Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

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Steffen
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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5341 Beitrag von Steffen » Dienstag 3. Mai 2016, 19:33

[quoteemCoyote]Die Verjährungsfrist gilt dann ja ab 2014, sprich nach dem 31.12.2017 wäre ich frei.
Oder geht das nach den Log Daten v. 2013 sprich Anfang 2017 bin ich frei?
Komme gerade durcheinander ...[/quoteem]

Hallo @Coyote,

Bild

Die Antworten auf Fragen der Verjährung hat mir
das Landgericht Berlin mittels EV - Az. 103 O 60/13
untersagt.
Um mich an die Auflagen der Landesrichter zu halten
und meinen Respekt zum Ausdruck zu bringen, werden
keine Fragen hinsichtlich einer Verjährung direkt oder
indirekt beantwortet!

Bitte selbstständig einlesen: Link

VG Steffen Heintsch

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Steffen
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LG Berlin, Az. 16 S 31/15

#5342 Beitrag von Steffen » Montag 9. Mai 2016, 16:10

WALDORF FROMMER:
Das Landgericht Berlin verurteilt Beklagte antragsgemäß -
sekundäre Darlegungslast durch bloßes Nachfragen nicht erfüllt -
tatsächliche Vermutung einerseits
und sekundäre Darlegungslast andererseits
sind getrennt voneinander zu behandeln!



16:00 Uhr


Gegenstand des Berufungsverfahrens:
Illegales Tauschbörsenangebot eines urheberrechtlich geschützten Musikalbums



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

Beethovenstraße 12 | 80336 München
Telefon: 089 / 52 05 72 10 | Telefax: 089 / 52 05 72 30
E-Mail: web@waldorf-frommer.de | Web: www.waldorf-frommer.de



Bericht

Link: http://news.waldorf-frommer.de/waldorf- ... -erfuellt/

Urteil als PDF: http://news.waldorf-frommer.de/wp-conte ... _31_15.pdf


Autorin:
Autorin: Rechtsanwältin Anna Zimmermann



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Die beklagte Anschlussinhaberin hatte erstinstanzlich vorgetragen, den Internetanschluss nicht allein zu nutzen. Vielmehr hätten zum Tatzeitpunkt auch der Ehemann und der Sohn die Möglichkeit gehabt, den in Rede stehenden Internetanschluss zu nutzen. Nach Erhalt der Abmahnung hätten jedoch beide Mitnutzer auf Nachfrage abgestritten, für die Rechtsverletzung verantwortlich zu sein.

Das Amtsgericht Charlottenburg (Az. 214 C 64/15) hat die Klage auf Grundlage dieses Beklagtenvortrages abgewiesen. Es sah die tatsächliche Vermutung der persönlichen Verantwortlichkeit der Beklagten aufgrund der - nicht erwiesenen - Nutzungsmöglichkeit der weiteren Familienangehörigen als widerlegt an. Zudem ist das Erstgericht davon ausgegangen, dass die Beklagte mit ihrem Vortrag der sekundären Darlegungslast genügt habe. Aufgrund des Umstandes, dass weitere Haushaltsmitglieder selbstständig auf den Internetanschluss zugreifen könnten, ergebe sich bereits die ernsthafte Möglichkeit deren Täterschaft. Schließlich seien die weiteren nutzungsberechtigten Personen namentlich benannt und nach Erhalt der Abmahnung zur Rechtsverletzung befragt worden. Mehr könne vom Anschlussinhaber nicht verlangt werden.


Auf das (Gegen-)Beweisangebot der Klägerseite ist das Erstgericht nicht eingegangen.


Gegen das erstinstanzliche Urteil hat die Klägerin Berufung beim Landgericht Berlin eingelegt. Das Landgericht Berlin hat die erstinstanzliche Entscheidung aufgehoben und die Beklagte zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 450,00 EUR sowie Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten der Klägerin in Höhe von 506,00 EUR verurteilt.

Dabei hat das Berufungsgericht klargestellt, dass zwischen den beiden Rechtsinstituten der tatsächlichen Vermutung und sekundären Darlegungslast zu trennen ist. Der Vortrag, der zur Erschütterung der tatsächlichen Vermutung geeignet wäre, sei nicht zwangsläufig deckungsgleich mit demjenigen, der im Rahmen der sekundären Darlegungslast zu fordern sei.
  • "Das Gericht vertritt insoweit die Auffassung, dass beide Gesichtspunkte - tatsächliche Vermutung einerseits und sekundäre Darlegungslast andererseits - getrennt voneinander zu behandeln sind, insbesondere die sekundäre Darlegungslast nicht zwangsläufig bereits durch Vortrag erfüllt wird, der für die Widerlegung der tatsächlichen Vermutung einer Täterschaft genügen würde. Das ergibt sich auch aus der genannten Entscheidung des BGH (BGH a.a.O. Rdn. 37) [Anmerkung d. Verfasserin: Verweis auf BGH GRUR 2016, 191 - Tauschbörse III]."
Vielmehr seien an den Vortrag im Rahmen der sekundären Darlegungslast hohe Anforderungen zu stellen, wie auch den aktuellen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 11.06.2015 zu entnehmen sei. Insbesondere habe die Beklagte ihrer Nachforschungspflicht nicht genügt. Das bloße Nachfragen sei unzureichend.

Ließe man den Vortrag der Beklagten zur Erfüllung der sekundären Darlegungslast genügen, würde in Mehrpersonenhaushalten sowie im Familienkreis eine nicht zu rechtfertigende Schutzlücke entstehen, so das Landgericht Berlin. Der Anschlussinhaber könnte sich in der Folge durch völlig vage bleibenden Vortrag aus der Haftung befreien, ohne dem verletzten Rechteinhaber Anhaltspunkte zur Verfügung zu stellen, die es ihm ermöglichen würden, eine andere Person in Anspruch zu nehmen.
  • "Nach Auffassung des erkennenden Gerichts ist die sekundäre Darlegungslast aber jedenfalls im hier vorliegenden Fall entgegen der Auffassung des Amtsgerichts nicht erfüllt. Tatsache ist, dass in dieser Fallkonstellation neben der Beklagten nur ihr Lebensgefährte und ihr Sohn als Täter in Betracht kommen, wobei - wie auch das Amtsgericht in seinen Urteilsgründen annimmt - eine Täterschaft des Sohnes am wahrscheinlichsten gewesen sein dürfte. Vor diesem Hintergrund kann es nicht ausreichen, dass die Beklagte ihren Sohn einfach nur befragt und sich dann offenbar mit dessen schlichtem Leugnen zufrieden gegeben hat.

    Denn obwohl die Beklagte hier ohne weiteres die Möglichkeit hätte, durch weitere Nachfrage oder auch eigene Nachforschungen die objektiv bestehenden Verdachtsmomente zu erhärten oder gegebenenfalls zu entkräften, hat sie offenbar gar nichts weiter unternommen, sondern das Befragungsergebnis so hingenommen. Mit diesem stehen andererseits auch der Kläger keinerlei weitere Anhaltspunkte dafür zur Verfügung, dass sie statt der Beklagten etwa den Sohn in Anspruch nehmen könnte, obwohl tatsächlich einer der drei bekannten Personen - die Beklagte selbst, ihr Lebensgefährte oder ihr Sohn - die Rechtsverletzung begangen haben muss.

    Würde die Darlegung der Beklagten hier tatsächlich zum Ausschluss ihrer Haftung führen, hätte sie in dieser Fallkonstellation die Möglichkeit, durch entsprechend vage bleibenden Vortrag sowohl ihren Sohn zu schützen, als auch die eigene Haftung auszuschließen. Das erscheint aber selbst dann nicht gerechtfertigt, wenn es - wie hier - um eine Rechtsverletzung geht, die sich im engen Familienkreis abgespielt hat.

    Zwar greift der verfassungsrechtliche Schutz der Familie ein, weshalb die Beklagte ihren Sohn auch nicht belasten muss. Das hat aber umgekehrt zur Folge, dass sie selbst die Haftung auf sich nehmen muss. Anderenfalls würde bei Urheberrechtsverletzungen im Familienkreis eine Schutzlücke entstehen, die auch durch den Schutz der Familie nicht zu rechtfertigen ist."




Landgericht Berlin, Urteil vom 10.03.2016, Az. 16 S 31/15


Vorinstanz:



  • (...) hat die Zivilkammer 16 des Landgerichts Berlin in Berlin - Mitte, Littenstraße 12-17, 10179 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom 10.03.2016 durch den Richter am Landgericht [Name] als Einzelrichter


    für Recht erkannt:


    Auf die Berufung der Klägerin wird das am 6. Mai 2015 verkündete Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg - Az. 214 C 64/15 - geändert:

    Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 956,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. Mai 2014 zu zahlen.

    Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen trägt die Beklagte. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Revision wird nicht zugelassen.



    Gründe


    I.

    Bezüglich des Sachverhalts wird gemäß § 540 Abs. 1 ZPO auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils vom 06.05.2015 verwiesen.


    II.

    Die Berufung ist begründet.

    Die Klägerin hat gegen die Beklagte zunächst einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 450,00 EUR wegen des öffentlichen Zugänglichmachens des genannten Musikalbums im Wege des so genannten Filesharings gemäß §§ 97 Abs. 2, 16 ff. UrhG, 287 ZPO. Hinsichtlich der zugrunde liegenden Urheberrechtsverletzung ist zwischen den Parteien allein im Streit, ob die Beklagte als Täterin dafür verantwortlich ist. So hat die Beklagte weder bestritten, dass die Klägerin Inhaberin der erforderlichen Nutzungsrechte an den Musikstücken war, noch dass es überhaupt über den ihr zugewiesenen Internetanschluss zu einer Urheberrechtsverletzung gekommen ist, zumal - wie ebenfalls unstreitig - der WLAN-Anschluss der Beklagten ausreichend gegen unberechtigte Nutzung Dritter gesichert war. Auf Grundlage der dafür vom BGH aufgestellten Anforderungen (vgl. zuletzt BGH GRUR 2016, 191 - Tauschbörse III) haftet die Beklagte hier - trotz ihres dahingehenden Bestreitens - als Täterin dafür, dass die Musikstücke von ihrem Internetanschluss aus öffentlich zugänglich gemacht wurden.

    Zwar trägt die Klägerin nach den allgemeinen Grundsätzen als Anspruchsteller im Ausgangspunkt auch hier die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des von ihr geltend gemachten Anspruchs auf Schadensersatz erfüllt sind. Den Inhaber des Anschlusses - hier die Beklagte - trifft aber jedenfalls eine sekundäre Darlegungslast, der er dadurch genügt, dass er dazu vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen.

    Einerseits führt dies zwar weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast hinausgehende Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg nötigen Informationen zu verschaffen. Andererseits ist der Anschlussinhaber nach der Rechtsprechung des BGH aber im Umfang seiner sekundären Darlegungslast "im Rahmen des Zumutbaren" durchaus auch zu Nachforschungen verpflichtet (vgl. BGH GRUR 2016, 191 - Tauschbörse III - Rdn. 37).

    Die genaue Reichweite der so bestimmten "sekundären Darlegungslast" und der damit verbundenen Nachforschungspflichten mag nach der Rechtsprechung des BGH nach der zitierten Entscheidung im Einzelnen auch weiter unklar bleiben. Die Entscheidung legt allerdings zumindest nahe, dass diese Obliegenheit des Anschlussinhabers eher strenger auszulegen sein dürfte, als dies bisher teilweise von der Rechtsprechung der Instanzgerichte angenommen wird.

    Nach Auffassung des erkennenden Gerichts ist die sekundäre Darlegungslast aber jedenfalls im hier vorliegenden Fall entgegen der Auffassung des Amtsgerichts nicht erfüllt. Tatsache ist, dass in dieser Fallkonstellation neben der Beklagten nur ihr Lebensgefährte und ihr Sohn als Täter in Betracht kommen, wobei - wie auch das Amtsgericht in seinen Urteilsgründen annimmt - eine Täterschaft des Sohnes am wahrscheinlichsten gewesen sein dürfte. Vor diesem Hintergrund kann es nicht ausreichen, dass die Beklagte ihren Sohn einfach nur befragt und sich dann offenbar mit dessen schlichtem Leugnen zufrieden gegeben hat. Denn obwohl die Beklagte hier ohne weiteres die Möglichkeit hätte, durch weitere Nachfrage oder auch eigene Nachforschungen die objektiv bestehenden Verdachtsmomente zu erhärten oder gegebenenfalls zu entkräften, hat sie offenbar gar nichts weiter unternommen, sondern das Befragungsergebnis so hingenommen. Mit diesem stehen andererseits auch der Klägerin keinerlei weitere Anhaltspunkte dafür zur Verfügung, dass sie statt der Beklagten etwa den Sohn in Anspruch nehmen könnte, obwohl tatsächlich einer der drei bekannten Personen - die Beklagte selbst, ihr Lebensgefährte oder ihr Sohn - die Rechtsverletzung begangen haben müssen. Würde die Darlegung der Beklagten hier tatsächlich zum Ausschluss ihrer Haftung führen, hätte sie in dieser Fallkonstellation die Möglichkeit, durch entsprechend vage bleibenden Vortrag sowohl ihren Sohn zu schützen, als auch die eigene Haftung auszuschließen. Das erscheint aber selbst dann nicht gerechtfertigt, wenn es - wie hier - um eine Rechtsverletzung geht, die sich im engen Familienkreis abgespielt hat. Zwar greift der verfassungsrechtliche Schutz der Familie ein, weshalb die Beklagte ihren Sohn auch nicht belasten muss. Das hat aber umgekehrt zur Folge, dass sie selbst die Haftung auf sich nehmen muss. Anderenfalls würde bei Urheberrechtsverletzungen im Familienkreis eine Schutzlücke entstehen, die auch durch den Schutz der Familie nicht zu rechtfertigen ist.

    Hat die Beklagte nach alledem ihrer sekundären Darlegungslast nicht genügt, begründet nach der Rechtsprechung des BGH bereits dies ihre Haftung als Täterin, ohne dass es darauf ankäme, ob sich diese vorliegend zusätzlich auch aus einer "tatsächlichen Vermutung" herleiten ließe. Das Gericht vertritt insoweit die Auffassung, dass beide Gesichtspunkte - tatsächliche Vermutung einerseits und sekundäre Darlegungslast andererseits - getrennt voneinander zu behandeln sind, insbesondere die sekundäre Darlegungslast nicht zwangsläufig bereits durch Vortrag erfüllt wird, der für die Widerlegung der tatsächlichen Vermutung einer Täterschaft genügen würde. Das ergibt sich auch aus der genannten Entscheidung des BGH (BGH a.a.O. Rdn. 37). Der Höhe nach erscheint der von der Klägerin angegebene Schadensersatzbetrag von 450,00 EUR nach Maßgabe von § 287 ZPO insbesondere angesichts der weiter kaum feststellbaren Schadensfolgen angemessen, auch wenn die Klägerin diesen lediglich als "Mindestschaden" bezeichnet.

    Die Klägerin hat darüber hinaus gegen die Beklagte auch einen Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten in Höhe der geltend gemachten 506,00 EUR gemäß § 97a UrhG. Die Beklagte hat den Anfall der entsprechenden Gebühren nach dem RVG jedenfalls zuletzt nicht mehr angegriffen. Der Ansatz eine 1,0 Geschäftsgebühr nach einem Gegenstandswert von 10.000,00 EUR für das vorgerichtliche Unterlassungsbegehrens ist aber auch in der Sache nicht zu beanstanden.

    Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Für die Zulassung der Revision bestand nach Maßgabe des § 543 ZPO kein Anlass. (...)


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



LG Berlin, Urteil vom 10.03.2016, Az. 16 S 31/15,
AG Charlottenburg - Urteil vom 06.05.2015 - Az. 214 C 64/15,
tatsächliche Vermutung,
sekundäre Darlegungslast,
Klage Waldorf Frommer,
Berufung Waldorf Frommer,
WALDORF FROMMER Rechtsanwälte,
Schutz der Familie,

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Steffen
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Nachbesprechung: LG Berlin - Az. 16 S 31/15

#5343 Beitrag von Steffen » Dienstag 10. Mai 2016, 16:03

Hier einmal - meine Gedanken -
zu den Diskussionen um das LG Berlin - Az. 16 S 31/15
als Nachbesprechung
zum Urteil des LG Berlin



16:00 Uhr


Ich habe mir einmal - als erstes - die Entscheidung des AG (Erstgericht) und des LG (Instanzgericht) durchgelesen - und dann erst - die Diskussionen von Anwälten und der Forenwelt.
  • 1. Spätestens seit BGH Tauschbörse I - III sollte (eigentlich) klar sein, das der BGH hinsichtlich der Verteidigung in Filesharing-Verfahren, diese dogmatisch auf zwei Säulen setzt.
    • a) tatsächliche Vermutung
      b) sekundäre Darlegungslast
    Scheinbar ist es den beiden erwähnten Gruppierungen + dem Diskussions-Partnern entgangen.

    2. Es ist grundlegend nichts Neues, das Entscheidungen von Erstgerichten in den Instanzen aufgehoben werden können.

    3. Wird zumindest auf AW3P seit BGH "BearShare" gewarnt vor ...
    • a) reicht es aus zukünftig aus nur einfach zu sagen,
      • aa) AI war es nicht - Mitnutzer: Person A + B
        ab) das Person A + B das Internet mitnutzt, aber den Vorwurf abstreiten?
      b) käme es, wenn ja nicht zu einer Leere im Recht? Jeder könne sagen, er war es als Beklagter nicht, Mitnutzer a + B, die streiten ab oder Verweigern die Aussage.

      c) gibt es nach der Erfolgs-Zeitalter: "BB-Klagen", jetzt höhere Ansprüche an die Verteidigung bei z.B. WF, Rasch, rka usw.

      d) seit BGH "BearShare" kann es in die eine , oder andere Richtung gehen!
    4. Jetzt auf einmal wird mit Entsetzen nach Rechtsbruch - und wahrscheinlich AfD-Wahlwerbung -geschrien, weil ein Gericht (nicht das Erstgericht ) sagt:

    AI = nein; nennt Mitnutzer A + B
    Mitnutzer A + B = nein +
    ___________________________________________________
    Wer war es denn dann? (Detailliertheit + Plausibilität Vortrag)
    ===================================================
Natürlich liegt es jetzt an Berlin. Früher lag es an Köln, dann an Stuttgart, oder München ... jetzt eben Berlin. Es ist auch einfacher Defizite mit geschliffenen Wort sich PR-mäßig schönzureden.

Oder ... sollte man einmal die Verteidigung überdenken. Und sicherlich wird man in Zukunft nicht herum kommen, einen Täter zu präsentieren! Mir reden ja nicht nur von den einem Berufungsverfahren. Wenn jeder Beklagte kommt: "Ich war es nicht; ich hatte Mitnutzer, die waren es auch nicht!" ... das die Richter dann einmal den BGH hernehmen und andermal die streitenden (Grund-)Rechte zw. Beklagter und Kläger abwägen.

Und wenn niemand als möglicher Täter infrage kommt, dann geht die tatsächliche Vermutung eben wieder an den Beklagten über = Täter. Punkt. Sicherlich nicht so geschliffen fein formuliert - wo sich die Anwälte gegenseitig an dem Bart kraulen - aber auf den Punkt.


VG Steffen Heintsch (AW3P)



Sehr geehrter Herr RA Stadler, werte (Mit-)Kommentatoren,

wenn wir unser geballtes Wissen zur Schau stellen, sollte man doch einmal explizit auf das Berufungsverfahren (LG Berlin, Az. 16 S 31/15) eingehen.

I. AI('in) streitet den Vorwurf ab und benennt Lebensgefährten + vollj. Sohn als Mitnutzer
II. Mitnutzer streiten den Vorwurf ab



D.h.: Dogmatische Säulen der Verteidigung!

Säule 1: tatsächliche Vermutung

BGH "BearShare":
(...) Wird über einen Internetanschluss eine Rechtsverletzung begangen, ist eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers nicht begründet, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung (auch) andere Personen diesen Anschluss benutzen konnten. (...)


Säule 2: sekundäre Darlegungslast

BGH "BearShare":
(...) Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast dadurch, dass er vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen (...)

BGH "Tauschbörse III":
(...) Soweit die Revision geltend macht, Raum für eine tatsächliche Vermutung der Täterschaft des Beklagten bestehe nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht, wenn der Internetanschluss von mehreren Personen im Haushalt genutzt werde, lässt sie außer Acht, dass es nicht auf die Nutzungsmöglichkeit von Familienangehörigen im Allgemeinen, sondern konkret auf die Situation zum Verletzungszeitpunkt ankommt. (...)

Diese Zitate sind unstreitig, da Nachzulesen.

Im Weiteren werde ich bewusst ein Zitat teilen!

BGH "BearShare":
(...) Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast dadurch, dass er vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten
(...)
UND
(...)
als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen (...)

Das bedeutet, es hängt über allem die Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufes. Können, wenn ich als Beklagter den Vorwurf bestreite und Mitnutzer benennen, diese auch mögliche Täter sein!

Wenn wiederum - wie bei LG Berlin, Az. 16 S 31/15 - und die benannten Mitnutzer den Vorwurf - nicht - zugaben ...
dann muss ich nicht stundenlang über Grundrechte und Rechtsmissbrauch am LG Berlin diskutieren, dann gibt es keinen anderen möglichen Geschehensablauf i.V.m. dass das Landgericht höhere Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast stellt. Und das ist dann auch keine Abmahner-Logik.

Das heißt nichts anderes - wie bei LG Berlin, Az. 16 S 31/15 -
  • I. Tatsächliche Vermutung ist erschüttert, durch das Benennen anderer Mitnutzer
    II. Da aber keiner, weder die Beklagte (AI) noch die Mitnutzer als möglicher Täter in Betracht kommen ...
    geht die tatsächliche Vermutung wieder auf die Beklagte zurück. Was wiederum bedeutet, das diese als Täter haftet.
    III. Das es unterschiedliche Anforderungen zwischen Erst- und Instanzgericht bzw. Instanzgerichte vorherrschen, ist nicht grundlegendes Neues. Vielleicht hätte der Standort Frankenthal oder Bielefeld anders entschieden. Vielleicht hätte man bei einem BB-Klageverfahren - und nicht wie hier WF - auch ganz anders entschieden usw. usf.
    "Hätte, hätte, Fahrradkette!"
    IV. Und man sollte schon einmal beachten was auch ein Unsicherheitsfaktor ist. an den unterschiedlichen Gerichtsstandorten ...
    ... bei einem anderen Gerichtsstandort würde "Schutz der Familie" punkten, hier sagt man aber in Abwägung widerstreitender Grundrechte,

    LG Berlin, Az. 16 S 31/15:
    (...) Zwar greift der verfassungsrechtliche Schutz der Familie ein, weshalb die Beklagte ihren Sohn auch nicht belasten muss. Das hat aber umgekehrt zur Folge, dass sie selbst die Haftung auf sich nehmen muss. Anderenfalls würde bei Urheberrechtsverletzungen im Familienkreis eine Schutzlücke entstehen, die auch durch den Schutz der Familie nicht zu rechtfertigen ist. (...)

Lieber Herr RA Stadler, liebe (Mit-)Kommentatoren,

ich möchte in keinster Weise Ihr Wissen oder Qualifikationen, auch nicht den Blogbeitrag (http://www.internet-law.de/2015/12/neue ... aring.html) in Zweifel ziehen, aber es kann nur von UNSEREN Vorteil sein, wenn man sich einmal im Weiteren durchliest:
  • ZUM 2014, Heft 8/9, Rechtsprechung, S.710 ff.
    "Christian Weber (Frankfurt am Main): Anmerkung zu BGH Urteil vom 08.01.2014 - I ZR 169/12 - "BearShare": Störerhaftung, tatsächliche Vermutung und sekundäre Darlegungslast beim Filesharing"
  • ZUM 2016, Heft 4, Rechtsprechung, S. 380 ff.
    " Weber, Christian/Dombrowski, Jörg: sekundäre Darlegungslast und Anscheinsbeweis beim Filesharing - Zugleich Anmerkung zu BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 75/14 Tauschbörse III"
Und natürlich ist es - wie von jedem (Mit-)Kommentator - meine persönliche Meinung sowie Wissensstand. Dabei ist es egal, ob ich Abmahnerfreundlich denke oder nicht usw. usf. Und mehr gibt es diesbezüglich - jedenfalls von meiner Seite aus - nicht mehr vorzutragen. Es gibt nun einmal diese Gesetze und Rechtsprechungen - auch die unterschiedlichen Rechtsprechungen an den unterschiedlichen Gerichtsstandorten. Damit müssen aber alle - eigentlich nur die Anwälte - klar kommen.

Man sollte aber doch die Grundlagen nicht negieren und polemisierend nach Verletzung von Grundrechen und Rechtsmissbrauch rufen, wenn es auffällt, das es immer nur um die Gerichtsentscheidungen geht, wo WIR nicht gut aussehen. Das ist zu einfach!

MfG Steffen Heintsch (AW3P)

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Dr. Wachs: BGH - I ZR 86/15

#5344 Beitrag von Steffen » Freitag 13. Mai 2016, 17:45

Dr. Wachs Rechtsanwälte:
Der Bundesgerichtshof (Az. I ZR 86/15) schränkt
weiter Störerhaftung beim Filesharing ein!?



