite wird verurteilt, an die Klägerseite einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 450,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 11.12.2015 sowie
    2. 506,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 11.12.2015 zu zahlen.


    Der Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen.

    Der Beklagte macht geltend, er habe das streitgegenständliche Werk nicht heruntergeladen und auch nicht an andere Nutzer der Tauschbörse verteilt. Er sei zum Tatzeitpunkt arbeiten gewesen. Die Klagepartei werde durch die illegalen Angebote ihrer geschützten Werke nicht geschädigt, da hierdurch die Werke bekannter würden und auch mehr Menschen auf legalem Wege Rechte daran erwerben würden.

    Der Beklagte bestreitet, dass die Ermittlung der Rechtsverletzung ausschließlich anhand geprüfter Dateiversionen erfolgt. Er bestreitet ferner die Ausführung der Klagepartei zu der Ermittlung durch das Peer-to-Peer Forensic System (PFS).

    Er trägt vor, er habe zu dem damaligen Zeitpunkt mit seinem Sohn [Name] und seiner Lebensgefährtin in einem gemeinsamen Haushalt zusammengewohnt. Alle hätten gleichberechtigt Zugang zum Internet gehabt. Sie hätten alle neben einem Mobiltelefon selbst einen PC oder ein Notebook zur Verfügung gehabt. Sein Sohn und seine Lebensgefährtin seien an diesem Tag zu Hause gewesen und hätten Gelegenheit gehabt, die Tat zu begehen. Er habe seinen Sohn belehrt und aufgefordert, den Zugang im Rahmen seiner Kenntnis und Fähigkeiten zu nutzen und nicht für illegale Downloads zu verwenden.


    Es wurde Beweis erhoben durch Einvernahme des Zeugen [Name]. Der Zeuge [Name] hat von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht. Hinsichtlich der Einvernahme der Zeugin [Name] wird auf das Sitzungsprotokoll vom 13.12.2016 verwiesen.



    Entscheidungsgründe

    Die Klage ist begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz in dem tenorierten Umfang gemäß § 97 UrhG, §§ 823, 832 BGB, 85 UrhG für die ungenehmigte öffentliche Verbreitung eines urheberrechtlich geschützten Hörbuches, dessen Rechteinhaber die Klägerin ist.

    Die Klägerin stehen die Rechte an dem Hörbuch gemäß §§ 85, 16, 17, 19a UrhG zu. Diese Rechte wurden vom Sohn des Beklagten widerrechtlich verletzt. Dies steht aufgrund der Beweisaufnahme fest. Aus der Zeugenaussage von [Name] ergab sich, dass ihr Sohn die Verletzung ihr gegenüber zugegeben hat. Die Zeugin versuchte ihre Aussage zu tätigen, ohne sich diesbezüglich festlegen zu müssen, musste die Rechtsverletzung aber schließlich doch einräumen. Auch der Beklagte selbst hat in seiner Anhörung implizit zugegeben, dass sein Sohn die Rechtsverletzung begangen hat, da er gesagt hat, nach dem Vorfall habe er ihm das Internet weggenommen. Die Rechtsverletzung durch den Sohn erfolgte zumindest fahrlässig. Für diese Rechtsverletzung haftet der Beklagte gemäß § 832 BGB als Aufsichtspflichtiger.

    Denn der Beklagte ist dafür beweisfällig geblieben, dass er seinen Sohn hinreichend belehrt hat. Für die Gewährung der Aufsichtspflicht reicht es, ein Kind über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Internettauschbörsen zu belehren und ihm die Teilnahme daran zu verbieten (vgl. OLG Köln, Urteil vom 06.12.2013, Az. 1-6U 96/13). Eine solche Belehrung ist jedoch ausweislich der Beweisaufnahme nicht erfolgt.

    Die Zeugin hat dazu bekundet, sie hätten ihn belehrt, dass er nicht einfach etwas downloaden soll und nie etwas Gefährliches macht. Sie hätten ihm gesagt, dass er nicht auf irgendetwas klicken soll. Dies reicht für eine Belehrung nicht aus, denn dies enthält weder keine für das Kind verständliche Erklärung, was es an rechtswidrigen Downloads im Internet gibt.

