Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

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Steffen
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#9941 Beitrag von Steffen » Samstag 28. März 2015, 10:18

Politiker-Wahlversprechen Co. & KG.

Bundestag beschließt Pkw-Maut - NRW kritisiert "Murks-Maut“

Quelle: www.focus.de




Zur Erinnerung: Vor der Wahl ist nie nach der Wahl!




Steffen Heintsch

Per.Son
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#9942 Beitrag von Per.Son » Sonntag 29. März 2015, 20:06

Es wäre schön zu erfahren, ob der Beklagte seine 200 Euro wieder bekommen hat.
AG Potsdam Urteil vom 18.03.2015, Az. 20 C 328/14

Wenn nicht, ob er diese einfordern wird.

AxelF
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#9943 Beitrag von AxelF » Montag 30. März 2015, 01:59

Per.Son hat geschrieben:Es wäre schön zu erfahren, ob der Beklagte seine 200 Euro wieder bekommen hat.
AG Potsdam Urteil vom 18.03.2015, Az. 20 C 328/14

Wenn nicht, ob er diese einfordern wird.
Warum sollte er sie wieder bekommen, bzw. auf welcher Basis einfordern?
Denn selbst wenn ein Anspruch bestehen würde, die Zahlung erfolgte 2011 und damit sollten eventuell entstandene Ansprüche mittlerweile verjährt sein.

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Steffen
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#9944 Beitrag von Steffen » Montag 30. März 2015, 15:06

Immer wieder hört man die Argumentation: "Ich war es nicht; ich bin unschuldig; ich kann mir nur erklären, dass es ein Hacker war; ich kann es zwar nicht beweisen, aber man liest ja in den Zeitschriften und bei YouTube anhand von Videos, dass man das WLAN in wenige Minuten hacken kann. So war es bestimmt auch bei mir, denn etwas anders kommt nicht infrage!" Wie gehen Gerichte nun damit um?



Landgericht Frankenthal, Beschluss vom 12.02.2015, Az. 6 S 24/14 - Verweis auf Hackerangriff erfüllt sekundäre Darlegungslast nicht


Autorin: Rechtsanwältin Carolin Kluge


Das Landgericht Frankenthal hat die Berufung des Beklagten gegen ein voll stattgebendes Endurteil des Amtsgerichts Koblenz (Az.152 C 1290/14) im Beschlusswege gemäß § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung zurückgewiesen.

Die Berufung habe in der Sache keine Aussicht auf Erfolg, beschied das Landgericht Frankenthal bereits in seinem vorangegangenen Hinweisbeschluss vom 09.01.2015. Denn der Beklagte habe nicht ausreichend dargelegt, welche andere Person als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen solle. Der pauschale Hinweis, der Internetanschluss könne von einem "kriminellen Dritten" genutzt worden sein, genügt den strengen Anforderungen des Bundesgerichtshofs insoweit nicht.

Entsprechend war das Erstgericht auch nicht gehalten, die von dem Beklagten angebotenen Beweise zu erheben. Da der Vortrag des Beklagten im Ergebnis nicht über ein einfaches Bestreiten hinausging, war weder die Einholung eines Sachverständigengutachtens noch die Einvernahme seiner Person als Partei geboten.

Das Amtsgericht Koblenz sei insofern zutreffend davon ausgegangen, dass der Beklagte der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast nicht in ausreichendem Maße nachgekommen sei, und durfte seiner Entscheidung die persönliche Täterschaft des Beklagten im Wege der Geständnisfiktion des § 138 Absatz 3 ZPO zugrunde legen.


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Quelle: http://news.waldorf-frommer.de/waldorf- ... ast-nicht/
Urteil: http://news.waldorf-frommer.de/wp-conte ... _24_14.pdf


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HarzMan
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#9945 Beitrag von HarzMan » Dienstag 31. März 2015, 15:28

Ein Kollege (außerhalb des Forums) hat mich gestern gefragt, ob er nach ca. 8 1/2 Monaten, nachdem er die Abgabenachricht - und sonst nichts weiter - erhalten hatte, trotzdem noch mit einer Klageschrift rechnen könne/müsse.

Tja, ich reiche diese Frage hier weiter (denn eine Antwort habe ich mit wegen Nichtwissen erspart).

kitty.kahlohr
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#9946 Beitrag von kitty.kahlohr » Mittwoch 1. April 2015, 11:19

Guten Morgen,

da ich kein eigenes Thema eröffnen kann weiß ich nicht, ob ich in diesem Thread richtig bin aber ich fange mal an.

Thema: unseriöser Anwalt?!

Ich hatte im Jahr 2011 mehrere dieser netten Abmahn-schreiben bekommen und war natürlich zuerst sehr verunsichert was ich tun soll. Da ich gleich 3 Stück auf einmal bekommen hatte suchte ich mir einen Anwalt, der sich mit diesem Thema auseinandersetzt. Ich war dort und man machte mir das Angebot an alle 3 eine mod UE zu verschicken; das ganze zu einem festen Preis von 300€ (normalerweise pro Abmahnung 150€). Da mein Vater bereits vor mir eine Abmahnung erhalten hat und sich ebenfalls an diesen Anwalt gewand hatte nahm ich das Angebot natürlich an. Ich vereinbarte eine Ratenzahlung a 50€. Die erste Rate zahlte ich sofort. Der Kontakt mit diesem Anwalt verlief ausschließlich über E-Mail. Das bedeutet, ich musste die mod. UE unterzeichnen und zurücksenden (diese Unterlagen kamen noch auf dem Postweg) und alle weiteren "Bettelbriefe" wurden mir dann per E-Mail mit dem Hinweis "Zum Verbleib für ihre Unterlagen" zugesand. Da ich zu diesem Zeitpunkt einen finanziellen Engpass hatte konnte ich die 50€ Raten nicht zahlen. Ich bat in einer E-Mail um eine Verkleinerung der Raten - jedoch ohne Rückantwort. Es folgte Stille. Hin und wieder kam mal per Mail eine Kopie eines Bettelbriefes, den die Gegenseite diesem Anwalt zugeschickt hatte. In der Zwischenzeit fand ich dieses Forum und las mich in die Materie ein und beschloss den Abmahnanwälten nichts zu zahlen und abzuwarten/aussitzen. Von den Abmahnanwälten habe ich erstmal nichts gehört, bis einer von ihnen die Forderung an die Debcon weitergegeben hat. Das war letztes Jahr. Im Mai bekam ich dann per E-Mail von dem vertretenden Anwalt ein Angebot. Ich hätte von den 300€ Anwaltshonorar erst 50€ bezahlt und man würde mir anbieten statt 250€ nur noch mit 150€ in 50€ Raten zu begleichen. Da ich mittlerweile einen recht schlechten Eindruck von dem Anwalt hatte (keine Rückantworten erhalten, so gut wie keinen Kontakt usw.) zahlte ich nicht. Bis heute kam auch keine Zahlungsaufforderung mehr. Somit müsste seine Forderung ja eigentlich verjährt sein. Wenn das in der Tat so ist, frage ich mich: bin ich da einem Abzocke-Anwalt auf dem Leim gegangen? So handelt doch kein normaler Anwalt. Mitte Januar bekam ich nochmals per E-Mail eine Kopie des Debcon-Schreibens mit Androhung der Klage. Wieder mit dem Hinweis " Zum Verbleib für ihre Unterlagen". Ich möchte eigentlich mit diesem Anwalt nichts mehr zu tun haben, da ich mir veräppelt vorkomme. Muss ich ihm irgendwie ein Schriftstück zukommen lassen, dass er für mich nichts mehr machen soll? Und was passiert, wenn Debcon nun einen MB oder eine Klage schicken würde? Käme die direkt zu mir oder würde Debcon diese an meinen Anwalt schicken? Wenn dieser mir dann das Ganze wieder als Kopie in einer E-Mail zukommen lassen würde.
Ich gebe ja zu, dass ich mit meiner Nicht-Zahlung nicht gerade vorbildlich gehandelt habe aber ich fühle mich dort schlecht beraten bzw. vertreten und sehe das überhaupt nicht ein. Sorry für den langen text aber ich hoffe, jemand versteht was ich meine und kann mir da einen Tip geben.

