Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

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Jason_D
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10821 Beitrag von Jason_D » Samstag 8. Oktober 2016, 14:29

Steffen hat geschrieben:[...] Ich persönlich würde aber hingehen, es ist eine Erfahrung fürs Leben.
Vielen Dank für die Antwort und Anregung. Allerdings wäre die Angeklagte meine 80-jährige Mutter, die, glaube ich, auf die Erfahrung wenig Wert legt.
Ich hätte schon Interesse, so was mal zu sehen, würde aber in dem vermutlich möglichen Zeitraum verhindert sein.
Mit freundlichen Grüßen, Jason

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Steffen
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10822 Beitrag von Steffen » Samstag 8. Oktober 2016, 14:45

Hallo @Jason,

dies ist dann verständlich. Einfach dem Anwalt eine Vollmacht ausstellen. Deine Mom sollte aber auf alle Fälle telefonatisch für ihren Anwalt erreichbar sein.

Urteile sind öffentlich. Das bedeutet, Du kannst als Zuschauer jederzeit teilnehmen. Nicht vergessen - Aufstehen - wenn der Richter kommt und geht. 1ööüüää1


VG Stefffen

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Steffen
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KW 40

#10823 Beitrag von Steffen » Sonntag 9. Oktober 2016, 00:20

------------------------------------------------------ - Abmahnwahn Deutschland - Filesharing - --------------------------------------------


DER Wochenrückblick........................Bild......................Filesharing Fälle


-----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

Ausgabe 2016, KW 40 ..................................Initiative AW3P.........................03.10. - 09.10.2016

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Querbeet





1. BGH, Urteil vom 06.10.2016, I ZR 154/15

Von allen in dieser Woche mit voller Spannung erwartet war zweifellos der Termin am Bundesgerichtshof zur Verhandlungssache I ZR 154/15. Und in vieler Hinsicht ist das bisherige Ergebnis nicht nur spannend, sondern auch unglaublich. Störend allein, dass hierzu noch keinerlei offizielle Pressemitteilung Seiten des Bundesgerichtshof erfolgte.



Berichte:


1. Pressemitteilung Wilde, Beuger und Solmecke:Bundesgerichtshof entscheidet - Anschlussinhaber muss bei Filesharing-Abmahnung nicht den Täter verpfeifen


Autor: Rechtsanwalt Christian Solmecke
Quelle: Wilde, Beuger, Solmecke Rechtsanwälte (Köln)
Link: https://www.wbs-law.de/abmahnung-filesh ... fen-69473/





2. Rechtsanwälte Knies und Albrecht (München): Bundesgerichtshof - I ZR 154/15 - Grundsatzentscheidung zur Reichweite der sekundären Darlegungslast


Autor: Rechtsanwalt Dr. Bernhard Knies
Quelle: Rechtsanwälte Knies & Albrecht (München)
Link: https://www.new-media-law.net/bgh-i-zr- ... gungslast/





3. Neues BGH-Filesharing-Urteil hilft gegen Abmahnwut


Autor: Rechtsanwalt Dr. Ralf Petring
Quelle: Dr. Ralf Petring Rechtsanwalt (Bielefeld)
Link: http://petringlegal.blogspot.de/2016/10 ... ft_63.html





Steffens Senf


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Meines Erachtens ist es wichtig, dass man einen eigenen Standpunkt hat, diesen auch unter Kritik vertritt sowie ggfls. einen Fehlerbehafteten erkennt, korrigiert oder gar neu definiert. Punkt.

Natürlich stellt dieser BGH-Entscheid - so wie in den drei Berichten beschrieben - einen grandiosen (, der Ehrlichkeit halber, für mich unerwarteten) Sieg dar. Glückwunsch und Respekt an die Beteiligten! Sollte im Volltext es so durch die Bundesrichter bestätigt werden, dann ist es eine sehr große Hilfe für die Verteidigung von Filesharing-Abgemahnten in kommenden Klageverfahren. Ohne Frage.

Wie aber anfänglich erwähnt, ist es wichtig jetzt nicht sein Fähnlein in den euphorischen Wind der Foren-Zujubler zu hängen, sondern seinen eigenen Standpunkt zu vertreten.



Steffens Pro

Wenn man sich den Fall betrachtet, ist es ein vertretbares Urteil.

Der beklagte Anschlussinhaber,
a) war nachweislich ortsabwesend und kam weder als Störer und Täter infrage.
b) hat konkret einen Mitbenutzer (Ehefrau) benannt.
c) vertrat die Ansicht, dass es einmal eine mögliche Sicherheitslücke in seinem WLAN-Router "Speedport W504V" verantwortlich wäre sowie andermal er keine besonderen Nachforschungspflichten gegenüber seiner Ehefrau hat.
d) die Ehefrau bejahte die Internetnutzung, verneinte aber die mögliche Täterschaft.
e) Kläger sagt reicht nicht.
f) LG + BGH sagen es reicht.

O.K. Durchsuchung von Rechnern war für mich sowieso nur Murks, genau wie die "Ross und Reiter-Richter".



Steffens Contra

Nun muss man natürlich - wie eigentlich immer - die Volltextveröffentlichung abwarten, um konkrete Aussagen zu treffen. Es bleiben also für eine Meinungsbildung nur die drei o.g. Berichte, da es auch noch keine offizielle Pressemitteilung des BGH veröffentlicht wurde.

Vielleicht bin ich auch der Einzige, vielleicht auch nur ein mieser Querulant, aber ich komme immer wieder auf eine Diskrepanz, zwischen dem bislang BGH-Kurs bei Filesharing-Fälle und dem zukunftsgerichteten Schlussfolgerungen der drei Anwälte. Natürlich, ich bin keiner und habe auch nicht Jura studiert.

Der BGH hat beginnend mit dem BGH-Entscheid "Sommer unseres Lebens", über "Morpheus", "BearShare" bis hin "Tauschbörse I - III" nicht nur an seinen 2-Stufen-Kurs (tatsächliche Vermutung ./. sekundäre Darlegungslast) festgehalten, sondern diesen stetig weiter gefestigt. Diese wird jetzt - selbst und höchstrichterlich - ad absurdum geführt. Geschockt? Ich versuche meinen Standpunkt zu erklären.


In der letzte als Volltext veröffentlichte Entscheidung zu Filesharing-Fälle liest man (sinngemäß):



Tauschbörse III (I ZR 75/14):

Allgemeine Grundsätzen

- Kläger trägt als Anspruchsteller die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs auf Erstattung von Abmahnkosten erfüllt sind.
- Kläger muss darzulegen und nachzuweisen, dass der Beklagte für die von ihnen behauptete Urheberrechtsverletzung als Täter verantwortlich ist.



2-Stufen-Modell

1. tatsächliche Vermutung

- eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers spricht, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen diesen Internetanschluss benutzen konnten.
- eine die tatsächliche Vermutung ausschließende Nutzungsmöglichkeit Dritter ist anzunehmen, wenn der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde.


2. sekundäre Darlegungslast

- In diesen Fällen trifft den Inhaber des Internetanschlusses jedoch eine sekundäre Darlegungslast.
- Diese führt zwar weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen.

- Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast vielmehr dadurch, dass er dazu vorträgt,
a) ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten
und
b) als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen.

- In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen verpflichtet.
- dass es nicht auf die Nutzungsmöglichkeit von Familienangehörigen im Allgemeinen, sondern konkret auf die Situation zum Verletzungszeitpunkt ankommt.


Ich bin überzeugt, wer dieses abstreitet, ist einfach dumm. Punkt.



Jetzt, so Rechtsanwalt Dr. Bernhard Knies (siehe Video im Bericht) wörtlich:
  • (...) Der BGH hat nun erfreulicherweise das Landgericht Braunschweig bestätigt und die Revision von Waldorf Frommer verworfen. Es hat ausgeführt das man als Beklagter im Filesharing-Prozess tatsächlich auch wirklich nur sagen muss,
    a) welche Personen Zugriff hatten
    b) ob sie als Täter in Betracht kommen
    und
    c) was die eigenen Nachforschungen dazu ergeben haben.

    Es sei nicht nötig, so der BGH, dass ich einen Nutzungsberechtigten als Täter bezichtige. Es sei auch nicht nötig und erforderlich, dass ich die Rechner der Zugriffsberechtigten durchsuche. (...)

    (...) Ein weiteres wichtiges Element, was der BGH hier vorgebracht hat, war die Frage der Beweiswürdigung der Beweislast. Denn im Ausgangsverfahren hat die Ehefrau des Beklagten, dass sie für diese Filesharing-Gechichte möglicherweise nicht verantwortlich sei. Sie hat eine etwas ungenaue Aussage gemacht, herumgeeiert, wahrscheinlich weil sie sich selbst nicht belasten wollte. Die Revision, vertreten durch Waldorf, hat diesen Umstand gegen den Beklagten wenden wollen. Der Bundesgerichtshof hat gesagt, dass kann so nicht sein, denn die Klägerin, also hier das Filmunternehmen was Waldorf vertreten hat, habe die Beweislast. Wenn die Zeugin nun eine ungünstige Aussage macht oder eine nicht nachvollziehbare Aussage macht, so sei dies nicht das Problem des Beklagten, sondern das des Klägers, der schließlich die Beweislast trägt. (...)


Das bedeutet ja nichts anderes,


1. Münchner-Denklogik ist passè

AI (selbst kein Störer + kein Täter + benennt Mitnutzer) + Mitnutzer (Zeugenaussage kein Täter) = tatsächliche Vermutung nicht mehr erschüttert und geht wieder auf den AI zurück (= Störer + Täter)



2. Viva las Karlsruhe 2016

AI (selbst kein Störer + kein Täter + benennt Mitnutzer) + Mitnutzer (Zeugenaussage kein Täter + erzähle dem Richter etwas vom Pferd) = Kläger muss den wahren Täter benennen und dies beweisen



Summa summarum

Sollte es wirklich so im Volltext stehen und auf weitere Filesharingverfahren anwendbar, dann wird die jetzige Hoffnung:

»Endliche gewinnen wir auch mal!«

traurige Wahrheit, so dass das Recht auch jetzt ins Leere läuft. Bis zur Volltextveröffentlichung sehe ich trotzdem keinen Handlungsbedarf etwas anderes - wie bislang - zu empfehlen. Punkt.






2. Wonach und wie berechnet sich das Anwaltshonorar in einer zivilrechtlichen Streitigkeit?


Quelle: refrago.de
Link: http://www.refrago.de/Wonach_und_wie_be ... ge808.html







3. Kornmeier & Partner schließen sich Schalast an

Wie die Kanzlei "Kornmeier & Partner Rechtsanwälte" informiert, hat
man sich der Frankfurter Wirtschaftskanzlei "Schalast Rechtsanwälte | Notare" angeschlossen und ist ab 01.10.2016 nur noch unter - http://www.schalast.com - erreichbar.


Quelle: Kornmeier.de
Link: http://www.kornmeier.de/









Gerichtsentscheidungen


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  • BGH, Urteil vom 06.10.2016, Az. I ZR 154/15 [noch keine PM-Veröffentlichung, noch keine Volltextveröffentlichung]
[/b]



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  • AG Bremerhaven, Urteil vom 01.09.2016, Az. 50 C 7/16 [WF gewinnt, tatsächliche Vermutung wurde nicht widerlegt]
  • AG München, Verfügung vom 20.09.2016, Az. 155 C 13654/16 [diverse Hinweise des Gerichts in einem WF-Verfahren]
[/b]






Wilde, Beuger, Solmecke Rechtsanwälte (Köln)


BGH, Urteil vom 06.10.2016, Az. I ZR 154/15

Pressemitteilung Wilde, Beuger und Solmecke:Bundesgerichtshof entscheidet - Anschlussinhaber muss bei Filesharing-Abmahnung nicht den Täter verpfeifen

Autor: Rechtsanwalt Christian Solmecke
Quelle: Wilde, Beuger, Solmecke Rechtsanwälte (Köln)
Link: https://www.wbs-law.de/abmahnung-filesh ... fen-69473/







Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München)


1. AG Bremerhaven, Urteil vom 01.09.2016, Az. 50 C 7/16

WALDORF FROMMER: Anwaltliches Schreiben (Vorbereitung Klageverfahren abgeschlossen) ignoriert - Amtsgericht Bremerhaven verurteilt Anschlussinhaber in Tauschbörsenverfahren antragsgemäß


Autor: Rechtsanwalt Jung-Hun Kim
Quelle: News Waldorf Frommer
Link: http://news.waldorf-frommer.de/waldorf- ... gsgemaess/







2. AG München, Verfügung vom 20.09.2016, Az. 155 C 13654/16

WALDORF FROMMER: Pauschales Bestreiten der Ermittlungsergebnisse und der Zuordnung der IP-Adresse versprechen keinen Erfolg

Autor: Rechtsanwältin Anamaria Scheunemann
Quelle: News Waldorf Frommer
Link: http://news.waldorf-frommer.de/waldorf- ... en-erfolg/









Forenwelt


Wie letzte Woche informiert, hatte am 05.10.2016 @Werniman seinen mündlichen Verhandlungstermin.

Hier der O-Ton von @Werniman:
  • (...) Kommt drauf an, ob man einen Vergleich als positiv erachtet. Der Richter zeigte sich beeindruckt, dass ich in der vorgerichtlichen Korrespondenz jede der (O-Ton) "teils ziemlich fragwürdigen Behauptungen der Klageseite" so gut widerlegt hätte und gab schon zu Prozessbeginn zu verstehen, dass er voll auf unserer Seite ist. Warum trotzdem ein Vergleich? Ganz einfach. Die Klageseite machte von Anfang an klar, dass sie im Fall der Niederlage auf jeden Fall vor das Landgericht Erfurt ziehen wird, egal aus welchem Grund sie auch verlieren (ja, ich wohne auch in Thüringen ... kaum 50km von dir entfernt). Und das Erfurter Landgericht ist in ihrer bisherigen Rechtsprechung eher auf Seiten der Contentindustrie (der Richter hat da sogar diverse Urteile von denen genannt). Sprich, spätestens vor dem Landgericht würden wir baden gehen, so dass der Vergleich das geringere Übel ist. (...)
Dieses ist die ureigene Entscheidung von @Werniman und bedarf keinerlei weiteren Kommentar. Höchstens, Respekt vor seiner Ehrlichkeit.






Fred-Olaf Neißes IGGDAW spricht wieder einmal ein (Droh-)Ultimatum aus!


O-Ton IGGDAW:
  • (...) So. Dann geht das jetzt seinen offiziellen Weg.

    Wir haben jetzt ein Ultimatum. Allerdings eher wegen der vielen Termine dazwischen. Herr Steffen Heintsch wird sich bis einschließlich Samstag, 08.10.2016 - 00:00 Uhr hier auf dieser Seite schön brav entschuldigen und öffentlich von Veröffentlichungen im Fall AG Augsburg - Az. 73 C 3011/14 -zurück treten. Man hat ihm bereits ausreichende Daten vorgelegt, die seine unwahre Tatsachenbehauptung widerlegen. Da er weiterhin darauf besteht und eine entsprechende Veröffentlichung ankündigt, bei der wir mutmaßen müssen, dass auch der Name und die vollständige Anschrift des Beklagten veröffentlicht werden wird nach Ablauf erfolglosem des Ultimatums ein recht folgenschwerer Vorgang ausgelöst. Herr (AfD-)Heintsch wird dringend gebeten sich die nächsten zwei Tage anwaltlich zu informieren! Das gilt auch für alle anderen Akteninhalte aus allen Gerichtsverfahren. Ein Blatt, dass mir nicht gefällt ... (Forum IGGDAW) (...)


Nach ...



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... nein, eher ...



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... und dem fruchtlosen verstreichen des gestellten Ultimatums, folgen wir weiter dem nichtgefallenen Blatt der IGGDAW.




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Ich werde natürlich darüber weiter berichten ... obwohl ... außer heiße Luft kommt ja sowieso nichts. Im Gegenteil, die IGGDAW wird jetzt wieder auf Opfer machen, diese Dumpfbacken.







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Steffen Heintsch für AW3P



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06.10. - Fluch oder Segen?

#10824 Beitrag von Steffen » Sonntag 9. Oktober 2016, 13:59

Initiative AW3P:
Bundesgerichtshof, Urteil vom 06.10.2016, I ZR 154/15
Fluch oder Segen?



13:55 Uhr


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


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Initiative AW3P


Verantwortlich:


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Steffen Heintsch
An der Kirche 11 | 07343 Wurzbach/Thüringen
Telefon: +49 (0)36652 359741 (Festnetz) | Telefax: +49 (0)36652 359742
E-Mail: info@abmahnwahn-dreipage.de | Web: www.abmahnwahn-dreipage.de |
Blog: www.aw3p.de | Forum: www.abmahnwahn-dreipage.de/forum




Bericht

Link:
http://aw3p.de/archive/1644



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Anfänglich möchte ich der Kölner Kanzlei "Wilde, Beuger, Solmecke Rechtsanwälte" für diesen grandiosen Sieg (Urt. v. 06.10.2016, I ZR 154/15) vor dem Bundesgerichtshof gratulieren. Und ja, nur Gewinner sind "sexy", das heißt menschlich, Waldorf Frommer werden nun mit Hohn sowie Häme überschüttet. Es wird aber, wenn die Erläuterungen der Rechtsanwälte Christian Solmecke, Dr. Bernhard Knies und Dr. Ralf Petring mit der Volltextveröffentlichung auch so zu lesen sind eine große Hilfe in der Verteidigung für Filesharing-Fälle. Ein Wermutstropfen mit, dass Seiten des Bundesgerichtshof man bislang - keine - Zeit fand, hierzu eine offizielle Pressemitteilung zu veröffentlichen und die Volltextveröffentlichung dauert bestimmt auch bis ins neue Jahr. Das bedeutet, trotz euphorischen Foren-Jubel, bis dahin bleibt alles beim Alten.



Steffens Senf


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Natürlich geht mit den o.g. Erklärungen jeder anders um. Die einen köpfen die Sekt- oder Whiskyflasche um frenetisch abzufeiern; jubeln euphorisch den Sieg der Siege; finden den Glauben an Filesharing-Gerechtigkeit wieder; würden die Bundesrichter auf den Foren-Schultern Forum tragen, bekommen sich nicht mehr ein vor Gerechtigkeit ... andere Schweigen ... andere äußern ihren Standpunkt, egal ob er der Foren-Masse gefällt oder nicht. Es sollte aber unstreitig sein, jeder kann seinen Standpunkt in die Diskussion einbringen.

  • Standpunkt, der [Worttrennung: Stand|punkt; bestimmte Einstellung, mit der man etwas sieht, beurteilt] (Quelle: Duden)


Diskrepanz zwischen den bisherigen Kurs der Bundesrichter und dem 06. Oktober

Dr. Bernhard Knies fasst in seinem Video (YouTube) das Ergebnis und die Folgen des BGH-Entscheid "Speedport" für uns verständlich zusammen.
  • (...) Der BGH hat nun erfreulicherweise das Landgericht Braunschweig bestätigt und die Revision von Waldorf Frommer verworfen. Es hat ausgeführt das man als Beklagter im Filesharing-Prozess tatsächlich auch wirklich nur sagen muss, welche Personen Zugriff hatten, ob sie als Täter in Betracht kommen und was die eigenen Nachforschungen dazu ergeben haben. Es sei nicht nötig, so der BGH, dass ich einen Nutzungsberechtigten als Täter bezichtige. Es sei auch nicht nötig und erforderlich, dass ich die Rechner der Zugriffsberechtigten durchsuche. (...) Ein weiteres wichtiges Element, was der BGH hier vorgebracht hat, war die Frage der Beweiswürdigung der Beweislast. Denn im Ausgangsverfahren hat die Ehefrau des Beklagten, dass sie für diese Filesharing-Gechichte möglicherweise nicht verantwortlich sei. Sie hat eine etwas ungenaue Aussage gemacht, herumgeeiert, wahrscheinlich weil sie sich selbst nicht belasten wollte. Die Revision, vertreten durch Waldorf, hat diesen Umstand gegen den Beklagten wenden wollen. Der Bundesgerichtshof hat gesagt, dass kann so nicht sein, denn die Klägerin, also hier das Filmunternehmen was Waldorf vertreten hat, habe die Beweislast. Wenn die Zeugin nun eine ungünstige Aussage macht oder eine nicht nachvollziehbare Aussage macht, so sei dies nicht das Problem des Beklagten, sondern das des Klägers, der schließlich die Beweislast trägt. (a.a.O. YouTube) (...)

Ich persönlich meine, dass die bisherigen Forderungen diverserer Gerichtsstände nach einer tiefgründigen PC-Durchsuchung durch die beklagten Anschlussinhaber in den tiefen System des Betriebssystems sowie die des Browserverlaufs überzogen sind. Dito - wurde aber durch die Bundesrichter aktuell nicht thematisiert - dass ein Beklagter das vergebene Passwort zur Internetsicherung auswendig kennen muss, da er ansonst haftet. Dies ist einfach jenseits von Gut und Böse. Und in diese Richtung finde ich die Aussagen korrekt. Die Aussagen der Bundesrichter: "Es sei nicht nötig, so der BGH, dass ich einen Nutzungsberechtigten als Täter bezichtige", obwohl als neu und entscheidend eingestuft, stellt für mich nichts Neues dar. In keiner der bisherigen Entscheidungen zu Filesharing-Fälle haben die Bundesrichter jemals gefordert, dass man einen Nutzungsberechtigten als Täter mit Namen und Hausnummer dem Gericht auf den Silbertablett (so genannte "Ross und Reiter"-Nennung) präsentieren muss.

  • BGH-Entscheid Tauschbörse III (Urt. v. 11.06.2015 - I ZR 75/14, Rdnr. 40):
    (...) a) Die Klägerinnen tragen nach den allgemeinen Grundsätzen als Anspruchsteller die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs auf Erstattung von Abmahnkosten erfüllt sind. Danach ist es grundsätzlich ihre Sache, darzulegen und nachzuweisen, dass der Beklagte für die von ihnen behauptete Urheberrechtsverletzung als Täter verantwortlich ist. (...)
    Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast vielmehr dadurch, dass er dazu vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. (...)
    Entspricht der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast, ist es wieder Sache der Klägerinnen als Anspruchsteller, die für eine Haftung des Beklagten als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen. (...)

Nur - jedenfalls für mich - macht sich eine Diskrepanz (Widerspruch) zwischen den bisherigen Kurs der Bundesrichter auf, und dem mit dem 06. Oktober 2016. Gut, dem Admonitus vulgaris [von lat. admonere - dtsch. "ermahnen" und lat. vulgaris - dtsch. "gemein"] interessiert diese Diskrepanz nicht und will es auch nicht. Denn mann hat jetzt das Ziel: "Endlich gewinnen wir auch einmal!" sogar unsere "Gerichtshostess #61". Oh Gott, stehe uns bei!



