Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

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The Grinch
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10421 Beitrag von The Grinch » Sonntag 22. November 2015, 07:15

In Potsdam gibt's also keine Sippenhaftung, nach plausibler Darlegung (anders als in München)!
Geht doch.
Alles Andere wäre auch vollkommen Falsch.

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Steffen
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10422 Beitrag von Steffen » Sonntag 22. November 2015, 10:53

[quoteemThe Grinch]In Potsdam gibt's also keine Sippenhaftung, nach plausibler Darlegung (anders als in München)!
Geht doch.
Alles Andere wäre auch vollkommen falsch.[/quoteem]

Ich nehme immer noch an, das dieses deine Meinung darstellt und du nicht nahtlos den Part des @Wernimans übernommen hast oder mich gar locken willst.

Anfänglich, nur weil du oder die Forenwelt es als Sippenhaftung einschätzt, es als falsch deklarierst, oder etwas anderes bewusst (unser persönliche Arroganz + Unfähigkeit) negierst - es ist eben keine Sippenhaftung. Ausrufezeichen.

Der BGH hat innerhalb des Gesetzes, Rechtsvorschriften und seinen Erfahrungen Recht zu sprechen. Dito bei den anderen Gerichten, die sich noch zusätzlich an der Rechtsprechung des BGH orientieren müssen. Und hier gilt erst einmal durch die massenhaft tagtäglich getätigten Rechtsverletzungen über Tauschbörsen, werden die Rechte der Urheber/Verwerter verletzt und ihnen entsteht dadurch ein wirtschaftlicher Schaden "X". Dabei kennt der Jurist einen anderen Schadensbegriff, als du und ich. Hierbei geht es immer um einen Interessenausgleich, wobei die Interessen des Geschädigten immer überwiegen werden sowie um Eindämmung der massenhaft tagtäglich getätigten Rechtsverletzungen. Es wird niemand zu Filesharing gezwungen. Punkt.

Im Zivilrecht - indem befindet man sich nun einmal - gibt es bestimmte Grundsätze und Prinzipien. So ist ein Zivilverfahren ein Zweiparteienprozess. Jede Partei trägt die für ihn sprechenden Argumente und Tatsachen vor, der/die Richter entscheiden dann nach Rechtslage/Fall/Ermessen.
  • 1. Die Beweislast obliegt dem Kläger
    => Erleichterung durch die BGH-Täterschaftsvermutung
    2. Hat der Kläger in einem bestimmten Sachverhalt keine Einsicht - nur der Beklagte - hat dieser sich zur erklären (sog. sek. Darlgslst.)
    => Sonderfall Filesharing i.V.m. der BGH-Täterschaftsvermutung = der einzig ermittelbare Verantwortliche des Anschlusses - nicht der wahre Täter (Filesharer) - verantwortlich und möglich haftbar
    => es gibt zwar Gesetz und höchstrichterliche Rechtsprechung - aber unterschiedliche Anforderungen an den diversen Gerichtsstandorten bzw. innerhalb eines Gerichtsstandortes
    => die Entscheidung des Erstgerichts kann durch das Berufungsgericht aufgehoben werden
    3. Derjenige der sich auf etwas beruft, dem obliegt die Beweislast
    4. Ein einfaches Bestreiten ist nicht ausreichend.
Das ist nichts Neues. Ich erkläre es dir noch einmal anhand eines ausgedachten Beispiels.

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Das Bundesgesundheitsgericht legt in seinem Urteil "Jogging" grundsätzlich fest, das zur eigenen Gesunderhaltung gejoggt werden und man dies im Streitfall mit der Gesundheitskasse vortragen muss.

Ein Gesundheitsgericht sagt: Hierzu ist ausreichend, das der Jogger sagt, das er joggt.
Ein anderes Gesundheitsgericht sagt: Hierzu bedarf es, das der Jogger sagt, das er joggt sowie, das er und welche Joggingschuhe trug.
Wieder ein anderes Gesundheitsgericht sagt: Hierzu bedarf es - Plausibel und Detailliert - das der Jogger sagt, das er joggt, das er und welche Joggingschuhe, Jogginganzug trug, wie viele Kilometer zum Vorwurf joggte und wer es gegebenenfalls bestätigen kann.
Das ist nun einmal so und nicht nur seit BearShare! Und man muss es auch einmal klipp und klar sagen: Entweder wir kommen damit klar, oder nicht. Wer der Meinung ist, das man mit einem einfachen Bestreiten oder pauschalen Sachvortrag freigesprochen wird, der muss sein Lehrgeld dann eben begleichen. Und es haben wahrscheinlich - ohne Beweise - noch nicht genug Beklagte bei WF Tausende Euro zur Sponsoring von Gerichtsgutachten hingelegt. Das ist langsam lächelrich.

In Potsdam wurde es eben richtig gemacht. Ausrufezeichen. Und wenn dieses Urteil rechtskräftig wird, dann aber nicht weil nach dem Forengedankengut:

(...) Na .... bei meiner Schwester surft(e) lange Zeit auch der nun bald 81-jährige Opa mit, der trotz technischer Kenntnisse eigentlich nur die üblichen PC-Spielchen spielt und kaum surft. DER hatte selbstständigen Zugang - kommt aber als Täter nicht in Betracht. Andere, die den Anschluss mitnutzen ... schon. Das ist doch nicht soooooooooooo schwer. (...)

verfahren ist, sondern weil die Beklagte i.V.m. ihrem Anwalt des Vertrauens alles richtig gemacht hat. Und wenn es in Berufung gehen sollte, wird man sehen was dieses "alles richtig gemacht" Wert ist und was das Berufungsgericht letztendlich ermisst.

So ist es nun einmal. Wenn man spielen will, sollte man die Regeln beherrschen.


VG Steffen

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10423 Beitrag von Steffen » Montag 23. November 2015, 16:12

Das Amtsgericht Charlottenburg weist "Waldorf Frommer" Klage vollständig ab. Abmahnung hinsichtlich des Vorwurfes der Täter- als auch der Störerhaftung unberechtigt. Weder in der Abgabe der Unterlassungserklärung noch in der freiwilligen Zahlung i.H.v. 250,00 EUR zur Abgeltung der Zahlungsansprüche ist ein Anerkenntnis zu sehen.



16:10 Uhr

In einem von der Berliner Rechtsanwaltskanzlei Sievers & Coll. Rechtsanwälte auf Beklagtenseite geführten Rechtsstreit hat das Amtsgericht Charlottenburg eine Filesharingklage der Constantin Filmverleih GmbH, vertreten durch die Rechtsanwälte Waldorf und Frommer, mit Urteil vom 02.06.2015, Az. 206 C 119/15 abgewiesen (noch nicht rechtskräftig).


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Sievers & Coll. Rechtsanwälte

Olympische Straße 10 | 14052 Berlin
Telefon: +49 (0)30 / 323 015 90 | Telefax: +49 (0)30 / 323 015 911
E-Mail: mail@recht-hat.de | Internet: www.recht-hat.de


Bericht:
www.recht-hat.de


Urteil als PDF-Download:
AG Charlottenburg, Urteil vom 02.06.2015, Az.: 206 C 119/15


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~




AG Charlottenburg, Urteil vom 02.06.2015, Az.: 206 C 119/15


  • (...) hat das Amtsgericht Charlottenburg, Zivilprozessabte206, auf die mündliche Verhandlung vom 28.04.2015 durch die Richterin am Amtsgericht [Name] für Recht erkannt:
    • 1. Die Klage wird abgewiesen.
      2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
      3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.


    Tatbestand

    Die Klägerin ist Inhaberin der ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrechte an dem Film "[Name]".

    Am xx.04.2011 um 11:xx:xx Uhr und am selben Tag um 11:xx:xx Uhr wurde der Film ohne Erlaubnis der Klägerin von der IP-Adresse xxx.xxx.xxx.xxx aus auf einer Internet-Tauschbörse zum Download angeboten. Dies wurde durch Recherchen einer von der Klägerin beauftragten Firma festgestellt.

    Die Klägerin führte ein Auskunftsverfahren in Bezug auf die genannte IP-Adresse durch. Ihr wurde von dem Provider die Auskunft erteilt, dass die genannte IP-Adresse zu den oben angegebenen Zeitpunkten dem Anschluss der Beklagten zugeordnet gewesen sei.

    Mit anwaltlichem Schreiben der jetzigen Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 11.05.2011 (BI. 49 ff d.A.) wurde die Beklagte im Auftrag der Klägerin wegen Anbietens des streitgegenständlichen Films abgemahnt sowie zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 450,00 EUR und zum Ersatz von Anwaltskosten in Höhe von 506,00 EUR aufgefordert. Die Beklagte gab daraufhin ohne Anerkennung einer Rechtspflicht eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab und zahlte zur Abgeltung aller Forderungen ohne Anerkennung einer Rechtspflicht 250,00 EUR an die Klägerin.


    Die Klägerin behauptet:

    Der Beklagte habe den Film wie zutreffend ermittelt zum Download angeboten.

    Die Klägerin ist der Ansicht, ihr stehe eine fiktive Lizenzgebühr in Höhe von mindestens 600,00 EUR zu, ferner Rechtsanwaltskosten für die Abmahnung nach einem Gegenstandswert in Höhe von 10.000,00 EUR (1,0 Geschäftsgebühr, 20,00 EUR Auslagenpauschale).



    Die Klägerin beantragt,

    die Beklagtenseite zu verurteilen, an die Klägerseite einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 600,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 16.05.2014 sowie 506,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 16.05.2014 zu zahlen.




    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.



    Die Beklagte behauptet:

    Sie habe die Urheberrechtsverletzung nicht begangen. Sie habe zum angegebenen Tatzeitpunkt im gemeinsamen Haushalt mit ihrem Ehemann, Herrn [Name] (geb. 1955) sowie ihren beiden gemeinsamen Kindern, Herrn [Name] (geb. 1983) und Frau [Name] (geb. 1978) gelebt. Alle Familienmitglieder hätten die Möglichkeit gehabt, das Internet zu nutzen, da ihnen das WLAN-Passwort bekannt gewesen sei. Auch zu den streitgegenständlichen Tatzeitpunkten hätten alle Familienmitglieder das Internet nutzen können. Sie selbst sei Jahrgang 1956 und habe selbst noch nie ein Peer-to-Peer-Netzwerk genutzt. Ihr sei der streitgegenständliche Film vor der Abmahnung unbekannt gewesen, ebenso wie die in der Abmahnung angegebenen Tauschbörsensoftware. Sie habe nach Erhalt der Mahnung den Vorwurf mit allen Familienmitgliedern besprochen, wobei keiner zugegeben habe, die Rechtsverletzung begangen zu haben.

    Der WLAN-Router sei mit einem individuellen Passwort abgesichert und mit der Verschlüsselungsmethode WPA2 gesichert gewesen.

    Die Beklagte beruft sich ferner auf Verjährung.

    Die Klägerin bestreitet den Vortrag der Beklagten mit Nichtwissen und ist der Auffassung, diese müsse den für sie günstigen Vortrag beweisen.
    Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird ergänzend auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.



    Entscheidungsgründe

    Die zulässige Klage ist unbegründet.


    I.

    Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte gemäß §§ 97 Abs 2 UrhG auf Schadensersatz wegen unerlaubten Anbietens des Films "[Name]" auf einer Internet-Tauschbörse.

    Der streitgegenständliche Film ist ein gemäß §§ 2, 69 a UrhG urheberrechtlich geschütztes Werk. Die Klägerin ist unstreitig Inhaberin der ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrechte an dem Film. Dieser ist gemäß § 19 a UrhG öffentlich zugänglich gemacht worden, indem er für eine unbekannte Vielzahl von Nutzern zum Download angeboten worden ist. Dies geschah auch unstreitig von dem Internetanschluss der Beklagten aus.

    Jedoch scheidet eine täterschaftliche Haftung der Beklagten aus anderen Gründen aus.

    Wird ein urheberrechtlich geschütztes Werk der Öffentlichkeit von einer IP-Adresse aus zugänglich gemacht, die zum fraglichen Zeitpunkt einer bestimmten Person zugeordnet ist, so spricht zunächst zwar eine tatsächliche Vermutung dafür, dass diese Person für die Rechtsverletzung verantwortlich ist. Daraus ergibt sich eine sekundäre Darlegungslast des Anschlussinhabers, der geltend macht, eine andere Person habe die Rechtsverletzung begangen (BGH NJVV 2010, 2061 Tz. 12 - Sommer unseres Lebens). Der Anschlussinhaber muss seine Verantwortlichkeit deshalb im Rahmen des ihm Zumutbaren substantiiert bestreiten sowie Tatsachen darlegen, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines abweichenden Geschehensablaufs ergibt. Die tatsächliche Vermutung ist entkräftet, wenn die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass allein ein Dritter und nicht auch der Anschlussinhaber den Internetzugang für die behauptete Rechtsverletzung genutzt hat (BGH, Urteil vom 15.11.2012 - I ZR 74/12, Rn. 34 - Morpheus, zitiert nach juris).

    Der Anschlussinhaber ist jedoch prozessual nicht gehalten, die im Rahmen der sekundären Darlegungslast vorgebrachten Tatsachen auch zu beweisen, um die tatsächliche Vermutung dafür, dass er für die Rechtsverletzung verantwortlich ist, zu entkräften (vgl. LG München, Urteil vom 22.03.2013 - 21 S 28809111, zitiert nach juris). Eine Umkehr der Beweislast ist mit der sekundären Darlegungslast ebenso wenig verbunden wie eine über die prozessuale Wahrheitspflicht hinausgehende Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Kläger alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen (LG München a.a.O.; OLG Köln MMR 2012, 549, 550).

    Dem Anschlussinhaber obliegt nicht der Beweis des Gegenteils in dem Sinne, dass er sich bei jeder über seinen Internetzugang begangenen Rechtsverletzung vom Vorwurf der täterschaftlichen Begehung entlasten oder exkulpieren müsste. Die tatsächliche Vermutung der Verantwortlichkeit beruht nämlich nicht auf einer gesetzlichen Wertung, sondern auf der Annahme eines der Lebenserfahrung entsprechenden Geschehensablaufs, wonach in erster Linie der Anschlussinhaber seinen Internetanschluss nutzt, jedenfalls über die Art und Weise der Nutzung bestimmt und diese mit Tatherrschaft bewusst kontrolliert. Diese Annahme wird erschüttert und die Vermutungsgrundlage beseitigt, wenn Umstände feststehen, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs ergibt (OLG Köln MMR 2012, 549, 550; OLG München, Urteil vom 01.10.2012 - 6 W 1705/12, zitiert nach juris). Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast dadurch, dass er vorträgt, ob und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen (BGH, Urteil vom 08.01.2014, I-ZR 169/12 - BearShare). In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen verpflichtet (BGH, a.a.O.).

    Ihrer sekundären Darlegungslast ist die Beklagte dadurch nachgekommen, dass sie vorgetragen hat, sie selbst habe die Rechtsverletzung nicht begangen; vielmehr bestehe die Möglichkeit, dass diese von ihrem mit im Haushalt lebenden Ehemann, Herrn [Name] (geb. 1955) oder einem der beiden volljährigen Kinder, Herrn [Name] (geb. 1983) oder Frau [Name] (geb. 1978) begangen worden sei; alle Familienmitglieder hätten die Möglichkeit gehabt, das Internet zu nutzen, da ihnen das WLAN-Passwort bekannt gewesen sei, so auch im streitgegenständlichen Zeitraum; sie habe nach Erhalt der Mahnung den Vorwurf mit allen Familienmitgliedern besprochen, wobei keiner zugegeben habe, die Rechtsverletzung begangen zu haben.