Das eigenartige vielleicht noch: Mein Vater hatte damals in seinem Fall die mod UE unterzeichnet und der Anwalt hat diese verschickt und bis heute nie wieder was gehört. Er hat für seinen Fall noch nicht mal eine Rechnung erhalten, dass er die 150€ Beratungskosten für die Abmahnung zahlen soll.

Dreizack
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#9947 Beitrag von Dreizack » Mittwoch 1. April 2015, 14:07

kitty.kahlohr hat geschrieben:Thema: unseriöser Anwalt?!
Hieß der Anwalt vielleicht mit Name "Hase"?

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Steffen
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#9948 Beitrag von Steffen » Mittwoch 1. April 2015, 14:53

Amtsgericht Oldenburg weist Filesharing Klage als unzulässig ab


14:51 Uhr


Das Amtsgericht Oldenburg hat mit Urteil vom 04.03.2015 (Az. 1 C 1296/14 (XX)) eine Filesharing Klage als unzulässig abgewiesen.


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Stefan Lutz, LL.M.
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Internet: www.hb-law.de

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Was war passiert?

Die Klägerin macht Zahlungsansprüche aus abgetretenem Recht einer Fa. GMV GmbH & Co. KG geltend, die Herstellerin und Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte für die Bundesrepublik Deutschland an den Filmen "Ohne ..." sowie "Extreme ..." ist. Die Zedentin ließ durch eine Firma im Rahmen von Internettauschbörsenprogrammen urheberrechtliche Verstöße ermitteln. Den beiden Filmen ist jeweils ein Hashwert zugeordnet. Mit Schreiben vom 11.05.2010 ließ die Zedentin den Beklagten im Hinblick auf die beiden Filme und einen behaupteten Verstoß vom 28.02.2010 23:49:40 Uhr abmahnen, nachdem die Telekom AG aufgrund eines gerichtlichen Auskunftsbeschlusses Auskunft über den Internetanschluss des Beklagten und die IP-Adresse 217.239.xxx.xxx zu der genannten Zeit erteilt hatte. Mit Mahnbescheid vom 20.12.2013, dem Beklagten zugestellt am 27.12.2013, verfolgt nunmehr die Klägerin unter Benennung einer Abtretung der Ansprüche am 18.12.2013 mit der Bezeichnung "Schadensersatz aus Unfall / Vorfall ... vom 12.05.2010 600,00 EUR und Rechtsanwaltshonorar vom 12.05.2010 839,80 EUR". Die Klägerin behauptet, der Beklagte habe die beiden Filme im Rahmen eines Tauschbörsenprogramms am 28.02.2010 öffentlich zugänglich gemacht. Die Zedentin sei aktivlegitimiert gewesen und habe die Ansprüche an die Klägerin abgetreten. Die Klägerin meint, eine Lizenzgebühr von 600,00 EUR sei angemessen und es sei für die Abmahnung ein Geschäftswert von 20.000,00 EUR zugrunde zulegen.



Wieso wurde die Klage als unzulässig abgewiesen?

Das Amtsgericht ist hier der Auffassung, dass die Klage deshalb unzulässig ist, weil der Streitgegenstand nicht hinreichend bestimmt ist. Das Amtsgericht führt hierzu aus:
  • (...) Die Klägerin macht Ansprüche aus abgetretenem Recht im Hinblick auf zwei verschiedene Filme geltend. Damit sind zwei verschiedene Rechtsgüter verletzt unabhängig davon, ob auch bei gleicher IP-Adresse und unterschiedlichen Uhrzeiten- wovon offenbar auszugehen - auch verschiedene Handlungen bzw. Taten vorlagen. Zur Bestimmung des Streitgegenstandes, der für die Zulässigkeit einer Klage erforderlich ist, ist nicht nur ein hinreichend bestimmter Klageantrag, sondern auch die hinreichende Bestimmtheit des dazugehörigen Lebenssachverhaltes erforderlich. Sofern verschiedene Rechtsgüter verletzt sind, handelt es sich um getrennte Ansprüche und nicht nur um verschiedene Rechnungsposten eines einheitlichen Schadensersatzanspruchs. Trotz gerichtlicher Hinweise hat die Klägerin nicht klargestellt, inwieweit Zahlungsansprüche auf die Verletzung des einen oder des anderen Films gestützt werden. Dies kann auch nicht durch Auslegung ermittelt werden. Der Kläger hat festzulegen, welche Beträge (hälftig, primär oder hilfsweise) auf welche Rechtsverletzungen gestützt werden sollen. Abmahnkosten für das anwaltliche Schreiben, welches das Datum des 11.05.2010 und nicht des 12.05.2010 trägt, hält das Gericht aber auch gar nicht für erstattungsfähig, weil auch das Abmahnschreiben als solches zu unbestimmt ist und noch nicht einmal erkennen lässt, welcher der beiden Filme zu der angegebenen Tatzeit hochgeladen worden sein soll und die Tatzeit(en) für den anderen Film gänzlich unerwähnt lässt. Offenbar hat die Klägerin die Telekomauskunft zu der genannten IP-Adresse auch lediglich zu der Uhrzeit 23:49:40 eingeholt. Die Abmahnung erwähnt nur diese Uhrzeit jedoch beide Filme. (...)


Zudem waren die Ansprüche verjährt!

Das Amtsgericht Oldenburg war zudem der Auffassung, dass die Ansprüche aufgrund nicht hinreichender Bestimmtheit des Mahnbescheids zudem verjährt sind.



Fazit

In Filesharingprozessen ist es immer ratsam die Daten sowie die zugrundeliegende Abmahnung genauestens unter die Lupe zu nehmen und sodann anhand der Klage- bzw. Anspruchsbegründung zu überprüfen, ob der Streitgegenstand erkennbar und hinreichend bestimmt ist.


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Autor: Stefan Lutz, LL.M.
Rechtsanwalt & Fachanwalt für IT-Recht

Quelle: www.hb-law.de
Link: http://www.hb-law.de/ag-oldenburg-weist ... aessig-ab/

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AG Oldenburg, Urteil vom 04.03.2015, Az. 1 C 1296/14 (XX)

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#9949 Beitrag von Steffen » Mittwoch 1. April 2015, 15:24

Überlassung eines Internet-Anschlusses an erwachsenen Dritten führt bei P2P-Urheberrechtsverletzungen zur Mitstörer-Haftung

Landgericht Hamburg, Urteil v. 20.03.2015, Az. 310 S 23/14

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#9950 Beitrag von Steffen » Montag 6. April 2015, 12:32

Waldorf Frommer-Recht:News




...---...-aw3p-...---...

Ich höre und lese immer wieder kontroverse Diskussionen und - nenne wir es - Standpunkte.