17:45 Uhr


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Bild

Rechtsanwalt Dr. Alexander Wachs


Dr. Wachs Rechtsanwälte

Osterstraße 116 | 20259 Hamburg
Telefon: 040 411 88 15 70 | Fax: 040 411 88 15 77 oder 040 444 65 51 0
E-Mail: info@dr-wachs.de | Web: www.dr-wachs.de


---------

Zusammenstellung einiger ausgewählter Entscheidungen
der Kanzlei Dr. Wachs Rechtsanwälte: Link


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Bericht

Link:
http://www.dr-wachs.de/blog/2016/05/13/ ... aring-ein/




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Der Bundesgerichtshof arbeitet im Moment mit Hochdruck daran, die Störerhaftung beim Filesharing einzuschränken. Die folgenden Ausführungen basieren auf den Pressemitteilungen des Bundesgerichtshofs, der Volltext liegt noch nicht vor. Der Bundesgerichtshof hat in der Entscheidung Az. I ZR 86/15 klargestellt, dass den Inhaber eines Internetanschlusses, der volljährigen Mitgliedern seiner Wohngemeinschaft, seinen volljährigen Besuchern oder Gästen einen Zugang zu seinem Internetanschluss ermöglicht, keine anlasslose Belehrungs- und Überwachungspflicht trifft. Der Anschlussinhaber haftete also - zumindest nach dem Text der Pressemitteilung - generell nicht für Rechtsverletzungen anderer volljähriger Personen.



Haftet nun niemand mehr in Wohngemeinschaften?

Zu kurz springt, wer nun mutmaßt, dass WG's - bzw. die Anschlussinhaber eines WG Anschlusses - sich dann jeglicher Haftung entziehen können: Nur wenn der Täter bekannt ist, muss der Anschlussinhaber sicher nicht mehr fürchten neben dem Täter als Störer zu haften. Wenn der Täter sich nicht zu erkennen gibt, kommt es auf die Ausführungen im Rahmen der sekundären Darlegungslast an. Es bleiben insoweit Prozessrisiken.



Neues zur Täterschaftsvermutung/sekundären Darlegungslast BGH - I ZR 48/15?

Weiterhin bekräftigt hat der Bundesgerichtshof dagegen seine Rechtsprechung aus der Entscheidung "Tauschbörse III", dass der Anschlussinhaber für eine Rechtsverletzung als Täter haftet, wenn keiner der weiteren Nutzer als Täter ernsthaft in Betracht kommt. Soweit hier aktuell gemutmaßt wird, dass der Bundesgerichtshof seine Rechtsprechung verschärft habe, ist dies wohl - nicht - zutreffend. Ähnlich wie in der Entscheidung "Tauschbörsen III" wurde dem Beklagten widersprüchlicher und unstimmiger Vortrag zum Verhängnis. Dazu sind die Ausführungen der Vorinstanz des Oberlandesgericht Köln vom 6. Februar 2015 Az. 6 U 209/13 lehrreich:
  • (...) Die gegen ihn sprechende Vermutung der Täterschaft hat der Beklagte nicht widerlegt. Er hat nicht die ernsthafte Möglichkeit aufgezeigt, dass die Rechtsverletzung ohne sein Wissen erfolgt ist. Soweit der Beklagte in erster Instanz vorgetragen hatte, die Internetnutzung sei über zwei im Haushalt befindliche Computer allen Familienmitgliedern möglich gewesen (Bl. 166 f., 168 GA), steht aufgrund der Aussage der Zeugin T2 fest, dass die Familie im streitgegenständlichen Zeitraum zwar über zwei Rechner verfügte, von denen einer in den Zimmern der Kinder stand und der andere im Wohnzimmer, dass jedoch nur der Rechner im Wohnzimmer an das Internet angeschlossen war. Dies entspricht auch der letzten Darstellung des Beklagten in zweiter Instanz. (...)

    (...) Der Internetrechner wurde von der ganzen Familie genutzt, eigene Benutzerkonten gab es nicht. Die Internetnutzung der Kinder war damals zeitlich auf jeweils eine halbe Stunde pro Tag begrenzt, das Zeitlimit wurde eingehalten. Die Zeugin T2 hatte die Kinder bei der Internetnutzung regelmäßig im Blick. Nach ihrer Aussage im Beweisaufnahmetermin vor dem Senat schaute sie beim Vorbeigehen immer mal wieder nach, was die Kinder gerade am Rechner machten, und sie ließ sich dies dann manchmal auch erklären. (...)

    (...) Wie es ausgehend von dieser Sachlage geschehen konnte, dass der Familienrechner hinter seinem Rücken für illegales Filesharing genutzt wurde, hat der Beklagte nicht plausibel dargelegt. Soweit er zunächst vorgetragen hat, sowohl seine Ehefrau als auch seine beiden Kinder hätten damals selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss gehabt und kämen als Täter der Rechtsverletzung in Betracht, steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest, dass die Zeugin T2 als Täterin ausscheidet. Die Richtigkeit ihre Aussage in erster Instanz, im November / Dezember 2007 noch keine Kenntnis von Internettauschbörsen gehabt zu haben, wurde und wird von keiner der Parteien in Zweifel gezogen. Der Senat ist nach erneuter Anhörung der Zeugin T2 ebenfalls davon überzeugt, dass diese kein Filesharing betrieben hat. Auf der Grundlage der Aussagen der Zeugin T2 hatten die Kinder keinen so selbstständigen Zugang zum Internet, dass sie ernsthaft als Alleintäter des streitgegenständlichen Downloadangebotes mit 809 Titeln in Betracht kommen. Außerdem hat der Beklagte keine nachvollziehbare Erklärung dafür abgegeben, wie es den Kindern überhaupt hätte gelingen können, von ihm nicht entdeckt zu werden. Zu seiner eigenen konkreten Internetnutzung hat der Beklagte nichts vorgetragen. Er hat auch nicht vorgetragen, dass 2007 / 2008 auf dem mit dem Internet verbundenen Rechner keine Filesharing-Software installiert gewesen war und/oder dass die streitgegenständlichen geschützten Dateien nicht auf dem Rechner vorhanden gewesen waren. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 16.01.2015 hat er vielmehr angegeben, nach der Abmahnung durch die Klägerinnen den Rechner nicht untersucht zu haben, weil für ihn von Anfang an klar gewesen sei, dass niemand aus seiner Familie hier als Täter in Betracht komme. (...)
Es vermag nicht wirklich zu überraschen, dass der Bundesgerichtshof diese Ausführungen des Oberlandesgericht Kölns für zutreffend und überzeugend hielt.



Fazit:

In meiner Praxis ist gerade in den letzten 15 Monaten der Fall häufig aufgetreten, dass Gäste aus dem Ausland die Rechtsverletzung begingen. Oftmals haben diese die Verletzung auch eingeräumt. In diesen Fällen können die Anschlussinhaber sowohl die Unterlassung als auch jegliche Kostenerstattung zurückweisen. Anders stellt sich der Sachverhalt dagegen dar, wenn bereits eine Abmahnung zugegangen ist, dann bestehen Prüf- und Überwachungspflichten.

Ferner kann die Täterschaftsvermutung nur derjenige durchbrechen, der einen stimmigen Sachvortrag vorträgt, aus dem sich die mögliche Täterschaft eines Dritten ergibt



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Rechtsanwalt Dr. Alexander Wachs,
Dr. Wachs Rechtsanwälte,
Nachbesprechung BGH 12.05.2016,
BGH - Az. I ZR 48/15,

Future2013
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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5345 Beitrag von Future2013 » Freitag 13. Mai 2016, 18:47

Hat sich von Euch schon jemand mit WF verglichen?
Und bei welcher Summe seit ihr gelandet?

Hessenjunge
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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5346 Beitrag von Hessenjunge » Freitag 20. Mai 2016, 16:32

Hallo,

bereits im Oktober 2014 wendete ich mich an euch und informierte euch darüber, dass auch ich abgemahnt wurde. Nach Abgabe der modUE erfolgte damals keinerlei Reaktion seitens WF. Einen zwischenzeitlichen Umzug teilte ich fristgerecht und per Einschreiben/Rückschein mit.

Jetzt, gute 2,5 Jahre später (also "kurz" vor Verjährung) kam der nächste Brief, in dem aufgelistet wurde, dass die modUE akzeptiert wurde und ich dennoch freundlichst gebeten werde, die offenen Beträge von noch immer 915,- zu begleichen.

An meiner Situation von damals hat sich nichts geändert: Ich studiere noch immer, und 915,- sind trotz Ratenangebot ein ziemlicher Genickbruch, da ich nebenbei einen weiteren Kredit bedienen muss. Gibt es Erfahrungswerte zum "Verhandeln" bzw. "Drücken der Gesamtkosten"?

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AG Rostock, Az. 49 C 618/14

#5347 Beitrag von Steffen » Dienstag 24. Mai 2016, 16:31

WALDORF FROMMER: Amtsgericht Rostock - Anschlussinhaber haftet vollumfänglich, wenn kein hinreichender Vortrag zur Täterschaft eines Dritten erbracht wurde!


16:30 Uhr


Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen


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WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

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Bericht

Link:
http://news.waldorf-frommer.de/waldorf- ... cht-wurde/

Urteil als PDF:
http://news.waldorf-frommer.de/wp-conte ... 618_14.pdf



Autorin:
Rechtsanwältin Claudia Lucka



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Der abgemahnte Anschlussinhaber hatte seine eigene Verantwortlichkeit abgestritten und behauptet, dass neben ihm selbst nur noch seine Ehefrau Zugang zum Internetanschluss gehabt hätte. Diese habe die Rechtsverletzung jedoch nicht begangen, so der Beklagte.

Da der Beklagte keine konkreten Anhaltspunkte für die Täterschaft eines Dritten vorgetragen hatte, verurteilte ihn das Amtsgericht antragsgemäß.

Zwar müsse der Beklagte nicht den Beweis führen, dass ein Dritter für die Rechtsverletzung verantwortlich ist, so das Gericht, jedoch müsse er "nach allgemeinen prozessualen Grundsätzen diejenigen Tatsachen vortragen und gegebenenfalls auch beweisen, aus denen sich ein abweichender Geschehensablauf ergibt."

Einen solchen Vortrag habe der Beklagte aber gerade nicht erbracht: Die Täterschaft seiner Ehefrau sei auszuschließen, konkrete Anhaltspunkte für einen Zugriff von außen nicht erbracht. Nach Auffassung des Amtsgerichts verbleibt es daher bei der gegen den Beklagten als Anschlussinhaber sprechenden tatsächlichen Vermutung seiner persönlichen Täterschaft.

Der Beklagte wurde im Ergebnis zur Leistung von Schadenersatz, zur Erstattung der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten sowie zur Übernahme sämtlicher Verfahrenskosten verurteilt.

Das Amtsgericht sprach dem geschädigten Rechteinhaber für das illegale öffentliche Zugänglichmachen seines Filmwerkes einen Schadenersatz in Höhe von 600,00 EUR zu und stellte zudem klar, dass "die von der Klägerin vorgenommene Pauschalisierung im Hinblick auf die Produktionskosten des Filmwerkes und die Art des Eingriffs" gerechtfertigt sei.




Amtsgericht Rostock, Urteil vom 15.04.2016, Az. 49 C 618/14

  • (...) hat das Amtsgericht Rostock durch den Richter am Amtsgericht [Name] auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 31.03.2016 für Recht erkannt:

    • 1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Schadensersatz in Höhe von 600,00 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 09.08.2013 zu bezahlen.
      2. Der Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin 506,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 09.08.2013 zu zahlen.
      3. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
      4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
      5. Der Streitwert wird auf 1.106,00 EUR festgesetzt.



    Tatbestand

    Die Klägerin begehrt Erstattung von Abmahnkosten und Schadensersatz wegen Verbreitung eines Filmwerkes im Rahmen einer Datentauschbörse über den Internetanschluss des Beklagten.

    Die Klägerin behauptet, Inhaberin der ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrechte an dem Filmwerk "[Name]" für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu sein.

    Der Beklagte ist Inhaber eines Internetanschlusses in [Name].

    Die Klägerin hat im Rahmen von ihr veranlasster Ermittlungsmaßnahmen durch den Sicherheitsdienstleister [Name] festgestellt, dass über den Internetanschluss des Beklagten am [Datum] und am [Datum] im Rahmen eines Filesharing-Systems über die IP-Adresse [IP-Adresse] ohne ihre Zustimmung Dateien des o.a. Filmwerkes zum Download angeboten wurden.

    Die betreffende IP-Adresse war zum fraglichen Zeitpunkt dem Internetzugang des Beklagten zugeordnet.

    Aufgrund eines von der Klägerin erwirkten Beschlusses des Landgericht [Name] vom [Datum] wurde der Klägerin durch [Provider-Name] als Internetprovider der Beklagte als Inhaber des Anschlusses, dem im fraglichen Zeitpunkt die IP-Adresse zugeordnet war, mitgeteilt.

    Mit anwaltlichem Schreiben vom [Datum] ließ die Klägerin über ihre Prozessbevollmächtigten den Beklagten wegen des behaupteten Urheberrechtsverstoßes vom [Datum] abmahnen und zur Abgabe einer strafbewährten Unterlassungsverpflichtungserklärung auffordern. Der Beklagte hat zwar eine Unterlassungserklärung abgegeben, das darin enthaltene Angebot an die Klägerin, einen pauschalen Abgeltungsbetrag zu zahlen, nicht angenommen.

    Wegen des weiteren Inhaltes wird auf den Beschluss des LG [Name], das Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Klägerin und auf die Unterlassungserklärung des Beklagten Bezug genommen.

    Die Klägerin ist der Ansicht, dass der Beklagte die gegen ihn sprechende Vermutung nicht widerlegt habe und auch den an seine sekundäre Darlegungslast zu stellenden Anforderungen nicht hinreichend nachgekommen sei. Sie bestreitet, dass die Urheberrechtsverletzung von einem Familienangehörigen des Beklagten begangen wurden.


    Die Klägerin beantragt,
    • 1. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin Schadensersatz in Höhe von 600,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.08.2013 zu zahlen sowie
      2. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin einen weiteren Betrag in Höhe von 506,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.08.2013 zu zahlen.


    Der Beklagte beantragt,
    • die Klage abzuweisen.


    Er bestreitet die Aktivlegitimation der Klägerin. Diese habe nicht nachgewiesen, zum Zeitpunkt der behaupteten Urheberrechtsverletzung im Besitz der erforderlichen Verwertungsrechte gewesen zu sein. Er bestreitet weiter, die behauptete Urheberrechtsverletzung selbst begangen zu haben. Außer ihm habe lediglich seine Ehefrau Zugang zum Internetanschluss gehabt. Auch diese habe aber die behauptete Urheberrechtsverletzung nicht begangen.

    Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.



    Entscheidungsgründe


    I.

    Die Klage ist zulässig und begründet.


    1.

    Die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichtes Rostock ergibt sich aus § 4 Abs. 2 der Verordnung über die Konzentration von Zuständigkeiten der Gerichte (KonzVO) vom 28.03.1994 (GVO-Bl. M-V S. 514). Danach sind dem Amtsgericht Rostock alle urheberrechtlichen Streitigkeiten für den Bezirk des Oberlandesgerichtes Rostock zugewiesen.


    2.

    Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 600,00 EUR aus §§ 97 Abs. 2, 97a UrhG, 280 ff. BGB.


    a)

    Die Klägerin hat nach Auffassung des Gerichts hinreichend nachgewiesen, dass sie zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung Inhaberin der hier maßgeblichen Nutzungs- und Verwertungsrechte für das gem. § 2 Nr. 6 UrhG geschützte Filmwerk "[Name]"gewesen ist. Diese hat in der mündlichen Verhandlung eine Original DVD des streitgegenständlichen Filmwerkes vorgelegt, auf welcher sich ein Copyright-Vermerk zu ihren Gunsten befand. Die sich daraus ergebende Indizwirkung wiegt jedenfalls so schwer, dass das pauschal gehaltene Bestreiten des Beklagten nicht geeignet ist, durchgreifende Zweifel an der Rechteinhaberschaft der Klägerin auch zum Zeitpunkt der Urheberechtsverletzung hervorzurufen.

    Dieser standen an dem Werk daher sowohl die Verbreitungs- und Vervielfältigungsrechte des § 19 UrhG, als auch das Recht zur öffentlichen Wahrnehmbarmachung nach § 19a UrhG zu.

    In dieses Rechte hat der Beklagte widerrechtlich eingegriffen, als er das Filmwerk betreffende Dateien am [Datum] und [Datum] über den auf ihn zugelassenen Internetanschluss zum Download anbot. Die Richtigkeit der Datenermittlung stand zwischen den Parteien zuletzt nicht mehr im Streit.


    b)

    Zwar trägt die Klägerin nach allgemeinen Grundsätzen die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruches bestehen, dass also der Beklagte für die von ihr behauptete Urheberrechtsverletzung als Täter verantwortlich ist.

    Nach höchstrichterlicher Rechtssprechung spricht jedoch eine tatsächliche Vermutung dafür, dass der Inhaber eines Internetanschlusses auch der Täter ist, wenn nicht zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung auch andere Personen Zugriff auf den Anschluss hatten (vgl. BGH, Urteil vom 08.01.2014, I ZR 169/12 - BearShare-).

    Dem Inhaber des zugeordneten Internetanschlusses obliegt es dann, diese Vermutung zu widerlegen. Entkräftet ist diese, wenn weitere Personen Zugriff auf den Internetanschluss hatten und ebenso als Täter in Betracht kommen. Der Anschlussinhaber muss seine Verantwortlichkeit im Rahmen des ihm zumutbaren substantiiert bestreiten sowie Tatsachen vortragen, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines abweichenden Geschehensablaufes, nämlich die Alleintäterschaft eines anderen Nutzers ergibt.

    Dazu müssen konkrete Anhaltspunkte aufgezeigt werden, die einen abweichenden Geschehensablauf in Form der Alleintäterschaft eines Dritten jedenfalls nicht gänzlich unwahrscheinlich erscheinen lassen (OLG Köln, Urteil vom 02.08.2013, Az. 6 U 10/13).

    Dem wird der Vortrag des Beklagten jedoch nicht gerecht. Zwar muss der Beklagte nicht den Beweis des Gegenteils führen, also dass ein Dritter für die Urheberrechtsverletzung verantwortlich ist. Er muss jedoch nach allgemeinen prozessualen Grundsätzen diejenigen Tatsachen vortragen und gegebenenfalls auch beweisen, aus denen sich ein abweichender Geschehensablauf ergibt. Eine solchen hat der Beklagte jedoch gerade nicht aufgezeigt, vielmehr vorgetragen, dass Dritte und insbesondere seine neben dem Kleinkind des Beklagten allein im gemeinsamen Haushalt anwesende Ehefrau als Alleintäter ausgeschlossen sei. Es sind ebenfalls keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorgetragen worden, dass sich unberechtigte Dritte Zugang zum Internetanschluss des Beklagten verschafft haben. Damit verbleibt es jedoch bei der gegen den Beklagten als Inhaber des Internetanschlusses, über den die Rechtsverletzung begangen wurde, sprechenden Vermutung.


    c)

    Der Schadensersatzanspruch der Klägerin aus § 97 Abs. 2 UrhG errechnet sich nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie und begegnet auch der Höhe nach keinen durchgreifenden Bedenken. Insbesondere erscheint die von der Klägerin vorgenommene Pauschalisierung im Hinblick auf die Produktionskosten des Filmwerkes und die Art des Eingriffes als gerechtfertigt, da dass wirtschaftliche Interesse der Klägerin an der Unterbindung der widerrechtlichen Nutzung entsprechend hoch ist.


    3.

    Der Klägerin steht aus §§ 670, 683 S. 1, 677 BGB auch ein Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten in der geltend gemachten Höhe zu.

    Das anwaltliche Schreiben der Klägerin erfüllt die inhaltlichen Anforderungen an eine wirksame Abmahnung. Diese war auch sachlich berechtigt, da der Klägerin aufgrund der von dem Beklagten begangenen Rechtsverletzung ein Unterlassungsanspruch aus § 97 Abs. 1 UrhG zustand.


    4.

    Die Entscheidung über die Nebenforderungen folgt aus §§ 280 Abs. 2, 286, 288 BGB


    II.

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.



    Rechtsbehelfsbelehrung:

    Gegen die Entscheidung kann das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600 Euro übersteigt oder das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

    Die Berufung ist binnen einer Notfrist von einem Monat bei dem

    • Landgericht Rostock
      August-Bebel-Straße 15 - 20
      18055 Rostock

    einzulegen. (...)

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



AG Rostock, Urteil vom 15.04.2016, Az. 49 C 618/14,
sekundäre Darlegungslast,
WALDORF FROMMER Rechtsanwälte,
Klage Waldorf Frommer,
Rechtsanwältin Claudia Lucka,

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LG Berlin, Az. 16 S 35/14

#5348 Beitrag von Steffen » Dienstag 24. Mai 2016, 21:36

S.O.S.! Abmahnung: Landgericht Berlin - Ortsabwesenheit zum Tatzeitpunkt lässt Haftung entfallen


21:35 Uhr


Die 16. Zivilkammer des Landgerichts Berlin hat in einem von uns auf Beklagtenseite geführten Verfahren durch Urteil vom 15.03.2016 (Az. 16 S 35/14) zu Recht erkannt, dass es für die Bewertung einer möglichen täterschaftlichen Haftung eines Anschlussinhabers für von seinem Internetanschluss aus begangene Urheberrechtsverletzungen insbesondere auch darauf ankommt, ob dieser zum Tatzeitpunkt ortsanwesend war.


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Bild

Rechtsanwalt Carl Christian Müller, LL.M.
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht



MMR Müller Müller Rößner Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft
Mauerstr. 66 | 10117 Berlin
T 030 / 206 436 810 | F 030 / 206 436 811
berlin@sos-abmahnung.de | http://abmahnung-medienrecht.de/



Bericht

Link:
http://abmahnung-medienrecht.de/2016/05 ... entfallen/


Urteil als PDF:

LG Berlin, Urteil vom 15.03.2016, Az. 16 S 35/14
http://abmahnung-medienrecht.de/wp-cont ... 3.2016.pdf

Vorinstanz:
AG Charlottenburg, Urteil vom 30.09.2014 , Az. 225 C 112/14
http://dejure.org/dienste/vernetzung/re ... C%20112/14



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Der Sachverhalt

Die Klägerin ist Inhaberin ausschließlicher Nutzungs- und Verwertungsrechte des Albums "Ten (Legacy Edition)" der Gruppe Pearl Jam. Die von uns vertretene Beklagte war Anschlussinhaberin eines Internetanschlusses. Die Klägerin behauptete, das Album "Ten" sei über eine der Beklagten zuzuordnenden IP-Adresse Dritten zum Download zur Verfügung gestellt worden. Die Beklagte lebte und arbeitete zum behaupteten Tatzeitpunkt jedoch über einen Zeitraum von zwei Monaten mehrere hundert Kilometer von ihrem originären Wohnsitz entfernt.

Die Klägerin hat die Beklagte gerichtlich auf Schadensersatz und Erstattung der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Anspruch genommen. Die erstinstanzliche Klage wurde mit Urteil vom 30.09.2014 (Az. 225 C 112/14) durch das Amtsgericht Charlottenburg vollumfänglich abgewiesen. Die hiergegen eingelegte Berufung der Klägerin hat das Landgericht Berlin mit Urteil vom 15.03.2016 (Az. 16 S 35/14) zurückgewiesen.

Soweit ein geschütztes Werk der Öffentlichkeit von einer IP-Adresse aus zugänglich gemacht wurde, die zum fraglichen Zeitpunkt einer bestimmten Person zugeteilt ist, spricht die tatsächliche Vermutung dafür, dass diese Person für die Rechtsverletzung verantwortlich ist. Der Anschlussinhaber wiederum kann im Rahmen der hieraus resultierenden sekundären Darlegungslast geltend machen, eine andere Person habe die Rechtsverletzung begangen. Dieser sekundären Darlegungslast ist die Beklagte vorliegend vollends nachgekommen.

Denn diese hat nicht nur bestritten, die Rechtsverletzung selbst begangen zu haben, sondern auch dezidiert vorgetragen, sich zum streitgegenständlichen Zeitpunkt anderorts aufgehalten zu haben. Die Ortsabwesenheit der Beklagten war vorliegend entscheidungserheblich. So führte das Landgericht Berlin aus, dass zwar grundsätzlich für die Teilnahme an Filesharing-Netzwerken eine persönliche Anwesenheit des Anschlussinhabers nicht erforderlich sei. Ausreichend sei vielmehr schon, dass der Computer eingeschaltet und mit dem Internet verbunden war. Dieser Grundsatz gelte allerdings ausschließlich in Fällen vorübergehender zeitlich begrenzter Ortsabwesenheit. In den Fällen, in denen der Anschlussinhaber über einen Zeitraum von mehreren Monaten nicht ortsanwesend ist, könne gerade nicht mehr davon ausgegangen werden, dass der Computer eingeschaltet und mit dem Internet verbunden war. Es entspreche im Übrigen schon der allgemeinen Lebenserfahrung, dass der Router bzw. der Computer während einer solch langen Abwesenheitsperiode nicht in Betrieb gelassen wurde.

Das Landgericht Berlin hat die Revision nicht zugelassen, das Urteil ist somit rechtskräftig.




Landgericht Berlin, Urteil vom 15.03.2016, Az. 16 S 35/14


  • (...) hat die Zivilkammer 16 des Landgerichts Berlin in Berlin - Mitte, Littenstraße 12-17, 10179 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom 15.03.2016 durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht [Name], die Richterin am Landgericht [Name]und den Richter am Landgericht [Name] für Recht erkannt:

    • 1. Die Berufung gegen das am 30.09.2014 verkündete Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg - Aktenzeichen 225 C 112/14 - wird zurückgewiesen.
      2. Die Klägerin hat die Kosten der Berufung zu tragen.
      3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.



    Gründe


    I.

    Von der Abfassung des Tatbestands wird gemäß § 313a Abs. 1 ZPO abgesehen.


    II.

    Die Berufung ist zurückzuweisen, da sie zwar zulässig, aber unbegründet ist.

    Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von Schadenersatz bzw. Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten, weil sie für die von der Klägerin behauptete Rechtsverletzung weder als Täterin noch als Störerin haftet.

    Als Täter haftet nur diejenige Person, die die Rechtsverletzung selbst begangen hat.