    Damit hat die Beklagte Tatsachen vorgetragen, aus denen sich zumindest die ernsthafte Möglichkeit ergibt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht von ihr, sondern allein von einem Dritten begangen worden ist. Die Beklagte ist auch ihrer Nachforschungspflicht nachgekommen. Denn sie hat konkret mitgeteilt, wer außer ihr im streitgegenständlichen Zeitraum Zugang zu dem Internetanschluss hatte und wer aufgrund seines Nutzungsverhaltens als Täter in Betracht kommt. Sie hat ferner vorgetragen, die Personen, die eine Zugriffsmöglichkeit auf seinen Internetanschluss hatten, zu der Rechtsverletzung befragt zu haben. Eine darüber hinausgehende Nachforschungspflicht bestand nicht.

    Unter diesen Umständen ist es wiederum Sache der Klägerin als Anspruchstellerin, die für eine Haftung der Beklagten als Täterin oder Teilnehmerin einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen (vgl. BGH, GRUR 2013, 511 ff - Morpheus -).

    Solche Umstände hat die Klägerin nicht dargetan. Insoweit reicht es nicht, mit Nichtwissen zu bestreiten, dass die Familienmitglieder in dem streitgegenständlichen Zeitpunkt mit ihr in einer Wohnung lebten und Zugriff auf den Internetanschluss hatten. Soweit sie zugleich behauptet, die Familienangehörigen hätten im Zeitpunkt der Verletzungshandlung keine Möglichkeit des Zugriffs auf den Internetanschluss des Beklagten gehabt, handelt es sich ersichtlich um eine Behauptung ins Blaue hinein. Die Klägerin kann nicht wissen, wer in dem Haushalt Zugriff auf den Internetanschluss hatte. Eine darauf gerichtete Beweiserhebung würde der Ausforschung dienen und ist daher nicht zulässig.

    Weder in der Abgabe der Unterlassungserklärung noch in der Zahlung von 250,00 EUR zur Abgeltung der Zahlungsansprüche ist ein Anerkenntnis zu sehen. Denn beides geschah ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und sollte erkennbar nur der Beilegung des Streites und der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen.


    II.

    Die Klägerin hat gegen die Beklagte aber auch keinen Anspruch auf Erstattung der Rechtsanwaltskosten als erforderliche Aufwendungen im Sinne von § 97 a Abs. 1 Satz 2 UrhG.

    Die Abmahnung war nicht berechtigt.

    Eine täterschaftliche Haftung scheidet - wie unter Ziff. I. ausgeführt - aus.

    Aber auch eine Störerhaftung kommt nicht in Betracht.

    Als Störer kann bei Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer - ohne Täter oder Teilnehmer zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechts beiträgt. Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die nicht selbst die rechtswidrige Beeinträchtigung vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers die Verletzung von Prüfpflichten voraus, deren Umfang sich danach bestimmt, ob und in wieweit dem als Störer in Anspruch genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (BGH, a.a.O.).

    Die Beklagte treffen jedoch weder Belehrungs-, noch anlasslose Prüf- oder Kontrollpflichten in Bezug auf ihren Ehemann und die volljährigen Kinder.

    Ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen eine Verhinderung der Verletzungshandlung des Dritten zuzumuten ist, richtet sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung seiner Funktion und Aufgabenstellung sowie mit Blick auf die Eigenverantwortung desjenigen, der die rechtswidrige Beeinträchtigung selbst unmittelbar vorgenommen hat (BGH, a.a.O.). Danach ist bei der Überlassung eines Internetanschlusses an volljährige Familienangehörige zu berücksichtigen, dass zum einen die Überlassung durch den Anschlussinhaber auf familiärer Verbundenheit beruht, und zum anderen Volljährige für ihre Handlungen selbst verantwortlich sind. Mit Blick auf das besondere Vertrauensverhältnis zwischen Familienangehörigen und die Eigenverantwortlichkeit von Volljährigen darf der Anschlussinhaber einem volljährigen Familienangehörigen seinen Internetanschluss überlassen, ohne diesen belehren oder überwachen zu müssen; erst wenn der Anschlussinhaber - etwa aufgrund einer Abmahnung - konkreten Anlass für die Befürchtung haben muss, dass der volljährige Familienangehörige den Internetanschluss für Rechtsverletzungen missbraucht, hat er die zur Verhinderung von Rechtsverletzungen erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen (BGH, a.a.O.).

    Dass die Beklagte bereits früher abgemahnt wurde oder sonst Anlass hatte, einen Missbrauch des Internetanschlusses durch ihn zu befürchten, hat die Klägerin nicht vorgetragen und ist auch nicht ersichtlich.

    Soweit die Klägerin in Abrede stellt, dass der WLAN-Anschluss ausreichend gesichert war, kommt es hierauf nicht an. Denn im Hinblick darauf, dass die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass eines der Familienmitglieder die Urheberrechtsverletzung begangen hat, steht nicht fest, dass eine etwaige unzureichende Sicherung für die Rechtsverletzung ursächlich geworden ist. Dass der Anschluss von Dritten missbraucht wurde, wird auch von keiner Seite behauptet.

    Die Abmahnung war daher sowohl hinsichtlich des Vorwurfes der Täter- als auch der Störerhaftung unberechtigt, so dass ein Anspruch auf Ersatz der erforderlichen Aufwendungen ausscheidet. (...)

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~





AG Charlottenburg, Urteil vom 02.06.2015, Az.: 206 C 119/15

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10424 Beitrag von The Grinch » Dienstag 24. November 2015, 05:27

Ich übernehme niemandes Meinung,
bin schließlich nicht so ein PEGIDA-/Neonazi-Vollpfosten!

Der BGH sagt ja "Täterschaftsvermutung", aber auch gleichzeitig das niemand in einer Lebensgemeinschaft
seinen Nächsten Denunzieren muss - nicht mal eine Verpflichtung zur Nachforschung besteht!
Nur die Richter in München sehen das anders, da muss der Lauscher an der Wand seine eigene Schand hören.

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10425 Beitrag von Steffen » Dienstag 24. November 2015, 15:55

[quoteemThe Grinch]Der BGH sagt ja "Täterschaftsvermutung", aber auch gleichzeitig das niemand in einer Lebensgemeinschaft seinen Nächsten Denunzieren muss - nicht mal eine Verpflichtung zur Nachforschung besteht!

Nur die Richter in München sehen das anders, da muss der Lauscher an der Wand seine eigne Schand' hören.[/quoteem]


Hallo @The Grinch,

Der BGH sagt (seit "Sommer unseres Lebens"): im Grundsatz gilt eine Täterschaftsvermutung!
  • => tatsächliche Vermutung, das der Verstoß über den Anschluss ausging + der AI dafür verantwortlich
    => aber nur, wenn keine andere weiteren Personen den Anschluss mitnutzen
Wenn aber ("BearShare") andere Personen
  • a) den Anschluss mitbenutzen bzw. diesen zur Nutzung überlassen wurde
    und
    b) als mögliche Täter in Betracht kommen
    dann besteht diese Täterschaftsvermutung nicht.
In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen verpflichtet.

Zu den genauen Anforderungen an diese Nachforschungs- bzw. Recherchepflicht gibt der BGH keine detaillierte Antwort. Das bedeutet, diese Grundsatzentscheidung muss in der Praxis "reifen".

Und hier kann und wird es eben
  • a) zwischen Gerichtsstandort <-> Gerichtsstandort
    b) innerhalb eines Gerichtsstandortes: AG <-> LG <-> OLG
zu unterschiedlich hohen bzw. niedrigen Anforderungen kommen, die richterlich gestellte werden.

Dies war so, ist so und wird so immer sein. Dies ist nicht Neues. Wer sich aber einmal die Urteile aus dem Süden DE genauer anschaut, der wird bemerken, das seitens der Beklagtenseite viel gemurkst wurde.



LG München I, Protokoll vom 30.09.2015, Az. 21 S 21719/14

Ein AI wird am AG München verklagt. Aus dem Bericht von RAin Claudia Lucka ist herauslesbar, das dessen Verteidigungsstrategie in einigen Punkten lautete:
1. Bestreiten Beweiskette (Logfirma, IP-Ermitllung usw.) = Richtergutachten
2. Benennen eines Mitnutzers und dessen generellen Nutzungsmöglichkeit des Internetzugangs

Beklagter sagt: reicht aus
Kläger sagt: reicht nicht aus
Amtsrichter sagt: stimmt, reicht nicht aus


Der beklagte AI ist aber mit dieser Entscheidung nicht einverstanden und schöpft seine Rechtsmittel aus, das heißt, er legt Berufung ein.

Berufungskläger (AI): Das AG hatte unrecht, das Urteil ist aufzuheben
Berufungsbeklagter (WF): das AG hatte recht, die Berufung ist abzuweisen
Berufungsrichter: Das AG hatte recht, es wird dringend angeraten die Berufung zurückzuziehen, einmal da diese keine Aussicht auf Erfolg hat, anderseits Betreff möglicher Kosten

Jeder sollte mittlerweile wissen, das im Bereich des Südens man Wert auf Plausibilität und Detailliertheit des Sachvortrags zur sek. Darlegungslast des Beklagten legt + das man - ohne etwas handfestes - kein Richtergutachten zustimmt. Und wer trotzdem dies macht ... der muss dann aber sein Lehrgeld zahlen. Es ist immer leichter nach Sippenhaft, Rechtsbeugung usw. zu schreien, als einmal die eigenen Defizite zu analysieren.

Und wenn es nicht so ist, was wollen wir dann machen. Forenempfehlung: Beklagte die im Süden verklagt werden - erkennt sofort an!? Das wäre lächerlich!

VG Steffen

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10426 Beitrag von Steffen » Dienstag 24. November 2015, 16:39

Das Amtsgericht Bremen-Blumenthal weist eine unbegründete "c-Law GbR" Klage ab. Der Beklagte, seine Ehefrau, und der "Fischfütterer" können weder als Täter noch als Störer für die angebliche Urheberrechtsverletzung verantwortlich gemacht werden.


16:40 Uhr



Das Amtsgericht Bremen-Blumenthal hat in einem Verfahren, in dem die Bremer Kanzlei "Häger & Birk" den Beklagten vertreten haben, die Klage als unbegründet abgewiesen. Die Klägerin, gerichtlich vertreten durch die C-Law GbR, hatte behauptet, der Beklagte habe über seinen Internetanschluss ein Filmwerk der Klägerin im Rahmen von P2P-Tauschbörsen zum Download durch Dritte angeboten. Dieser Vorwurf war zunächst in Form einer urheberrechtlichen Abmahnung der Hamburger Kanzlei Schulenberg & Schenk vorgehalten worden. Diese Abmahnung war verbunden mit der Forderung nach Unterzeichnung einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung sowie der Zahlung von insgesamt 850,00 EUR Schadenersatz und Anwaltskosten. Der Mandant, sich keiner Schuld bewusst, beauftragte die Kanzlei "Häger & Birk" mit seiner Vertretung. Vorsorglich wurde sodann eine modifizierte Unterlassungserklärung abgegeben. Die Zahlung der Geldforderungen wurde allerdings kategorisch abgelehnt. Daraufhin kam es zur Klageerhebung.

Das hier zuständige Amtsgericht hat die Rechtsauffassung der Beklagtenseite nun bestätigt. Er kann weder als Täter noch als Störer für die angebliche Urheberrechtsverletzung verantwortlich gemacht werden. Das Gericht im Bremer Norden begründet sein Urteil dabei anhand der vom BGH in den "Morpheus"- und "BearShare"-Entscheidungen aufgestellten Grundsätze.


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Kanzlei Häger & Birk

Rotdornallee 1a | 28717 Bremen
T 0421 63 95 10 0 | T 0421 63 97 82 0 | F 0421 63 95 10 1
E-Mail: ra@anwaltskanzlei-birk.de | Web: anwalt-nord.de



Bericht:

Bild

Rechtsanwalt Christoph Birk


Quelle:
anwalt-nord.de/news

Urteil als PDF-Download:
AG Bremen-Blumenthal, Urteil vom 22.10.2015, Az. 43 C 484/15


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Amtsgericht Bremen-Blumenthal, Urteil vom 22.10.2015, Az. 43 C 484/15

  • (...) hat das Amtsgericht Bremen-Blumenthal auf die mündliche Verhandlung vom 02.10.2015 durch die Richterin [Name] für Recht erkannt:
    • 1. Die Klage wird abgewiesen.
      2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
      3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch den Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der jeweiligen Vollstreckung Sicherheit leistet in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.


    Tatbestand

    Die Parteien streiten um Ansprüche auf Grund einer behaupteten Urheberrechtsverletzung.

    Der Beklagte ist Inhaber eines Internetanschlusses in einer Wohnung in der Straße [Anschrift]. Auf den Anschluss hat ein Bekannter Zugriff, der hin und wieder die Fische in der Wohnung füttert, allerdings die in Streit stehende Urheberrechtsverletzung nicht begangen hat.

    Die Klägerin behauptet, sie sei zum Zeitpunkt der behaupteten Rechtsverletzung am 03.02.2014 Urheberin des Filmwerkes "[Name]" gewesen, das online und als DVD zu einem Verkaufspreis von 8,99 EUR vertrieben worden sei. Der Beklagte habe dieses Filmwerk am xx.02.2014 um 15:xx:xx Uhr ohne Erlaubnis zum Download auf der Tauschbörse "Vuze 5.2.0.0" angeboten. Hierfür habe der Kläger gern. § 97 Abs. 2 und § 97 a Abs. 1 UrhG Schadensersatz in Form einer fiktiven Lizenzgebühr sowie entstandener Anwaltskosten zu zahlen. Für die Passivlegitimation des Beklagten als Störer bzw. Schädiger streite der Anscheinsbeweis der ermittelten und ihm zurechenbaren IP-Adresse, über die die schädigende Handlung begangen worden sei.



    Die Klägerin beantragt,

    • 1. den Beklagten zu verurteilen, an sie einen Schadensersatzbetrag in Höhe von 635,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
      2. den Beklagten zu verurteilen, an sie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 215,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.




    Der Beklagte beantragt,

    • die Klage abzuweisen.



    Der Beklagte bringt vor, er habe die vorgeworfene und bestrittene Urheberrechtsverletzung weder begangen noch zu verantworten. Sein WLAN-Netz habe er per WPA 2 mit einem persönlichen Kennwort verschlüsselt. Auf dem Rechner sei die Windows Firewall samt automatischer Update Funktion aktiviert. Er habe seinen Rechner auf Dateien oder Dateibruchstücke, die auf das Vorhandensein des streitgegenständlichen Filmwerkes oder einer Filesharing Software hindeuten könnten, erfolglos durchsucht. Er selbst habe zu dem von der Klägerin angeführten Zeitpunkt das Internet nicht benutzt. Seine Ehefrau könne ebenfalls auf den Internetzugange zurückgreifen, habe ihm aber versichert, die vorgeworfene Rechtsgutverletzung nicht begangen zu haben, was er aber naturgemäß auch nicht ausschließen könne.