Zukünftig wird das Urheberrecht ins Leere laufen!
  • Steffen Heintsch:
    (...) Der klagende Rechtsinhaber läuft Gefahr, immer dann zu verlieren, wenn der beklagte Anschlussinhaber seine Täterschaft bestreitet, nachvollziehbare Anhaltspunkte für eine Täterschaft Dritter benennt, denen er die Nutzung seines Anschlusses überlassen hat (und ohne Verletzung von ja nur im Ausnahmefall denkbaren Kontroll- bzw. Anleitungspflichten überlassen durfte) sowie dieser Nutzungsberechtigte in Rahmen seiner Zeugenaussage seine Täterschaft bestreitet und dem Richter "irgend etwas vom Pferd erzählt". Dann muss der Kläger wiederum beweisen, wer der "echte Täter" war. (...)
Natürlich kann ich jeden Leser verstehen, der mich verdammt als Schlechtreder, Pessimist, Querulant, schlechten Verlierer oder gar als Abmahnerwerber et cetera. Jeder hat aber einen Kopf zum Denken und nicht, um diesen in die Foren-Meute zu hängen und mitzuheulen. Dann rede ich ja den BGH-Entscheid nicht schlecht - dieser liegt ja noch nicht einmal als offizielle Pressemitteilung vor - sondern bilde mir meine Meinung zu den o.g. drei Berichten. Auch sollte dem Leser nicht entgangen sein, dass ich dem Gewinner gratulierte sowie es als erhebliche Erleichterung für künftige Filesharing-Verfahren sehe, wenn es denn so in der Volltextveröffentlichung steht. Gerade diejenigen, die in den Foren jetzt wieder laut und hämisch lachen, Kritiker verdammen, haben schon einmal - damals aber mit der offiziellen Pressemitteilung - den gleichen Fehler getätigt und die Volltextveröffentlichung zum BGH-Entscheid "Sommer unseres Lebens" (Urteil vom 12.05.2010, I ZR 121/08) nicht abgewartet.



Worin besteht diese höchstrichterliche Diskrepanz?

Ich gebe jeden Leser recht, der sich über diesen Inhalt verwundert bzw. abwendet oder gar denkt: "Du bist kein Anwalt, hast nicht Jura studiert, was erzählst Du uns jetzt?" Aber, (auch) ich habe einen Standpunkt und vertrete diesen!

Die Ausgangslage in einem Filesharing-Fall dürfte ja jeden klar sein. Ein Rechtsinhaber beauftragt eine so genannte Logfirma mögliche Verletzungen an seinem Werk in einer (P2P-)Tauschbörse zu ermitteln, zu dokumentieren und an den beauftragen Anwalt zu übermitteln. Dieser stellt im Rahmen eines zivilrechtlichen Auskunftsprozedere eine Antrag zur Herausgabe von Verkehrsdaten nach § 101 Abs. 9 UrhG. Warum? Weil über die ermittelte (P2P-)IP-Adresse die Person hinter der IP-Adresse nicht für jeden ersichtlich ist. Denn wenn, könnte der Anwalt ja schon jetzt den Filesharer im Auftrag des Rechtsinhaber abmahnen. Durch das zivilrechtliche Auskunftsverlangen ist aber nur durch den Provider möglich, zu der ermittelten (P2P-)IP-Adresse den vertraglichen Anschlussinhaber zuzuordnen, der zum Log diese IP-Adresse vom Provider zugeteilt bekam. Jetzt durch diese Providerzuordnung und -beauskunftung, kann aber nur der Verantwortliche des Internetzuganges - der Anschlussinhaber - abgemahnt werden. Etwas anderes ist technisch nicht möglich.

Den bisherigen Kurs des BGH ist eigentlich auch nicht so schwer zu verstehen, wenn man es will. Bis zum 06. Oktober wurde dieser BGH-Kurs auf zwei dogmatische Säulen gestellt. Grundlage bilden hier die allgemeinen Grundsätze in einem Zivilrechtsstreit (ZPO).

  • Das bedeutet,

    1) tatsächliche Vermutung
    - durch die Ermittlung der IP-Adresse sowie deren Providerzuordnung besteht die Vermutung, dass
    a) der Rechtsverstoß über den Anschluss getätigt wurde
    b) der Anschlussinhaber dafür verantwortlich sei

    Erschüttert kann diese Vermutung dadurch,
    a) wenn der Internetzugang unzureichend gesichert war
    b) wenn zum Vorwurf andere Personen den Internetzugang selbstständig mitnutzen

    2) sekundäre Darlegungslast
    - wird genüge getan,
    a) ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten
    aa) als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen
    b) Pflicht hinsichtlich zumutbarer Nachforschung
    c) es kommt nicht auf die Nutzungsmöglichkeit im Allgemeinen, sondern konkret auf die Situation zum Verletzungszeitpunkt an

Ich denke, dass es für jeden auch nachvollziehbar.


  • Sekundäre Darlegungslast:
    »Muss eine Partei Umstände beweisen, die zu dem ihrem Einblick entzogenen Bereich des Prozessgegners gehören, so entstehen ihr erhebliche Beweisprobleme, da Beweisermittlungs- und Ausforschungsanträge nicht zulässig sind. Materiellrechtliche Auskunftsansprüche bestehen nur in bestimmten Bereichen, die nicht einschlägig sind (vgl. Zöller / Greger a.a.O., vor § 284, Rdnr. 34). Dieser Problematik trägt die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs durch die so genannte sekundäre Darlegungslast Rechnung. Danach ist in solchen Fällen, in welchen der Darlegungspflichtige außerhalb des für seinen Anspruch erheblichen Geschehensablaufs steht, der Gegner aber alle wesentlichen Tatsachen kennt, dessen einfaches Bestreiten prozessual nicht ausreichend, sofern ihm nähere Angaben zumutbar sind. Unterlässt der Gegner die ihm zumutbaren näheren Angaben ohne hinreichenden Grund, kann nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast sein bestrittener Vortrag als unzureichend behandelt werden. Nach diesen Grundsätzen kann er etwa gehalten sein, Angaben über innerbetriebliche und deshalb dem Gegner unzugängliche Vorgänge zu machen, wenn er dazu unschwer in der Lage ist und die Fallumstände eine entsprechende Beweisführungserleichterung nahe legen (a.a.O. OLG Düsseldorf, Urteil vom 05.03.2013, I-1 U 115/12).«

Der Rechtsinhaber kann eben nicht mit dem Logg erkennen, handelt es sich um eine Rechtsverletzung mit oder mit ohne Gewinnabsicht bzw. wie war die Situation konkret zum Vorwurf. Diese - so wird angenommen - hat nur der Verantwortliche des Internetzuganges - der Anschlussinhaber. Da aber der BGH bisher nur vage erklärte, was konkret für Anforderungen oder Pflichten notwendig seien, gab es eine konträre Rechtsprechung bundesweit zu Filesharing-Fälle. Zwischen den diversen Gerichtsständen, ja sogar innerhalb eines Gerichtsstandortes, wurden diese Anforderungen oder Pflichten unterschiedlich hoch oder tief angesetzt. Gerichte, die nach unserer Sichtweise gemäßigt Recht sprachen waren hoch im Kurs, diejenigen die (aus unserer Sichtweise) den BGH missverstanden - wie zum Beispiel die Bajuwarischen - wurden verdammt (und gefürchtet). Es war bis zum 06. Oktober aber ein Trend erkennbar. Man muss auch sehen, dass hier die Ära nach BaumgartenBrandt-Klageverfahren vorbei war und die Qualität des Rechtsinhaber und seinen Bevollmächtigten stieg. Gleich geblieben dagegen und in der Regel, unsere Überheblichkeit und Unwissenheit. Wir waren und sind Weltmeister der Herzen, was alles hätte sein können, aber nie wahre Weltmeister indem, wie es tatsächlich sich darstellt zum Vorwurf.


Das heißt, es entwickelte sich die - von uns gefürchtete - "Münchner Denklogik".



"Münchner Denklogik"

Egal was jemand von mir hält, ist diese vertretbar und München hat sich schon immer stur an dem BGH orientiert.

Wenn also - so diese Denklogik -
1) der Anschlussinhaber seine mögliche Strörerhaftung und Täterschaft bestreitet, gleichzeitig Mitnutzer benennt (siehe BGH-Kurs) - hat dieser seine Täterschaftsvermutung erschüttert
2. wenn aber der benannte Mitnutzer innerhalb der Parteivernehmung
a) den Zugriff auf das Internet zum Vorwurf
b) die Täterschaft
bestreitet, geht die Täterschaftsvermutung wieder auf den Anschlussinhaber über, denn
3.) es kommt niemand mehr als Täter in Betracht

  • Logik (kurz und knapp):
    «Anschlussinhaber - kein Täter + Mitnutzer - kein Täter = wer ist dann der Täter?«
Bisher war es dann so, dass diese für den beklagten Anschlussinhaber unvorteilhafte Zeugenaussage zu seinem Nachteil ausgelegt wurde. Durch dem Bestreiten der Täterschaft durch den Mitnutzer, wurde - nachvollziehbar - eine wichtige Forderung des BGH, dass der Anschlussinhaber vorträgt wer Zugang hatte UND als möglicher Täter in Betracht kommt, nicht mehr erfüllt.



Vivas las Karlsruhe 2016

Neu - jetzt - mit dem BGH-Entscheid (Urt. v. 06.10.2016, I ZR 154/15), die Frage der Beweiswürdigung der Beweislast. Denn, so jedenfalls lesbar aus den drei Berichten, legen die Bundesrichter (sinngemäß) fest:

  • »Wenn Zeugen nun eine ungünstige Aussage machen oder eine nicht nachvollziehbare Aussage, so sei dies nicht das Problem des Beklagten, sondern das des Klägers, der schließlich die Beweislast trägt. Er muss jetzt erneut beweisen, wer der "echte" Täter war.«
Das bedeutet, wir fallen von einem Extrem in ein anderes. Was dabei gut oder schlecht, liegt wohl im Auge des jeweiligen Betrachters. Beide Extreme sind aber für eine Rechtsfindung suboptimal. das heißt jetzt - ohne Sarkasmus -.

  • Steffen Heintsch:
    (...) Der klagende Rechtsinhaber läuft Gefahr, immer dann zu verlieren, wenn der beklagte Anschlussinhaber seine Täterschaft bestreitet, nachvollziehbare Anhaltspunkte für eine Täterschaft Dritter benennt, denen er die Nutzung seines Anschlusses überlassen hat (und ohne Verletzung von ja nur im Ausnahmefall denkbaren Kontroll- bzw. Anleitungspflichten überlassen durfte) sowie dieser Nutzungsberechtigte in Rahmen seiner Zeugenaussage seine Täterschaft bestreitet und dem Richter "irgend etwas vom Pferd erzählt". Dann muss der Kläger wiederum beweisen, wer der "echte" Täter war. (...)

Sollte es so sein, natürlich werde ich mich darüber nicht ärgern noch Waldorf Frommer meinen Trost aussprechen. Es ist dann der Weg geebnet, dass Filesharingverfahren endlich von unserer Seite auch einmal gewonnen werden (welch' Argumentation?) und dieser Abmahnwahn-Spuk - hoffentlich - bald für Filesharing-Fälle vorbei ist. Man muss sogar dann thematisieren, mit einer dementsprechenden Rechtsprechung des BGH, wäre schon lange dem ein Ende gesetzt.

Eine gesunde Rechtsfindung stellt dieses Urteil aber dennoch nicht dar. Aber ich predige auch - mittlerweile ein Jahrzehnt - gebetsmühlenartig, Gesetz und Recht ist nicht fair oder gerecht. Dennoch sollte man einen eigenen Kopf zum Denken haben und seinen Standpunkt öffentlich - sachlich - vertreten. Ich persönlich weiß nicht, ob es sich um eine rein politische oder salomonische Rechtsfindung handelt und sicherlich gibt es immer einen Gewinner und eine Verlierer. Der Gewinner strahlt berechtigt, dem Verlierer überschüttet man mit Hohn und Häme. Auch das Leben ist nicht fair oder gerecht.

Aktuell gibt es aber noch kein Handlungsbedarf. Jeder ist gut beraten die Volltextveröffentlichung abzuwarten und dann erst abzufeiern. Denn Mittelpunkt unserem Handeln sollte nicht das Ego stehen, sondern dem Gegenüber seine Kosten und Risiken so weit als möglich und so weit als gesetzlich erlaubt - zu minimieren.




~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Initiative AW3P,
AW3P,
Steffen Heintsch,
Kommentar zu BGH, Urt. v. 06.10.2016, I ZR 154/15,
BGH, Urteil vom 06.10.2016, I ZR 154/15,
Initiative AW3P: Bundesgerichtshof, Urteil vom 06.10.2016, I ZR 154/15: Fluch oder Segen?,
http://aw3p.de/archive/1644

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10825 Beitrag von denker75 » Sonntag 9. Oktober 2016, 16:35

@BGH

Jetzt scheint sich ja wieder einiges in Richtung ZPO zu bewegen. Danke!

Der Denkfehler der Münchner Linie fängt ja schon da an, wenn man meint, dass irgendwer auf jeden Fall haften müsse, weil die Tat ja begangen wurde. So einfach ist es leider nicht.

Deshalb ist es auch falsch, vom Darlegungsbelasteten ein plausiblen Vortrag zu verlangen! Hab ich hier schon mal geschrieben.

Die Darlegungslast (egal ob primär oder sekundär) verlangt nur einen erheblichen und schlüssigen Vortrag. Es wäre jedoch falsch zu verlangen, dass der Vortrag auch wahrscheinlich sein muss. Schlüssigkeit darf nicht mit Plausibilität verwechselt werden. Schlüssigkeit heißt nur, dass der Vortrag - die Wahrheit unterstellt - die Rechtsbehauptung des Vortragenden rechtfertigt. (ZPO für Anfänger!)

Wir sind guter Hoffnung.
denker75

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10826 Beitrag von Steffen » Sonntag 9. Oktober 2016, 18:09

[quoteemdenker75]Jetzt scheint sich ja wieder einiges in Richtung ZPO zu bewegen. Danke!
Der Denkfehler der Münchner Linie fängt ja schon da an, wenn man meint, dass irgendwer auf jeden Fall haften müsse, weil die Tat ja begangen wurde. So einfach ist es leider nicht.[/quoteem]
Es ist deine Meinung, die ich aber nicht teile. Da beides falsch ist, egal wie oft und wie viel du schreibst.

Einmal bewegt man sich von der ZPO (i.S.d. § 138, sekundäre Darlegungspflicht) weg + der eigenen Rechtsprechung. Warum? Der Kläger hat keine Einsicht, wer zum Vorwurf am Rechner saß. Dieses hat nur der AI i.V.m. das widersprüchliche Zeugenaussagen jetzt - zugunsten - des Beklagten ausgelegt werden.

Andermal, verdammt man meistens nur das, was man nicht versteht. München war schon immer BGH-stur. Denn die Ross und Reiter-Richtung war in Köln angesiedelt. Die Münchner Linie basiert - eigentlich richtigerweise - auf:

AI (kein Störer + kein Täter) + Mitnutzer (kein Täter) = wer ist dann der Täter?

Ergebnis: wenn keiner als möglicher Täter in Betracht kommt - wie es eigentlich der BGH bisher forderte - dann ist die tatsächliche Vermutung nicht mehr erschüttert und geht auf den Beklagten zurück.

Natürlich ist Münchens kompliziert, aber wir verdammen doch München nur, weil wir zu blöd sind, um die Spielregeln zu beherrschen. Du kannst dir und andere ja etwas vormachen, mir nicht.



[quoteemdenker75]Deshalb ist es auch falsch, vom Darlegungsbelasteten ein plausiblen Vortrag zu verlangen![/quoteem]
Das ist quatsch, völliger Blödsinn. Im Zivilrecht hat einfaches Bestreiten noch nie ausgereicht, sondern nur subtantiierter Vortrag.

Plausibel= nachvollziehbar oder schlüssig.


Aber, wenn es so im Volltext steht, dann ist es so. Dann können auch - wir - einmal gewinnen, ohne die Spielregeln zu lernen. Richtig, einen geschenkten Gaul ...

VG Steffen

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WF PM 06.10.2016

#10827 Beitrag von Steffen » Montag 10. Oktober 2016, 16:20

Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München):
BGH - I ZR 154/15 - 06.10.2016



16:20 Uhr


Der Bundesgerichtshof hat am 06.10.2016 die Revision gegen ein Urteil des Landgerichts Braunschweig zurückgewiesen.


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

Beethovenstraße 12 | 80336 München
Telefon: 089 / 52 05 72 10 | Telefax: 089 / 52 05 72 30
E-Mail: web@waldorf-frommer.de | Web: www.waldorf-frommer.de



Bericht

Link:
http://news.waldorf-frommer.de/bgh-i-zr ... 6-10-2016/



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


In dem Verfahren hatte sich der beklagte Anschlussinhaber in erster Instanz auf eine "Sicherheitslücke" in seinem Router berufen und somit vorgetragen, dass die Rechtsverletzung von einem ihm unbekannten Hacker unter Ausnutzung der behaupteten Sicherheitslücke vorgenommen wurde. Denn er selbst sei als Fernfahrer an Wochentagen "regelmäßig" unterwegs; daher könne er die Rechtsverletzung nicht begangen haben. Mit diesen Behauptungen hatte er die erste Instanz gewonnen.


Das Landgericht Braunschweig sah keine ernsthafte Möglichkeit, dass die Rechtsverletzung durch einen unbekannten Hacker begangen wurde. Der Beklagte hatte jedoch ergänzend vorgetragen, dass seine Ehefrau als Täterin der Rechtsverletzung in Betracht komme. Das Landgericht hatte die Ehefrau daraufhin als Zeugin vernommen. Zwar gab sie im Rahmen der Beweisaufnahme an, nicht Täterin der Rechtsverletzung gewesen zu sein. Das Landgericht Braunschweig hatte die Berufung dennoch zurückgewiesen, da es in seiner Würdigung der Zeugenaussage Zweifel am Wahrheitsgehalt der Aussage der Ehefrau hatte. Das Abstreiten der Tatbegehung durch die Ehefrau sei lediglich als eine Schutzbehauptung zu verstehen. Die Ehefrau kam aus Sicht der Richter durchaus als Täterin in Betracht, so dass die Berufung zurückgewiesen wurde.


In der mündlichen Verhandlung wiederholte der Senat zunächst die bereits seit "BearShare" geltenden und in "Tauschbörse III" bestätigten Grundsätze zur tatsächlichen Vermutung und sekundären Darlegungslast.


Der Bundesgerichtshof vermochte im Ergebnis jedoch in der (Beweis-)Würdigung des Landgerichts Braunschweig keine revisiblen Fehler zu erkennen und hat daher die Revision zurückgewiesen. Es ist im Ergebnis nicht zu erwarten, dass die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 06.10.2016 eine Abkehr von seiner bisherigen Rechtsauffassung darstellt. Die schriftliche Urteilsbegründung wird jedoch erst in mehreren Wochen bzw. Monaten vorliegen.


Der Bundesgerichtshof wird jedoch in Kürze die Urteilsgründe der am 12.05.2016 verhandelten Verfahren veröffentlichen.


Insbesondere in dem Verfahren I ZR 48/15 war der als Täter in Anspruch genommene Anschlussinhaber der Ansicht, es sei ausreichend, eine mögliche Täterschaft seiner Kinder - die Ehefrau schied nach der Beweisaufnahme bereits als Täterin aus - pauschal in den Raum zu stellen. Dieser Ansicht ist der Bundesgerichtshof jedoch nicht gefolgt und hat die Verurteilung des Anschlussinhabers als Täter der Rechtsverletzung bestätigt.


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

BGH, Urteil vom 06.10.2016, I ZR 154/15

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

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AG Frankfurt, Az. 31 C 3479/14 (17)

#10828 Beitrag von Steffen » Dienstag 11. Oktober 2016, 16:49

Rechtsanwalt Markus Brehm (Frankfurt am Main):
Das Amtsgericht Frankfurt am Main weist Klage von BaumgartenBrandt ab - Klägerin konnte keinen Beweis dafür anbringen, welche Daten Observer überhaupt festgestellt hat - keine korrekte IP-Adressen-Ermittlung!




16:40 Uhr



Adressaten einer Abmahnung können sich gegen eine Filesharing-Abmahnung auch dann erfolgreich wehren, wenn der notwendige Nachweis, dass die IP-Adresse des fraglichen Anschlusses korrekt ermittelt wurde, nicht erbracht wurde. Dies ergibt sich aus einer aktuellen Entscheidung des Amtsgerichtes Frankfurt am Main, Aktenzeichen 31 C 3479/14, welche wir für unsere Mandantin errungen haben.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Bild

Rechtsanwalt Markus Brehm
Lehrbeauftragter an der Hochschule Darmstadt
Mitglied der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht e.V. (GRUR)
Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Geistiges Eigentum und Medien im DAV (AGEM)




Brehm Anwaltskanzlei

Kanzleisitz:

Deutschherrnufer 27 | 60594 Frankfurt
Tel. 069 - 913 16 70 1 | Fax 069 - 913 16 70 2
E-Mail: info@kanzleibrehm.de | Web: www.kanzleibrehm.de



Zweigstelle Nürnberg:

Auf dem FrankenCampus
Frankenstraße 152 | 90461 Nürnberg
Tel. 0911 - 477 53 53 0 | zentrales Fax 069 - 913 16 70 2
E-Mail: info@kanzleibrehm.de | Web: www.kanzleibrehm.de




Bericht:

Link:
http://www.kanzleibrehm.de/ag-frankfurt ... rmittlung/



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Wie lautet der Vorwurf, welcher dem Rechtsstreit zugrunde liegt?

Unsere Mandantin erhielt im Jahr 2010 eine Filesharing-Abmahnung von der Kanzlei BaumgartenBrandt im Auftrag der Klägerin KSM GmbH. Ihr wurde vorgeworfen, das geschützte Filmwerk "Red Canyon" illegal über eine Tauschbörse zur Verfügung gestellt zu haben.

Solch eine Abmahnung wird regelmäßig gegenüber dem Inhaber des Internetanschlusses ausgesprochen, über welchen die Rechtsverletzung erfolgte.



Wie lauten die Forderungen der Klägerin?

Die Klägerin forderte von unserer Mandantin Ersatz der Abmahnkosten in Höhe von 555,60 EUR nebst Zinsen. Darüber hinaus machte sie Schadensersatz geltend, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wurde, der jedoch insgesamt nicht weniger als 400,00 EUR betragen sollte, nebst Zinsen.