A) Diese Veröffentlichungen sind gut, dass Betroffenen nicht annehmen, dass es ganz so einfach sei, wie z.B. "Princess15114" es gern beschreibt.
B) Diese Veröffentlichungen sind "WF-Werbung und "WF-PR" und du ein Popperkriecher der "Contentmafia".
C) Diese Veröffentlichungen sind schlecht, da sie einen Betroffenen verwirren und in Panikversetzen. Vielleicht willst du es auch nur!?
D) Du verhöhnst die Beklagten und deren Anwälte, die nur verloren, weil in Bayern die Uhren anders ticken und der Richter mit dem Klägeranwalt zusammen Golf spielt! usw. usf.

Wer mich kennt, weiß, dass ich mich nach meiner Meinung richte. Weil die Ausrichtung von AW3P nicht dem schnöden Mammon dient, sondern einem Hilfesuchenden seine möglichen Kosten und Risiken aufzuzeigen und zu minimieren. Ausrufezeichen. Die bedeutet, ich werde weiterhin Gerichtsentscheidungen - egal ob aus unserer Sicht positiv oder negativ -, diese veröffentlichen. Jeder kann - muss aber nicht - die notwendigen Schlussfolgerungen aus den jeweiligen Entscheidungsgründen ziehen. Punkt.

...---...-aw3p-...---...



.....



----------WF-----------


1. Amtsgericht München, Urteil vom 24.03.2015, Az.158 C 26266/13: Die erfolgreiche Widerlegung des "in Betracht kommen" als Täter führt zu Verurteilung des Anschlussinhabers in Filesharing-Verfahren


Autorin: Rechtsanwältin Carolin Kluge


Der Beklagte hatte in diesem Verfahren vorgetragen, nicht er, sondern seine damals 13-Jahre alte Tochter habe die Rechtsverletzung begangen. Dies habe sie nach Erhalt der Klage auf nochmalige Nachfrage des Beklagten eingestanden. Im Laufe des außergerichtlichen Verfahrens wurde hingegen angegeben, dass der Beklagte zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung ortsabwesend gewesen sei und keine weiteren Personen Zugang zu seinem Internetanschluss gehabt hätten - was jedoch eine Täterschaft der Tochter ausschließen würde.

Die eklatante Widersprüchlichkeit im Aussageverhalten konnte der Beklagte trotz mehrfacher Hinweise durch das Gericht bzw. die Klägerin nicht gänzlich auflösen. Insbesondere hat die vom Beklagten als Zeugin angebotene Tochter im Rahmen ihrer Zeugeneinvernahme einen Down- bzw. Upload des Werkes abgestritten. Internettauschbörsen seien ihr unbekannt.

Das Amtsgericht verurteilte den beklagten Vater im Ergebnis antragsgemäß zur Zahlung der geforderten Rechtsanwaltskosten, des Schadensersatzes sowie zur Übernahme der Kosten des Rechtsstreits in Gesamthöhe von annähernd EUR 2000,00.


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Aus der Aussage der Zeugin ergebe sich gerade nicht, dass diese als Täterin der Rechtsverletzung in Betracht komme. Es könnte folglich dahinstehen, ob der Beklagte angesichts der Widersprüchlichkeiten im Aussageverhalten die sekundäre Darlegungslast mit seinem Vorbringen erfüllen konnte. Denn jedenfalls sei der Klägerin der Gegenbeweis gelungen, dass die als Täterin benannte Tochter eben gerade nicht für die Rechtsverletzung verantwortlich sei. Damit kommt nach Auffassung des Amtsgerichts niemand anderes als der Beklagte selbst als Täter in Betracht.


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Quelle: http://news.waldorf-frommer.de/waldorf- ... verfahren/
Urteil: http://news.waldorf-frommer.de/wp-conte ... 266_13.pdf

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2. Amtsgericht München, Urteil vom 04.12.2014, Az. 222 C 24046/13 : Unplausibler Sachvortrag führt zu Verurteilung des Anschlussinhabers in Filesharing-Verfahren


Autorin: Rechtsanwältin Cornelia Jergus


Der als Täter in Anspruch genommene Beklagte hatte eingewandt, nicht selbst für die Rechtsverletzung verantwortlich gewesen zu sein. Aber auch die übrigen Mitnutzer, seine Ehefrau und sein 15-jähriger Sohn, hatten eine Verantwortlichkeit abgestritten.

Schließlich habe sich das betreffende Filmwerk weder auf dem Computer des Sohnes noch auf dem des Beklagten befunden. Zum Verletzungszeitpunkt habe sich der Beklagte sowie seine Ehefrau "wohl" noch bei der Arbeit befunden, während der Sohn sich "soweit sich dies rekonstruieren" ließe, ganztägig zu Hause aufgehalten haben soll.

Das Gericht hat den Beklagten in Anbetracht dieses Sachvortrags zur Zahlung des geltend gemachten Schadensersatzes und zur Erstattung der Rechtsanwalts- sowie der Verfahrenskosten verurteilt.


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Unter Zugrundelegung der Angaben des Beklagten könne gerade nicht davon ausgegangen werden, dass die weiteren Familienangehörigen konkret als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen, so das Gericht in seiner Entscheidung. Vielmehr scheine nach dem Vortrag des Beklagten keiner der Nutzer für die Rechtsverletzung verantwortlich zu sein, was das Vorbringen insgesamt unplausibel erscheinen ließ.
 


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Quelle: http://news.waldorf-frommer.de/waldorf- ... verfahren/
Urteil: http://news.waldorf-frommer.de/wp-conte ... 046_13.pdf

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3. Landgericht Köln, Beschluss vom 25.02.2015, Az. 14 T 1/15: Landgericht Köln bestätigt strenge Anforderungen an den Wegfall der Vermutungswirkung - Bloß behauptete Zugriffsmöglichkeit Dritter entkräftet die tatsächliche Vermutung nicht


Autorin: Rechtsanwältin Claudia Lucka


Nachdem das Amtsgericht Köln den Prozesskostenhilfeantrag des Beklagten mangels Erfolgsaussichten zurückgewiesen und auch der hiergegen gerichteten sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen hatte, wurde die Sache dem Landgericht Köln zur Entscheidung vorgelegt.

Die Kammer bestätigte die Zurückweisung der Prozesskostenhilfe im vollen Umfang.

Der Beklagte hatte vor dem Amtsgericht seine Verantwortlichkeit für das unstreitig über seinen Anschluss erfolgte illegale Tauschbörsenangebot eines Musikalbums abgestritten und ohne jeglichen Fallbezug auf weitere, namentlich nicht benannte Mitnutzer seines Anschlusses verwiesen.

Obwohl das Amtsgericht den Beklagten darauf hinwies, dass sein Vortrag weder die tatsächliche Vermutung entkräften, noch der sekundären Darlegungslast entsprechen würde, erfolgte keine Konkretisierung des bisherigen Vorbringens.

Nach Ansicht der Kammer und in Einklang mit der BGH-Rechtsprechung sei die tatsächliche Vermutung erst dann nicht begründet, "wenn Umstände feststehen, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufes ergeben, also die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass allein ein Dritter die Rechtsverletzung begangen hat."

Eine bloße Behauptung dieser Möglichkeit genüge nicht, um die tatsächliche Vermutung zu widerlegen, so das Landgericht.