    Wegen des weiteren Parteivorbringens wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Klägerin vom 13.03.2015 (BI. 9 f.), 26.05.2015 (BI. 67 f.) und 31.07.2015 (BI. 111 f.) sowie des Beklagten vom 27.04.2015 (BI. 41 f.), 30.07.2015 (BI. 109 f.), 30.07.2015 (BI. 157 f.) und 30.07.2015 (BI. 165) - jeweils nebst Anlagen.

    Das Gericht hat Beweis erhoben durch die Vernehmung der Zeugin [Name] und des Beklagten als Partei. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf die Sitzungsniederschrift zur mündlichen Verhandlung vom 02.10.2015 (BI. 159 f.).



    Entscheidungsgründe

    Die zulässige Klage ist unbegründet.

    Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt, insbesondere nicht aus § 97 Abs. 2, § 97 a Abs. 1 S. 2 a.F. bzw. § 97 a Abs. 3 S. 1 n.F. UrhG und § 823 BGB zu.

    Das Gericht konnte weder zu seiner Überzeugung feststellen, dass der Beklagte als Täter eine Urheberrechtsverletzung begangen oder an ihr teilgenommen hat (I.) noch, dass er als Störer eine Urheberrechtsverletzung zu verantworten hat (II.), so dass die Klägerin weder nach §§ 97, 97 a UrhG noch nach §§ 823 Abs. 1, 1004 analog BGB zur Abmahnung berechtigt gewesen ist und der Beklagte nach diesen Vorschriften auch keinen Schadensersatz zu leisten hat.


    I.

    Eine Verletzung des behaupteten Urheberrechts der Klägerin durch den Beklagten als Täter oder Teilnehmer ist nicht erwiesen, was zu Lasten der insoweit beweisbelasteten Klägerin geht.


    1.

    Die Klägerin trägt als Anspruchstellerin die Darlegungs- und Beweislast für die anspruchsbegründenden Tatsachen, so insbesondere auch für die Zurechenbarkeit der Urheberrechtsverletzung für den jeweiligen Anspruchsgegner. Für die Täterschaft des Anschlussinhabers spricht grundsätzlich eine tatsächliche Vermutung, die allerdings dann nicht gilt wenn - wie hier - der Internetanschluss zum Zeitpunkt der behaupteten Rechtsverletzung auch von anderen Personen benutzt werden konnte (BGH NJW 2010, 2061 ("Sommer unseres Lebens"); NJW 2013, 1441 ("Morpheus")). Nach höchstgerichtlicher Rechtsprechung trifft den Anschlussinhaber in diesen Fällen allerdings eine sekundäre Darlegungslast, der er dadurch genügt, dass er vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen (BGH NJW 2014, 2360 ("BearShare")).

    Seiner Darlegungslast hat der Beklagte genügt, indem er vorgetragen hat, dass seine Ehefrau und ein Bekannter, der in seiner Abwesenheit die Fische füttere, selbstständigen Zugang zu der Wohnung mit dem streitbefangenen Internetanschluss gehabt hätten.

    Diesem Vorbringen steht nicht entgegen, dass seine Ehefrau auf Nachfrage des Beklagten bestritten haben soll, eine Urheberrechtsverletzung begangen zu haben und auch auf dem Rechner weder der angeblich heruntergeladene Film noch Software zum Filesharing gefunden worden seien, weil der Beklagte prozessual vorrangig bereits die Urheberrechtsverletzung über seinen Internetanschluss als solche bestritten und sich zu der Verursachung der behaupteten Rechtsverletzung prozessual zulässig lediglich hilfsweise erklärt hat. Dass seine Frau den Film nicht heruntergeladen hat, könnte der Beklagte aus eigener Wahrnehmung auch nicht behaupten, weil dies voraussetzen würde, dass er ihre Internetnutzung lückenlos überwacht hätte. Konkretere Angaben zur möglicherweise schädigenden Person musste und konnte der Beklagte hiernach nicht machen. Die sekundäre Darlegungslast geht nicht so weit, dass er durch eigene Nachforschungen aufklären müsste, wer Täter der behaupteten Rechtsverletzung ist. Erst recht muss sich der Beklagte nicht entlasten oder exkulpieren (AG Hannover, Urt. v. 02.04.2014 - 539 C 827/14 unter Verweis auf OLG Köln, MMR 2012, 549).


    2.

    Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ließ sich auch nicht zur Überzeugung des Gerichts feststellen, dass der Beklagte als Täter oder Teilnehmer die behauptete Urheberrechtsverletzung begangen hat.
    Die Zeugin [Name] hat zunächst bestätigt, im fraglichen Zeitraum Zugriff auf den Internetanschluss in der Wohnung [Anschrift] gehabt zu haben, so dass der Beweis der Klägerin für die alleinige Benutzung des Anschlusses durch den Beklagten unergiebig geblieben ist. Auch den Beweis für die Täterschaft des Beklagten hat die Klägerin durch den angebotenen Beweis der Zeugen- und Parteivernehmung nicht geführt, weil sowohl die Zeugin [Name] als auch der Beklagte als Partei jeweils bekundet haben, die behauptete Urheberrechtsverletzung nicht begangen und eine Filesharing-Software weder installiert noch genutzt zu haben. Ob einer der beiden vernommenen Personen unwahr bekundet hat oder tatsächlich keine dieser beiden Personen die Urheberrechtsverletzung begangen hat, ließ sie für das Gericht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht feststellen. Ohne, dass es darauf ankommt, weil der Beweis der Klägerin für ihre Tatsachenbehauptungen schon nicht ergiebig gewesen ist, geht das Gericht allerdings davon aus, dass tatsächlich weder die Zeugin noch der Beklagte die in Streit stehende Urheberrechtsverletzung begangen haben. Dies folgert das Gericht daraus, dass beide zeugnisverweigerungsberechtigten Personen ausgesagt haben und insbesondere der Beklagte als Partei sich umfassend zu seinem Internetanschluss geäußert hat. Dabei hat er gefragt und ungefragt auch Umstände offen gelegt, die für ihn potenziell nachteilig sein könnten, wie den bisher nicht bekannten Zugriff eines nicht anverwandten Bekannten auf den Internetzugang. Eine so freimütige und umfassende Bekundung ohne erkennbare Widersprüche oder Unsicherheiten in der Aussage ist nach Erfahrung des Gerichts nur von Personen zu erwarten, die sich keinen Rechtsverstoß anlasten. Zweifel daran, dass überhaupt über den Anschluss des Beklagten eine Urheberrechtsverletzung begangen worden ist, bestehen auch deswegen, weil sowohl der Beklagte als auch die Zeugin von erheblichen Problemen berichtet haben, in der fraglichen Zeit über den damaligen Anbieter überhaupt eine stabile Internetverbindung herzustellen. Einen ganzen Film herunterzuladen und zu teilen setzt indes gerichtsbekannt einen für längere Zeit stabilen, bestenfalls schnellen Zugang zum Internet voraus.

    Der Bekannte des Beklagten, der in der Wohnung [Anschrift] gelegentlich die Fische füttert, hat die behauptete Rechtsgutverletzung unstreitig nicht begangen.

    Die formale Stellung des Beklagten als Anschlussinhaber macht bei mehreren Anschlussnutzern eine Tatbegehung durch ihn selbst nicht per se wahrscheinlicher als eine Tatbegehung durch einen anderen Anschlussnutzer.


    II.

    Der Beklagte haftet auch. nicht gem. §§ 823, 1004 analog BGB als Störer für die behauptete Urheberrechtsverletzung.

    Als Störer kann bei der Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer - ohne Täter oder Teilnehmer zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechts beiträgt. Dabei kann als Beitrag auch die Unterstützung oder Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten genügen, sofern der in Anspruch Genommene die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte. Die Haftung als Störer setzt allerdings die Verletzung zumutbarer Verhaltenspflichten, insbesondere von Prüfungspflichten voraus. Ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen eine Verhinderung der Verletzungshandlung des Dritten zuzumuten ist, richtet sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung seiner Funktion und Aufgabenstellung sowie mit Blick auf die Eigenverantwortung desjenigen, der die rechtswidrige Beeinträchtigung unmittelbar vorgenommen hat (BGH NJW 2014, 2360 ("BearShare") m.w.N.).

    Unabhängig von der vorliegend streitigen Frage, ob über den Internetanschluss des Beklagten überhaupt eine Urheberrechtsverletzung begangen worden ist, oblagen dem Beklagten auf Grund des Vorhaltens der Internetverbindung keine Prüfungs- oder Überwachungspflichten, die er nachweislich verletzt hat und ihn deswegen als Störer verantwortlich machen würden.

    Insbesondere ergeben sich keine nachweisbaren Anhaltspunkte für frühere Urheberrechtsverletzungen der Anschlussnutzenden Personen, so dass der Beklagte diese nicht über die Rechtswidrigkeit des Filesharings belehren musste (vgl. BGH, a.a.O., "BearShare).

    Auch aus der Frage, ob der Beklagte möglicherweise Kontroll- und Prüfpflichten dadurch verletzt hat, dass er für die Nutzung des Internetanschlusses den werksvoreingestellten Netzwerkschlüssel weiterverwandt hat, lässt sich eine Störerhaftung des Beklagten nicht positiv feststellen. Zum einen sind gerichtsbekannt über den Anbieter [Name] versandte Router in der Regel mit einem individuell voreingestellten Netzwerkschlüssel versehen. Zum anderen kommt es auf die Frage, ob Prüf- oder Einrichtungspflichten verletzt worden sind, erst an, wenn eine kausale Handlung oder ein kausales Unterlassen des Anspruchsinhabers für die behauptete Rechtsgutverletzung feststeht (vgl. AG Hamburg, Urt. v. 06.11.2014 - 31 C 208/13 unter Verweis auf LG Hamburg, Beschl. v. 09.09.2014 - 310 S 11/14). Dies ist hier nicht der Fall. Vorliegend hat die Klägerin die Täterschaft des Beklagten behauptet und nicht die Täterschaft eines unbekannten Dritten, der unter Ausnutzung eines ungesicherten Netzwerkes die behauptete Rechtsgutverletzung begangen hat. Eine in Betracht kommende Täterschaft eines unbekannten Dritten wäre überdies von der Klägerin darzulegen und zu beweisen gewesen (vgl. LG Hamburg, a.a.O.).

    Der Bekannte, der die Fische füttert, hat die behauptete Urheberrechtsverletzung unstreitig nicht begangen, so dass dahinstehen kann, ob der Beklagte ihm gegenüber zu Absicherung des Netzwerkes oder zur Kontrolle und zum Hinweis auf die Rechtswidrigkeit des Filesharings verpflichtet gewesen wäre. Eine potenzielle Pflichtverletzung wäre nicht kausal geworden für die in Streit stehende Urheberrechtsverletzung.


    III.

    Weil die Klägerin gegen den Beklagten in der Hauptsache keine Ansprüche hat, bestehen unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Ansprüche auf Zinsen.


    IV.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. (...)

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~




AG Bremen-Blumenthal, Urteil vom 22.10.2015, Az. 43 C 484/15

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#10427 Beitrag von Steffen » Dienstag 24. November 2015, 17:13

OLG Frankfurt am Main:
Streitwert i.H.v. 20.000,00 EUR
für Filesharing von Filmwerken



17:15 Uhr


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Hamburg/ Frankfurt, 23.11.2015 (eig.). Der Streitwert für das Teilen und Verbreiten von Filmwerken in Filesharing-Netzwerken beträgt mindestens 20.000,00 EUR. Dies hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main in einem gerade ergangenen Beschluss entschieden (Beschl. v. 16.11.2015, Az. 11 W 41/15).

Nach Abschluss des Verfahrens wehrte sich die unterlegene Beklagte - erfolglos - gegen die Festsetzung des Gegenstandswertes durch das Landgericht Frankfurt in der ersten Instanz. Der Gegenstandswert ist maßgeblich für die auf dieser Grundlage zu berechnenden Anwalts- und Gerichtsgebühren. Das Oberlandesgericht bestätigte den Streitwertansatz des Landgerichts: Die vom Gericht angesetzten (niedrigeren) Werte für das Filesharing von Musiktiteln seien auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar.

Denn "die streitgegenständlichen Zurverfügungstellung eines mit Produktionskosten von rund 20.000.000,00 EUR hergestellten Films unter Einsatz weltweit bekannter Schauspieler begründet ein weit höher zu bewertendes Interesse der Klägerin an der beantragten Unterlassung. Dieses wird neben der dargestellten höheren Wertigkeit des verletzten Schutzgutes zudem maßgeblich durch einen erhöhten Angriffsfaktor der Beklagten mitbestimmt.", so die Frankfurter Richter.

Die Klägerin hatte u.a. geltend gemacht, dass die Beklagte in den vergangenen Jahren bereits wegen einer Mehrzahl unabhängiger weiterer Vorgänge auf Unterlassung in Anspruch genommen worden war.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Quelle: rka-law.de
Link: http://rka-law.de/filesharing/olg-frank ... ilmwerken/


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OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 16.11.2015, Az. 11 W 41/15

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#10428 Beitrag von Steffen » Mittwoch 25. November 2015, 15:31

Rasch Rechtsanwälte:
Filesharing - Sonderweg in Rheinland-Pfalz



15:30 Uhr

Die Kanzlei Rasch Rechtsanwälte veröffentlichte Gestern einen interessanten Artikel zur sogenannten "Reseller-Problematik".


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Rasch Rechtsanwälte

An der Alster 6 | 20099 Hamburg
Fon 040 244 297-0 | Fax 040 244 297-20
Mail kanzlei@raschlegal.de | Internet www.raschlegal.de



Autorin: Rechtsanwältin Anja Heller
Quelle: www.raschlegal.de/news


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Gerichte in Rheinland-Pfalz machen aktuell mit einem Sonderweg von sich reden. Für einige Richter in Frankenthal und Koblenz gilt: in Reseller-Fällen besteht ein Beweisverwertungsverbot. Rasch Rechtsanwälte erläutern.

Einige Richter der Amtsgerichte in Frankenthal und Koblenz sowie die 6. Kammer des Landgerichts Frankenthal sind sich darin einig, dass in sog. Reseller-Fällen ein Beweisverwertungsverbot bestehe - eine im Zivilrecht absolute Ausnahme. Gestützt darauf wird vielen Klagen verletzter Rechteinhaber der Erfolg versagt. Die Rechtsansicht der Frankenthaler und Koblenzer Richter ist indes alles andere als überzeugend.



Worum genau geht es?

Seit Jahren gehen verletzte Rechteinhaber ausschließlich auf zivilrechtlichem Weg erfolgreich gegen das Massenphänomen des illegalen Filesharings vor. Möglich wurde das mit Einführung des § 101 Abs. 2 UrhG im Jahr 2008, mit dessen Hilfe u. a. Internetzugangsprovider auf Herausgabe von Rechtsverletzerdaten in Anspruch genommen werden können. Teil der damaligen Gesetzesänderung war auch die Einführung eines Richtervorbehalts, der immer dann zum Tragen kommt, wenn die Auskunft "nur unter Verwendung von Verkehrsdaten erteilt werden" kann, § 101 Abs. 9 UrhG.

Die Landgerichte Köln und München I kennen diese Norm nur zu gut, sind sie doch die zuständigen Urheberrechtsgerichte für die beiden großen Provider Telekom und Telefónica. Unzählige Beschlüsse sind seit 2008 erlassen worden, die den Providern die Verwendung der Verkehrsdaten gestattet haben, damit jene Auskunft über die Daten derjenigen erteilen dürfen, denen zu einem bestimmten Tatzeitpunkt eine bestimmte IP-Adresse zugewiesen war.