Die vorgeworfene Rechtsverletzung durch unsere Mandantin konnte nicht nachgewiesen werden! Das Amtsgericht Frankfurt am Main wies die Klage der KSM GmbH mit Urteil vom 21.09.2016 (Az. 31 C 3479/14) ab. Der Grund hierfür lag darin, dass eine Rechtsverletzung durch unsere Mandantin nicht nachgewiesen werden konnte! Unsere Mandantin führte an, dass sie zur konkreten Tatzeit nicht Anschlussinhaberin gewesen ist, da sie zu der Zeit noch nicht in dem in Rede stehenden Objekt mit dem fraglichen Internetanschluss wohnte, sondern ein Dritter. Die Klägerin behauptete, die zur Ermittlung der IP-Adresse eingesetzte Software habe fehlerfrei funktioniert. Das Gericht führte hierzu aus, dass der notwendige Nachweis, dass die Rechtsverletzung von einem Internetanschluss unserer Mandantin ausging, nicht erbracht werden konnte. Konkret ausgedrückt bedeutet dies, dass der notwendige Nachweis des korrekten Ermittelns der IP-Adresse des in Rede stehenden Anschlusses nicht beschafft werden konnte.


Das Gericht befand die Beweisangebote der Klägerin als unzureichend:

- Die Klägerin konnte keinen Beweis dafür anbringen, welche Daten das Programm überhaupt festgestellt hat; ein konkreter Nachweis der IP-Adressenfeststellung fehlte somit.

- Erforderlicher Beweis ist ein Ausdruck des Originaldatensatzes der observierten Daten durch die Software vor der Auskunftserteilung, wer Anschlussinhaber der ermittelten IP-Adresse ist, da ansonsten eine Beeinflussung des Ermittlungsergebnisses nicht ausgeschlossen werden kann.

- Die Ermittlungssoftware muss allgemein fehlerfrei arbeiten, um eine korrekte Ermittlung der IP-Adresse zu gewährleisten. Ist dies nicht der Fall, hilft der Klägerin auch keine bestätigende Zeugenvernehmung, auch nicht, wenn es sich um den Softwareentwickler handelt.


Beachten Sie noch: Ist das Beweisangebot, wie im vorliegenden Fall, nach Ansicht des Gerichtes unzureichend, ist es allgemein nicht Aufgabe des Gerichtes, eine Beweisanordnung zu treffen. Dies ist grundsätzlich der Initiative der Parteien überlassen. Befindet das Gericht die angebrachten Beweise der Klägerin somit als unzureichend, erfolgt keine Beweisanordnung durch das Gericht, durch welche die Klägerin schlussendlich noch die Möglichkeit hätte, zureichende Beweise zu erbringen.



Fazit:

Aus dieser Entscheidung des Amtsgerichtes Frankfurt am Main ergibt sich, dass das korrekte Ermitteln der IP-Adresse des in Rede stehenden Anschlusses nicht generell unterstellt wird, sondern ein konkreter Nachweis hierfür erforderlich ist.

Kann dieser Nachweis nicht erbracht werden, ist die Klage als unbegründet abzuweisen und der Beklagte muss weder Schadensersatz noch Aufwendungsersatz an die Klägerin zahlen.



Beachten Sie bitte:

Das Urteil ist noch - nicht - rechtskräftig, die Entscheidung kann mit der Berufung angefochten werden.





AG Frankfurt am Main, Urteil vom 21.09.2016, Az. 31 C 3479/14 (17)


  • (...) - Abschrift -


    Amtsgericht Frankfurt am Main
    Aktenzeichen: 31 C 3479/14 (17)

    Verkündet it. Protokoll am: 21.09.2016

    [Name], Justizsekretärin
    Urkundsbeamtin/beamter der Geschäftsstelle



    Im Namen des Volkes


    Urteil


    In dem Rechtsstreit



    [Name],
    Klägerin

    Prozessbevollmächtigte: [Name],


    gegen


    [Name],
    Beklagte

    Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt Markus Brehm, Deutschherrnufer 27, 60594 Frankfurt am Main,



    wird auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 24.08.2015

    für Recht erkannt:

    Die Klage wird abgewiesen.

    Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.




    Tatbestand

    Die Klägerin verfolgt Schaden- und Aufwendungsersatz nach Rechtsverletzungen gemäß Urheberrechtsgesetz.

    Die Klägerin behauptet, die Beklagte habe das Filmwerk "[Name]" am xx.xx.2010 um [Uhrzeit] Uhr unter der IP-Adresse [IP] in der [Anschrift] lauffähig zum Herunterladen im Internet im Wege des Tauschs im Peer-to-Peer-Netzwerk angeboten. Die Klägerin forderte die Beklagte mit anwaltlichen Schreiben vom xx.xx.2010 zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf.

    Die Klägerin behauptet, sie sei die Inhaberin der alleinigen Nutzungs- und Verwertungsrechte an dem Filmwerk. Die zur Ermittlung der IP-Adresse eingesetzte Software "Observer" habe fehlerfrei funktioniert. Die Beklagte sei die Anschlussinhaberin. Es seien vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten aus einem Gegenstandswert von 7.500,00 EUR angefallen und gezahlt worden.


    Die Klägerin beantragt,
    1. die Beklagtenseite zu verurteilen, an die Klägerseite einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 400,00 EUR betragen soll, nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
    2. die Beklagtenseite zu verurteilen, an die Klägerseite einen Betrag i.H.v. 555,60 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.


    Die Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen.

    Die Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung. Sie behauptet, von der Klägerin mit Nichtwissen bestritten, Anschlussinhaberin in der [Adresse] in [Ort], wo sie am xx.xx.2010 nicht gewohnt habe, sei ihre Mutter gewesen.

    Von der Wiedergabe weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird wegen § 313 Abs. 2 ZPO abgesehen.



    Entscheidungsgründe


    I.

    Die zulässige Klage ist unbegründet.


    1.

    Die Klägerin hat weder Anspruch auf Zahlung von angemessenem Schadenersatz noch auf Zahlung von 555,60 EUR.


    a)

    Die Klägerin hat keinen Schadenersatzanspruch für ein Anbieten des Filmwerks im Internet aus § 97 UrhG.

    Eine Rechtsverletzung durch die Beklagte ist nicht nachgewiesen. Der notwendige Nachweis, dass die Rechtsverletzung von einem Internetanschluss der Beklagten ausging, das heißt, dass die IP-Adresse des fraglichen Anschlusses korrekt ermittelt wurde, ist nicht erbracht. Die Beweisangebote der Klägerin sind unzureichend.


    aa)

    Was die dem fehlerfreien Funktionieren der Ermittlungssoftware vorgelagerte Tatsache betrifft, welche Daten das Programm überhaupt festgestellt hat, so enthält die eidesstattliche Versicherung Anlage K1 bloß allgemeine Ausführungen eines Mitarbeiters des von der Klägerin beauftragten Ermittlungsunternehmens. Sie sind die durch nichts untermauerte simple Behauptung einer "beweissicheren" Dokumentation nebst Funktionsweisenkontrolle, ohne einzelfallbezogen einen konkreten Nachweis der IP-Adressenfeststellung zu führen.

    Die Anlage K2 kann kein Ausdruck des Originaldatensatzes der observierten Daten sein, denn sie enthält ja schon den Namen der Anschlussinhaberin und muss demzufolge nach Auskunftserteilung erfolgt sein. Es kann sich allenfalls um eine spätere Aufbereitung des Datensatzes handeln, was aber dazu führt, dass eine Nichtbeeinflussung des Ermittlungsergebnisses nicht sicher zu erkennen ist. Das genügt nicht, um darauf eine Überzeugung zu stützen.

    Ob eine Vernehmung des Zeugen [Name] bestätigen könnte, welche IP-Adresse von "Observer" festgestellt wurde, kann wie letztlich überhaupt die Frage, welche Datenfeststellung erfolgte, dahinstehen.


    bb)

    Denn zur korrekten Ermittlung einer IP-Adresse gehört auch, dass die Ermittlungssoftware allgemein fehlerfrei arbeitet.

    Was insoweit das nicht vorliegende Gutachten eines Herrn V. geprüft haben soll, wird nicht dargetan; die Klägerin trägt jedenfalls nur eine Überprüfung der Software durch Herrn Dipl.-Ing. G. vom Sachverständigenbüro [Name] vor.

    Die Vernehmung von Herrn Dipl.-Ing. G. wäre die Vernehmung des Privatgutachters des von der Klägerin beauftragten Ermittlungsunternehmens. Das deckt womöglich noch substantiierten Parteivortrag, führe beweisbezogen aber allenfalls zur Selbstbestätigung der eigenen Begutachtung durch den Zeugen, was kaum eine hinreichende Überzeugungsbildung des Gerichts rechtfertigt.

    Schließlich ist auch die Vernehmung des Softwareentwicklers ungeeignet, hinreichende Beweisqualität zu entfalten. Der Zeuge müsste die Fehlerfreiheit seiner eigenen Programmierleistung bestätigen, was zwar noch im Ansatz durch die Schilderung von Tatschen geschehen könnte, wie der Zeuge die Software entwickelt und welche Maßnahmen mit welchem Ergebnis er zur Fehlerüberprüfung unternommen hat. Auch dann bliebe aber offen, ob der Zeuge an alle naheliegend in Betracht kommenden Eventualitäten gedacht und seine Software auf die im EDV-Bereich so mannigfaltig denkbaren Fehlerquellen hinreichend ausführlich getestet hat, so dass eine ausreichend zuverlässige Funktionsweise angenommen werden kann. Das berührt nämlich das Feld des Sachverständigenbeweises.

    Die Einholung eines Sachverständigengutachtens wurde von der Klägerin nicht beantragt und ist auch nicht von Amts wegen geboten (vgl. § 144 Abs. 1 S. 1 ZPO). Im Zivilprozess gilt der Beibringungsgrundsatz, der sich auch auf Beweisanträge erstreckt (vgl. § 282 Abs. 1 ZPO). Grundsätzlich darf daher das Gericht die Initiative den Parteien überlassen (Wagner, in: MK-ZPO, 4. Aufl. 2013, § 144 Rn. 4). Eine Partei darf deshalb regelmäßig nicht erwarten, das Gericht werde von Amts wegen eine Beweisanordnung treffen. In das Ermessen des Gerichts gestellte Beweisanordnungen sind vor allem dann geboten, wenn das Gericht Anlass zum Zweifel hat, ob die Partei sich des Erfordernisses, einen förmlichen Antrag zu stellen, bewusst ist (vgl. BGH WW 2001, 2464 (2465)). Das gleiche kann gelten, wenn das Gericht Umstände berücksichtigen will, deren Grundlage es nicht aus eigener Sachkunde beurteilen kann (vgl. BGH NJW-RR 2006, 1435 (1436)).

    Dafür dass die Klägerin sich einer förmlichen Beweisantragstellung nicht bewusst war, ist nichts ersichtlich, nachdem sie ja anderen Beweis angeboten hat. Umstände zur Kausalität, deren Grundlage das Gericht nicht aus eigener Sachkunde beurteilen kann, werden nicht angenommen.


    b)

    Entsprechend kann die Klägerin auch die Kosten der vorgerichtlichen Abmahnung nicht ersetzt verlangen.


    2.

    Ohne Hauptforderung bestehen auch keine Zinsforderungen.


    II.

    Die Kostenentscheidung ergeht nach § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.


    III.

    Streitwert: 955,60 EUR.



    Rechtsbehelfsbelehrung

    Diese Entscheidung kann mit der Berufung angefochten werden. Sie ist einzulegen innerhalb einer
    Notfrist von einem Monat bei dem

    Landgericht Frankfurt am Main,
    Gerichtsstraße 2,
    60313 Frankfurt am Main.


    Die Frist beginnt mit der Zustellung der in vollständiger Form abgefassten Entscheidung. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Beschwerdegegenstand 600,00 EUR übersteigt oder das Gericht die Berufung in diesem Urteil zugelassen hat. Zur Einlegung der Berufung ist berechtigt, wer durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Die Berufung wird durch Einreichung einer Berufungsschrift eingelegt. Die Berufung kann nur durch einen Rechtsanwalt eingelegt werden.

    Die Festsetzung des Streitwerts kann mit der Beschwerde angefochten werden. Sie ist nur zulässig innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache rechtskräftig geworden ist oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat. Sie ist einzulegen bei dem

    Amtsgericht Frankfurt am Main,
    Gerichtsstraße 2, 6031.3,
    Frankfurt am Main.


    Wird der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt, kann die Beschwerde innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung der Festsetzung bei dem Gericht eingelegt werden.

    Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Gericht die Beschwerde zu diesem Beschluss zugelassen hat. Beschwerdeberechtigt ist, wer durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Die Beschwerde wird durch Einreichung einer Beschwerdeschrift oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle des genannten Gerichts eingelegt. Sie kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichts erklärt werden, wobei es für die Einhaltung der Frist auf den Eingang bei dem genannten Gericht ankommt. Sie ist von dem Beschwerdeführer oder seinem Bevollmächtigten zu unterzeichnen. Die Beschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Soll die Entscheidung nur zum Teil angefochten werden, so ist der Umfang der Anfechtung zu bezeichnen.


    [Name]
    Richter am Amtsgericht



    Frankfurt am Main, 21.09.2016
    Beglaubigt
    [Dienstsiegel]

    [Name]
    Urkundsbeamtin Geschäftsstelle (...)


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

AG Frankfurt am Main, Urteil vom 21.09.2016, Az. 31 C 3479/14 (17),
Klage BaumgartenBrandt,
Klage KSM GmbH,
Observer,
Gutachten Vogeler,
Rechtsanwalt Markus Brehm,
http://www.kanzleibrehm.de/abmahnung-we ... -erhalten/,
Brehm Anwaltskanzlei

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10829 Beitrag von Steffen » Donnerstag 13. Oktober 2016, 15:50

IT-Recht-Kanzlei Gerth: Amtsgericht Aschaffenburg - Debcon GmbH nach negativer Feststellungsklage verurteilt


15:50 Uhr


Die IT-Kanzlei Gerth hat für einen Anschlussinhaber in einem Verfahren wegen angeblichem Filesharing vor dem AG Aschaffenburg negative Feststellungsklage gegen die Debcon GmbH erhoben, nachdem diese den Anschlussinhaber mehrfach angeschrieben hat.


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Bild

Jan H. Gerth
Rechtsanwalt

Fachanwalt für Informationstechnologierecht
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz




IT-Recht-Kanzlei Gerth
Berliner Str. 25 | 33813 Oerlinghausen
Tel. 05202/73132 | Fax. 05202/73809
E-Mail: info@ra-gerth.de | Web: http://www.ra-gerth.de



Bericht

Link:
http://oerlinghauser-it-recht.blogspot. ... -nach.html



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Das Amtsgericht Aschaffenburg hat die Debcon GmbH wie von Rechtsanwalt Jan Gerth beantragt verurteilt.





AG Aschaffenburg, Az. 123 C 0000/14


  • (...) Amtsgericht Aschaffenburg

    Az. 123 C 0000/14


    IM NAMEN DES VOLKES


    In dem Rechtsstreit


    [Name]
    - Klägerin -

    Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt Jan H. Gerth, Berliner Straße 25, 33813 Oerlinghausen,



    gegen


    [Name]
    - Beklagte -


    wegen negativer Feststellung


    erlässt das Amtsgericht Aschaffenburg durch die Richterin am Amtsgericht [Name] xx.xx.2016 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO folgendes



    Endurteil


    Es wird festgestellt, dass die Beklagte keinen Anspruch gegen die Klägerin auf 250,00 EUR hat.

    Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.



    Beschluss

    Der Streitwert wird auf 250,00 EUR festgesetzt.




    Entscheidungsgründe

    Gemäß § 495a ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Innerhalb dieses Entscheidungsrahmens berücksichtigt das Gericht grundsätzlich den gesamten Akteninhalt.

    Die negative Feststellungsklage ist zulässig gem. § 256 ZPO, insbesondere ist im Hinblick auf die Anspruchsberühmung der Beklagten das besondere Feststellungsinteresse der Klägerin gegeben.

    Die Klage ist auch begründet, denn der Beklagten steht kein Anspruch auf 250,00 EUR Schadenersatz aus Lizenzanalogie aus abgetretenem Recht wegen einer behaupteten Urheberrechtsverletzung durch Teilnahme an einer Tauschbörse durch die Klägerin zu.

    Es fehlt bereits an der Aktivlegitimation der Beklagten für einen solchen Anspruch. Wie die Klägerseite zutreffend hingewiesen hat, ist ein Anspruch bereits deshalb nicht ersichtlich, da eine Abtretung nicht substantiiert dargetan, geschweige denn unter Beweis gestellt ist durch die hierfür darlegungs- und beweisbelastete Beklagte. Weder ist eine Abtretungserklärung vorgelegt worden noch vorgetragen worden, wann durch den Berechtigten eine Abtretung erfolgt sein soll. Weiter wurde zu der mit Nichtwissen bestrittenen Urheberrechtsinhaberschaft des behaupteten Rechtsinhabers und Zedenten, einer [Name], einer Agentur, keines Komponisten, Sängers oder Produktionsunternehmens nicht substantiiert dargelegt, sondern lediglich ohne statthaften Beweisantritt behauptet. Ob das behauptete Urheber- oder Verwertungsrecht tatsächlich bestand, ist im vorliegenden Verfahren zu prüfen. Vortrag in Vorverfahren, insbesondere ein unsubstantiierter Verweis auf ein Verfahren, das zu der angeblichen Ermittlung der IP-Adresse der Klägerin führte, ist nicht geeignet, im vorliegenden Verfahren berücksichtigt zu werden, zumal die Prüfung eines vorbefassten Gerichts nicht die eigene Prüfung des nun zur Entscheidung berufenen Gerichts ersetzt.

    Weiter ist auch die Ermittlung der IP-Anschrift der Klägerin als einem bei einer Rechtsverletzung verwendeten Internetzugang nicht substantiiert vorgetragen. Nachdem die Klägerin unbestritten vorträgt, zum fraglichen Zeitpunkt nicht [Provider 1]-Kunde gewesen zu sein, sondern bei [Provider 2] Internetkunde gewesen zu sein, ist ein Anhaltspunkt für die Richtigkeit der Ermittlung der Daten der Klägerin durch die angebliche Zedentin bzw. deren Beauftragte nicht gegeben.

    Schließlich wäre ein Anspruch der Beklagten auch verjährt. Da sowohl die Rechtsverletzung als auch die in Bezug genommene Geltendmachung eines Schadenersatzanspruchs wegen Lizenzanalogie in 2010 erfolgt sein sollen - beides blieb bestritten durch die Klägerin - , begann gem. § 199 Abs. 1 BGB die Verjährungsfrist mit Ablauf des Jahres 2010 zu laufen, so dass mangels verjährungshemmender Maßnahmen die Verjährung mit Ablauf des Jahres 2013, wie der Klägervertreter richtigstellte, eintrat gem. § 195 BGB in der regelmäßigen dreijährigen Verjährungsfrist.

    Soweit die Beklagte meint, gemäß § 102 Satz 2 UrhG in Verbindung mit § 852 BGB betrage die Verjährungsfrist des Schadensersatzanspruches zehn Jahre, so verkennt die Beklagte, dass § 852 BGB die Verjährungsfrist verlängert für Ansprüche auf Herausgabe desjenigen, was der Verletzer durch die Rechtsgutverletzung erlangt hat. Die insoweit von der Beklagtenseite angeführte Entscheidung des BGH vom 27.10.2011, I ZR 175/10 ("Bochumer Weihnachtsmarkt"), der unter Bezugnahme auf die Entscheidung BGH vom 29.04.2010, I ZR 68/08 ("Restwertbörse") darlegt, dass - unter Verwendung von Lichtbildern in der Entscheidung Restwertbörse, in der Entscheidung Bochumer Weihnachtsmarkt unter Abspielen von geschützter Musik auf einem Weihnachtsmarkt - der jeweilige. Rechtsverletzer durch die Verletzung der von der Gegenseite wahrgenommenen Urheberrechte auf Kosten der jeweiligen Klagepartei etwas im Sinne von § 102 Satz 2 UrhG erlangt habe, nämlich den Gebrauch des jeweils geschützten Rechts ohne rechtlichen Grund, verkennt, dass § 102 Satz 1 UrhG als Regelverjährung gerade für die Verletzung· von Urheberrechten auf Abschnitt 5 des 1. Buches des BGB, beginnend mit § 194 BGB, verweist, mithin auf das im Allgemeinen Teil des BGB geregelte Verjährungsrecht und die dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB. Bei einer Rechtsverletzung nach § 97 UrhG liegt per se immer ein Eingriff in das Urheberrecht des geschützten Rechteinhabers vor, mit der Folge, dass der BGH mit seiner Rechtsprechung entgegen § 102 Satz 1 UrhG die Verjährung für den Regelfall auf zehn Jahr ausdehnen würde. Das Gericht folgt deshalb dieser Rechtsprechung nicht, da tatsächlich eine zehnjährige Verjährung im Sinne des § 852 BGB nur dann eine Entsprechung findet bei der Verletzung von Urheberrechten, wenn der Schädiger tatsächlich etwas erlangt aus der Rechtsgutsverletzung, ihm also neben dem Vergnügen oder einer Ersparnis aus der Rechtsverletzung zudem noch Vermögensvorteile tatsächlich zufließen, auf deren Behaltendürfen er, wie § 852 BGB für andere Rechtsgutsverletzungen vorsieht, länger als drei Jahre kein Recht haben soll (ebenso LG Bielefeld vom 13.01.2016, Az. 20 S 132/15). Das Filesharing, bei dem jeder einzelne Teilnehmer in einer Tauschbörse auch nur einzelne Datenpakete, niemals allein das ganze Musikstück, Dritten zugänglich macht, was gerade das Prinzip des Filesharings darstellt, gibt dem einzelnen Teilnehmer mithin keinen Mehrwert bei dem Zurverfügungstellen von Daten, im Netzwerk, um anderen einen Zugang zu dem kompletten Musikstück oder anderen Werken zu eröffnen, sondern er erlangt einen Vermögensvorteil nur in dem einmaligen oder mehrmaligen Einsparen von Ausgaben durch Unterbleiben des Erwerbs eines Datenträgers z.B. einer CD oder einer kostenpflichtig herunterzuladenden Datei. Ein Zufluss von Vermögenswerten aus der unerlaubten Handlung, den § 852 BGB sanktioniert, findet hingegen nicht statt. Das Gericht sieht deshalb die dreijährige Verjährung als zutreffend an. Die Durchsetzung des Schadensersatzanspruches der Beklagten aus abgetretenem Recht, so denn einer bestehen würde, wäre somit zudem verjährt. Da der Anspruch der Beklagten nicht besteht, ist die negative Feststellungsklage begründet.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

    Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.