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Auch habe der Beklagte seine weitergehende Vortragsobliegenheit dadurch verletzt, dass er nicht dargestellt habe, ob und inwieweit der Internetanschluss von anderen Personen genutzt worden sei. Gelingt einem Anschlussinhaber diese substantiierte Darlegung nicht, so ist auch weiterhin die persönliche Verantwortlichkeit des Anschlussinhabers prozessual zu vermuten:

"Ist danach schon nach der eigenen Darstellung der Beklagten nicht feststellbar, dass ein Dritter selbstständigen Zugang zu dem Internet des Anschlussinhabers hatte und danach allein verantwortlich für die Rechtsverletzung sein kann, bleibt es bei der tatsächlichen Vermutung, das der Anschlussinhaber für die Rechtsverletzung verantwortlich ist, hier als der Beklagte. Diese Vermutung ist hier nicht widerlegt."

Der Beklagte, der trotz vielfacher Versuche nicht zu einer einvernehmlichen außergerichtlichen Beilegung des Rechtsstreits bereit war, wird das Verfahren nunmehr vor dem Amtsgericht Köln ohne Prozesskostenhilfe des Staates bestreiten müssen.
 


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Quelle: http://news.waldorf-frommer.de/waldorf- ... vermutung/
Urteil: http://news.waldorf-frommer.de/wp-conte ... T_1_15.pdf

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#9951 Beitrag von Steffen » Montag 6. April 2015, 23:12

Dr. Wachs Rechtsanwälte:
Amtsgericht Hamburg, Beschluss vom 20.03.2015, Az. 36a C 392/14:
Hinweise des Gerichts zur Aktivlegitimation der Klägerin




23:11 Uhr




Wie die Hamburger Kanzlei ...


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Bild

Rechtsanwalt Dr. Alexander Wachs

Dr. Wachs Rechtsanwälte
Osterstraße 116 | 20259 Hamburg
Telefon: 040 411 88 15 70
Fax: 040 411 88 15 77 | 040 444 65 51 0
E-Mail: info@dr-wachs.de | Web: www.dr-wachs.de

~~~~~~~~~~~~~~~~~~



... informiert, erließ das Amtsgericht Hamburg (Beschl. v. 20.03.2015, Az. 36a C 392/14) einen interessanten Hinweisbeschluss, indem einmal mitgeteilt wird, dass die mündliche Verhandlung wieder eröffnet wurde und andermal durch das Gericht Hinweise zur Aktivlegitimation des Klägers gegeben werden, die sicherlich interessant sind zu lesen, da es hier ausführlich um Themen geht wie GÜFA, c + p-Vermerk bis hin zum Nachweis der Rechteinhaberschaft.



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AG Hamburg, Hinweisbeschluss vom 20.03.2015, Az. 36a C 392/14
im Volltext als PDFD Download (3,28 MB)


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Über den Ausgang des Verfahrens werden wir auf AW3P weiter berichten.




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Autor: Steffen Heintsch für AW3P

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#9952 Beitrag von Steffen » Dienstag 7. April 2015, 23:50

AG Frankenthal: - nur - 5.000,00 EUR Streitwert und 580,00 EUR Lizenzgebühr bei Klage der Rasch RAe / Rasch RAe nehmen die Berufung nach Hinweis des LG Frankenthal zurück




23:50 Uhr



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Rechtsanwalt Dirk Polishuk
Eisenbahnstraße 02
67655 Kaiserslautern
Tel.: 0631 / 84 27 759
Fax.: 0631 / 27 75 73 009
E-Mail: kanzlei@polishuk.de
Web: www.abmahnung-erhalten.info


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Das Amtsgericht Frankenthal hat in einem Verfahren, in welchem die Beklagte durch mich anwaltlich vertreten wurde, entschieden, dass die Klage eines Plattenlabels, vertreten durch die Rasch RAe, nach Schadensersatz und Lizenzgebühren zu 3/4 unberechtigt ist. Nach einem Hinweis des LG Frankenthal nahmen die Rasch RAe die Berufung zurück.

Die Entscheidungen sind nachfolgend im Volltext wiedergegeben. Beide Entscheidungen enthalten lesenswerte Ausführungen zur Angemessenheit der Lizenzgebühr und der verlangten Rechtsanwaltskosten.


  • Amtsgericht Frankenthal, Urteil vom 27.10.2014, Az. 3b C 258/14:



    IM NAMEN DES VOLKES


    Endurteil

    In dem Rechtsstreit

    Universal Music GmbH, ...

    - Klägerin-

    Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt Clemens Rasch, ...

    gegen

    ...

    - Beklagte-

    Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt Dirk Polishuk, ...

    wegen Urheberrecht

    hat das Amtsgericht Frankenthal (Pfalz) durch den Richter am Amtsgericht ... auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 15.09.2014 für Recht erkannt:

    1. Das Versäumnisurteil vom 23. Juni 2014 bleibt mit der Maßgabe aufrechterhalten, dass die Beklagte verurteilt wird, an die Klägerin 580,00 EUR zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 04.06.2014 sowie Rechtsanwaltskosten in Höhe von 411,30 EUR zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 04.04.2014 zu zahlen.

    2. Im Übrigen wird das Versäumnisurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.

    3. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 3/4 und die Beklagte 1/4 zu tragen. Davon ausgenommen sind die Kosten der Säumnis, die der Beklagten in vollem Umfange zur Last fallen.

    4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.



    Tatbestand

    Die Klägerin macht mit der vorliegenden Klage urheberrechtliche Schadensersatzansprüche geltend. Verfahrensgegenständlich ist das Musikalbum "Atemlos" des Künstlers "Schiller", für dessen Anbieten auf einer Internet-Tauschbörse ("Filesharing") die Klägerin von der Beklagten eine Lizenzgebühr von 2.500,00 EUR und vorgerichtliche angefallene Abmahnkosten in Höhe von 1.379,80 EUR verlangt.

    Am 23. Juni 2014 erging antragsgemäß im schriftlichen Vorverfahren ein Versäumnisurteil, gegen das die Beklagte rechtzeitig Einspruch eingelegt hat.

    Die Klägerin trägt vor, die Beklagte sei Inhaberin eines Internetanschlusses, über den am 04. April 2010 das streitgegenständliche Musikalbum mit 29 Titeln zum Download angeboten worden sei. Dies sei von der beauftragten Firma proMedia GmbH festgestellt worden.

    Aufgrund der Rechtsverletzung habe sie, die Klägerin, Anspruch auf Schadensersatz. Dieser sei im Wege der Lizenzanalogie mit 2.500,00 EUR zu bemessen. Üblicherweise werde ein Betrag von 200,00 EUR pro Musiktitel als angemessen erachtet. Hinsichtlich der Abmahnkosten sei von einem Gegenstandswert von 50.000,00 EUR auszugehen, so dass sich bei einer 1,3 Gebühr und der Auslagenpauschale der Betrag von 1.379,80 EUR errechne.

    Die Klägerin beantragt,

    das Versäumnisurteil vom 23. Juni 2014 aufrechtzuerhalten.


    Die Beklagte beantragt,

    das Versäumnisurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.


    Sie trägt vor, nicht das komplette Musikalbum heruntergeladen zu haben. Sie schulde keinen Schadensersatz, da sie nicht schuldhaft gehandelt habe. Sie habe nicht gewusst, dass mit der von einem Bekannten installierten Torrent-Software auch ein Anbieten der Musik verbunden sei. Hilfsweise werde die Höhe des Schadensersatzes bestritten.

    Für einen Musiktitel könnten allenfalls 10,00 EUR verlangt werden. Auch die Abmahnkosten seien deutlich übersetzt.

    Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und Anlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.


    Entscheidungsgründe

    Die zulässige Klage ist nur teilweise begründet.

    Die Klägerin hat gegen die Beklagte nach § 97 Abs. 2 Satz 3 UrhG Anspruch auf Ersatz des Lizenzschadens in Höhe von 580,00 EUR, da die Beklagte das Musikalbum "Atemlos" des Künstlers "Schiller" - bestehend aus 29 Musiktiteln - auf einer Internet-Tauschbörse zum Download angeboten und damit öffentlich zugänglich gemacht hat.

    Was die Ermittlung der streitgegenständlichen Urheberrechtsverletzungen angeht, gibt es für das Gericht keine Anhaltspunkte für eine Unzuverlässigkeit der mit der Ermittlung betrauten Firma proMedia Gesellschaft und des von ihr eingesetzten Systems, mit dem im konkreten Fall der Zeitpunkt der Rechtsverletzung exakt dokumentiert wurde.

    Was die Höhe des Schadensersatzanspruches angeht, so kann dieser auf der Grundlage des Betrages: errechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Rechts eingeholt hätte. Die Höhe des Schadensersatzes wegen unberechtigter Zugänglichmachung eines geschützten Werkes im Internet ist grundsätzlich durch Schätzung anhand der Lizenzanalogie vorzunehmen. Dabei kann ein privater Internetnutzer jedoch nicht einem kommerziellen Lizenznehmer gleichgestellt werden.

    Grundsätzlich ist der Schadensersatz danach zu berechnen, was ein vernünftiger Lizenzgeber verlangt und ein vernünftiger Lizenznehmer gezahlt hätte. Der Schadensersatz nach Lizenzanalogie für Filesharing hat sich insoweit an den auf dem Markt erzielbaren Lizenzeinnahmen für einen Einzeldownload über einen legalen Anbieter zu orientieren, wo auch eine Angemessenheitsprüfung zu erfolgen hat. Der Verkaufspreis des Musikwerkes kann dagegen grundsätzlich nicht als Einsatzbetrag herangezogen werden. Abzustellen ist weiter auf die Anzahl der möglichen Vervielfältigungen während des Downloads. Hierbei ist die mögliche Downloadzeit heranzuziehen unter Zugrundelegung des üblichen DSL-Anschlusses in einem Privathaushalt.

    Das Gericht legt seiner Entscheidung die Erwägungen der neueren Rechtsprechung zugrunde, die die im Wege der Lizenzanalogie ermittelten Schadensersatzansprüche und auch die Gegenstandswerte für die Abmahnung deutlich niedriger ansetzen als noch vor einigen Jahren (vgl. AG Köln, Urteil vom 10.03.2014, Az. 125 C 495/13; AG Düsseldorf, Urteil vom 03.06.2014, Az. 57 C 3122/13). Dabei wird nicht verkannt, dass das Filesharing insbesondere der Musikindustrie erhebliche Schäden zufügt. Diese einzudämmen kann aber nach geltendem Recht nicht dadurch geschehen, dass den Filesharing-Teilnehmern Schadensersatzbeträge auferlegt werden, die zu dem durch den jeweiligen Tatbeitrag eingetretenen Schaden völlig außer Verhältnis stehen. Im Lichte dieser Ausführungen erscheinen Schadensersatzbeträge von annähernd 4.000,00 EUR für die Filesharing-Teilnahme mit einem einzigen Musikalbum als völlig übersetzt und unangemessen. Unter Berücksichtigung der obigen Erwägungen hält das Gericht einen Betrag von 20,00 EUR pro Musiktitel für angemessen und ausreichend, so dass im vorliegenden Fall lediglich 580,00 EUR zugesprochen werden konnten.

    Auch hinsichtlich der vorgerichtlichen Abmahnkosten erscheint ein Gegenstandswert von 50.000,00 EUR als völlig utopisch und lässt sich mit der Bewertung des verfolgten Unterlassungsanspruchs nicht in Einklang bringen. Das Interesse, das eine Privatperson es unterlässt, am Filesharing teilzunehmen, ist nach Überzeugung des Gerichts mit einem Gegenstandswert von 5.000,00 EUR ausreichend bewertet.

    Die Abmahnkosten (1,3 Gebühr zuzüglich Auslagenpauschale) reduzieren sich somit auf 411,30 EUR. Der weitergehenden Klage musste der sachliche Erfolg versagt und das Versäumnisurteil insoweit aufgehoben werden.

    Die Zinsforderung rechtfertigt sich aus §§ 286, 288 BGB. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 344 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Ziffer 11,711 ZPO.