    Das Gericht ist allerdings auch nicht davon überzeugt, dass überhaupt durch die Zeugin oder den Beklagten vor der Abmahnung wegen der streitgegenständlichen Rechtsverletzung Belehrungen erfolgt sind. Die Aussage der Zeugin war nicht davon geprägt, gegenüber dem Gericht die Wahrheit sagen zu wollen. Vielmehr machte sie den Eindruck als wollte die Zeugin die Wahrheit vor dem Gericht verbergen. Sie fühlte sich vom Gericht nach den Nachfragen unter Druck gesetzt. Sie wollte beispielsweise nichts dazu sagen, ob sie das streitgegenständliche Hörbuch gehört hat. Es erscheint deshalb auch nicht ganz unwahrscheinlich, dass auch die Zeugin selbst von der Nutzung der Filesharingsoftware profitiert hat. Insofern erscheint es auch nicht völlig fernliegend, dass eine entsprechende Belehrung nun nachträglich erfunden wird, um die Familie vor Schadensersatzansprüchen zu schützen.

    Nachdem man die Belehrung in der Klageerwiderung auch äußerst dürftig geschildert hatte, hat der Beklagte selbst nach der Einvernahme seiner Lebensgefährtin angegeben, er habe seinen Sohn belehrt und ihm gesagt, dass er den Rechner nur für schulische Belange nutzen solle. Das Gericht glaubt dem Beklagten dies Einlassung nicht. Hätte er eine so einfache Anweisung seinem Sohn gegeben, wäre seine Lebensgefährtin durchaus in der Lage gewesen, eine so prägnante und einfache Anweisung wiederzugeben.

    Da die Täterschaft des Sohnes des Beklagten feststeht, kommt es auf das Bestreiten des Beklagten zur Vorermittlung und Ermittlung durch das. Peer-to-Peer Forensic System nicht an.

    Das Gericht schätzt den Schaden auf 450,00 EUR gemäß § 287 ZPO. Dieser Betrag erscheint für ein Hörbuch angemessen.

    Die Klägerin hat ferner einen Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen, durch die Abmahnung entstandenen Rechtsanwaltskosten in begehrter Höhe gemäß § 97a Abs. 1 UrhG, § 832 BGB. Der Gegenstandswert in Höhe von 10.000,00 EUR ist nicht zu beanstanden. Das Unterlassungsbegehren ist ausgehend vom Interesse des Anspruchsinhabers zu bewerten. Bei Schätzung des Gegenstandswertes ist zu berücksichtigen, dass neben dem Unterlassungsanspruch auch der Schadensersatzanspruch Gegenstand der Abmahnung war.

    Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.



    Rechtsbehelfsbelehrungen:

    Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,

    a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
    b) wenn die Berufung durch das Amtsgericht Leipzig zugelassen worden ist

    Der Wert des Beschwerdegegenstandes ist glaubhaft zu machen.

    Die Berufung muss binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich oder in elektronischer Form mit einer qualifizierten Signatur im Sinne des Signaturgesetzes beim

    Landgericht Leipzig,
    Harkortstraße 09,
    04107 Leipzig


    eingegangen sein.

    Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich oder in elektronischer Form gegenüber dem Landgericht Leipzig zu begründen. Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Leipzig durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen Berufungs- und Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.

    Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

    Soweit in diesem Urteil der Streitwert festgesetzt wurde, ist gegen diesen Beschluss das Rechtsmittel der Beschwerde für jede Partei, die durch diesen Beschluss in ihren Rechten benachteiligt ist, zulässig,

    a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder
    b) das Amtsgericht Leipzig die Beschwerde in diesem Beschluss zugelassen hat.

    Die Beschwerde ist schriftlich oder durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle beim

    Amtsgericht Leipzig,
    Bernhard-Göring-Straße 64,
    04275 Leipzig


    einzulegen. Die Beschwerdeschrift ist zu unterzeichnen. Die Erklärung über die Beschwerde kann auch zu Protokoll der Geschäftsstelle eines jeden anderen Amtsgerichts abgegeben werden, wobei die Beschwerdefrist nur dann als gewahrt gilt, wenn die Erklärung rechtzeitig bei dem Amtsgericht Leipzig eingeht. Die Beschwerde kann auch in elektronischer Form mit einer qualifizierten elektronischen Signatur im Sinne des Signaturgesetzes eingereicht werden. Eine bloße E-Mail genügt hierfür nicht. Die Beschwerdeschrift muss die Bezeichnung des Beschlusses, gegen den sie gerichtet ist, sowie die Erklärung, dass gegen diesen Beschluss Beschwerde eingelegt werde, enthalten. Die Gerichtssprache ist deutsch.



    Beschwerdefrist:

    Die Beschwerde muss binnen sechs Monaten nach Rechtskraft der Hauptsache oder deren anderweitiger Erledigung bei dem Amtsgericht Leipzig eingegangen sein. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, muss sie innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses bei dem Amtsgericht Leipzig eingegangen sein. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.



    [Name]
    Richterin am Amtsgericht (...)