    Die Streitwertfestsetzung folgt § 3 ZPO. (...)


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

AG Aschaffenburg, Az. 123 C 0000/14
http://www.ra-gerth.de,
Rechtsanwalt Jan H. Gerth,
IT-Recht-Kanzlei Gerth,
negative Feststellungsklage,
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AG Rostock, Az. 47 C 12/15,

#10830 Beitrag von Steffen » Donnerstag 13. Oktober 2016, 20:08

Rechtsanwälte für Urheberrecht Andreas Ernst Forsthoff | Nina Berg: Das Amtsgericht Rostock weist Filesharingklage von BaumgartenBrandt mit Urteil vom 05.10.2016 ab


20:05 Uhr


Erfreuliche Post erhielt unsere Kanzlei diese Woche wieder einmal aus Rostock. Das Amtsgericht Rostock hat mit Urteil vom 05.10.2016 eine Klage gegen einen Mandanten unserer Kanzlei abgewiesen und entschieden, dass die Kosten des Verfahrens die Foresight Unlimited LLC zahlen muss. Die Klägerin, vertreten durch die Kanzlei BaumgartenBrandt, kann noch innerhalb eines Monats Berufung zum Rostock einlegen. Wir werden gerne berichten, ob eine Berufung eingelegt wurde oder nicht.



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Rechtsanwälte für Urheberrecht Andreas Ernst Forsthoff | Nina Berg

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Bericht

Link:
http://www.abmahnung-urheberrechtsverle ... ht_Rostock

Urteil als PDF:
http://www.abmahnung-urheberrechtsverle ... ostock.pdf




~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Die Gründe für die Klageabweisung

Das Amtsgericht Rostock hat die Klage aus mehreren Gründen abgewiesen. Zum einen folgte das Gericht unserer Argumentation, dass die (angeblichen) Forderungen der Foresight Unlimited LLC verjährt sind. Der angebliche Verstoß und die Abmahnung erfolgten im Jahr 2010, ein Mahnbescheid wurde noch im Jahr 2013 beantragt. Weil der Beklagte umgezogen war, konnte der Mahnbescheid dem Beklagten erst im Mai 2014 zugestellt werden, was aber zu spät war.

Zum anderen sah das Gericht vollkommen zu Recht auch keine Haftung des Beklagten. Neben dem Beklagten hatten 3 weitere Personen dessen Anschluss benutzt, das Ergebnis der Befragungen dieser Personen hatten wir in der Klageerwiderung mitgeteilt. Dies sah das Amtsgericht Rostock im Urteil vom 05.10.2016 (Az. 47 C 12/15) als ausreichend an und wies auch aus diesem Grunde die Klage ab.





AG Rostock, Urteil vom 05.10.2016, Az. 47 C 12/15


  • (...) - Beglaubigte Abschrift -

    Aktenzeichen: 47 C 12/15


    Amtsgericht Rostock


    Im Namen des Volkes



    Urteil


    In dem Rechtsstreit


    [Name],
    - Klägerin -

    Prozessbevollmächtigte:
    [Name],


    gegen


    [Name],
    - Beklagter -

    Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte FSS Forsthoff Schumacher Spoor Sodomann, Landhausstraße 30, 69115 Heidelberg,



    hat das Amtsgericht Rostock durch den Richter am Amtsgericht [Name] ohne mündliche Verhandlung mit Zustimmung der Parteien gemäß § 128 Abs. 2 ZPO für Recht erkannt:
    1. Die Klage wird abgewiesen.
    2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
    3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
    4. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.



    Tatbestand

    Die Klägerin fordert Erstattung von Abmahnkosten und Schadenersatz wegen einer - strittigen- Verbreitung eines Filmwerkes im Rahmen einer Datentauschbörse über den Internetanschluss des Beklagten.

    Die Klägerin ist Inhaberin der ausschließlichen Nutzung- und Verwertungsrechte an dem Filmwerk "[Name]" für den deutschsprachigen Raum. Der Film wurde in Deutschland erstmals am 04.05.2010 als DVD veröffentlicht.

    Zur Verhinderung, dass Dateien wie z.B Filme, Musikwerke und Computerspiele über so genannte Peer-to-Peer-Netzwerken veröffentlich werden hatte die Klägerin das Unternehmen Guardaley Ltd. mit der Überwachung solcher Netzwerke beauftragt. Strittig ist, ob im Ergebnis durch dieses Unternehmen festgestellt wurde, dass vom Internetabschluss des Beklagten aus der oben genannte Film in einem Peer-to-Peer-Netzwerk verbreitet wurde.

    Ausgehend von der vorgenannten Annahme ließ die Klägerin den Beklagten mit Schreiben vom 10.12.2010 (Anklage K9, Blatt 79 ff d.A.) abmahnen und verlangte eine strafbewehrte Unterlassungserklärung. Der Beklagte gab eine modifizierte Unterlassungserklärung ab.

    Die Klägerin fordert nunmehr Schadensersatz für eine unberechtigte Veröffentlichung des Films in Höhe von 400,00 EUR sowie Ersatz von Rechtsanwaltskosten für das Abmahnschreiben in Höhe von 555,60 EUR. Der letztgenannte Betrag wurde nach einem Gegenstandswert in Höhe von 10.000,00 EUR berechnet.

    Die Klägerin behauptet, die von dem Unternehmen Guardaley Ltd. eingesetzte Software sei geeignet, zuverlässig die IP-Adresse festzustellen, die dem Internetanschluss zuzuordnen sei, über den eine Urheberrechtsverletzung begangen worden wäre. Hier habe das Unternehmen die IP-Adresse
    [IP] ermittelt. Über den dieser Adresse zugeordneten Internetanschluss sei am xx.xx.2010 um 00.xx Uhr der o.g. Film öffentlich zugänglich gemacht worden.

    Aufgrund eines Beschlusses des Landgerichts Köln vom 31.05.2010 zum Az. 2310206/10 (Anlage K3, Blatt 68 ff d.A) erteilte das Unternehmen Deutsche Telekom AG mit Schreiben vom 24.06.2010 die Auskunft, dass der Beklagte Inhaber des Internetanschlusses, der der vorgenannten IP-Adresse zuzuordnen sei, wäre.

    Die Klägerin bestreitet mit Nichtwissen, dass der Internetanschluss durch Dritte genutzt worden wäre.

    Letztlich erklärt die Klägerin, es wäre auch davon auszugehen, dass der Beklagte seinen Internetanschluss nicht ausreichend gesichert habe, weshalb er als Störer hafte.

    Die Klägerin ist der Auffassung, dass ein Schadensersatzbetrag in Höhe von 400,00 EUR angemessen sei.


    Die Klägerin beantragt,
    1. die Beklagtenseite zu verurteilen, an die Klägerseite einen angemessenen Schadenersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 400,00 EUR betragen soll, nebst Zinsen in Höhe von 5% Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
    2. die Beklagtenseite zu verurteilen, an die Klägerseite einen Betrag in Höhe von 555,60 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.


    Der Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen.

    Er erhebt die Einrede der Verjährung. Außerdem trägt der Beklagte vor, im April und Mai 2010 hätte eine Frau [Name] bei ihm in häuslicher Gemeinschaft gelebt. Diese sei zum Zeitpunkt, an dem der behauptete Urheberrechtsverstoß stattgefunden haben soll, anwesend gewesen. Sie hätte durch ein eigenes Laptop selbstständigen Zugang zum Internetanschluss des Beklagten gehabt. Zur gleichen Zeit seien weitere Bekannte des Beklagten, Herr [Name] sowie Herr [Name] anwesend gewesen und hätten ebenfalls über das Laptop des Zeuge [Name] selbstständig Zugriff zum Internetanschluss des Beklagten. Nach Erhalt der Abmahnung habe der Beklagte die drei vorgenannten Personen gefragt, ob diese den behaupteten Urheberrechtsverstoß begangen hätten, was diese abgestritten hätten.

    Letztlich ist der Beklagte der Auffassung, dass die geltend gemachten Rechtsanwaltskosten sowohl aufgrund des zugrundegelegen Gegenstandswertes als auch der zugrundegelegten Gebühr ungerechtfertigt wären.

    Auf Antrag der Klägerin vom 06.12.2013 erließ das Amtsgericht Berlin-Wedding einen Mahnbescheid über die hier geltend gemachten Forderungen. Dieser Mahnbescheid konnte dem Beklagten unter der damals bekannten Adresse nicht zugestellt werden, worüber die Klägerin mit Schreiben vom 13.01.2014 des Mahngerichtes informiert wurde. Hierauf beauftragte die Klägerin am 24.01.2014 ein Drittunternehmen mit einer Anfrage beim Einwohnermeldeamt. Dieses Unternehmen teilte der Klägerin am 13.05.2014 die Anschrift des Beklagten mit. Die Zustellung des Mahnbescheides erfolgte dann am 23.05.2014. Nachdem die Klägerin mit Schreiben des Mahngerichtes vom 05.06.2014 über den Eingang des Widerspruchs informiert wurde stellte die Klägerin am 19.12.2014 den Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens.



    Entscheidungsgründe

    Die zulässige Klage unbegründet.

    Schadensersatzansprüche der Klägerin sind verjährt.

    Darüberhinaus beweist die Klägerin nicht, dass ein Urheberrechtsverstoß durch den Beklagten begangen wurde.

    Auf die Verjährung der Ansprüche wegen Verletzung des Urheberrechts oder eines anderen nach dem Urheberrechtsgesetz gestützten Rechts die Vorschriften der §§ 194 ff. BGB über die Verjährung Anwendung. Daher verjähren Schadensersatzansprüche wegen Urheberrechtsverletzungen nach §§ 195, 199 Abs. 1 BGB regelmäßig innerhalb von drei Jahren (BGH GRUR 2012, 715).

    Im vorliegenden Fall waren eventuelle Schadensersatzansprüche der Klägerin zum Zeitpunkt der Zustellung des Mahnbescheides bereits verjährt.

    Die Verjährungsfrist begann mit Ablauf des Jahres 2010 zu laufen. Eine Verjährung wäre am 31.12.2013 eingetreten. Zwar hätte die Klägerin mit der Beantragung des Mahnbescheides ab dem 10.12.2013 (Eingang des Antrages beim Mahngericht) die Hemmung der Verjährung bewirken können. Die Zustellung des Mahnbescheides erfolgte jedoch erst am 16.05.2014 und somit nicht mehr "demnächst" im Sinne von § 167 ZPO. Der Klägerin ist zwar insoweit zuzustimmen, dass im Falle einer Adressenänderung des Schuldners auch die Zeit für die Ermittlung seiner neuen Anschrift die Tatbestandsvoraussetzungen des § 167 ZPO nicht ausschließt. Ein dem Adressaten zuzurechnende Verzögerung wie z.B. ein Wohnungswechsel hindert die Rückwirkung nicht. Der Zustellungsbetreiber muss jedoch innerhalb eines zumutbaren Zeitrahmens die möglichem Maßnahmen ergreifen (Zöller/Greger ZPO 31. Aufl., § 167 Rn. 13).

    Hier verging jedoch zwischen der Beauftragung des Dienstleistungsunternehmens zur Einholung einer Einwohnermeldeamtsanfrage und der erteilten Auskunft ein Zeitraum von fast vier Monaten. Angesichts der drohenden Verjährung hätte die Klägerin mehr unternehmen müssen und nicht einfach zuwarten dürfen, dass das beauftragte Unternehmen tätig wird. Die Klägerin trägt keine Gründe vor, aus denen sich nachvollziehbar erschließen lässt, dass eine Zeit von fast vier Monaten notwendig gewesen sei, um die neue Anschrift des Beklagten zu ermitteln (vgl. hierzu auch BGH NJW 2002, 2794).

    Darüberhinaus beweist die Klägerin nicht, dass die hier streitgegenständliche Urheberrechtsverletzung durch den Beklagten begangen wurde. Für die folgenden Ausführungen wird dabei als richtig unterstellt, dass die durch das Unternehmen Guardaley Ltd. ermittelte IP-Adresse richtig ermittelt wurde, diese tatsächlich dem Internetanschluss des Beklagten zuzuordnen ist und über den Anschluss die streitgegenständliche Urheberrechtsverletzung begangen wurde.

    Die Klägerin trägt nach den allgemeinen Grundsätzen als Anspruchstellerin die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs auf Erstattung von Abmahnkosten erfüllt sind. Danach ist es grundsätzlich ihre Sache, darzulegen und nachzuweisen, dass der Beklagte für die von ihnen behauptete Urheberrechtsverletzung als Täter verantwortlich ist. Allerdings spricht eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen diesen Internetanschluss benutzen konnten. Eine die tatsächliche Vermutung ausschließende Nutzungsmöglichkeit Dritter ist anzunehmen, wenn der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde. In diesen Fällen trifft den Inhaber des Internetanschlusses jedoch eine sekundäre Darlegungslast. Diese führt zwar weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast hinausgehende Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast vielmehr dadurch, dass er dazu vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des zumutbaren zu Nachforschungen verpflichtet. Entspricht der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast, ist es wieder Sache der Klägerin als Anspruchssteller, die für eine Haftung des Beklagten als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und zu beweisen (BGH NJW 2016, 106 - "Tauschbörse III").


    Das Landgericht Rostock führte hierzu in einem Hinweisbeschluss vom 04.01.2016 gemäß § 522 Abs. 2 ZPO (Az.: 1 S 164/14) folgendes aus:

    "Die Klägerin trägt nach den allgemeinen Grundsätzen als Anspruchstellerin die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen der geltend gemachten Ansprüche auf Schadensersatz und Erstattung von Abmahnkosten erfüllt sind. Danach ist es grundsätzlich ihre Sache, darzulegen und ggf. nachzuweisen, dass die Beklagte Täterin oder Teilnehmerin der von ihr behaupteten Urheberrechtsverletzung ist (st. Rspr.: vgl. u.a. BGH, Urt. v. 15.11.2012, 1 ZR 74/12, Tz. 32). In den Fällen wie dem vorliegenden trifft den Prozessgegner der primär darlegungsbelasteten Partei in der Regel eine sekundäre Darlegungslast, weil die Prämie darlegungsbelastete Partei keine nähere Kenntnis der maßgeblichen Umstände und - zunächst auch keine Möglichkeit zur weiteren Sachverhaltsaufklärung hat, während dem Prozessgegner nähere Angaben dazu ohne weiteres möglich und zumutbar sind. Diese sekundäre Darlegungslast führt allerdings weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 Abs. 1 und 2 ZPO) hinausgehende Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen.

    Wird ein urheberrechtlich geschütztes Werk oder eine urheberrechtlich geschützte Leistung der Öffentlichkeit von einer IP-Adresse aus zugänglich gemacht, die zum fraglichen Zeitpunkt einer bestimmten Person zugeteilt gewesen ist, lässt die Rechtsprechung zudem eine Beweiserleichterung zugunsten des durch die Störung Geschädigten zu. Diese Beweiserleichterung wird mit der Rechtsfigur der sog. tatsächlichen Vermutung begründet. Sie führt grds. nicht zu einer vollständigen Umkehr der Darlegungs- und Beweislast, sondern ist im Rahmen der Beweiswürdigung als Grundlage eines Anscheins- oder Indizienbeweises heranzuziehen (vgl. u.a. BGH ... NJW 2010, 363 ...) und zwar unabhängig davon, ob sich eine Partei darauf beruft (BGH ... NJW 2012, 3305, ...). Für bestimmte Konstellationen hat sich die einschlägige Rspr. zu rechtssatzähnlichen Regeln verfestigt, die im Ergebnis einer Beweislastumkehr gleichkommen. Sie leitet sich aus dem Erfahrungssatz her, dass die Person, der eine IP-Adresse zum Störungszeitpunkt zugewiesen gewesen ist, für die Rechtsverletzung auch verantwortlich ist.

    Die tatsächliche Vermutung kann jedoch entkräftet sein, wenn die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass allein ein Dritter bzw. mehrere Dritte und nicht auch der Anschlussinhaber den Internetzugang für die behauptete Rechtsverletzung genutzt hat (... BGH ... I ZR 74/12, ...)."


    Hier kam der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast in ausreichendem Umfang nach. Er benannte drei Personen, die zum fraglichen Zeitpunkt über eigene Laptops Zugriff auf seinen Internetanschluss hatten. Unstrittig hatte der Beklagte zudem diese Personen befragt, ob von ihnen ein Urheberrechtsverstoß begangen wurde, was diese verneinten. Weitere Nachforschungen waren dem Beklagte nicht zuzumuten. Im Ergebnis beweist die Klägerin nicht, ob ein Urheberrechtsverstoß durch den Beklagten oder durch eine der drei übrigen Personen, die Zugriff auf den Internetanschluss hatten, begangen wurde.

    Letztlich kann die Klägerin nicht damit gehört werden, dass der Beklagte als Störer hafte, weil er seinen Internetanschluss nicht ausreichend gesichert habe. Eine unzureichende Sicherung kommt hier schon deshalb nicht in Betracht, weil der Beklagten offensichtlich wusste, dass die von ihm genannten drei Personen seinen Internetanschluss nutzten.


    Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.


    Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.



    Rechtsbehelfsbelehrung:

    Gegen die Entscheidung kann das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600,00 Euro übersteigt oder das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

    Die Berufung ist binnen einer Notfrist von einem Monat bei dem

    Landgericht Rostock
    August-Bebel-Straße 15 - 20
    18055 Rostock


    einzulegen.

    Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung der Entscheidung.

    Die Berufung muss mit Schriftsatz durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt eingelegt werden. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt werde.

    Berufung muss binnen zwei Monaten mit Anwaltsschriftsatz begründet werden. Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.


    [Name]
    Richter am Amtsgericht


    Verkündet am 05.10.2016
    [Name] JAng'e
    als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (...)




~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

AG Rostock, Urteil vom 05.10.2016, Az. 47 C 12/15,
Verjährung Filesharing,
Hemmung durch Mahnbescheid,
Zustellung demnächst,
Rechtsanwälte für Urheberrecht Andreas Ernst Forsthoff | Nina Berg,
Rechtsanwalt Andreas Ernst Forsthoff,
Rechtsanwältin Nina Berg,
Klage BaumgartenBrandt,
Klage Foresight Unlimited LLC

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#10831 Beitrag von Steffen » Freitag 14. Oktober 2016, 15:56

WAGNER HALBE Rechtsanwälte (Köln):
Constantin Film unterliegt mit Filesharing Klage
vor dem Amtsgericht Köln



15:56 Uhr


Wie ein Foren-User (Glückwunsch und danke für die Bereitstellung des Urteils) informiert, hat das Amtsgericht Köln (Urt. v. 08.08.2016, Az. 125 C 7/16) erneut die Filesharing Klage eines Abmahners auf Erstattung von Abmahnkosten und Schadensersatz nach Filesharing abgewiesen. Die Beklagte wurde durch die Kölner Kanzlei "WAGNER HALBE Rechtsanwälte" vertreten.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Bild

Rechtsanwalt Thilo Wagner


WAGNER HALBE Rechtsanwälte

Hohenstaufenring 44-46 | 50674 Köln
Tel.: (0221) 3500 67 80 | Fax: (0221) 3500 67 84
E-Mail: info@wagnerhalbe.de | Web. www.wagnerhalbe.de




Bericht AW3P:

Link:
http://aw3p.de/archive/1688

Autor:
Steffen Heintsch für AW3P



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Verklagt wurde die Inhaberin eines Internetanschlusses, über den ein urheberrechtlich geschütztes Filmwerk anderen Teilnehmern einer Internettauschbörse zum Download angeboten worden sein soll. Der Internetanschluss befand sich in einem Mehrpersonenhaushalt und wurde von der Anschlussinhaberin nur im Beisammensein ihres Ehemanns genutzt, da sie den Rechner nicht allein bedienen konnte. Auf Grund nachvollziehbaren Zeugenaussagen kam die Anschlussinhaberin weder als Störer noch als Täter infrage.

Zur Annahme einer generellen Haftung der beklagten Anschlussinhaberin oder der benannten Mitnutzer (Zeugen) fand das Amtsgericht Köln klare Worte:
  • (...) Es ist auch nicht von der Täterschaft der Beklagten auszugehen, weil eine Täterschaft der beiden als Zeugen vernommen Mitnutzer des Internetanschlusses nicht erwiesen ist. Die Haltung, einer der Nutzer müsse schon haften, wenn / weil nichts feststellbar ist, verletzt eklatant rechtsstreitliche Grundsätze. Selbst der Bundesgerichtshof hat die Beweislast des Rechteinhabers anerkannt (Urteil vom 08.01.2014 - I ZR 169/12 - "BearShare"). (...)




AG Köln, Urteil vom 08.08.2016, Az. 125 C 7/16

  • (...) - Abschrift -


    125 C 7/16


    Verkündet am 08.08.2016
    [Name], Justizamtsinspektorin
    als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle


    Amtsgericht Köln


    IM NAMEN DES VOLKES



    Urteil


    In dem Rechtsstreit


    [Name]
    Klägerin,

    Prozessbevollmächtigte: [Name],


    gegen


    [Name]
    Beklagte,

    Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt Wagner Halbe Rechtsanwälte GbR, Hohenstaufenring 44-46, 50674 Köln,



    hat das Amtsgericht Köln, Abt. 526, auf die mündliche Verhandlung vom 18.07.2016 durch den Richter am Amtsgericht [Name] für Recht erkannt:
    1.) Die Klage wird abgewiesen.
    2.) Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
    3.) Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.



    Tatbestand:

    Die Klägerin behauptet, Inhaberin der Rechte an dem Film "[Name]" zu sein. Sie nimmt die Beklagte auf Schadensersatz wegen Filesharing dieses Films in Anspruch. Sie behauptet, die Firma [Name] habe zuverlässig festgestellt, dass der Film von dem Internetanschluss der Beklagten am xx.xx.2012 von [Uhrzeit] Uhr bis [Uhrzeit] Uhr im Wege des Filesharings verbreitet worden sei.

    Sie hält einen Lizenzschaden von 600,00 EUR und Abmahnkosten i.H.v. 506,00 EUR, basierend auf einem Gegenstandswert von 10.000,00 EUR, für angemessen.


    Sie beantragt,
    1.) die Beklagte zu verurteilen, an sie einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 600,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem xx.xx.2014 sowie
    2.) 506,00 EUR zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem xx.xx.2014 zu zahlen.


    Die Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen.

    Sie bestreitet die Rechteinhaberschaft der Klägerin mit Nichtwissen. Der Film sei ihr nicht bekannt.
    Sie bestreitet das Filesharing und verweist auf die Unzuverlässigkeit der Ermittlungen von IP-Adressen von Filesharern.

    Sie habe den Internetanschluss zum streitgegenständlichen Zeitraum - einem Sonntag-Vormittag - nicht genutzt; während dieses Zeitraums hätten ihr Ehemann und ihr zum Tatzeitpunkt volljähriger Sohn - die Zeugen [Name] und [Name] - den Internetanschluss genutzt.