~~~~~~~~~~~~~~~



Nachdem die Rasch RAe Berufung einlegten, erließ das LG Frankenthal folgenden Hinweisbeschluss (LG Frankenthal, Beschluss vom 03.03.2015, Az. 6 S 26/14):


  • Beschluss

    In dem Rechtsstreit

    Universal Music GmbH, ...

    Klägerin und Berufungsklägerin

    - RAe Rasch -

    ...

    Beklagte und Berufungsbeklagte

    - RA Polishuk -


    I. Die Kammer beabsichtigt, die Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.

    1. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 ZPO). Eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO).

    2. Die Berufung hat zudem keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

    a) Der Erstrichter hat den auf der Grundlage der Lizenzanalogie geltend gemachten Schadensersatzanspruch der Klägerin nicht zu niedrig bemessen. Ausgangspunkt bei der Schadensberechnung im Wege der Lizenzanalogie ist die Bestimmung einer angemessenen Lizenzgebühr. Angemessen ist eine Lizenzgebühr, welche verständige Vertragspartner in Ansehung der tatsächlichen und bezweckten Nutzung und unter der Berücksichtigung der Branchenübung vernünftigerweise vereinbart hätten; dabei ist für die Bemessung der Zeitpunkt bzw. bei Dauerverletzungen das Ende des Zeitraums der Rechtsverletzung zugrunde zu legen (vgl. etwa Büscher / Dittmer / Schiwy-Niebel, Gewerblicher Rechtsschutz § 97 UrhG Rn. 43 mwN). Die Schwierigkeit in den sog. Filesharing-Fällen wie dem vorliegenden besteht allerdings darin, dass es an anerkannten und angemessenen Vergütungsrichtlinien nicht nur fehlt, sondern eine Lizenzierung nach dem Willen des Rechteinhabers regelmäßig - wie nach dem unstreitigen Vorbringen der Klägerin auch hier - gar nicht gewünscht ist und deshalb nicht stattfindet oder stattfinden wird. In solchen Fällen ist die angemessene Lizenzgebühr daher mit allen damit verbundenen Unwägbarkeiten durch den Tatrichter zu schätzen, wobei im Rahmen der nach § 287 ZPO vorzunehmenden Schätzung Kriterien wie die Intensität, d.h. Umfang und Dauer der Rechtsverletzung, Gewinn und Umsatz für den Verletzer, Gewinn- und Umsatzverlust für den Verletzten, Bekanntheit des genutzten Werkes und dessen Urhebers Berücksichtigung finden (vgl. allgemein BeckOK UrhR / Reber UrhG [2014] § 97 Rn. 125 mwN).