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



AG Leipzig, Urteil vom 30.01.2017, Az. 104 C 7366/16,
Rechtsanwältin Cornelia Raiser,
WALDORF FROMMER Rechtsanwälte,
Klage Waldorf Frommer,
Minderjährige,
Belehrung Minderjährige,
unzureichende Belehrung Minderjähriger,
BGH "Morpheus"

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Steffen
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#10977 Beitrag von Steffen » Donnerstag 23. Februar 2017, 10:32

Offene Netze und Recht: Kammergericht Berlin zur Störerhaftung bei Freifunk mit Zapp-Script und zur Privilegierung nach § 8 TMG


10:30 Uhr


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Offene Netze und Recht

Reto Mantz
Karl-Kellner-Str. 64 | 30853 Langenhagen
E-Mail: impressum@offenenetze.deinfo@freifunk.net | Web: http://www.offenenetze.de/



Bericht

Link:
http://www.offenenetze.de/2017/02/20/kg ... %a7-8-tmg/



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Das Kammergericht (KG) Berlin hat am 08.02.2017 in einem Verfahren eines Freifunkers gegen einen abmahnenden Rechteinhaber eine Entscheidung getroffen. Zu dem Verfahren hatte ich hier im Blog schon berichtet. Kläger war ein Freifunker, der eine Splash-Seite und das Zapp-Script (dazu hier) installiert hatte. Er war abgemahnt worden und hatte daraufhin negative Feststellungsklage mit dem Ziel erhoben, feststellen zu lassen, dass der beklagte Rechteinhaber die in der Abmahnung behaupteten Rechte gegen ihn nicht hat.

Das Landgericht hatte der Klage stattgegeben (meine Bewertung dazu hier), dagegen hatte die Beklagte Berufung eingelegt. Während des Verfahrens hat die Beklagte dann auf die Ansprüche gegen den Kläger verzichtet. Daraufhin wurde das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt und das Kammergericht musste nur noch über die Kosten entscheiden.






KG Berlin, Beschluss vom 08.02.2017, Az. 24 U 117/15


  • (...) Leitsätze (Reto Mantz):

    Auch nach Änderung des § 8 TMG werden Unterlassungsansprüche von der Privilegierung bei richtlinienkonformer Auslegung nicht erfasst.
    Sicherungsmaßnahme im Sinne der Rechtsprechung des EuGH kann nicht nur die Verschlüsselung des WLAN's und die Identifizierung der Nutzer sein. Vielmehr können auch andere Maßnahmen, die Rechtsverletzungen der Nutzer erschweren, die Störerhaftung entfallen lassen.



    Tenor:

    I. Von den Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen haben der Kläger 1/3 und die Beklagte 2/3 zu tragen (§ 91a ZPO).

    II. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 16.000,00 EUR festgesetzt.




    GRÜNDE


    A.

    Nachdem die Parteien den eine negative Feststellungsklage betreffenden Rechtsstreit in der Hauptsache mit widerstreitenden Kostenanträgen für erledigt erklärt haben, war gemäß § 91a ZPO nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes über die Kosten zu entscheiden. Danach erschien dem Senat eine Kostenverteilung wie zu I. des Beschlusstenors quotiert angemessen.

    Ohne die auf Seite 7 der Sitzungsniederschrift vom 8. Februar 2017 abgegebene Erklärung, dass die Beklagte gegen den Kläger keine Ansprüche aus einer angeblichen Urheberrechtsverletzung vom 15. März 2013 mehr herleitet, sondern auf diese verzichtet, und die daraufhin übereinstimmend erklärte Erledigung der Hauptsache wäre im Hinblick auf einen gegen den Kläger als Störer gerichteten Unterlassungsanspruch der Beklagten weiter Beweis zu erheben gewesen und war der Prozessausgang insoweit nicht gesichert, sprach insoweit allerdings mehr für ein Obsiegen des Klägers als für sein Unterliegen.

    Die in Rede stehende IP-Adresse im fraglichen Zeitpunkt am 15. März 2013 ist dem Kläger zuzuordnen, ohne dass gegen die 1&1 Internet AG als Reseller ein gesonderter Beschluss betreffend die Zuordnung der zu einem bestimmten Zeitpunkt benutzten dynamischen IP-Adresse als bloßes Bestandsdatum erforderlich gewesen wäre (BGH, Urteil vom 12. Mai 2010 – I ZR 121/08 – Rn. 20 zitiert nach juris – Sommer unseres Lebens). Dass zur fraglichen Zeit am 15. März 2013 über diese IP-Adresse eine Folge von "The Walking Dead" zum Herunterladen durch andere Nutzer im Wege des Filesharings angeboten worden ist, sieht der Senat ohne Verbleib vernünftiger Zweifel deshalb als zugrundezulegen an, weil unter einer ebenfalls dem Kläger zugeordneten IP-Adresse am 6. April 2013 dasselbe Werk angeboten worden ist. Unbeschadet der Einwände gegen die Erfassung von Rechtsverletzungen für die Beklagte durch die Guardeley Ltd. liegt es ausgesprochen fern, dass es kurz nacheinander zu Fehlern bei der Erfassung und Zuordnung gekommen sein soll (vgl. auch OLG Köln, Urteil vom 16. Mai 2012 – I-6 U 239/11- Rn.4 zitiert nach juris).