    Wird ein geschütztes Werk der Öffentlichkeit von einer IP-Adresse aus zugänglich gemacht, die zum fraglichen Zeitpunkt einer bestimmten Person zugeteilt ist, so spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass diese Person für die Rechtsverletzung verantwortlich ist; daraus ergibt sich eine sekundäre Darlegungslast des Anschlussinhabers, der geltend macht, eine andere Person habe die Rechtsverletzung begangen (BGH GRUR 2010, 633, 634 - Sommer unseres Lebens). Denn es entspricht der Lebenserfahrung, dass in erster Linie der Anschlussinhaber seinen Internetzugang nutzt, jedenfalls über die Art und Weise der Nutzung bestimmt und diese mit Tatherrschaft bewusst kontrolliert (OLG Köln MMR 2014, 338, 339 - Abmahnkosten in Filesharing-Fällen).

    Die sekundäre Darlegungslast führt weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen (BGH GRUR 2014, 657, 658 - BearShare).

    Die Beklagte ist ihrer sekundären Darlegungslast nachgekommen. Sie hat erstinstanzlich bestritten, die Rechtsverletzung selbst begangen zu haben und vorgetragen, zum streitgegenständlichen Zeitpunkt mit ihrer 4-jährigen Tochter in Saarbrücken gewesen zu sein.

    Entgegen der Ansicht der Klägerin ist es nicht unerheblich, dass die Beklagte, wie sie behauptet, zum Tatzeitpunkt ortsabwesend war. Zwar ist für die Teilnahme am Filesharing die persönliche Anwesenheit des Anschlussinhabers nicht erforderlich; es genügt vielmehr, dass der Computer eingeschaltet und mit dem Internet verbunden ist (OLG Köln. MMR 2010, 44, 45 - Rechtsverletzung im - Filesharing-Verfahren; LG Hamburg MMR 2008, 685, 686 - Mitstörerhaftung des Anschlussinhabers für P2P-Urheberrechtsverletzungen). Dies gilt allerdings nur in den Fällen einer vorübergehenden zeitlich begrenzten Ortsabwesenheit. Denn in Fällen, in denen, wie vorliegend von der Beklagten ausgeführt, der Anschlussinhaber über einen Zeitraum mehrerer Monate nicht ortsanwesend ist, kann nicht davon ausgegangen werden, das der Computer eingeschaltet und mit dem Internet verbunden war.

    Dies folgt aus der Entscheidung des BGH GRUR 2010, 633, 634 - Sommer unseres Lebens, in der der BGH den Umstand, dass der Anschlussinhaber zum fraglichen Zeitpunkt im Urlaub gewesen ist, für erheblich gehalten hat. Es entspricht im Übrigen der allgemeinen Lebenserfahrung, dass die Beklagte ihren Computer / Router während dieser Zeit nicht genutzt bzw. in Betrieb gelassen hat.

    Dass die Behauptung der Beklagten, sie sei in der Zeit .von Anfang November bis Mitte / Ende Dezember 2010 'und damit während der Zeit der behaupteten Rechtsverletzung im [Name] tätig gewesen und habe dort eine Ausstellung vorbereitet, zutrifft, steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur Überzeugung der Kammer fest.

    Die Zeugin [Name] hat insoweit ausgeführt, dass die Beklagte von November bis Dezember 2010 [Anschrift] gewesen ist. Zwar konnte sie nicht mehr erinnern, ob die Beklagte an jedem Tag dort gewesen ist. Die Zeugin konnte anhand ihrer Kalender-Aufzeichnungen jedoch feststellen, dass die Beklagte jedenfalls am 09. und 17.11.2010 [Anschrift] war. Zudem hat die Zeugin bekundet, dass die Beklagte nicht für längere Zeit abwesend war. Auch hat die Zeugin ausgeführt, dass die Beklagte aller Wahrscheinlichkeit nach auch am 16.11.2010 vor Ort gewesen sei, um an der Vorbereitung einer Veranstaltung am 17.11.2010 teilzunehmen. Dass die Beklagte ihren Computer am 15. oder 16.11.2010 [Anschrift] bei sich geführt habe, hat die Zeugin ebenfalls ausgeschlossen.

    Die Kammer hat keine Veranlassung, an der Richtigkeit der Aussage zu zweifeln. Die Zeugin hat ihre Aussage schlüssig und frei von Widersprüchen getätigt. Nach dieser Aussage steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Beklagte zum vermeintlichen Tatzeitpunkt am 15. / 16.11.2010 in [Anschrift] und nicht in [Anschrift] war, weshalb sie als Täterin der Rechtsverletzung nicht in Betracht kommt.

    Auf die weiteren von der Beklagten benannten Nutzer des WLAN-Anschlusses kommt es nicht an, weil diese die Rechtsverletzung unstreitig nicht begangen haben. Auch war der Anschluss der Beklagten unstreitig durch ein Passwort hinreichend geschützt. Es ist daher nicht ersichtlich, dass sich ein von der Beklagten durch die Bereitstellung des WLAN-Anschlusses ausgehendes Risiko in der Rechtsverletzung verwirklicht und die Beklagte daher, ohne Täterin zu sein, adäquat kausal zur vermeintlichen Rechtsverletzung beigetragen hat. Eine Haftung der Beklagten als Störerin kommt daher ebenfalls nicht in Betracht.

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

    Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. (...)

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LG Berlin, Urteil vom 15.03.2016, Az. 16 S 35/14,
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Klage Waldorf Frommer,
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#5349 Beitrag von Steffen » Mittwoch 25. Mai 2016, 15:51

WALDORF FROMMER: Landgericht Potsdam - tatsächliche Vermutung auch im Falle einer gemeinsamen Inhaberschaft eines Anschlusses. Gegenstandswert für ein Hörbuch i.H.v. 10.000,00 EUR angemessen.


15.50 Uhr


Gegenstand des Berufungsverfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Hörbuchaufnahmen


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Bericht

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http://news.waldorf-frommer.de/waldorf- ... erurteilt/


Urteil als PDF:
http://news.waldorf-frommer.de/wp-conte ... S_23_5.pdf



Autorin:
Rechtsanwältin Claudia Lucka



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Die gerichtlich in Anspruch genommenen beiden Anschlussinhaber hatten sich vor dem Amtsgericht damit verteidigt, persönlich nicht für das illegale Angebot zum Download verantwortlich gewesen zu seien.

Der freiberufliche Musiklehrer und seine Ehefrau verwiesen in ihrem Sachvortrag auf zahlreiche Besucher und Musikschüler, die sich - wie jedes Jahr zu den Weihnachtsfeiertagen - im Haus aufgehalten hätten. Wer im Einzelnen Zugang zu ihren drei Computern gehabt habe, sei nicht mehr nachvollziehbar. Auch sei eine Manipulation der IP-Adresse mittels eines so genannten "Man-in-the-Middle-Angriffs" nicht auszuschließen, so die Beklagten.

Das Amtsgericht Potsdam (Az. 37 C 452/14) hatte zunächst geurteilt, dass bei mehreren Anschlussinhabern das Rechtsinstitut der tatsächlichen Vermutung der Täterschaft nicht greifen würde. Denn ein Erfahrungssatz, der diesen Anscheinsbeweis begründet, sei nur zulasten eines einzigen Anschlussinhabers in Einpersonenhaushalten gerechtfertigt, so das Erstgericht. Obwohl die Beklagten keinerlei Angaben dazu gemacht hatten, ob weitere Personen zu den streitgegenständlichen Zeitpunkten überhaupt Zugriff auf den Internetanschluss hatten, wurde die Klage abgewiesen.

Gegen das Urteil hatte die Klägerin Berufung beim Landgericht Potsdam eingelegt.

Das Landgericht hat die erstinstanzliche Entscheidung nunmehr aufgehoben und der Klage vollumfänglich stattgegeben. In seinem Urteil hat das Berufungsgericht klargestellt, dass die Anwendbarkeit der tatsächlichen Vermutung bei mehreren Anschlussinhabern sogar der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (Urteil vom 15.11.2012, Az. I ZR 74/12 - "Morpheus") entspricht. Dies sei nach Auffassung der Berufungskammer auch sach- und interessengerecht:
  • "Von einer solchen tatsächlichen Vermutung auch im Falle einer gemeinsamen Inhaberschaft eines Anschlusses auszugehen, ist auch sach- und interessengerecht, denn andernfalls würden gemeinsame Anschlussinhaber ohne rechtfertigenden Grund gegenüber alleinigen Anschlussinhabern besser gestellt."
Auch genügte der erstinstanzliche Vortrag der Beklagten nicht, um ihrer sekundären Darlegungslast nachzukommen. Dem Vorbringen der Beklagten konnte nämlich nicht entnommen werden,
  • "welche konkreten anderen Personen konkret außer den Beklagten konkret zu den beiden streitgegenständlichen Zeiten auf den Internetanschluss zugreifen konnten."
Auch der Hinweis auf einen Missbrauch ihres Anschlusses überzeugte die Berufungskammer nicht:
  • "Die von den Beklagten erstinstanzlich angesprochene Möglichkeit einer Täterschaft von außerhalb ihres Hauses stellt eine bloße nicht durch konkrete Anhaltspunkte untersetzte Spekulation dar."
Da der erstinstanzliche Vortrag der Beklagten "ein ausführliches, aber ohne Substanz gebliebenes Bestreiten der eigenen Täterschaft" darstellte, verblieb es im Ergebnis an der zu Lasten beider Beklagten sprechenden tatsächlichen Vermutung ihrer Täterschaft.

Hieran vermochte auch das erstmals in der Berufungsinstanz nachgeholte Vorbringen der Beklagten nichts ändern. Die Beklagten hatten zuletzt gegenüber dem Landgericht behauptet, dass sie nach Erhalt der Abmahnung ihre drei Computer kontrolliert und weder die Filmdatei noch eine Tauschbörsensoftware gefunden hätten. Ferner wurden drei Personen benannt, die mit eigenen Endgeräten "an diesem Tag" den Anschluss der Beklagten genutzt haben sollen. Alle Personen hätten jedoch auf Nachfrage eine entsprechende Verantwortung verneint.

Das Vorbringen war bereits deswegen vom Berufungsgericht nicht zu berücksichtigten, da es verspätet vorgebracht wurde und kein gesetzlicher Ausnahmegrund für dessen Zulassung gegeben war (§ 531 ZPO).

Nach Auffassung der Berufungskammer hätte der Vortrag aber ohnehin nicht ausgereicht, um die tatsächliche Vermutung zu widerlegen.
  • "Zum einen steht der neue Vortrag in nicht erklärtem Widerspruch zu den erstinstanzlichen Angaben der Beklagten, wonach sie nicht nachvollziehen könnten, "wer genau zu diesem Zeitpunkt Zugang zu unseren Computern hatte und dieses Hörbuch hätte herunterladen können" [...]. Zum anderen lässt sich der Darstellung der Beklagten in der Berufungsinstanz auch nicht entnehmen, auf welchen der beiden von der Klägerin angegebenen Tattage sich die Angaben beziehen sollen, so dass ein konkret auf den Verletzungszeitpunkt bezogener Vortrag der Beklagten immer noch nicht vorliegt."
Im Ergebnis haben die Beklagten nicht nur den beantragten Schadensersatz sowie die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten der Klägerin zu tragen, sie wurden vom Landgericht auch zur Übernahme sämtlicher Verfahrenskosten der beiden Instanzen (inkl. Reise- und Übernachtungskosten) in Gesamthöhe von ca. 2.000,00 EUR verurteilt.





Landgericht Potsdam, Urteil vom 04.05.2016, Az. 2 S 23/15


  • (...) Landgericht Potsdam

    Im Namen des Volkes


    Urteil

    In dem Berufungsverfahren

    [Name]
    - Klägerin und Berufungsklägerin -

    Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldorf, Beethovenstraße 12, 80336 München


    gegen

    1. Herrn [Name] [Anschrift]
    2. Frau [Name] [Anschrift]
    - Beklagte und Berufungsbeklagte -

    Prozessbevollmächtigte: [Name]



    hat die 2. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam durch die Vorsitzende Richterin am Landgericht [Name] als Einzelrichterin auf die mündliche Verhandlung vom 27.04.2016 für Recht erkannt:

    I.

    Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Potsdam vom 16.07.2016 - Az. 37 C 452/14 abgeändert.

    Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 300,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 10.10.2013 sowie 506,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 10.10.2013 zu zahlen.


    II.

    Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits.


    III.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung durch die Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.



    Gründe


    I.

    Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Schadensersatz und Erstattung von Abmahnkosten aufgrund einer Urheberechtsverletzung in Anspruch. Auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils wird Bezug genommen.

    Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, weil weder ein Anscheinsbeweis für die Täterschaft des Beklagten zu 1) noch der Beklagten zu 2) spreche. Ein einen solchen Anscheinsbeweis begründender Erfahrungssatz sei nur zulasten eines Anschlussinhabers in Einpersonenhaushalten gerechtfertigt, da nur in diesen Fällen die Nutzung des Internetanschlusses typischerweise durch den Anschlussinhaber als alleinigem Bewohner erfolge. Dagegen sei in Mehrpersonenhaushalten die Täterschaft eines Mitbewohners nicht wahrscheinlicher als die der anderen. Auch eine Störerhaftung komme nicht in Betracht, da keiner der Anschlussinhaber den anderen volljährigen Mitanschlussinhaber belehren oder kontrollieren müsse.

    Gegen dieses ihr am 22.07.2015 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 20.08.2015 Berufung eingelegt, die sie mit am 24.08.2015 eingegangenem Schriftsatz begründet hat.


    Die Klägerin beantragt,
    • unter Abänderung des angefochtenen Endurteils in der mit Beschluss vom 26.08.2015 berichtigten Fassung die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 300,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 10.10.2013 sowie 506,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 10.10.2013 zu zahlen.


    Die Beklagten beantragen,
    • die Berufung zurückzuweisen.

    Sie verteidigen das erstinstanzliche Urteil.


    II.

    Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin hat Erfolg. Das erstinstanzliche Urteil war abzuändern, weil die Klägerin gegen die Beklagten einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe vom 300,00 EUR (§ 97 II 1 UrhG) sowie auf Erstattung der Abmahnkosten (§ 97 a UrhG) hat.

    Dass die Klägerin über die Rechte des Tonherstellers verfügt und deshalb ausschließlich berechtigt ist, das Hörbuch "[Name]", von [Name]zu vervielfältigen und öffentlich zugänglich zu machen, steht zwischen den Parteien nicht im Streit.

    Nach dem Sach- und Streitstand ist davon auszugehen, dass die Beklagten die urheberrechtlichen Rechte der Klägerin verletzt haben. Die Beklagten haben nicht bestritten, dass ihnen die IP-Adressen zuzuordnen ist, von denen das Hörbuch "[Name]" von [Name] am [Datum] sowie am [Datum]zum Download im Internet angeboten wurde.

    Das Bestreiten der Rechtsverletzung durch die Beklagten bezieht sich erkennbar nicht auf die Zuordnung der IP-Adressen, wie sich daran zeigt, dass sie erstinstanzlich ausdrücklich die Möglichkeit eingeräumt haben, dass "es diesen Download von unserer IP-Adresse aus gegeben hat" (sh. Schriftsatz der Beklagten vom 11.12.1204). Ebenfalls unstreitig ist, dass die Beklagten gemeinsam Inhaber des Internetanschlusses sind, der zu den fraglichen Zeitpunkten diesen IP-Adressen zuzuordnen war.

    Nach ständiger Rechtsprechung des BGH spricht dann, wenn ein geschütztes Werk der Öffentlichkeit von einer IP-Adresse aus zugänglich gemacht wird, die zum fraglichen Zeitpunkt einer bestimmten Person zugeteilt ist, eine tatsächliche Vermutung dafür, dass diese Person für die Rechtsverletzung verantwortlich ist. Aufgrund dieser tatsächlichen Vermutung ergibt sich eine sekundäre Darlegungslast des Anschlussinhabers, der geltend macht, eine andere Person habe die Rechtsverletzung begangen (sh. z.B. BGH, Urteil vom 12.05.2010 zum Az I ZR 121/08 - Sommer unseres Lebens).

    Diese Grundsätze hat der BGH in Entscheidungen aus der jüngeren Zeit aufrechterhalten, so dass die Ansicht der Beklagten, diese Grundsätze stammten aus der Zeit, "als das WLAN noch in den Kinderschuhen steckte", und seien überholt, nicht zutrifft. Dass die vorgenannte tatsächliche Vermutung auch gegenüber mehreren Personen eingreift, die gemeinsam Inhaber eines Internetanschlusses sind, hat der BGH in seinem Urteil vom 15.11.2012 zum Az. I ZR 74/12 - Morpheus - ausgeführt. In jenem Fall war - wie auch vorliegend - ein Ehepaar gemeinsam Inhaber des Anschlusses. "Da die Beklagten Inhaber des Internetanschlusses sind, über den die Musikstücke nach Darstellung der Klägerinnen in Tauschbörsen öffentlich zugänglich gemacht wurden, spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass sie für die von den Klägerinnen behauptete Verletzung ihrer Rechte verantwortlich sind", so der BGH in der genannten Entscheidung. Lediglich im konkreten der BGH-Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt war die tatsächliche Vermutung entkräftet worden. Von einer solchen tatsächlichen Vermutung auch im Falle einer gemeinsamen Inhaberschaft eines Anschlusses auszugehen, ist auch sach- und interessengerecht, denn anderenfalls würden gemeinsame Anschlussinhaber ohne rechtfertigenden Grund gegenüber alleinigen Anschlussinhabern besser gestellt.

    Die zu ihren Lasten sprechende Vermutung haben die Beklagten nicht entkräftet, da sie ihrer sekundären Darlegungslast nicht genügt haben. Ihr erstinstanzlich gehaltener Vortrag, über die Weihnachtsfeiertage und zum Jahreswechsel hätten sich in ihrem Haus viel Besuch und zudem einige Musikschüler aufgehalten, so dass die Beklagten nicht nachvollziehen könnten, wer genau zu diesem Zeitpunkt Zugang zu ihren Computern gehabt habe und das Hörbuch hätte herunterladen können, ist nicht ausreichend, sondern stellt - worauf die Klägerin zutreffend hingewiesen hat - lediglich ein ausführlicheres, aber ohne Substanz gebliebenes Bestreiten der eigenen Täterschaft der Beklagten dar. Welche konkreten anderen Personen außer den Beklagten konkret zu den beiden streitgegenständlichen Zeiten auf den Internetanschluss zugreifen konnten, lässt sich dieser Darstellung nicht entnehmen.

    Die von den Beklagten erstinstanzlich angesprochene Möglichkeit einer Täterschaft von außerhalb ihres Hauses stellt eine bloße nicht durch konkrete Anhaltspunkte untersetzte Spekulation dar.

    Soweit die Beklagten erstmals in der Berufungsinstanz konkreter zu den Personen vortragen, die ihrer Behauptung nach als Täter der streitgegenständlichen Urheberrechtsverletzung in Betracht kommen, ist dieser Vortrag nach § 531 II ZPO in der Berufungsinstanz nicht mehr zuzulassen. Die Voraussetzungen einer Ausnahme vom Ausschluss des Novenrechts nach § 531 II ZPO sind nicht gegeben. Dass die Beklagten dieses ergänzende Vorbringen im Sinnen des § 531 II Nr. 3 ZPO ohne Nachlässigkeit nicht bereits im ersten Rechtszug geltend gemacht haben, nehmen sie selbst nicht für sich in Anspruch. Aber auch nach § 531 II Nr. 1 ZPO ist ihr neuer Vortrag nicht zuzulassen. Zwar ist das erstinstanzliche Gericht in seiner Entscheidung davon ausgegangen, dass eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Inhabers des Internetanschlusses dann nicht eingreift, wenn es sich bei den Inhabern des Anschlusses um mehrere Personen handelt, so dass es auf die Frage, wer außer den Beklagten ernsthaft als Täter der Urheberrechtsverletzung in Betracht kommt, für die Entscheidung nicht ankam. Die Rechtsansicht des Amtsgerichts hat jedoch den unzureichenden erstinstanzlichen Vortrag der Beklagten nicht mitverursacht. Eine solche Mitverursachung kommt vor allem dann in Betracht, wenn das Ausgangsgericht einen Hinweis - hier zum Umfang der den Beklagten obliegenden sekundären Darlegungslast - hätte geben müssen. Dies war jedoch nicht der Fall, denn die Klägerin hatte in ihrem Schriftsatz vom 23.01.2015 bereits ausführlich dargestellt, welche Anforderungen an diese Darlegungslast der Anschlussinhaber gestellt werden, so dass ein gerichtlicher Hinweis nicht mehr veranlasst war.

    Letztlich reicht aber auch der ergänzte Vortrag der Beklagten nicht aus, die tatsächliche Vermutung ihrer Täterschaft zu widerlegen. Zum einen steht der neue Vortrag in nicht erklärtem Widerspruch zu den erstinstanzlichen Angaben der Beklagten, wonach sie nicht nachvollziehen könnten, "wer genau zu diesem Zeitpunkt Zugang zu unseren Computern hatte und dieses Hörbuch hätte herunterladen können" (Schriftsatz der Beklagten vom 11.12.2014). Zum anderen lässt sich der Darstellung der Beklagten in der Berufungsinstanz auch nicht entnehmen, auf welchen der beiden von der Klägerin angegebenen Tattage sich die Angaben beziehen sollen, so dass ein konkret auf den Verletzungszeitpunkt bezogener Vortrag der Beklagten immer noch nicht vorliegt.

    Die Beklagten haben die Rechte der Klägerin zumindest fahrlässig verletzt; Vortrag, der gegen ein Verschulden der Beklagten sprechen könnte, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

    Die Höhe des der Klägerin zustehenden Schadensersatzanspruches schätzt das Gericht gemäß § 287 ZPO auf der Grundlage ihres Vortrages, dem die Beklagten nicht entgegengetreten sind, auf 300,00 EUR. Konkrete Anhaltspunkte, die die Annahme eines höheren entstandenen Schadens rechtfertigen könnten, hat die Klägerin nicht vorgetragen.

    Die von der Klägerin ihrer Berechnung der Höhe der Abmahnkosten zugrunde gelegten Parameter sind zwischen den Parteien ebenfalls nicht streitig und insbesondere hinsichtlich des Gegenstandswertes von 10.000,00 EUR nicht zu beanstanden.

    Der Zinsanspruch der Klägerin ergibt sich aus §§ 286 I, 288 I BGB.

    Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 I ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 11, 711 ZPO.

    Da - wie oben ausgeführt - der BGH die Frage, ob auch hinsichtlich der Täterschaft mehrerer gemeinsamer Anschlussinhaber eine tatsächliche Vermutung für deren Täterschaft spricht, bereits entschieden hat, bedarf es einer Zulassung der Revision nicht. (...)


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



LG Potsdam, Urteil vom 04.05.2016, Az. 2 S 23/15,
sekundäre Darlegungslast,
2 Anschlussinhaber,
tatsächliche Vermutung bei 2 Anschlussinhaber,
Klage Waldorf Frommer,
Berufung Waldorf Frommer,
Rechtsanwältin Claudia Lucka,
WALDORF FROMMER Rechtsanwälte,
AG Potsdam, Urteil vom 21.09.2015, Az. 37 C 452/14,

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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5350 Beitrag von Reallife » Donnerstag 26. Mai 2016, 21:57

Wenn man 2 Abmahnungen am selben Tag von WuF bekommt, die für 2 verschiedene Mandanten gelten, ist das dann als eine oder 2 Abmahnungen bzgl. deren Gebühren zu werten?

http://www.ferner-alsdorf.de/rechtsanwa ... -bgh/7795/

Ich werde daraus nicht wirklich schlau.

Einerseits ist es laut BGH eine Abmahnung, andererseits taucht am Schluss folgender Satz auf:

"Anders aber im Regelfall, bei außergerichtlicher Geltendmachung von Unterlassungs-, Gegendarstellungs- und Richtigstellungsansprüchen! (BGH, VI ZR 113/09)."

Oder woraus ergibt sich das bei einem Unterlassungsanspruch mehrere Abmahnungen als mehrere oder eine gewertet werden?

Dazu noch:
http://www.ferner-alsdorf.de/rechtsanwa ... ren/11891/

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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5351 Beitrag von Steffen » Donnerstag 26. Mai 2016, 22:12

[quoteemReallife]Wenn man 2 Abmahnungen am selben Tag von WuF bekommt, die für 2 verschiedene Mandanten gelten, ist das dann als eine oder 2 Abmahnungen bzgl. deren Gebühren zu werten?[/quoteem]

Nein! Etwas anderes wäre es bei 2 Abmahnungen am selben Tag, 2 unterschiedliche (Film-, oder Musik- usw.)Werke = ein und derselbe Auftraggeber!

In deinem erwähnten Fall ist zwar bei beiden Fällen die abmahnende Kanzlei die Gleiche, aber es handelt sich um 2 unterschiedliche Auftraggeber mit unterschiedliche Aufträgen usw.

VG Steffen

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AG München, Az. 262 C 23085/13

#5352 Beitrag von Steffen » Freitag 27. Mai 2016, 16:34

WALDORF FROMMER: Amtsgericht München - Bloßer Verweis auf einen "Hacker" reicht nicht aus - Anschlussinhaber in vollem Umfang wegen illegaler Tauschbörsennutzung verurteilt


16.35 Uhr


Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

Beethovenstraße 12 | 80336 München
Telefon: 089 / 52 05 72 10 | Telefax: 089 / 52 05 72 30
E-Mail: web@waldorf-frommer.de | Web: www.waldorf-frommer.de




Bericht

Link:
http://news.waldorf-frommer.de/waldorf- ... erurteilt/

Urteil als PDF:
http://news.waldorf-frommer.de/wp-conte ... 085_13.pdf

Autor:
Rechtsanwalt Jung-Hun Kim



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


In einem aktuellen Verfahren am AG München hatte der Beklagte seine eigene Verantwortlichkeit für die Rechtsverletzung bestritten. Zur maßgeblichen Zeit sei er nicht zuhause gewesen. Der Internetanschluss werde darüber hinaus auch von seiner Ehefrau genutzt, welche für die Verletzungshandlung jedoch ebenfalls nicht verantwortlich sei. Insoweit sei die Rechtsverletzung entweder fehlerhaft ermittelt worden oder aber ein unbekannter Dritter habe sich unbefugt Zugang zum - geschützten - WLAN-Anschluss des Beklagten verschafft. Darüber hinaus hatte der Beklagte auch die Rechteinhaberschaft der Klägerin an dem streitgegenständlichen Filmwerk pauschal bestritten.

