Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

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Steffen
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10041 Beitrag von Steffen » Dienstag 2. Juni 2015, 12:38

[quoteemWerniman]Von mir aus kann er auch ein Schmierlappen ala Saul Goodman sein, solange er weiß, wo bei bestimmten Abmahnern die Ansatzpunkte in der Verteidigung liegen. Und genau da haperts bei vielen Verteidigern oftmals, sie betrachten jeden Fall als vollkommenes Neuland. Aber an einer entgültigen Lösung des Abmahnwahns sind auch die meisten Verteidiger (leider) nicht interessiert, da auch sie ganz gut vom Abmahnwahn leben.[/quoteem]

Das Problem - nicht nur deines -, das man in diesem Bereich keine Ahnung hat, aber diese öffentlich zur Schau stellt.
  • 1. Anwalt = Beruf = will Geld verdienen. Genau wie ein Informatiker, oder Bäcker. Ein guter, fleißiger verdient viel, ein weniger eben weniger. Natürlich soll es auch Unseriöse geben, die ihre Arbeit von Nichtjuristen erledigen lassen. Punkt.
    2. Die meisten gelisteten Anwälte schätzen dato es so ein, das es sehr ruhig geworden ist und die meisten Betroffenen sich bis zur Klage selbstversorgen.
    3. Die meisten gelisteten Anwälte haben schon vor ca. 3 Jahren angefangen, sich ein weiteres Standbein - neben Filesharing - aufzubauen. Weil man eben nicht mehr die "goldene Nase" verdient!
    4. An einer Klage verdient ein Anwalt im Verhältnis zu seinem Aufwand - eben nicht sooooo viel.
    Sagen wir eine BB-Klage. 450,- € pauschalisiert. 8 Stunden für die Klageerwiderung + Austausch von Infos zw. Anwalt und Mandanten + Austausch von Schriftsätzen zwischen Gericht + Kläger + wieder zw. Anwalt + Mandant, mdl. Termin, Reisekosten, mindesten 1 Tag abgehakt usw. usf. das gleiche Spiel bei Berufung.
    5. Kein Anwalt verliert gern!
Aber woher sollst du es auch wissen, und es interessiert auch dich nicht die Bohne, da Schwachfug-Argumente à la Gulli 2005 schöner sind. Da kann man seinen Geist so richtig leuchten lassen und beruhigen die unschuldige Seele.

Und das Elementarste - der Mandant bringt Argumente und Beweise. Der Anwalt formuliert jetzt daraus einen Sachvortrag und kann nichts für seine Mandanten erfinden.


VG Steffen

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10042 Beitrag von Steffen » Dienstag 2. Juni 2015, 13:04

Nur wenn mir die tote Leitung stinkt, werfe ich diese weg. Da erübrigt sich ein Vortrag betreffs wieder in Betrieb bringen. Oder ich muss den Vortrag überdenken.


VG Steffen (Heintsch)

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10043 Beitrag von Steffen » Dienstag 2. Juni 2015, 23:17

+++Topmeldung+++

Riegger Rechtsanwälte:
BGH verhandelt im Juni 2015
erneut einen
"unserer" Filesharing-Fälle





23:17 Uhr



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Riegger Rechtsanwälte
Medienpark im Osterholz
Osterholzallee 76
71636 Ludwigsburg
Tel.: +49-7141-24229-00
Fax: +49-7141-24229-29
E-Mail: mail@ra-riegger.de
Internet: www.ra-riegger.de

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Am 11. Juni 2015 verhandelt der Bundesgerichtshof erneut über Filesharing-Abmahnungen der Kanzlei "Rasch Rechtsanwälte". Betroffen sind zwei Verfahren, in denen die Klagen der Musikindustrie vor den Land- und Oberlandesgerichten in Köln zunächst weitgehend erfolgreich waren. Nun muss die Revision klären, ob diese Urteile Bestand haben.

Eines der Revisionsverfahren (Az. I ZR 7/14) betrifft einen "unserer" Fälle und ist damit nach dem wegweisenden "BearShare"-Fall bereits das zweite Filesharing-Verfahren, das unsere Kanzlei bis zum Bundesgerichtshof gebracht hat. Im "BearShare"-Urteil (Az. I ZR 169/12) hatte der Bundesgerichtshof, nachdem wir die Revisionszulassung erfolgreich durch Einlegung einer Verfassungsbeschwerde (Az. 1 BvR 2365/11) erstritten hatten, die Ansprüche der Musikindustrie letztlich in vollem Umfang als unbegründet zurückgewiesen. Seit Erlass des "BearShare"-Urteils hat sich die Rechtsprechung in Filesharing-Verfahren bundesweit sehr zum Vorteil für betroffene Abgemahnte gewandelt.

Im konkret bevorstehenden Verhandlungstermin am 11.06.2015 wird es unter anderem um Fragen der Belehrung minderjähriger Kinder und deren Nachweis im gerichtlichen Verfahren gehen. Zudem dürften - falls der BGH eine Haftung der Beklagten wegen Verletzung ihrer Aufsichtspflicht grundsätzlich bejahen sollte - Themen wie die Berechnung der Abmahnkosten, Vergütungsabsprachen und Erfolgshonorarvereinbarungen zwischen Musikindustrie und Abmahnanwälten sowie die Frage der Berechnung des konkreten Schadensersatzes, der durch Musiktauschbörsen entsteht, relevant werden.

Die Pressemitteilung des BGH zu den beiden Verhandlungsterminen findet sich unter folgendem Link.


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Autor: Riegger Rechtsanwälte
Quelle: ra-riegger.com
Link: http://ra-riegger.com/bgh-verhandelt-im ... ng-faelle/

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10044 Beitrag von Steffen » Mittwoch 3. Juni 2015, 10:12

WBS-LAW: Haftet Anschlussinhaber für Filesharing seiner Gäste?



09:56 Uhr


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Rechtsanwalt Christian Solmecke
Partner der Kanzlei WILDE BEUGER SOLMECKE
Lehrbeauftragter der FH Köln für Social Media Recht



WILDE BEUGER SOLMECKE Rechtsanwälte GbR
Kaiser-Wilhelm-Ring 27-29
50672 Köln
Tel.: 0221 / 951 563 0
Fax: 0221 / 400 675 52
E-Mail: info@wbs-law.de
Web: www.wbs-law.de

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Wenn ein Anschlussinhaber Gästen seinen Internetanschluss zur Verfügung stellt, darf er nicht ohne Weiteres für das Filesharing seiner Besucher in Anspruch genommen werden. Dies ergibt sich aus einer Entscheidung des Amtsgerichtes Charlottenburg.

Vorliegend hatte die Kanzlei Schulenberg & Schenk den Anschlussinhaber im Auftrag der "I-ON Media GmbH" wegen Filesharing abgemahnt. Sie warf ihm vor, dass über seinen Anschluss der urheberrechtlich geschützte Film "Cherry Bond" verbreitet worden sei. Dabei machten die Abmahner einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 645,20 Euro sowie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 651,80 Euro geltend.

Doch der Abgemahnte wehrte sich. Er verwies darauf, dass seine Ehefrau Zugriff auf seinen Anschluss gehabt hat. Sie habe jedoch auf Nachfrage angegeben, dass sie die Urheberrechtsverletzung durch Filesharing nicht begangenen habe. Darüber hinaus habe er seinen Gästen das Passwort für seinen WLAN-Router mitgeteilt gehabt.



Filesharing: Keine Haftung als Täter für Gäste

Das Amtsgericht Charlottenburg wies daraufhin die Klage mit Urteil vom 21.05.2015 (Az. 210 C 34/15) ab. Das Gericht verwies darauf, dass aufgrund der Möglichkeit des Filesharings durch die Ehefrau und seine Gäste des beklagten Anschlussinhabers eine Haftung als Täter einer Urheberrechtsverletzung ausscheidet. Er hat durch seine Darlegungen die zunächst bestehende Täterschaftsvermutung hinreichend entkräftet.



Gewöhnlich keine Störerhaftung

Darüber hinaus kann er auch nicht im Wege der Störerhaftung in Anspruch genommen werden. Es reicht aus, dass er seinen Anschluss hinreichend gesichert hatte. Der Anschlussinhaber braucht normalerweise weder seine Ehefrau noch die ihm bekannten Gästen misstrauisch zu sein. Von daher kann ihm hier nicht vorgeworfen werden, dass er etwa durch die fehlende Überwachung seine Prüfpflichten verletzt hat.



Fazit für Abgemahnte

Diese Entscheidung des Amtsgerichtes Charlottenburg steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes unter anderem im "BearShare"-Fall (Urteil vom 08.01.2014 Az. I ZR 169/12). Aus ihr vergibt sich, dass ein abgemahnter Anschlussinhaber gut bekannte volljährige Gäste gewöhnlich nicht belehren geschweige denn ständig im Auge behalten muss. Das gilt allerdings nur dann, wenn es keine Anzeichen für die Begehung von Urheberrechtsverletzungen gibt.

Trotz dieser günstigen Entscheidungen die Gerichte in letzter Zeit häufig gefällt haben, sollten Anschlussinhaber bei ihrer Verteidigung aufpassen. Heikel ist es beispielsweise, wenn der Abgemahnte Filesharing durch seine Gäste oder andere Angehörige ausdrücklich ausschließt. Dann riskiert er, dass die Täterschaftsvermutung gegen ihn weiterbesteht mit der Folge, dass er wegen Filesharing in Anspruch genommen wird. Dies ergibt sich aus dem Beschluss des Landgerichtes Köln vom 25.02.2015 (Az. 14 T 20/14).

Wichtig ist darüber hinaus, dass Sie Ihren WLAN-Anschluss vor dem Zugriff unbekannter Dritter schützen durch die Verwendung einer aktuellen Verschlüsselung. Das Passwort sollte gewöhnlich geheim gehalten werden.




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Autor: Rechtsanwalt Christian Solmecke
Quelle: www.wbs-law.de
Link: https://www.wbs-law.de/abmahnung-filesh ... ste-61227/

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10045 Beitrag von Steffen » Donnerstag 4. Juni 2015, 00:20

Dr. Wachs Rechtsanwälte:
Klageabweisung gegen Christian Meinke MFA + Filmdistribution e. K."
wegen fehlender Aktivlegitimation.
Eine eidesstattliche Versicherung ist kein Beweismittel im Sinne der ZPO!



00:20 Uhr



Wie die Hamburger Kanzlei ...


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Rechtsanwalt Dr. Alexander Wachs

Dr. Wachs Rechtsanwälte
Osterstraße 116 | 20259 Hamburg
Telefon: 040 411 88 15 70
Fax: 040 411 88 15 77 | 040 444 65 51 0
E-Mail: info@dr-wachs.de | Web: www.dr-wachs.de

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... informiert, wurde mit dem Urteil des Amtsgerichts (AG) Potsdam (Urt. v. 27.05.2015, Az. 20 C 446/14) eine Filesharing Klage der "Christian Meinke MFA + Filmdistribution e. K.", vertreten durch die Berliner Kanzlei "BaumgartenBrandt", abgewiesen aufgrund nicht feststehender Aktivlegitimation.

  • Aktivlegitimation:
    Wenn dem Abmahner / Kläger die Aktivlegitimation zusteht, bedeutet dies, dass er die Befugnis hat, seinen Anspruch außergerichtlich / gerichtlich geltend zu machen. Zwingende Voraussetzungen dafür sind, dass ihm das geltend gemachte Recht auch zusteht sowie, dass er in seine eigene Rechte verletzt wurde.