In der überwiegenden Zahl der Fälle benennen Telekom und Telefónica Namen und Anschrift ihrer jeweiligen Kunden. Teilweise kommt es aber auch vor, dass die beiden großen Provider ihr Netz einem sog. Reseller zur Verfügung stellen. Dann können sie nur mitteilen, welche Benutzerkennung der jeweiligen IP-Adresse zum Tatzeitpunkt zugewiesen war. Anschließend muss sich der verletzte Rechteinhaber an den Reseller (wie etwa 1&1) wenden, um in Erfahrung zu bringen, wer sich hinter der Benutzerkennung verbirgt.

Genau bei diesen sog. Reseller-Konstellationen setzen die Richter aus Rheinland-Pfalz an. Dabei überdehnen sie nicht nur den Anwendungsbereich des § 101 Abs. 9 UrhG, sondern sie bedienen sich auch noch einer im Zivilrecht absoluten Ausnahme: des Beweisverwertungsverbots. Aber im Einzelnen:



Überdehnung von § 101 Abs. 9 UrhG

In Koblenz und Frankenthal wird die Ansicht vertreten, eine richterliche Gestattung nach § 101 Abs. 9 UrhG sei nicht nur gegenüber dem Netzbetreiber sondern auch gegenüber dem Reseller erforderlich.

Erstaunlich ist, dass das LG Frankenthal dabei sogar erkennt, dass es sich bei einer Benutzerkennung um ein Bestandsdatum handelt (LG Frankenthal vom 11.08.2015, Az.: 6 O 55/15). Entscheidend sei nach Ansicht der 6. Kammer aber, dass der Gesetzgeber mit Einführung des Richtervorbehaltes das Fernmeldegeheimnis des Anschlussinhabers habe schützen wollen. Dieser Schutz müsse daher für den gesamten Weg der Auskunftskette bis hin zur finalen Mitteilung der Personendaten des Anschlussinhabers gelten, insbesondere also auch für den Zwischenschritt der Benutzerkennung.

Der Gesetzgeber hat jedoch ausdrücklich von der Schaffung eines allgemeinen Richtervorbehalts abgesehen (BT-Drs. 16/5048, Seite 38) und dessen Einführung nur vorgenommen, "soweit es um die Verwendung von Verkehrsdaten geht" (BR-Drs. 64/07, Seite 2). Dies spiegelt sich so auch im Wortlaut der Norm wider, die eine richterliche Gestattung ausschließlich für notwendig erklärt, wenn die Auskunft "nur unter Verwendung von Verkehrsdaten" erteilt werden kann. Zur Begründung dieses eng begrenzten Anwendungsbereichs war insbesondere auf die "besondere Schutzwürdigkeit von Verkehrsdaten" abgestellt worden (BT-Drs. 16/5048, Seite 40). Bestandsdaten - wie die Benutzerkennung, die fest einem Vertragspartner des Resellers zugewiesen ist - weisen eine solche Schutzwürdigkeit von vornherein nicht auf, fehlt es ihnen doch an der Dynamik, die Verkehrsdaten eigen ist.



Anders: Datenschutzbeauftragte u. a.

Auf diesen wesentlichen Unterschied bei den Auskünften von Netzbetreiber einerseits und Reseller andererseits hat auch das Amtsgericht Potsdam abgestellt und in seinem Urteil vom 12.11.2015 (Az.: 37 C 156/15) ausgeführt, nur die Auskunft der Telekom als Netzbetreiber unterliege dem Richtervorbehalt,

"weil nur dieser Auskunft eine Verknüpfung der vorhandenen Verkehrsdaten mit den vorhandenden Bestandsdaten zugrunde liegt. Die 1&1 Internet AG als Reseller hat bei ihrer Auskunftserteilung keine Verkehrsdaten mit Bestandsdaten zu verknüpfen, da sie selbst über keine Verkehrsdaten verfügt: Sie hat eine schlichte Auskunft über Bestandsdaten erteilt, indem sie lediglich die hinter der Benutzerkennung (…) stehende Beklagte offenbar hat." (AG Potsdam vom 12.11.2015, Az.: 37 C 156/15)

Das Amtsgericht Freiburg kam mit Urteil 24.09.2015 ebenfalls zu dem Ergebnis, dass ein Richtervorbehalt bei einer reinen Bestandsdatenauskunft wie der eines Resellers nicht besteht (AG Freiburg vom 24.09.2015, Az.: 10 C 633/15).

Selbst die oberste Datenschutzbehörde, die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, sieht keinen Richtervorbehalt in Bezug auf Auskünfte von Resellern. Auf ihrer Internetseite heißt es daher zu diesem Punkt:
  • "Ist ein sogenannter Reseller* im Spiel, so läuft das Verfahren zweistufig ab: Der Netzbetreiber beauskunftet im ersten Schritt, welcher Benutzerkennung bei welchem Reseller eine bestimmte IP-Adresse zugewiesen war. Danach muss der Reseller dem Rechteinhaber mitteilen, wer der Inhaber der Benutzerkennung ist. Hierbei handelt es sich um eine Bestandsdaten-Auskunft nach § 101 Absatz 2 Nr. 3 UrhG, für die kein richterlicher Beschluss erforderlich ist. (…)

    *Ein Reseller ist ein Service-Provider, der die Vermittlung des Internet-Zugangs als eigene Dienstleistung anbietet und sich dabei der technischen Einrichtung eines Netzbetreibers bedient. Er verfügt über die Bestandsdaten seiner Kunden. Der Netzbetreiber vergibt die IP-Adressen an die Kunden des Resellers und erfährt dabei nur die Benutzerkennung."
Auf Anfrage von Rasch Rechtsanwälte vom Oktober 2015 ist auch noch einmal bestätigt worden, dass sich an der Position des BfDI nichts geändert hat.
  • "Denn bei der Auskunftserteilung durch den Reseller handelt es sich nach wie vor um eine Bestandsdatenauskunft, für die eine richterliche Anordnung nicht erforderlich ist. "
    (BfDI vom 19.10.2015)
Der Sonderweg der Richter aus Rheinland-Pfalz ist also weder unter Beachtung des eigens herangezogenen Gesetzgebungswillens noch unter Berücksichtigung der Unterschiede zwischen Verkehrs- und Bestandsdaten nachvollziehbar. Dies gilt umso mehr als sie ihre Mindermeinung zum vermeintlichen Richtervorbehalt in Reseller-Konstellationen mit einem Beweisverwertungsverbot verquicken, welches im Zivilrecht nur in seltensten Ausnahmefällen bejaht werden darf.



Beweisverwertungsverbot?

Die Voraussetzungen eines solchen Beweisverwertungsverbotes werden dabei jedoch nicht einmal geprüft. Das LG Frankenthal begründet es in seinem Urteil vom 11.08.2015 (Az.: 6 O 55/15) - anscheinend aus dem Bauch heraus - damit, dass eine sanktionslose Umgehung des Richtervorbehalts nicht mit dem Schutzgedanken der Norm vereinbar sei. In eine zwingend erforderliche Güterabwägung der widerstreitenden Interessen wird gar nicht erst eingetreten. Die Frankenthaler Urheberrechtskammer scheint noch nicht einmal wahrzunehmen, dass sie bei einer Versagung der Beweisverwertung über die grundrechtlich geschützten Eigentumsrechte von Rechteinhabern nach Art. 14 GG befindet, stellt sie doch ausschließlich auf die (vermeintliche) Betroffenheit des Fernmeldegeheimnisses des Anschlussinhabers ab.



Empfehlung Rasch Rechtsanwälte

Die Mindermeinungen der Richter aus Koblenz und Frankenthal sind also sehr gut angreifbar. Rechteinhaber sollten sich daher nicht davon entmutigen lassen und entsprechende Entscheidungen beim Oberlandesgericht Zweibrücken oder letztlich beim Bundesgerichtshof zur Überprüfung stellen. Schon gar nicht sollte davon abgesehen werden, Ansprüche wegen Urheberrechtsverletzungen in Koblenz oder Frankenthal gerichtlich geltend zu machen.


.............................


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#10429 Beitrag von Steffen » Donnerstag 26. November 2015, 15:12

Bundesgerichtshof

Mitteilung der Pressestelle

_______________________________________________________________________________________

Nr. 194/2015 vom 26.11.2015




Bundesgerichtshof zur Haftung von Access-Providern für Urheberrechtsverletzungen Dritter

Urteile vom 26. November 2015 - I ZR 3/14 und I ZR 174/14



Der u.a. für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute in zwei Verfahren über die Haftung von Unternehmen, die den Zugang zum Internet vermitteln (Access-Provider), für Urheberrechtsverletzungen Dritter entschieden.

Die Klägerin im Verfahren I ZR 3/14 ist die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA). Sie nimmt für Komponisten, Textdichter und Musikverleger urheberrechtliche Nutzungsrechte an Musikwerken wahr. Die Beklagte ist Deutschlands größtes Telekommunikationsunternehmen. Sie war Betreiberin eines zwischenzeitlich von einer konzernverbundenen Gesellschaft unterhaltenen Telefonnetzes, über das ihre Kunden Zugang zum Internet erhielten. Als sogenannter Access-Provider vermittelte die Beklagte ihren Kunden auch den Zugang zu der Webseite "3dl.am".

Nach Darstellung der Klägerin konnte über diese Webseite auf eine Sammlung von Links und URL's zugegriffen werden, die das Herunterladen urheberrechtlich geschützter Musikwerke ermöglichten, die bei Sharehostern wie "RapidShare", "Netload" oder "Uploaded" widerrechtlich hochgeladen worden waren. Die Klägerin sieht hierin eine Verletzung der von ihr wahrgenommenen Urheberrechte. Sie macht geltend, die Beklagte habe derartige Rechtsverletzungen zu unterbinden. Die Klägerin hat die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch genommen, über von ihr bereitgestellte Internetzugänge Dritten den Zugriff auf Links zu den streitbefangenen Werken über die Webseite "3dl.am" zu ermöglichen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter.

Die Klägerinnen im Verfahren I ZR 174/14 sind Tonträgerhersteller. Die Beklagte ist Betreiberin eines Telekommunikationsnetzes, über das ihre Kunden Zugang zum Internet erhalten. Als Access-Provider vermittelte die Beklagte ihren Kunden auch den Zugang zu der Webseite "goldesel.to".

Nach Darstellung der Klägerinnen konnte über diese Webseite auf eine Sammlung von zu urheberrechtlich geschützten Musikwerken hinführenden Links und URLs zugegriffen werden, die bei dem Filesharing-Netzwerk "eDonkey" widerrechtlich hochgeladen worden waren. Die Klägerinnen sehen hierin eine Verletzung ihrer urheberrechtlichen Leistungsschutzrechte gemäß § 85 UrhG*. Die Klägerinnen haben die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch genommen, über von ihr bereitgestellte Internetzugänge Dritten den Zugriff auf Links zu den streitbefangenen Werken über die Webseite "goldesel.to" zu ermöglichen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerinnen zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Klägerinnen ihre Klageanträge weiter.

Der Bundesgerichtshof hat die Revisionen in beiden Verfahren zurückgewiesen.

Ein Telekommunikationsunternehmen, das Dritten den Zugang zum Internet bereitstellt, kann von einem Rechteinhaber grundsätzlich als Störer darauf in Anspruch genommen werden, den Zugang zu Internetseiten zu unterbinden, auf denen urheberrechtlich geschützte Werke rechtswidrig öffentlich zugänglich gemacht werden. Als Störer haftet bei der Verletzung absoluter Rechte (etwa des Urheberrechts oder eines Leistungsschutzrechts) auf Unterlassung, wer - ohne Täter oder Teilnehmer zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat-kausal zur Verletzung des geschützten Rechtsguts beiträgt, sofern er zumutbare Prüfungspflichten verletzt hat. Das deutsche Recht ist vor dem Hintergrund des Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG über das Urheberrecht in der Informationsgesellschaft** richtlinienkonform auszulegen und muss deshalb eine Möglichkeit vorsehen, gegen Vermittler von Internetzugängen Sperranordnungen zu verhängen.

In der Vermittlung des Zugangs zu Internetseiten mit urheberrechtswidrigen Inhalten liegt ein adäquat-kausaler Tatbeitrag der Telekommunikationsunternehmen zu den Rechtsverletzungen der Betreiber der Internetseiten "3dl.am" und "goldesel.to". In die im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung vorzunehmende Abwägung sind die betroffenen unionsrechtlichen und nationalen Grundrechte des Eigentumsschutzes der Urheberrechtsinhaber, der Berufsfreiheit der Telekommunikationsunternehmen sowie der Informationsfreiheit und der informationellen Selbstbestimmung der Internetnutzer einzubeziehen. Eine Sperrung ist nicht nur dann zumutbar, wenn ausschließlich rechtsverletzende Inhalte auf der Internetseite bereitgehalten werden, sondern bereits dann, wenn nach dem Gesamtverhältnis rechtmäßige gegenüber rechtswidrigen Inhalten nicht ins Gewicht fallen. Die aufgrund der technischen Struktur des Internet bestehenden Umgehungsmöglichkeiten stehen der Zumutbarkeit einer Sperranordnung nicht entgegen, sofern die Sperren den Zugriff auf rechtsverletzende Inhalte verhindern oder zumindest erschweren.

Eine Störerhaftung des Unternehmens, das den Zugang zum Internet vermittelt, kommt unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit allerdings nur in Betracht, wenn der Rechteinhaber zunächst zumutbare Anstrengungen unternommen hat, gegen diejenigen Beteiligten vorzugehen, die - wie der Betreiber der Internetseite - die Rechtsverletzung selbst begangen haben oder - wie der Host-Provider - zur Rechtsverletzung durch die Erbringung von Dienstleistungen beigetragen haben. Nur wenn die Inanspruchnahme dieser Beteiligten scheitert oder ihr jede Erfolgsaussicht fehlt und deshalb andernfalls eine Rechtsschutzlücke entstünde, ist die Inanspruchnahme des Access-Providers als Störer zumutbar. Betreiber und Host-Provider sind wesentlich näher an der Rechtsverletzung als derjenige, der nur allgemein den Zugang zum Internet vermittelt. Bei der Ermittlung der vorrangig in Anspruch zu nehmenden Beteiligten hat der Rechtsinhaber in zumutbarem Umfang - etwa durch Beauftragung einer Detektei, eines Unternehmens, das Ermittlungen im Zusammenhang mit rechtswidrigen Angeboten im Internet durchführt, oder Einschaltung der staatlichen Ermittlungsbehörden - Nachforschungen vorzunehmen. An dieser Voraussetzung fehlt es in beiden heute entschiedenen Fällen.

Im Verfahren I ZR 3/14 hat die Klägerin gegen den Betreiber der Webseite "3dl.am" eine einstweilige Verfügung erwirkt, die unter der bei der Domain-Registrierung angegebenen Adresse nicht zugestellt werden konnte. Den gegen den Host-Provider gerichteten Verfügungsantrag hat die Klägerin zurückgenommen, da sich auch seine Adresse als falsch erwies. Mit der Feststellung, dass die Adressen des Betreibers der Internetseite und des Host-Providers falsch waren, durfte sich die Klägerin nicht zufriedengeben, sondern hätte weitere zumutbare Nachforschungen unternehmen müssen.