Das Amtsgericht München hat die die Einwände des Beklagten für nicht erheblich erachtet und der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Das Gericht war angesichts des eindeutigen Vermerks auf dem körperlichen Werkstück von der Rechteinhaberschaft der Klägerin überzeugt.

Vor dem Hintergrund der mehrfach ermittelten Rechtsverletzung sah sich das Gericht auch von der Richtigkeit der Ermittlungen überzeugt. Einer dahingehenden Beweisaufnahme habe es nicht bedurft.

Schließlich habe der Beklagte die jedem Anschlussinhaber obliegenden Vortragslasten nicht erfüllen können. Der lediglich pauschale Verweis auf einen vermeintlichen Fremdzugriff auf den Internetanschluss war bereits angesichts fehlender Anhaltspunkte völlig lebensfremd und wurde daher vom Gericht nicht ernsthaft in Erwägung gezogen.

Weitere Personen schieden als Verantwortliche ebenfalls aus, so dass von der eigenen Verantwortlichkeit des Beklagten auszugehen sei. Dass der Beklagte sich zu den maßgeblichen Zeiten nicht zuhause aufgehalten haben will, sei unerheblich, da für die Nutzung einer Tauschbörse die ständige Anwesenheit des Nutzers gerichtsbekanntermaßen nicht erforderlich sei, so das Gericht in seiner Begründung.

Da auch hinsichtlich der Angemessenheit der Forderungshöhe keine Bedenken bestünden, wurde der Beklagte vollumfänglich verurteilt.




Amtsgericht München, Urteil vom 13.04.2016, Az. 262 C 23085/13


  • (...) erlässt das Amtsgericht München durch den Richter am Amtsgericht [Name] auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 13.04.2016 folgendes


    Endurteil


    • 1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.106,00 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01 12.2012 zu zahlen.
      2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
      3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.



    Beschluss

    Der Streitwert wird auf 1.106,00 EUR festgesetzt.




    Tatbestand

    Die Klagepartei macht gegen die Beklagtepartei Schadensersatzansprüche wegen angeblicher Urheberrechtsverletzung im Rahmen einer Internettauschbörse geltend.

    Die Beklagtepartei ist Inhaberin eines Internetanschlusses. Sie wurde von der Klagepartei aufgefordert, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben und Schadensersatz zu leisten.

    Die Beklagtepartei gab eine Unterlassungserklärung ab, verweigerte aber Bezahlung von Schadensersatz. Niemand anders aus dem Haushalt der Beklagtenseite ist Täter der Rechtsverletzung.

    Die Klagepartei trägt vor, sie sei Inhaberin der Rechte an dem Film "[Name]". Im Zeitraum [Datum] bis [Datum] habe die Beklagtepartei dieses Werk über ihren Internetanschluss Dritten insgesamt dreimal zum Download über ein Filesharing-Netzwerk angeboten.

    Sie schulde daher Schadensersatz in Höhe von 506,00 EUR für aus einem Streitwert von 10.000,00 EUR zu berechnende vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren, sowie eine fiktive Lizenzgebühr, die mindestens 600,00 EUR betrage. Dies gelte auch dann, wenn die Beklagtepartei nicht selbst gehandelt haben sollte, weil sie ihrer sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen sei.


    Die Klagepartei beantragt daher:

    Die Beklagtenseite wird verurteilt, an die Klägerseite

    • 1. Einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 600,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem [Datum] sowie

      2. 506,00 EUR zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem [Datum] zu zahlen.



    Die Beklagtepartei beantragt,
    • Klageabweisung.

    Sie hält das Amtsgericht München für örtlich unzuständig, und trägt vor, der Internetanschluss sei geschützt gewesen. Die gegenständliche Handlung sei weder von ihr selbst, noch von einem Familienangehörigen vorgenommen worden. Der Anschluss müsse gehackt worden sein. Die Aktivlegitimation der Klagepartei werde bestritten. Darüber hinaus seien die geltend gemachten Beträge überhöht.

    Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.



    Entscheidungsgründe

    Die Klage ist zulässig, insbesondere ist das Amtsgericht München örtlich zuständig, § 32 ZPO. Auf die zutreffenden Ausführungen der Klagepartei zum für den Tatzeitpunkt 2010 geltenden "fliegenden Gerichtsstand" wird Bezug genommen.

    Sie ist auch begründet.

    Angesichts des als Anlage K1 vorgelegten Covers des Filmes, das die Klagepartei als Rechteinhaberin ausweist, ist von deren Aktivlegitimation auszugehen, § 10 UrhG.

    Die Beklagtenseite schuldet der Klagepartei Schadensersatz, weil sie als Täterin der gegenständlichen Handlung anzusehen ist.

    Da das gegenständliche Werk insgesamt dreimal von der IP-Adresse des Beklagten aus hochgeladen worden sein soll, besteht nach allgemeiner Meinung weder Veranlassung dazu, die Richtigkeit dieser Angaben gutachterlich zu überprüfen, noch ist davon auszugehen, dass der Anschluss der Beklagtenseite gehackt wurde.

    Es ist so extrem unwahrscheinlich, dass gleich dreimal die IP-Adresse der Beklagtenseite falsch ermittelt worden sein soll, dass es darüber keiner Beweiserhebung bedarf.

    Das Hacken des Internetanschlusses erforderte gerichtsbekannt einen so hohen Aufwand, dass dieser in keinem vernünftigen wirtschaftlichen Interesse zu dem hier gegenständlichen Erfolg stünde. Aus diesem Grund kommt auch diese den Beklagen entlastende Sachverhaltsvariante nicht in Betracht.

    Da unstreitig kein anderes Mitglied des Haushalts der Beklagtenseite die Tat begangen hat, ist nach den in der "BearShare"-Entscheidung des BGH (I ZR 169/12) entwickelten Grundsätzen zur sekundären Darlegungslast des Anschlussinhabers von dessen Täterschaft auszugehen.

    In diesem Zusammenhang ist es unerheblich, ob sich die Beklagtenseite zur Tatzeit zu Hause aufgehalten hat. Gerichtsbekannt ist es technisch ohne Weiteres möglich, dass ein Computer auch in Abwesenheit seines Inhabers Daten zur Verfügung stellen kann.

    Die Höhe der von der Klagepartei geltend gemachten Beträge ist nicht zu beanstanden. Insbesondere liegt der für die Abmahnung angesetzte Gegenstandswert von 10.000,00 EUR für ein Filmwerk im Rahmen dessen, was nach ganz herrschender Meinung als angemessen im Sinne des § 287 ZPO angesehen wird.

    Auch die von der Klagepartei als Mindestbetrag begehrten 600,00 EUR sind erforderlich, aber auch ausreichend, um den klägerischen Schaden auszugleichen, § 287 ZPO. In diesem Zusammenhang war zu berücksichtigen, dass es sich vorliegend um ein Filmwerk handelt, und dieses, wenn es einmal ins Internet Eingang gefunden hat, ohne weiteres Zutun der Beklagtenseite vervielfältigt werden kann.


    Zinsen: §§ 286, 288 BGB.
    Kosten: §§ 91 ZPO.
    Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 708 Nr. 11, 711 ZPO.
    Streitwert: § 3 ZPO.



    Rechtsbehelfsbelehrung:

    Gegen die Entscheidung kann das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600,00 EUR übersteigt oder das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat

    Die Berufung ist binnen einer Notfrist von einem Monat bei dem

    • Landgericht München I
      Prielmayerstraße 7
      80335 München

    einzulegen. (...)


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



AG München, Urteil vom 13.04.2016, Az. 262 C 23085/13,
sekundäre Darlegungslast,
Hacken des Internetanschlusses,
Klage Waldorf Frommer,
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#5353 Beitrag von Steffen » Sonntag 29. Mai 2016, 13:58

AW3P: Verteidigung gegen "Waldorf Frommer"-Klagen! Unmöglich?


13:50 Uhr


Anfänglich möchte ich klarstellen, dass das Geschriebene meine persönliche Meinung - basierend auf keine nachgewiesene studiert-juristische Qualifikation - darstellt, sowie dass ich - kein - Anwalt bin. Das heißt, das der Inhalt dieses Artikels richtig sein kann, aber genauso falsch. Nur gibt es spätestens Ende 2013, mit inkrafttreten des Gesetzes gegen unseriöse Geschäftspraktiken (BGBl 2013 I, 3714, kurz: "GguGpr") und der höchstrichterlichen Rechtsprechung eine ersichtliche Tendenz in aktuellen Klageverfahren der Kanzlei "Waldorf Frommer Rechtsanwälte". Sicherlich, wer jetzt sich abwendet und es als "Waldorf Frommer" Werbeveranstaltung abtut, darauf habe ich keinerlei Einfluss.



Randbemerkungen

Jede Einschätzung liegt im Auge des jeweiligen Betrachters und deren Qualifikation, Kompetenz und Motivation. Das heißt, diese Einschätzung ist subjektiv, da man immer - egal ob man unparteiisch sein möchte und sachlich (objektiv) - aus einer persönlichen Sichtweise heraus einen gewissen Sachverhalt betrachtet. Natürlich ist der polemische Ruf zum Beispiel auf einem renommierten Anwalts-Blog nach bajuwarischen bzw. preußischen Rechtsmissbrauch, Nichtbeachtung der Menschenrechte und des Grundgesetzes, inkompetenten Richtern oder in einem Forum nach Betrug, Abzocke, Klüngel und geistig völlig umnachteten Richtern wohl auch in einer gewissen Art und Weise eine persönliche Sichtweise. Sicherlich. Wichtig aber kommt die jeweilige Sichtweise der Realität nahe und nützt diese einen Beklagten. Dieses zu entscheiden und zu beantworten, liegt dann bei jedem allein.



AW3P: Verteidigung gegen Waldorf Frommer Klagen!

Warum überhaupt diese Einschätzung? Spätestens seit inkrafttreten des GguGpr Ende 2013 wird eines deutlich. Die jährlich zahlenmäßig versendeten Abmahnungen wegen einer UrhR-Verletzung über ein P2P-Netzwerk sind spürbar rückläufig. Es kristallisiert sich immer weiter heraus, dass wir 2016 von nur noch 1 "Großabmahner" sprechen (Waldorf Frommer; versendet Abmahnungen in großer Anzahl) und mehreren "Einzelabmahnern" (.rka, Fareds, Daniel Sebastian, Y. Sarwari, Schutt & Waetke usw.; versenden Abmahnungen in geringer Anzahl oder nur sporadisch). Klagewellen wie 2013/2014 der Kanzlei "BaumgartenBrandt" wird es nicht mehr geben so geben. Das heißt, zukünftig wird man sich - hauptsächlich - auch nur mit Klageverfahren der Kanzlei "Waldorf Frommer Rechtsanwälte" beschäftigen, die den Löwenanteil bilden werden. Und die Qualität der Kläger (allgemein) ist aktuell eine ganz andere, wie noch 2013/2104. Im Grundsatz stehen jetzt hinter dem Kläger Rechteinhaber mit einem großen wirtschaftlichen Hintergrund, Werken aktueller Kino-, Hörbuch- und Musikcharts sowie Prozessbevollmächtigten, die ihr anwaltliches Handwerk verstehen. Natürlich bestehen auch hier unterschiedliche Sichtweisen, aber diese ist nun einmal meine.



1. Grundlagen


Dogmatische BGH-2 Säulen-Verteidigung: Tatsächliche Vermutung und sekundäre Darlegungslast


I. Tatsächliche Vermutung der Verantwortlichkeit des Anschlussinhabers

Grundlage: Vermutung bzw. Anscheinsbeweis!

- wenn Anschlussinhaber selbst nicht der Täter muss er seiner - vermutete - Verantwortlichkeit für den Vorwurf entkräften

Definition Anscheinsbeweis
»Annahme eines typischen bzw. der Lebenserfahrung entsprechenden Geschehensablaufs, wonach in erster Linie der Anschlussinhaber seinen Internetzugang nutzt oder jedenfalls über die Art und Weise der Nutzung bestimmt und diese mit Tatherrschaft - bewusst und alleine - kontrolliert«

Beachte
Wird mittels Sachvortrag die Vermutungsgrundlage beseitigt, entfällt diese Vermutung. Regelmäßig höchstrichterlich dann, wenn der Internetanschluss zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung
  • a) nicht hinreichend gesichert war
    b) bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde
Das heißt
  • a) der Anschlussinhaber muss seine eigene Täterschaft bestreiten und zugleich Tatsachen und Umstände darlegen, wonach zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung (auch) andere Personen seinen Internetanschluss benutzen konnten und als möglicher Täter infrage kommen könnten, oder das sein Internetanschluss nicht hinreichend gesichert war
    b) wird die tatsächliche Vermutung vom Anschlussinhaber nicht entkräftet, hat dies zur Folge, dass der Anschlussinhaber verantwortlich für die Rechtsverletzung gemacht werden kann und somit als Täter haftbar (verschuldensunabhängig)
Hinweis
  • a) in einem sog. Single-Haushalt oder bei fehlenden Mitnutzern i.V.m. einem hinreichend gesicherten Internetanschluss wird der Anscheinsbeweis bestehen bleiben.
    b) In einem Haushalt mit mehreren Anschlussinhabern ist die tatsächliche Vermutung nicht automatisch entkräftet
    c) es gilt der vertragliche Anschlussinhaber

II. Sekundäre Darlegungslast des Anschlussinhabers

Grundlage: Bewältigung von Wissens-, Wahrnehmungs- sowie Informationsdefiziten i.V.m. Substantiierung

- kein typischer Geschehensablauf (typischen Lebenssachverhalt) ausreichend
- die konkreten Umstände der Tat entziehen sich dem Wahrnehmungsbereich der beweisbelasteten Partei (Kläger) ;
- der Gegner der beweisbelasteten Partei (Anschlussinhaber) hat - allein - über die die Kenntnisse über Tatumstände und kann sich die sich Kenntnisse über Tatumstände mit - zumutbarem - Aufwand verschaffen

Beachte
Unabhängig von der tatsächlichen Vermutung!


Das heißt
  • a) Beweislast bleibt beim Kläger; der Anschlussinhaber muss nicht beweisen, das er nicht verantwortlich für den Vorwurf ist
    b) bei Mitnutzer ist ein pauschaler Sachvortrag zur theoretischen Möglichkeit,
    aa) des Internetzugriffs
    ab) eines Tauschbörsenbesuches
    - nicht - ausreichend
    c) es kommt - konkret - auf die Situation am Internetzugang zum Vorwurf an;
    d) kommt der Anschlussinhaber der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast nicht nach, ist sein Vortrag unbeachtlich und er muss die von der beweisbelasteten Partei vorgetragenen Tatsachen - auch wenn diese nicht bewiesenen sind - im Sinne des § 138 Abs. 3 ZPO, als zugestanden gegen sich gelten lassen;
    e) Kommt der Anschlussinhaber seiner sekundären Darlegungslast nach, ist es wieder an den Kläger, darzulegen und vor allem zu beweisen, wer der wahre Täter ist

AW3P Leseempfehlung:
  • a) ZUM 2014, Heft 8/9, Rechtsprechung, S.710 ff.
    "Christian Weber (Frankfurt am Main): Anmerkung zu BGH Urteil vom 08.01.2014 - I ZR 169/12 - "BearShare": Störerhaftung, tatsächliche Vermutung und sekundäre Darlegungslast beim Filesharing"
    b) ZUM 2016, Heft 4, Rechtsprechung, S. 380 ff.
    "Weber, Christian/Dombrowski, Jörg: sekundäre Darlegungslast und Anscheinsbeweis beim Filesharing - zugleich Anmerkung zu BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 75/14 Tauschbörse III"
    c) Rechtsanwälte Knies & Albrecht, New-Media-Law.net, Online-Aufsatz
    "Dr. Bernhard Knies: Sekundäre Darlegungslast und tatsächliche Vermutung"


Richterliche Anforderungen
  • a) Absicherung der internetfähigen Endgeräte gegenüber unbefugten Zugriffen (befugte / unbefugte Dritte)
    => Antivirus, Firewall, eigenes Benutzerkonto mit eingeschränkten Rechten, Port-Sperrung, sicheres Passwort usw.
    b) Art und Umfang der Absicherung des WLAN-Anschlusses gegenüber Eingriffen unbefugter Dritter
    => Werkseitige (ausgelieferte) Passwörter sind mit Einrichtung des Netzwerkes
    aa) zu ändern
    ab) periodisch zu wechseln
    ac) immer abwechslungsreich und schwierig zu wählen (alphanumerisch: im engeren Sinne entweder ein Buchstabe oder eine Ziffer. Im weiteren Sinne ist es eine Ziffer, ein Buchstabe oder ein Sonderzeichen (z.B. Punkt, Komma, Klammern)) sowie
    ad) der AI muss dieses Passwort auswendig kennen und den Nachweis (Zettel, Ausdruck) über das aufgeschriebene Passwort erbringen
    c) Benennung der konkreten Zugriffsberechtigten im fraglichen (Tat-) Zeitraum
    => mit Name, Alter, Verhältnis zum Anschlussinhaber + Anschrift
    => Hatten diese Benannten auch - tatsächlich - zum Tatzeitpunkt / Tatzeitpunkten Zugang
    => bei minderjährige Mitnutzer ist Voraussetzung:
    aa) Vorlage Einsichtsfähigkeit
    ab) Belehrung Internetnutzung
    ac) Verbot von P2P
    ad) keine vorliegende Kenntnis
    => denklogisch: War niemand zu Hause, kommt keiner als Täter infrage - wer dann!?
    d) Art und Anzahl der PCs bzw. internetfähigen Endgeräte im Haushalt
    => Wer benutzt welches internetfähige Endgerät
    => befindet sich die benannte Tauschbörsensoftware
    => befindet sich der Streitgegenstand auf irgendein internetfähiges Endgerät
    e) Nutzungsverhalten der Zugriffsberechtigten
    => sind diese in der Lage eine Tauschbörsensoftware zu installieren
    => sind diese in der Lage eine Tauschbörsensoftware zu (be-) nutzen
    => Vorlieben in puncto Musik, Filme oder Games - insbesondere gegenüber dem Streitgegenstand
    f) Umfang der Nachforschungen bei den Zugriffsberechtigten in Form von Befragung
    => Ergebnis - schriftlich - dokumentieren
    => wie reagierte der / die Befragte/n auf den "Vorwurf" der Begehung der Tat?
    aa) reagierte dieser "komisch" / widersprüchlich / lange nachdenkend / kooperativ usw.
    => Onlineaktivität zum Tatzeitpunkt im Verlauf des Betriebssystems des jeweiligen Rechners (Browserverlauf, Cache usw.)
    => bei Einräumen des Vorwurfs innerhalb der Befragung (beachte: dieses ist im Grundsatz vorab anwaltlich zu besprechen!)
    aa) mit Kenntnis eines Urheberrechts-Verstoßes werden gesteigerte Prüfpflichten notwendig
    aaa) Belehrung Internetnutzung
    aab) Verbot von P2P
    aac) detaillierte Befragung des Täters zum Vorgang
    aad) Kontrolle der internetfähigen Endgeräte nach P2P-Dateien bzw. dem Tauschbörsenprogramm zum Vorgang eines Down- bzw. Uploads
    aae) notfalls Sanktionen (bei Uneinsichtigkeit, wie dokumentierte Kontrollen und Verbote)
Hinweis:
  • 1) diese richterlichen Anforderungen aus diversen Gerichtsverfahren (AG, LG, OLG) wurden von mir zusammengefasst
    2) können von Gerichtsstandort zu Gerichtsstandort bzw. innerhalb eines Gerichtsstandortes unterschiedlich hoch oder gering gestellt werden
    3) wurden in dieser kompakten Form vom BGH nicht bestätigt
    4) deren Sinn oder Unsinn - unserer Meinung nach - ist dabei unbeachtlich

2. Ablauf der Verteidigung

Wichtig:
  • a) mit Erhalt einer Verfügung zur Durchführung eines Zivilverfahren (mit beinhalteter Klageschrift bzw. Anspruchsbegründung = Klageschrift im Mahnverfahren) muss ein "Anwalt seines Vertrauens" beauftragt werden
    => von einer Eigenverteidigung oder Zuhilfenahme von anonymen "Foren-Experten" ist abzuraten!
    aa) ein anonymer "Foren-Experten" wird niemals in einem Urteil erscheinender Prozessbevollmächtigter sein
    => ab Landgericht herrscht Anwaltspflicht
    ab) alles, was nicht bestritten wird, gilt als eingestanden
    b) eine Verteidigung richtet sich im Wesentlichen aus 2 Teile
    aa) naturwissenschaftlichen Teil
    ab) juristischen Teil

Naturwissenschaftlicher Teil

1) Beweiskette
  • a) IP-Ermittlung
    b) IP-Übermittlung/-Übertragung
    c) IP-Beauskunftung (§ 101 IX UrhG)
    aa) IP-Übermittlung/-Übertragung
    ab) IP-Zuordnung durch Provider
    ac) IP-Beauskunftung Provider - Abmahner
2) Logfirma
  • a) verwendete Software
    b) bestehende (Privat- / Gerichts-) Gutachten zur Software / IP-Ermittlung
    c) eidesstattliche Erklärungen der den Logvorgangs überwachenden Mitarbeiters der Logfirma
    d) Technische Daten des Logs (Hashwert, IP-Adresse, Datum)
3) internetfähige Endgeräte
  • a) Absicherung (Hardware / Software)
    b) vorhandene/nichtvorhandene P2P-Software bzw. -Client
    c) vorhandener/nichtvorhandener Streitgegenstand


Juristischer Teil
  • a) Rüge der örtlichen Zuständigkeit
    Beachte:
    aa) mit Inkrafttreten des GguGpr (09.10.2013) wurde der "fliegende Gerichtsstand" abgeschafft
    ab) siehe hierzu §§ 104a, 105 UrhG
    b) Aktivlegitimation
    Hinweis:
    aa) Ist der Kläger berechtigt, verfügt er über die notwendige Rechte abzumahnen und zu Klagen
    c) substantiierter Sachvortrag zu den Vorwürfen
    Hinweis: Detailliertheit eines Vortrages
    d) Passivlegitimation/Beweislastverteilung
    aa) Beweiskraft
    e) Entkräftung Störerhaftung
    f) Entkräftung Täterschaft bzw. Teilnahme
    g) Anwaltskosten
    h) Sonstiges


Grundsätze:
  • 1) Gleichheitsprinzip:
    Jede Partei (Kläger/Beklagter) beweise, was ihm zum Vorteil gereicht und seinen Anspruch stützt oder den gegnerischen Anspruch hindert
    2) Behauptung ist ein Tatsachenvortrag.
    Dieser muss bewiesen werden. Der Beweis ist erbracht, wenn die behauptete Tatsache zur Überzeugung des Gerichtes feststeht.
    3) Tatsachenbehauptungen der Klägerseite, die der Beklagte nicht bestreitet, gelten als zugestanden und werden vom Gericht als "wahr" unterstellt.


Was gilt bei Waldorf Frommer?


Natürlich ist dieses meine persönliche Meinung. Dieser Artikel soll zu einer umfassenden Diskussion anregen, zumindest zu einem Überdenken. Natürlich kann jetzt ein studierter und zugelassener Anwalt diesen Inhalt mit einem müden Lächeln quittieren, etwas verneinen oder ergänzen; natürlich kann auch ein "Foren-Experte" einen widerstreitenden Standpunkt vertreten oder etwas einmal sachdienlich ergänzen. Natürlich kann man auch schweigen, wie der Großteil.




Steffens Meinung

Meines Erachtens werden - insbesondere bei Waldorf Frommer - bestimmt Defizite deutlich. Und nein, diese meine ureigene Meinung dient als weiterführende Kritik und nicht als öffentlicher Pranger oder Lächerlichmachung von irgendjemanden.



1. Unterschätzung des Klägers
  • a) hinter der Münchner Kanzlei stehen (seriöse) Kläger mit hohen wirtschaftlichen Interessen und Potenzial
    b) Abmahnende Kanzlei verfügt über jahrelange Gerichtserfahrung zu Filesharing-Klagen
    aa) Qualifikation / Weiterbildung
    ab) umfangreiche Urteilsdatenbank


2. Überschätzung der eigenen Qualifikation
  • a) in keinem anderen Bereich des Zivilrechts, wird sich an Amtsgerichten allein, das heißt, mit ohne Anwalt verteidigt - ohne praktischen sowie juristischen Kenntnissen und Klageerfahrung zum Urheberrecht / Filesharing-Verfahren
    aa) fehlende Kenntnis zum Ablauf (Fristwahrung, Erwiderung, Ablauf usw.)
    ab) Überheblichkeit betreffs Jura
    b) man denkt, das man den eigenen Anwalt oder Richter aufzeigt / aufdiktiert was Sache ist!
    c) Herr über alles, was sein könnte und nicht wie es tatsächlich war!
    d) Anwälte mit fehlender Sachkompetenz / Erfahrung zum Urheberrecht / Ablauf eines Filesharing-Verfahren
    e) wichtiger Unterpunkt - widersprüchlicher Sachvortrag / Zeugenaussagen, Anpassung dieser nach Gerichtshinweisen bzw. neuer Sachvortrag z.B. vor dem Berufungsgericht im Gegensatz vor dem Erstgericht


3. Fehlende Grundlagen

Es werden die Grundlagen (siehe Punkt zu "1. Grundlagen") entweder nicht beherrscht oder nicht beachtet. Punkt. Bei aktuellen Klagen der Kanzlei "Waldorf Frommer Rechtsanwälte" macht es mit fehlenden Beweisen einer fehlerhaften IP-Ermittlung (Ermittlung, Übertragung, Zuordnung, Beauskunftung, Logfirma (Software, Funktion)) wenig Sinn den Hauptteil seiner Verteidigung auf den naturwissenschaftlichen Teil seiner Verteidigung zu legen, sprich die IP-Ermittlung anzugreifen. Es bestehen hierzu einfach schon eine große Anzahl von gerichtlichen Gutachten, die Beklagte zahlten, die anderer Meinung waren. Natürlich, wer konkrete Beweise - keine hochtechnischen Spekulationen oder Foren-Fantastereien - besitzt, dass die IP-Ermittlung fehlerhaft ist, der sollte es auf ein Gutachten ankommen lassen. Die möglichen juristischen und wirtschaftlichen Folgen / Risiken bei einem Fehlschlag sollten aber vorher anwaltlich geprüft werden, genau wie die mögliche anwaltliche Haftung.