    Der Versuch, für jedes denkbare Werk, oder auch nur für jeden denkbaren Musiktitel einen individuell ausgestalteten Schadensersatzbetrag zu finden, der den Besonderheiten dieses einzelnen Werkes/Musikstücks gerecht wird (z.B. Alter, Hitparadenplatzierung, Verkaufszahlen, Bekanntheit der Gruppe usw.), kann angesichts der Vielzahl der verfügbaren Werke nicht gelingen bzw. würde einen unangemessen hohen zeitlichen Aufwand mit sich bringen; die Bemessung muss sich daher an einer gewissen Pauschalierung pro Titel bzw. Gesamtwerk orientieren, wobei ein einzelner Filesharer nicht auf eine Stufe gestellt werden kann mit Anbietern, die ein geschütztes Werk auf der Grundlage eines Lizenzvertrags zu nutzen bereit wären, und es müssen unvertretbar hohe Beträge vermieden werden (OLG Hamburg MMR 2014, 127).

    Für einzelne Musiktitel gelangt die instanzgerichtliche Rechtsprechung dabei zu durchaus abweichenden Beträgen zwischen 10.00 und 200.00 EUR, mit in jüngerer Zeit eher fallender Tendenz (AG Köln MMR 2014, 483 [10,00 EUR]; LG Hamburg MMR 2010, 53 [15,00 EUR]; AG Düsseldorf, Urt. v. 02.06.2014 - 57 C 3122/13, BeckRS 2014, 11549 [20,00 EUR]; OLG Hamburg MMR 2014, 127 [200,00 EUR]; OLG Köln MMR 2012, 387 [200,00 EUR]).

    Hinsichtlich der hier streitgegenständlichen Nutzung ganzer Musikalben im Rahmen des Filesharings gibt es - soweit ersichtlich - nur vereinzelte Rechtsprechung (vgl. etwa AG München, Urt. v. 17.04.2013 -161 C 17341/11, BeckRS 2013, 08504 [etwas über 300,00 EUR für ein Musikalbum mit 12 bis 15 darauf enthaltenen Einzeltiteln]). Versucht man trotz der in gewissem Umfang gebotenen Pauschalierung (vgl. OLG Hamburg aaO) die oben genannten Kriterien auf den hiesigen Fall anzuwenden, fällt zunächst ins Gewicht, dass die Nutzung des zum Download angebotenen Musikalbums durch die Beklagte zwischen dem 4. April und dem 9. Juni 2010 erfolgt ist. Mithin ist von einer nicht völlig untergeordneten Intensität der streitgegenständlichen Rechtsverletzung in Bezug auf deren Dauer auszugehen, was gerade unter dem Aspekt der tatsächlichen und technischen Grenzen eines gleichzeitigen Downloads des Musikalbums durch Dritte durchaus von Bedeutung erscheint. Weiter ist zu beachten, dass die Beklagte - wie unter Filesharer üblich - durch ihre Handlung unstreitig weder Umsatz noch Gewinn erzielt hat und das Zurverfügungstellen des Werkes lediglich den systemimmanenten Reflex des vom Filesharer regelmäßig primär beabsichtigten Beschaffens des Werkes zum Zwecke der Eigennutzung darstellt. Demgegenüber steht ein nicht näher zu greifender, zumindest abstrakt aber denkbarer Umsatz- und Gewinnverlust der Klägerin durch entgangene Lizenzgebühren (bei entsprechendem Herunterladen aus offiziellen Quellen), wobei auch der Umstand berücksichtigt werden mag, dass es sich bei dem Urheber der auf dem Album befindlichen Musikstücke nicht um einen namenlosen Künstler handelt und das Album selbst nach den Darlegungen der Klägerin über ein Jahr in deutschen "Longplaycharts" gelistet war und dort über vier Woche sogar Platzierungen unter den "Top 10" einnahm. Nach alledem hält die Kammer den vom Erstrichter im Wege der Schätzung ermittelten Betrag von 580,00 EUR für nicht zu niedrig bemessen.

    Dabei kann dahinstehen, ob die pauschale Annahme eines Betrages von 20,00 EUR pro Musiktitel und die Multiplikation mit der Anzahl der enthaltenen Stücke auch beim Zurverfügungstellen einer ein ganzes Musikalbum beinhaltenden Datei stets sachgerecht erscheint, was gerade bei - mitunter eine Vielzahl an Zusatz-Tracks oder Bonusmaterial enthaltenden - Sonderausgaben von Musikalben äußerst zweifelhaft sein dürfte. Richtiger erscheint der Kammer in diesem Zusammenhang etwa die Orientierung an den Vergütungssätzen der GEMA für den Download von Einzeltiteln und Alben (Vergütungssätze VR-OD 7), wonach aktuell ein Betrag von 1,6327 EUR für das Herunterladen eines kompletten Albums mit 29 Titeln anzusetzen wäre, der dann eine Vervielfachung mit einem den Umständen des Einzelfalles - d.h. insbesondere der jeweils anzunehmenden Dauer des Zurverfügungstellens - gerecht werdenden Multiplikator erfährt. Bei Zugrundelegung des ausgeurteilten Betrages von 580,00 EUR deckt dies mathematisch einen Multiplikator von 355 geschätzten Downloads ab. Ein solcher erscheint nach Auffassung der Kammer unter Berücksichtigung der hier zu berücksichtigenden Umstände nicht zu niedrig bemessen, so dass im Ergebnis auch der vom Erstrichter festgesetzte Betrag nicht zu niedrig ist.

    b) Hinsichtlich der geltend gemachten Erstattung im Hinblick auf die geltend gemachten Rechtsanwaltsgebühren für die vorprozessuale Unterlassungsabmahnung vom 2. Mai 2010 ist ebenfalls keine Änderung der Entscheidung des Erstrichters zugunsten der Klägerin angezeigt.

    Die Annahme eines Gegenstandswertes von (lediglich) 5.000,00 EUR für die Unterlassung der Nutzung eines Musikalbums im Rahmen einer Datentauschbörse mag nach der hier einschlägigen alten Gesetzeslage und der früheren Rechtsprechung dazu eher niedrig erscheinen, ist aber gerade unter Berücksichtigung der gesetzgeberischen Wertung, welche der zwischenzeitlichen Änderung des § 97a UrhG zugrunde liegt, als noch im Rahmen des im Falle der Festsetzung des Streitwertes durch das Gericht gemäß § 3 ZPO eröffneten Ermessensbereiches befindlich einzuordnen. Hinzu kommt, dass die Klägerin die Zahlung eines Betrages von 1.379,80 EUR an ihre Verfahrensbevollmächtigten, dessen Erstattung sie hier begehrt, gar nicht vorgetragen hat, so dass insofern bereits Bedenken an der Schlüssigkeit der Klage bestehen.

    II. Gelegenheit zur Stellung- bzw. Berufungsrücknahme besteht bis 25.03.2015.

    Frankenthal (Pfalz), den 3. März 2015
    Landgericht - 6. Zivilkammer


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Autor: Rechtsanwalt Dirk Polishuk
Quelle: www.abmahnung-erhalten.info
Link: http://www.abmahnung-erhalten.info/2015 ... m-hinweis/

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#9953 Beitrag von siegfriedklein » Mittwoch 8. April 2015, 10:16

3. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 3/4 und die Beklagte 1/4 zu tragen. Davon ausgenommen sind die Kosten der Säumnis, die der Beklagten in vollem Umfange zur Last fallen.

was bedeutet in diesem Fall "Kosten des rechtsstrets"`?
Sind das nur Gerichtskosten?

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#9954 Beitrag von Steffen » Mittwoch 8. April 2015, 10:23

Gerichtskosten.