    Die Klägerin hat hierauf repliziert, dass die Zeugen den Internetanschluss der Beklagten nicht mitbenutzt hätten.

    Wegen der näheren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

    Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen [Namen] in der mündlichen Verhandlung vom 18.07.2016, Bl. 246 ff. d. A., Bezug genommen.



    Entscheidungsgründe:

    Die Klage ist nicht begründet.

    Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung der Lizenzentschädigung von 600,00 EUR gemäß § 97 Abs. 2 Satz 3 UrhG.

    Es kann dahingestellt bleiben, ob die Klägerin die behaupteten Rechte an dem streitgegenständlichen Film hat; ebenso kann offen bleiben, ob das behauptete Filesharing zutreffend ermittelt worden ist und stattgefunden hat. Jedenfalls vermag das Gericht nicht davon auszugehen, dass die Beklagte Täterin dieses Filesharings war. Die Beweisaufnahme hat dies nicht ergeben. Die hierzu vernommenen Zeugen haben weitgehend übereinstimmend und durchaus glaubhaft ausgesagt, dass die Beklagte praktisch kein Internet nutzt. Sie besuche gelegentlich FACEBOOK, allerdings nur im Beisein des Zeugen [Name], ihres Ehemanns, da sie den Computer nicht alleine bedienen könne. Das Gericht hat keinerlei Anhaltspunkte für die Annahme, dass die Aussagen der Zeugen falsch sind und die Beklagte an einem Filesharing des Films beteiligt war.

    Es ist auch nicht von der Täterschaft der Beklagten auszugehen, weil eine Täterschaft der beiden als Zeugen vernommen Mitnutzer des Internetanschlusses nicht erwiesen ist. Die Haltung, einer der Nutzer müsse schon haften, wenn / weil nichts feststellbar ist, verletzt eklatant rechtsstreitliche Grundsätze. Selbst der Bundesgerichtshof hat die Beweislast des Rechteinhabers anerkannt (Urteil vom 08.01.2014 - I ZR 169/12 - "BearShare").


    Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Zahlung von Abmahnkosten i. H. v. 506,00 EUR gemäß § 97a Abs. 1 UrhG a. F.

    Die Beklagte haftet - wie oben aufgezeigt - nicht als Täterin. Die Klägerin kann sie auch nicht als Störerin in Anspruch nehmen. Es besteht die Möglichkeit, dass das Filesharing durch einen der beiden Zeugen als volljährige Familienangehörige der Beklagten verübt worden ist. Der Internetanschlussinhaber haftet aber nicht für illegales Filesharing volljähriger Familienangehöriger, es sei denn, dass er konkrete Anhaltspunkte für eine entsprechende Gefahr insoweit hatte (vgl. BGH, Urteil vom 08.01.2014 - I ZR 169/12 - "BearShare").

    Derlei Anhaltspunkte, die die Beklagte zum Einschreiten verpflichtet hätten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.


    Die Zinsansprüche entfallen mangels Hauptansprüchen.

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht nach §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


    Streitwert: 1.106,00 EUR.



    Rechtsbehelfsbelehrung:

    Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,

    1. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
    2. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
    Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem

    Landgericht Köln,
    Luxemburger Str. 101,
    50939 Köln,


    eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.

    Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Köln zu begründen.

    Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.

    Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.



    Rechtsmittelbelehrung:

    Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Amtsgericht Köln statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem

    Amtsgericht Köln,
    Luxemburger Str. 101,
    50939 Köln,


    schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden.

    [Name]
    Richter am Amtsgericht (...)


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

AG Köln, Urteil vom 08.08.2016, Az. 125 C 7/16,
Klage Waldorf Frommer,
Klage Constantin,
WAGNER HALBE Rechtsanwälte,
sekundäre Darlegungslast,
Rechtsanwalt Thilo Wagner

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AG Bielefeld, Az. 42 C 151/16

#10832 Beitrag von Steffen » Dienstag 18. Oktober 2016, 23:41

Rechtsanwalt Dr. Ralf Petring (Bielefeld):
Filesharing-Klage - Neue Hinweise des
Amtsgericht Bielefeld nach BGH-Urteil



23:40 Uhr


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Bild

Rechtsanwalt Dr. Ralf Petring


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Fon: 0521 557 331 33 | Fax: 0521 557 331 44
E-Mail: info@petrings.de | Web: petringlegal.blogspot.de



Bericht

Link:
http://petringlegal.blogspot.de/2016/10 ... ag_13.html



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Erhellende Hinweise zur Abwehr von Filesharing Klagen hat jetzt das Amtsgericht Bielefeld mit Beschluss vom 13.10.2016 (Az. 42 C 151/16) erteilt. Dabei greift es das aktuelle Urteil des BGH vom 06.10.2016 (I ZR 154/15) auf:

  • Der abgemahnte Internet-Anschlussinhaber hat nur sehr begrenzte Recherche-, Befragungs- und Auskunftspflichten.




Hier sind die richterlichen Hinweise im Einzelnen:

Das Gericht weist darauf hin, dass nunmehr höchstrichterlich geklärt bzw. klargestellt wurde, dass der Anschlussinhaber nicht verpflichtet ist, internetfähige Geräte der weiteren Nutzer seines Internetanschlusses auf das Vorhandensein von Filesharingsoftware oder der streitgegenständlichen Datei zu untersuchen oder gar die tatsächlich für die behauptete Rechtsverletzung verantwortliche Person zu ermitteln und zu benennen. Auch ist aufgrund der Besonderheiten bei Nutzung einer Filesharingsoftware kein konkreter Vortrag zu den An- und Abwesenheitszeiten des Anschlussinhabers und der Mitbenutzer im genauen Zeitpunkt der Rechtsverletzung erforderlich. Dies ergibt sich aus dem - noch nicht schriftlich begründeten - Urteil des Bundesgerichtshof vom 06.10.2016 (I ZR 154/15), mit welchem die Revision gegen das Urteil des Landgericht Braunschweig vom 01.07.2015, Az. 9 S 433/15 zurückgewiesen wurde.

Der Anschlussinhaber ist demnach lediglich verpflichtet, diejenigen Personen, die den Internetanschluss im Zeitpunkt der behaupteten Rechtsverletzung regelmäßig mitbenutzt haben, zu ermitteln und unter Angabe einer ladungsfähigen Anschrift namentlich zu benennen. Zu einem substantiierten Sachvortrag des Anschlussinhabers gehört es, die weiteren Nutzer nicht bloß namentlich zu benennen.

Ein substantiierter Sachvortrag verlangt vielmehr, dass der Anschlussinhaber nähere Angaben zum generellen Nutzungsverhalten der Personen, denen die Nutzung des Internetanschlusses gestattet wurde, macht. Hierzu gehören Angaben darüber, wie die Personen Zugang zum Internetanschluss erhalten haben (LAN oder WLAN, welche Verschlüsselung, Art des Passwortes, welches internetfähige Endgerät), wie häufig diese Personen das Internet genutzt haben (täglich, gelegentlich, selten oder fast gar nicht) und wozu das Internet generell genutzt wurde (z.B. Informationsbeschaffung, E-Mails, Online-Shopping, Nutzung sozialer Netzwerke, Spielen, Filesharing, Streaming, Skypen). Dies stellt - soweit es dem Anschlussinhaber bei Nutzung durch Familienangehörige nicht ohnehin bekannt ist - auch vor dem Hintergrund des Art. 6 GG keine überspannten Anforderungen an die Nachforschungspflicht des Anschlussinhabers dar.

Sofern ein derart substantiierter Sachvortrag des Anschlussinhabers vorliegt, ist es unter Berücksichtigung der allgemeinen Darlegungs- und Beweislastverteilung im Zivilprozess Aufgabe des Rechteinhabers, zu beweisen, dass die weiteren benannten Nutzer keinen Zugriff auf den Internetanschluss des Anschlussinhabers hatten und dass der Anschlussinhaber für die behauptete Rechtsverletzung verantwortlich ist.

Ob dem Rechteinhaber dieser Nachweis gelingt, ist dann eine Frage der tatrichterlichen Beweiswürdigung im Einzelfall. Die pauschal vertretene Ansicht, der Anschlussinhaber hafte immer dann, wenn kein weiterer Nutzer eine Tatbegehung eingeräumt habe, vermag angesichts der vorstehenden Ausführungen in dieser Allgemeinheit nicht zu überzeugen.

Die schriftlichen Entscheidungsgründe des BGH-Urteils vom 06.10.2016 liegen noch nicht vor. Dennoch konnte das Amtsgericht Bielefeld aus den Inhalten des vom BGH im Revisionsverfahren bestätigten Urteils des Landgerichts Braunschweig vom 01.07.2015 (Az. 9 S 433/14, 9 S 433/14 (59)) und aus den bei der öffentlichen Urteilsverkündung in Karlsruhe geäußerten Anmerkungen des I. Zivilsenats mit Recht die einleuchtenden Maßstäbe möglicher angemessener Rechtsverteidigung gegen Filesharing-Klagen aufstellen.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


AG Bielefeld, Beschluss vom 13.10.2016, Az. 42 C 151/16,
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Bielefelder Internetnutzungsvermutung

#10833 Beitrag von Steffen » Mittwoch 19. Oktober 2016, 10:10

AG Bielefeld, Beschluss vom 13.10.2016, Az. 42 C 151/16

oder das neue Bielefelder Internetnutzungvermutungsmodell



10:00 Uhr


Ich will ja nicht immer der Spielverderber sein ... ach egal, ich bin es einmal. Der Mensch ist halt ein Gewohnheitstier. Nun weiß ich nicht, ob das Bielefelder Erstgericht mit Shual(fuzius) in Kontakt steht und hier auch eine ähnliche Meinung vertritt, die da heißt: "Um einen BGH-Urteil in die Praxis umzusetzen, benötige ich nicht einmal einen Volltext!" Sicherlich ist dies und alles weitere - locker bleiben - überspitzt dargelegt oder sollte zur Diskussion anregen, oder zum Nachdenken, oder einfach nur zum über den Steffen Aufregen. Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut!

Wir haben doch - und es gibt keinen bekannten Volltext einer BGH-Entscheidung zu Filesharing Fälle die dem widerspricht - das "BGH Täterschaftsvermutungsmodell" (grob ausgedrückt). Jetzt präsentiert die souveräne Gerichtskonklave Bielefeld, ihr eigenständiges "Bielefelder Internetnutzungvermutungsmodell". Ich stelle die beiden einmal gegenüber.



... der beklagte AI, wird seiner sekundären Darlegungslast gerecht, wenn er vorträgt ...
BGH                                                                                                                    AG Bielefeld
1. ob und ggfl.                                                                                                     1. ob und ggfl.                                                                               
2. welche Nutzer zum Logg selbstständig Zugriff auf das Internet hatten             2. welche Nutzer selbstständig Zugriff auf das Internet haben können 
3. und als Täter in Betracht kommen                                                                    3. denn jetzt muss der Kläger beweisen, dass der Nutzer 
                                                                                                                             a) zum Logg keinen Zugriff hatte
                                                                                                                             b) und nicht als Täter in Betracht kommen kann.


Nun weiß ich nicht, ob man hier lachen oder weinen sollte. Was hier Seiten des AG Bielefeld gefordert wird ist nach m. E. einfach Murks. Dass was Bielefeld einfordert, sind konkrete Sachverhalte, wo der Kläger keine Einsicht hat, sondern nur der Beklagte allein.

BGH, Urteil vom 10. 02.2015, VI ZR 343/13 (zur sekundären Darlegungslast)
  • (...) Grundsätzlich muss zwar der Kläger alle Tatsachen behaupten und beweisen, aus denen sich sein Anspruch herleitet. (...) In bestimmten Fällen ist es aber Sache der Gegenpartei, sich im Rahmen der ihr nach § 138 Abs. 2 ZPO obliegenden Erklärungspflicht zu den Behauptungen der beweispflichtigen Partei substantiiert zu äußern. Eine solche sekundäre Darlegungslast, die die Verteilung der Beweislast unberührt lässt, setzt voraus, dass die nähere Darlegung dem Behauptenden nicht möglich oder nicht zumutbar ist, während der Bestreitende alle wesentlichen Tatsachen kennt und es ihm zumutbar ist, nähere Angaben zu machen (...)


Die Kernfrage ist doch eher - unter Berücksichtigung der BGH Rechtsprechung - wenn durch den Sachvortrag die tatsächliche Vermutung erschüttert wurde, (1) ob und ggfl. (2.) welche Nutzer zum Logg selbstständig Zugriff auf das Internet hatten und (3) als Täter in Betracht kommen

a) ist diese tatsächliche Vermutung im Grundsatz nicht mehr existent

oder

b) ist diese wieder (neu) anzunehmen, wenn innerhalb der Zeugenvernehmung
  • aa) der Zeuge die Täterschaft bestreitet
    ab) der Zeuge nicht als Täter in Betracht kommen kann.



Sicherlich werden jetzt viel Bielefeld - wie schon oft - euphorisch abfeiern und mich - auch wie so oft - verdammen, aber man sollte doch einmal abwarten, was die Volltextveröffentlichung zu I ZR 154/15 tatsächlich bringt.


Schon das Landgericht Braunschweig (Urteil vom 01.07.2015, Az. 9 S 433/14, 9 S 433/14 (59)) verkennt nach m. E. das Ausmaß der tatsächlichen Vermutung, in dem es sagt:
  • (...) Diese tatsächliche Vermutung greift aber nur dann ein, wenn es sich bei dem Anschlussinhaber um den alleinigen Nutzer des Anschlusses handelt, also nicht in Fällen, in denen Familienangehörige oder Bekannte des Anschlussinhabers bzw. unberechtigte Dritte als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen (BGH -Bearshare, Rn. 15) (...)

Der BGH-Entscheid "Tauschbörse III" (Urteil vom 11.06.2015, I ZR 75/14) - als letztes im Volltext erschienen - sagt zwar unstreitig:
  • (...) Allerdings spricht eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen diesen Internetanschluss benutzen konnten. (...)
... aber weiter,
  • (...) Eine die tatsächliche Vermutung ausschließende Nutzungsmöglichkeit Dritter ist anzunehmen, wenn der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde.
    (...)
    Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast vielmehr dadurch, dass er dazu vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. (...)

Selbst wenn man jetzt ausgeht, das zum Urteil des LG Braunschweig die Volltextveröffentlichung zu "Tauschbörse III" noch nicht vorlag, werden aber "BearShare" und"Morpheus" zitiert,

"BearShare" sagt in der Konstellation: weitere Mitnutzer unstreitig,
  • (...) Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast dadurch, dass er vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen (...)
Richtig, das "Morpheus" die tatsächliche Vermutung gegenüber den AI als nicht angenommen sah,
  • (...) Diese tatsächliche Vermutung ist im Streitfall jedoch entkräftet, da nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass allein ein Dritter und nicht auch der Anschlussinhaber den Internetzugang für die behauptete Rechtsverletzung genutzt hat. (...)
Aber nur, weil der Sohn des beklagten AI als Täter schon feststand.

Dann ist nach m. E. ist der BGH das höchste Gericht bei Zivilstreitigkeiten und nicht das Erstgericht Bielefeld. Dass man einen Täter namentlich benennen muss, dies hat der BGH noch nie verlangt; dass man den Rechner nicht durchsuchen muss ist auch o.k.; dass widersprechenden Zeugenaussage in Rahmen der richterliche Beweiswürdigung nicht dem beklagten AI zu Ungunsten angerechnet werden kann - in diesem Einzelfall (LG Braunschweig (Urteil vom 01.07.2015, Az. 9 S 433/14, 9 S 433/14 (59))- auch irgendwie Nachvollziehbar ...

... man sollte aber jetzt nicht - ohne Volltext zum BGH-Entscheid vom 06.10.2016 (I ZR 154/15) - die höchstrichterliche Rechtsprechung in Filesharing Fällen und zur sekundären Darlegungslast weiter - fehldeuten -. Etwas anderes, wenn es tatsächlich so im Volltext stehen würde, was ich aber nach m. E. bezweifle.

BGH-Entscheid "Tauschbörse III" (Urteil vom 11.06.2015, I ZR 75/14)
(...) Soweit die Revision geltend macht, Raum für eine tatsächliche Vermutung der Täterschaft des Beklagten bestehe nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht, wenn der Internetanschluss von mehreren Personen im Haushalt genutzt werde, lässt sie außer Acht, dass es nicht auf die Nutzungsmöglichkeit von Familienangehörigen im Allgemeinen, sondern konkret auf die Situation zum Verletzungszeitpunkt ankommt. (...)

VG Steffen

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LG Bielefeld, Az. 4 O 253/16

#10834 Beitrag von Steffen » Mittwoch 19. Oktober 2016, 23:04

NIMROD RECHTSANWÄLTE Bockslaff Strahmann GbR:
LG Bielefeld, Beschluss vom 26.09.2016, Az. 4 O 253/16
(Einstweilige Verfügung)



23:05 Uhr

Das Landgericht Bielefeld bestätigt erneut die Rechtsauffassung der NIMROD Rechtsanwälte. Antragsgemäß erließ des Gericht eine einstweilige Verfügung und Verbot dem Antragsgegner die Verbreitung eines Computerspiels in Tauschbörsen. Das Landgericht setzt den Streitwert wiederholt auf 30.000,00 EUR fest und bestätigt damit die eigene Rechtsprechung zum Gegenstandswert von Abmahnungen bei Computerspielen.


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


NIMROD RECHTSANWÄLTE
Bockslaff Strahmann GbR


Emser Straße 9 | 10719 Berlin
Tel.: +49 (0) 30 544 61 793 | Fax: +49 (0) 30 544 61 794
E-Mail: info@nimrod-rechtsanwaelte.de | Internet: www.nimrod-rechtsanwaelte.de




Bericht

Link:
https://nimrod-rechtsanwaelte.de/2016/1 ... 4-o-25316/

Einstweilige Verfügung als PDF:
https://nimrod-rechtsanwaelte.de/wp-con ... 253-16.pdf



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~





LG Bielefeld, Beschluss vom 26.09.2016, Az. 4 O 253/16


  • (...) Abschrift

    4 0 253/16

    Landgericht Bielefeld



    Beschluss

    In dem einstweiligen Verfügungsverfahren



    [Name],
    Antragstellerin,

    Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte NIMROD Bockslaff Scheffen, Emser Str. 9, 10719 Berlin,



    gegen


    [Name],
    Antragsgegner,

    wird im Wege der einstweiligen Verfügung wegen der Dringlichkeit des Falles ohne vorangegangene mündliche Verhandlung angeordnet:

    Dem Antragsgegner wird untersagt, das Werk [Name] ohne Bezeichnung für den Abruf durch andere Teilnehmer über das Internet bereitzustellen und damit der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.


    Dem Antragsgegner wird im Fall der Zuwiderhandlung angedroht:

    - die Festsetzung eines Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 250.000,00 EUR ersatzweise für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, die Anordnung von Ordnungshaft

    oder

    - die Anordnung unmittelbarer Ordnungshaft von bis zu 6 Monaten, bei mehreren oder wiederholten Zuwiderhandlungen bis zu insgesamt zwei Jahren.


    Die Kosten des Verfahrens werden dem Antragsgegner auferlegt.

    Der Verfahrenswert wird auf 30.000,00 EUR festgesetzt.



    Gründe:

    Der Sachverhalt ergibt sich aus der Antragsschrift, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird.

    Durch eidesstattliche Versicherung der Antragstellerin vom 19.09.2016 sind sowohl die den Anspruch (§ 97 Abs. 1 UrhG) begründenden Tatsachen als auch die Voraussetzungen glaubhaft gemacht, unter denen wegen des dringenden Verfügungsgrundes eine einstweilige Verfügung ohne mündliche Verhandlung erfolgen kann (§§ 935, 937 Abs. 2, 940 ZPO).


    Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.


    Rechtsbehelfsbelehrung:

    Gegen diesen Beschluss kann Widerspruch eingelegt werden. Dieser ist bei dem

    Landgericht Bielefeld,
    Niederwall 71,
    33602 Bielefeld,


    schriftlich in deutscher Sprache zu begründen.

    Die Parteien müssen sich durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere muss die Widerspruchsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.



    Bielefeld, 26.09.2016
    4. Zivilkammer - allgemein -


    [Name],
    Vorsitzender Richter am Landgericht

    [Name],
    Richterin am Landgericht

    [Name],
    Richterin (...)