Abmahnfall

Die Beklagte wurde 03/2010 (Log.: 02/2010) wegen einer vermeintlichen Verwertung des Films "Klass" abgemahnt. Nach dem die Zahlung verweigert wurde, reichte die Prozessbevollmächtigte, die Berliner Kanzlei "BaumgartenBrandt", die Klage am Amtsgericht Potsdam ein (Streitwert: 7.500,00 EUR; außergerichtliche Rechtsanwaltskosten: 555,60 EUR + Schadensersatz: 400,00 EUR).



Antrag
  • (...) Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. (...)


Urteil
  • (...) hat das Amtsgericht Potsdam auf die mündliche Verhandlung vom 15.04.2015 durch den Richter am Amtsgericht "xxx" für Recht erkannt:
    • 1. Die Klage wird abgewiesen.
      2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
      3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. (...)

      Beschluss:

      (...) Der Streitwert wird auf 955,60 EUR festgesetzt. (...)


Entscheidungsgründe
  • (...) Die zulässige Klage ist unbegründet. (...)

    (...) Dem Kläger steht gegenüber die Beklagten kein Anspruch gemäß § 97 Abs. 2 UrhG, 97 a Abs. 2 UrhG alter Fassung in Höhe von EUR 400,00 Schadensersatz bzw. Rechtsanwaltskostenerstattung von EUR 555.60 zu, denn es steht schon nicht fest, dass der Kläger aktivlegitimiert ist, das heißt entweder Inhaber ausschließlicher Nutzungs- uns Verwertungsrechte oder Filmhersteller im Sinn von § 94 Abs. 1 UrhG ist. (...)

    (...) Der Vortrag ist einerseits unsubstantiiert, anderseits fehlt es hier auch an einem (zulässigen) Beweisantritt, denn eine eidesstattliche Versicherung, die der Kläger anbietet, ist kein Beweismittel im Sinne der ZPO. (...)

    (...) Eine Vermutung aufgrund des Aufdrucks auf dem Cover der DVD, § 10 Abs. 1 UrhG, greift hier zugunsten des Klägers nicht, wenn er nur Inhaber ausschließlicher Nutzungs- und Verwertungsrechte ist, § 10 Abs. 3 UrhG, da es hier nicht um Unterlassungsansprüche oder um ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutz geht. (...)

    (...) Dass der Kläger Filmhersteller im Sinne von § 94 Abs. 1 UrhG ist, hat er, nachdem die Beklagte dies bestritten hat, ebenfalls nicht substantiiert vorgetragen. (...)


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AG Potsdam, Urteil vom 27.05.2015, Az. 20 C 446/14
Urteil im Volltext als PDF-Download (2,44 MB)

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AW3P (Nacht-) Gedanken

Glückwunsch an die Beklagte und ihrem Prozessbevollmächtigten, Herrn Rechtsanwalt Dr. Alexander Wachs. Es gilt, was folgt ...



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Steffen Heintsch für AW3P

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AG Potsdam, Urteil vom 27.05.2015, Az. 20 C 446/14

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10046 Beitrag von HarzMan » Donnerstag 4. Juni 2015, 14:02

Erstaunlich, wie oft fehlende Aktivlegitimation in Urteilen eine gewichtige Rolle spielt, ebenso eidesstattliche Versicherungen. Man könnte den Eindruck haben, damals in 2009/2010 sind (auch) Abmahnungen verschickt worden, die etwas "zu sorglos" formuliert wurden :-)

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10047 Beitrag von Steffen » Donnerstag 4. Juni 2015, 23:16

[quoteemHarzMan]Erstaunlich, wie oft fehlende Aktivlegitimation in Urteilen eine gewichtige Rolle spielt, ebenso eidesstattliche Versicherungen. Man könnte den Eindruck haben, damals in 2009/2010 sind (auch) Abmahnungen verschickt worden, die etwas "zu sorglos" formuliert wurden.[/quoteem]

Das Problem, das Auskunftsprozedere (§ 101 IX UrhG) ist eine Art EV. In diesem einstweiligen Rechtsschutz reicht eben als Beweismittel einmal der Anscheinsbeweis und andermal Glaubhaftmachung.

Ob die Ansprüche zu Recht bestehen, das ist auch nicht Sache des Gestattungsbeschlusses, sondern muss in einem späteren Gerichtsverfahren abgeklärt werden, wenn der Abgemahnte die Zahlung verweigert.

Viele Gericht schauen jetzt genauer hin, andere wiederum reicht es, das mit dem c- oder p-Vermerk auf dem Cover der Urheber damit feststeht, oder eine Erklärung an Eides statt. Andere Richter sagen dann, wenn man genau dieses bestreitet, es wäre unsubstantiiert oder Behauptungen "ins Blaue hinein". Hier weiß man dann auf einmal, das derjenige der etwas behauptet, es beweisen muss. Vielleicht will man sich auch nur eine zeitaufwendige Beweisaufnahme sparen. Keine Ahnung. Hier sind eben die Richter gefragt. Keine Sorge, die Anwälte weisen schon darauf hin.

VG Steffen

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10048 Beitrag von Steffen » Freitag 5. Juni 2015, 12:21

Urheberrecht Berlin -
AG Charlottenburg weist Klage
der "Wolfgang Embacher Filmproduktion" ab



12:21 Uhr



Das AG Charlottenburg hat mit Urteil vom 02.06.2015 (Az. 224 C 105/14) eine Klage wegen File-Sharings der "Wolfgang Embacher Filmproduktion GmbH" gegen einen Mandanten unserer Kanzlei abgewiesen. Diesem wurde vorgeworfen, einen Pornofilm "Angel P...22" von seinem Anschluss herunter geladen und angeboten zu haben. Der Beklagte war seiner sekundären Darlegungslast nachgekommen und die Klägerin hatte keinen Beweis dafür angeboten, dass er den Anschluss selber benutzt hatte.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.


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AG Charlottenburg, Urteil vom 02.06.2015, Az. 224 C 105/14
Zum Urteil im Volltext ...
... weiterlesen auf 'ra-juedemann.de'

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10049 Beitrag von Steffen » Samstag 6. Juni 2015, 01:31

Dr. Wachs Rechtsanwälte:
Klageabweisung gegen "Christian Meinke MFA + Filmdistribution e. K."
wegen fehlender Passivlegitimation der Beklagten.
"Vogler-Gutachten" für den Nachweis des Verstoßes unbrauchbar!




01:30 Uhr



Wie die Hamburger Kanzlei ...


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... informiert, wurde mit dem Urteil des Amtsgerichts (AG) Erfurt (Urt. v. 20.05.2015, Az. 14 C 1952/14) eine Filesharing Klage der "Christian Meinke MFA + Filmdistribution e. K.", vertreten durch die Berliner Kanzlei "BaumgartenBrandt", aufgrund fehlender Passivlegitimation der Beklagten abgewiesen.

Eigentlich eine Entscheidung des Amtsgerichts Erfurt gegen "BaumgartenBrandt", wie jede andere, die man lesen und einfach abhaken könnte. Eigentlich. Findet das Amtsgericht Erfurt doch klare Worte in puncto Beweislast und Beweisangebot. Deshalb eine lesenswerte und interessante Entscheidung aus der Hauptstadt des Freistaats Thüringen.



Abmahnfall

Die Beklagte wurde 11/2010 (insgesamt 4 Logs 07/2010) wegen einer vermeintlichen Verwertung des Films "Das Zimmer im Spiegel" abgemahnt. Nach dem die Zahlung verweigert wurde, reichte die Prozessbevollmächtigte, die Berliner Kanzlei "BaumgartenBrandt", die Klage am Amtsgericht Erfurt ein (Streitwert: 7.500,00 EUR; außergerichtliche Rechtsanwaltskosten: 555,60 EUR + Schadensersatz: 400,00 EUR).



Antrag
  • (...) Die Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen.
    Die Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung. (...)

    (...) Die Beklagte trägt vor,
    sie habe zu keinem Zeitpunkt die streitgegenständliche Datei heruntergeladen und / oder verbreitet. (...)

    (...) Die Beklagte behauptet,
    sie habe sich zum Zeitpunkt der behaupteten Rechtsverletzung einen PC mit ihrem namentlich benannten Ehemann geteilt. Sie selbst habe den PC verwendet, um E-Mails zu versenden. Sie habe weder Programme installieren können noch habe sie Kenntnis gehabt von der Nutzung einer Tauschbörse. Ihr Ehemann habe Programme installieren und deinstallieren können und habe auch Kenntnis von Tauschbörsen gehabt. Der namentlich benannten Tochter der Beklagten sei insbesondere 2009 verboten worden, auf deren eigenen Laptop eine Tauschbörse zu installieren uns Downloads zu tätigen. (...)

    (...) Die Beklagte behauptet weiter,
    sie habe ihre Familienmitglieder befragt, ob diese die Rechtsverletzung begangen haben. Dies sei von allen verneint worden. (...)

    (...) Das Gericht hat mit Beschluss vom 27.04.2015 die prozessleitende Ladung von Zeugen zur Begehung und Feststellung des Urheberrechtsverstoßes angeordnet und dem Kläger aufgegeben einen Auslagenvorschuss einzuzahlen. Eine Einzahlung ist unterblieben, so dass die Zeugenladung und Beweisaufnahme nicht erfolgt ist. (...)


Urteil
  • (...) hat das Amtsgericht Erfurt durch den Richter am Amtsgericht "xxx" aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 20.05.2015 für Recht erkannt:
    • 1. Die Klage wird abgewiesen.
      2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
      3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
      (...)


Entscheidungsgründe
  • (...) Die Klage hat keinem Erfolg. Sie ist zwar zulässig, jedoch unbegründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von mindestens EUR 400,00 und Abmahnkosten in Höhe von EUR 555,60 gemäß §§ 97 Abs. 2, 97a Abs. 1 Satz 2 alte Fassung UrhG in Verbindung mit §§ 683, 670 BGB. Es fehlt an der Passivlegitimation der Beklagten. (...)
  • Passivlegitimation
    Mit Passivlegitimation bezeichnet man die Sachlegitimation bzw. Sachbefugnis gegen den sich das Recht richtet (Täter, Teilnehmer, Störer). Im Zivilprozess ist die Klage bei Fehlen der Sachlegitimation unbegründet.


Beweislast trägt der Kläger
  • (...) Der Kläger trägt nach allgemeinen Grundsätzen als Anspruchsteller die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs auf Erstattung von Abmahnkosten und auf Schadensersatz erfüllt sind. Es ist daher grundsätzlich Sache des Klägers darzulegen und nachzuweisen, dass die Beklagte für die behauptete Urheberrechtsverletzung als Täter verantwortlich ist (BGH, Urteil vom 15.11.2012, I ZR 74/12 - "Morpheus"). (...)


Die sekundäre Darlegungslast der Beklagten
  • (...) Die Beklagte hat die vom Kläger behauptete Feststellung des Urheberechtsverstoßes substantiiert und wirksam bestritten. (...)

    (...) Die Beklagte obliegt zwar vor dem bestreiten des Urheberrechtsverstoßes eine Nachforschungspflicht in ihrem Rechtskreis. Dieser Nachforschungspflicht ist sie jedoch nachgekommen. (...) Die Beklagte hat im Rahmen der Klageerwiderung insofern vorgetragen, dass sie ihre Familienangehörige, die eigenen Zugriff auf den Internetanschluss hatten, im Hinblick auf die Rechtsverletzung befragt hat. Dies wurde von allen verneint. Auf diese Angaben kann sich die Beklagte innerhalb der Familie auch verlassen, so dass eine weitere Pflicht zur Nachforschung nicht in Betracht kommt. (...)