VG Steffen

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#9955 Beitrag von Steffen » Mittwoch 8. April 2015, 11:44

Anschlussinhaberin zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung abwesend - Sieg im Filesharing Verfahren vor dem Amtsgericht Leipzig gegen Negele



11:30 Uhr




Die Rechtsanwälte Negele, Zimmer, Kremel, Greuter mahnten im Namen der INO Handels- und Vertriebsgesellschaft Kerim Vorberg mbH unsere Mandantin als Anschlussinhaberin für den vermeintlichen Tausch eines Erotikfilms in einer Filesharing Börse ab. Das Amtsgericht Leipzig wies die Klage jedoch vollumfänglich ab (Urt. v. 18.03.2015, Az. 102 C 2266/14).



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Rechtsanwalt Christian Solmecke


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Kaiser-Wilhelm-Ring 27-29
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Tel.: 0221 / 951 563 0
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E-Mail: info@wbs-law.de
Web: www.wbs-law.de

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Anschlussinhaberin auf mehrtägiger Dienstreise unterwegs

Unsere Mandantin führte an, dass sie zum Zeitpunkt der vermeintlichen Rechtsverletzung nicht zu Hause war und den Anschluss folglich nicht genutzt hat. Sie befand sich zu diesem Zeitpunkt auf einer Dienstreise und nahm dabei alle Geräte mit, mit denen sie sonst Zuhause im Internet surft. Während dieser Zeit hatte nur noch ihr Ehemann selbständigen Zugriff auf den Anschluss.



Mitnahme aller internetfähigen Geräte

Das Gericht verneinte nach diesen Darlegungen die Täterschaft unserer Mandantin. Aus Sicht des Richters ist die Anschlussinhaberin hier mit der oben geschilderten Begründung ihrer sekundären Darlegungslast nachgekommen. Die Vermutung für ihre Täterschaft konnte sie wirksam entkräften, da ihr Ehemann ebenfalls als Täter in Betracht kam. Da die Gegenseite keine weiteren Beweise für die Täterschaft unserer Mandantin vortragen konnte, schied eine Haftung aus. Das Gericht betonte dabei, dass die bloße Abwesenheit der Anschlussinhaberin zum Tatzeitpunkt zwar nicht ausreiche, um eine Täterschaft zu verneinen. Hier war für das Gericht jedoch ausschlaggebend, dass unsere Mandantin alle von ihr zur Internetnutzung bereitgehaltenen Geräte mitgeführt hat, so dass eine Internetnutzung in ihrer Abwesenheit in der Wohnung nicht möglich war.



Keine Störerhaftung, wenn nur der Ehemann noch Zugriff auf den Anschluss hatte

Eine Störerhaftung schied nach richtiger Ansicht des Gerichts ebenfalls aus, da die Anschlussinhaberin weder Dritten (nicht Familienangehörigen) die Nutzung ihres Internetanschlusses ermöglicht hat, noch durch fehlende Sicherheitsvorkehrungen fahrlässig die Nutzung durch Dritte ermöglicht hat. Da in Bezug auf den Ehemann keine Kontroll- und Belehrungspflichten bestehen, hat unsere Mandantin auch ihn betreffend keine Pflichtverletzung begangen.




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Hier das Urteil im Volltext: 
Urteil Amtsgericht Leipzig

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Autor: Rechtsanwalt Christian Solmecke
Quelle: http://www.wbs-law.de
Link: https://www.wbs-law.de/abmahnung-filesh ... ele-60149/

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#9956 Beitrag von siegfriedklein » Mittwoch 8. April 2015, 19:21

Steffen hat geschrieben:Gerichtskosten.

VG Steffen
ich habe bei IGGDAw eine Erkärung vom Shual gelesen, aber verstanden habe ich nicht. Kann mir jemand das genauer erklären?

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#9957 Beitrag von Steffen » Donnerstag 9. April 2015, 10:14

AW3P:Wissen & Co. KG


  • Kosten des Rechtsstreites im Zivilverfahren

    Die Kosten eines Rechtsstreites sind in dem Paragrafen 91 der Zivilprozessordnung (ZPO) legaldefiniert. Mit inkrafttreten des 2. KostRMoG (01.08.2013) sind die neuen Gebühren in diversen Kostenrechnern selbst ermittelbar, um die Kosten für "im schlimmsten Falle" grob ausrechen zu lassen, da Qualität und Aussagekraft unterschiedlich.


    Empfohlener Kostenrechner: ROLAND


    § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht - ZPO

    (1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

    (2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

    (3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

    (4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
    Beachte:
    Kosten des Rechtsstreits sind zwar die Prozesskosten uns bilden grundsätzlich eine Einheit. Sie können jedoch über §§ 94 - 97, § 100 Abs. 3, § 101, § 281 Abs. 3, § 344 die Kosten einzelner Prozesshandlungen, einzelner Prozessabschnitte und die eines ganzen Rechtszuges gesondert von den übrigen Kosten des Rechtsstreits auferlegt werden (sog. Kostentrennung).

    Quelle: Thomas / Putzo ZPO, Kommentar, 31. Auflage, Seite 166 Rn. 5


    Die Aufteilung hingegen, wie zum Beispiel:
    • (...) Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 3/4 und die Beklagte 1/4 zu tragen.(...)
    ist der Baumbach'schen Formel geschuldet.


    Adolf Baumbach (* 15. Mai 1874 in Bad Homburg vor der Höhe; † 25. März 1945 in Bernau am Chiemsee) deutscher Jurist.

    Baumbach'sche Formel

    Das Gericht im Urteil auch darüber zu entscheiden, wer die Kosten des Rechtsstreits trägt (§ 308 Abs. 2 ZPO), ohne dass es hierfür des Antrags einer Partei bedarf. Die Baumbach'sche Formel wird hier bei der Entscheidung in Fällen benutzt, in denen mehrere Streitgenossen klagen oder verklagt werden und in unterschiedlichem Maß obsiegen. Dabei wird getrennt über die Verteilung der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten (Anwaltskosten) unter den Parteien entschieden. Der Entscheidungsvorschlag Baumbachs (in seiner Kommentierung zu § 100 ZPO) stellt keine mathematische Formel dar, sondern formuliert die vom Gericht zu treffende Entscheidung für einen einfachen Fall, in dem der Kläger gegen zwei Streitgenossen in gleicher Höhe klagt und gegen einen gewinnt, gegen den anderen verliert. Allerdings lässt sich die Lösung, gerade in schwierigeren Fällen, mit Hilfe mathematischer Formeln finden, wie sie in Berechnungsprogrammen am PC zum Einsatz kommen.

    Oder kurz und knapp

    Mit Baumbachscher Formel wird ein Verfahren zur Berechnung der Prozesskosten bei mehreren Beteiligten und unterschiedlicher Verurteilung bezeichnet.

    (Quellen: Wikipedia oder Rechtslexikon Lexexakt)

AW3P





PSSteffchen: Wobei mir dann wiederum Gerichtskosten, ergo alle Kosten vorm Gericht besser gefällt und für jeden Nichtjuristen völlig ausreichend ist als allg. Terminologie. Ansonsten hilft auch:

:;,;:

ffischer
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#9958 Beitrag von ffischer » Donnerstag 9. April 2015, 19:52

was neues von Redtube und Urmann und co
http://www.golem.de/news/porno-streamin ... 13407.html
baynay

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#9959 Beitrag von Steffen » Donnerstag 9. April 2015, 23:18

Lieber Siggi,

damit Inge von den fantastischen Iggedags nicht wieder die halbe Nacht mit wilden Hochrechnungen
sein kleines Köpfchen zermartern muss, und wieder Zeit für seine "Klageerwiderungen" und Kopfgeldjagd
hat, die Antwort von Herrn Rechtsanwalt Polishuk. An diese Stellen herzlichen Dank für die schnelle
Beantwortung der Frage.