    Auch wenn eine täterschaftliche Begehung durch den Klägerin ausgeräumt ist, weil der Senat hierfür die durch Zeugenaussagen bewiesene und durch die eigenen Angaben des informatorischen angehörten Klägers untermauerte Freifunkereigenschaft des Klägers genügen lässt, stand eine Störerhaftung des Klägers für den auf §§ 97 Abs.1 S.1, 2, 19a UrhG gestützten Unterlassungsanspruch weiterhin im Raum. Die schon in BGH, Urteil vom 12. Mai 2010 - I ZR 121/08, Rn. 22 ff. zitiert nach juris - Sommer unseres Lebens - angesprochene Prüfpflicht mit der Folge der Störerhaftung, wenn gebotene Sicherungsmaßnahmen unterbleiben, besteht nach Auffassung des Senats für "altruistische" Freifunker auch nach der jüngsten Änderung des § 8 TMG bei richtlinienkonformer Auslegung im Lichte des Urteils des EuGH vom 15. September 2016 - C-484/14 "McFadden" (GRUR 2016, 1097 ff.) fort. Es kam also bei Beweispflicht des Klägers darauf an, ob er bei Verzicht auf einen Passwortschutz die sonstigen Sicherungsmaßnahmen im Sinne des Beweisbeschlusses vom 19. Januar 2016 (Bd. II Bl. 10 d.A.) tatsächlich und Rechtsverletzungen zumindest hinreichend erschwerend ergriffen hatte. Dies lässt sich nach dem Erkenntnisstand des Senats im Zeitpunkt der Abgabe der Hauptsacheerledigungserklärungen nicht abschließend beantworten. Auch wenn nach dem schriftlichen Gutachten des Sachverständigen V..., der allerdings den Router des Klägers selbst in Nachhinein sinnvoll nicht mehr begutachten konnte, den Angaben der vom Kläger benannten Zeugen P... und R... und den eigenen Bekundungen des informatorisch befragten Klägers schon manches dafür spricht, dass dies der Fall gewesen sein könnte, waren noch etliche Restzweifel und Fragen offen. Anders als vom Kläger schriftsätzlich behauptet worden ist, hatte der Zeuge P... das Aufspielen der Firmware auf den Router des Klägers nicht selbst vorgenommen, der Zeuge R... ohne nicht, so dass die Beweisführung mittelbarer bleiben musste, was die Beweisanforderungen im Übrigen mit prägen muss und ein weiteres Abarbeiten der ohnehin schriftsätzlich von der Beklagten zum schriftlichen Sachverständigengutachten bereits angekündigten Fragen unentbehrlich gemacht hätte. Zur Versionsnummer des verwendeten Zapp-Scripts und zum eingestellten Schwellwert ist selbst aus der Aussage des Zeugen P... "wenig Honig zu saugen". Unwägbarkeit und weiteren Aufklärungsbedarf zum Schwellwert wirft auch die Angabe des Zeugen R..., der auch größere Datenmengen heruntergeladen hat, auf, im Jahre 2013 habe es bei Benutzen des klägerischen Freifunkanschlusses durch ihn zwar durchaus mal "geruckelt", im Ergebnis habe er aber die gewünschte Datenmenge erlangt.

    Der bei bloßer Störerhaftung nicht gegebene Schadensersatzanspruch fällt hier entsprechend § 92 Abs. 2 ZPO bei der nach § 91a ZPO zu treffenden Kostenentscheidung nicht ins Gewicht.


    B.

    Der Streitwert für das Berufungsverfahrens beträgt bis zu 16.000,00 EUR, §§ 3,4 ZPO. Dabei folgt der Senat den Erwägungen der Vorderrichter aus dem Beschluss vom 7. Juli 2015 zur Bewertung der Hauptansprüche, war aber § 4 ZPO zu den Nebenforderungen zu beachten. (...)



ANMERKUNG

Mir liegt nur der Beschluss des Kammergerichts vom 08.02.2017 vor. Das KG macht dabei Ausführungen, die ich ohne Kenntnis der Akte und der mündlichen Verhandlungen, insbesondere der bisher schon durchgeführten Beweisaufnahme nicht abschließend bewerten kann. Der folgende Beitrag enthält daher einen gewissen Anteil "Kaffeesatzleserei".