Bestreiten der Datenermittlung durch die Beklagte
  • (...) Die Beklagte muss nicht konkret vortragen, welche Schritte der Datenermittlung sie bestreitet. Sie muss auch nicht vortragen, wo der Fehler in der Datenermittlung liegt, denn die Beklagte war an dem gesamten Ermittlungsvorgang nicht beteiligt. (...)


Zur Mehrfachermittlung
  • (...) Aufgrund des substantiierten Bestreitens der Beklagten oblag daher nunmehr zunächst dem Kläger, zu beweisen, dass über den Internetanschluss ein Urheberverstoß begangen wurde, der am xx.07.2010 um 12:xx:xx Uhr festgestellt wurde. (...)

    (...) Etwas anders ergibt sich auch nicht aus der von dem Kläger behaupteten Mehrfachermittlung des Urheberrechtsverstoßes am Anschluss der Beklagten. Von einer Vermutung für die Richtigkeit der streitgegenständlichen Ermittlung kann allenfalls dann ausgegangen werden, wenn feststeht - das heißt, unstreitig ist oder bewiesen ist -, dass über den Anschluss der Beklagen mehrfach Urheberechtsverstöße gegangen worden sind. Dies ist jedoch gerade nicht der Fall. Aus behaupteten Mehrfachermittlungen kann jedoch keine Vernutung für die Richtigkeit der Ermittlung des streitgegenständlichen Urheberechtsverstoßes folgen. (...)


Das Amtsgericht Erfurt zum vorgelegten Gutachten von Sachverständigen Vogler
  • (...) Schließlich ist auch das vorgelegte Gutachten des Sachverständigen Vogler für den Nachweis des Urheberrechtverstoßes unbrauchbar. (...)


Kläger: Täterschaft der Beklagten durch Parteivernehmung als Beweis
  • (...) Soweit der Kläger für die Täterschaft der Beklagten im übrigen Beweis angeboten hat durch Parteivernehmung der Beklagten, liegen die Voraussetzungen nicht vor. Das Beweismittel ist subsidiär. Die Parteivernehmung setzt voraus, dass zunächst alle anderen Möglichkeiten des Beweises ausgeschöpft wurden, das heißt, entweder andere Beweismittel nicht zur Verfügung stehen oder keinen Beweis erbracht haben (vergleiche Zöller, ZPO Kommentar, 30. Auflage, § 445 Rn. 3 mit weiteren Nachweisen).

    (...) Der Kläger ist im Ergebnis seiner Beweislast nicht nachgekommen. Der Auslagenvorschuss für die angebotenen Zeugen wurde nicht eingezahlt, so dass die Ladung gemäß § 379 ZPO unterblieben ist. (...)


Die sekundäre Darlegungslast der Beklagten
  • (...) Unabhängig von dem substantiierten Bestreiten ist die Beklagte auch ihrer sekundären Darlegungslast vollumfänglich nachgekommen. (...)

    (...) Selbst wenn vorliegend festgestellt werden könnte, dass über den Internetanschluss der Beklagten eine Rechtsverletzung begangen worden ist, ist eine tatsächliche Vermutung für die Täterschaft der Beklagten nicht begründet, da zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung (auch) andere Personen diesen Anschluss benutzen konnten (vgl. BGH, Urteil vom 08.01.2014 - I ZR 169/12 - "BearShare"). (...)

    (...) Die Beklagte hat die Familienangehörigen mit Zugriffsmöglichkeiten auf den Internetanschluss namentlich benannt und im übrigen auch Angaben zum Nutzerverhalten gemacht. Völlig überspannt wäre die sekundäre Darlegungslast, soweit man von der Beklagten verlangt, bezogen auf den Tag der Verletzungshandlung substantiiert vorzutragen. Nach Ansicht des Gerichts ist es bereits ausgeschlossen, dass sich der Anschlussinhaber im Hinblick auf den Zeitablauf zwischen behaupteter Rechtsverletzung und Zugang eines etwaigen Abmahnschreibens dazu noch äußern kann. Bezogen auf den Zeitablauf zwischen behaupteter Verletzungshandlung und der Rechtsanhängigkeit eines Klageverfahren, erübrigen sich weitere Ausführungen zu dieser Problematik. (...)


Beklagte haftet auch nicht als Störerin
  • (...) Soweit der Kläger im übrigen vorträgt, der Internetanschluss der Beklagten sei zum Tatzeitpunkt nicht nach den Vorgaben des BGH gesichert gewesen und die Parteivernehmung der Beklagten anbietet, handelt es sich dabei zum einen um einen Vortrag ins Blaue hinein und zum anderen liegen insofern nicht die Voraussetzungen für eine Parteivernehmung vor. (...)


Das Amtsgericht Erfurt abschließend
  • (...) Nach alledem war die Klage abzuweisen. (...)



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AG Erfurt, Urteil vom 20.05.2015, Az. 14 C 1952/14
Urteil im Volltext, als PDF Download (2,17MB)

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AW3P (Nacht-) Gedanken


Glückwunsch an die Beklagte und ihrem Prozessbevollmächtigten, Herrn Rechtsanwalt Dr. Alexander Wachs. Es gilt, aktuell wie nie, was folgt ...



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AG Erfurt, Urteil vom 20.05.2015, Az. 14 C 1952/14

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10050 Beitrag von Steffen » Samstag 6. Juni 2015, 07:22

Unser Termin BGH: 11.06.2015;
10:00 Uhr - BGH - I ZR 75/14
11:00 Uhr - BGH - I ZR 7/14 + I ZR 19/14




Wer sich einlesen will, hier die Eckdaten sowie ein
'Prozessualer Ausblick' durch Rechtsanwalt Dr. Bernhardt Knies
für unsere Fälle.




~~~~~~aw3p.de~~~~~~aw3p.de~~~~~~aw3p.de~~~~~~aw3p.de~~~



BGH - I ZR 7/14

[/b]


Prozessualer Ausblick Rechtsanwalt Dr. Bernhardt Knies:
Da der Fall sehr speziell gelagert ist (Verwertung eines polizeilichen
Geständnisses im Zivilverfahren) hat die zentrale rechtliche Frage
letztlich für heutige Filesharing Fälle wohl leider keine Bedeutung
mehr. Interessant könnte aber auch hier (eine Haftung der Beklagten
unterstellt) die Frage sein, ob der BGH tatsächlich € 200,00 pro
getauschtem Musiktitel an Schadensersatz für gerechtfertigt hält.
Auch zur Höhe der Abmahnkosten könnte der BGH dann Stellung nehmen.
Nachdem die Abmahnung allerdings schon am 12.03.2008 ausgesprochen
wurde und damit vor Einführung der alten Deckelung der Abmahnkosten
in § 97a Abs. 2 UrhG vom 01.09.2008 werden wir aber wohl einmal mehr
nicht erfahren, ob der BGH tatsächlich (wie einmal in der Pressemit-
teilung zum Urteil Sommer unseres Lebens angedeutet), die Regelung
auf Filesharing Fälle anwendbar hält oder nicht.



~~~~~~aw3p.de~~~~~~aw3p.de~~~~~~aw3p.de~~~~~~aw3p.de~~~



BGH - I ZR 19/14

[/b]


Prozessualer Ausblick Rechtsanwalt Dr. Bernhardt Knies:
Auch dieser Fall könnte dem BGH Anlass für interessante Überlegungen
geben. Denn auch hier spielt die Reichweite der sekundären Darlegungs-
last eine Rolle. Halten Raschs Ermittlungsergebnisse aus Sicht des
BGH auch ohne Sachverständigengutachten? Wie ist die sekundäre sekundäre
Darlegungslast in diesem Fall zu bewerten, konnte der Beklagte durch
seine Angaben seine eigene Täterschaft erschüttern? Und auch hier last
but not least: Wie wären hilfsweise die exorbitant hohen Schadensersatz-
summen zu bewerten, welche Anforderungen sind generell an die Konkretheit
einer Abmahnung zu stellen und wie ist die streitige Frage mit den
Pauschalhonoraren und den erstattungsfähigen Anwaltskosten zu bewerten?



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BGH - I ZR 75/14

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Prozessualer Ausblick Rechtsanwalt Dr. Bernhardt Knies:
Der Fall dürfte dem BGH Gelegenheit geben, erneut und klärend zur
Frage der Reichweite der sekundären Darlegungslast Stellung zu nehmen.
Sollten die Beklagten aus Sicht des BGH verlieren, könnte es auch
Hinweise darauf geben, ob tatsächlich beim Filesharing Schadensersatz
und erstattungsfähige Anwaltskosten in diesen enormen Höhen gerechtfertigt
sind.


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Rechtsanwalt Dr. Bernhard Knies

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Email: bernhard.knies@new-media-law.net.
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Quelle: http://www.new-media-law.net/bgh-filesharing/


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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10051 Beitrag von Steffen » Sonntag 7. Juni 2015, 13:40

Dr. Wachs Rechtsanwälte:
Klageabweisung gegen "KSM GmbH".
Ein Beweis des ersten Anscheins dahingehend, der Inhaber eines Internetanschlusses
habe die von seinem Anschluss erfolgte Urheberrechtsverletzung begangen, scheidet
in Haushalten, in denen mehrere Personen selbstständig und unabhängig Zugang zum
Internet haben, aus.




13:40 Uhr




Wie die Hamburger Kanzlei ...


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Rechtsanwalt Dr. Alexander Wachs

Dr. Wachs Rechtsanwälte
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Telefon: 040 411 88 15 70
Fax: 040 411 88 15 77 | 040 444 65 51 0
E-Mail: info@dr-wachs.de | Web: www.dr-wachs.de

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... informiert, wurde mit dem Urteil des Amtsgerichts (AG) Hannover (Urt. v. 29.05.2015, Az. 531 C 8432/14) eine Filesharing Klage der "KSM GmbH" vertreten durch die Berliner Kanzlei "BaumgartenBrandt" abgewiesen. Hier die Konstellation: zwei Anschlussinhaber als Beklagte. Das Amtsgericht Hannover erklärt ausführlich und lesenswert die Gesetzeslage und Rechtsprechung in einem Mehrpersonenhaushalt.




Abmahnfall

Die Beklagten wurde 02/2010 (11/2009) wegen einer vermeintlichen Verwertung des Films "Bloody Revenge" abgemahnt. Nach dem die Zahlung verweigert wurde, beantragte die Prozessbevollmächtigte, die Berliner Kanzlei "BaumgartenBrandt", 12/2013 einen Mahnbescheid. Nachdem die Beklagten Widerspruch - insgesamt - einlegten, das streitige Verfahren abgegeben, wurden die Ansprüche vor dem Amtsgericht Hannover ein (Streitwert: 7.500,00 EUR; außergerichtliche Rechtsanwaltskosten: 555,60 EUR + Schadensersatz: 400,00 EUR) begründet.



Antrag
  • (...) Die Beklagten beantragen,
    • die Klage abzuweisen.

    Sie erheben die Einrede der Verjährung und stellen die Aktivlegitimation der Klägerin in Abrede. Die Beklagten bestreiten weiterhin, die behauptete Rechtsverletzung begangen zu haben. Der volljährige Sohn "xxx" habe über den Familien-Rechner eigenständig Zugang zum Internet-Anschluss des Beklagten gehabt. Der drahtlose Internet-Anschluss der Beklagten sei verschlüsselt gewesen. Ein Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten bestehe nicht, der Streitwert sei zu hoch angesetzt. (...)