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Sehr geehrter Herr ************,*

die Gesamtkosten der ersten Instanz betragen 2.056,61 EUR. Ich verweise auf die beigefügte Übersicht.

Amtsgericht Frankenthal, Urteil vom 27.10.2014, Az. 3b C 258/14

Bild


LG Frankenthal, Beschluss vom 03.03.2015, Az. 6 S 26/14

Bild


Demnach muss meine Mandantin in der ersten Instanz 514,15 EUR und die Klägerin 1.542,46 EUR bezahlen.

Die Kosten der Berufung trägt die Klägerin alleine.

Besondere Kosten der Säumnis gibt es keine. Die RA-Gebühren und Gerichtsgebühren für das Versäumnisurteil
werden zu 100 % auf das nachfolgende Verfahren angerechnet.


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Rechtsanwalt Dirk Polishuk
Eisenbahnstraße 02
67655 Kaiserslautern
Tel.: 0631 / 84 27 759
Fax.: 0631 / 27 75 73 009
E-Mail: kanzlei@polishuk.de
Web: www.abmahnung-erhalten.info


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

* Name - Heintsch - wurde entpersonalisiert.


VG Steffen

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#9960 Beitrag von Steffen » Samstag 11. April 2015, 09:24

Praktischer Zündstoff für die theoretische Delta-Theorie


Landesarbeitsgericht Köln, Beschluss vom 15.12.2014, Az. 7 Ta 60/14

Der Annahme, bei der Streitwertfestsetzung für das vorliegende gerichtliche Beschlussverfahren müssten auch die Streitgegenstände anderer selbständiger arbeitsgerichtlicher Beschlussverfahren mit einbezogen werden, kann nicht gefolgt werden. Bei den im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren auszutragenden Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 BetrVG handelt es sich um nichtvermögensrechtliche Streitigkeiten. Das wichtigste Kriterium für die Bemessung des Streitwerts einer nichtvermögensrechtlichen Streitigkeit ist die Bedeutung des Streitgegenstands für den oder die antragstellende Beteiligte. Die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur Einstellung des Arbeitnehmers A hat aber für sich betrachtet regelmäßig keine andere Bedeutung für die Antragstellerin, als die Ersetzung der Zustimmung zur Einstellung des Arbeitnehmers B, des Arbeitnehmers C usw. Mit dem Hauptkriterium der Bedeutung der Angelegenheit kann eine unterschiedliche Streitwertbemessung der Einzelfälle somit von vornherein nicht gerechtfertigt werden.

7

In die Wertbemessung bei nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten fließen aber neben dem Hauptkriterium der Bedeutung der Angelegenheit für den Antragsteller ergänzend noch weitere Kriterien ein wie die rechtliche Schwierigkeit und die tatsächliche Komplexität des Streitgegenstandes und der dadurch hervorgerufene Arbeitsaufwand für die Beteiligten, ihre Anwälte und das Gericht. Nur aufgrund dieser Hilfskriterien der Streitwertbemessung lässt sich innerhalb ein und desselben einheitlichen Gerichtsverfahrens ein sogenannter Mengenrabatt rechtfertigen. Ergibt nämlich eine erste Überprüfung des Sach- und Streitstandes, dass die in einem einheitlichen Gerichtsverfahren zusammengefassten Einzelfälle tatsächlich und rechtlich keine individuellen Besonderheiten aufweisen, so kann im weiteren Verlauf des Verfahrens auch die rechtliche und tatsächliche Beurteilung einheitlich erfolgen, sofern sich keine nachträglichen Änderungen ergeben. Nur dies rechtfertigt die Annahme, dass der Streitwert eines solchen Gerichtsverfahrens, in dem mehrere identische Einzelfälle zusammengefasst behandelt werden, zwar höher ausfällt als wenn nur ein einziger Einzelfall Streitgegenstand wäre, aber nicht so hoch wie das entsprechende Vielfache des isoliert bewerteten Einzelfalls.

8

Genauso ist das Arbeitsgericht bei der Bewertung des vorliegenden Beschlussverfahrens korrekterweise vorgegangen.

9

Dabei ist in dogmatischer Hinsicht darauf hinzuweisen, dass die Aufteilung des Streitwertes in einen Ausgangswert (hier 7.500,00 €) und Zuschläge für die weiteren Einzelfälle (hier 1.500,00 €) nur eine quasi virtuelle Berechnungsmodalität darstellt, aber nichts damit zu tun hat, dass etwa der Streitgegenstand der Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur Einstellung des Arbeitnehmers Rustarnov einen anderen, höheren Streitwert hätte als der Streitgegenstand der Ersetzung der Zustimmung zur Einstellung des Arbeitnehmers Arici usw.. Die Annahme, der Einzelfall Rustarnov ließe sich - wesentlich (7.500,00 € zu 1.500,00 €) - anders und höher bewerten als der Einzelfall Arici, ist dogmatisch nicht begründbar.

10

Schon deshalb verbietet es sich, in die Streitwertbetrachtung vermeintlich oder wirklich gleichgelagerte andere Fälle mit einzubeziehen, die in anderen selbständigen Gerichtsverfahren Streitgegenstand sind. Werden nämlich die Einzelfälle in getrennten Einzelverfahren behandelt, so individualisiert sich auch die Streitwertfestsetzung auf den Fall eines bestimmten Arbeitnehmers. Würde z. B. der Einzelfall des in einem Einzelverfahren behandelten Arbeitnehmers A im Sinne der Auffassung der Beschwerdeführerin als „Ausgangsfall“ definiert, so käme dem Fall des Arbeitnehmers A ein wesentlich höherer Streitwert zu als den Einzelfällen aller anderen Arbeitnehmer.

11

Die das einzelne selbständige Gerichtsverfahren übergreifende Zusammenfassung verschiedener selbständig ablaufender Verfahren zum Zwecke einer einheitlichen Streitwertfestsetzung widerspricht aber auch Sinn und Zweck der sogenannten Mengenrabatt-Rechtsprechung, wie gerade die vorliegende Konstellation sinnfällig verdeutlicht: Macht der Antragsteller verschiedene wirklich oder vermeintlich gleichgelagerte Fälle in mehreren Einzelverfahren gerichtsanhängig, so hat dies regelmäßig zur Folge, dass unterschiedliche Kammern des Gerichts mit den Einzelfällen befasst werden. Jede Kammer muss dann für sich aufs Neue den bei ihr anhängigen Einzelfall prüfen und beurteilen. Eine Arbeitsersparnis für das Gericht, die eine Verminderung des Streitwerts eventuell mit rechtfertigen könnte, wäre nicht gegeben.

12

Aufseiten der Beteiligten könnten diese z.B. beschließen, sich in einzelnen Fällen selbst zu vertreten, in anderen Fällen einen Anwalt als Prozessbevollmächtigten heranzuziehen. In verschiedenen selbständigen Verfahren könnten auch verschiedene Anwälte für die einzelnen Beteiligten tätig werden. Auch dies verdeutlicht, dass die unterschiedliche Bewertung selbständiger Einzelverfahren unter dem Gesichtspunkt des Mengenrabattes nahezu willkürlich erscheinen müsste.


Quelle: www.justiz.nrw.de


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