Fazit

Sicherlich kann ich aus Gründen des Einzelfalls und der unerlaubten Rechtsberatung heraus nicht sagen: "Beklagter, erhältst Du eine WF-Klageschrift, musst Du Folgendes machen: 1., 2. 3., ... 1001, um zu obsiegen." Dies wäre unseriös und ich bin auch gar nicht dazu in der Lage. Ausrufezeichen. Aber ich kann mit der Auflistung der bekannten Gerichtsentscheidungen - und der Aufforderung zum Studium und Analyse - und Grundlagen (siehe Punkt zu "1. Grundlagen") zur umfassenden Diskussion - zumindest zum Nachdenken - anregen.

Natürlich ist der polemische Ruf zum Beispiel auf einem renommierten Anwalts-Blog nach bajuwarischen bzw. preußischen Rechtsmissbrauch, Nichtbeachtung der Menschenrechte und des Grundgesetzes, inkompetenten Richtern, nervende und überhebliche WF-Anwälten oder in einem Forum nach Betrug, Abzocke, Klüngel und geistig völlig umnachteten Richtern wohl auch in einer gewissen Art und Weise einer Defizit-Vertuschung (bzw. Entschuldigung).

Nur wer zahlt letztendlich den Preis? Diese Antwort sollte man wissen. Niemals der Ratgeber, der Blogger, der Anwalt sondern allein der Beklagte.




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Steffen Heintsch für AW3P


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Klagerücknahme WF

#5354 Beitrag von Steffen » Donnerstag 2. Juni 2016, 12:27

Rechtsanwalt Volker Blees auf 'www.anwalt.de': Erfolg gegen Sony Music Entertainment Germany GmbH / Waldorf Frommer Rechtsanwälte. Zustellung MB / VB an nichtzutreffende Adresse


12:25 Uhr


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Rechtsanwalt Volker Blees
Fachanwalt für Informationstechnologierecht


Industriestraße 4 | 67125 Dannstadt-Schauernheim
Fon: 06231/634821 | Fax: 03222/3942634
E-Mail: info@ra-blees.de | Web: http://www.ra-blees.de



Bericht


Quelle:


anwalt.de services AG
Rollnerstr. 8 | 90408 Nürnberg
Fon: +49 911 81515-0 | Fax: +49 911 81515-101
E-Mail: info@anwalt.de | Web: https://www.anwalt.de/

Link:
https://www.anwalt.de/rechtstipps/files ... 82854.html



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Erfolgreich verlief ein Gerichtsverfahren vor dem Amtsgericht Frankfurt am Main für eine von der Kanzlei Blees vertretene Beklagte. Die Klägerin, die Sony Music Entertainment Germany GmbH, vertreten durch die Rechtsanwälte Waldorf Frommer, nahm kurz vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung die Klage zurück.

Dem Verfahren vor dem Amtsgericht Frankfurt am Main gingen zunächst ein Mahnbescheid sowie ein Vollstreckungsbescheid jeweils aus dem Jahr 2014 gegen die Beklagte voraus. Ausweislich des Vollstreckungsbescheides soll die Beklagte bereits im Jahr 2011 eine Urheberrechtsverletzung wohl wegen Filesharing begangen haben. In dem Vollstreckungsbescheid ist ein Schadenersatz in Höhe von 450,00 EUR und Rechtsanwaltskosten in Höhe von 506,00 EUR enthalten.

Der Knackpunkt in diesem Rechtsstreit lag nun darin, dass weder der Mahnbescheid noch der Vollstreckungsbescheid der Beklagten ordnungsgemäß zugestellt wurde. Beides wurde nämlich an eine Anschrift zugestellt, an der die Beklagte seit über zwei Jahren nicht mehr wohnte.

Dies wiederum hatte zur Folge, dass die nicht ordnungsgemäße Zustellung des Mahnbescheides die Verjährung der angeblichen Ansprüche nicht hemmen konnte. Da mittlerweile Verjährung eintrat, wurde für die Beklagte durch die Kanzlei Blees Einspruch gegen den erlassenen Vollstreckungsbescheid sowie vorsorglich die Einrede der Verjährung bzgl. der geltend gemachten Ansprüche erhoben.

Auch das Gericht ging in einem Hinweisbeschluss vom 18.04.2016 davon aus, dass keine ordnungsgemäße Zustellung erfolgte. Das Gericht ging deshalb auch davon aus, dass jedenfalls die Verjährungseinrede bzgl. der Rechtsanwaltskosten durchgreifen dürfte.

Interessant in diesem Zusammenhang ist aber auch, dass das Gericht in seinem Hinweisbeschluss von einer 10-jährigen Verjährungsfrist bzgl. eines etwaigen Schadenersatzanspruches der Klägerin ausging. Die Frage der Verjährung solcher Schadenersatzansprüche ist stark umstritten und wird in der Rechtsprechung unterschiedlich beantwortet. Viele andere Gerichte gehen bei Schadenersatzansprüchen in Filesharing-Fällen von einer 3-jährigen Verjährungsfrist aus. Letztlich musste aufgrund der Klagerücknahme durch die Klägerin hierüber nicht mehr entschieden werden.



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Klagerücknahme Waldorf Frommer,
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anwalt.de services AG,
https://www.anwalt.de/,
Zustellung MB an falsche Adresse,
Zustellung VB an falsche Adresse,

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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5355 Beitrag von aw3p-nick » Mittwoch 8. Juni 2016, 20:03

Moin Steffen,

ich habe heute von WF die Zahlungsaufforderung vor Klageerhebung bekommen. Nachdem ich mich seit der Abmahnung aus Februar 2014 an die "mod. UE + Nichtzahlen"-Taktik gehalten habe, habe ich, nachdem ich mich jetzt nochmal hier im Forum ein bisschen aufgeschlaut habe, meine Zweifel, ob ich nicht doch zahlen soll. Du sagst ja immer, die Chancen Verjährung vs. Klageerhebung stehen 50:50. Aber WF ist ja wohl mittlerweile "Marktführer", kann man da wirklich davon ausgehen, dass die die Chose schlichtweg "vergessen"? Bei Klageerhebung sehe ich keine großen Chancen für mich (Vorwurf trifft zu, Single-Haushalt). Und dass es dann teurer wird als die jetzt "angebotenen" 600 € SE + 215 € Anwaltskosten, steht ja außer Zweifel. Deine Meinung dazu?

Und ist es ratsam, jetzt noch ein niedrigeres Vergleichsangebot zu unterbreiten oder ist es dafür ein bisschen zu spät?

Danke und Grüße
Tom

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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5356 Beitrag von Steffen » Mittwoch 8. Juni 2016, 20:17

Hallo Tom,

solange kein Gerichtsverfahren eingeleitet wurde, kann man - wenn man es denn will - sich mit dem Abmahner vergleichen. Hier wird es dann um die Summe aus der Abmahnung gehen. Wie weit jetzt der Abmahner bereit ist diese niedriger zu akzeptieren - weiß ich nicht. Einfach ausprobieren und wird auch vom Verhandlungsgeschick abhängen (Link).

VG Steffen

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AG Nürnberg, Az. 238 C 9282/15

#5357 Beitrag von Steffen » Mittwoch 8. Juni 2016, 21:52

WALDORF FROMMER: Tauschbörsen nutzt man nicht unbewusst - Anschlussinhaber haftet vollumfänglich


21:55 Uhr


Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot eines urheberrechtlich geschützten Filmwerkes


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

Beethovenstraße 12 | 80336 München
Telefon: 089 / 52 05 72 10 | Telefax: 089 / 52 05 72 30
E-Mail: web@waldorf-frommer.de | Web: www.waldorf-frommer.de




Bericht

Link:
http://news.waldorf-frommer.de/waldorf- ... faenglich/

Urteil als PDF:
http://news.waldorf-frommer.de/wp-conte ... 282_15.pdf

Autorin:
Rechtsanwältin Anna Zimmermann



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Das Amtsgericht Nürnberg hat den Inhaber eines Internetanschlusses zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 600,00 EUR für das öffentliche Zugänglichmachen eines Filmes in einer Tauschbörse sowie zur Erstattung der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 506,00 EUR verurteilt. Darüber hinaus hat der Beklagte sämtliche Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Im Rahmen seiner Verteidigung hatte der Beklagte vorgetragen, seinen Internetanschluss weiteren Familienangehörigen zur Nutzung überlassen zu haben, so dass diese zum Verletzungszeitpunkt selbstständigen und uneingeschränkten Zugang zum Internet gehabt hätten. Während die Tochter als Täterin der Rechtsverletzung ausgeschlossen werden konnte, hat der Beklagte zu seiner Ehefrau vorgetragen, dass diese des Öfteren Tauschbörsen nutze, sich aber nicht erinnern könne, den streitgegenständlichen Film herunter geladen und dementsprechend gleichzeitig in der Tauschbörse zum Abruf angeboten zu haben.

Die Klägerin hat der Ehefrau nicht nur den Streit verkündet, sondern sie auch als Zeugin dafür angeboten, dass sie die streitgegenständliche Rechtsverletzung nicht begangen hat.

Im Rahmen der Beweisaufnahme machte die Zeugin lediglich vage Angaben und erklärte unter anderem, sich nicht erinnern zu können, gezielt nach dem streitgegenständlichen Film in einer Tauschbörse gesucht zu haben. Auch habe sie keine Tauschbörsensoftware bewusst auf den von ihr genutzten Computern installiert.

Das Amtsgericht Nürnberg kam aufgrund des teils widersprüchlichen Vortrags des Beklagten zum Nutzungsverhalten seiner Ehefrau sowie deren Zeugenaussage zu dem Ergebnis, dass eine Täterschaft der Ehefrau auszuschließen ist und bejahte die täterschaftliche Haftung des Beklagten für die ihm vorgeworfene Rechtsverletzung. Die Zeugin sei offensichtlich bemüht gewesen, nur möglichst vage Angaben zu ihrem tatsächlichen Nutzungsverhalten zu machen, so das erkennende Gericht. Da es nicht möglich sei, unbewusst ein Tauschbörsenprogramm zu installieren und einen bestimmten Film gewissermaßen aus Versehen herunterzuladen, scheide die Zeugin als Täterin aus. Der Anschlussinhaber wurde daher antragsgemäß verurteilt.




Amtsgericht Nürnberg, Urteil vom 29.04.2016, Az. 238 C 9282/15

  • (...) erlässt das Amtsgericht Nürnberg durch die Richterin am Amtsgericht [Name] am 29 04.2016 auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 01.04.2016 folgendes

    Endurteil

    • 1. Der Beklage wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 600,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 10.04.2015 zu bezahlen.
      2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 506,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 10.04.2015 zu bezahlen.
      3. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
      4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
      Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.



    Beschluss

    Der Streitwert wird auf 1.106,00 EUR festgesetzt.




    Tatbestand

    Die Klägerin macht Ansprüche aus einer Urheberrechtsverletzung geltend.

    Die Klägerin ist Inhaberin der ausschließlichen Nutzungs- bzw. Verwertungsrechte betreffend den Film [Name] in Deutschland. Am [Name] zwischen [Uhrzeit] Uhr und [Uhrzeit] Uhr und am [Datum] zwischen [Uhrzeit] Uhr und [Uhrzeit] Uhr wurde über die IP-Adresse [IP] bzw. die IP-Adresse [IP] jeweils das vorgenannte Werk in einer auf dem "BitTorrent"-Protokoll basierenden Tauschbörse unentgeltlich zum Download angeboten. Die genannten IP-Adressen waren zu den jeweiligen Zeitpunkten dem Anschluss des Beklagten zuzuordnen.

    Mit Schreiben vom [Datum] wurde der Beklagte aufgrund der Urheberrechtsverletzung von der Klägerin abgemahnt und zugleich mit Fristsetzung aufgefordert, eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungsserklärung abzugeben sowie Schadensersatz in Höhe von zunächst 450,00 EUR und Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 506,00 EUR zu zahlen.

    Mit Schreiben vom [Datum] gab der Beklagte daraufhin ohne Anerkennung einer Rechtspflicht eine Unterlassungserklärung ab, Zahlungen an die Klägerin erfolgten jedoch nicht.

    Die Klägerin behauptet, dass davon auszugehen sei, dass der Beklagte als Anschlussinhaber die streitgegenständliche Rechtsverletzung persönlich begangen habe. Anhaltspunkte, die Zweifel an der Verantwortlichkeit des Beklagten begründen könnten, seien nicht ersichtlich bzw. nicht hinreichend substantiiert dargelegt worden. Andere Personen, insbesondere die Ehefrau und die Tochter des Beklagten, hätten zu den Zeitpunkten der streitgegenständlichen Rechtsverletzung keine konkrete Zugriffsmöglichkeit auf den Internetanschluss des Beklagten gehabt und die Rechtsverletzung nicht begangen.

    Die Klägerin ist der Ansicht, dass ihr daher nach den Grundsätzen der Linzenzanalogie nunmehr ein Schadensersatz von nicht weniger als 600,00 EUR zustehe Daneben habe sie gegen den Beklagten auch einen Anspruch auf Ersatz der ihr durch die Abmahnung entstandenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 506,00 EUR.


    Die Klägerin beantragt daher,
    den Beklagten zu verurteilen, einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 600,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 10.04.2015 sowie 506,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 10.04.2015 zu zahlen.


    Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.


    Er behauptet, dass er die streitgegenständliche Urheberrechtsverletzung nicht begangen habe. Zum Tatzeitpunkt habe sowohl die Ehefrau des Beklagten, die Zeugin [Name] als auch seine minderjährige Tochter, die Zeugin [Name] uneingeschränkten und selbstständigen Zugriff auf den Internetanschluss des Beklagten gehabt.

    Der Beklagte ist der Ansicht, dass er der ihm als Anschlussinhaber auferlegten sekundären Darlegungslast mit seinen Angaben entsprochen habe, weshalb für seine Täterschaft keine tatsächliche Vermutung mehr zu Gunsten der Klägerin spreche Daneben scheide aber auch eine Störerhaftung des Beklagten aus, da gegenüber seiner Ehefrau keine anlasslosen Belehrungs- oder Überwachungspflichten bestünden, die er hätte verletzen können. Seine Tochter sei vor den streitgegenständlichen Tatzeitpunkten über die Rechtswidrigkeit von Internettauschbörsen belehrt und jedwede Nutzung verboten worden. Konkrete Anhaltspunkte für eine rechtsverletzende Nutzung des Internetanschlusses durch sein Tochter hätten nicht vorgelegen.

    Das Gericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugin [Name]. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 01.04.2016 Bezug genommen. Die Klägerin hat der Zeugin [Name] mit Schriftsatz vom 04.02.2016, zugestellt am 18.02.2016, den Streit verkündet.

    Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen, die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 05.02.2016 (Bl. 77/81 d. Akte) und vom 01.04.2016 (BI. 104/110 d. Akte) sowie die sonstigen Aktenteile Bezug genommen.



    Entscheidungsgründe

    Die Klage ist zulässig und vollumfänglich begründet.


    I.

    Die Klage ist zulässig, insbesondere ist das Amtsgericht Nürnberg gemäß § 104a UrhG i.V.m. §§ 12, 13 ZPO ausschließlich örtlich zuständig.


    II.

    Die Klägerin hat einen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung von insgesamt 1.106,00 EUR aus einer Urheberrechtsverletzung gemäß §§ 97, 97a (a.F.) UrhG.


    1.

    Der Klägerin steht ein Anspruch auf die geltend gemachten Abmahnkosten in Höhe von 506,00 EUR aus § 97a Abs. 1 S. 2 UrhG (a.F.) zu.

    Es liegt eine berechtigte Abmahnung der Klägerin gegenüber dem Beklagten vor, denn die Klägerin hat gegen den Beklagten aufgrund der rechtswidrigen Urheberrechtsverletzung des Beklagten einen Anspruch auf Unterlassung gemäß § 97 Abs. 1 UrhG.

    Der Inhalt des Abmahnschreibens vom [Datum] entspricht den grundlegenden Anforderungen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.11.2011, Az. 1-20 W 132/11). Die Aktivlegitimation der Klägerin wurde von dem Beklagten nicht bestritten. Die Ermittlungen der Klägerin haben ergeben, dass die Datei mit dem Hashwert [Hash], die den Film [Name] beinhaltet, unter Verwendung eines "BitTorrent"-Clients am [Datum] und am [Datum] zu zwei verschiedenen Zeitpunkten zum Herunterladen über IP-Adressen bereitgehalten wurde, die dem Internetanschluss des Beklagten zuzuordnen waren Die Rechtsverletzung vom Anschluss des Beklagten wurde nicht in Abrede gestellt.

    Die Klägerin trägt nach den allgemeinen Grundsätzen als Anspruchstellerin die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs auf Erstattung von Abmahnkosten erfüllt sind, weshalb es grundsätzlich zunächst ihre Sache ist, darzulegen und nachzuweisen, dass der Beklagte für die von ihr behauptete Urheberrechtsverletzung als Täter verantwortlich ist (BGH, Urteil vom 11.06.2015, Az: I ZR 75/14).

    Wird allerdings ein geschütztes Werk der Öffentlichkeit von einer IP-Adresse aus zugänglich gemacht, die zum fraglichen Zeitpunkt einer bestimmten Person zugeteilt ist, spricht die tatsächliche Vermutung dafür, dass diese Person für die Rechtsverletzung verantwortlich ist (BGH, Urteil vom 12 05.2010, Az. I ZR 121/08), wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine andere Person diesen Internetanschluss benutzen konnte (BGH, Urteil vom 11 6.2015, Az: I ZR 75/14). Der Beklagte hat im vorliegenden Fall vorgetragen, dass er selber für die Rechtsverletzung nicht verantwortlich sei. Zu den betreffenden Zeitpunkten habe aber nach seinen Angaben sowohl seine Ehefrau, die Zeugin [Name] als auch seine Tochter, die Zeugin [Name] uneingeschränkt und selbstständigen Zugriff auf den Internetanschluss des Beklagten gehabt. Von den Parteien wurde mittlerweile unstreitig gestellt, dass die Rechtsverletzung nicht von der Zeugin [Name] begangen wurde.

    Eine die angeführte tatsächliche Vermutung ausschließende Nutzungsmöglichkeit Dritter ist aber dann anzunehmen, wenn der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt nicht hinreichend gesichert war oder bewusst der anderen Person zur Nutzung überlassen wurde. In diesen Fällen trifft den Inhaber des Internetanschlusses jedoch eine sekundäre Darlegungslast. Diese führt weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast hinausgehende Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seine Prozessverfolgung benötigten Informationen zu verschaffen. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast vielmehr dadurch, dass er dazu vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen verpflichtet. Entspricht der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast, ist es wieder Sache der Klägerin als Anspruchstellerin, die für eine Haftung des Beklagten als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umständen darzulegen und nachzuweisen (BGH, Urteil vom 11.06.2015, Az: I ZR 75/14).

    Der Beklagte, der nach eigenem Vortrag in der IT-Branche arbeitet, gab auf Nachfrage des Gerichts an, dass das betreffende "WLAN" mit WPA2 verschlüsselt und durch ein individuell vergebenes 8- bis 12-stelliges Passwort, das aus einer Buchstaben-Zahlen-Sonderzeichen-Kombination bestanden habe, gesichert gewesen sei. Angesichts dieser Maßnahmen erscheint es dem Gericht fernliegend, dass ein unbefugter Dritter auf den WLAN-Access Point des Beklagten zugegriffen hat (OLG Köln, Urteil vom 02.08.2013, Az. 1-6 U 10/13, 6 U 10/13).

    Hinsichtlich seiner Ehefrau, der Zeugin [Name] teilte der Beklagte zunächst mit, dass diese uneingeschränkten und selbstständigen Zugriff auf den Internetanschluss des Beklagten habe und er vermute, dass diese für die Urheberrechtsverletzung verantwortlich sei. Nach Erhalt der Abmahnung habe er seine Ehefrau diesbezüglich befragt, diese habe jedoch die Tat nicht zugegeben. Auf eine erneute Nachfrage habe die Zeugin [Name] dann bestätigt, Tauschbörsen genutzt zu haben, könne sich aber nicht erinnern, den streitgegenständlichen Film angeboten bzw. heruntergeladen zu haben, da sie des öfteren Filesharing betrieben und die heruntergeladenen Dateien überhaupt nicht angesehen habe. Im weiteren Verlauf des Verfahrens gab der Beklagte dann an, dass, soweit er sich erinnere, seine Ehefrau bereits nach Zugang der Abmahnung ihm gegenüber angegeben habe, dass sie auf Tauschbörsen unterwegs sei, sich aber nicht erinnern könne, dass sie zum streitgegenständlichen Zeitpunkt auf einer solchen gewesen sei und den Film auch angesehen habe.

    Die Zeugin [Name] selbst gab in ihrer uneidlichen Vernehmung im Termin am 01.04.2016 an, dass sie möglicherweise schon auf Tauschbörsen im Internet gewesen sei, konkrete Namen seien ihr diesbezüglich aber nicht in Erinnerung. Zum konkreten Zeitpunkt könne sie sich nicht erinnern, dass sie nach dem speziellen Film gesucht habe. Nach Erhalt der Abmahnung habe sie dem Beklagten auf dessen Nachfrage mitgeteilt, dass sie sich nicht erinnern könne, etwas herunter geladen zu haben. Auf Nachfrage des Gerichts gab die Zeugin dann an, dass sie nicht gezielt nach dem Film gesucht habe. Bewusst habe sie auch keine Tauschbörsen-Software auf den von ihr genutzten Rechnern installiert, sie wisse es aber nicht. Über Filme habe sie sich im Internet informiert, sie wisse aber nicht, ob sie schon einmal einen Film runtergeladen oder angeschaut habe. Zu den konkreten Tagen konnte die Zeugin nicht mehr sagen, ob sie konkret Zugriff auf das Internet gehabt habe. Auch konnte sie sich nicht erklären, warum von der Beklagtenseite vorgetragen wurde, dass sie Filme öfters runtergeladen und dann nicht angeschaut habe. Unbewusst habe sie schon mal Programme installiert, bewusst jedoch nur einmal ein Programm für ein Buch "als Reader". Es könne auch gut sein, dass sie "mal etwas runterladen musste, um danach dann etwas ansehen zu können, und dass sich zuvor etwas geöffnet hat", was sie dann habe bestätigen müssen.

    Unabhängig davon, dass im vorliegenden Fall schon fraglich ist, ob der Beklagte, der seinen Vortrag im Laufe des Prozesses mehrfach angepasst hat, in ausreichendem Maße den ihm im Rahmen der sekundären Darlegungslast auferlegten Anforderungen überhaupt nachgekommen ist, ist jedenfalls das Gericht nach der durchgeführten Beweisaufnahme der Überzeugung, dass die Zeugin [Name] hier nicht ernsthaft als Täterin der streitgegenständlichen Rechtsverletzung in Betracht kommt. Zwar hat die Beklagtenseite vor der Verhandlung vorgetragen, dass die Zeugin Tauschbörsen genutzt und desöfteren Filesharing betrieben habe. Diesen Eindruck vermittelte die Zeugin dem Gericht in ihrer uneidlichen Vernehmung aber zu keinem Zeitpunkt in nachvollziehbarer Weise. Auf Nachfrage konnte sie weder konkrete Namen von Tauschbörsen nennen, noch sicher angeben, ob sie jemals einen Film aus dem Internet runtergeladen habe. Dementsprechend konnte sich die Zeugin auch nicht erklären, wie die Beklagtenseite zu der vorgenannten Behauptung kommt. Die Zeugin war sonst offensichtlich bemüht, nur möglichst vage Angaben zu ihrem tatsächlichen Nutzungsverhalten zu machen. Das Gericht ist aber überzeugt, dass es der Zeugin nicht möglich gewesen ist, "unbewusst" das hier in Frage kommende Tauschbörsenprogramm zu installieren oder zu nutzen und dann mehr oder weniger aus Versehen den streitgegenständlichen Film herunterzuladen, zumal die Zeugin selber angegeben hat, dass sie nicht gezielt nach diesem im Internet gesucht habe. Da die Ehefrau des Beklagten hier aber aus Sicht des Gerichts als Täterin damit ausscheidet und aus den oben angeführten Gründen auch keine anderen Personen unter Berücksichtigung des Vortrags des Beklagten hierfür in Betracht kommen, kann sich die Klägerin auf die dann geltende tatsächliche Vermutung für die Täterschaft des Anschlussinhabers, hier des Beklagten, berufen (OLG München, Urteil vom 14.01.2016, Az. 29 U 2593/15).

    Eine wirksame Einwilligung der Klägerin oder sonstige Lizenzierung lag nicht vor, so dass das mehrmalige Bereitstellen des Films [Name] zum Download über den Internetanschluss des Beklagten auch rechtswidrig war. Das Bestehen eines Unterlassungs- und Aufwendungsersatzanspruches ist unabhängig von einem etwaigen Verschulden. Die Wiederholungsgefahr wird vorliegend durch die mehrmalige Rechtsverletzung indiziert (LG Bielefeld, Urteil vom 04.03.2015, Az. 4 0 211/14).