... weiterlesen auf 'Offene Netze und Recht'







~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


KG Berlin, Beschluss vom 08.02.2017, Az. 24 U 117/15,
Offene Netze und Recht,
Reto Mantz,
Freifunk mit Zapp-Script,
Freifunker,
The Walking Dead,
EuGH - C-484/14 - "McFadden"

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10978 Beitrag von bluti86 » Donnerstag 23. Februar 2017, 19:18

Hi,
noch eine Frage an die Experten: Jeder Abmahnung muss ein Gerichtsbeschluss voraus gehen.

Ist es einem Abgemahnten und/oder dessen Anwalt möglich, Akteneinsicht in diesen Beschluss zu bekommen? Wenn ja, wären dort sämtliche "Beweismittel" aufgeführt, die zum Beschluss geführt haben?

Grüße, Bluti

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10979 Beitrag von Steffen » Freitag 24. Februar 2017, 00:19

[quoteemBluti]Ist es einem Abgemahnten und/oder dessen Anwalt möglich, Akteneinsicht in diesen Beschluss zu bekommen? Wenn ja, wären dort sämtliche "Beweismittel" aufgeführt, die zum Beschluss geführt haben?[/quoteem]
Natürlich, ist alles hier beschrieben.

VG Steffen

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AG Elmshorn, Az. 53 C 52/16

#10980 Beitrag von Steffen » Freitag 24. Februar 2017, 00:20

Dr. Wachs Rechtsanwälte (Hamburg): Amtsgericht Elmshorn weist Koch Media Klage, vertreten durch die Kanzlei .rka Rechtsanwälte, zurück. Das Versäumnisurteil vom 21.10.2016 wird aufrechterhalten



00:20 Uhr



In einem aktuellen Filesharing Verfahren wurde durch das Amtsgericht Elmshorn eine Klage der "Koch Media GmbH", vertreten durch die Hamburger Kanzlei ".rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR", abgewiesen. Das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Elmshorn vom 21.10.2016 wird aufrechterhalten.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Bild

Rechtsanwalt Dr. Alexander Wachs




Dr. Wachs Rechtsanwälte

Osterstraße 116 | 20259 Hamburg
Telefon: +49 (0)40 411 88 15 70 | Fax: +49 (0)40 411 88 15 77 | Fax 2: +49 (0)40 444 655 10
E-Mail: info@dr-wachs.de | Web: www.dr-wachs.de





Urteil als Volltext:

Link:
https://aw3p.de/archive/2353



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Der Beklagte haftet weder als Täter noch als Störer. Dabei wendet das Amtsgericht Elmshorn konsequent die aktuelle Rechtsprechung des Bundesgerichtshof an. Hierzu führte das Amtsgericht aus:
  • (...) Dieser Darlegungslast hat der Beklagte genügt. Er hat vorgetragen, dass an dem fraglichen Tag neben ihm auch seine Ehefrau, seine damals bei ihnen wohnende Schwägerin, die Zeugin [Name], sowie deren Lebensgefährte, der Zeuge [Name], Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und diesen auch genutzt haben.

    Danach war es wieder Aufgabe der Klägerin, die für eine Haftung des Beklagten als Täter der Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und zu beweisen.

    Diesen Beweis hat die Klägerin nicht führen können. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist das Gericht nicht davon überzeugt, dass die weiteren Nutzer des Internetanschlusses des Beklagten die Rechtsverletzung nicht begangen haben. (...)





AG Elmshorn, Urteil vom 17.02.2017, Az. 53 C 52/16


  • (...) Beglaubigte Abschrift


    53 C 52/16

    Verkündet am 17.02.2017
    [Name], Justizangestellte
    als Urkundsbeamtin/er der Geschäftsstelle



    Amtsgericht Elmshorn

    Urteil

    Im Namen des Volkes




    In dem Rechtsstreit


    [Name],
    - Klägerin -

    Prozessbevollmächtigte:
    [Name],


    gegen


    [Name],
    - Beklagter -

    Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt Dr. Alexander Wachs, Osterstraße 116, 20259 Hamburg,



    wegen Urheberrechtsverletzung


    hat das Amtsgericht Elmshorn durch die Richterin am Amtsgericht [Name] auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 06.01.2017

    für Recht erkannt:

    1. Das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Elmshorn vom 21.10.2016 wird aufrechterhalten.
    2. Die weiteren Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
    3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung durch den Beklagten abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.