Im Verfahren I ZR 174/14 ist die Klage abgewiesen worden, weil die Klägerinnen nicht gegen den Betreiber der Webseiten mit der Bezeichnung "goldesel" vorgegangen sind. Dessen Inanspruchnahme ist unterblieben, weil dem Vortrag der Klägerinnen zufolge dem Webauftritt die Identität des Betreibers nicht entnommen werden konnte. Die Klägerinnen haben nicht vorgetragen, weitere zumutbare Maßnahmen zur Aufdeckung der Identität des Betreibers der Internetseiten unternommen zu haben.



Vorinstanzen:

I ZR 3/14

LG Hamburg - Urteil vom 12. März 2010 - 308 O 640/08

OLG Hamburg - Urteil vom 21. November 2013 - 5 U 68/10

und

I ZR 174/14 - Haftung des Accessproviders

LG Köln - Urteil vom 31. August 2011 - 28 O 362/10

OLG Köln - Urteil vom 18. Juli 2014 - 6 U 192/11

Karlsruhe, den 26. November 2015

*§ 85 Urheberrechtsgesetz:

Verwertungsrechte

(1) Der Hersteller eines Tonträgers hat das ausschließliche Recht, den Tonträger zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich zugänglich zu machen. (…)

**Artikel 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG:

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Rechtsinhaber gerichtliche Anordnungen gegen Vermittler beantragen können, deren Dienste von einem Dritten zur Verletzung eines Urheberrechts oder verwandter Schutzrechte genutzt werden.



Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10430 Beitrag von Steffen » Donnerstag 26. November 2015, 16:29

Sievers & Coll. Rechtsanwälte:
Das Landgericht Hannover weist Filesharing Klage der Koch Media GmbH,
vertreten durch die Hamburger Kanzlei .rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR,
ab.



16:30 Uhr


In einem von der Berliner Rechtsanwaltskanzlei "Sievers & Coll. Rechtsanwälte" auf Beklagtenseite geführten Rechtsstreit hat das Landgericht Hannover eine Filesharingklage der "Koch Media GmbH", vertreten durch die Rechtsanwälte "Reichelt Klute", mit Urteil vom 13.10.2015, Az. 18 O 200/15 abgewiesen. Die Rechtsanwaltskanzlei "Sievers & Coll. Rechtsanwälte" haben den Beklagten, den Sohn der Anschlussinhaberin, in diesem Rechtsstreit vertreten. Die Klägerin hatte vor diesem Rechtsstreit erfolglos durch zwei Instanzen versucht, die Mutter ihres Mandanten als Anschlussinhaberin in Anspruch zu nehmen.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Sievers & Coll. Rechtsanwälte

Olympische Straße 10 | 14052 Berlin
Telefon: +49 (0)30 / 323 015 90 | Telefax: +49 (0)30 / 323 015 911
E-Mail: mail@recht-hat.de | Internet: http://www.recht-hat.de


......

Bericht

Autor: Rechtsanwalt Florian Sievers
Quelle: www.recht-hat.de
Urteil als PDF: LG Hannover, Urteil vom 13.10.2015, Az. 18 O 200/15



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Landgericht Hannover, Urteil vom 13.10.2015, Az. 18 O 200/15


  • (...) hat die 18. Zivilkammer des Landgerichts Hannover auf die mündliche Verhandlung vom 22.09.2015 durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht [Name], den Richter am Landgericht [Name] und
    die Richterin am Landgericht [Name] für Recht erkannt:
    • 1. Die Klage wird abgewiesen.
      2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
      3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.


    Tatbestand

    Die Klägerin macht als Inhaberin einer exklusiven Lizenz für das Computerspiel "[Name]" Ansprüche gegen den Beklagten wegen einer Verletzung ihrer Rechte geltend. Durch die von der Klägerin beauftragte Fa. [Name] ist festgestellt worden, dass das im August 2011 veröffentlichte Spiel unter Verwendung der Filesharing-Plattform BitTorrent am xx.11.2011 zum Download angeboten worden ist. Als Inhaber des Internet-Anschlusses, über den das Download-Angebot erfolgt ist, ist Frau [Name] in [Wohnort] die Mutter des Beklagten ermittelt worden.

    Die Klägerin hat in der Folge versucht, urheberrechtliche Ansprüche gegen Frau [Name] gerichtlich durchzusetzen. In dem gegen sie gerichteten Rechtsstreit (OLG Düsseldorf 20 U 172/14) hat das Oberlandesgericht die Vernehmung des Beklagten angeordnet, der von seinem Recht auf Zeugnisverweigerung Gebrauch gemacht hat. Es hat ferner Frau [Name] als Partei vernommen. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat die Klage gegen Frau [Name] abgewiesen, da nicht habe festgestellt werden können, welche der in Betracht kommenden im Haushalt lebenden Personen die Urheberrechtsverletzung begangen habe.

    Die Klägerin nimmt nunmehr den Beklagten in Anspruch. Sie meint, aufgrund der Klagabweisung im Vorprozess, in dem dem Beklagten der Streit verkündet wurde, stehe rechtskräftig fest, dass die Mutter des Beklagten die Rechtsverletzung nicht begangen habe. Hier sei davon auszugehen, dass der Beklagte den Verstoß begangen habe. Die Klägerin verlangt vom Beklagten Schadensersatz, der sich aus den Kosten der Abmahnung in Höhe von 368,00 EUR, den anteiligen Kosten des gerichtlichen Auskunftsverfahrens in Höhe von 18,54 EUR, den Teilschadensersatz in Lizenzanalogie in Höhe von 500,00 EUR und den ihr entstandenen Kosten des Vorprozesses vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf in Höhe von 7.045,09 EUR zusammensetzt (vgl. BI. 10-22 d.A.). Darüber hinaus verlangt sie die Feststellung der Ersatzpflicht bezüglich weiterer Schäden sowie Auskunft über den Umfang der behaupteten Verletzungshandlungen.



    Sie beantragt,
    den Beklagten zu verurteilen,

    • I. an die Klägerin einen Betrag von 368,00 EUR nebst jährlicher Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
      II. an die Klägerin 18,54 EUR nebst jährlicher Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
      III. an die Klägerin einen Teilschadensersatz in Höhe von 500,00 EUR nebst jährlicher Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
      IV. an die Klägerin die ihr im Rechtsstreit vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf, 1-20 U 172/14 und der Vorinstanz entstandenen Kosten und Gebühren in Höhe von 7.045,09 EUR nebst jährlicher Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
      V. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen weiteren Schaden zu ersetzen, der dieser dadurch entstanden ist und noch entsteht, dass der Beklagte das Computerspiel "[Name]" ohne Einwilligung der Klägerin in Peer-to-Peer Netzwerken zum Herunterladen bereitgehalten hat;
      VI. der Klägerin über den Umfang der streitgegenständlichen Verletzungshandlungen geordnet Auskunft zu erteilen und zwar unter Angabe
      • 1. - soweit bekannt - von Dritten, die das Computerspiel "[Name]" von dem Beklagten erhalten haben, dies unter Benennung derer Anzahl, Datumsangabe und namentlicher Nennung derselben und deren Anschriften;
        2. aller Peer-to-Peer Netzwerke, mittels derer das Computerspiel "[Name]" von dem Beklagten zum Herunterladen für dritte Nutzer der jeweiligen Internet-Tauschbörse(n) bereit gehalten wurde;
        3. der Zeiträume, in denen das Computerspiel "[Name]" von dem Beklagten über die jeweiligen Internet-Tauschbörse(n) zum Herunterladen bereitgehalten wurde;
        4. der Bandbreite (Up- und Downstream) des bei den Handlungen nach Ziffer 1. bis 3. verwendeten Internet-Anschlusses einschließlich der genutzten Upload-Geschwindigkeit, mit der Dritte das Werk über den jeweils verwendeten Internet-Anschluss herunterladen konnten.
    [/b]



    Der Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen.

    Er bestreitet das o.g. Computerspiel in einer Tauschbörse zum Download angeboten zu haben.



    Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. Die Kammer hat auf Antrag der Klägerin den Beklagten als Partei vernommen. Wegen des Ergebnisses der Parteivernehmung wird auf das Protokoll vom 22.09.2015 (BI. 122-124 d. A.) verwiesen.



    Entscheidungsgründe

    Die Klage ist nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Schadensersatz gern. §§ 97 Abs. 2 UrhG gegen den Beklagten wegen einer Verletzung ihrer Rechte an dem Computerspiel "[Name]".

    Die Klägerin kann sich im vorliegenden Fall nicht auf eine tatsächliche Vermutung für die Verletzung ihrer Rechte durch den Beklagten berufen, da dieser zurzeit der Rechtsverletzung nicht Inhaber des Internet-Anschlusses war. Die tatsächliche Vermutung besteht nur gegen den Anschlussinhaber (vgl. BGHZ 185, S. 330 ff. ("Sommer unseres Lebens"), Rdz. 12). Da dem Beklagten durch seine Mutter die Nutzung des Internet-Anschlusses gestattet worden ist, kommt er zwar als Täter der Urheberrechtsverletzung in Betracht. Dafür, dass er diese tatsächlich begangen hat, trägt aber die Klägerin die volle Beweislast.

    Dabei kann auch eine Täterschaft seiner Mutter nicht von vornherein ausgeschlossen werden, auch wenn die Klage gegen sie abgewiesen worden ist und dem Beklagten im Vorprozess der Streit verkündet worden ist. Die Bindungswirkung des klagabweisenden Urteils im vorliegenden Fall ist eingeschränkt. Ist nämlich die Hauptpartei im Vorprozess wegen nicht erbrachten Beweises unterlegen, so steht nicht das Gegenteil der nicht festgestellten Tatsache fest, sondern nur, dass sie nicht bewiesen ist (BGHZ 85 S. 252). Da das Oberlandesgericht Düsseldorf die Klage abgewiesen hat, weil es den Täter nicht hat feststellen können, tritt auch keine Bindungswirkung hinsichtlich der Täterschaft von Frau [Name] ein.

    Die Klägerin hat auch nicht bewiesen, dass der Beklagte die Urheberrechtsverletzung begangen hat. Der Beklagte selbst hat im Rahmen seiner Parteivernehmung zwar eingeräumt, dass er Computerspiele, auch Ego-Shooter-Spiele spielt und dass er das Spiel "[Name]" sich zu einem späteren Zeitpunkt auch gekauft hat. Er hat aber überzeugend und nachvollziehbar in Abrede genommen, selbst dieses Spiel in einer Tauschbörse angeboten zu haben. Zwar passt auch nach Einschätzung der Kammer der Beklagte, der zur Zeit der Rechtsverletzung etwa 26 Jahre alt war und offensichtlich "computerspielaffin" ist, eher in die Gruppe der potenziellen Täter entsprechender Urheberrechtsverletzungen als seine Eltern. Gleichwohl kommen sowohl die Mutter des Klägers als auch sein ebenfalls im Haushalt wohnender Vater als Täter in Betracht. Auch wenn der Beklagte selbst deren Computerkenntnisse ungefragt als gering eingestuft hat, lässt sich daraus nicht der Rückschluss ziehen, dass diese zu einer entsprechenden Rechtsverletzung gar nicht in der Lage gewesen seien. Die Kammer hat keine konkreten Erkenntnisse über die Computerkenntnisse der Eltern. Nach der Aussage des Beklagten verfügten seine Eltern aber über einen eigenen Computer, mit dem sie Internet-Zugang hatten. Daher ist auch davon auszugehen, dass sie über die für die Internet-Nutzung grundsätzlich erforderlichen Kenntnisse verfügten und in diesem Zusammenhang auch in der Lage waren, sich ggf. Programme wie Tauschbörsenprogramme herunterzuladen und diese zu benutzen.

    Auch wenn hier die Gesamtumstände eher auf eine Täterschaft des Beklagten hindeuten als auf die seiner Eltern, reicht dies auch im Hinblick auf den überzeugenden persönlichen Eindruck, den der Beklagte im Rahmen seiner Vernehmung hinterfassen hat, nicht aus, um die Kammer von seiner Täterschaft zu überzeugen. Gerade dass er offen eingeräumt hat, u.a. das betreffende Spiel zu spielen spricht eher für eine wahrheitsgemäße Aussage des Beklagten und kann nicht als Beleg für ein wahrheitswidriges Bestreiten der Rechtsverletzung herangezogen werden. Die Gesamtumstände reichen daher nicht aus, um die Kammer von seiner Täterschaft zu überzeugen.

    Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 91 ZPO abzuweisen.

    Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO. (...)






LG Hannover, Urteil vom 13.10.2015, Az. 18 O 200/15

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10431 Beitrag von Steffen » Donnerstag 26. November 2015, 17:58

Werdermann | von Rüden:
OLG Düsseldorf - 20 U 172/14, Volltext




17:58 Uhr


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Werdermann | von Rüden
Partnerschaft von Rechtsanwälten

Leipziger Platz 9 | 10117 Berlin
Telefon: 030 - 965 356 2933 | Telefax: +49 (0)30 / 200 590 77 11
E-Mail: info@wvr-law.de | Internet: www.wvr-law.de

Quelle: www.wvr-law.de


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

  • OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF

    IM NAMEN DES VOLKES

    URTEIL


    Verkündet lt. Protokoll am 21.07.2015

    D, Justizbeschäftigte

    als Urkundsbeamtin der
    Geschäftsstelle

    In dem Rechtsstreit

    der Koch Media GmbH, vertreten durch die Geschäftsführer

    Klägerin und Berufungsklägerin,

    - Prozessbevollmächtigte:
    rka Rechtsanwälte, Johannes-Brahms-Platz 1, 20355 Hamburg -

    gegen

    Frau K. M.

    Beklagte und Berufungsbeklagte,

    - Prozessbevollmächtigte:
    Werdermann, von Rüden Partnerschaft von Rechtsanwälten, Leipziger Platz 9, 10117 Berlin –


    hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 2. Juni 2015 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Schüttpelz, den Richter am Oberlandesgericht Neugebauer und den Richter am Oberlandesgericht Gmelin

    für Recht erkannt:

    Die Berufung der Klägerin gegen das am 27. August 2014 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.

    Die Kosten der Berufung trägt die Klägerin.

    Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.



    Gründe

    A)

    Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

    Die Klägerin produziert und vermarktet digitale Entertainment-Produkte. Unter anderem ist sie Inhaberin der ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrechte an dem Computerspiel „DEUS EX – Human Revolution“, welches am 26. August 2011 erstveröffentlicht wurde. Die Klägerin stellte fest, dass eine dieses Spiel enthaltene Datei an verschiedenen Tagen im November 2011 über das Peer-to-Peer-Netzwerk BitTorrent von IP-Adressen zum Herunterladen zur Verfügung gestellt wurde, die zum jeweiligen Zeitpunkt dem Anschluss der Beklagten zugeordnet waren. Das an dem Anschluss der Beklagten betriebene WLAN-Netz war unstreitig durch ein sicheres Passwort gegen unberechtigten Zugriff ausreichend geschützt. Die Beklagte, die sich ohne Anerkenntnis einer Rechtspflicht vorgerichtlich zur Unterlassung verpflichtet hat, macht geltend, sie selber habe das Spiele nicht heruntergeladen oder zur Verfügung gestellt. Neben ihr hätten auch noch ihr Ehemann und ihr erwachsener Sohn selbständig Zugriff auf den Internetanschluss gehabt, letzterer auch mit einem eigenen Computer. Beide hätten aber bestritten, für den Vorfall verantwortlich zu sein.