    Die Kappungsgrenze des § 97a UrhG (a.F.) kommt vorliegend nicht zur Anwendung. Zwar ist nach dem bisherigen Vortrag der Parteien davon auszugehen, dass der Beklagte erstmalig von der Klägerin abgemahnt wurde, es lag aber bereits keine unerheblicher Rechtsverletzung im Sinne der genannten Vorschrift vor. Hinzu kommt, dass ein Auskunftsverfahren nach § 101 Abs. 9 UrhG zur Anschlussermittlung durchzuführen war und dem Anspruch eine komplexe Tatsachen-und Rechtsmaterie zugrunde liegt.

    Der Höhe nach ist der von der Klägerin angenommene Gegenstandswert von 10.000,00 EUR für das öffentliche Zugänglichmachen eines Films in einer Internettauschbörse sowie die Geltendmachung einer 1,0 Gebühr zuzüglich Auslagenpauschale auch angemessen (LG München I, Urteil vom 05.09.2014, Az. 21 S 24208/13). Da die Neuregelung des § 97a Abs. 3 UrhG erst zum 09.10.2013 in Kraft getreten und im vorliegenden Fall die Abmahnung dem Beklagten noch vorher zugegangen ist, kam eine Berechnung der Abmahnkosten nach einem Gegenstandswert von 1.000,00 EUR hier nicht in Betracht (Beck0K / Reber, UrhG, 11 Ed., Stand: 01.01.2016, § 97a Rn. 1).


    2.

    Die Klägerin hat darüber hinaus auch einen Anspruch auf Ersatz des fiktiven Lizenzschadens gemäß § 97 Abs. 2 UrhG.

    Wie oben bereits dargelegt wurde, hat der Beklagte vorliegend die ausschließlichen Nutzungs- bzw. Verwertungsrechte der Klägerin verletzt. Der Anspruch auf Schadensersatz nach § 97 Abs. 2 UrhG setzt, anders als der Unterlassungsanspruch gemäß § 97 Abs. 1 UrhG, zudem ein Verschulden des Beklagten gemäß § 276 BGB voraus. Dies ist hier aber gegeben, da der Beklagte zur Überzeugung des Gerichts zumindest fahrlässig gehandelt hat. Wer fremde Werke nutzt oder verbreitet, muss sich grundsätzlich vorher auch über sein Recht zur Nutzung vergewissern (LG Bielefeld, Urteil vom 04.03.2015, Az. 4 0 211/14, m.w.N.). Im Urheberrecht gelten dabei generell hohe Sorgfaltsanforderungen, weshalb bereits leichte Fahrlässigkeit den Vorwurf einer Sorgfaltspflichtverletzung begründet. Dies gilt erst recht, wenn Filme unberechtigt zum Herunterladen im Internet verfügbar gemacht werden. Eine solche Verhaltensweise führt zu einer hochgradigen Gefährdung der Verwertungsrechte des Urhebers. Selbst wenn dem Beklagten nicht positiv bekannt gewesen sein sollte, dass er als Nutzer einer Tauschbörse die heruntergeladenen Dateien sogleich anbietet, oblag ihm zumindest die Pflicht, sich vor der Installation umfassend über die technische Ausgestaltung dieser Programme und deren Funktion zu vergewissern (LG Düsseldorf, Urteil vom 24 08.2011, Az. 12 0 177/10; LG Hamburg, Urteil vom 12.02.2014, Az. 308 0 227/13). Dass dies der Beklagte vorliegend getan hat, ist für das Gericht nicht ersichtlich, weshalb er den Film jedenfalls fahrlässig öffentlich zugänglich gemacht hat.

    Der danach dem Grunde nach gegen den Beklagten gegebene Schadensersatzanspruch der Klägerin besteht in Höhe der geltend gemachten 600,00 EUR. Gibt es, wie im vorliegenden Fall, keine branchenüblichen Vergütungssätze und Tarife, ist die Höhe der als Schadensersatz zu zahlenden Lizenzgebühr vom Gericht gemäß § 287 ZPO unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls nach seiner freien Überzeugung zu bemessen. Dabei sind an Art und Umfang der von dem Geschädigten beizubringenden Schätzgrundlagen nur geringe Anforderungen zu stellen. Dem Gericht kommt zudem in den Grenzen eines freien Ermessens ein großer Spielraum zu (BGH, Urteil vom 11.06.2015, Az. A 1 ZR 19/14).

    Bei der Bemessung des angemessenen Lizenzschadens hat das Gericht berücksichtigt, welchen Betrag der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Rechts eingeholt hätte. Nach der Rechtsprechung ist dafür zu ermitteln, was vernünftige Parteien bei Abschluss eines Lizenzvertrags in Kenntnis der wahren Rechtslage und der Umstände des konkreten Falls als angemessene Lizenzgebühr vereinbart hätten, wobei maßgebend der objektive Wert der Nutzungsberechtigung ist. Hierzu müssen alle relevanten Umstände des Einzelfalls in Betracht gezogen und umfassend gewürdigt werden (LG Köln, Urteil vom 30.11.2011, Az. 28 0 482/10). Im vorliegenden Fall hat der Beklagte in zwei Fällen den streitgegenständlichen Film kurz nach dessen Verkaufsstart auf DVD und damit innerhalb seiner relevanten Verwertungsphase zum kostenlosen Download über das Internet mittels eines Filesharing-Clients angeboten. Angesichts dessen erscheint es angemessen, den von der Klägerin geforderten Betrag von 600,00 EUR der gebotenen Schätzung des Gerichts zugrunde zu legen. Diese Höhe der Lizenzforderung erweist sich auch verglichen mit anderen Fällen als angemessen. Bereits für das kurzzeitige öffentliche Zugänglichmachen nur eines Musiktitels wird schon eine Lizenz in Höhe von 200,00 EUR für angemessen angesehen (Hans OLG Hamburg, Urteil vom 07.11.2013, Az. 5 U 222/10: OLG Köln, Urteil vom 23.03.2012, Az. 1-6 U 67/11, 6 U 67/11) und auch bereits für das einmalige öffentliche Anbieten eines Films ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 600,00 EUR (LG Bochum, Urteil vom 13.08.2015, Az 8 S 34/15).


    III.

    Der Zinsanspruch der Klägerin ergibt sich aus §§ 286, 288,291 BGB. Der Zinsbeginn wurde von der Beklagtenseite nicht in Abrede gestellt.


    IV.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

    Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.



    Rechtsbehelfsbelehrung

    Gegen die Entscheidung kann das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600,00 Euro übersteigt oder das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

    Die Berufung ist binnen einer Notfrist von einem Monat bei dem

    Landgericht Nürnberg-Furth
    Further Str. 110
    90429 Nürnberg

    einzulegen. (...)



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



AG Nürnberg, Urteil vom 29.04.2016, Az. 238 C 9282/15,
Klage Waldorf Frommer,
WALDORF FROMMER Rechtsanwälte,
Rechtsanwältin Anna Zimmermann,
sekundäre Darlegungslast

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AG Traunstein, Az. 312 C 771/15

#5358 Beitrag von Steffen » Freitag 10. Juni 2016, 16:53

WALDORF FROMMER: Amtsgericht Traunstein zu den Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast - Unplausibler Vortrag führt zur vollen Verurteilung


16:50 Uhr


Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

Beethovenstraße 12 | 80336 München
Telefon: 089 / 52 05 72 10 | Telefax: 089 / 52 05 72 30
E-Mail: web@waldorf-frommer.de | Web: www.waldorf-frommer.de




Bericht

Link:
http://news.waldorf-frommer.de/waldorf- ... urteilung/

Urteil als PDF:
http://news.waldorf-frommer.de/wp-conte ... 771_15.pdf


Autorin:
Rechtsanwältin Eva-Maria Forster



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Nachdem sämtliche Versuche einer außergerichtlichen und gütlichen Beilegung des Rechtsstreits gescheitert waren, hatte die Rechteinhaberin Klage wegen der unlizenzierten Verbreitung ihres urheberrechtlich geschützten Filmwerks erhoben.

Der in Anspruch genommene Anschlussinhaber hatte seine Verantwortlichkeit für die Urheberrechtsverletzung bestritten und vorgetragen, dass er sich im streitgegenständlichen Zeitraum mit seiner Frau auf einer Urlaubsreise befunden habe. Er habe seinen Rechner zuvor ausgeschaltet und sein WLAN-Anschluss wäre mit einem individuellen Passwort ausreichend gesichert gewesen. Die volljährige Tochter der Familie sowie deren zu Besuch verweilende Freundin seien zum damaligen Zeitpunkt zuhause gewesen und hätten Zugang zu dem Internetanschluss gehabt. Er habe seine Tochter im Vorfeld belehrt, keine "illegalen Downloads" über seinen Anschluss zu tätigen.

Nach Erhalt der Abmahnung habe der Beklagte sowohl seine Tochter als auch deren Freundin befragt; beide hätten ihre Täterschaft verneint. Im gerichtlichen Verfahren führte der Abgemahnte dann erstmals aus, er habe sich zudem nach Erhalt der Abmahnung die Laptops der beiden Frauen aushändigen lassen, "die er auf die entsprechende Filmdatei, sowie Tauschbörsensoftware" durchsucht hätte, "um eine Täterin auszumachen". Hierbei sei er jedoch nicht fündig geworden.

Ein derartiger Vortrag reicht nicht aus, den Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast des Anschlussinhabers zu genügen. Das Gericht führt insofern aus:
  • "Schließt der Sachvortrag der Beklagtenpartei im Rahmen der sekundären Darlegungslast es aus, dass es überhaupt zu einer an sich feststehenden - Rechtsverletzung gekommen ist, so ist er nicht plausibel und bietet auch keine ernsthafte Möglichkeit eines abweichenden Geschehensablaufs. Vorliegend wäre nach dem Sachvortrag des Beklagten letztlich niemand für die - an sich feststehende - Rechtsverletzung verantwortlich, was denklogisch nicht möglich ist. [...]
    Lässt sich der Vortrag des Beklagten im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast jedoch in keinster Weise in Einklang mit der prozessual feststehenden Rechtsverletzung bringen und ist er folglich offenkundig widersprüchlich, so geht dieser Widerspruch zu Lasten des Beklagten."
Im Ergebnis hat der Beklagte neben der Leistung von Schadenersatz nun sowohl die außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten, als auch die vollen Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Der von der Klägerin angesetzte Gegenstandswert, als auch der beantragte Schadensersatz sind angemessen, so das Gericht in seiner Urteilsbegründung:
  • "Der angesetzte Gegenstandswert in Höhe von 10.000,00 EUR ist nicht zu beanstanden. [...] Durch das Angebot des streitgegenständlichen Spielfilms ist der Klägerin ein Schaden entstanden, den das Gericht auf 600,00 EUR schätzt, § 287 ZPO. Die Klägerin kann ihren Schadensersatzanspruch - wie geschehen - gem. § 97 Abs. 2 Satz 3 UrhG nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie berechnen."





Amtsgericht Traunstein, Urteil vom 24.05.2016, Az. 312 C 771/15

  • (...)

    erlässt das Amtsgericht Traunstein durch die Richterin am Amtsgericht [Name] am 24.05.2016 auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 22.04.2016 folgendes


    Endurteil


    • 1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.106,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 20.02.2015 zu zahlen.
      2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
      3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Hohe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
      4. Der Streitwert wird auf 1.106,00 EUR festgesetzt.



    Tatbestand

    Die Parteien streiten über Schadenersatz- und Aufwendungsersatzansprüche der Klägerin gegen den Beklagten wegen Verletzung von Urheberrechten der Klägerin an dem Spielfilm [Name] durch Teilnahme an einer Internettauschbörse.

    Die Klägerin ist Inhaberin der Nutzungs- und Verwertungsrechte am streitgegenständlichen Werk, insbesondere der ausschließlichen Rechte zur Vervielfältigung und zum öffentlichen Zugänglichmachen. Die Klägerin ist Inhaberin der exklusiven Online-Rechte; sie vergibt keine Lizenzen für Vervielfältigungen bzw. Angebote in Tauschbörsen, ein entsprechendes Lizenzmodell existiert nicht. Die elektronische Verbreitung wird ausschließlich über kostenpflichtige Portale lizenziert. Für jeden Abruf eines Werks zum dauerhaften Download ist ein bestimmter Mindestbetrag als Lizenzgebühr abzuführen. Die entsprechende Mindestlizenz beträgt regelmäßig nicht weniger als 50 % von 11,76 EUR (= 5,88 EUR), kann aber je nach Aktualität des Werkes sowie der entsprechenden Bildqualität auch bei bis zu 65 % von 14,28 EUR (= 9,28 EUR) liegen.

    Dem Beklagten räumte die Klägerin keine Verwertungsrechte ein und stimmte keiner Verwertung in Tauschbörsen zu. Am [Datum] zwischen [Uhrzeit] Uhr und [Uhrzeit] Uhr und am [Datum] zwischen [Uhrzeit] Uhr und [Uhrzeit] Uhr wurde das streitgegenständliche Werk vom Internetanschluss des Beklagten in einer so genannten Internettauschbörse (BitTorrent) zum Download angeboten. Zu den streitgegenständlichen Zeitpunkten verfügte der Beklagte über ein verschlüsseltes WLAN Netzwerk. Mit Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom [Datum] forderte die Klägerin den Beklagten zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung, Zahlung von Schadensersatz und zur Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten auf. Zahlungen leistete der Beklagte nicht. Die Klägerin mahnte daraufhin zuletzt mit Schreiben vom 27.02.2015 unter Fristsetzung zum 06.03.2015 die Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 600,00 EUR und von Aufwendungsersatz in Höhe von 506,00 EUR erfolglos an. Am 11.05.2015 wurde daher beim Amtsgericht Coburg ein entsprechender Mahnbescheid beantragt, der am 13.05.2015 erlassen wurde. Hiergegen legte der Beklagte Widerspruch ein, der bei Gericht am 21.05.2015 eingegangen ist.

    Die Klägerin ist der Auffassung, den Beklagten treffe eine tatsächliche Vermutung dahingehend, dass er als Inhaber des fraglichen Internetanschlusses auch für über seinen Anschluss begangene Rechtsverletzungen persönlich verantwortlich sei. Diese Vermutung habe der Beklagte durch seinen Sachvortrag nicht widerlegt.

    Der im Wege der Lizenzanalogie zu berechnende und im Übrigen durch das Gericht zu schätzende Schaden betrage mindestens 600,00 EUR. Im Hinblick auf die geltend gemachten Rechtsanwaltskosten sei ein Gegenstandswert in Höhe von 10.000,00 EUR und eine 1,0 Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 W RVG angemessen.


    Die Klägerin beantragt,

    Die Beklagtenseite wird verurteilt, an die Klägerseite

    • 1. einen angemessenen Schadenersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 600,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 20.02.2015 sowie
      2. 506,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 20.02.2015 zu zahlen.


    Der Beklagte beantragt
    • Klageabweisung.

    Der Beklagte trägt vor, dass er selbst die Rechtsverletzung nicht begangen habe. Am [Datum] und [Datum] habe er sich nicht zu Hause sondern zusammen mit seiner Ehefrau im Allgäu befunden. Bei seiner Abreise sei sein Rechner außer Betrieb gewesen. Neben dem Beklagten hätten auch seine Ehefrau und Tochter Zugang zum Internetanschluss. Die Tochter sei mehrfach darauf hingewiesen worden, dass der Internetanschluss des Beklagten nicht für "Illegale Downloads" verwendet werden dürfe. Während der Abwesenheit des Beklagten habe sich die volljährige Tochter sowie eine Freundin der Tochter im Haus des Beklagten befunden. Nur eine der beiden komme als Verantwortliche für die Urheberrechtsverletzung in Betracht. Schließlich sei ein Gegenstandswert von 1.000,00 EUR zugrunde zu legen.

    Am 06.11.2015 und 22.04.2016 wurde mündlich verhandelt und Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen [Namen]. Auf die Sitzungsprotokolle wird Bezug genommen (Bl. 105/107 u. 135/138 d.A.) wird Bezug genommen. Zur Ergänzung wird ferner auf alle Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.



    Entscheidungsgründe


    I.

    Die Klage ist zulässig, insbesondere ist das Amtsgericht Traunstein sachlich und örtlich zuständig, §§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG, 32 ZPO, 105 Abs. 2 UrhG, 45 Abs. 1 GZVJu.


    II.

    Die Klage ist begründet. Die Klägerin hat gegen den Beklagten Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 600,00 EUR aus § 97 Abs. 2 UrhG wegen rechtswidriger und schuldhafter Verletzung des ausschließlichen Rechts der Klägerin zur öffentlichen Zugänglichmachung des streitgegenständlichen Werks gern. § 19a UrhG. Ferner schuldet der Beklagte Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 506,00 EUR aus § 97 Abs. 1 S. 2 UrhG, da die Abmahnung vom 30.10.2012 berechtigt war.


    1.

    Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch nach § 97 Abs. 2 UrhG auf Schadenersatz in Höhe von 600,00 EUR.


    a)

    Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Die Klägerin hat zu ihrer Rechteinhaberschaft substantiiert und unter Beweisangebot vorgetragen. Soweit der Beklagte die Aktivlegitimation lediglich pauschal mit Nichtwissen bestreitet, ist dieses unbeachtlich.


    b)

    Das streitgegenständliche Werk wurde zu den genannten Zeitpunkten über den Internetanschluss des Beklagten zum Herunterladen angeboten und damit öffentlich zugänglich gemacht. Die Klägerin hat zur Behauptung, dass zu den genannten Tatzeiten unter den jeweils ermittelten IP-Adressen das streitgegenständliche Werk zum Herunterladen angeboten wurde, dokumentiert (K2 und K3). Die Begehung der Rechtsverstöße über den Internetanschluss des Beklagten ist nach Auffassung des Gerichts erwiesen, nachdem das streitgegenständliche Werk innerhalb von 24 Stunden zweimal unter verschiedenen von der Klägerin ermittelten dynamischen IP-Adressen, die jeweils dem Beklagten zugeordnet wurden, zum Herunterladen angeboten wurden. Dass wiederholt eine fehlerhafte Ermittlung der IP-Adresse bzw. eine fehlerhafte Zuordnung zum Anschluss des Beklagten erfolgt sein sollen, hält das Gericht mit nahezu an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit für ausgeschlossen. Dagegen erfolgt das lediglich pauschale Bestreiten der Beklagtenseite mit Nichtwissen ins Blaue hinein und ist nicht erheblich.


    c)

    Die Klägerin trägt nach allgemeinen Grundsätzen als Anspruchstellern die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs auf Erstattung von Abmahnkosten erfüllt sind. Danach ist es grundsätzlich ihre Sache, darzulegen und nachzuweisen, dass der Beklagte für die von ihr behauptete Rechtsverletzung als Täter verantwortlich ist (vgl. BGH GRUR 2013, 511 - "Morpheus"; BGH GRUR 2014, 657 - "BearShare").


    d)

    Im vorliegenden Fall spricht nicht bereits eine tatsächliche Vermutung für die Täterschaft des Beklagten. Der Beklagte hat vorgetragen, dass er zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Rechtsverletzungen vom [Datum] bis [Datum] verreist war, seinen Rechner ausgeschaltet hatte und dass seine volljährige Tochter [Name] und deren Freundin [Name] sich im Haus des Beklagten aufhielten. Er hatte ihnen auch seinen Internetanschluss bewusst zur Nutzung überlassen und diese Personen konnten den Anschluss zu den beiden streitgegenständlichen Zeitpunkten, dem [Datum] um [Uhrzeit] Uhr und dem [Datum] um [Uhrzeit] Uhr, mit ihren mitgebrachten Laptops benutzen. Sowohl die Ortsabwesenheit des Beklagten und die Nutzungsmöglichkeit wird von den Zeugen [Namen] und [Name] bestätigt.

    Wird ein geschütztes Werk der Öffentlichkeit von einer IP-Adresse aus zugänglich gemacht, die zum fraglichen Zeitpunkt einer bestimmten Person zugeteilt ist, so spricht zwar grundsätzlich eine tatsächliche Vermutung dafür, dass diese Person für die Rechtsverletzung verantwortlich ist (BGH NJW 2010, 2061 - "Sommer unseres Lebens"). Diese tatsächliche Vermutung greift jedoch dann nicht, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung auch andere Personen diesen Anschluss benutzen konnten, entweder weil der Anschluss nicht hinreichend gesichert war oder weil er bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde (BGH GRUR 2014, 657 - "BearShare"). Dann muss - wie im vorliegenden Fall aufgrund der bewussten Überlassung an die Tochter des Beklagten und deren Freundin - die tatsächliche Vermutung nicht mehr erschüttert werden.


    e)

    Der Beklagte ist aber seiner sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen. Steht der Beweisführer - wie regelmäßig der Rechteinhaber in Bezug auf Vorgänge in der Sphäre des Anschlussinhabers - außerhalb des für seinen Anspruch erheblichen Geschehensablaufs, kann vom Prozessgegner im Rahmen des Zumutbaren das substantiierte Bestreiten der behaupteten Tatsache und die Darlegung der für das Gegenteil sprechenden Tatsachen und Umstände verlangt werden.

    Den Inhaber eines Anschlusses trifft insoweit eine sekundäre Darlegungslast (BGH NJW 2010, 2061 - "Sommer unseres Lebens"; BGH GRUR 2014, 657 - "BearShare"). Dieser genügt er grundsätzlich dann, wenn er vorträgt, ob andere Personen selbstständig Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen verpflichtet (BGH, GRUR 2014, 657). An den Sachvortrag sind bezüglich Detailgrad und Plausibilität ein strenger Maßstab anzulegen, wobei die konkreten Umstände des Einzelfalls maßgeblich sind.

    Der Vortrag des Beklagten genügt diesen Anforderungen nicht. Zwar trägt er vor, dass nur seine Tochter oder deren Freundin als Verantwortliche für die Urheberrechtsverletzung in Betracht kommen, weil er und seine Ehefrau zu den streitgegenständlichen Zeitpunkten außer Haus und der Computer ausgeschaltet war. Auf der anderen Seite trägt er vor, dass er beide eingehend zu der streitgegenständlichen Rechtsverletzung befragt habe und sie die Begehung verneint hätten und er jeweils die Laptops nach der Filmdatei sowie der Tauschbörsensoftware durchsucht habe, ohne fündig zu werden. Schließt der Sachvortrag der Beklagtenpartei im Rahmen der sekundären Darlegungslast es aus, dass es überhaupt zu einer an sich feststehenden Rechtsverletzung gekommen ist, so ist er nicht plausibel und bietet auch keine ernsthafte Möglichkeit eines abweichenden Geschehensablaufs. Vorliegend wäre nach dem Sachvortrag des Beklagten letztlich niemand für die - an sich feststehende - Rechtsverletzung verantwortlich, was denklogisch nicht möglich ist. Ausgehend von diesem Sachvortrag ist die dennoch aufgestellte Behauptung des Beklagten, es komme entweder nur seine Tochter oder deren Freundin als Verantwortliche der Rechtsverletzung in Betracht, unplausibel. Anhaltspunkte für einen Missbrauch des WLAN-Netzwerks durch unberechtigte Dritte durch Überwinden der Zugangssicherung wurden vom Beklagten nicht vorgetragen.

    Lässt sich der Vortrag des Beklagten im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast jedoch in keinster Weise in Einklang mit der prozessual feststehenden Rechtsverletzung bringen und ist er folglich offenkundig widersprüchlich, so geht dieser Widerspruch zu Lasten des Beklagten. Der Beklagte hat seiner sekundären Darlegungslast nicht genügt, so dass der Vortrag der Klägerin als zugestanden anzusehen ist (vgl. Zöller / Greger ZPO, 30. Aufl. § 138, Rz. 8b).


    f)

    Der Beklagte hat die Rechtsverletzung zumindest fahrlässig begangen, da sich, wer einen fremden urheberrechtlich geschützten Gegenstand nutzen will, über den Bestand des Schutzes sowie über den Umfang seiner Nutzungsberechtigung Gewissheit verschaffen muss.


    g)

    Durch das Angebot des streitgegenständlichen Spielfilms ist der Klägerin ein Schaden entstanden, den das Gericht auf 600,00 EUR schätzt, § 287 ZPO. Die Klägerin kann ihren Schadensersatzanspruch - wie geschehen - gern. § 97 Abs. 2 Satz 3 UrhG nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie berechnen. Danach hat der Verletzter dasjenige zu zahlen, was vernünftige Parteien bei Abschluss eines Lizenzvertrags in Kenntnis der wahren Rechtslage und der Umstände des konkreten Einzelfalls als angemessene Lizenzgebühr vereinbart hätten (st. Rspr., vgl. z.B. BGH GRUR 1990, 1008). Ein Schadensersatz in Höhe von 600,00 EUR ist angemessen. Berücksichtigung finden muss der Umstand, dass mit jedem Herunterladen eines urheberrechtlich geschützten Werkes in einer Tauschbörse je eine weitere Downloadmöglichkeit geschaffen wird. Denn zwingend hätten ein vernünftiger Lizenzgeber und Lizenznehmer diese Möglichkeit der für den Rechteinhaber unwägbaren kostenlosen Weiterverbreitung ihrer Vereinbarung zu Grunde gelegt. Vernünftige Parteien eines derartigen Lizenzvertrages hätten dieses Risiko abgegolten.


    2.