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



LG Bielefeld, Beschluss vom 26.09.2016, Az. 4 O 253/16,
keine Abgabe einer Unterlassungserklärung,
Einstweiliges Verfügungsverfahren Nimrod,
NIMROD RECHTSANWÄLTE Bockslaff Strahmann GbR

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AG Bremerhaven, Az. 56 C 2009/15

#10835 Beitrag von Steffen » Mittwoch 19. Oktober 2016, 23:24

WALDORF FROMMER: Amtsgericht Bremerhaven - Kommen andere Personen nicht ernsthaft als Täter der Rechtsverletzung in Betracht, haftet der Inhaber des Internetanschlusses persönlich


23:25 Uhr



Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen. Die vor dem Amtsgericht Bremerhaven in Anspruch genommene Anschlussinhaberin hatte ihre eigene Verantwortlichkeit für den illegalen Upload eines Films bestritten und verwies darauf, dass auch ihre drei Kinder den Internetanschluss zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung hätten mitnutzen können. Deren Täterschaft könne daher nicht ausgeschlossen sein, so die Beklagte. Im weiteren Verfahrensverlauf stellte sie jedoch klar, dass keines ihrer Kinder die Rechtsverletzung begangen habe.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

Beethovenstraße 12 | 80336 München
Telefon: 089 / 52 05 72 10 | Telefax: 089 / 52 05 72 30
E-Mail: web@waldorf-frommer.de | Web: www.waldorf-frommer.de




Bericht

Link:
http://news.waldorf-frommer.de/waldorf- ... rsoenlich/

Urteil als PDF:
http://news.waldorf-frommer.de/wp-conte ... 009_15.pdf




Autorin
Rechtsanwältin Claudia Lucka



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Das Gericht hat der Klage des geschädigten Rechteinhabers in vollem Umfang stattgegeben. Es verurteilte die Anschlussinhaberin antragsgemäß, da von ihr bereits kein Vortrag geleistet wurde, der - statt ihrer selbst - eine andere Person als Täter in Betracht kommen ließ.
  • "Mittlerweile ist unstreitig, dass ihre - zunächst von der Beklagten angeführten - Kinder die Rechtsverletzung nicht begangen haben. [...] Damit kommen neben der Beklagten keine anderen Personen als Täter in Betracht, so dass die tatsächliche Vermutung für die Täterschaft der Beklagten nicht erschüttert ist."
Auch die Einwände der Beklagten gegen die Rechteinhaberschaft der Klägerin überzeugten das Gericht nicht.
  • "Für die Rechteinhaberschaft streitet insbesondere der ©-Vermerk auf dem DVD-Cover (Anlage K 1), der die Klägerin als Rechteinhaberin ausweist [...]. Die Beklagte hat demgegenüber nichts vorgetragen, was die Rechteinhaberschaft der Klägerin in Frage stellen könnte. Sie hat sich lediglich auf ein Bestreiten mit Nichtwissen beschränkt, aber nicht dargelegt, wer denn ihrer Auffassung nach als abweichender Rechteinhaber in Betracht kommen möge."
Auch der beantragte Mindestschadensersatz in Höhe von EUR 600,- sowie der angesetzte Gegenstandswert von EUR 10.000,- wurden vom Gericht als angemessen bestätigt.
  • "Der Klägerin ist ein Schadensersatz in Höhe von 600,00 EUR zuzuerkennen, § 278 ZPO. [...] Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Lizenz hätte beinhalten müssen, die Berechtigung, das Filmwerk einer unbestimmten und von der Beklagten auch nicht mehr kontrollierbaren Anzahl von Personen zugänglich zu machen. Wie viele Personen tatsächlich Zugriff hatten und nahmen, spielt dabei keine Rolle, weil es von den Parteien nicht beeinflussbar gewesen wäre. Als Schätzungsgrundlage dienten dem Gericht dabei auch die umfangreichen Darlegungen der Klägerin in der Klageschrift, denen die Beklagte nicht substantiiert entgegen getreten ist.
    [...]
    Der angesetzte Gegenstandswert von 10.000,00 EUR für die Unterlassung der öffentlichen Zugänglichmachung eines Filmwerkes ist nicht zu beanstanden (eher höher: OLG Köln, Urteil vom 18.10.2013 - Az. 6 U 93/13). Ebenso wenig ist die angesetzte 1,0-Geschäftsgebühr zu beanstanden.
    [...]
    Die Höhe der Rechtsverfolgungskosten ist auch nicht nach § 97 a Abs. 2 UrhG a.F. gedeckelt. Denn es handelt sich bei Filesharingfällen selbst bei Anbieten nur eines Musikstücks - nicht um unerhebliche Rechtsverletzungen im Sinne der vorgenannten Vorschrift [...]."




AG Bremerhaven, Urteil vom 24.08.2016, Az. 56 C 2009/15


  • (...) - Vollstreckbare Ausfertigung -

    Amtsgericht Bremerhaven

    56 C 2009/15


    Verkündet am 24.08 2016
    [Name], Justizobersekretär
    als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle


    Im Namen des Volkes


    Urteil


    In dem Rechtsstreit


    [Name],
    Klägerin

    Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte Waldorf Frommer, Beethovenstraße 12, 80336 München,



    gegen


    [Name],
    Beklagte

    Prozessbevollmächtigte: [Name],


    hat das Amtsgericht Bremerhaven im schriftlichen Verfahren gem. § 128 ZPO mit einer Erklärungsfrist bis zum 12.08.2016 durch den Richter am Amtsgericht [Name] für Recht erkannt:
    1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.106,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 20.02.2015 zu zahlen.
    2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
    3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten bleibt nachgelassen, die vorläufige Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.



    Tatbestand

    Die Klägerin macht Ansprüche aus behaupteten Urheberechtsverletzungen im Wege des Filesharings geltend. Streitgegenständlich ist der Film [Name]. Die Klägerin mahnte die Beklagte wegen eines vermeintlichen Urheberrechtsverstoßes anwaltlich am [Datum] ab und forderte die Beklagte zur Zahlung von Schadensersatz sowie zur Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten auf. Die Beklagte gab eine Unterlassungserklärung ab, eine Zahlung leistete sie nicht. Die Klägerin mahnte die ihrer Auffassung nach ausstehenden Zahlungen mehrfach an, zuletzt unter Fristsetzung zum [Datum].

    Die Klägerin behauptet an dem Filmwerk [Name] ausschließliche Rechte innezuhaben.

    Durch ein Drittunternehmen sei mit Hilfe des "Peer-to-Peer Forensic System" (im Folgenden: PFS) ermittelt worden, dass unter einer IP, die nach Auskunft des Providers (insoweit unstreitig) zum entsprechenden Zeitpunkt dem Anschluss der Beklagten zugeordnet gewesen sei, vom [Datum/Uhrzeit] bis [Datum/Uhrzeit] der Film zum Herunterladen angeboten worden sei.

    Nach der Lizenzanalogie betrage der Schaden der Klägerin mindestens 600,00 EUR. Für die vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten sei ein Gegenstandswert von 10.000,00 EUR anzusetzen, wonach sich vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten von 506,00 EUR errechneten.



    Die Klägerin beantragt,
    die Beklagte zu verurteilen, an sie, die Klägerin,
    1. einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt werde, der jedoch nicht weniger als 600,00 EUR betragen solle, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 20.02.2015 sowie
    2. 506,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 20.02.2015 zu zahlen.



    Die Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen.

    Die IP-Adresse sei nicht richtig ermittelt. Sie habe die Rechtsverletzung nicht begangen. Der Klägerin sei kein Schaden entstanden, zumindest sei er zu hoch bemessen. Der Gegenstandswert für die Unterlassung sei ebenfalls zu hoch, da der Streitwert per Gesetz gedeckelt sei. Zwischen Klägerin und ihrer Prozessbevollmächtigten werde sicherlich nicht nach RVG abgerechnet.


    Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätzen nebst Anlagen Bezug genommen.



    Entscheidungsgründe

    Die zulässige Klage ist begründet. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche aus §§ 97 Abs. 2, 97a Abs. 1 S. 2 a.F. UrhG zu.


    1.

    Die Klägerin ist zur Geltendmachung der Ansprüche berechtigt, weil sie nach Überzeugung des Gerichts Inhaberin:ausschließlicher Nutzungsrechte im Sinne von § 31 Abs. 3 UrhG ist. Für die Frage der Rechteinhaberschaft ist in jedem Fall ein Indizienbeweis zulässig, bei dem mittelbare Tatsachen die Grundlage für die Annahme der Rechtsinhaberschaft liefern (BGH, Urteil vom 11.06.2015 - I ZR-19/14 - Tauschbörse I, Rn. 20). Für die Rechteinhaberschaft streitet insbesondere der ©-Vermerk auf dem DVD-Cover (Anlage K1), der die Klägerin als Rechteinhaberin ausweist, vgl. auch § 10 Abs. 2 UrhG. Auf der Rückseite der DVD-Hülle heißt es zudem: "Die [Klägerin] ist Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte." Die Beklagte hat demgegenüber nichts vorgetragen, was die Rechteinhaberschaft der Klägerin in Frage stellen könnte. Sie hat sich lediglich auf ein Bestreiten mit Nichtwissen beschränkt, aber nicht dargelegt, wer denn ihrer Auffassung nach als abweichender Rechteinhaber in Betracht kommen möge.


    2.

    Das Anbieten zum Herunterladen stellt eine öffentliche Zugänglichmachung des Werkes dar, also eine Verwertungshandlung. Dass die Beklagte zu derartigen Verwertungshandlungen nicht berechtigt war, steht nicht in Streit.


    3.

    Das Gericht ist des Weiteren überzeugt, dass die Rechtsverletzung vom Anschluss der Beklagten erfolgt ist. Das von der Klägerin bzw. einem von ihr eingeschalteten Dienstleister eingesetzte PFS ist bereits vielfach Gegenstand von Sachverständigengutachten gewesen und hat keinen Anhaltspunkt für Fehler gegeben (OLG Köln, Beschluss vom 19.10.2015 - Az. 6 W 111/15, Rn. 9). Die Beklagte zeigt auch im hiesigen Fall keinen Fehler auf, sondern bestreitet nur pauschal. Dass die IP im Tatzeitpunkt dem Anschluss der Beklagten zugeordnet war, ist unstreitig.


    4.

    Die Beklagte ist zudem als Täterin der Urheberrechtsverletzung anzusehen. Es spricht eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen diesen Internetanschluss benutzen konnten. Eine die tatsächliche Vermutung ausschließende Nutzungsmöglichkeit Dritter ist auch anzunehmen, wenn der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde. In diesen Fällen trifft den Inhaber des Internetanschlusses jedoch eine sekundäre Darlegungslast. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast dann dadurch, dass er dazu vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen (BGH, Urteil vom 11.06.2015 -1 ZR 75/14 - Tauschbörse III, Rnr. 37).

    Derartige andere Personen hat die Beklagte jedoch nicht vorgetragen. Mittlerweile ist es unstreitig, dass ihre zunächst von der Beklagten angeführten Kinder die Rechtsverletzung nicht begangen haben. Das haben nämlich beide Parteien bestritten. Damit kommen neben der Beklagten keine anderen Personen als Täter mehr in Betracht, so dass die tatsächliche Vermutung für die Täterschaft der Beklagten nicht erschüttert ist.


    5.

    Die Beklagte handelte zumindest fahrlässig. Die Beklagte hätte erkennen können und müssen, dass sie zur öffentlichen Zugänglichmachung ng nicht befugt war, ebenso, dass durch das Teilen in Tauschbörsen das Werk öffentlich zugänglich gemacht wird. Hiergegen wird von der Beklagten auch nichts erinnert.


    6.

    In der Höhe ist die Klage ebenfalls begründet.


    a)

    Der Klägerin ist ein Schadensersatz in Höhe von 600,00 EUR zuzuerkennen, § 287 ZPO. Dieser bestimmt sich nach der von der Klägerin als Berechnungsmethode gewählten Lizenzanalogie. Danach ist eine - fiktive - angemessene Lizenzgebühr zu entrichten. Da es insoweit an Vergütungsrichtlinien fehlt, ist die Höhe zu schätzen, § 287 ZPO (Reber in BeckOK / UrhG, Stand 01.01.2016, § 97 Rn. 125 m.w.N.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Lizenz hätte beinhalten müssen die Berechtigung, das Filmwerk einer unbestimmten und von der Beklagten auch nicht mehr kontrollierbaren Anzahl von Personen zugänglich zu machen. Wie viele Personen tatsächlich Zugriff hatten und nahmen, spielt dabei keine Rolle, weil es von den Parteien nicht beeinflussbar gewesen wäre. Als Schätzgrundlage dienten dem Gericht dabei auch die umfangreichen Darlegungen der Klägerin in der Klageschrift, denen die Beklagte nicht substantiiert entgegen getreten ist. Alles in allem sind danach 600,00 EUR angemessen (vgl. auch OLG Köln, Urteil vom 18.10.2013 - Az. 6 U 93/13).


    b)

    Die Rechtsverfolgungskosten schuldet die Beklagte aus § 97a Abs. 1 S. 2 UrhG in der bis Oktober 2013 geltenden Fassung, weil die Abmahnung berechtigt war. Für den Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten kommt es auf die zum Zeitpunkt der Abmahnung geltende Rechtslage an (BGH, Urteil vom 19.05.2010 - I ZR 140/08, Rn. 17). Der angesetzte Gegenstandswert von 10.000,00 EUR für die Unterlassung der öffentlichen Zugänglichmachung eines Filmwerks ist nicht zu beanstanden (eher höher: OLG Köln, Urteil vom 18.10.2013 - Az. 6 U 93/13). Ebenso wenig ist die angesetzte 1,0-Geschäftsgebühr zu beanstanden. Ihr tritt die Beklagte auch nicht entgegen. Damit errechnen sich nach RVG in der bis Juli 2013 geltenden Fassung inklusive Post- und Telekommunikationspauschale 506,00 EUR.

    Die Höhe der Rechtsverfolgungskosten ist auch nicht nach § 97a Abs. 2 UrhG a.F. gedeckelt. Denn es handelt sich bei Filesharingfallen - selbst bei Anbieten nur eines Musikstücks - nicht um unerhebliche Rechtsverletzungen im Sinne der vorgenannten Vorschrift (OLG Frankfurt/M., Urteil vom 15.07.2014 - Az. 11 U 115/13).

    Die Verpflichtung zur Zahlung entfällt auch nicht etwa deswegen, weil die Beklagte behauptet, die Klägerin habe tatsächlich wegen einer Honorarvereinbarung mit ihren Anwälten einen geringeren Schaden. Diese ins Blaue hinein getätigte und von der Klägerin bestrittene Behauptung hat die Beklagte nicht bewiesen, auch keinen Beweis angeboten.


    c)

    Die zugesprochenen Zinsen rechtfertigen sich angesichts der mehrfachen Mahnungen aus §§ 286, 288 BGB.


    7.

    Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.



    Rechtsbehelfsbelehrung

    Diese Entscheidung kann mit der Berufung angefochten werden. Sie ist einzulegen innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem

    Landgericht Bremen,
    Domsheide 16,
    28195 Bremen.


    Die Frist beginnt mit der Zustellung der in vollständiger Form abgefassten Entscheidung. Die Berufung ist nur zulässig, wenn_der Beschwerdegegenstand 600,00 EUR übersteigt oder das Gericht die Berufung in diesem Urteil zugelassen hat. Zur Einlegung der Berufung ist berechtigt, wer durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Die Berufung wird durch Einreichung einer Berufungsschrift eingelegt. Die Berufung kann nur durch einen Rechtsanwalt eingelegt werden.

    [Name],
    Richter am Amtsgericht



    Beschluss

    Der Streitwert wird auf 1.106,00 EUR festgesetzt.

    Die Rechtsverfolgungskosten waren voll zu berücksichtigen, da in diesem Verfahren keine Nebenforderung. Die zugrunde liegenden Unterlassungsansprüche waren nicht Gegenstand des Rechtsstreits.



    Rechtsbehelfsbelehrung

    Diese Entscheidung kann mit der Beschwerde angefochten werden. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache rechtskräftig geworden ist oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem

    Amtsgericht Bremerhaven,
    Nordstr. 10,
    27580 Bremerhaven


    eingeht.

    Wird der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt, kann die Beschwerde innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung der Festsetzung bei dem Gericht eingelegt werden.

    Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Gericht die Beschwerde zu diesem Beschluss zugelassen hat.

    Beschwerdeberechtigt ist, wer durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Die Beschwerde wird durch Einreichung einer Beschwerdeschrift oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle des genannten Gerichts eingelegt. Sie kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichts erklärt werden, wobei es für die Einhaltung der Frist auf den Eingang bei dem genannten Gericht ankommt. Sie ist von dem Beschwerdeführer oder seinem Bevollmächtigten zu unterzeichnen. Die Beschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Soll die Entscheidung nur zum Teil angefochten werden, so ist der Umfang der Anfechtung zu bezeichnen.


    [Name],
    Richter am Amtsgericht (...)



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

AG Bremerhaven, Urteil vom 24.08.2016, Az. 56 C 2009/15,
Rechtsanwältin Claudia Lucka,
WALDORF FROMMER Rechtsanwälte,
Klage Waldorf Frommer,
sekundäre Darlegungslast,
tatsächliche Vermutung

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Steffen
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AG Stuttgart, Az. 4 C 1254/16

#10836 Beitrag von Steffen » Donnerstag 20. Oktober 2016, 00:44

Wilde, Beuger, Solmecke Rechtsanwälte:
Filesharing Sieg von WBS - Spitzen Urteil aus Stuttgart!



00:44 Uhr


Die Kanzlei WILDE BEUGER SOLMECKE hat einen bemerkenswerten Filesharing Erfolg vor dem Amtsgericht Stuttgart errungen. Das Gericht weist zu Recht darauf hin, dass die Abmahnindustrie durch kein "Sonderbeweisrecht" privilegiert werden darf.


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Bild

Rechtsanwalt Christian Solmecke, LL.M.



WILDE BEUGER SOLMECKE Rechtsanwälte GbR

Kaiser-Wilhelm-Ring 27-29 | 50672 Köln
Tel.: 0221 / 951 563 0 | Fax: 0221 / 400 675 52
E-Mail: info@wbs-law.de | Web: www.wbs-law.de




Bericht


Link:
https://www.wbs-law.de/abmahnung-filesh ... art-69575/

Urteil als PDF:
https://www.wbs-law.de/wp-content/uploa ... 254_16.pdf



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Ein Familienvater hatte eine Filesharing Abmahnung von NIMROD Rechtsanwälte erhalten. Diese warf ihm vor, dass er über seinen Internetanschluss das Computerspiel "Landwirtschaftssimulator 2013" verbreitet hat. Die Kanzlei Nimrod Rechtsanwälte forderte im Auftrag der Astragon Entertainment GmbH 5.000,00 EUR Schadensersatz. Außerdem soll er für die Abmahnkosten in Höhe von 1.336,90 EUR aufkommen.

Nachdem der Abgemahnte die Zahlungen verweigert hatte, verklagte ihn NIMROD Rechtsanwälte. Die Kanzlei verlangte vom Anschlussinhaber 2.000,00 EUR Schadensersatz sowie Zahlung der Anwaltskosten von 1.099,00 EUR. Demgegenüber wiesen wir das Gericht darauf hin, dass der Anschluss zum Zeitpunkt der Urheberrechtsverletzung ebenfalls von seiner Frau und seinen beiden Söhnen benutzt worden ist. Hierfür nutzen diese ihren eigenen Rechner beziehungsweise Tablet.

Das Amtsgericht Stuttgart wies daraufhin die Klage von MIMROD Rechtsanwälte mit Urteil vom 31.08.2016 (Az. 4 C 1254/16) im vollen Umfang ab.



Filesharing: Verteidigung genügte sekundärer Darlegungslast

Ein Anspruch der Rechteinhaberin auf Schadensersatz nach § 97 UrhG scheidet aus, weil hier die Filesharing Täterschaftsvermutung gegenüber dem Anschlussinhaber nicht greift. Die Verteidigung des Abgemahnten genügte den Anforderungen im Rahmen der sekundären Darlegungslast. Denn er hatte konkret erläutert, wer von seinen Angehörigen als Alleintäter infrage kommt. Darüber hinaus reichten die Ausführungen zum Nutzungsverhalten von Frau und Kindern vollkommen aus. Zu weitergehenden Nachforschungen sowie zur Überführung des wirklichen Täters war der Anschlussinhaber hingegen nicht verpflichtet. Vor allem brauchte er die Rechner seiner Angehörigen nicht zu auf Filesharing Software zu untersuchen. Vielmehr reichte es aus, dass er die konkrete Möglichkeit der Nutzung durch Dritte aufgezeigt hatte.



Abgemahnter Anschlussinhaber trägt nicht die Beweislast

In diesem Zusammenhang führte das Amtsgericht Stuttgart aus, dass der Anschlussinhaber die im Rahmen seiner Verteidigung vorgebrachten Tatsachen nicht nachweisen muss. Denn dies würde der gesetzlichen Beweislastverteilung nicht gerecht. Hiernach bleibt die Rechteinhaberin als Klägerin voll beweisbelastet hinsichtlich der vorgeworfenen Tat der Urheberrechtsverletzung. Von daher ist die gegenteilige Ansicht nicht haltbar, die insbesondere das Oberlandesgericht München in dem Fall "Loud" vertreten hat (OLG München, Urteil vom 14.01.2016 Az. 29 U 2593/15).



Kein Filesharing "Sonderbeweisrecht" zugunsten der Musikindustrie

Hierbei weist das AG Stuttgart zutreffend darauf hin, dass zum Schutze der Rechteinhaber kein "Sonderbeweisrecht" geschaffen werden darf.



Keine Haftung wegen Verletzung der Aufsichtspflicht

Ebenso wenig kommt eine Haftung des Familienvaters wegen Verletzung seiner Aufsichtspflicht nach § 832 BGB in Betracht. Hiergegen spricht bereits, dass keiner der beiden Söhne des Filesharing überführt worden ist.



Störerhaftung scheidet aus

Eine Heranziehung des Vaters im Wege der Störerhaftung scheidet laut Amtsgericht Stuttgart aus, weil er keine Belehrungspflicht gegenüber seiner Frau als mögliche Filesharing Täterin hatte. Ob gegenüber den minderjährigen Söhnen eine Belehrungspflicht bestand, ließ das Gericht dahinstehen. Denn es stand ja nicht fest, dass eine der Söhne die Urheberrechtsverletzung begangen hatte.



Fazit:

Die ausführliche Begründung dieses Gerichtes ist wirklich lesenswert. Es setzt sich eingehend mit der Beweislastverteilung beim Filesharing auseinander und steht im Einklang mit der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes. Dieser hat im Rahmen einer von unserer Kanzlei kürzlich erstrittenen Grundsatzentscheidung der Musikindustrie eine Abfuhr erteilt (Urteil vom 06.10.2016, BGH Az. I ZR 154/15). Das höchste deutsche Zivilgericht hat darauf hingewiesen, dass keine zu strengen Anforderungen an die Verteidigung des Abgemahnten gestellt werden dürfen. Dieser braucht lediglich vorzutragen, welche Personen Zugang zum Anschluss gehabt haben. Er muss jedoch nicht den wirklichen Täter der Musikindustrie ans Messer liefern. (HAB)




Weitere Informationen zu erfolgreichen Filesharing-Verfahren der Kanzlei WILDE BEUGER SOLMECKE erhalten Sie unter folgendem Link:

Gewonnene Filesharing-Verfahren der Kanzlei WILDE BEUGER SOLMECKE







AG Stuttgart, Urteil vom 31.08.2016, Az. 4 C 1254/16


  • (...) Beglaubigte Abschrift

    Aktenzeichen:
    4 C 1254/16


    Amtsgericht Stuttgart


    Im Namen des Volkes

    Urteil

    In dem Rechtsstreit



    [Name],
    - Klägerin -

    Prozessbevollmächtigte: [Name],


    gegen


    [Name],
    - Beklagter -

    Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Wilde Beuger Solmecke, Kaiser-Wilhelm-Ring 27-29, 50672 Köln,



    wegen Kostenerstattung und Schadenersatz aus Urheberrechtsverletzung


    hat das Amtsgericht Stuttgart durch die Richterin am Amtsgericht [Name] auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 16.08.2016 für Recht erkannt:
    1. Die Klage wird abgewiesen.
    2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
    3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.


    Streitwert: 3.099,00 EUR



    Tatbestand

    Die Klägerin begehrt Schadensersatz und Erstattung von Anwaltskosten für das angebliche widerrechtliche Zugänglichmachen des Computerspiels "[Name]" durch den Beklagten. Die Klägerin trägt vor, ihr stünden die ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrechte an dem Computerspiel zu. Das Werk sei am [Datum/Uhrzeit] und am [Datum/Uhrzeit] im Rahmen einer Internet-Tauschbörse von dem Internetanschluss mit der IP-Adresse [IP] und [IP] angeboten worden. Dies sei durch die von ihr mit der Recherche von Urheberrechtsverletzungen im Internet beauftragten Firma Excipio festgestellt worden.