Urteil
  • (...) für Recht erkannt:
    • 1. Die Klage wird abgewiesen.
      2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
      3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. (...)
  • und beschlossen:
    • Der Wert des Streitgegenstandes wird bestimmt auf 955,60 EUR. (...)


Entscheidungsgründe (auszugsweise)
  • (...) Die zulässige Klage ist unbegründet.

    Der Klägerin hat gegen die Beklagten aufgrund des behaupteten Zurverfügungstellens des Filmwerkes "Bloody Revenge" im Rahmen des Peer-to-Peer-Netzwerkes "aeTorrent" am xx.11.2009 aus §§ 97, 97a Abs. 1 S. 2 UrhG a.F. weder einen Anspruch auf Zahlung einer Lizenzgebühr in Höhe von 400,00 EUR noch auf Zahlung von Aufwendungsersatz für die Abmahnung der Beklagten in Höhe von 555,60 EUR.


    1.) Die Beklagten haftet nicht als Täter

    a) Die Klägerin trägt nach allgemeinen Grundsätzen als Anspruchsteller die Darlegungs-und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs erfüllt sind. Danach ist es grundsätzlich ihre Sache, darzulegen und nachzuweisen, dass der Beklagte für die von ihr behaupteten Urheberrechtsverletzungen als Täter verantwortlich ist (BGH, Urteil vom 15.11.2012, Az.: I ZR 74/12, "Morpheus", Rn. 32, zit. nach Juris).

    b) Wird ein urheberrechtlich geschütztes Werk oder eine urheberrechtlich geschützte Leistung der Öffentlichkeit von einer IP-Adresse aus zugänglich gemacht, die zu fraglichen Zeitpunkt einer bestimmten Person zugeteilt ist, spricht zwar eine tatsächliche Vermutung dafür, dass diese Person für die Rechtsverletzung verantwortlich ist (BGH, Urteil vom 12.05.2012, Az.: I ZR 121/08, "Sommer unseres Lebens", Rn. 12, zit. nach Juris).

    c) Diese tatsächliche Vermutung kommt jedoch nicht zum Tragen, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung (auch) andere Personen diesen Anschluss benutzen konnten (BGH, Urteil vom 08.01.2014, Az.: I 169/12, "BearShare", Rn.12, zit. nach Juris).

    Ein Beweis des ersten Anscheins dahingehend, der Inhaber eines Internetanschlusses habe die von seinem Anschluss erfolgte Urheberrechtsverletzung begangen, scheidet damit in Haushalten, in denen mehrere Personen selbstständig und unabhängig Zugang zum Internet haben, aus.

    Die Aufstellung einer tatsächlichen Vermutung setzt voraus, dass es einen empirisch gesicherten Erfahrungssatz aufgrund allgemeiner Lebensumstände dahingehend gibt, das ein Anschlussinhaber seinen Internetzugang in erster Linie nutzt und über Art und Weise der Nutzung bestimmt und diese mit Tatherrschaft bewusst kontrolliert. Ein derartiger Erfahrungssatz existiert nicht. Die alltägliche Erfahrung in einer Gesellschaft, in der das Internet einen immer größeren Anteil einnimmt und nicht mehr wegzudenken ist, belegt vielmehr das Gegenteil.

    d) Den Anschussinhaber trifft insoweit eine sekundäre Darlegungslast, sofern über seinen Internetanschluss eine Rechtsverletzung begangen wird. Dieser Darlegungslast genügt der Anschlussinhaber, sofern er vorträgt, ob und gegebenenfalls welche andere Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und damit als mögliche Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. Dabei ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen verpflichtet (BGH, Urteil vom 08.01.2014, Az.: I ZR 169/12, "BearShare", Rn. 18, zit. nasch Juris).

    e) Vorliegend sind die beklagten der ihnen obliegenden sekundären Darlegungslast vollumfänglich nachgekommen. Die Beklagten haben vorgetragen, dass si die behauptete Rechtsverletzung nicht begangen hätten und der Internetanschluss im Haushalt noch von dem volljährigen Sohn "xxx" eigenständig genutzt worden sei. Damit haben die beklagten einen Sachvortrag vorgetragen, bei dem ernsthaft die Möglichkeit der Alleintäterschaft einer anderen Person in Betracht kommt.

    Soweit die Klägerin insoweit meint, die Beklagten hätten durch ihren pauschalen Vortrag, dass zur Tatzeit noch weitere Personen Zugriff auf den betreffenden Internetanschluss hatten, der sekundären Darlegungslast nicht genügt, ändert dies die rechtliche Bewertung nicht. Die sekundäre Darlegungslast führt weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast gem. § 138 Abs. 1 und 2 ZPO hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen.

    Insoweit genügt es, die Namen und ladungsfähige Anschriften der Personen zu nennen, die Zugriff auf den streitgegenständlichen Internetanschluss hatten, damit die Klägerin gegebenenfalls beweisen kann, dass nur die Beklagten als Täter in Betracht kommen. Die Nachforschungspflicht geht indes nicht soweit, dass der Anschlussinhaber ermitteln muss, wer die Rechtsverletzung tatsächlich begangen hat.

    f) Somit oblag es vorliegend der Klägerin, die Täterschaft der Beklagten darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen.


    2.) Die Beklagten haften auch nicht als Störer

    b) Der Inhaber eines Internetanschlusses ist grundsätzlich nicht verpflichtet, volljährige Familienangehörige über die Rechtswidrigkeiten einer Teilnahme an Internettauschbörsen oder von sonstigen Rechtsverletzungen im Internet zubelehren und ihnen die Nutzung des Internetanschlusses zur rechtswidrigen Teilnahme an Internettauschbörsen oder zu sonstigen Rechtsverletzungen im Internet zu verbieten, wenn keine konkreten Anhaltspunkte für eine solche Nutzung bestehen (BGH, Urteil vom 08.01.2014, Az.: I 169/12, "BearShare", Rn. 24, zit. nach Juris). (...)


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AG Hannover, Urteil vom 29.05.2015, Az. 531 C 8432/14
Urteil im Volltext als PDF-Download (3,61 MB)

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AW3P (Nach-) Gedanken

Glückwunsch an die Beklagten und ihrem Anwalt, Herrn Rechtsanwalt Dr. Alexander Wachs. Es gilt, aktuell wie nie, was folgt ...



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Steffen Heintsch für AW3P

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AG Hannover, Urteil vom 29.05.2015, Az. 531 C 8432/14

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10052 Beitrag von Steffen » Montag 8. Juni 2015, 04:41

Randnotiz: BGH, Urteil vom 11.12.2014 - I ZR 113/13: Bezugsquellen für Bachblüten
  • (...) Der Umstand, dass der Handelnde ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Beeinflussung der geschäftlichen Entscheidung von Verbrauchern oder anderen Marktteilnehmern hat, stellt dabei nur ein - wenngleich maßgebliches - Indiz für das Vorliegen einer geschäftlichen Handlung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG dar. (...)
Quelle: MIR

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10053 Beitrag von Steffen » Montag 8. Juni 2015, 15:47

Klage der Rechtsanwälte Waldorf Frommer
vom Amtsgericht Charlottenburg abgewiesen.
Sony Music Entertainment Germany GmbH
verliert Filesharingklage.



15:10 Uhr



Wie die Berliner Kanzlei ...

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Sievers & Coll. Rechtsanwälte
Olympische Straße 10
14052 Berlin
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E-Mail: mail@recht-hat.de
Web: www.recht-hat.de

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... informiert, hat AG Charlottenburg mit Urteil vom 06.05.2015, Az. 214 C 64/15, eine Klage der "Sony Music Entertainment Germany GmbH", vertreten durch Rechtsanwälte "Waldorf Frommer" aus München, abgewiesen. Die Beklagte wurde im Rechtsstreit von der Kanzlei "Sievers & Coll. Rechtsanwälte" vertreten.

Die Klägerin hatte wegen Filesharings eines Albums Ansprüche auf Schadensersatz und vorgerichtliche Anwaltskosten i.H.v. insgesamt 956,00 € eingeklagt. Die beklagte Anschlussinhaberin bestritt, die Urheberrechtsverletzung begangen zu haben und wies darauf hin, dass auch ihr Lebensgefährte und ihr volljähriger Sohn, der zwar im Ausland wohnte, aber über den ermittelten Tatzeitraum bei ihr zu Besuch gewesen sei, das Internet nutzen konnten.


Keine tatsächliche Vermutung in Mehrpersonenhaushalten

Das Gericht führt aus, dass die tatsächliche Vermutung dafür, dass ein Anschlussinhaber selbst für Rechtsverletzungen über seinen Internetanschluss verantwortlich sei, in Mehrpersonenhaushalten grundsätzlichen Bedenken begegne. ...



weiterlesen auf: 'recht-hat.de'



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Das Urteil im Volltext können Sie hier lesen:
AG Charlottenburg, Urteil vom 06.05.2015, Az. 214 C 64/15
(noch nicht rechtskräftig)

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Quelle: www.recht-hat.de
Link:http://www.recht-hat.de/urheberrecht/kl ... bgewiesen/


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AG Charlottenburg, Urteil vom 06.05.2015, Az. 214 C 64/15






Koch Media GmbH verliert vor dem Amtsgericht Hamburg
(Urt. v. 27.05.2015, Az. 31c C 497/14)



15:30 Uhr


Wie die Berliner Kanzlei ...

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... informiert, hat das AG Hamburg eine Klage der Koch Media GmbH, vertreten durch Rechtsanwälte .rka, wegen Filesharings des PC-Spiels “Dead Island” gegen eine von uns vertretene Beklagte abgewiesen. Die Klägerin hatte Ansprüche auf Schadensersatz, Aufwendungsersatz und vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. insgesamt 1.539,65 € eingeklagt.

Die Beklagte betritt, eine Tauschbörse genutzt zu haben und dieses PC-Spiel selbst heruntergeladen zu haben. Im Haushalt lebte auch ihre damals 17 Jahre alte Tochter. Die Beklagte hatte ihr verboten, Tauschbörsen zu benutzen. Zu den von der Klägerin über 2 Tage hinweg ermittelten Tatzeitpunkten war die Beklagte zudem zusammen mit ihrer Tochter im Urlaub. Andere Personen hatten während ihres Urlaubes keinen Zugang zu ihrer Wohnung. Der Internetanschluss wurde allerdings auch mit WLAN betrieben. Die Tochter der Beklagten hatte zudem LAN-Partys zu Hause veranstaltet, zu welchen sie Freunde zum gemeinsamen PC-Spielen einlud. ...


... weiterlesen auf: 'recht-hat.de'



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Das Urteil im Volltext können Sie hier lesen:
AG Hamburg, Urteil vom 27.05.2015, Az. 31c C 497/14
(noch nicht rechtskräftig)

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Quelle: www.recht-hat.de
Link: http://www.recht-hat.de/urheberrecht/fi ... bgewiesen/


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AG Hamburg, Urteil vom 27.05.2015, Az. 31c C 497/14





Klage wegen "Niko - ein Rentier hebt ab" abgewiesen.
Europool verliert Filesharingklage.



15:40 Uhr


Wie die Berliner Kanzlei …

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... informiert, hat die Europool Europäische Medienbeteiligungs-GmbH eine Klage wegen Filesharings des Filmes "Niko - ein Rentier hebt ab" vor dem Amtsgericht Potsdam (Urteil vom 27.05.2015, Az. 20 C 339/14) verloren. Die Klägerin, welche regelmäßig durch die Rechtsanwälte BaumgartenBrandt vertreten wird, hat mit der Klage Ansprüche i.H.v. insgesamt 955,60 € aus einer Abmahnung aus dem Jahr 2010 gegen eine von uns vertretene Beklagte geltend gemacht.