    Der Klägerin steht gegen den Beklagten auch ein Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 509,00 EUR für die Abmahnung vom [Datum] aus § 97a Abs. 1 S. 2 UrhG a.F. zu.


    a)

    Der Beklagte ist als Empfänger einer berechtigten Abmahnung gem. § 97a Abs. 1 S. 2 UrhG zum Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verpflichtet. Dies war vorliegend der Fall, da der Beklagte als Täter der Klägern gegenüber zur Unterlassung der streitgegenständlichen Rechtsverletzungen gern § 97 Abs. 1 S 1 UrhG verpflichtet war.


    b)

    Der angesetzte Gegenstandswert in Höhe von 10.000,00 EUR ist nicht zu beanstanden. Das Gericht sieht sich nicht gehalten, bei der Bemessung des Gegenstandswertes die im Verletzungszeitpunkt noch nicht in Kraft getretene Neufassung des § 97a UrhG zugrundezulegen. Vielmehr war der Gegenstandswert im Rahmen des freien Ermessens nach § 3 ZPO als angemessen anzusehen. Die Abmahnung erfolgte in Bezug auf einen aktuellen Spielfilm. Zudem wurden neben der Unterlassungserklärung auch Schadensersatzansprüche geltend gemacht. Bei der Bemessung des Unterlassungsinteresses ist zudem zu berücksichtigen, dass bei Tauschbörsen nicht nur die Nutzung des Werks sondern insbesondere auch die - unkontrollierbare - Vervielfältigung des Werks immanent ist. Das grenzüberschreitende Anbieten des Werks und das damit einhergehende ebenso leichte, wie unbegrenzte Ermöglichen der Vervielfältigung ist gerade das Wesen einer Internettauschbörse. § 97a Abs. 2 UrhG a.F. greift nicht ein, da es vorliegend an einer unerheblichen Rechtsverletzung fehlt.


    3.

    Der Zinsanspruch besteht gem. §§ 291, 288 Abs. 1, 286 Abs. 1 S. 2 BGB.


    II.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr 11, 711 ZPO.



    Rechtsbehelfsbelehrung:

    Gegen die Entscheidung kann das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600,00 Euro übersteigt oder das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

    Die Berufung ist binnen einer Notfrist von einem Monat bei dem

    Landgericht Traunstein
    Herzog-Otto-Str. 1
    83278 Traunstein


    einzulegen. (...)


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

AG Traunstein, Urteil vom 24.05.2016, Az. 312 C 771/15,
Waldorf Frommer Rechtsanwälte,
Klage Waldorf Frommer,
Rechtsanwältin Anna Zimmermann,
sekundäre Darlegungslast,
Rechtsanwältin Eva-Maria Forster,
Detailgrad und Plausibilität,
Pauschales Bestreiten mit Nichtwissen,
Mehrfachermittlung,
Lizenzmodelle,
Urlaubsabwesenheit,
Bestreiten ins Blaue hinein

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AG München, Az. 171 C 24217/13

#5359 Beitrag von Steffen » Freitag 10. Juni 2016, 19:43

WALDORF FROMMER: Amtsgericht München gibt Klage nach Einholung eines umfangreichen Sachverständigengutachtens statt - erneut keine Zweifel an der Richtigkeit der Ermittlungen


19:40 Uhr


Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

Beethovenstraße 12 | 80336 München
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Bericht


Link:
http://news.waldorf-frommer.de/waldorf- ... ittlungen/

Urteil als PDF:
http://news.waldorf-frommer.de/wp-conte ... 217_13.pdf


Autorin:
Rechtsanwältin Carolin Kluge



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



In diesem Verfahren hatte sich der beklagte Anschlussinhaber zunächst darauf beschränkt, die Ermittlung der Rechtsverletzung und die Zuordnung der Rechtsverletzung zu seinem Internetanschluss zu bestreiten. Denn in seinem Haushalt könne es "niemand" gewesen sein. Er selbst habe zu den streitgegenständlichen Zeiten wohl geschlafen.

Das Amtsgericht München hat daraufhin ein aufwändiges und kostenintensives Sachverständigengutachten zur Richtigkeit der Ermittlungen erstellen lassen. Dieses Gutachten kam zu dem Ergebnis, dass der Klägerin der Nachweis der Rechtsverletzung vollumfänglich gelungen war: Es bestünden keinerlei Zweifel an der generellen Zuverlässigkeit der eingesetzten Ermittlungssoftware. Darüber hinaus konnte der Sachverständige durch die Auswertung der konkreten Netzwerkmitschnitte zweifelsfrei verifizieren, dass zu den ermittelten Zeiten tatsächlich das konkrete Werk über die ermittelten IP-Adressen in einer Tauschbörse angeboten worden ist.

Auch das Amtsgericht war daraufhin davon überzeugt, dass die Rechtsverletzung tatsächlich über den Internetanschluss des Beklagten vorgenommen wurde. Die ordnungsgemäße Ermittlung der Rechtsverletzung wurde durch das Gutachten zur Überzeugung des Gerichts bestätigt. Eine fehlerhafte Zuordnung der Rechtsverletzung zu dem Internetanschluss des Beklagten scheidet bei einer mehrfachen Zuordnung, die vom Provider jeweils unabhängig voneinander vorgenommen wird, bereits aus mathematischen Gründen aus; ein bloßes Bestreiten der ordnungsgemäßen Zuordnung reiche insoweit jedenfalls nicht.

Der beklagte Anschlussinhaber versuchte zwar nach Erhalt des Sachverständigengutachtens noch, seinen Vortrag zu relativieren und führte u.a. aus, nicht konkret zu wissen, wer die Rechtsverletzung über seinen Internetanschluss begangen haben könnte. Das Amtsgericht München ließ die Spekulationen des Anschlussinhabers nicht mehr zu und verurteilte diesen zur Zahlung der geforderten Beträge in voller Höhe. Die Kosten für das Gutachten in Höhe von mehreren tausend Euro müssen als Kosten des Verfahrens nun ebenfalls vom Beklagten beglichen werden.





Amtsgericht München, Urteil vom 25.05.2016, Az. 171 C 24217/13


  • (...)

    erlässt das Amtsgericht München durch den Richter am Amtsgericht [Name] auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 13.04.2016 und vom 24.06.2015 folgendes


    Endurteil


    • 1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.106,00 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit [Name] zu zahlen.
      2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
      3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.




    Beschluss

    Der Streitwert wird auf 1.106,00 EUR festgesetzt.



    Tatbestand

    Die Parteien streiten um einen Anspruch auf Aufwendungs- und Schadensersatz der Klägerin gegen den Beklagten wegen der unerlaubten Verwertung eines urheberrechtlich geschützten Filmwerks.

    Die Klägerin verfüge über die ausschließlichen Nutzungs- bzw. Verwertungsrechte für die Bundesrepublik Deutschland an dem Filmwerk [Name].

    Zwischen den Parteien ist darüber hinaus der größte Teil des entscheidungsrelevanten Sachverhalts umstritten.

    Die Klägerin behauptet:

    Zur Feststellung von Urheberrechtsverletzungen bezüglich dieses Filmes habe die Klägerin die Firma ipoque GmbH (ipoque) mit der Überwachung von so genannten Internettauschbörsen beauftragt, welche zu diesem Zweck das "Peer-to-peer Forensic System (PFS)" verwendet habe.

    Die Firma ipoque habe hierbei ermittelt, dass am [Datum] um [Uhrzeit] Uhr, von [Uhrzeit] Uhr bis [Uhrzeit] über die IP-Adresse [IP], dass ebenfalls am [Datum] bis [Uhrzeit] Uhr über die IP-Adresse [IP] sowie dass ebenfalls am [Datum] von [Uhrzeit] Uhr über die IP-Adresse [IP] der streitgegenständliche Film im Rahmen einer Internettauschbörse unter Einschaltung der Software "BitTorrent" angeboten worden sei.

    Auf Grundlage dieser Zeiten sei seitens der Klägerin das zivilrechtliche Gestattungsverfahren beim Landgericht Flensburg gemäß § 101 Abs.9 UrhG unter den Aktenzeichen 5 0 49/10 durchgeführt worden. Im Rahmen der Auskunftserteilung durch den Provider "Versatel" sei der Klägerin mitgeteilt worden, dass am [Datum] um [Uhrzeit] Uhr, um [Uhrzeit] Uhr, um [Uhrzeit] Uhr die IP Adresse [IP], dass am [Datum] um [Uhrzeit] Uhr und um [Uhrzeit] Uhr die IP-Adresse [IP], sowie dass am [Datum] um [Uhrzeit] Uhr und um [Uhrzeit] Uhr die IP-Adresse [IP] dem Beklagten als Anschlussinhaber zugeordnet gewesen sei Diese Mitteilung sei inhaltlich zutreffend.

    Der Beklagte wurde daraufhin durch Schreiben der Klägervertreter vom [Datum] (Anlage K4-1) wegen des illegalen Angebots des Films [Name] einer Internettauschbörse abgemahnt. Er wurde zur Abgable einer Unterlassungserklärung und Zahlung von Rechtsanwaltskosten in Höhe von 506,00 EUR und Schadensersatz in Höhe von 450,00 EUR aufgefordert. Der Beklagte reagierte auf dieses Schreiben nicht. Der Beklagte reagierte seinerseits mit dem Schreiben vom [Datum] (Anlage K4-2) und wies die Forderungen zurück. Mit Schreiben vom [Datum] (Anlage K4-3) forderten die Klägervertreter die Abgabe der geforderten Unterlassungserklärung bis zum [Datum]. Der Beklagte reagierte seinerseits mit dem Schreiben vom [Datum] (Anlage K4-4) und wies die Forderung erneut zurück. Ob weitere Schreiben, nämlich die vom [Datum] (Anlage K4-5) und vom [Datum] (Anlage K4-6 und Anlage K4-7), von den Klägervertreter an den Beklagten versandt wurden und ob diese dem Beklagten zugegangen sind, ist streitig. Unstreitig ist wiederum, dass der Beklagte die Schreiben der Klägervertreter vom [Datum] (Anlage K4-9) und vom [Datum] (Anlage K4-10) erhalten hat. Mit letzterem Schreiben wurde der Beklagte zur Zahlung von 1.106,00 EUR - einen Schadensersatzbetrag in Höhe von 600,00 Euro beinhaltend - zum [Datum] unter Ankündigung der Einleitung gerichtlicher Schritte aufgefordert. Mit anwaltlichen Schreiben vom [Datum] (Anlage K4-11) bestellte sich der jetziger Prozessbevollmächtigte für den Beklagten. Er wies die Geldforderungen der Klägerin zurück. Dem Schreiben beigefügt war eine so genannte qualifizierte Unterlassungserklärung des Beklagten.


    Die Klägerin behauptet weiter,
    die Feststellungen der von ihr eingeschalteten Firma ipoque seien de lege artis erfolgt und belegten, dass in dem genannten Zeitraum von dem Internetanschluss des Beklagten das fragliche Filmwerk in der Internettauschbörse "BitTorrent" zum Herunterladen angeboten worden sei. Ferner sei die vom Internetprovider Versatel erteilte Auskunft, dass die drei dokumentierten IP-Adressen jeweils dem Anschluss des Beklagten zuzuordnen gewesen seien, zutreffend.

    Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass sich auf Grund der Ermittlungen der Firma ipoque und der Auskünfte von Versatel ergebe, dass über den Internetanschluss des Beklagten zu den angegebenen Zeitpunkten Urheberrechtsverletzungen an dem streitgegenständlichen Film stattgefunden haben. Der Beklagte, dessen Verantwortlichkeit als Anschlussinhaber vermutet werde, sei verpflichtet die Anwaltskosten und den Schadensersatz zu bezahlen. Hinsichtlich der anwaltlichen Kosten der Abmahnung seien zum einen ein Gegenstandswert von 10.000,00 EUR und zum anderen eine Geschäftsgebühr von 1,0 angemessen.


    Die Klägerin beantragt:

    Die Beklagtenseite wird verurteilt an die Klägerseite

    • 1. einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 600,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 21.12.2012 sowie
      2. den Betrag in Höhe von 506,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 21.12.2012 zu zahlen.


    Der Beklagte beantragt die Abweisung der Klage.


    Der Beklagte bestreitet die streitgegenständliche Rechtsverletzung begangen zu haben. Er sei zum damaligen Zeitpunkt verheiratet gewesen und habe mit seiner Ehefrau und den zwei gemeinsamen Kindern im Alter von 2 und 5 Jahren zusammengelebt. Seine Ehefrau habe selbstständigen Zugriff auf das Internet gehabt. Auch Besuchern der Familie sei der Zugriff auf das Internet über das WLAN-System regelmäßig erlaubt worden. Sie seien aber darauf hingewiesen worden, keine rechtswidrigen Handlungen zu begehen. Das WLAN-System sei wie folgt aufgebaut gewesen: Modem und Router seien zwei getrennte Geräte gewesen, es habe sich um Standardgeräte gehandelt, die von dem Provider Versatel zur Verfügung gestellt worden seien. Die Einrichtung sei durch Mitarbeiter von Versatel vorgenommen worden. Der Zugriff sei kennwortgesichert gewesen nach einem unbekannten Standard. Das Passwort sei nach erfolgter Einrichtung nicht geändert worden. Der Haushalt habe nur über einen internetfähigen Rechner verfügt und über keine weiteren internetfähigen Endgeräte, mit Ausnahme des Firmenhandys des Beklagten. Die Ehefrau des Beklagten haben den Rechner aber nicht genutzt, um ins Internet zu gehen.

    Auf dem Rechner seien weder der streitgegenständliche Film, auch nicht in Teilen, vorhanden noch ein P2P-Client installiert gewesen. Nach Erhalt der Abmahnung habe der Beklagte den Rechner insoweit untersucht. Der Beklagte habe keine so genannten Filesharing-Programme genutzt. Mangels verfügbarer Log-Files des Routers könne er nicht mehr nachvollziehen, welcher der Hausgenossen oder Besucher den fraglichen Anschluss genutzt habe.

    Die Internetverbindung zum fraglichen Zeitpunkt sei sehr langsam gewesen. Schon große Bilddateien hätten kaum heruntergeladen werden können. Bei Uploads sei die Situation noch schlechter gewesen. Der konkrete Geschehensablauf am [Datum] könne nicht mehr nachvollzogen werden. Nach Erhalt der Abmahnung habe der Beklagte versucht nachzuvollziehen, wer sich in seinem Haus aufgehalten habe Er habe in seinen Kalender geschaut. Es habe sich um einen Samstag gehandelt, so dass er davon ausgehe, dass er um 5 Uhr morgens geschlafen habe.

    Die Zutreffenheit der Ermittlungen der Firma ipoque bestreitet der Beklagte mit Nichtwissen, ebenso wie die Zutreffenheit der Zuordnung der ermittelten IP-Adressen zu seinem Internetanschluss.

    Die beklagte Partei argumentiert zunächst, die Klage sei bereits unzulässig. Das Amtsgericht München sei örtlich nicht zuständig. Insoweit darf auf den Schriftsatz vom 13.11.2013 verwiesen werden.

    Die Klage sei nicht geboten gewesen. Das Abmahnschreiben vom [Datum] (Anlage K4-1) und die Korrespondenz der Klägerin genüge nicht den an eine Abmahnung zu stellenden Mindestanforderungen. Dazu gehöre, dass der Abmahnende seine Sachbefugnis darlege, insbesondere weshalb er sich für berechtigt halte, den zu beanstandenden Verstoß zu verfolgen. Vorliegend sei weder die Aktivlegitimation noch der behauptete Verstoß hinreichend dargelegt worden. Die erbrachte Leistung sei daher völlig unbrauchbar und nicht zu vergüten.

    Es sei gerade nicht dargelegt, dass die fragliche IP-Adresse zum Tatzeitpunkt dem Internetanschluss des Beklagten zugewiesen worden sei. Ausweislich der Ausführungen der Klagepartei sei lediglich die Benutzerkennung zu einer IP-Nummer erfragt worden. Dies stelle aber keinen Nachweis für einen bestimmten Anschluss dar. Einzig die so genannte Calling-ID gebe den jeweiligen Telefon- bzw. Internetanschluss der Person wieder, dem die besagte IP-Adresse im jeweiligen Zeitfenster zugeordnet gewesen sei. Es sei auch mehr als unwahrscheinlich, dass bei einer dynamischen IP-Nummern-Vergabe dem gleichen Nutzer am gleichen Tage zu unterschiedlichen Zeiten dieselbe IP-Nummer [IP] zugewiesen worden sei. Auch könnten die Ermittlungen der ipoque schon deswegen nicht richtig sein, da nach dem Ergebnis einer Geo-Recherche feststehe, dass die angeblichen IP-Adressen [IP] in Dortmund, [IP] in Witten und [IP] in Dortmund und gerade nicht am Wohnort des Beklagten angesiedelt seien.

    Die Täterschaft des Beklagten ergebe sich keineswegs nach den Regeln des Anscheinsbeweises. Der Inhaber eines Internetanschlusses hafte auch nicht grundsätzlich persönlich für die über seinen Anschluss begangenen Rechtsverletzungen. Die beklagte Partei verweist insofern auf die Entscheidung des BGH vom 12.05.2010 (I ZR 121/08). Diverse andere Familienmitglieder wie auch Besucher hätten das WLAN des Beklagten genutzt.

    Die Ausführungen der Klagepartei zur Bezifferung des Schadens gingen fehl. Die beklagte Partei verweist auf die Entscheidung des BGH vom 20.05.2009 (I ZR 239/06). Es sei der Verkaufspreis als Maßstab für die übliche Vergütung heranzuziehen. Für einen Betrag von 600,00 Euro hätte der Titel bei einem regulären Preis von 8,05 Euro 74-mal von Dritten vollständig heruntergeladen werden müssen. Hierfür gebe der Klagevortrag nichts her. Im übrigen sei dies auf Grund der Dateigröße und der Geschwindigkeit des Anschlusses des Beklagten schlicht unmöglich. Der GEMA-Tarif sei für die Schätzung heranzuziehen. Es komme der Tarif von 0,1650 EUR in Betracht. Selbst wenn man 250 Downloads unterstelle, errechne sich ein Betrag in Höhe von lediglich 41,25 EUR.

    Die Höhe der Abmahnkosten sei durch die Regelung des § 97a Abs.2 UrhG a.F. auf 100,00 EUR beschränkt. Die tatbestandlichen Voraussetzungen seien gegeben. Der Beklagte habe keine gleich gelagerten Verletzungshandlungen begangen und es handele sich rechtlich um einen einfach gelagerten Fall. Man könne auch auf vorformulierte Schreiben zurückgreifen, die nur in einem beschränkten Umfang modifiziert werden müssten. Die Rechtsverletzung sei auch unerheblich. Es handele sich um eine einmalige Rechtsverletzung durch das Zugänglichmachen eines einzelnen Werks. Ferner könne die Klägerin nur die erforderlichen Aufwendungen verlangen. Sie könnte sich aber ohne weiteres einen Musterbrief für ihre Abmahnungen fertigen oder fertigen lassen. Übernähme die Klägerin diese Serienabmahnungen selbst, dann würden regelmäßig nur die reinen Portokosten, Ermittlungskosten und Kosten für Papier entstehen. In den Fällen, in denen sich die Abgemahnten nicht unterwürfen, könnte die Klägerin im weiteren Verlauf einen Rechtsanwalt beauftragen. Weiterhin sei der mit 10.000,00 EUR angesetzte Streitwert überhöht. Angemessen für ein Filmwerk sei ein Streitwert in Höhe von maximal 2.000,00 Euro.

    Das Gericht hat Beweis erhoben durch Erholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens durch den Sachverständigen Diplom-Informatiker [Name] aus München. Der Sachverständige hat überprüft, ob die Feststellungen der Firma ipoque GmbH zutreffend sind. Insoweit wird auf den Beweisbeschluss vom 26.03.2014 (BI.93/94) unter Berücksichtigung der Korrektur vom 09 04 2014 (Bl. 100/101) und der Ergänzung vom 05.06.2014 (BI.104/105) Bezug genommen. Das Gutachten vom 16.08.2014 findet sich auf Bl. 110/134 der Akte.

    Das Gericht hat eine mündliche Verhandlung am 24.06.2015 durchgeführt. Im Rahmen dieses Termins wurde der Sachverständige zu den von der beklagten Partei gegen sein schriftliches Gutachten erhobenen Einwänden gehört. Weiterhin wurde der Beklagte persönlich angehört. Wegen des Inhalts der Anhörungen wird auf das Protokoll vom 24.06.2015 Bezug genommen. Das Gericht hat eine weitere mündliche Verhandlung am 13.04.2016 durchgeführt. Im Rahmen dieses Termins wurde der Zeuge der Klagepartei Dr. [Name] vernommen. Bezüglich der durch den Zeugen gemachten Angaben wird auf das Protokoll vom 13.04.2016 (BI.189/193) verwiesen.

    Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen, das schriftliche Sachverständigengutachten, die Schriftsätze der Parteien samt Anlagen sowie den Akteninhalt im Übrigen Bezug genommen.



    Entscheidungsgründe

    Die zulässige Klage ist begründet.


    A) Die Klage ist zulässig.

    Insbesondere ist das Amtsgericht München nach § 32 ZPO zuständig. Die Klägerin macht (auch) Schadenersatzansprüche aus § 97 UrhG geltend und das streitgegenständliche Angebot in der Tauschbörse richtete sich auch an Interessenten in München und konnte hier im Internet aufgerufen werden. Dabei kommt es nicht darauf an, wo sich der Computer des Beklagten befand, sondern darauf, wo die Internetseite, auf der das Angebot erfolgte, bestimmungsgemäß aufgerufen werden sollte. Zu dem Schaden, der nach § 97 UrhG geltend gemacht werden kann, zählen auch die im Zusammenhang mit der Abmahnung angefallenen Rechtsanwaltskosten, so dass auch insoweit der Gerichtsstand des § 32 ZPO eröffnet ist. Am Gerichtsstand der unerlaubten Handlung ist dann der geltend gemachte Anspruch unter allen rechtlichen Gesichtspunkten zu prüfen. Insoweit ist vorliegend nicht lediglich eine etwaige Störerhaftung des Beklagten zwischen den Parteien streitig, sondern auch die Frage, ob eine Haftung des Beklagten auf Schadensersatz über eine täterschaftliche Haftung besteht. Eine Zuständigkeit des Amtsgerichts München ergibt sich somit über § 32 ZPO.


    B) Die Klage ist begründet.

    Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 600,00 EUR aus § 97 Abs.2 UrhG wegen rechtswidriger und schuldhafter Verletzung des ausschließlichen Rechtes der Klägerin zur öffentlichen Zugänglichmachung des streitgegenständlichen Werks gemäß § 19a UrhG. Ferner schuldet die Beklagte Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 506,00 EUR aus § 97a Abs.1 S.2 UrhG, sowie aus §§ 683, 677 und 670 BGB, da die Abmahnung vom 29.06.2010 berechtigt war.

    Die Klägerin hat gegen die Beklagte Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 600,00 EUR aus § 97 Abs.2 UrhG.

    Seitens des Beklagten wurde das Recht der Klägerin der öffentlichen Zugänglichmachung nach §§ 85, 19a UrhG an dem streitgegenständlichen Film [Name] rechtswidrig und schuldhaft verletzt.

    Nach der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der streitgegenständliche Film am [Datum] zu den verschiedenen genannten Zeitpunkten über den Internetanschluss des Beklagten in einer Internettauschbörse einer unbekannten Vielzahl von Dritten zum Download angeboten wurde und somit unerlaubt öffentlich zugänglich gemacht wurde.

    Die Ermittlungen der Firma ipoque, wonach der streitgegenständliche Film im fraglichen Zeitraum über die Tauschbörse "BitTorrent" über die genannten IP-Adressen angeboten worden ist, sind zur Überzeugung des Gerichts zutreffend. Der Sachverständige hat in seinem schriftlichen Gutachten vom 16.08.2014 diese Behauptungen der Klägerin vollumfänglich bestätigt. An der Sachkunde des Gutachters, der Diplom-Informatiker und öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständige für Systeme und Anwendungen der Informationsverarbeitung, insbesondere Softwareentwicklung, ist, hat das Gericht keine Zweifel. Das Gericht hat die plausiblen und von Fachkunde geprägten Ausführungen nachvollzogen und sich zu Eigen gemacht.

    Von Seiten der beklagten Partei wurden Einwendungen gegen das Gutachten vorgebracht. Diese Einwendungen wurden dem Sachverständigen in dem Termin vom 24.06.2015 vorgehalten. Unter Berücksichtigung dieser Argumente blieb der Sachverständige bei seiner bereits schriftlich niedergelegten Auffassung. Das Gericht schließt'sich insoweit dem Sachverständigen vorbehaltlos an. Die Einwendungen der beklagten Partei können die Überzeugung des Gerichts insoweit nicht erschüttern. Das Gericht hat diesbezüglich in dem Hinweisbeschluss vom 24.06.2015 ausgeführt:
    • "Das Gericht darf den Parteien zu deren besseren Orientierung seine vorläufige Einschätzung der Sach- und Rechtslage darlegen:

      Zur Frage der Zutreffenheit der Ermittlungen:

      Nach Anhörung des Sachverständigen tendiert das Gericht dazu, den Beweis von Seiten der Klagepartei als geführt anzusehen. Das Gericht verkennt nicht, dass letztlich die technischen Gegebenheiten zum fraglichen Zeitpunkt nicht vollständig anhand objektiver Kriterien festgestellt werden können. Das hat der SV auch so angegeben. Weiterhin hat der SV eine klare Schwachstelle des Systems benannt, nämlich die fehlende Hinterlegung des Schlüsselpaars 1 bei einer vertrauenswürdigen Stelle.