    Nach Durchführung des Gestattungsverfahrens vor dem Landgericht [Name] habe der Provider die vorstehenden Datensätze dem Internetanschluss des Beklagten zugeordnet.

    Die Klägerin hat sodann mit anwaltlichem Schreiben vom 07.11.2014 den Beklagten abgemahnt, zur Abgabe einer Unterlassungsverpflichtung und zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 5.000,00 EUR sowie zur Erstattung von Anwaltskosten in Höhe von 1.336,90 EUR aufgefordert. Dem Beklagten wurde ein Vergleichsangebot zur Zahlung eines Gesamtbetrages in Höhe von 850,00 EUR unterbreitet.

    Der Beklagte gab die Unterlassungserklärung ab, leistete jedoch keine Zahlung.

    Die Klägerin begehrt nunmehr Schadensersatz nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie in Höhe von mindestens 2.000,00 EUR.

    Sie ist der Ansicht, für die Berechnung der Schadenshöhe sei der 400-fache Wert einer Lizenz im Verletzungszeitpunkt anzunehmen. Bei der Schadensbemessung sei zu berücksichtigen, dass das Spiel äußerst erfolgreich gewesen sei und einen Verkaufspreis von 19,99 EUR erzielt habe.

    Für die geforderten Abmahnkosten ist nach Ansicht der Klägerin ein Gegenstandswert für die Unterlassung in Höhe von 30.000,00 EUR anzusetzen. Zuzüglich des geforderten Schadensersatzes seien daher Anwaltskosten in Höhe von 1.099,00 EUR netto aus einem Gegenstandswert in Höhe von 35.000,00 EUR entstanden.

    Die Klägerin behauptet eine Täterschaft des Beklagten und bestreitet eine Tatbegehung durch Dritte. Sie ist der Ansicht, der Beklagte habe mit der Angabe der möglichen Täterschaft seiner ehemaligen Ehefrau und seiner beiden minderjährigen Söhne seine sekundäre Darlegungslast nicht erfüllt, wobei seitens der Klägerin auch die Existenz der beiden Söhne bestritten wird.



    Die Klägerin beantragt:
    1. Der Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von Anwaltskosten in Höhe von 1.099,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit Rechtshängigkeit freizustellen.
    2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen angemessenen Schadensersatz zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der den Betrag von 2.000,00 EUR zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit Rechtshängigkeit nicht unterschreiten sollte.



    Der Beklagte beantragt:
    Klagabweisung.

    Der Beklagte bestreitet die Rechteinhaberschaft der Klägerin, die ordnungsgemäße Ermittlung der IP-Adressen sowie die zutreffende Zuordnung dieser an seinen Internetanschluss durch den Provider.

    Der Beklagte bestreitet weiter die im Streit stehende Rechtsverletzung begangen zu haben.

    Zum Tatzeitpunkt sei der Internetanschluss neben ihm von seiner damaligen Ehefrau und seinen am xx.xx.1977 und xx.xx.2004 geborenen Söhnen benutzt worden. Alle Personen hätten hierbei über einen eigenen Computer bzw. Tablet verfügt.

    Zwar hätten seine Familienangehörige auf entsprechende Nachfragen seinerseits die Benutzung einer Tauschbörsensoftware nicht eingeräumt; ausschließen könne er eine solche Nutzung jedoch trotzdem nicht.

    Das WLAN sei individuell passwortgesichert und nach WPA 2 verschlüsselt gewesen. Seine beiden Söhne habe er auch explizit den Umgang mit Tauschbörsen verboten.

    Der Beklagte bestreitet ferner die von der Klägerin geltend gemachte Schadensersatzhöhe sowie die Angemessenheit des von der Klägerin angesetzten Gegenstandswertes für die Abmahnung.


    Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.



    Entscheidungsgründe


    I.

    Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.


    A)

    Das angerufene Gericht ist sachlich gem. §§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG und örtlich gem. § 104 a Abs. 1 UrhG in Verbindung mit § 105 Abs. 2 UrhG und § 13 der Zuständigkeitsverordnung JuBW zuständig.


    B)

    Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 2.000,00 EUR gern. § 97 Abs. 2 S 1 UrhG.

    Auch bei Annahme einer Rechteinhaberschaft der Klägerin und der weiteren Annahme, dass sowohl die Ermittlungen der Fa. [Name] und der Beauskunftung durch den Provider zutreffend waren, ist eine Schadensersatzpflicht des Beklagten nicht gegeben.


    1.

    Die Klägerin hat den ihr obliegenden Nachweis einer Täterschaft des Beklagten nicht erbracht.


    a)

    Wird über ein Internetanschluss eine Rechtsverletzung begangen, ist eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers nicht begründet, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung (auch) andere Personen diesen Anschluss benutzen konnten. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Internetanschluss zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde.

    Den Beklagten trifft als Inhaber des Internetanschlusses allerdings eine sekundäre Darlegung; dieser genügt er dadurch, dass er vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen BGH, Urteil vom 08.01.2014, I ZR 169/12, "BearShare").

    Dem Anschlussinhaber obliegt es somit im Sinne einer sekundären Darlegungslast einen ebenso möglichen Geschehensablauf vorzutragen, nach dem die Tatbegehung durch einen Dritten ernsthaft in Betracht kommt. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen verpflichtet (vgl. BGH, "BearShare").

    Wie weit diese Nachforschungspflicht reicht und wie substantiiert der Vortrag des Beklagten zur Mitbenutzungsmöglichkeit seines Anschlusses durch Dritte sein muss, ist in der Rechtsprechung und Literatur umstritten.

    Ungenügend ist ein Vortrag dahingehend, nicht namentlich benannte Dritte hätten den Anschluss mitbenutzen können, bzw. die pauschale Vermutung, Dritte hätten unberechtigterweise den Anschluss "gehackt".

    Dies würde den Sinn der sekundären Darlegungslast zuwiderlaufen, welche den Rechteinhaber nicht nur die Kenntnis von rein theoretischen Geschehensabläufen bzw. entfernt liegenden Möglichkeiten eines Zugriffs von Dritten vermitteln, sondern den Rechteinhaber in die Lage versetzen soll, anhand der dargelegten Fakten sich ein konkretes Bild von dem seitens des Anschlussinhabers geschilderten Sachverhalt zu machen und sein weiteres Vorgehen darauf abzustimmen.

    Der Beklagte hat, nachdem er alle Familienmitglieder angehört hat, konkret zu möglichen Alleintätern sowie zu deren Nutzungsverhalten vorgetragen; er hat seine Darlegungslast auch nicht deshalb verletzt, weil er seinen Familienangehörigen insofern glaubte, dass sie nicht Täter waren, bzw. er keine Vermutung hinsichtlich der Täterschaft eines Familienmitglieds äußerte (vgl. AG Saarbrücken, Urteil vom 14.10.2015, Az. 121 C 135/15, wonach dem Beklagten gem. § 138 Abs. 3 ZPO lediglich die Benennung von Tatsachen obliegt, er indes keine Wertung vorzunehmen hat).

    Eine weitergehende Nachforschung und daraus resultierende Darlegungslast obliegt dem Beklagten nicht. Die sekundäre Darlegungs- und Nachforschungspflicht geht nicht so weit, dass sie nur dann als erfüllt angesehen werden kann, wenn der Anschlussinhaber ein Alleintäter individuell namentlich benennt. Vielmehr ist eine Konkretisierung dergestalt ausreichend, dass ein klar abgrenzbarer Personenkreis zum Tatzeitpunkt tatsächlich Zugang zum Internet hatte und dieser Personenkreis namentlich benannt wird (vgl. LG Köln, Urteil vom 05.06.2013, Az. 28 0 346/12). In diesem Umfang besteht im Rahmen des Zumutbaren auch eine Nachforschungspflicht (so BGH, "BearShare" a.a.O.). Der Beklagte war, da er in dem geforderten Umfang aufgrund seiner Nachforschung vortragen konnte und auch vorgetragen hat, zu weiteren Nachforschungen nicht verpflichtet; insbesondere nicht, die vorhandenen Computer auf Filesharing-Software zu untersuchen.

    Wie bereits ausgeführt, ist der Anschlussinhaber aufgrund seiner sekundären Darlegungslast nicht gehalten, Nachforschungen in einem Umfang zu betreiben, weiche über die Aufzeigung der konkreten Möglichkeit der Benutzung des Internets durch Dritte und deren Benennung hinausgehen. Nachforschungen, die die Benennung eines konkreten individuellen Täters ermöglichen, verknüpft mit einer folgenden Benennungspflicht des Täters, würde den Umfang der dem Anschlussinhaber obliegenden Darlegungslast sprengen.

    Auch würde dies entgegen der Rechtsprechung des BGH über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast des Anschlussinhabers hinausgehen und diesen dazu verpflichten, dem Anspruchssteller alle von diesem benötigten Informationen zu verschaffen; hierzu ist der Anschlussinhaber jedoch gerade nicht verpflichtet (vgl. BGH, "BearShare"; LG Düsseldorf, Urteil, Az. 12 0 579/10; Koch, jurisPR-ITR 6/2016, Anm. 5).

    Die sekundäre Darlegungslast und Nachforschungspflicht in einem Maße auszudehnen, dass sie nur dann als erfüllt erachtet wird, wenn der Anschlussinhaber zu Nachforschungen in einer Weise verpflichtet wird, die ihm die Benennung eines konkreten Täters ermöglichen und ihn zur Benennung sodann zu verpflichten, würde konkret dazu führen, dass der Anschlussinhaber auf diesem Weg den Beweis des Gegenteils zu erbringen hätte.

    Der Beklagte hat somit vorliegend seine Darlegungs- und Nachforschungsverpflichtung erfüllt.


    b)

    Da die im Rahmen der sekundären Darlegungslast vorgetragene Tatsachen seitens der Klägerin bestritten wurden, ist die Frage zu klären, wem diesbezüglich die Beweislast aufzuerlegen ist. Dies ist in Rechtsprechung und Literatur strittig.

    Ein Großteil der Rechtsprechung geht davon aus, dass bei ausreichend sekundärer Darlegung nicht der Anschlussinhaber, sondern der Rechteinhaber, die vom Verletzer aufgestellten Behauptungen widerlegen muss (vgl. LG Braunschweig, Urteil vom 01.07.2015, Az. 9 S 433/14, mit zahlreichen weiteren Nachweisen).

    Nach anderer Ansicht hat der Anschlussinhaber zwar nicht die "alleinige Verantwortlichkeit der anderen (Beweis des Gegenteils), aber die für ihre ernsthafte Möglichkeit sprechende Umstände zu beweisen (Gegenbeweis)" (so OLG Köln, Urteil vom 14.03.2014, Az. 6 U 210/12; LG Stuttgart, Urteil vom 21.04.2015, Az. 17 0 329/14).

    Übereinstimmend berufen sich alle Gerichte für ihre Ansicht auf die Rechtsprechung des BHG.

    Dies dürfte darin begründet sein, dass der BGH sowohl eine "Vermutung" zugunsten des Rechteinhabers als auch eine sekundäre Darlegungslast des Anschlussinhabers postuliert und die Voraussetzung für die Annahme der Vermutung mit der "BearShare"-Entscheidung fortgeführt bzw. konkretisiert hat.


    So führt der BGH noch in der Morpheus-Entscheidung (Urteil vom 15.11.2012, Aktenzeichen I ZR 74/12 ) wie folgt aus:
    • "Wird ein urheberrechtlich geschütztes Werk oder eine urheberrechtlich geschützte Leistung der Öffentlichkeit von einer IP-Adresse aus zugänglich gemacht, die zum fraglichen Zeitpunkt einer bestimmten Person zugeteilt ist, spricht allerdings eine tatsächliche Vermutung dafür, dass diese Person für die Rechtsverletzung verantwortlich ist,

      und

      diese tatsächliche Vermutung ist im Streitfall jedoch entkräftet, da nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellung die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass allein ein Dritter und nicht auch der Anschlussinhaber den Internetzugang für die behauptete Rechtsverletzung genutzt hat."
    Aus dieser Entscheidung hat z.B das LG Stuttgart ( a.a.O.) den Schluss gezogen, dass allein die Anschlussinhaberschaft die tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft begründet und weiter gefolgert:
    • "Diese Annahme werde erschüttert und die Vermutungsgrundlage beseitigt, wenn Umstände feststehen, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufes, nämlich der Alleintäterschaft eines anderen Nutzers des Internetanschlusses ergebe. Diese Tatsachen, welche die Vermutung erschüttern, habe der Anschlussinhaber jedoch vorzutragen und entsprechend den allgemeinen Grundsätzen auch zu beweisen."
    Diese Meinung des LG Stuttgart ist nach Ansicht des Gerichts indes nicht zutreffend. Die Vermutungsregelung basiert nicht nur auf der Inhaberschaft des Anschlussinhabers, sondern auch - im negativen - darin, dass keine anderen Personen den Anschluss zum Tatzeitpunkt benutzen konnten.


    Dies ergibt sich aus der Fortführung der BGH-Rechtsprechung, insbesondere aus der "BearShare"-Entscheidung vom 08.01.2015. Dort wird explizit wie folgt zur Vermutungsregelung ausgeführt:
    • "Wird über einen Internetanschluss eine Rechtsverletzung begangen, ist eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers nicht begründet, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung (auch) andere Personen diesen Anschluss benutzen konnten."
    Die tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers wird bei der möglichen Nutzung durch Dritte somit erst gar nicht begründet und nicht, wie das Landgericht Stuttgart annimmt, allein durch die Anschlussinhaberschaft begründet, aber bei Erbringung des Nachweises der Drittnutzung sodann erschüttert.

    Für das Vorliegen der Voraussetzung der Vermutung ist jedoch derjenige beweispflichtig, der sich auf die Vermutung beruft, vorliegend somit der Rechteinhaber.

    Da dem Rechteinhaber hinsichtlich dieser weiteren Voraussetzung jedoch die Kenntnis fehlt, trifft den Inhaber des Internetanschlusses eine sekundäre Darlegungslast; nur er hat die Möglichkeit zur weiteren Sachverhaltsaufklärung und ihm obliegt somit eine diesbezügliche Darlegungspflicht.

    Sofern der Anspruchsinhaber jedoch seiner sekundären Darlegungslast entspricht, "ist es wieder Sache der Klägerin als Anspruchssteller die für eine Haftung des Beklagten als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen" (so wörtlich BGH, "BearShare"). Auch führt die sekundäre Darlegungslast weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast hinausgehende Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolgt benötigten Informationen zu verschaffen (so ebenfalls wörtlich BGH in "BearShare").

    Dies kann nur bedeuten, dass der Rechteinhaber die Voraussetzung der Vermutung nachzuweisen hat, oder auf anderem Weg die Verantwortung des Anschlussinhabers beweisen muss.

    Die Darlegungs- und Beweislast für sämtliche tatsächlichen Voraussetzungen einer Vermutung bzw. eines Anscheinsbeweises trägt nämlich grundsätzlich die Partei, die hieraus Rechtsfolgen für sich herleitet (Baumgärtel, Handbuch der Beweislast 2009; § 12 Randziffer 9 m.w.M.). Würde nur dem Anschlussinhaber die Beweislast für die Nutzungsmöglichkeit Dritter auferlegt, würde dies eine Umkehr der Beweislast darstellen, was vom BGH jedoch gerade ausdrücklich ausgeschlossen wurde (so auch ausführlich AG Hamburg, Az. 36 a C 134/14, Urt. vom 03.07.2015).

    Aufgrund der sekundären Darlegungslast des Beklagten und der oben dargelegten Beweislast der Klägerin hat der Anschlussinhaber auch grundsätzlich die Beweismittel zu benennen, damit die Rechteinhaberin den ihr obliegenden Beweis überhaupt antreten kann. Dem ist der Beklagte nachgekommen, indem er die Personen, die er als mögliche Täter aufgeführt hat, namentlich benannt und die ladungsfähige Anschrift mitgeteilt hat.

    Trotz entsprechendem Hinweis seitens des Gerichts hat die Klägerin jedoch keinen Beweis angetreten.

    Ihre Beweispflicht kann die Klägerin auch nicht dadurch "unterlaufen", indem sie die Existenz der seitens des Beklagten benannten Personen bestreitet (vgl. OLG Köln, Urt. v. 16.05.2012).

    Der Beklagte hat durch die Namhaftmachung der Zeugen und der Mitteilung deren ladungsfähigen Anschriften das ihm Obliegende getan, um der Klägerin die Beweisführung zu ermöglichen. Es verbleibt bei der Klägerin, ob sie diese Möglichkeit nutzen möchte oder nicht. Es bestehen keinerlei Anzeichen oder Indizien dafür, dass die benannten Personen nicht existieren; die Klägerin hat solche Indizien auch nicht - beispielsweise durch einen Negativbescheid des Einwohnermeldeamtes- vorgetragen.

    Ein beweisvereitelndes Verhalten des Beklagten in Form der Benennung nicht auffindbarer oder nicht existenter Zeugen (vgl. hierzu RG Warn-Rechtsprechung 1911, Nr. 54 S. 59) ist nicht ersichtlich und von der Klägerin auch nicht dargetan (vgl. hierzu auch AG Düsseldorf, Urt. vom 19.11.2013, Aktenzeichen 57 C 3144/13).

    Das Gericht verkennt nicht, dass bei der Beweislastverteilung zu Lasten des Rechteinhabers es diesem häufig schwerfallen wird, die für ihn stehende Vermutung tatsächlich nachzuweisen, da es sich bei dem von dem Anschlussinhaber benannten Zeugen nicht selten um Familienangehörige handelt, welche sich auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht berufen können, sodass der Rechteinhaber beweisfällig bliebe.

    Diese möglicherweise von Teilen der Rechtsprechung als unbillig empfundene Folge (so wohl OLG München, Urt. v. 14.01.2016, Az. 29 U 2593/15 "Loud"), kann nach Ansicht des Gerichts jedoch nicht dazu führen, die Grundsätze der Beweislastverteilung im Urheberrecht nicht anzuwenden bzw. die sekundäre Darlegungslast in ungerechtfertigter Weise auszudehnen.

    Die Bekämpfung tatsächlicher oder vermeintlicher Missstände darf kein Anlass sein, für Urheberrechtsverletzung eine Art "Sonderbeweisrecht" zugunsten der Rechteinhaber zu schaffen (so auch AG Düsseldorf, Urt. v. 19.11.2013, Az. 57 C 3144/13).

    Es bleibt vielmehr dem Gesetzgeber vorbehalten, sofern dieser eine nicht mehr hinnehmbare Verletzung der Eigentumsrechte der Rechteinhaber als gegeben sieht, entsprechende Regelungen zu schaffen.

    Die Klägerin ist somit beweisfällig für die von ihr aufgestellte Vermutung der Täterschaft des Beklagten geblieben; auch hat sie die Täterschaft des Beklagten nicht auf andere Weise nachgewiesen; eine Schadensersatzpflicht des Beklagten gem. § 97 UrhG ist daher nicht gegeben.


    2.

    Der Beklagte haftet der Klägerin auch nicht auf Schadensersatz wegen Verletzung seiner Aufsichtspflicht gem. § 832 BGB.

    Eine Haftung aus § 832 Abs. 1 BGB kommt unabhängig von der Frage, ob eine ausreichende Belehrung der minderjährigen Söhne zum Verbot von File-Sharing stattgefunden hat und somit eine Aufsichtspflichtverletzung gegeben ist oder nicht, schon deswegen nicht in Betracht, weil nicht feststeht, dass einer der Söhne Täter der Urheberrechtsverletzung war (vgl. auch LG Köln, Urt. v. 24.10.2012, Aktenzeichen 28 0 391/11).

    Eine Schadensersatzpflicht des Beklagten ist somit vollumfänglich nicht gegeben.


    3.

    Auch eine Störerhaftung des Beklagten aus §§ 97, 97 a Abs. 3 UrhG in Verbindung mit § 1004 BGB auf Erstattung der Abmahnkosten ergibt sich nicht, da dem Beklagten hierzu die Störereigenschaft fehlt.

    Zwar setzt eine Störerhaftung kein Verschulden voraus, jedoch haftet für eine Schutzrechtsverletzung nur derjenige, der - ohne selbst Täter oder Teilnehmer zu sein -, in irgend einer Weise willentlich oder adäquat kausal an der rechtswidrigen Beeinträchtigung mitgewirkt hat.

    Um eine solche Haftung nicht über Gebühr auf Dritte zu erstrecken, die nicht selbst die rechtswidrige Beeinträchtigung vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers die Verletzung von Prüf- oder Kontrollpflichten voraus, deren Art und Umfang nach Treu und Glauben zu bestimmen sind. Ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch genommenen eine Verhinderung der Verletzungshandlung eines Dritten zuzumuten ist, richtet sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung seiner Funktion und Aufgabenstellung sowie mit Blick auf die Eigenverantwortung desjenigen, der die rechtswidrige Beeinträchtigung selbst unmittelbar vorgenommen hat (BGH, Urt. v. 08.01.2014, Az. I ZR 169112).

    Allein die Überlassung des Internetanschlusses an Familienangehörige stellt keine Pflichtverletzung dar. Der Beklagte war auch nicht verpflichtet, seine Ehefrau ohne Anzeichen von bereits begangenen oder bevorstehenden Urheberrechtsverletzungen über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Tauschbörsen zu belehren (vgl. BGH, "BearShare").

    Soweit hinsichtlich der minderjährigen Söhne eine Belehrungspflicht anzunehmen ist, steht, wie bereits oben dargelegt, nicht fest, dass durch die Söhne bzw. einen von ihnen, die behauptete Rechtsverletzung begangen worden ist und eine etwaige Aufklärungspflichtverletzung kausal für den behaupteten Schaden wäre.

    Eine ungenügende Absicherung des WLAN-Anschlusses und eine darin liegende Pflichtverletzung wurde von der Klägerin nicht dargetan und ist auch nicht ersichtlich.

    Eine Störerhaftung des Beklagten scheidet damit ebenfalls aus.

    Die Klage ist somit vollumfänglich abzuweisen.



    II.

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Ziff. 11, 711 ZPO.



    Rechtsbehelfsbelehrung:

    Gegen die Entscheidung kann das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600,00 Euro übersteigt oder das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

    Die Berufung ist binnen einer Notfrist von einem Monat bei dem

    Landgericht Stuttgart
    Urbanstraße 20
    70182 Stuttgart


    einzulegen.

    Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung der Entscheidung.

    Die Berufung muss mit Schriftsatz durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt eingelegt werden. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt werde.

    Die Berufung muss binnen zwei Monaten mit Anwaltsschriftsatz begründet werden. Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.