... weiterlesen auf: 'recht-hat.de'



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Das Urteil im Volltext können Sie hier lesen:
AG Potsdam, Urteil vom 27.05.2015, Az. 20 C 339/14
(noch nicht rechtskräftig)

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Quelle: www.recht-hat.de
Link: http://www.recht-hat.de/urheberrecht/eu ... ringklage/


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AG Potsdam, Urteil vom 27.05.2015, Az. 20 C 339/14

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10054 Beitrag von Steffen » Dienstag 9. Juni 2015, 16:28

LG Berlin, Urteil vom 10.03.2015, Az. 16 S 10/14:
Einfaches Bestreiten des Zugangs einer Abmahnung
sowie der bloße Verweis auf Dritte führt zur Verurteilung
des Anschlussinhabers in Filesharing-Verfahren



16:28 Uhr


Autorin: Rechtsanwältin Cornelia Jergus (Kanzlei Waldorf Frommer, München)

In dem Berufungsverfahren hat das Landgericht Berlin der Klage eines Rechteinhabers überwiegend stattgegeben und den Anschlussinhaber zur Zahlung von Schadensersatz und Erstattung der Rechtsanwaltskosten verurteilt.

Das Erstgericht hatte die Klage zuvor abgewiesen. Der Beklagte hatte insbesondere vorgetragen, dass er die Rechtsverletzung nicht begangen habe und zu den fraglichen Zeitpunkten ortsabwesend gewesen sei. Weiterhin wurden die Ermittlungen sowie der Zugang der Abmahnung bestritten und auf Dritte verwiesen, die potentiell Zugriff auf den Internetanschluss gehabt hätten. Der bloße Verweis auf die Nutzungs- bzw. Zugriffsmöglichkeit eines Dritten kann den Anschlussinhaber indessen nicht entlasten, wie das Landgericht festgestellt hat:
  • (...) Nach Auffassung der Kammer muss sich der Beklagte bereits im Rahmen seiner Darlegung für die eine oder andere Einlassung entscheiden. Denn es ist denknotwendig ausgeschlossen, einen "anderen Geschehensablauf" (das heißt, die Verantwortlichkeit eines Dritten) in Bezug auf eine Verletzungshandlung zu behaupten, wenn diese Handlung nach vorrangiger Einlassung des Beklagten gar nicht stattgefunden haben kann. Tatsächlich bestreitet der Beklagte einerseits, dass überhaupt entsprechende Uploads von seinem Internetanschluss aus erfolgt seien.

    So bestreitet er insbesondere die Richtigkeit der entsprechenden Ermittlungsergebnisse mit Nichtwissen und begründet dies damit, dass der Computer zu den ermittelten Zeiten des Uploads ausgeschaltet gewesen sei. Dann könnten die Rechtsverletzungen tatsächlich aber überhaupt nicht erfolgt sein. […] Unabhängig davon genügt der Beklagte durch den Verweis auf die grundsätzlich mögliche Täterschaft seiner Mitarbeiter aber ohnehin seiner sekundären Darlegungslast nicht.

    Die von ihm dazu vorgetragenen Tatsachen begründen nämlich keine “ernsthafte Möglichkeit” eines abweichenden Geschehensablaufs. Es genügt insoweit nicht, alternativ in Betracht kommende Geschehensablaufe einfach in den Raum zu stellen. Vielmehr müsste der Beklagte diese Variante zumindest selbst ernsthaft überprüft und aus tatsächlichen Gründen für zumindest sehr wahrscheinlich befunden haben. Dafür hätte er seine Mitarbeiter zum einen selbst befragen und das Ergebnis dieser Befragung mitteilen müssen. Zum anderen begründet auch in tatsächlicher Hinsicht deren bloße Zugangsmöglichkeit zum Büro und Computer während der Büroöffnungszeiten nicht die "ernsthafte Möglichkeit", dass die Mitarbeiter nach Büroschluss den Computer tatsächlich auch zu privaten Zwecken benutzt und dabei Urheberrechtsverletzungen begangen haben. Selbst die Möglichkeit eines solchen Sachverhalts ist eine Unterstellung, die näher begründet werden müsste. Dazu gehört, dass sie den Computer (auch) privat nutzen durften bzw. - etwa ohne Erlaubnis - jedenfalls tatsächlich privat genutzt haben und dass sie die Räumlichkeiten in der Vergangenheit auch nach Büroschluss benutzt und sich dort aufgehalten haben.

    All das ist bisher nicht vortragen, vielmehr nach dem Vortrag des Beklagten reine Spekulation.(...)
Auch der Einwand, die Abmahnung gar nicht erhalten zu haben, wurde vom Landgericht verworfen:
  • (...) Der Kostenerstattungsanspruch scheitert nicht daran, dass der Beklagte den Zugang des Abmahnschreibens bestreitet. […] Der Beklagte trägt zu den Umständen des vermeintlich gescheiterten Zugangs nämlich gar nichts weiter vor, obwohl nach dem Vortrag der Klägerin diese Abmahnung ebenso wie die Abmahnung eines weiteren, vom Klägervertreter ebenfalls anwaltlich vertretenen Rechteinhabers an den Beklagten versandt wurde, diesen aber jeweils trotzdem nicht erreicht haben sollen. Andererseits konnte dem Beklagten offenbar jedenfalls der Mahnbescheid zugestellt werden. Auch sonst hat der Beklagte keinerlei Schwierigkeiten beim Erhalt von Schreiben an seine Wohnanschrift dargelegt. Die genannten Umstände hätten dem Beklagten - seinen Vortrag als zutreffend unterstellt - zumindest im vorliegenden Rechtsstreit ausreichend Anlass gegeben, im eigenen Interesse Nachforschungen anzustellen, welche Ursache das behauptete Scheitern von Postzustellungen haben könnte. (...)
Der Beklagte wurde zur Zahlung von Schadenersatz, zur Erstattung der Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung und zum Ausgleich der Kosten beider Rechtszüge verurteilt.


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Quelle: http://news.waldorf-frommer.de/landeric ... verfahren/
Urteil als PDF: http://news.waldorf-frommer.de/wp-conte ... _10_14.pdf

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10055 Beitrag von Julia22 » Mittwoch 10. Juni 2015, 08:18

Das Urteil von
LG Berlin, Urteil vom 10.03.2015, Az. 16 S 10/14:
Einfaches Bestreiten des Zugangs einer Abmahnung

kann ich nicht nachvollziehen. Es reicht aus, wenn der Kläger nachweist, dass die Post ohne Einschreiben angekommen ist. Umgekehrt geht das wieder rum nicht. Ich kenne Verhandlungen, wo Einschreiben einfach nicht anerkannt wurden. Obwohl nachweislich eingegangen.

Ich bin kein Anwalt, doch ist das nicht weit hergeholt zu sagen, dass die Post immer ankommt. Gerade in Zeiten des Streiks. Wo werden hier die Rechte des Beklagten geschützt. Der Kläger konnte nicht nachweisen, dass die Post angekommen ist. Er hat nur angegeben, dass er sie abgeschickt hat.

Ähnliche Fälle gibt es auch immer wieder bei Versicherungen. Besonders im Bereich der Gesundheitsversorgung ( Quelle: https://www.pkv-selbststaendige.com/).
Es streiten sich die Parteien, ob die Rechnungen rechtzeitig eingegangen sind oder ob die Kündigung verschickt wurde....das kann doch so nicht sein.

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10056 Beitrag von Steffen » Mittwoch 10. Juni 2015, 14:51

Rudolph Rechtsanwälte:
Filesharing-Klage wegen Verjährung abgewiesen




14:55 Uhr



Erneut hat die Kanzlei ...

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Rudolph Rechtsanwälte
Westtorgraben 1
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Telefon: 0911 999 396 - 0
Telefax: 0911 999 396 - 16
E-Mail: kanzlei@rudolph-recht.de
Web: www.internetrecht-nuernberg.de

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... ein klageabweisendes Urteil gegen die Abmahnkanzlei Baumgarten Brandt erstritten. Mit Urteil des Amtsgerichts Nürnberg vom 28.05.2015 (Az. 27 C 421/15) wurde die Klage, vertreten durch die Rechtsanwälte Baumgarten Brandt, wegen Verjährung abgewiesen.

Der Aufwendungsersatzanspruch verjährt unstreitig in der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren. Das Amtsgericht Nürnberg hat sich nun klar dahingehend positioniert, dass auch Schadensersatzansprüche aus Filesharing-Verstößen bereits nach drei Jahren und nicht erst nach zehn Jahren verjähren.



I. Verjährung

Von Verjährung spricht man, wenn ein Anspruch wegen Zeitablaufs nicht mehr durchsetzbar ist. Ist ein Anspruch verjährt, kann dieser nicht mehr geltend gemacht werden. Das bedeutet, dass die Forderung nicht mehr vor Gericht eingeklagt werden kann. Die Verjährung einer Forderung wird jedoch nicht von Amts wegen berücksichtigt. Das heißt, dass Gericht darf eine Klage wegen Verjährung nur abweisen, wenn der Beklagte zuvor auf die Verjährung hingewiesen hat, sogenannte Einrede der Verjährung.

Im Zusammenhang mit Filesharing-Klagen werden zwei unterschiedliche Zahlungsansprüche eingeklagt:

Ein Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen, der der Klägerseite durch die Inanspruchnahme eines Anwalts für die Abmahnung entstanden ist.

Zum anderen ein Schadensersatzanspruch, der sich auf die unberechtigte Nutzung eines urheberrechtlich geschützten Werkes bezieht und dessen Höhe sich an der sogenannten Lizenzanalogie orientiert.

In der Rechtsprechung ist umstritten, ob auch der Schadensersatzanspruch in drei Jahren verjährt oder einer zehnjährigen Verjährungsfrist unterliegt.



II. Abmahnung wegen Filesharing

Ein Mandant der Kanzlei Rudolph Rechtsanwälte wurde mit Schreiben vom 10.02.2010 durch die Abmahnkanzlei Baumgarten Brandt wegen Filesharing abgemahnt. Die angebliche Urheberrechtsverletzung lag im November 2009.

Der Mandant gab eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab, verweigerte jedoch die Zahlung von Schadens- und Aufwendungsersatz.

Im Dezember 2013 erreichte den Mandanten in der Sache kurz vor Ablauf der dreijährigen Verjährung ein Mahnbescheid, gegen den er Widerspruch einlegte.

Die Klägerin legte daraufhin Klage zum Amtsgericht Nürnberg auf Zahlung von 955,60 Euro für Schadens- und Aufwendungsersatz ein.



II. Verfahren vor dem Amtsgericht Nürnberg

Die Rechtsanwälte der Kanzlei Rudolph Rechtsanwälte erhoben im schriftlichen Vorverfahren die Einrede der Verjährung.

Zwar war der Mahnbescheid rechtzeitig beantragt worden, um die Verjährung zu hemmen. Die Verjährung kann bis zu sechs Monate gehemmt werden. Im hiesigen Fall kam es jedoch zum Stillstand des Verfahrens.

Nach Eingang des Widerspruchs gegen den Mahnbescheid seitens des Beklagten forderte das Gericht die Klägerseite am 11.12.2013 zur Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses auf. Die Klagepartei betrieb das Verfahren vorerst nicht weiter. Erst am 15.07.2014 war die Einzahlung der Gerichtskosten bei der Gerichtskasse verbucht.