      Auf der anderen Seite erachtet das Gericht die durchaus denkbare Möglichkeit der Manipulation insbesondere durch die Firma ipoque selbst als so fernliegend, dass sie auszuschließen sein wird. Insbesondere hat der SV ausgeführt, dass eine Manipulation mit einem erheblichen Aufdeckungsrisiko und einem erheblichem Aufwand verbunden wäre. Warum vorliegend ein derartiger Aufwand zum Nachteil des Beklagten betrieben worden sein soll, ist weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich."
    Die beklagte Partei führt zutreffend aus, dass das System, das die Rechtsverletzung am festgestellt, aufgezeichnet und dokumentiert haben soll, durch den Sachverständigen angesichts des Zeitablaufs nicht mehr in Augenschein genommen werden konnte. Man darf auch - wie die beklagte Partei anführt - die Person Dr. [Name] von der ipoque, die den Sachverständigen maßgeblich mit Informationen versorgt hat, als so genannten Lagerzeugen ansehen und dem Lager der Klägerin zuordnen. Weiterhin verkennt das Gericht nicht, dass insbesondere angesichts der fehlenden Hinterlegung des zur Verschlüsselung der Rohdaten verwendeten Schlüsselpaares grundsätzlich die Möglichkeit bestanden hat, die aufgezeichneten Rohdaten nachträglich, auch unbemerkbar für den Sachverständigen, zu andern. Die Argumentationslinie der beklagten Partei scheitert zur Überzeugung des Gerichts immer an demselben Punkt. Auch wenn Manipulationen möglich gewesen sind, hätten diese nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen einen ganz erheblichen Aufwand ausgelost, der außer Verhältnis zur wirtschaftlichen Bedeutung des einzelnen Verfahrens gestanden hätte. Es ist weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich, warum die Klägerin und/oder die Firma ipoque einen derartigen Aufwand betreiben sollte, wenn es sich wirtschaftlich gar nicht rechnen kann. Denn bei de lege artis durchgeführten Manipulationen wird es sich nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen nicht rechnen. Auf der anderen Seite - unterstellt, die Manipulationen werden nicht de lege artis und mit einem nur begrenzten Aufwand ausgeführt, um die Wirtschaftlichkeit des Modells gewährleisten zu können - ist die Vielzahl von bundesweit vor Gerichten verhandelten Verfahren zu berücksichtigen. Dem Gericht - und offenkundig auch der beklagten Partei - ist kein einziges Verfahren bekannt, in dem sich der konkrete Verdacht einer Manipulation der Daten ergeben hatte. Das Gericht hat seine vorläufige Sicht der Dinge offen kommuniziert. Die beklagte Partei hätte jederzeit zur weiteren Klärung des Falles die Analyse der - so von der Klagepartei und dem Zeugen [Name] behauptet - auf den Magnetbändern gespeicherten Rohdaten beantragen können. Ein solcher Antrag wurde nicht gestellt.

    Entgegen der Ausführungen der beklagten Partei im Schriftsatz vom 20.07.2015 hat der Sachverständige nachvollziehbare Ausführungen zu dem Einwand mit der Geo-Recherche getätigt. Er hat ausgeführt, dass dies im Jahre 2013 durchgeführte Recherche für den Vorfallszeitraum infolge des Zeitablaufs nicht aussagekräftig sei. Das Gericht kann diese Angabe durchaus nachvollziehen. Wenn die beklagte Partei dies beanstanden möchte, dann steht ihr dies selbstverständlich offen. Mit dem Schriftsatz vom 20.07.2015 sind insoweit aber weder tragfähige Argumente noch Beweisangebote vorgetragen worden.

    Mutatis mutandis verhält es sich mit der Einwendung der beklagten Partei, wonach es extrem auffällig sei, dass dem Anschluss des Beklagten während des Laufes eines einzigen Tages drei verschiedene IP-Adressen zugewiesen worden seien. Drei Zwangstrennungen während eines Tages seien extrem ungewöhnlich. Dies überzeugt das Gericht nicht. Zum einen ist nicht belegt, dass es sich um Zwangstrennungen gehandelt hat. Trennungen können auch aus anderen Gründen erfolgen oder manuell herbeigeführt werden. Gewichtiger ist aber, dass die beklagte Partei wiederum ihre Behauptung nicht untermauern konnte. Insbesondere wurden wiederum keine Beweisangebote unterbreitet.

    Die Argumentation der beklagten Partei im Zusammenhang mit der so genannten Calling-ID, wie sie im Schriftsatz vom 15.01.2014 vorgetragen ist, wurde im Laufe des Verfahrens nicht weiter verfolgt. Weder in dem Schriftsatz vom 30.09.2014, im Rahmen dessen die beklagte Partei ihre Einwendungen gegen das schriftliche Sachverständigengutachten vorgebracht hat, noch im Rahmen der mündlichen Anhörung des Sachverständigen wurde dieser Aspekt angesprochen. Das Gericht erachtet ihn daher als nicht weiter relevant. Unter Berücksichtigung des Inhalt des Schriftlichen Gutachtens, der Angaben des Sachverständigen in der Anhörung sowie den auch jederzeit nachvollziehbaren und schlüssigen Angaben des Zeugen Dr. [Name] in dessen Vernehmung kommt das Gericht zu der Überzeugung, dass die Ermittlungen des Firma ipoque im streitgegenständlichen Vorfall zutreffend waren. Es ist weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich, dass an der Zutreffenheit der Angaben des Zeugen [Name] Zweifel angebracht wären. Die beklagte Partei hat derartige Anknüpfungstatsachen jedenfalls nicht vorgetragen.

    Das Gericht ist nach der Beweisaufnahme auch davon überzeugt, dass die ermittelten IP-Adressen dem Anschluss des Beklagten zugeordnet waren. Der Provider Versatel hat im Rahmen des Auskunftsverfahrens unstreitig die Auskunft erteilt, dass die ermittelten IP-Adressen an drei unterschiedlichen Zeitpunkten dem Anschluss des Beklagten zuordenbar waren.

    Dies ergibt sich schon nach Auffassung des Gerichtes daraus, dass die Beauskunftung durch Versatel mehrere unterschiedliche Zeitpunkte betraf. Das Auskunftsverfahren wurde bezüglich mehrerer Zeitpunkte am [Datum] durchgeführt.

    Nach der Rechtsprechung des OLG Köln vom 16.05.2012 (Az. 6 U 239/11) liegt es so fern, dass es kurz nacheinander mehrfach zu Fehlern bei der Erfassung und Zuordnung gekommen sein könnte, so dass Zweifel an der Richtigkeit der Anschlussidentifizierung schweigen. Auch das OLG München hat im Beschluss vom 01.10.2012 (Az. 6 W 2808/12) ausgeführt, dass es als unwahrscheinlich anzusehen ist, dass es mehrfach zu einer fehlerhaften Ermittlung gekommen sein soll, wenn ein Internetanschluss in mindestens zwei Fällen als entsprechender Anschluss ermittelt wurde.

    Es ist dem Gericht bekannt, dass die Daten, die von der Klägerin als Antragstellerin übermittelt werden, in ein automatisches Nachforschungssystem geleitet werden. Manuell werden Arbeiten nicht durchgeführt, so dass keine manuellen Zahlendreher und Tippfehler möglich sind. Das Nachforschungssystem teilt dann als Ergebnis mit, welcher Benutzerkennung die jeweilige IP-Adresse zugeordnet ist. Das Nachforschungssystem bearbeitet jede einzelne angefragte Uhrzeit getrennt. Wenn hier bezüglich einer IP-Adresse mehrere Zeitpunkte angefragt wurden, dann wurde jeder Zeitpunkt separat durch das System bearbeitet.

    Vor diesem Hintergrund erscheint es als sehr unwahrscheinlich, dass der automatisierte Prozess bei mehreren unterschiedlichen Zeitpunkten den Beklagten als Anschlussinhaber falsch zuordnet. Nachdem das Verfahren auch bei derselben IP-Adresse bezüglich jeden angefragten Zeitpunkt neu durchgeführt wird, ist es unerheblich, wie viele IP-Adressen vorliegen. Diese Vorgehensweise ist zwingend notwendig, nachdem IP-Adressen auch dynamisch sein können. Insofern muss das Verfahren bei jedem neuen Zeitpunkt durchlaufen werden, um auszuschließen, dass die IP-Adresse bei einem späteren Zeitpunkt nicht bereits einem neuen Anschluss zugeordnet wurde. Konkrete Anknüpfungstatsachen, die die Zuordnung der IP-Adresse zum Anschluss des Beklagten zweifelhaft erscheinen lassen, sind weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich. Das Gericht geht daher von der Zutreffenheit der Zuordnung aus.

    Wird ein geschütztes Werk von einer IP-Adresse aus öffentlich zugänglich gemacht, die zum fraglichen Zeitpunkt einer bestimmten Person zugeordnet ist, trifft diese nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 12.05.2010, I ZR 121/08 - "Sommer unseres Lebens") eine tatsächliche Vermutung dahingehend, dass sie als Inhaberin des fraglichen Internetanschlusses auch für über ihren Anschluss begangene Rechtsverletzungen verantwortlich ist. Aus dieser Vermutung ergibt sich für den Beklagten eine sekundäre Darlegungslast, die es ihm verwehrt, sich auf ein an sich zulässiges einfaches Bestreiten der Rechtsverletzung zurückzuziehen. Eine Entkräftung der tatsächlichen Vermutung setzt vielmehr hinsichtlich aller fraglicher Tatzeitpunkte Sachvortrag voraus, nach dem die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass allein ein Dritter und nicht auch der Anschlussinhaber den Internetzugang für die behauptete Rechtsverletzung genutzt hat (vgl. BGH, Urteil vom 15.11.2012, Az. I ZR 74/12 - "Morpheus"). Dabei ist an den Sachvortrag bezüglich Detailgrad und Plausibilität ein strenger Maßstab anzulegen (Landgericht München I, Urteil vom 22.03.2013, Az. 21 S 28809/11). Maßgeblich sind dabei die konkreten Umstände des Einzelfalls.

    Wie diese tatsächliche Vermutung sich letztendlich auf die Verteilung der Beweislast auswirkt, ist noch nicht abschließend geklärt. Vorliegend hat der Beklagte zwar durch seinen Sachvortrag seiner sekundären Darlegungslast genügt. Sein Sachvortrag ist vor dem Ergebnis der Beweisaufnahme aber nicht plausibel, da er sich mit den festgestellten Anknüpfungstatsachen nicht in Einklang bringen lässt.

    Der Beklagte bestreitet seine Verantwortlichkeit. Er sei zum damaligen Zeitpunkt verheiratet gewesen und habe mit seiner Ehefrau und den zwei gemeinsamen Kindern im Alter von 2 und 5 Jahren zusammengelebt. Seine Ehefrau habe selbstständigen Zugriff auf das Internet gehabt. Auch Besuchern der Familie sei der Zugriff auf das Internet über das WLAN-System regelmäßig erlaubt worden. Sie seien aber darauf hingewiesen worden, keine rechtswidrigen Handlungen zu begehen. Das WLAN-System sei wie folgt aufgebaut gewesen: Modem und Router seien zwei getrennte Geräte gewesen, es habe sich um Standardgeräte gehandelt, die von dem Provider Versatel zur Verfügung gestellt worden seien. Die Einrichtung sei durch Mitarbeiter von Versatel vorgenommen worden. Der Zugriff sei kennwortgesichert gewesen nach einem unbekannten Standard Das Passwort sei nach erfolgter Einrichtung nicht geändert worden. Der Haushalt habe nur über einen internetfähigen Rechner verfügt und über keine weiteren internetfähigen Endgeräte, mit Ausnahme des Firmenhandys des Beklagten. Die Ehefrau des Beklagten haben den Rechner aber nicht genutzt, um ins Internet zu gehen.

    Auf dem Rechner seien weder der streitgegenständliche Film, auch nicht in Teilen, vorhanden noch ein P2P-Client installiert gewesen. Nach Erhalt der Abmahnung habe der Beklagte den Rechner insoweit untersucht. Der Beklagte habe keine so genannten Filesharing-Programme genutzt. Mangels verfügbarer Log-Files des Routers könne er nicht mehr nachvollziehen, welcher der Hausgenossen oder Besucher den fraglichen Anschluss genutzt habe.

    Die Internetverbindung zum fraglichen Zeitpunkt sei sehr langsam gewesen. Schon große Bilddateien hätten kaum heruntergeladen werden können. Bei Uploads sei die Situation noch schlechter gewesen. Der konkrete Geschehensablauf am [Datum] könne nicht mehr nachvollzogen werden. Nach Erhalt der Abmahnung habe der Beklagte versucht nachzuvollziehen, wer sich in seinem Haus aufgehalten habe Er habe in seinen Kalender geschaut. Es habe sich um einen Samstag gehandelt, so dass er davon ausgehe, dass er um 5 Uhr morgens geschlafen habe.

    Nach dem eigenen Sachvortrag des Beklagten bleibt das in der Tauschbörse vorhandene Angebot ein nicht erklärbares Mysterium. Für das Gericht ergibt sich aus dem Sachvortrag zusammenfassend überhaupt keine Möglichkeit, wie sich die über den Anschluss des Beklagten erfolgte Rechtsverletzung ergeben konnte. Vielmehr wäre es ausgeschlossen, dass die streitgegenständliche Rechtsverletzung über seinen Anschluss begangen wurde. In der rechtlichen Konsequenz fällt das Gericht auf die Figur der tatsächlichen Vermutung zurück, wonach der Beklagte als Anschlussinhaber für die festgestellte Rechtsverletzung verantwortlich ist.

    Man muss sich den konkreten Vorgang in seiner Gesamtheit vor Augen führen, um ihn abschließend beurteilen zu können. Ein konkretes Filmwerk wurde über einen längeren Zeitraum zu verschiedenen Zeitpunkten zwischen [Uhrzeit] Uhr und [Uhrzeit] Uhr zum Download angeboten. Es ist höchst unwahrscheinlich und auszuschließen, da es sich dabei um das Werk verschiedener Personen gehandelt hat; denn das hieße, dass eine Person gegen halb sechs ein bestimmtes Filmwerk angeboten und sich eine andere Person Stunden später dazu entschlossen hätte, auch das nämliche Filmwerk anzubieten. Das erachtet das Gericht als ausgeschlossen. Das Gericht geht daher davon aus, dass der gesamte Vorgang auf einem einheitlichen Entschluss beruht hat, der zu einem nicht bekannten Zeitpunkt getroffen worden ist, aber jedenfalls gegen halb morgens entsprechend umgesetzt wurde Der Beklagte gibt an, dass er wohl geschlafen habe. Wenn Besucher von Freitag auf Samstag über Nacht geblieben wären, dann geht das Gericht schon davon aus, dass dem Beklagten oder dessen Ehefrau dies in Erinnerung geblieben sein müsste. Entsprechend verhält es sich mit der Variante, dass bereits zu so früher Stunde Besuch eingetroffen sein konnte. Die Ehefrau des Beklagten scheidet ebenfalls aus, da sie nicht über den Rechner auf das Internet zugegriffen haben soll und da keine weiteren internetfähigen Endgeräte existent gewesen sein sollen. Somit verbleibt noch ein zumindest theoretisch denkbarer Zugriff von außen auf den Anschluss in der Form eines so genannten Hacker-Angriffs. Es müsste sich eine unbekannte Person unberechtigterweise in das WLAN-Netz des Beklagten eingeschlichen haben und den Internetanschluss des Beklagten ohne dessen Kenntnis genutzt haben Ein solcher Angriff ist weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich. Zwar hat der Beklagte ausgeführt, dass er das das WLAN-Netzwerk sichernde Passwort nach der Einrichtung nicht mehr verändert habe. Eine Schutzlücke ist daher nicht ausschließbar, da nicht bekannt ist, welche Art von Passwort die Techniker von Versatel verwendet haben. Mangels weiteren Sachvortrags bleibt diese Variante aber bloße Spekulation, eine plausible und greifbare Alternative stellt sie nicht dar. Damit verbleibt es bei der so genannten tatsächlichen Vermutung im Sinne der Rechtsprechung des BGH mit der Konsequenz, dass das Gericht den Beklagten als Täter anzusehen hat.

    Der Beklagte handelte rechtswidrig und schuldhaft. Die bedarf keiner eingehenden Erörterung. Die Rechtswidrigkeit ergibt sich vorliegend bereits aus der Rechtsverletzung. Zudem muss sich der, der Internettauschbörsen nutzt, über die Rechtmäßigkeit des Angebots des streitgegenständlichen Werkes kundig machen.

    Durch das Angebot des streitgegenständlichen Filmwerks ist der Klägerin ein Schaden entstanden, den das Gericht auf 600,00 EUR schätzt gemäß der Vorschrift des § 287 ZPO.

    Dabei hat der Verletzte das Wahlrecht, wie er seinen Schadensersatzanspruch berechnen will. Dies gilt sowohl nach § 97 Abs.2 S.3 UrhG als auch nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (siehe hierzu BGH GRUR 1990,1008). Hiernach kann der Schaden auch in Hohe einer angemessenen Lizenzgebühr berechnet werden. Bei der von der Klägerin gewählten Lizenzanalogie ist rein objektiv darauf abzustellen, was bei vertraglicher Einräumung der Rechte ein vernünftiger Lizenznehmer gefordert und ein vernünftiger Lizenzgeber gewährt hätte, wenn beide im Zeitpunkt der Entscheidung die gegebene Sachlage gekannt hätten. Dies folgt der Erwägung, dass derjenige, der ausschließliche Rechte anderer verletzt, nicht besser stehen soll, als er im Falle einer ordnungsgemäß erteilten Erlaubnis durch den Rechtsinhaber gestanden hätte.

    Dabei spielt jedoch keine Rolle, in welchem Ausmaß und Umfang es tatsächlich zu einem Schaden gekommen ist.

    Das erkennende Gericht besitzt auf Grund seiner regelmäßigen Arbeit mit einer Mehrzahl von Tauschbörsenfällen hinreichend Sachkunde um zu beurteilen, dass ein Schadensersatz in Höhe von 600,00 EUR angemessen ist. Berücksichtigung finden muss der Umstand, dass mit jedem Herunterladen eines urheberrechtlich geschützten Werkes in einer Tauschbörse je eine weitere Downloadmöglichkeit geschaffen wird. Denn zwingend hätten ein vernünftiger Lizenzgeber und Lizenznehmer diese Möglichkeit der für den Rechteinhaber unwägbaren kostenlosen Weiterverbreitung ihrer Vereinbarung zu Grunde gelegt. Vernünftige Parteien eines derartigen Lizenzvertrages hätten dieses Risiko abgegolten Die Ausführungen der beklagten Partei zu einer Berechnung des Schadens in Anlehnung an GEMA-Tarife sind nicht zielführend. Denn mittels der GEMA-Tarife werden musikalische Leistungen abgegolten, so dass es insoweit schon an der Vergleichbarkeit fehlt. Der genannte Vergütungssatz VR-OD 4 beschäftigt sich mit dem Streamen von Musikvideos. Die Forderung der beklagten Partei, die Klagepartei müsse konkret die durch das Angebot des Beklagten vollendeten Download-Vorgänge beziffern. Denn dazu kann die Klägerin technisch gar nicht in der Lage sein. Vielmehr geht diese Ungewissheit zu Lasten des Verwenders von Tauschbörsensoftware, da dieser durch sein Handeln die Möglichkeit und die konkrete Gefahr einer unkontrollierten und unkontrollierbaren Weiterverbreitung des urheberrechtlich geschützten Filmwerks geschaffen hat.

    Die Klägerin kann auch die Erstattung der Kosten der Abmahnung in Höhe von 506,00 EUR verlangen. Diese stehen der Klägerin sowohl nach § 97a Abs.1 S.2 UrhG als auch als adäquat kausaler Teil des Schadensersatzes sowie nach der Geschäftsführung ohne Auftrag, §§ 683, 677, 670 BGB zu. Die Abmahnung des Beklagten war berechtigt.

    Gegen die geltend gemachte Geschäftsgebühr bestehen keine Bedenken. Die Regelgebühr beträgt 1,3. Die vorliegend in Ansatz gebrachte Geschäftsgebühr von 1,0 ist hierbei auf jeden Fall angemessen. Zudem wurden neben der Aufforderung zur Abgabe einer Unterlassungserklärung auch Schadensersatzansprüche geltend gemacht.

    Auch der angesetzte Gegenstandswert in Höhe von 10.000,00 EUR ist nicht zu beanstanden Der Gegenstandswert ist im Rahmen des freien Ermessens nach § 3 ZPO als angemessen anzusehen. Die Abmahnung erfolgte in Bezug auf ein aufwändig hergestelltes Filmwerk, das in Lichtspielhäusern vermarktet wurde Zudem wurden neben der Unterlassungserklärung auch Schadensersatzanspruche geltend gemacht. Bei der Bemessung des Unterlassungsinteresses ist zudem zu berücksichtigen, dass bei Tauschbörsen nicht nur die Nutzung des Werks nach § 19a UrhG, also das öffentliche Zugänglichmachen des Werks, sondern insbesondere auch die nicht kontrollierbare Vervielfältigung des Werks (§ 16 UrhG) immanent ist. Das grenzüberschreitende Anbieten des Werks und das damit einhergehende ebenso leichte wie unbegrenzte Ermöglichen der Vervielfältigung ist gerade das Wesen einer Tauschbörse. Insofern ist das Unterlassungsinteresse der Klägerin als sehr hoch einzustufen. Im übrigen entspricht ein Gegenstandswert von 10.000,00 Euro der ständigen Rechtsprechung im hiesigen Gerichtsbezirk.

    Hinsichtlich der Kosten für die Abmahnung greift § 97a Abs.2 UrhG nicht ein, da es vorliegend an einer unerheblichen Rechtsverletzung fehlt. Von einer unerheblichen Rechtsverletzung ist nur auszugehen, wenn die Rechtsverletzungen sich nach Art und Ausmaß auf einen eher geringfügigen Eingriff in die Rechte des Abmahnenden beschränken und deren Folgen durch die schlichte Unterlassung beseitigt werden können. Dafür genügt der Hinweis auf ein Handeln im Privatbereich nicht, da dies eine zusätzliche und eigenständige Voraussetzung für die Reduzierung des Erstattungsanspruchs ist (Wandtke / Bullinger, UrhG, 3. Auflage, § 97a Rn.36). Dabei ist der Begriff der unerheblichen Rechtsverletzung sehr eng auszulegen. In aller Regel indiziert die Erforderlichkeit der Abmahnung bereits die Erheblichkeit der Rechtsverletzung. Beim Anbieten eines vollständigen Kinofilms oder Computerspiels im Internet wird die qualitative Erheblichkeit auf der Hand liegen (vgl. Fromm / Nordemann, UrhR, 10. Auflage, § 97a Rn.34).

    Die Ausführungen der beklagten Partei insbesondere im Schriftsatz vom 15.01.2014 zur fehlenden Erforderlichkeit der Aufwendungen überzeugen das Gericht nicht. Das nicht autorisierte Anbieten eines urheberrechtlich geschützten Werks stellt einen zumindest nicht unerheblichen Eingriff in des Rechtssphäre des Inhabers des entsprechenden Urheberrechts dar. Dieser Inhaber ist grundsätzlich berechtigt, diesen Eingriff durch Inanspruchnahme auch anwaltlicher Unterstützung entsprechend abzuwehren und ausgleichen zu lassen. Es mag sein, dass ein Inhaber den Abmahnvorgang in Eigenregie und unter Verwendung von Musterformularen durchführen könnte. Eine Obliegenheit, dies im Interesse des Eingreifenden und der Schadensminderung, trifft den Inhaber aber nicht. Die beklagte Partei übersieht bei ihre Aufzählung relevanter Kostenpositionen (Portokosten, Ermittlungskosten, Kosten für Papier) den Faktor Arbeitskraft und Personaleinsatz. Die Abmahnvorgänge müssten auch entsprechend verwaltet und überwacht werden. Derartige Tätigkeiten gehören aber typischerweise nicht zum Gegenstand der unternehmerischen Tätigkeit der Klägerin. Es kann auch im Rahmen der Vorgaben des § 254 BGB nicht angemessen sein, dass die Klägerin für diese Tätigkeiten eine eigene Arbeitsgruppe oder Abteilung zu schaffen hat.


    C) Weitere Entscheidungen

    Die Nebenforderung hinsichtlich der Verzugszinsen ist begründet nach §§ 280 Abs.1 und 2, 286 Abs.1, 288 Abs.1 BGB. Das Schreiben der Klägervertreter vom 13.12.2012 (Anlage K4-10) hat der Beklagte unstreitig erhalten. Er war damit spätestens ab dem 21.12.2012 in Zahlungsverzug.
    Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs.1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr.11, 711 ZPO.

    Die Streitwertfestsetzung hat ihre Rechtsgrundlage in §§ 3, 5 ZPO. Es handelt sich um zwei Hauptforderungen, die nebeneinander geltend gemacht und daher zu addieren sind. Beide geltend gemachten Ansprüche finden ihren Rechtsgrund in der behaupteten Verletzungshandlung des Beklagten. Sie sind in ihrem rechtlichen Schicksal voneinander unabhängig. Es besteht kein Verhältnis im Sinne einer Hauptforderung und einer Nebenforderung.



    Rechtsbehelfsbelehrung:

    Gegen die Entscheidung kann das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600,00 Euro übersteigt oder das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

    Die Berufung ist binnen einer Notfrist von einem Monat bei dem

    Landgericht München 1
    Prielmayerstraße 7
    80335 München


    einzulegen.

    (...)



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


AG München, Urteil vom 25.05.2016, Az. 171 C 24217/13,
Rechtsanwältin Carolin Kluge,
Klage Waldorf Frommer,
Mehrfachermittlung,
sekundäre Darlegungslast,
Waldorf Frommer Rechtsanwälte,
Gutachten,
sekundäre Darlegungslast,
Delta-Theorie,
Ermittlungssoftware,
ipoque GmbH,
Sachverständigengutachten,
Peer-to-peer Forensic System,
PFS,
Hacker-Angriff

ownsmeister
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Registriert: Montag 13. Juni 2016, 18:48

Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5360 Beitrag von ownsmeister » Montag 13. Juni 2016, 19:08

Hallo zusammen,

auch ich wurde von WF abgemahnt (April 2014). Ich hatte damals die mod. UE unterschrieben und an WF geschickt. Kürzlich habe ich jetzt wieder Post bekommen "Zahlungsaufforderungvor Klageerhebung". Dort wird mir mitgeteilt, dass ich die Unterlassungsansprüche erfüllt habe, die Zahlungsansprüche aber noch nicht.

Ich würde den Betrag sehr gerne bezahlen, einfach damit diese Sache endlich erledigt ist. Gibt es hier im Forum Erfahrungswerte? Was passiert, wenn man den Betrag bezahlt hat? Ist dann wirklich Ruhe? Oder kommen dann auf einmal weitere Abmahnungen von der gleichen Kanzlei ( meine Befürchtung)?

Freue mich über Feedback :)

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