    Tatbestand

    Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Ersatz von Abmahnkosten und Schadenersatz nach einer Urheberrechtsverletzung in Anspruch.

    Die Klägerin ist Produzentin und Vermarkterin von Entertainmentprodukten. Für sie wird das Computerspiel "[Name]" produziert. Bei Erstveröffentlichung dieses Spiels im September 2011 betrug der Verkaufspreis 50,00 EUR, im Jahre 2013 lag er noch zwischen 30,00 EUR und 40,00 EUR.

    Der Beklagte ist Inhaber eines Internetanschlusses, dem nach Auskunft des Providers [Name] vom 05.12.2012 am 02.12.2012 die IP-Adresse [IP] zugeordnet war. Unter dieser IP-Adresse wurden nach Ermittlungen der Klägerin am 20.12.2012 um [Uhrzeit] Uhr und um [Uhrzeit] Uhr unerlaubt Dateien des Spiels "[Name]" über ein Filesharing-Netzwerk zum Herunterladen bereitgehalten.

    Nachdem die Klägerin dieses festgestellt und den Beklagten als Inhaber des Anschlusses ermittelt hatte, wurde er mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 12.12.2012 abgemahnt. Gleichzeitig wurde er zur Abgabe einer Unterlassungserklärung aufgefordert. Diese gab er auch ab.

    Nach dem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen des Beklagten nutzten zu der Zeit, Ende 2012, außer von ihm selbst auch seine Ehefrau, seine in derselben Wohnung lebende Schwägerin, die Zeugin [Name], und deren damaliger Lebensgefährte, der Zeugen [Name], den Anschluss.

    Die Kosten für die Abmahnung beziffert die Klägerin mit 859,80 EUR. Den ihr durch das unbefugte Verbreiten des Spiels entstandenen Schaden mit 640,20 EUR.

    Diese Beträge verlangt sie mit der Klage.

    Mit Versäumnisurteil vom 21.10.2016 ist die Klage abgewiesen worden. Gegen das am 25.10.2016 zu Händen ihres Prozessbevollmächtigten zugestellte Versäumnisurteil hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 08.11.2016, der am selben Tag per FAX bei Gericht eingegangen ist, Einspruch eingelegt.

    Die Klägerin behauptet, sie sei Inhaberin sämtlicher Nutzungsrechte an dem Spiel "[Name]". Sie ist der Auffassung, der Beklagte müsse ihr sowohl die Auslagen als auch den Schaden ersetzen. Selbst wenn er selbst die Dateien nicht verbreitet habe, hafte er als Anschlussinhaber für das Verhalten möglicher anderer Nutzer. Die ihm obliegende sekundäre Darlegungslast habe er nicht erfüllt. Die vom Beklagten benannten Zeugen, insbesondere der Zeuge [Name], haben nicht das Spiel zum Download durch Dritte bereitgehalten und scheiden deshalb schon als Täter der Rechtsverletzung aus.


    Die Klägerin beantragt nunmehr,
    das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Elmshorn vom 21.10.2016 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, an sie insgesamt 1.500,00 EUR (859,80 EUR und 640,20 EUR) nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.12.2012 zu zahlen.


    Der Beklagte beantragt,
    das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Elmshorn vom 21.10.2016 aufrechtzuerhalten.

    Der Beklagte bestreitet zunächst, dass die Klägerin Inhaberin aller Nutzungsrechte an dem streitgegenständlichen Spiel sei und dass die Daten von seinem Anschluss aus Dritten zugänglich gemacht worden seien. Er bestreitet weiter, die ihm vorgeworfene Rechtsgutverletzung begangen zu haben. Er behauptet, er habe alle in Frage kommenden Nutzer seines Anschlusses befragt, alle haben ihm gegenüber bestritten, das Spiel weiter verbreitet zu haben. Schließlich bestreitet er die Höhe des geltend gemachten Schadens.

    Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Erklärungen in der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

    Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen [Name], [Name] und [Name]. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Terminsprotokoll vom 06.01.2017 verwiesen.



    Entscheidungsgründe


    A.

    Der Einspruch der Klägerin gegen das Versäumnisurteil vom 21.10.2016 ist zulässig, er ist form- und fristgerecht eingelegt worden.


    B.

    Die Klage hat keinen Erfolg, die Klägerin hat weder einen Anspruch gegen den Beklagten auf Schadenersatz gemäß § 97 Abs. 2 UrhG noch auf Ersatz der Abmahnkosten gemäß § 97a UrhG.

    Gemäß § 97 Abs. 2 UrhG ist derjenige, der vorsätzlich oder fahrlässig das Urheberrecht oder ein sonst nach dem UrhG geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, dem Rechtsinhaber zum Schadenersatz verpflichtet. Dass diese Voraussetzungen in der Person des Beklagten vorliegen, kann nicht festgestellt werden.

    Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Klägerin Inhaberin der Nutzungsrechte an dem Spiel "[Name]" ist und ob korrekt ermittelt worden ist, dass unter der IP Adresse [IP] Dateien dieses Spiels zum Download durch Dritte bereitgehalten worden sind. Ebenfalls kann offen bleiben, ob diese Adresse im Tatzeitpunkt dem Anschluss des Beklagten tatsächlich zugeordnet war.

    Das Bestehen der Ersatzpflicht setzt eine eigene schuldhafte Verletzungshandlung der in Anspruch genommenen Person voraus. Diese kann nicht festgestellt werden.

    Der Beklagte hat bestritten, selbst das streitgegenständliche Spiel zum Herunterladen durch Dritte bereitgehalten zu haben. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme kann nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden, dass der Beklagte selbst die von der Beklagten behauptete Rechtsverletzung begangen hat.

    Der Beklagte selbst hat die Rechtsverletzung bestritten. Dass er selbst den Download durchgeführt und damit gleichzeitig die Dateien Dritten zum Herunterladen zur Verfügung gestellt hat, kann nicht festgestellt werden.

    Für seine Täterschaft spricht auch keine zugunsten der Klägerin wirkende tatsächliche Vermutung. Wird über einen Internetanschluss eine Rechtsverletzung begangen, wird zunächst vermutet, dass der Anschlussinhaber auch der Verletzer ist. Diese zugunsten des Geschädigten wirkende tatsächliche Vermutung für die Täterschaft des Anschlussinhabers ist jedoch nicht begründet, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung auch andere Personen diesen Anschluss nutzen konnten. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der Anschluss bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde. Insoweit trifft den Beklagten eine sekundäre Darlegungslast. Er muss vortragen, ob und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten. (vgl. BGH, Urteil vom 11.06.2015, I ZR 75/14).

    Dieser Darlegungslast hat der Beklagte genügt. Er hat vorgetragen, dass an dem fraglichen Tag neben ihm auch seine Ehefrau, seine damals bei ihnen wohnende Schwägerin, die Zeugin [Name], sowie deren Lebensgefährte, der Zeuge [Name], Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und diesen auch genutzt haben.

    Danach war es wieder Aufgabe der Klägerin, die für eine Haftung des Beklagten als Täter der Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und zu beweisen.

    Diesen Beweis hat die Klägerin nicht führen können. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist das Gericht nicht davon überzeugt, dass die weiteren Nutzer des Internetanschlusses des Beklagten die Rechtsverletzung nicht begangen haben. Alle drei vernommenen Zeugen haben zwar ausgesagt, das streitgegenständliche Spiel nicht über eine Tauschbörse heruntergeladen zu haben. Das Gericht hat jedoch erhebliche Zweifel daran, dass diese Aussagen der Wahrheit entsprechen. Die Ehefrau des Beklagten hat ausgesagt, sie habe früher mal Tauschbörsen genutzt, zu dem fraglichen Zeitpunkt soll das jedoch nicht mehr der Fall gewesen sein. Auch die Zeugin [Name] hat Computerspiele heruntergeladen, hat allerdings ausgesagt, das streitgegenständliche Spiel nicht zu kennen. Schließlich kommt auch der Zeuge [Name] als Täter in Betracht. Auf Befragen der Klägervertreterin hat er erklärt, dass er zum fraglichen Zeitpunkt Internettauschbörsen genutzt habe. Diese Aussage ergibt sich zwar nicht vollständig aus dem Protokoll, sie ist in den handschriftlichen Aufzeichnungen des Gerichts jedoch so festgehalten worden. Der Zeuge hat zwar weiter ausgesagt, dass ihm das Spiel "[Name]" bekannt sei, dass er es aber noch nie gespielt und auch nicht heruntergeladen habe und dass es auch nicht auf seinem Rechner installiert sei und dort auch nie installiert gewesen sei.

    Die Zweifel des Gerichts gründen sich zum einen darauf, dass zwischen dem Tatzeitpunkt und der Vernehmung der Zeugen mehr als fünf Jahre vergangen sind. Möglicherweise hatten diese nach der langen Zeit keine konkrete Erinnerung mehr an den Tattag. Zum Anderen bestand für die Zeugen die Gefahr, selbst von der Klägerin in Anspruch genommen zu werden, wenn sie ausgesagt hätten, sie haben den Download des Spiels vorgenommen und damit die Dateien Dritten zur Verfügung gestellt.