    Das Landgericht hat die auf Zahlung der Abmahnkosten, Teilschadensersatz, Auskunft und Feststellung der Schadensersatzpflicht gerichtete Klage abgewiesen. Die Beklagte habe ihrer sekundären Darlegungslast entsprochen und vorgetragen, welche erwachsenen Personen selbständig Zugang zu ihrem Internetanschluss gehabt hätten. Für die Behauptung der Klägerin, die Beklagte habe die Rechtsverletzung gleichwohl selber begangen, habe die Klägerin keine Anhaltspunkte vorgetragen, so dass sich der angebotene Beweis als Ausforschungsbeweis darstelle, der nicht zu erheben sei.

    Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung.

    Die Klägerin beantragt,

    unter Abänderung des angefochtenen Urteils

    a) die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 368,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 5. Februar 2012 zu zahlen;

    b) die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Teilschadensersatz in Höhe von 600,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

    c) die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin über den Umfang der Verletzungshandlungen geordnet Auskunft zu erteilen und zwar unter Angabe von Dritten, die das Computerspiel „DEUS EX – Human Revolution“ von der Beklagten erhalten haben, der Verbreitungswege, insbesondere der Filesharingbörsen, auf denen das Computerspiel „DEUS EX – Human Revolution“ von der Beklagten zum Herunterladen bereit gehalten wurde, der Zeiträume, in denen das Computerspiel „DEUS EX – Human Revolution“ über den Internetanschluss der Beklagten zum Herunterladen bereitgehalten wurde und der Verbindungsbandbreite, mit der das Computerspiel „DEUS EX – Human Revolution“ über den Internetanschluss der Beklagten zum Herunterladen bereit gehalten wurde;

    d) festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen weiteren Schaden zu ersetzen, der dieser dadurch entstanden ist, dass die Beklagte das Computerspiel „DEUS EX – Human Revolution“ über den eigenen Internetanschluss in P2P-Netzwerken bereit gehalten hat.

    Die Beklagte beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.

    Der Senat hat Beweis erhoben über die Frage, ob die Beklagte am 10., 13. und 22. November 2011 das Computerspiel „DEUS EX – Human Revolution“ über eine Tauschbörsensoftware öffentlich zugänglich gemacht hat. Nachdem die Zeugen A. und B. M. unter Berufung auf das Verwandtschaftsverhältnis zur Beklagten die Aussage verweigert haben, hat der Senat auf Antrag der Klägerin die Beklagte als Partei vernommen. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 2. Juni 2015, Bl. 228 ff. GA, Bezug genommen.

    Hinsichtlich aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

    B)

    Die zulässige Berufung der Klägerin bleibt in der Sache ohne Erfolg. Die Beklagte haftet der Klägerin nicht auf Schadensersatz aus § 97 Abs. 2 UrhG, weil sie weder Täterin noch Teilnehmerin einer Urheberrechtsverletzung war. Sie schuldet darüber hinaus nicht nach § 97a Abs. 1 S. 2 UrhG Ersatz der Abmahnkosten, weil sie für die streitgegenständliche Rechtsverletzung auch nicht als Störerin haftet.

    Nach § 97 Abs. 2 ist derjenige, der schuldhaft Urheberrechte verletzt, dem Verletzten zum Schadensersatz verpflichtet. Nach § 97a Abs. 1 S. 2 hat der Verletzer die Kosten einer berechtigten Abmahnung zu tragen. Die Abmahnung ist aber nur dann berechtigt, wenn dem Verletzten ein Unterlassungsanspruch zustand, was wiederum nur dann der Fall ist, wenn der in Anspruch Genommene für die Rechtverletzung als Täter, Teilnehmer oder als Störer verantwortlich war. Das kann hier nicht festgestellt werden. Der Senat ist nach der durchgeführten Beweisaufnahme vielmehr davon überzeugt, dass die Beklagte die Rechtverletzung nicht begangen hat und auch nicht als Störerin verantwortlich ist.

    Nach allgemeinen Grundsätzen ist es Sache der Klägerin, darzulegen und zu beweisen, dass die Beklagte für die streitgegenständliche Rechtsverletzung verantwortlich ist. Im Streitfall spricht keine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft der Beklagten. Wird über einen Internetanschluss eine Rechtsverletzung begangen, ist eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers nicht begründet, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung (auch) andere Personen diesen Anschluss nutzen konnten. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der Internetanschluss nicht hinreichend gesichert war, oder – wie hier – bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde (BGH GRUR 2014, 657 Rn. 15 – BearShare). Der sie treffenden sekundären Darlegungslast ist die Beklagte – wie schon das Landgericht zutreffend ausgeführt hat – nachgekommen. Den Prozessgegner der primär darlegungsbelasteten Partei trifft in der Regel eine sekundäre Darlegungslast, wenn die primär darlegungsbelastete Partei unverschuldet keine näheren Kenntnisse der maßgeblichen Umstände und auch keine Möglichkeit der weitergehenden Sachverhaltsaufklärung hat, während dem Prozessgegner nähere Angaben dazu ohne Weiteres möglich und zumutbar sind. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast dadurch, dass er vorträgt, ob und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtverletzung in Betracht kommen (BGH GRUR 2014, 657 Rn. 18 – BearShare).

    Dieser Darlegungslast hat die Beklagte entsprochen, indem sie vorgetragen hat, ihr volljähriger Sohn und ihr Ehemann hätten jeweils selbständig Zugriff auf den Internetanschluss gehabt, eine Täterschaft aber auf Vorhalt abgestritten. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist die Beklagte nicht gehalten, darzulegen, welche der in Frage kommenden Personen zu den streitgegenständlichen Zeitpunkten auch tatsächlich den Internetzugang genutzt haben, denn dieser Vortrag ist ihr schon nicht ohne Weiteres möglich. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die Teilnahme an sogenannten P2P-Netzwerken nicht zwingend voraussetzt, dass der Betreffende Nutzer tatsächlich anwesend ist. Erforderlich ist lediglich, dass der betreffende Rechner mit dem Internet verbunden ist und sich in Betrieb befindet. Nähere Angaben dazu, bei welchen Rechnern (und gegebenenfalls mit welchen Benutzerkonten) dies der Fall ist, kann der Anschlussinhaber regelmäßig nur machen, wenn er die Kommunikation aller Nutzer überwacht und speichert. Abgesehen davon, dass die rechtliche Zulässigkeit einer derartigen anlasslosen Kommunikationsüberwachung mehr als zweifelhaft ist, ist sie dem Anschlussinhaber jedenfalls nicht zuzumuten. Im Übrigen hat der Bundesgerichthof selbst bei Kindern keine Veranlassung gesehen, deren Internetnutzung anlasslos zu überwachen (BGH GRUR 2013, 511 Rdnr. 24 – Morpheus). Dann besteht für den Anschlussinhaber aber erst recht keine Veranlassung, erwachsene Familienangehörige zu überwachen.

    Es ist damit wiederum Sache der Klägerin, darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass die Beklagte die hier streitgegenständlichen Rechtsverletzungen begangen hat. Diese Beweisführung kann der Klägerin allerdings nicht mit der Begründung abgeschnitten werden, sie habe keine Anhaltspunkte vorgetragen, die gerade auf die Beklagte als Rechtsverletzerin hindeuten. Die sekundäre Darlegungslast soll den Verletzten ja gerade in die Lage versetzen, den ihm obliegenden Beweis zu führen. Der Verletzte ist daher nicht gehindert, die Täterschaft der vom Beklagten benannten als Täter in Frage kommenden Dritten zu bestreiten und diesen Vortrag gegebenenfalls unter Beweis zu stellen.

    Der Umstand, dass die Zeugen A. und B. M. von dem ihnen als Sohn beziehungsweise Ehemann der Beklagten ohne weiteres zustehenden Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht haben, lässt keine Rückschlüsse darauf zu, wer für die streitgegenständliche Rechtsverletzung verantwortlich ist. Die Beklagte hat in ihrer Parteivernehmung glaubhaft in Abrede gestellt, für die Rechtsverletzung verantwortlich gewesen zu sein. Die Beklagte hat auf den Senat den Eindruck einer weder technisch noch rechtlich besonders versierten Person gemacht. Ihre Angaben zu der eigenen Computernutzung, die insbesondere nicht das Ansehen von Videos oder das Spielen von Computerspielen umfasst, waren ebenso glaubhaft, wie ihre Angabe, sie wisse nicht, was ein Filesharing-Client ist. Insoweit ist auch ohne weiteres glaubhaft, dass sie die Abmahnungen – die sich offenbar auf im gleichen Zeitraum begangene Rechtsverletzungen bezogen – mit ihrem Ehemann besprochen haben will, der dann die Angelegenheiten mit dem Anwalt besprochen hat. Unter diesen Umständen glaubt der Senat der Beklagten, dass sie die Rechtsverletzung nicht begangen hat. Sie haftet daher weder als Täterin noch als Teilnehmerin.

    Soweit hinsichtlich der Kosten der Abmahnung eine Haftung der Beklagten als Störerin in Betracht kommt, haftet sie auch nicht als solche.

    Dass das WLAN ausreichend gegen unbefugte Zugriffe geschützt war, ist unstreitig. Es bestand aber auch keine Verpflichtung der Beklagten ohne Anlass ihren Ehemann oder ihren erwachsenen Sohn zu belehren und/oder zu überwachen. Der Inhaber eines Internetanschlusses ist grundsätzlich nicht verpflichtet, volljährige Familienangehörige über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Internettauschbörsen oder von sonstigen Rechtsverletzungen im Internet zu belehren und ihnen die Nutzung des Interentanschlusses zur rechtswidrigen Teilnahme an Internettauschbörsen oder von sonstigen Rechtsverletzungen im Internet zu verbieten, wenn keine konkreten Anhaltspunkte für eine solche Nutzung bestehen (BGH GRUR 2014, 657 Rdnr. 24 – BearShare). Dass die Beklagte vor den hier in Rede stehenden Rechtsverletzungen – etwa durch eine Abmahnung – konkreten Anlass für die Befürchtung haben musste, ihre volljährigen Familienangehörigen würden den ihnen überlassenen Zugang zum Internet für Rechtsverletzungen nutzen, ist nicht ersichtlich.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 91, § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10, § 713 ZPO.

    Es besteht keine Veranlassung, die Revision zuzulassen. Die hierfür in § 543 Abs. 2 ZPO niedergelegten Voraussetzungen sind nicht gegeben. Die relevanten Rechtsfragen sind durch die zitierten höchstrichterlichen Entscheidungen beantwortet. Als reine Einzelfallentscheidung hat die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine revisionsgerichtliche Entscheidung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.



    Streitwert: 5.968,00 € (entsprechend der von den Parteien nicht angegriffenen erstinstanzlichen Festsetzung) (...)

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10432 Beitrag von Steffen » Donnerstag 26. November 2015, 20:38

[quoteemIGGDAW]Der Steffen - seines Zeichens (objektiver) Forenbetreiber in Deutschland - hat heute genau über den gleichen Vorgang berichtet. Leider ist dort vieles (für einen Ab-und-Zu-Forenleser) überhaupt nicht deutlich geworden. Beispiel:
Warum Klage in Hannover, wenn doch Vorinstanzen in Düsseldorf? Warum jetzt auf einmal LG, wenn doch vorher schon ein OLG-Urteil vorlag. ?( Naja, vielleicht folgen ja noch weitergehende Erläuterungen in nächster Zeit.

Des weiteren würde sich ein interessierter Leser wünschen, wenn der Steffen derartige Urteile (wie das des LG Hannover Az. 18 O 200/15, genauso "kritisch kommentiert", wie Urteile aus dem Süden Deutschlands.[/quoteem]

Ich glaube - auch bevor @The Grinch (@el Chupa Cabra) hier sinnfrei aufschlägt und schreit, das in Düsseldorf und Hannover keine Sippenhaft gibt usw. usf. - was will man denn hier kritisch darstellen? Soll ich jetzt vielleicht sagen, das die Rechtsprechung oder gar die Leistungen der Anwälte Murks seien? Ihr Lächerlich!


Ich erkläre es noch einmal.

Einleitung:

Bild

Die Kanzleien "Sievers & Coll. Rechtsanwälte" plus "Werdermann | von Rüden" haben einen sehr guten Job gemacht, wobei weder eine IGGDAW oder AW3P auch nur einen klitzekleinen Anteil haben. Hier gibt es nichts zu kritisieren, zu mäkeln oder bedarf jetzt MEINE MEINUNG. Punkt.

Es bedeutet aber nicht im Geringsten, das diese beiden Entscheidungen im Widerspruch mit meinen Ausführungen der letzten Zeit stehen.


  • 1. Der BGH sagt: 1., 2., 3. ...
    2. Der BGH thematisiert nicht die genauen Anforderungen.
    3. Die BGH-Entscheide müssen in der Praxis reifen.
    4. Hierzu kann es zu unterschiedlich hohen oder flachen Anforderungen
    • a) von Gerichtsstandort zu Gerichtsstandort
      oder
      b) innerhalb eines Gerichtsstandortes kommen.


    Beachte (bitte das Bildchen beachten):
    Die Gerichtsstandorte im Süden (rot gekennzeichnete Fläche) stellen besonders strenge bzw. hohe Anforderungen.

    Hinweis für Dummies:
    Hannover und Düsseldorf befinden sich außerhalb des rot gekennzeichneten Korridors.



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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10433 Beitrag von The Grinch » Freitag 27. November 2015, 04:59

Keine Bange, ich hab es nicht nötig weder zu Schreien noch dumm rum zu Plärren!

Für mich gilt Grundsätzlich, dass, wenn die Möglichkeit besteht das andere das private Heimnetz mit benutzen können,
ein Nachweis der Täterschaft ausgeschlossen ist - sekundäre Darlegungslast hin oder her.

Und das egal wie oft Du Morpheus oder Bearshare verklausulierst.

Die meisten Gerichte in DE sehen das ähnlich wie ich, nur die Bayovaren haben keinen Draht in der Mütze.

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10434 Beitrag von Steffen » Freitag 27. November 2015, 05:21

[quoteemThe Grinch]Für mich gilt Grundsätzlich, dass, wenn die Möglichkeit besteht das andere das private Heimnetz mit benutzen können, ein Nachweis der Täterschaft ausgeschlossen ist - sekundäre Darlegungslast hin oder her.

Und das egal wie oft Du Morpheus oder Bearshare verklausulierst.

Die meisten Gerichte in DE sehen das ähnlich wie ich, nur die Bayovaren haben keinen Draht in der Mütze.

Das ist ja alles gut und schön. Ob ich - vergesse bitte nicht "Sommer unser Lebens" - den BGH verklausuliere ... was an sich eigentlich Unfug ist.[/quoteem]

Ich wiederhole mich:

BGH, Urteil vom 08.01.2014 - I ZR 169/12 - "BearShare" (Auszugsweise)
  • Rdnr. 14:
    (...) Die Klägerinnen tragen nach allgemeinen Grundsätzen als Anspruchsteller die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs auf Erstattung von Abmahnkosten erfüllt sind. Danach ist es grundsätzlich ihre Sache, darzulegen und nachzuweisen, dass der Beklagte für die von ihnen behauptete Urheberrechtsverletzung als Täter verantwortlich ist (...)

    Rdnr. 15:
    (...) Im Streitfall spricht keine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Beklagten. Wird über einen Internetanschluss eine Rechtsverletzung begangen, ist eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers nicht begründet, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung (auch) andere Personen diesen Anschluss benutzen konnten. (...)