Das war zu spät. Die dreijährige Verjährung war bereits eingetreten und konnte nicht erneut gehemmt werden.



1. Dreijährige oder zehnjährige Verjährung

Der Aufwendungsersatzanspruch der Klägerseite unterliegt unumstritten der dreijährigen Verjährungsfrist und war somit nicht mehr durchsetzbar.

In Bezug auf den lizenzanalogen Schadensersatz hatte das Amtsgericht Nürnberg zu entscheiden, ob die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren oder die zehnjährige Verjährungsfrist nach § 102 S. 2 UrhG i.V.m. § 852 S. 2 BGB zur Anwendung kommt.

Die Gesetzeslage ist nicht eindeutig.

Gemäß § 102 S. 2 UrhG i.V.m. § 852 S. 2 BGB unterliegen diejenigen Ansprüche einer längeren Verjährung, die auf die Herausgabe des deliktisch Erlangten zielen.

Voraussetzung für die Anwendung dieser Vorschriften ist, dass der Schädiger tatsächlich etwas erlangt hat. Dies kann die ersparte Lizenzgebühr sein, wenn die Wahrnehmung des Urheberrechts typischerweise nur gegen eine Lizenzgebühr eingeräumt wird ("Bochumer Weihnachtsmarkt", vgl. BGH, Urteil vom 27.10.2011, Az. 1 ZR 175/10).

Diese Rechtsprechung ist jedoch nicht auf Filesharing-Fälle übertragbar. Filesharing-Fälle zeichnen sich dadurch aus, dass es gerade keine Möglichkeit gibt, einen entsprechenden Lizenzvertrag abzuschließen. Es kann überhaupt keine Lizenzgebühr für einen möglichen Lizenzvertrag erspart werden.

Ein bewusster Eingriff in den Zuweisungsgehalt der von der Klägerin wahrgenommenen Rechte liegt auch nicht vor, da es Nutzern von Tauschbörsen in erster Linie darauf ankommt, die fragliche Datei zum eigenen Gebrauch für sich herunterzuladen und zu nutzen. Es geht den Nutzern nicht um die darüber hinausgehende Nutzung oder Verbreitung. Damit hat sich der Beklagte gerade keine Lizenzgebühr für einen möglichen Lizenzvertrag erspart.

Die Anwendung der Sonder-Vorschrift des § 102 S. 2 UrhG i.V.m. § 852 S. 2 BGB ist ausgeschlossen. Es gilt die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren.



2. Entscheidung des Amtsgerichts Nürnberg

Vor dem Amtsgericht Nürnberg erstritt die Kanzlei Rudolph Rechtsanwälte eine klare Entscheidung: Das Gericht geht von einer dreijährigen Verjährung aus.



a. Vergleich mit dem Bochumer Weihnachtsmarkt:

Ausgangspunkt für das Urteil ist die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zum Fall "Bochumer Weihnachtsmarkt".

Der BGH hat in seinem Urteil vom 27.10.2011 (Az. I ZR 175/10) festgelegt, dass bei Straßenfesten mit Musikaufführungen GEMA-Gebühren zu zahlen sind.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zu Grunde:

Der Veranstalter des Bochumer Weihnachtsmarktes sowie weiterer Veranstaltungen in Bochum ("Gerther Sommer" und "Bochumer Westerntage") hatte anlässlich der Straßenfeste ohne Berechtigung Musik aus dem Repertoire der Verwertungsgesellschaft GEMA öffentlich wiedergegeben.

Dagegen wendete sich die Klage der GEMA. Der Veranstalter sollte auf eine Vergütung in Höhe von 41.404,54 Euro in Anspruch genommen werden.

Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Veranstalter nicht über ein Nutzungsrecht zur Wiedergabe der Musiktitel verfügte. Die Höhe des Schadensersatzes richtet sich nach der fiktiven Lizenz, die angefallen wäre, wenn die GEMA dem Veranstalter die Nutzung erlaubt hätte.



b. Unterschied zu Filesharing-Fällen

Nach den Ausführungen des Amtsgerichts Nürnberg besteht der entscheidende Unterschied darin, dass im Falle des "Bochumer Weihnachtsmarktes" die tatsächliche Möglichkeit bestand, dass der Veranstalter entsprechende Lizenzen nehmen und an die GEMA eine Lizenzgebühr hätte zahlen können.

Im Bereich des Filesharings geht es um die Möglichkeit des Uploads von Musiktiteln oder Filmwerken an einen unbestimmten Personenkreis. Eine Lizenzierungs-Praxis besteht für solche Fälle gerade nicht. Der Beklagte hätte im vorliegenden Filesharing-Fall gar keine Lizenz abschließen können.

In Filesharing-Fällen kommt es dem Downloader vorwiegend darauf an, den Film oder das Musikstück runterzuladen und selbst anzusehen bzw. anzuhören. Das aufgrund der Einstellungen des Tauschbörsen-Programms gleichzeitig ein Upload an einen unbestimmten Personenkreis stattfindet, stellt lediglich einen Nebenerfolg dar, der vom Downloader zwar in Kauf genommen wird, jedoch nicht unbedingt beabsichtigt ist.

Anders verhält es sich im Fall des Bochumer Weihnachtsmarktes, in dem die Musikbeschallung einer größeren Anzahl von Personen gerade beabsichtigt war.

Aufgrund dieser grundlegenden Unterschiede zwischen Filesharing und dem Bochumer Weihnachtsmarkt-Fall kann die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht auf Filesharing-Fälle übertragen werden.

Das Amtsgericht Nürnberg geht richtigerweise davon aus, dass im hiesigen Filesharing-Verfahren keine Lizenzgebühr erspart wurde, die ansonsten ein typischer Schaden im Bereicherungsrecht darstellen würde. Es mangelt mithin an der Voraussetzung für die Anwendung von § 852 S. 2 BGB, wonach der Schädiger tatsächlich etwas erlangt haben muss.

Das Urteil des Amtsgerichts Nürnberg ist noch nicht rechtskräftig.



Fazit:

Das Amtsgericht Nürnberg schließt sich mit dieser Ansicht der im Vormarsch befindlichen Rechtsprechung vieler deutscher Amtsgerichte an. (vgl. dazu AG Hannover, Urteil vom 09.01.2015, Az. 424 C 7759/14; AG Düsseldorf, Urteil vom 24.07.2014, Az. 57 C 15659/13; LG Köln, Urteil vom 25.04.2013, Az. 14 O 500/12; AG Bielefeld, Urteil vom 06.03.2014, Az. 42 C 368/13).

Es lohnt sich durchaus, sich gegen gerichtliche Klagen von Abmahnanwälten zur Wehr zu setzen.

Werden außergerichtlich Forderungen geltend gemacht, die bereits verjährt sind, ist in Zukunft auch an eine negative Feststellungsklage zu denken. Dabei erhebt der Abgemahnte selbst eine Klage zum Gericht, mit dem Antrag, festzustellen, dass die behaupteten Ansprüche nicht bestehen.



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Autor: Rudolph Rechtsanwälte
Quelle: www.internetrecht-nuernberg.de
Link: http://internetrecht-nuernberg.de/aktue ... iesen.html

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AG Nürnberg, Urteil vom 28.05.2015, Az. 27 C 421/15

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10057 Beitrag von Steffen » Mittwoch 10. Juni 2015, 15:54

Amtsgericht Frankfurt weist erneut Klage
gegen BaumgartenBrandt ab -
Verjährung 3 Jahre und
keine Haftung des Beklagten!



15:54 Uhr

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Rechtsanwalt Markus Brehm
Mitglied der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht e.V. (GRUR)
Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Geistiges Eigentum und Medien im DAV (AGEM)



Kanzlei Brehm
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Wie bereits in der Vergangenheit konnten wir unseren Mandanten gegen die Forderung der Europool Europäische Medienbeteiligungs-GmbH, vertreten von der Kanzlei BaumgartenBrandt, erfolgreich vertreten. Das Amtsgericht Frankfurt am Main wies mit Urteil vom 28.05.2015, Az. 32 C 3167/14 (84) erneut eine Klage der Rechtsanwälte BaumgartenBrandt aus Berlin ab. Die Europool hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.



1. Wie war der Sachverhalt?

Dem von uns vertretenen Beklagten wurde vorgeworfen, im Dezember 2009 das Filmwerk "Niko - Ein Rentier hebt ab" über ein Filesharingnetzwerk Dritten zum Download angeboten zu haben. Dabei trug die Kanzlei BaumgartenBrandt vor, die IP-Adresse unseres Mandanten sei von dem Unternehmen Guardaley beweissicher ermittelt worden. Unser Mandant ist im Mai 2010 abgemahnt worden und im Januar 2014 wurde ihm ein Mahnbescheid zugestellt, gegen welchen er fristgerecht Widerspruch erhob. Im März 2015 erhielt er dann die Klageschrift vom Amtsgericht Frankfurt zugestellt.



2.Entscheidung des AG Frankfurt am Main


a) Verjährung

Bei dem Urteil geht das Gericht zunächst von der Verjährung der geltend gemachten Forderung aus. Der Mahnbescheid sei im Januar 2014 nach Ablauf der dreijährigen Verjährungsdauer zugestellt worden und entfalte daher keine hemmende Wirkung mehr.

Auch sei die 10-jährige Verjährungsdauer nach § 102 S. 2 UrhG hier nicht anzuwenden da der Beklagte - angenommen, er hätte die Rechtsverletzung begangen - nichts erlangt hat. Dies sei in der Anwendung des § 852 S. 2 BGB jedoch zwingende Voraussetzung. Entgegen der Auffassung diverser Gerichte, der Nutzer eines Filesharingnetzwerkes erlange stets die ersparte Lizenzgebühr, geht das Amtsgericht Frankfurt unter Verweis auf das Amtsgericht Kassel davon aus, dass der Beklagte gerade nichts erlangt hat, da eine Lizenzierung, bei der Werke im Wege des Filesharing angeboten werden, schlicht nicht existiert.


b) Verantwortlichkeit des Beklagten

Der von uns vertretene Beklagte war weder Täter noch Störer. Dies bestätigte das Gericht mit seinem Urteil.

Das Gericht folgte bei seiner Entscheidung ganz exakt den Vorgaben des BGH, insbesondere der BearShare-Entscheidung (BGH, Urteil vom 08.01.25014 - I ZR 169/12) und stellte erneut heraus, dass es eine Prüf- oder Überwachungsverpflichtung gegenüber volljährigen Familienmitgliedern nicht gibt.

Der Beklagte ist seiner sekundären Darlegungslast nachgekommen, indem er zur Überzeugung des Gerichts vortragen konnte, dass

- sein Anschluss ausreichend passwortgeschützt war und

- dass es neben ihm selbst noch weitere Nutzer des Internetanschlusses gegeben hat.

Das Gericht führte auch dazu aus, dass es heutzutage gesellschaftlich flächendeckend anerkannt und üblich sein dürfte, dass ein Internetanschluss nicht nur vom Inhaber, sondern jedenfalls auch von Familienmitgliedern, Freunden und Bekannten genutzt wird. Diese Entscheidung ist auch aus diesem Grund sehr zu begrüßen.