    Danach kann weder mit der zu einer Verurteilung erforderlichen Sicherheit festgestellt werden, dass er Beklagte die von der Klägerin behauptete Rechtsverletzung begangen hat noch spricht eine tatsächliche Vermutung für seine Täterschaft.


    II.

    Auch die Voraussetzungen für den geltend gemachten Anspruch auf Ersatz der von der Klägerin verauslagten Abmahnkosten gemäß § 97a UrhG in der Fassung vom 07.07.2008 liegen nicht vor.

    Als Täter einer Urheberrechtsverletzung ist der Beklagte nicht zum Ersatz der Abmahnkosten verpflichtet. Wie sich aus dem Vorstehenden ergibt, steht nicht fest, dass er selbst die von der Klägerin behauptete Rechtsverletzung begangen hat.

    Aber er haftet auch nicht als Störer, denn er hat nicht in irgendeiner Weise willentlich und adäquat-kausal zu der behaupteten Rechtsverletzung beigetragen.

    Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Urteil vom 12.05.2016, I ZR 86/15) setzt die Haftung als Störer die Verletzung zumutbarer Verhaltenspflichten, insbesondere von Prüfpflichten, voraus. Ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch genommenen eine Verhinderung der Verletzungshandlung des Dritten zuzumuten ist, richtet sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung seiner Funktion und Aufgabenstellung sowie mit Blick auf die Eigenverantwortung desjenigen, der die rechtswidrige Beeinträchtigung selbst unmittelbar vorgenommen hat. Dabei hat er unter Umständen besondere Hinweis und Prüfungspflichten zu erfüllen.

    Vorliegend kommen als Täter der Rechtsverletzung neben dem Beklagten auch dessen Ehefrau sowie dessen Schwägerin und der Zeuge [Name] in Betracht. Bei diesen drei weiteren möglichen Tätern handelt es sich um volljährige Personen, die entweder mit in der Wohnung des Beklagten wohnen oder dort zu Besuch waren. Gegenüber diesen Personen bestand grundsätzlich keine Hinweis- oder Belehrungspflicht (BGH a.a.O.). Das ist regelmäßig unzumutbar. Besondere Belehrungspflichten hätten nur dann bestanden, wenn Anhaltspunkte dafür vorgelegen hätten, dass diese Personen den Anschluss des Beklagten nutzen, um dort Rechtsverletzungen zu begehen. Tatsachen für derartige Anhaltspunkte sind jedoch von keiner der Parteien vorgetragen worden noch sonst ersichtlich.

    Nach alledem war das klagabweisende Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten mit der Kostenfolge aus § 91 ZPO.

    Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Ziffer 11, 711 ZPO.



    Rechtsbehelfsbelehrung:

    Gegen die Entscheidung kann das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600,00 EUR übersteigt oder das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

    Die Berufung ist binnen einer Notfrist von einem Monat bei dem

    Landgericht Flensburg
    Theodor-Heuss-Platz 3
    25524 Itzehoe


    einzulegen.

    Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung der Entscheidung.

    Die Berufung muss mit Schriftsatz durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt eingelegt werden. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt werde.

    Die Berufung muss binnen zwei Monaten mit Anwaltsschriftsatz begründet werden. Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.



    Hinweis: elektronischer Rechtsverkehr

    Bei den folgenden Gerichten ist gemäß der Landesverordnung über den elektronischen Rechtsverkehr mit den Gerichten und Staatsanwaltschaften in Schleswig-Holstein die Möglichkeit der Einreichung elektronischer Dokumente eröffnet:

    - Landgericht Itzehoe
    - Amtsgericht Itzehoe
    - Amtsgericht Elmshorn
    - Amtsgericht Meldorf
    - Amtsgericht Pinneberg
    - Amtsgericht Neumünster
    - Amtsgericht Norderstedt

    Bei diesen Gerichten kann ein Rechtsbehelf auch in elektronischer Form eingelegt werden. In diesem Fall ist das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur im Sinne des Signaturgesetzes zu versehen. Es ist bei der elektronischen Poststelle des betreffenden Gerichts über die auf der Internetseite

    'www.justizpoststelle.schleswig-holstein.de'

    bezeichneten Kommunikationswege einzureichen. Die rechtlichen Grundlagen hierfür sowie die weiteren technischen Anforderungen sind unter der vorgenannten Internetseite abrufbar.



    [Name],
    Richterin am Amtsgericht (...)




~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


AG Elmshorn, Urteil vom 17.02.2017, Az. 53 C 52/16,
Klage .rka-Rechtsanwälte,
.rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR,
Rechtsanwalt Dr. Alexander Wachs,
Dr. Wachs Rechtsanwälte,
Klage Koch Media GmbH,
sekundäre Darlegungslast,
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