    Rdnr. 16:
    (...) Den Beklagten trifft als Inhaber des Internetanschlusses allerdings eine sekundäre Darlegungslast (vgl. BGHZ 185, 330 Rn. 12 - Sommer unseres Lebens); (...)

    Rdnr. 17:
    (...) Den Prozessgegner der primär darlegungsbelasteten Partei trifft in der Regel eine sekundäre Darlegungslast, wenn die primär darlegungsbelastete Partei keine nähere Kenntnis der maßgeblichen Umstände und auch keine Möglichkeit zur weiteren Sachverhaltsaufklärung hat, während dem Prozessgegner nähere Angaben dazu ohne weiteres möglich und zumutbar sind. (...)

    Rdnr. 18:
    (...)Die sekundäre Darlegungslast führt weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 Abs. 1 und 2 ZPO) hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. (...)

    (...) Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast dadurch, dass er vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen (...)

    (...) In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen verpflichtet (...)

Und ich hoffe, du liest es im Zusammenhang und ziehst dir nicht wie dein ouf alles heraus, was gerade in deinem Kram passt. Dabei ist es egal welche Gericht es wie DU oder ICH sehen. Es kommt darauf an - und das war schon vor BearShare so - das es 1 Grundsatzentscheidung des BGH gibt und viele Auslegungen an den diversen Gerichtsstandorten. Dabei war Düsseldorf immer gemäßigt - wie Frankenthal, Hannover, Bielefeld, Kassel, Bremen, Hamburg usw.; Frankfurt anfänglich nicht, dann schon; und Stuttgart, München, Nürnberg, Leipzig sind eher streng ermessend.

Google mal unter Bücher das eBook von Prof. Dr. Th. Hoeren: Haftung im Internet: Die neue Rechtslage". Hier kannst Du unter sekundäre Darlegungslast alles Pro und Contra nachlesen als Auszug.


Und dabei ist es egal, wer was wie sieht und wer was vermeintlich verklausuliert oder nicht. Entscheidend ist die Realität. Und die ist nun einmal:


Bild

rot = streng ermessend
nicht rot = nicht streng ermessend

Das heißt, wir müssen damit zurechtkommen und nicht positive Urteil abfeiern, negative verdammen oder die nötigen Schlussfolgerungen auf Sippenhaft verniedlichen.



[quoteemIngo Bentz]Ist doch ganz einfach: Die Kanzleien A+B machen bei identischen Vorträgen zB in Hannover und Düsseldorf einen "sehr guten Job" ("gewinnen"), aber in München und Stuttgart einen sehr schlechten Job ("verlieren"), da dort die strengere Rechtsprechung gilt und man dort nicht mit dem Murks ("neutrale Bewertung des Rechtsexperten H."), der anderswo zieht und mit dem man anderswo gewinnen kann ("sehr guter Job"), dort nicht gewinnen kann ("Murks"). Dabei müßten die Murks-Anwälte doch nur seiner "Musterklageerwiderung 1-2-3" folgen. Dann würden sie auch in München/Stuttgart gewinnen ("sehr guter Job").[/quoteem]

[quoteemIngo Bentz].. und nicht vergessen: Garniert wird das Ganze auch noch mit einer besonderen Form der Werbung, die sich nicht nur auf die Urteilsveröffentlichung beschränkt (zB LG Hannover), sondern auch durch geschicktes "getagge" auf zB den persönlichen Namen des erstveröffentlichenden Rechtsanwalts (RA Florian Sievers). So lande ich als Verbraucher beim googeln nach dem Urteil, Gegneranwälte, Anwälte, etc... zwangsläufig schnell (oberste Positionen) und letztlich bei einer "Werbung" für eine Kanzlei die überhaupt nichts mit dem veröffentlichten Urteil zu tun hat.

Das ist nicht nur eine "bodenlose Frechheit", sondern .... jaaaa wenn ich jetzt tatsächlich ganz doll Geld verdienen würde (blabla) ... hätte sogar ich einen Anspruch auf Unterlassung.... wegen UWG-Verstoß. Was eine RAK dazu sagen würde kann man sich denken.[/quoteem]

Du bist und bleibst nur dumm. Geld frisst eben tatsächlich Gehirn. Man hat hier seitens der Anwälte eine sehr guten Job gemacht. Das freut mich für die Mandanten. Punkt. Anderseits, du verdienst ja Geld und hast trotzdem nicht auch nur den klitzekleinsten UA. Du bist und bleibst ein dumm-trötende Pfeife!

VG Steffen

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10435 Beitrag von Steffen » Samstag 28. November 2015, 00:35

Das Amtsgericht Bochum weist eine unbegründete Filesharing Klage der Universal Music GmbH, vertreten durch die Kanzlei Rasch Rechtsanwälte, vollständig ab. Die Klägerin verlangte Schadensersatz i.H.v. 2.400,00 EUR, Abmahnkosten i.H.v. 1.005,40 EUR und Adressermittlungskosten i.H.v. 1,35 EUR für ein Musikalbum.


00:35 Uhr


Durch das Amtsgericht Bochum (Urt. v. 11.11.2015, Az. 42 C 140/15) wurde eine Filesharing Klage der "Universal Music GmbH", vertreten durch die Hamburger Kanzlei "Rasch Rechtsanwälte", als unbegründet abgewiesen. Mit ihrer Klage verlangte die Klägerin von der beklagten Anschlussinhaberin Schadensersatz i.H.v. 2.400,00 EUR, Abmahnkosten i.H.v. 1.005,40 EUR sowie Adressermittlungskosten i.H.v. 1,35 EUR für ein Musikalbum. Die Beklagte haftet weder als Täter noch als Störer. Mit dem Bestreiten der Klägerin, dass Dritte zum Tatzeitpunkt ebenfalls Zugriff auf den betreffenden Internetanschluss gehabt hätten genügt die Klägerin der ihr obliegenden Darlegungs- und Beweislast nicht. Die Beklagte wurde von der Hamburger Kanzlei "Dr. Wachs Rechtsanwälte" vertreten.



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Rechtsanwalt Dr. Alexander Wachs


Dr. Wachs Rechtsanwälte
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Zusammenstellung einiger ausgewählter Entscheidungen
der Kanzlei Dr. Wachs Rechtsanwälte: Link



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Amtsgericht Bochum, Urteil vom 11.11.2015, Az. 42 C 140/15

  • (...) hat das Amtsgericht Bochum auf die mündliche Verhandlung vom 28.10.2015 durch die Richterin am Amtsgericht [Name] für Recht erkannt:
    • 1. Die Klage wird abgewiesen.
      2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
      3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.


    Tatbestand:

    Die Klägerin begehrt von der Beklagten Schadensersatz und Ersatz der Abmahnkosten anlässlich einer angeblichen Urheberrechtsverletzung.

    Dazu behauptet die Klägerin, die Beklagte habe am 21.02.2011 das Musikalbum "The Beginning" von den "The Black Eyed Peas" im Internet über eine Tauschbörse öffentlich zugänglich gemacht. Die Klägerin sei Inhaberin ausschließlicher Nutzungs- und Verwertungsrechte hinsichtlich des Musikalbums. Wegen der Verletzungshandlung begehrt die Klägerin Schadensersatz in Höhe. einer Lizenzgebühr von jedenfalls 2.400,00 EUR. Ferner begehrt sie Ersatz der vorgerichtlichen Abmahnkosten in Höhe von 1.005,40 EUR.



    Die Klägerin beantragt,

    die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin Schadensersatz für die unberechtigte Zugänglichmachung des Musikalbums "The Beginning" der Künstlergruppe "The Black Eyed Peas" in Höhe von 2.400,00 EUR, sowie Kostenersatz in Höhe von 1.005,40 EUR nebst jeweils Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit und 1,35 EUR Adressermittlungskosten zu zahlen.




    Die Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.



    Die Beklagte macht geltend, das Werk nicht öffentlich zugänglich gemacht zu haben. Sie habe die behauptete Rechtsverletzung nicht begangen. Ihr Rechner sei zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung ausgeschaltet gewesen. Zugriff zum Internetanschluss am 21.02.2011 hätten weitere Familienangehörige gehabt. Zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung lebten im Hause der Beklagten ihre beiden Kinder [Name] (geb. 1994) und [Name] (geb. 1996) und ihr Ehemann. Die Kinder haben zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung über ihren eigenen Rechner Zugang zu der Internetverbindung der Beklagten gehabt. Ebenfalls Zugang zu der Internetverbindung habe der Ehemann der Beklagten gehabt. Der Ehemann der Beklagten habe den gemeinsamen Kindern Tauschbörsennutzung untersagt. Die Beklagte habe ihre Familienmitglieder befragt, die jedoch eine Rechtsverletzung verneint hätten.

    Wegen der sonstigen Einzelheiten wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst der dazugehörigen Anlagen Bezug genommen.



    Entscheidungsgründe:

    Die zulässige Klage ist unbegründet.

    Die Klägerin kann von der Beklagten nicht gern. § 97 UrhG Schadensersatz und Erstattung der vorgerichtlichen Abmahn- und Inkassokosten verlangen. Die Beklagte haftet der Klägerin nicht nach § 97 I 1 UrhG auf Unterlassung, weil sie für eine Verletzung urheberrechtlich geschützter Rechte an dem in Rede stehenden Musikalbum "The Beginning" von den "The Black Eyed Peas" nicht verantwortlich ist.

    Die Beklagte haftet nicht als Täter. Die Klägerin trägt nach allgemeinen Grundsätzen als Anspruchsteller die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs auf Erstattung von Abmahnkosten erfüllt sind. Danach ist es grundsätzlich ihre Sache, darzulegen und nachzuweisen, dass die Beklagte für die von ihr behauptete Urheberrechtsverletzung als Täter verantwortlich ist (vgl. BGH, Urteil vom 08.01.2014 - I ZR 169/12, GRUR 2014, 657-662).

    Im vorliegenden Fall spricht keine tatsächliche Vermutung für das Vorliegen der Täterschaft der Beklagten. Nach der Lebenserfahrung ist davon auszugehen, dass der Anschlussinhaber zwar zum Kreis potentieller Täter gehört. Darauf beschränkt sich jedoch die tatsächliche Vermutung (vgl. zutreffend Zimmermann, MMR 2014, 368). Wird über einen Internetanschluss eine Rechtsverletzung begangen, ist eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers nicht begründet, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung (auch) andere Personen diesen Anschluss benutzen konnten. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Internetanschluss zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung nicht hinreichend gesichert war (vgl. BGH, Urteil vom 12.05. 2010 - 1 ZR 121/08, BGHZ 185, 330 - Sommer unseres Lebens) oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde (vgl. BGH, Urteil vom 08.01.2014 - a.a.O.).

    Die Beklagten trifft zwar als Inhaber des Anschlusses eine sekundäre Darlegungslast. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast jedoch dadurch, dass er vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen verpflichtet (vgl. BGH, Urteil vom 08.01.2014 - a.a.O.).

    Diesen Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast ist die Beklagte ausreichend nachgekommen. Sie hat dargelegt, dass sowohl ihre Kinder, als auch ihr Ehemann Zugang zu dem Internetanschluss der Beklagten gehabt hätten. Die Beklagte ist damit auch der von dem Bundesgerichtshof geforderten Nachforschungspflicht nachgekommen. Es besteht nach diesem Vorbringen die ernsthafte Möglichkeit, dass die Beklagte als Täter nicht in Betracht kommt. Dies ungeachtet des Umstandes, dass die Familienangehörigen der Beklagten gegenüber beteuert haben sollen, die streitgegenständliche Urheberrechtsverletzung nicht begangen zu haben (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 27.10.2011 - 22 W 82/11).

    Unter diesen Umständen ist es wieder Sache der Klägerin als Anspruchstellerin, die für eine Haftung des Beklagten als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen (vgl. BGH, Urt. v. 15.11.2012 - 1 ZR 74/12, GRUR 2013, 511). Soweit die Klägerin bestritten hat, dass Dritte zum Tatzeitpunkt ebenfalls Zugriff auf den betreffenden Internetanschluss gehabt hätten genügt die Klägerin der ihr obliegenden Darlegungs- und Beweislast insoweit nicht.

    Eine Haftung der Beklagten folgt auch nicht aus einer etwaig unzureichenden Sicherung seines Anschlusses als Störer. Zum einen besteht insoweit eine Haftung nicht hinsichtlich des begehrten Schadensersatzes, sondern allenfalls auf Ersatz der Abmahnkosten sowie Unterlassung (vgl. BGH, Urteil vom 06.04.2000 - I ZR 67/98, NJW-RR 2000, 1710). Im Übrigen liegen die Voraussetzungen für eine Störerhaftung jedoch nicht vor. Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die weder als Täter noch als Teilnehmer für die begangene Urheberrechtsverletzung in Anspruch genommen werden können, setzt die Haftung als Störer nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Verletzung zumutbarer Verhaltenspflichten, insbesondere von Prüfungspflichten, voraus. Ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen eine Verhinderung der Verletzungshandlung des Dritten zuzumuten ist, richtet sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung seiner Funktion und Aufgabenstellung sowie mit Blick auf die Eigenverantwortung desjenigen, der die rechtswidrige Beeinträchtigung selbst unmittelbar vorgenommen hat (vgl. BGH, Urteil vom 08.01.2014, a.a.O.).

    Anhand dieser Voraussetzungen bestehen im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte für eine Verletzung zumutbarer Verhaltenspflichten auf Seiten der Beklagten. Der Inhaber eines Internetanschlusses ist grundsätzlich nicht verpflichtet, volljährige Familienangehörige über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Internettauschbörsen oder von sonstigen Rechtsverletzungen im Internet zu belehren und ihnen die Nutzung des Internetanschlusses zur rechtswidrigen Teilnahme an Internettauschbörsen oder zu sonstigen Rechtsverletzungen im Internet zu verbieten, wenn keine konkreten Anhaltspunkte für eine solche Nutzung bestehen. Solch konkrete Anhaltspunkte - wie beispielsweise aufgrund einer bereits erfolgten Abmahnung - hat die Klägerin nicht dargelegt, sie sind auch sonst nicht ersichtlich. Hinsichtlich der im Haushalt lebenden Kinder hat die Beklagte substantiiert dargelegt, dass ihr Ehemann den Sohn und die Tochter bei Erhalt der PCs 2009/2010 darüber belehrt habe, keinerlei Programme aus dem Internet herunterzuladen.

    Soweit die Klägerin die Ansicht vertritt, eine Störerhaftung bestünde bereits wegen einer unzureichenden Sicherung des Anschlusses der Beklagten, kann dem nicht gefolgt werden. Die Klägerin ist insoweit gehalten, darzulegen und zu beweisen, dass die etwaige Verletzung einer Sicherungspflicht - beispielsweise durch Verwendung eines unzureichenden Passworts - kausal für die Urheberrechtsverletzung geworden ist. Insoweit ist es Sache der Klägerin, nach den allgemeinen Grundsätzen den Vollbeweis für einen Missbrauch des Anschlusses zu erbringen. Das ist nicht erfolgt, weder im Hinblick auf eine unzureichende Sicherung des Anschlusses nach außen, noch bezüglich einer Verletzungshandlung der Familienangehörigen, die auf einer unzureichenden Belehrung beruht.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. (...)