Für die Behauptung der Klägerin, der Beklagte sei der Täter der Rechtsverletzung gewesen, hat die Klägerin keinen geeigneten Beweis erbracht. Ein solcher wäre der Klägerin auch nicht gelungen.


c) keine Störerhaftung bei volljährigen Mitnutzern

Auch sah das Gericht richtigerweise keine Haftung des Beklagten als Störer. Als Störer haftet, wer Prüfpflichten verletzt. Das Vorliegen eben solcher Prüfpflichten verneinte das Gericht mit dem Hinweis darauf, dass der Beklagte keine besondere Veranlassung gehabt habe, die dazu führen, dass er die Internetnutzung von volljährigen Familienmitgliedern auf mögliche Urheberrechtsverletzung zu überwachen hätte, müssen.



Fazit:

Es setzt sich weiter fort, dass die Klagen von BaumgartenBrandt abgewiesen werden. Sollten Sie ebenfalls von einer Forderung von BaumgartenBrandt betroffen sein, lohnt es sich, die Sache in allen Details überprüfen zu lassen. Sowohl die nicht vorhandene Verantwortlichkeit des Inhabers des Internetanschlusses als auch eine mögliche Verjährung kann zum Erfolg im Klageverfahren führen.

Wenden Sie sich gerne an uns und profitieren Sie von unserer Erfahrung aus unzähligen Filesharingverfahren und diversen Rechtsstreits mit der Kanzlei BaumgartenBrandt auf der Gegenseite.



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Hier finden Sie das Urteil im Volltext:
AG Frankfurt a.M., Urteil vom 28.05.2015, Az. 32 C 3167/14 (84)

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Autor: Rechtsanwalt Markus Brehm

Quelle: www.kanzleibrehm.de
Link: http://www.kanzleibrehm.de/amtsgericht- ... beklagten/

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Folgende Gerichte verneinen die Anwendung
von § 102 Satz 2 UrhG auf Filesharing-Fälle



Amtsgericht:

AG Bielefeld (Urteil vom 06.03.2014 - Az. 42 C 368/13)
AG Düsseldorf (Urteil vom 24.07.2014 - Az. 57 C 15659/13)
AG Kassel (Urteil vom 24.07.2014 - Az. 410 C 625/14)
AG Frankfurt a.M. (Urt. v. 30.10.2014 - Az. 32 C 2305/14 (84)
AG Bielefeld (Urteil vom 20.11.2014 - Az. 42 C 483/14)
AG Bielefeld (Urteil vom 08.01.2015 - Az.42 C 481/14)
AG Hannover (Urteil vom 09.01.2015 - Az. 424 C 7759/14)
AG Düsseldorf (Urteil vom 13.01.2015 - Az. 57 C 7592/14
AG Frankenthal (Urteil vom 14.01.2015 - Az. 3c C 96/14)
AG Koblenz (Urteil vom 21.01.2015 - Az. 142 C 486/14)
AG Bielefeld (Urteil vom 22.01.2015 - Az. 42 C 230/14)
AG Frankenthal (Urteil vom 02.02.2015 - Az. 3b C 169/14)
AG Braunschweig (Urteil vom 03.02.2015 - Az. 118 C 2178/14)
AG Nürtingen (Urteil vom 06.02.2015 - Az. 17 C 1378/14),
AG Charlottenburg (Urteil vom 18.02.2015 - Az. 213 C 118/14)
AG Köln (Urteil vom 19.02.2015 - Az. 148 C 31/14)
AG Bochum (Urteil vom 25.02.2015 - Az. 38 C 362/14)
AG Hannover (Urteil vom 06.03.2015 - Az. 524 C 8598/14)
AG Bielefeld (Urteil vom 02.04.2015 - Az. 42 C 552/14)
AG Bielefeld (Urteil vom 02.04.2015 - Az. 42 C 544/14)
AG Köln (Urteil vom 13.04.2015 - Az. 125 C 579/14)
AG München (Urteil vom 17.04.2015 - Az. 243 C 19271/14)
AG Koblenz (Urteil vom 24.04.2015 - Az. 411 C 2211/14)
AG Frankfurt-Höchst (Urteil vom 06.05.2015 - Az. 386 C 1813/14 (80))
AG Bielefeld (Urteil vom 07.05.2015 - Az. 42 C 656/14)
AG Nürnberg (Urteil vom 28.05.2015 - Az. 27 C 421/15)
AG Frankfurt a.M. (Urteil vom 28.05.2015 - Az. 32 C 3167/14 (84)),


................


Landgericht:

LG Bielefeld (Beschluss vom 06.02.2015 - Az. 20 S 65/14)
LG Frankenthal (Beschluss vom 17.04.2015 - Az. 6 S 18/15)
  • Berufung wurde zurückgenommen; Urteil und Beschluss rechtskräftig!

................





AG Frankfurt a.M., Urteil vom 28.05.2015, Az. 32 C 3167/14 (84)

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10058 Beitrag von Steffen » Mittwoch 10. Juni 2015, 22:09

Zur Erinnerung,
darum geht es am 11.06. vor dem BGH:
10:00 Uhr - BGH - I ZR 75/14
11:00 Uhr - BGH - I ZR 7/14 + I ZR 19/14




Wer sich einlesen will, hier die Eckdaten sowie ein
'Prozessualer Ausblick' durch Rechtsanwalt Dr. Bernhardt Knies.




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BGH - I ZR 7/14

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Prozessualer Ausblick Rechtsanwalt Dr. Bernhardt Knies:
Da der Fall sehr speziell gelagert ist (Verwertung eines polizeilichen
Geständnisses im Zivilverfahren) hat die zentrale rechtliche Frage
letztlich für heutige Filesharing Fälle wohl leider keine Bedeutung
mehr. Interessant könnte aber auch hier (eine Haftung der Beklagten
unterstellt) die Frage sein, ob der BGH tatsächlich € 200,00 pro
getauschtem Musiktitel an Schadensersatz für gerechtfertigt hält.
Auch zur Höhe der Abmahnkosten könnte der BGH dann Stellung nehmen.
Nachdem die Abmahnung allerdings schon am 12.03.2008 ausgesprochen
wurde und damit vor Einführung der alten Deckelung der Abmahnkosten
in § 97a Abs. 2 UrhG vom 01.09.2008 werden wir aber wohl einmal mehr
nicht erfahren, ob der BGH tatsächlich (wie einmal in der Pressemit-
teilung zum Urteil Sommer unseres Lebens angedeutet), die Regelung
auf Filesharing Fälle anwendbar hält oder nicht.



~~~~~~aw3p.de~~~~~~aw3p.de~~~~~~aw3p.de~~~~~~aw3p.de~~~



BGH - I ZR 19/14

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Prozessualer Ausblick Rechtsanwalt Dr. Bernhardt Knies:
Auch dieser Fall könnte dem BGH Anlass für interessante Überlegungen
geben. Denn auch hier spielt die Reichweite der sekundären Darlegungs-
last eine Rolle. Halten Raschs Ermittlungsergebnisse aus Sicht des
BGH auch ohne Sachverständigengutachten? Wie ist die sekundäre sekundäre
Darlegungslast in diesem Fall zu bewerten, konnte der Beklagte durch
seine Angaben seine eigene Täterschaft erschüttern? Und auch hier last
but not least: Wie wären hilfsweise die exorbitant hohen Schadensersatz-
summen zu bewerten, welche Anforderungen sind generell an die Konkretheit
einer Abmahnung zu stellen und wie ist die streitige Frage mit den
Pauschalhonoraren und den erstattungsfähigen Anwaltskosten zu bewerten?



~~~~~~aw3p.de~~~~~~aw3p.de~~~~~~aw3p.de~~~~~~aw3p.de~~~



BGH - I ZR 75/14

[/b]