AW3P (Nach-) Gedanken

Ein Beklagter - muss - mit Erhalt einer Anspruchsbegründung (Klage im Mahnverfahren) bzw. einer gerichtlichen Verfügung zur Durchführung eines Vorverfahren (Klage) - zwingend - einen "Rechtsanwalt seines Vertrauens" beauftragen. Foren sowie anonyme Nicht-Juristen sind - strikt - zu meiden.



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Steffen Heintsch für AW3P

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AG Bochum, Urteil vom 11.11.2015, Az. 42 C 140/15

The Grinch
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10436 Beitrag von The Grinch » Samstag 28. November 2015, 06:23

Und dabei ist es egal, wer was wie sieht und wer was vermeintlich verklausuliert oder nicht. Entscheidend ist die Realität. Und die ist nun einmal:
Genau DAS will ich die ganze Zeit damit zum Ausdruck bringen,
und ich wollte Dich gar nicht Nötigen jedes Mal Romane zu verfassen.

Streng, oder nicht, jenseits des Weißwurstäquators ticken die Uhren gaaaaaaanz anders.
Und ob das Strenge ist, oder einfach nur Ignoranz, lassen wir mal dahin stehen.

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Steffen
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10437 Beitrag von Steffen » Samstag 28. November 2015, 07:43

Hallo @The Grinch,

schau mal. Nur weil du etwas gebetsmühlenartig in deinen mittlerweile Vierzeiler wiederholst, wird es nicht Aussagekräftiger. Dann habe ich dir einen Link gegeben, um einmal selbst etwas nachzulesen (Prof. Dr. Th. Hoeren: "Haftung im Internet: Die neue Rechtslage"). Wir sollten uns doch einig sein, das ein Lehrstuhlbeauftragter und RiOLG (DD) - mehr Ahnung hat als du und/oder/bzw. ich.

Es ist - und dieses muss man einfach immer und immer wieder darstellen - im Grundsatz nichts Neues, das auf Grundlage der BGH-Entscheide ("Sommer unsere Lebens", "Morpheus" und "BearShare") an den diversen Gerichtsstandorten - unterschiedlich -, sagen wir streng ermessen wurde und wird.

Hierbei ist es Banane, was ein @ouf, @Werniman, @geldabschneider, @el Chupa Cabra (hier @The Grinch) oder ichens als Nichtjuristen denken. Es geht doch sowieso nur in die eine dogmatische forengetreue Richtung:

» alle Gerichtsentscheidungen die für uns Abgemahnte gut klingen - sind bindend. Alle die nicht - sind Bajuwarische (und mittlerweile sogar Wurzbachsche) rechtsbeugende Fehlurteile, die den BGH negieren bzw. zumindest nicht beachten, was wir rechtsicher denken, was der BGH tatsächlich meint. «

Natürlich besteht hier Kritik, Unverständnis usw. usf., das im Süden DE (Köln, Stuttgart, München, Leipzig) streng ermessen wird, im Gegensatz andere Gerichtsstandorte weniger streng ermessen.



OLG Düsseldorf, Urteil vom 21.07.2015, Az. 20 U 172/14
(...) Nach allgemeinen Grundsätzen ist es Sache der Klägerin, darzulegen und zu beweisen, dass die Beklagte für die streitgegenständliche Rechtsverletzung verantwortlich ist. Im Streitfall spricht keine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft der Beklagten. Wird über einen Internetanschluss eine Rechtsverletzung begangen, ist eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers nicht begründet, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung (auch) andere Personen diesen Anschluss nutzen konnten. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der Internetanschluss nicht hinreichend gesichert war, oder – wie hier – bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde (BGH GRUR 2014, 657 Rn. 15 – BearShare). Der sie treffenden sekundären Darlegungslast ist die Beklagte – wie schon das Landgericht zutreffend ausgeführt hat – nachgekommen. Den Prozessgegner der primär darlegungsbelasteten Partei trifft in der Regel eine sekundäre Darlegungslast, wenn die primär darlegungsbelastete Partei unverschuldet keine näheren Kenntnisse der maßgeblichen Umstände und auch keine Möglichkeit der weitergehenden Sachverhaltsaufklärung hat, während dem Prozessgegner nähere Angaben dazu ohne Weiteres möglich und zumutbar sind. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast dadurch, dass er vorträgt, ob und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen (BGH GRUR 2014, 657 Rn. 18 – BearShare).

Dieser Darlegungslast hat die Beklagte entsprochen, indem sie vorgetragen hat, ihr volljähriger Sohn und ihr Ehemann hätten jeweils selbständig Zugriff auf den Internetanschluss gehabt, eine Täterschaft aber auf Vorhalt abgestritten. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist die Beklagte nicht gehalten, darzulegen, welche der in Frage kommenden Personen zu den streitgegenständlichen Zeitpunkten auch tatsächlich den Internetzugang genutzt haben, denn dieser Vortrag ist ihr schon nicht ohne Weiteres möglich. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die Teilnahme an sogenannten P2P-Netzwerken nicht zwingend voraussetzt, dass der Betreffende Nutzer tatsächlich anwesend ist. Erforderlich ist lediglich, dass der betreffende Rechner mit dem Internet verbunden ist und sich in Betrieb befindet. Nähere Angaben dazu, bei welchen Rechnern (und gegebenenfalls mit welchen Benutzerkonten) dies der Fall ist, kann der Anschlussinhaber regelmäßig nur machen, wenn er die Kommunikation aller Nutzer überwacht und speichert. Abgesehen davon, dass die rechtliche Zulässigkeit einer derartigen anlasslosen Kommunikationsüberwachung mehr als zweifelhaft ist, ist sie dem Anschlussinhaber jedenfalls nicht zuzumuten. Im Übrigen hat der Bundesgerichthof selbst bei Kindern keine Veranlassung gesehen, deren Internetnutzung anlasslos zu überwachen (BGH GRUR 2013, 511 Rdnr. 24 – Morpheus). Dann besteht für den Anschlussinhaber aber erst recht keine Veranlassung, erwachsene Familienangehörige zu überwachen.

Es ist damit wiederum Sache der Klägerin, darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass die Beklagte die hier streitgegenständlichen Rechtsverletzungen begangen hat. (...)
HansOLG, Beschluss vom 02.02.2015, AZ 5 W 47/13
(...) Auch ist es im Ausgangspunkt zutreffend, dass eine tatsächliche Vermutung für eine täterschaftliche Verantwortung des Anschlussinhabers spricht, wenn ein geschütztes Werk der Öffentlichkeit von einer ihm zugeordneten IP-Adresse zugänglich gemacht wird (BGH GRUR 2010, 633 [Rz.12] - Sommer unseres Lebens). In einer solchen Situation obliegt es dem Anschlussinhaber in der Tat darzulegen, weshalb diese Vermutung nicht zutreffend ist. Dazu gehört auch nach Auffassung des Senates u.a. die Darlegung, ob sich eine Datei mit dem in Rede stehenden Werk überhaupt auf seinem Rechner befand, ob er Teilnehmer an Tauschbörsen u.ä. ist und vor allem, weshalb er meint ausschließen zu können, dass die fragliche Datei im fraglichen Zeitraum von seinem Rechner aus - von ihm oder von dritten Personen - öffentlich zugänglich gemacht worden ist; hierzu gehört u.a. auch die Darlegung etwaiger Sicherungsmaßnahmen (Senat, B. v. 23.9.2014 - 5 W 76/13).

Denn sie hat vorgetragen und glaubhaft gemacht, dass wenigstens zwei weitere Personen - ihr Ehemann und ihre Tochter - in fraglichen Zeitraum vom 28. bis 30.7.2012 Zugang zu ihrem an das Internet angeschlossenen Rechner hatten, so dass eine Begehung durch eine dieser Personen nicht ausgeschlossen ist. Das Bestehen dieser Möglichkeit genügt indes, um die genannte tatsächliche Vermutung zu widerlegen: Wird über einen Internetanschluss eine Rechtsverletzung begangen, ist eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers nicht begründet, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung (auch) andere Personen diesen Anschluss benutzen konnten (BGH GRUR 2014, 657 [Rz.15] - BearShare; vgl. auch OLG Köln, U. v. 16.5.2012 - 6 U 239/11 - [Rz.7f] zit. nach juris). (...)
Man darf aber jetzt nicht den Fehler machen und es darstellen, als ob außerhalb des roten Korridors ...

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... alles "Friede, Freude, Eierkuchen" wäre, innerhalb diesen die roten Korridors Richter und ein Wurzbacher zurückgeblieben. Schon allein das ist Lächerlich, genau wie die ganze Forenwelt. Letztlich kommt es sowieso darauf an, was der Richter ermisst und nicht was ein anonymer Forenuser meint. Und diesbezüglich werde ich immer wieder gern Romane abfassen und euch darauf - immer und immer wieder - hinweisen.

VG Steffen

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10438 Beitrag von The Grinch » Sonntag 29. November 2015, 09:46

Nichts dagegen!
Stetes Wiederholen soll ja sehr einprägsam sein.

Richy
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10439 Beitrag von Richy » Sonntag 29. November 2015, 10:03

Wobei das für Sachsen nicht stimmt...da ist ja einzig Leipzig zuständig...Sachsen müsste also komplett weiß sein! ;)

Viele Grüße
Richy
Anwalts- und Gerichtskosten und Ablauf des Verfahrens (Hamburger Abendblatt / Rat & Hilfe)

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Steffen
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10440 Beitrag von Steffen » Sonntag 29. November 2015, 10:52

Hallo @The Grinch,

schau mal. Diesmal werde ich aber etwas direkter. Natürlich respektiere ich deinen Standpunkt und deine Meinung. Ich editiere bzw. lösche rein gar nichts. Und entgegen der Forenwelt hat es den Grund, das man sachlich bleibt, jeder seinen Standpunkt darlegt und es nicht darum geht den anderen unter der Gürtellinie zu treffen. Wenn, derjenige braucht sich dann nicht aufregen - wenn.


Du vertrittst einzig und ohne Argumente die Meinung /Standpunkt - Du kannst mich gern verbessern, aber es wird wohl den Kern treffen -:

In Filesharing-Klageverfahren gibt es vom BGH vorgegeben
  • a) keine Sippenhaft
    b) der Beklagte ist nur zu einem pauschalen Bestreiten und Nennung der Anzahl der Mitnutzer angehalten
    c) die Beweislast der Täterschaft liegt - allein - beim Kläger
    d) In Süden (Stuttgart, Köln, München, Leipzig), nein Du beschränkst es auf nur München - begehen die dortigen Richter Rechtsbeugung und sprechen Recht entgegengesetzt zu dem, was der BGH festlegt.
I. Wiederholst DU die allgemeinen (Foren-) Propagandagrundsätze:
  • 1. Beschränkung auf wenige Schlagworte,
    2. geringer geistiger Anspruch,
    3. Abzielen auf das gefühlsmäßige Empfinden der Abgemahnten,
    4. Vermeidung von Differenzierungen und
    5. die tausendfache Wiederholung des ouf-Glaubenssatzes
II. Kannst DU weder meinen - willst DU eigentlich auch nicht - widerlegen noch DEINEN belegen

III. Hältst DU DEINEN als das Non plus Ultra obwohl DEINE Forengenossen alle Andersdenkenden / Kritiseure sofort verdammen, in eine Schublade stecken, und DU dich dort dazu - nicht - kritisch äußerst. Alle die gegen Shual, Werniman und ouf sind, sind Abmahner, Trolle und Steffen-Fanboy. Kannst wohl dann auf Gegendruck stoßen, uncool werden - gelle.


Und das ist falsch. Und ja, ich bin ein schlechter Erklärer, drücke mich Scheiße aus, setze die Kommas wie mit einem Salzstreuer, verstehe den Wortaufbau als Mikado ... bla-bla-bla ... und blubdieblub.


Der BGH ist nicht dazu da, sich an die Forenmeinung irgendwelcher Anonymer zu richten, sondern
  • => von den Gesetzen, Rechtsvorschriften, Erfahrungssätze sowie
    => zur Eindämmung massenhafter tagtäglicher Rechtsverstöße und
    => Schaffung eines Interessenausgleichs zw. Verletzten und Verletzer (Interesse des Verletzten ist dabei ausschlaggebend = de facto)
Der BGH vertritt seit dem BGH-Entscheid "Sommer unseres Lebens" eine harte Gangart. Davon zeugt:
  • => die immer währende Täterschaftsvermutung - wenn keine Mitnutzer
    => keine Täterschaftsvermutung - wenn Mitnutzer und dies als Täter in Frage kommen können
    => Klare Definition zwischen sek. Darlegungslast und Täterschaftsvermutung
    => erstmalige Thematisierung einer bestehenden Nachforschungspflicht des Beklagten
Und ja - auch deshalb habe ich dir den Link des Prof. Dr. Hoeren gegeben - ist das alles eine Beweiserleichterung für den Kläger und kritikwürdig auch die strenge Rechtsprechung z.B. in München, aber - und dies ist ein Grundsatz im Privatrecht - der Beklagte hat zu Sachverhalten Aussagen zu treffen, wenn nur er - nicht der Kläger - Einsicht hat.

Natürlich, wird jetzt deutlich - neben das wir denken, was der BGH meint zu denken -:
  • a) von Gerichtsstandort zu Gerichtsstandort und innerhalb eines Gerichtsstandortes (AG <-> LG <-> OLG/KG) werden die Anforderung unterschiedlich hoch bzw. tief angesetzt
    b) Gibt es keine einheitlich Rechtsprechung zu den Anforderungen
    • aa) der BGH stellt keine auf - seine Grundsatzentscheidung muss in der Praxis "reifen"
      bb) es wird deutlich, das im Süden DE streng ermessen wird, andernorts dagegen nicht oder von mir auch angemessen
Nur ist das nichts Neues. Dieses ist schon immer so. Nur muss man dieses jeden verdeutlichen und hinweisen. Immer und immer wieder! Diesbezüglich habe ich als Orientierung auch alle - mir bekannten - gerichtlichen Anforderungen bundesweit zusammengefasst (Link). Diese sind kein Produkt meiner Fantasie, sondern stellen die Realität dar - natürlich nicht eines Gerichtsstandortes sondern vieler vom Süden bis zum Norden. Und wenn man einmal diese genau durchliest, stellt man fest, das diese gar nicht - bis auf wenig Ausnahmen - so abwegig sind. Natürlich sind diese kein Dogma. Wer es besser weiß, der verlässt sich auf sein Bauchgefühl.

Und das in der südliche Rechtsprechung, die wir forenmäßig anprangern,
  • a) teilweise "arschig" ermessen wird
    aber auch
    b) viele Fehler seitens des Beklagten begangen wurde (was wir bewusst negieren)

Ich kann doch 1001-mal eine Entscheidung z.B. des LG Hintertupfing zitieren, das es ausreiche nur die Mitnutzer zu benennen, dann müsse der Kläger beweisen wer" ...
.. wenn ein anderes LG eben andere Maßstäbe setzt. Dann muss sich darauf hinwiesen, das da und dort, dies und das ausreicht, da und dort eben nicht. Aber ein generelles Negieren dieses ist einfach nur dumm, gut aber forenfreundlich. Denn keiner - auch DU nicht - stehst dann für deine Meinung / Standpunkt ein, wenn ein Beklagter sich danach richtet und z.B. in München damit aber baden geht. DU entziehst dich dann - wie alle Anonymen - deiner Verantwortung anderen, wenn man sich öffentlich zur Schau stellt.

VG Steffen

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