Prozessualer Ausblick Rechtsanwalt Dr. Bernhardt Knies:
Der Fall dürfte dem BGH Gelegenheit geben, erneut und klärend zur
Frage der Reichweite der sekundären Darlegungslast Stellung zu nehmen.
Sollten die Beklagten aus Sicht des BGH verlieren, könnte es auch
Hinweise darauf geben, ob tatsächlich beim Filesharing Schadensersatz
und erstattungsfähige Anwaltskosten in diesen enormen Höhen gerechtfertigt
sind.


~~~~~~aw3p.de~~~~~~aw3p.de~~~~~~aw3p.de~~~~~~aw3p.de~~~

Bild

Rechtsanwalt Dr. Bernhard Knies

Rechtsanwälte Knies & Albrecht
Widenmayerstraße 34
80538 München
Tel.: 089 - 47 24 33
Fax.: 089 - 470 18 11
Email: bernhard.knies@new-media-law.net..
Web: www.new-media-law.net

Quelle: http://www.new-media-law.net/bgh-filesharing/


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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10059 Beitrag von Steffen » Donnerstag 11. Juni 2015, 16:15

WALDORF FROMMER - Rechts:News



Amtsgericht Koblenz, Urteil vom 05.03.2015, Az. 152 C 2757/14:
"Scheibchenweiser" Vortrag führt zu Verurteilung des Anschlussinhabers!



Autorin: Rechtsanwältin Carolin Kluge


Der beklagte Anschlussinhaber hatte in diesem Verfahren zunächst völlig pauschal erklärt, er habe die streitgegenständliche Rechtsverletzung nicht begangen. Vielmehr sei sein Sohn dafür verantwortlich. Der Beklagte war jedoch weder bereit, den Namen seines Sohnes anzugeben, noch nachvollziehbar zu schildern, wie er zu dieser Annahme gelangt sei. Der Klägerin war es mangels irgendwelcher Anhaltspunkte folglich auch nicht möglich einen Beweis dafür anzutreten, dass es sich beim Sohn nicht um den Täter handelt.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung erklärte der persönlich angehörte Beklagte sodann überraschend, er habe insgesamt drei Kinder, welche er alle nach Erhalt der Abmahnung zu der Rechtsverletzung befragt habe. Der ältere Sohn habe ihm gegenüber zwar nicht direkt zugegeben die Urheberrechtsverletzung begangen zu haben, jedoch auf Nachfrage angeblich erklärt, er könne es gewesen sein. Der beklagte Anschlussinhaber trug zudem vor, die Rechner seiner Kinder nicht überprüft zu haben. Schließlich nannte er den Prozessbeteiligten den Namen des vermeintlichen Täters, so dass es der Klägerin erst im Termin möglich war, den Sohn gegenbeweislich anzubieten. Obwohl der Beklagte angab, seinen Internetanschluss hinreichend abgesichert zu haben, stellte er nunmehr auch in den Raum, dass sich möglicherweise auch ein unberechtigter Dritter von außen Zugang verschafft haben könne.

Das Amtsgericht Koblenz verurteile den Beklagten in Ansehung dieses Vortrags ohne Durchführung einer Beweisaufnahme zur Zahlung des geforderten Schadensersatzes, der Rechtsanwaltskosten sowie der Kosten des Verfahrens in voller Höhe.

Insbesondere habe der beklagte Anschlussinhaber nach Auffassung des Amtsgerichts seine sekundäre Darlegungslast nicht erfüllt. Denn auf Basis des schriftsätzlichen Vortrags sei es der Klägerin nicht möglich gewesen, den Behauptungen des Darlegungsbelasteten gegenbeweislich entgegen zu treten. Dies jedoch sei Sinn und Zweck der sekundären Darlegungslast. Da die namentliche Nennung des Sohnes verspätet und der Vortrag im Übrigen nicht ausreichend war, war der Beklagte seiner Darlegungslast nicht ausreichend nachgekommen.

Auch im Hinblick auf die Höhe der geltend gemachten Ansprüche hatte das Amtsgericht keinerlei Bedenken: Aufgrund der besonderen Funktionsweise von Tauschbörsen, wodurch ein "kostenintensiv hergestelltes Werk für einen unbegrenzten und unkontrollierbaren Personenkreis" zu Verfügung gestellt würde, seien sowohl der Unterlassungsstreitwert als auch der geltend gemachte Schadensersatz nicht zu beanstanden.


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Quelle: http://news.waldorf-frommer.de/waldorf- ... sinhabers/
Urteil als PDF: http://news.waldorf-frommer.de/wp-conte ... 511_14.pdf

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10060 Beitrag von Steffen » Donnerstag 11. Juni 2015, 16:22

Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle
Nr. 092/2015 vom 11.06.2015




_______________________________________________________________________________________


Bundesgerichtshof zur Schadensersatzpflicht wegen Teilnahme an einer Internet-Tauschbörse


Urteile vom 11. Juni 2015 - I ZR 19/14, I ZR 21/14 und I ZR 75/14

Der unter anderem für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute drei Urteile des Oberlandesgerichts Köln bestätigt, mit denen Ansprüche auf Schadensersatz und Erstattung von Abmahnkosten wegen des Vorwurfs des Filesharing zugesprochen worden sind.

Die Klägerinnen sind vier führende deutsche Tonträgerherstellerinnen. Nach den Recherchen des von ihnen beauftragten Softwareunternehmens proMedia wurden am 19. Juni 2007, am 19. August 2007 und am 17. Dezember 2007 über IP-Adressen eine Vielzahl von Musiktiteln zum Herunterladen verfügbar gemacht. In den daraufhin eingeleiteten Ermittlungsverfahren wurden die drei vor dem Oberlandesgericht in Anspruch genommenen Beklagten als Inhaber der den jeweiligen IP-Adressen zugewiesenen Internetanschlüsse benannt. Die Klägerinnen sehen hierin eine Verletzung ihrer Tonträgerherstellerrechte und ließen die Beklagten durch Anwaltsschreiben abmahnen. Sie nehmen die Beklagten in verschiedenen Verfahren jeweils auf Schadensersatz in Höhe von insgesamt 3.000 € sowie auf Ersatz von Abmahnkosten in Anspruch.

In dem Rechtsstreit I ZR 75/14 hat der Beklagte die Richtigkeit der Ermittlungen des Softwareunternehmens bestritten. Er hat in Abrede gestellt, dass ihm zum fraglichen Zeitpunkt die IP-Adresse zugewiesen gewesen sei und dass er, seine in seinem Haushalt lebenden Familienangehörigen oder ein Dritter die Musikdateien zum Herunterladen verfügbar gemacht hätten. Er hat behauptet, er habe sich mit seiner Familie zur angeblichen Tatzeit im Urlaub befunden. Vor Urlaubsantritt seien Router und Computer vom Stromnetz getrennt worden.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Es hat nach der zeugenschaftlichen Vernehmung eines Mitarbeiters des Softwareunternehmens und der Familienangehörigen des Beklagten als erwiesen angesehen, dass die Musikdateien von dem Rechner des Beklagten zum Herunterladen angeboten worden sind. Dass die Familie zur fraglichen Zeit in Urlaub war, hat das Berufungsgericht dem Zeugen nicht geglaubt. Es hat angenommen, der Beklagte habe als Anschlussinhaber für die Urheberrechtsverletzungen einzustehen, weil nach seinem Vortrag ein anderer Täter nicht ernsthaft in Betracht komme.

Auch in dem Rechtsstreit I ZR 19/14 hat der Beklagte die Richtigkeit der Recherchen des Softwareunternehmens und der Auskunft des Internetproviders bestritten und in Abrede gestellt, dass er oder ein in seinem Haushalt lebender Familienangehöriger die Musikdateien zum Herunterladen angeboten hätten. Wie im Berufungsverfahren unstreitig geworden ist, war zum fraglichen Zeitpunkt der Rechner, der im Arbeitszimmer des Beklagten installiert war, eingeschaltet und mit dem Internet verbunden. Die bei dem Beklagten angestellte Ehefrau, die den Rechner neben dem Beklagten beruflich nutzte, verfügte nicht über Administratorenrechte zum Aufspielen von Programmen. Dem damals im Haushalt des Beklagten lebenden 17jährigen Sohn war das vor der Nutzung des Computers einzugebende Passwort nicht bekannt.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung des Beklagten ist im Wesentlichen erfolglos geblieben. Das Oberlandesgericht hat es aufgrund der in erster und zweiter Instanz durchgeführten Beweisaufnahmen als erwiesen angesehen, dass die Musikdateien über den Internetanschluss des Beklagten zum Herunterladen verfügbar gemacht worden sind, und hat angenommen, dass der Beklagte für die Urheberrechtsverletzungen als Täter einzustehen hat.

In dem Rechtsstreit I ZR 7/14 wurde der Internetanschluss von der Beklagten, ihrem 16jährigen Sohn und ihrer 14jährigen Tochter genutzt. Bei ihrer polizeilichen Vernehmung räumte die Tochter der Beklagten nach Belehrung über ihre Rechte als Beschuldigte ein, die Musikdateien heruntergeladen zu haben. Die Beklagte wendet sich gegen die Verwertung des polizeilichen Geständnisses ihrer Tochter und behauptet, diese über die Rechtswidrigkeit der Teilnahme an Musiktauschbörsen belehrt zu haben.

Das Landgericht hat nach der zeugenschaftlichen Vernehmung der Tochter der Beklagten der Klage weitgehend stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist im Wesentlichen erfolglos geblieben. Das Oberlandesgericht hat eine Verletzungshandlung der Tochter der Beklagten als erwiesen angesehen und ist von einer Verletzung der Aufsichtspflicht der Beklagten ausgegangen (§ 832 Abs. 1 Satz 1 BGB).*

Mit den vom Oberlandesgericht zugelassenen Revisionen verfolgen die Beklagten ihre Anträge auf vollständige Klageabweisung weiter.

Der Bundesgerichtshof hat die Revisionen der Beklagten zurückgewiesen.

Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Eintragung der Klägerinnen in die Phononet-Datenbank ein erhebliches Indiz für die Inhaberschaft der Tonträgerherstellerrechte ist und keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen sind, die diese Indizwirkung für die jeweils streitbefangenen Musiktitel entkräften.

Das Berufungsgericht ist außerdem zutreffend davon ausgegangen, aufgrund der von den Klägerinnen bewiesenen Richtigkeit der Ermittlungen von proMedia und des Internetproviders stehe fest, dass die Musiktitel über die den Beklagten als Anschlussinhabern zugeordneten Internetanschlüsse zum Herunterladen bereitgehalten worden sind. Die theoretische Möglichkeit, dass bei den Ermittlungen von proMedia und des Internetproviders auch Fehler vorkommen können, spricht nicht gegen die Beweiskraft der Ermittlungsergebnisse, wenn im Einzelfall keine konkreten Fehler dargelegt werden, die gegen deren Richtigkeit sprechen. Ein falscher Buchstabe bei der Namenswiedergabe in einer Auskunftstabelle reicht – wie in dem zum Geschäftszeichen I ZR 19/14 geführten Rechtsstreit eingewandt - insoweit nicht.

In dem Rechtsstreit I ZR 75/14 ist das Vorbringen des Beklagten, er und seine Familie seien bereits am 18. Juni 2007 in den Urlaub gefahren und hätten vor Urlaubsantritt sämtliche technischen Geräte, insbesondere Router und Computer vom Stromnetz getrennt, durch die Vernehmung der beiden Söhne des Beklagten und seiner Ehefrau nicht bewiesen worden. Der Beklagte ist für die Verletzungshandlung auch als Täter verantwortlich. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, der Beklagte habe nicht dargelegt, dass andere Personen zum Tatzeitpunkt selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und deshalb als Täter der geltend gemachten Rechtsverletzungen in Betracht kommen. Damit greift die tatsächliche Vermutung der Täterschaft des Inhabers eines Internetanschlusses ein.

In dem Verfahren I ZR 7/14 hat das Berufungsgericht zu Recht angenommen, dass die Tochter der Beklagten die Verletzungshandlung begangen hat. Hierbei hat sich das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei nicht nur auf das im polizeilichen Vernehmungsprotokoll dokumentierte Geständnis der Tochter gestützt, sondern zudem berücksichtigt, dass das Landgericht die Tochter auch selbst als Zeugin vernommen und diese dabei nach ordnungsgemäßer Belehrung über ihr Zeugnisverweigerungsrecht ihr polizeiliches Geständnis bestätigt hat. Die Beklagte ist für den durch die Verletzungshandlung ihrer damals minderjährigen Tochter verursachten Schaden gemäß § 832 Abs. 1 Satz 1 BGB verantwortlich. Zwar genügen Eltern ihrer Aufsichtspflicht über ein normal entwickeltes Kind, das ihre grundlegenden Gebote und Verbote befolgt, regelmäßig bereits dadurch, dass sie das Kind über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Internettauschbörsen belehren und ihm eine Teilnahme daran verbieten. Eine Verpflichtung der Eltern, die Nutzung des Internets durch das Kind zu überwachen, den Computer des Kindes zu überprüfen oder dem Kind den Zugang zum Internet (teilweise) zu versperren, besteht grundsätzlich nicht. Zu derartigen Maßnahmen sind Eltern erst dann verpflichtet, wenn sie konkrete Anhaltspunkte dafür haben, dass das Kind dem Verbot zuwiderhandelt (BGH, Urteil vom 15. November 2012 - I ZR 74/12, GRUR 2013, 511 Rn. 24 - Morpheus). Das Berufungsgericht hat im Streitfall jedoch nicht feststellen können, dass die Beklagte ihre Tochter entsprechend belehrt hat. Der Umstand, dass die Beklagte für ihre Kinder allgemeine Regeln zu einem "ordentlichen Verhalten" aufgestellt haben mag, reicht insoweit nicht aus.

Bei der Bemessung des Schadensersatzes in Form der Lizenzanalogie ist das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei von einem Betrag von 200 € für jeden der insgesamt 15 in die Schadensberechnung einbezogenen Musiktitel ausgegangen. Das Berufungsgericht hat schließlich mit Recht auch einen Anspruch auf Ersatz von Abmahnkosten angenommen und dessen Höhe auf der Basis des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes berechnet.



Vorinstanzen:

Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 19/14 - Tauschbörse I
  • LG Köln – Urteil vom 31. Oktober 2012 – 28 O 306/11 (ZUM-RD 2013, 74)

    OLG Köln – Urteil vom 20. Dezember 2013 – 6 U 205/12 (ZUM-RD 2014, 495)
und

Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 7/14 - Tauschbörse II
  • LG Köln – Urteil vom 2. Mai 2013 – 14 O 277/12

    OLG Köln – Urteil vom 6. Dezember 2013 - 6 U 96/13 (juris)
und

Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 75/14 - Tauschbörse III
  • LG Köln – Urteil vom 24. Oktober 2012 – 28 O 391/11

    OLG Köln – Urteil vom 14. März 2014 – 6 U 210/12 (juris)



Karlsruhe, den 11. Juni 2015


* § 832 BGB Haftung des Aufsichtspflichtigen

(1) Wer kraft Gesetzes zur Führung der Aufsicht über eine Person verpflichtet ist, die wegen Minderjährigkeit oder wegen ihres geistigen oder körperlichen Zustands der Beaufsichtigung bedarf, ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den diese Person einem Dritten widerrechtlich zufügt. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn er seiner Aufsichtspflicht genügt oder wenn der Schaden auch bei gehöriger Aufsichtsführung entstanden sein würde.




Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501





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