    Gegen die Entscheidung, mit der der Streitwert festgesetzt worden ist, kann Beschwerde eingelegt werden, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt oder das Gericht die Beschwerde zugelassen hat.

    Die Beschwerde ist binnen sechs Monaten bei dem

    Amtsgericht Stuttgart
    Hauffstraße 5
    70190 Stuttgart


    einzulegen.

    Die Frist beginnt mit Eintreten der Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache oder der anderweitigen Erledigung des Verfahrens. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf der sechsmonatigen Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.

    Die Beschwerde ist schriftlich einzulegen oder durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle des genannten Gerichts. Sie kann auch vor der Geschäftsstelle jedes Amtsgerichts zu Protokoll erklärt werden; die Frist ist jedoch nur gewahrt, wenn das Protokoll rechtzeitig bei dem oben genannten Gericht eingeht. Eine anwaltliche Mitwirkung ist nicht vorgeschrieben.



    [Name],
    Richterin am Amtsgericht


    Verkündet am 31.08.2016
    [Name], JFAng'e
    Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (...)



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

AG Stuttgart, Urteil vom 31.08.2016, Az. 4 C 1254/16,
Klage NIMROD Rechtsanwälte,
Klage Astragon Entertainment GmbH,
Rechtsanwalt Christian Solmecke,
WILDE BEUGER SOLMECKE Rechtsanwälte GbR,
sekundäre Darlegungslast,
Minderjährige

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#10837 Beitrag von Steffen » Donnerstag 20. Oktober 2016, 23:27

Wilde, Beuger, Solmecke Rechtsanwälte: Filesharing Sieg - Abmahner kann nur einmalige Anschlussermittlung nachweisen


23:25 Uhr


Wer eine Abmahnung wegen Filesharing erhält sollte die Nerven behalten. Dies gilt auch, wenn ihm mehrere Urheberrechtsverletzungen vorgeworfen werden. Dies ergibt sich aus einer aktuellen Entscheidung des AG Köln, die zugunsten von einem unserer Mandanten ergangen ist.


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Bild

Rechtsanwalt Christian Solmecke, LL.M.



WILDE BEUGER SOLMECKE Rechtsanwälte GbR

Kaiser-Wilhelm-Ring 27-29 | 50672 Köln
Tel.: 0221 / 951 563 0 | Fax: 0221 / 400 675 52
E-Mail: info@wbs-law.de | Web: www.wbs-law.de




Bericht

Link:
https://www.wbs-law.de/abmahnung-filesh ... sen-69753/



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Filesharing: Abgemahnter soll 11 Urheberrechtsverletzungen begangen haben

In der Abmahnung warf die Kanzlei Negele ihm vor, dass er über eine Filesharing Tauschbörse einen Pornofilm illegal verbreitet haben soll. Sie verlangte daher Ersatz der Abmahnkosten in Höhe von 651,80 Euro sowie Schadensersatz in Höhe von 651,00 EUR. Weil unser Mandant nicht zahlte, verklagte Negele ihn im Auftrag der LFP Video Group. Dabei behauptete sie, dass an der Zuverlässigkeit der Ermittlung des richtigen Anschlusses keine Zweifel bestehen. Denn der Filesharing Dienstleister hat angeblich dokumentiert, dass von seinem Anschluss 11 Urheberrechtsverletzungen erfolgt sind.



Anschluss wurde nur einmal ermittelt

Hiermit konnte die Abmahnkanzlei jedoch nicht das Amtsgericht Köln überzeugen. Es wies die Klage mit Urteil vom 06.10.2016 (Az. 137 C 121/15) ab. Denn nach den Feststellungen des Gerichtes ergab sich aus den vorgelegten Unterlagen nicht, dass von dem Anschluss 11 Urheberrechtsverletzungen vorgenommen wurden. Vielmehr habe der zuständige Netzbetreiber nur einen Verletzungszeitpunkt mit einer IP-Adresse dem Beklagten zugeordnet.



Häufig wird falscher Anschluss ermittelt - Einmalige Anschlussermittlung fragwürdig

Sofern jedoch nur eine einzelne Ermittlung des Anschlusses erfolgt ist, spricht keine Vermutung mehr dafür, dass dieses Ermittlungsergebnis auch richtig ist. Dies ergibt sich daraus, dass es bei der einmaligen Ermittlung einer bestimmten IP-Adresse schnell zu einem Fehler kommen kann. Zu bedenken ist, dass hier zum Teil eine Fehlerquote von über 50% besteht. Diesbezüglich beruft sich das Amtsgericht Köln auf eine Einschätzung der Staatsanwaltschaft Köln.



Fazit:

Dies zeigt, dass Angaben von Abmahnanwälten über Ermittlungsergebnisse mit Vorsicht zu genießen sind. Dies gilt gerade dann, wenn sie dem Anschlussinhaber eine Vielzahl von Urheberrechtsverletzungen vorwerfen. Denn dies kann sich schnell als fragwürdig herausstellen.

Wird ein bestimmter Anschluss nur einmalig ermittelt, so haben Gerichte schnell Zweifel an der Richtigkeit der Ermittlungen. Dies ergibt sich unter anderem aus den folgenden Entscheidungen: AG Köln, Urteil vom 02.05.2016 (Az. 137 C 450/15), AG Köln, Urteil vom 22.04.2013 (Az. 125 C 602/09), AG Düsseldorf, Urteil vom 20.10.2015 (Az. 57 C 10122/14), AG Frankfurt, Urteil vom 09.05.2016 (Az. 31 C 2860/15 (96)). (HAB)




Sicher ist das folgende Video interessant:








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AG Köln, Urteil vom 06.10.2016, Az. 137 C 121/15,
Rechtsanwalt Christian Solmecke,
WILDE BEUGER SOLMECKE Rechtsanwälte GbR,
Klage Negele Zimmel Greuter Beller,
Klage LFP Video Group,
IP-Ermittlung

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Beweislast Filesharing

#10838 Beitrag von Steffen » Freitag 21. Oktober 2016, 13:05

Initiative AW3P: 2016 - Die neue Beweiswürdigung der Beweislast


13:00 Uhr


Seit dem BGH-Termin am 06. Oktober 2016 (I ZR 154/15; noch keine PM oder Volltext vorliegend) versucht man in aktuellen Gerichtsentscheidung von Erstgerichten die Frage der Beweiswürdigung der Beweislast bei Filesharing-Fälle neu zu erfinden. Eigentlich nicht ganz so richtig, da diese uneinheitliche Rechtsfindung schon seit dem BearShare-Entscheid (BGH, Urt. v. 08.01.2014 - I ZR 169/12) zu erkennen ist.


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Initiative AW3P



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z.H. Herr Steffen Heintsch
An der Kirche 11 | 07343 Wurzbach/Thüringen
Telefon: +49 (0)36652 359741 (Festnetz) | Telefax: +49 (0)36652 359742
E-Mail: info@abmahnwahn-dreipage.de | Web: www.abmahnwahn-dreipage.de |
Blog: www.aw3p.de | Forum: www.abmahnwahn-dreipage.de/forum




Bericht

Link:
http://aw3p.de/archive/1737



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Ich denke dass sehr viele Abgemahnte die aktuellen Gerichtsentscheidungen zur Beweislast und sekundären Darlegungslast zwar bejubeln, aber die Komplexität des Sachverhaltes und dessen Wichtigkeit für die eigene Verteidigung nicht ganz einordnen können. Ich werde deshalb versuchen die Beweislast bei Filesharing Fälle mit meinen Worten nahezubringen.



Ausgangslage Filesharing

- Logfirma dokumentiert einen Rechteverstoß am Werk seines Auftraggebers in einer Tauschbörse
- Beweis = (P2P-)IP-Adresse
a) was sagt diese IP-Adresse zum Zeitpunkt über den Verletzer aus?
aa) den Filesharer - die Person hinter dieser IP-Adresse? Nein!
ab) einzig der Provider kann zugeordnet werden
- mit der ermittelten und dokumentierten (P2P-)IP-Adresse geht nun der beauftragte Anwalt zum Gestattungs-Landgericht (siehe § 101 IX UrhG) und beantragt die Herausgabe der Daten zur Person hinter dieser
- Landgericht prüft und gestattet den Antrag - Anwalt geht zum Provider
- Provider beauskunftet zur ermittelten (P2P-)IP-Adresse
a) den Filesharer bzw. echten Rechteverletzer? Nein!
b) die Berechtigung des Anspruchs? Nein!
c) einzig den / seinen Kunden - vertragliche Anschlussinhaber -, dem diese IP-Adresse zum Logg zugeordnet wurde



Beweislast Abmahner

- Voraussetzungen für Geltendmachung der Ansprüche erfüllt sind
- Beweis zu erbringen, dass der Abgemahnte für die Rechteverletzung als Täter verantwortlich ist
aa) der echte Rechteverletzer ist weder ermittel- bzw. beauskunftbar


Ergebnis:
- es wurde ein Rechteverstoß ermittelt und dokumentiert, es kann aber nicht bewiesen werden, wer der echte Täter ist, sondern es wurde nur der Verantwortliche des Internetzuganges durch den Provider zugeordnet und verauskunftet
- das heißt, die Beweislast stützt sich allein auf den Anscheinsbeweis der IP-Adresse
- der Abmahner kann weder beweisen, ob
a) der Anschlussinhaber Störer oder Täter ist
b) Mitnutzer zum Log den Anschluss benutzten oder es sich um einen Einpersonenhaushalt handelt
c) der Anschluss innerhalb einer Wohngemeinschaft, Untervermietung, Ferienwohnung usw.
genutzt wird
d) ob ein unberechtigter Dritter bei z.B. einem unzureichend gesicherten Internetzugang diesen fremd benutzt
e) ob das Ergebnis der Rechteverletzung für den reinen Eigengebrauch oder gewerblich genutzt wird usw. usf.
- auf diese Fragen hat der Abmahner - keine - Antworten UND kann diese auch nicht beweisen, da er hierzu selbst keine Einsicht hat, sondern nur allein der abgemahnte Anschlussinhaber.

Jetzt gibt es - erst einmal egal ob als Beweislastumkehr oder Beweiserleichterung abgetan - eine aus dem § 138 ZPO abgeleitete Erklärungspflicht des Beweislast-Gegners (Abgemahnter).



Die sekundäre Darlegungslast oder einfacher die Last des Gegners

Und nein, diese sekundäre Darlegungslast wurde nicht extra für Filesharing Fälle erfunden, sondern ist fester Bestandteil im Zivilrecht. Zur Erläuterung habe ich deshalb ein BGH-Entscheid aus dem Jahr 1990 herausgesucht.


BGH, Urteil v. 11.06.1990 - II ZR 159/89 (Hamburg):
  • (...) Zweck des Zivilprozesses sei dementsprechend der Individualschutz durch Findung der materiellen Wahrheit. Diese sei ohne umfassende Aufklärungspflicht der nicht beweisbelasteten Partei nicht möglich. In Fällen, in denen die darlegungs- und beweispflichtige Partei sich in typischer Unkenntnis der ihrer Substantiierungspflicht unterliegenden Tatsachen befinde, sollten Anhaltspunkte als plausible Vermutungsbasis für die allgemeine Rechtsbehauptung genügen. Die nicht beweispflichtige Partei sei dann gehalten, alle denkbaren und zumutbaren Aufklärungsbeiträge zu leisten. Im Regelfall führe eine vorwerfbare Verletzung der allgemeinen prozessualen Aufklärungspflicht dazu, dass das der beweispflichtigen Partei günstige Aufklärungsergebnis zu unterstellen sei. Die Lehre von der allgemeinen prozessualen Aufklärungspflicht hat sich nicht durchsetzen können. (...)

    (...) Dass im Zivilprozess die Wahrheitspflicht wesentliche Bedeutung hat, erlaubt nicht den Schluss, die Parteien seien generell zu dem Verhalten verpflichtet, das am besten der Wahrheitsfindung dient. Weder die Aufgabe der Wahrheitsfindung noch das Rechtsstaatsprinzip hindern den Gesetzgeber daran, den Zivilprozess der Verhandlungsmaxime zu unterstellen und es in erster Linie den Parteien zu überlassen, die notwendigen Tatsachenbehauptungen aufzustellen und die Beweismittel zu benennen. (...)

    (...) Es bleibt vielmehr bei dem Grundsatz, dass keine Partei gehalten ist, dem Gegner für seinen Prozess-Sieg das Material zu verschaffen, über das er nicht schon von sich aus verfügt. (...)

    (...) In bestimmten Fällen erlegt die Rechtsprechung dem Gegner der primär behauptungs- und beweisbelasteten Partei allerdings eine gewisse (sekundäre) Behauptungslast auf, nämlich vor allem dann, wenn eine darlegungspflichtige Partei außerhalb des von ihr darzulegenden Geschehensablaufes steht und keine nähere Kenntnis der maßgebenden Tatsachen besitzt, während der Prozessgegner sie hat und ihm nähere Angaben zumutbar sind. (...)


Darlegungslast = Substantiierungslast

Thomas / Putzo, ZPO, 31. Auflage, 2010, Vorbem. § 284 Rn. 18 Nr. 7. a):
  • (...) Steht der Darlegungspflichtige selbst außerhalb des Geschehensablaufs und kann er auch von sich aus den Sachverhalt nicht ermitteln, während die Gegenseite die erforderlichen Informationen hat oder sich leicht beschaffen kann, so genügt nach Treu und Glauben nicht, dass die Gegenseite sich mit einfachen Bestreiten begnügt, sie muss vielmehr im Einzelnen darlegen (sog. Behauptungslast), dass die von ihr bestrittene Behauptung unrichtig ist, so dass die beweisbelastete Partei den Beweis für die Richtigkeit antreten kann. (...)

Das bedeutet, der Abmahner kann keine Kenntnis davon haben, wer den Internetzugang des abgemahnten Anschlussinhaber zum Logg - tatsächlich - genutzt hat; dieser Umstand liegt allein in der Sphäre des Abgemahnten. Steht der Beweisführer - wie regelmäßig der Abmahner in Bezug auf Vorgänge in der Sphäre des Anschlussinhabers - außerhalb des für seinen Anspruch erheblichen Geschehensablaufs, kann vom Abgemahnten
a) im Rahmen des Zumutbaren
b) das substantiierte Bestreiten der behaupteten Tatsache und die Darlegung der für das Gegenteil sprechenden Tatsachen und Umstände verlangt werden. Den Inhaber eines Anschlusses trifft insoweit eine sekundäre Darlegungslast.


Substantiierung:
  • (...) Als Substantiierung bezeichnet man die Detailliertheit mit der ein Vortrag erfolgt. Je detaillierter ein Vortrag erfolgt, so substantiierter ist dieser Vortrag auch. Diese Substantiierung führt zwischen Kläger und Beklagtem zu einer Wechselwirkung. Soweit sich die eine Partei mit einem groben Vortrag begnügt, kann sich die andere Partei ebenfalls zunächst mit pauschalem Bestreiten oder zumindest mit nur grobem Vorbringen begnügen (Quelle: Jura Uni Saarland , Link: http://archiv.jura.uni-saarland.de/Meth ... bstanz.htm). (...)


Kurzes Fazit AW3P

Hierzu sollte man sich - immer - von der Volltextveröffentlichung des Bundesgerichtshof leiten lassen und nicht von einem Erstgericht. Dies ist - locker bleiben - keine Beleidigung gegenüber Amtsgerichte, sondern Entscheidungen des Amtsgericht - egal ob Richtungsweise oder Spitze - können in der Berufung (LG. OLG bzw. KG) entweder bestätigt oder verworfen werden.

Die aktuelle BGH-Entscheidung zu Filesharing Fälle im Volltext stellt das Urteil vom 11.06.2015 - I ZR 75/14 - "Tauschbörse III" dar. Dieses - obwohl Seiten der Erstgerichte wenig beachtet - erläutert die Beweislast.



AW3P kurz und knapp: BGH, Urteil vom 11.06.2015 - I ZR 75/14 - "Tauschbörse III


1. Beweiswürdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters (AG. LG, OLG bzw. KG)

Aufgabe des BGH:
Überprüfung, ob sich der jeweilige Tatrichter entsprechend dem Gebot des § 286 Abs. 1 ZPO mit dem Prozess-Stoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt.


2. Kläger trägt die Beweislast (allgemeiner Grundsatz im Zivilrecht)

a) dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs auf Erstattung von Abmahnkosten erfüllt sind.
b) darzulegen und nachzuweisen, dass der Beklagte für die von ihnen behauptete Urheberrechtsverletzung als Täter verantwortlich ist

Beachte
Alleinig - durch den Anscheinsbeweis der IP-Adresse - steht eine Rechteverletzung über die ermittelte, dokumentierte, beauskunftete und zugeordnete IP-Adresse fest. Der echte Täter ist nicht beweisbar.


3. tatsächliche Vermutung für die Täterschaft des Anschlussinhabers

a) wird immer angenommen, wenn - *zum Logg - keine anderen Personen diesen Internetanschluss benutzen konnten
b) auszuschließen bei Nutzungsmöglichkeit durch Dritte
aa) der Internetanschluss - zum Logg - nicht hinreichend gesichert war oder
ab) bewusst anderen Personen - zum Logg - zur Nutzung überlassen wurde

* es ist immer nur der Zeitpunkt der Rechteverletzung - der Logg / die Loggs - entscheidend!


4. In der Konstellation Punkt 3. trifft den Inhaber des Internetanschlusses jedoch eine sekundäre Darlegungslast

Beachte
Die sekundäre Darlegungslast führt weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Abmahner alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen.

Der Abgemahnte wird dieser sekundären Darlegungslast gerecht, wenn er vorträgt:
a) ob andere Personen und
b) gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten
und
aa) als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen

Hinweis:
a) der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen verpflichtet
b) entspricht der Abgemahnte seiner sekundären Darlegungslast, ist es wieder Sache des Abmahners, die für eine Haftung des beklagten Anschlussinhaber als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände
aa) darzulegen
und
ab) nachzuweisen

Beachte
es kommt nicht auf die Nutzungsmöglichkeit von Familienangehörigen im Allgemeinen, sondern konkret auf die Situation zum Verletzungszeitpunkt an
a) das heißt, durch eventuelle pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt des beklagten Anschlussinhaber lebenden Dritten auf seinen Internetanschluss wird den Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast nicht gerecht (Darlegungslast = Substantiierungslast).


Damit wäre eigentlich alles wichtige erklärt. Eigentlich.



Neue Beweiswürdigung der Beweislast?

Trotzalledem entwickelt sich die Anwendung der höchstrichterlichen Rechtsprechung bundesweit unterschiedlich. Sehr überspitzt ausgedrückt hängt der Erfolg der Verteidigung mehr vom Gerichtsstandort ab, als vom substantiierten Sachvortrag. Des einen Freud (Bielefeld) ist des anderen Leid (München). Das kann doch nicht sein, denn es wird dann schnell aus Recht - Ungerechtigkeit.


Knackpunkte

a) Anforderungen an der sekundären Darlegungslast bundesweit unterschiedlich (hoch / gering)
b) Meinungsbildung statt Rechtsfindung zu BGH-Entscheiden zu Filesharing Fälle
c) einem konträren Kernproblem



Kernproblem = tatsächliche Vermutung der Täterschaft des Anschlussinhabers

Es wird - bislang und höchstrichterlich - gefordert


I. tatsächliche Vermutung für die Täterschaft des Anschlussinhabers

a) immer angenommen, wenn - zum Logg - keine anderen Personen diesen Internetanschluss benutzen konnten
b) auszuschließen bei Nutzungsmöglichkeit durch Dritte
aa) der Internetanschluss - zum Logg - nicht hinreichend gesichert war oder
ab) bewusst anderen Personen - zum Logg - zur Nutzung überlassen wurde


II. Abgemahnte wird dieser sekundären Darlegungslast gerecht, wenn er vorträgt:

a) ob andere Personen und
b) gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang - zum Log - zu seinem Internetanschluss hatten
und
aa) als Täter der Rechteverletzung in Betracht kommen



Entscheidende Fragen

Was passiert in den Fällen, wenn der beklagte Anschlussinhaber - in der Konstellation Mitnutzer -
a) seine eigene mögliche Haftung substantiiert bestreitet
aa) die tatsächliche Vermutung (siehe Punkt I. b)) erschüttert
und
b) vorträgt zu Punk II.
aber
c) im Rahmen der Zeugenvernehmung, die benannten Mitnutzer (siehe Punkt II.)
aa) die eigene Täterschaft bestreiten
oder
ab) durch widersprüchliche, nicht nachvollziehbare oder unplausible Zeugenaussagen als Täter - nicht - in Betracht kommen können?





Ist die tatsächliche Vermutung durch Punkte a) + b) nicht mehr existent, so dass Punkt c) in der richterlichen Beweiswürdigung liegt?


Dr. Bernhard Knies - Bericht zu BGH, Urteil vom 06.10.2016, I ZR 154/15:
  • (...) Ein weiteres wichtiges Element, was der BGH hier vorgebracht hat, war die Frage der Beweiswürdigung der Beweislast. Denn im Ausgangsverfahren hat die Ehefrau des Beklagten, dass sie für diese Filesharing-Gechichte möglicherweise nicht verantwortlich sei. Sie hat eine etwas ungenaue Aussage gemacht, herumgeeiert, wahrscheinlich weil sie sich selbst nicht belasten wollte. Die Revision, vertreten durch Waldorf, hat diesen Umstand gegen den Beklagten wenden wollen. Der Bundesgerichtshof hat gesagt, dass kann so nicht sein, denn die Klägerin, also hier das Filmunternehmen was Waldorf vertreten hat, habe die Beweislast. Wenn die Zeugin nun eine ungünstige Aussage macht oder eine nicht nachvollziehbare Aussage macht, so sei dies nicht das Problem des Beklagten, sondern das des Klägers, der schließlich die Beweislast trägt. (...)

AG Stuttgart - Bericht Christian Solmecke - AG Stuttgart, Urteil vom 31.08.2016, Az. 4 C 1254/16
  • (...) Der Beklagte hat, nachdem er alle Familienmitglieder angehört hat, konkret zu möglichen Alleintätern sowie zu deren Nutzungsverhalten vorgetragen; er hat seine Darlegungslast auch nicht deshalb verletzt, weil er seinen Familienangehörigen insofern glaubte, dass sie nicht Täter waren, bzw. er keine Vermutung hinsichtlich der Täterschaft eines Familienmitglieds äußerte (vgl. AG Saarbrücken, Urteil vom 14.10.2015, Az. 121 C 135/15, wonach dem Beklagten gem. § 138 Abs. 3 ZPO lediglich die Benennung von Tatsachen obliegt, er indes keine Wertung vorzunehmen hat). (...)

    (...) Für das Vorliegen der Voraussetzung der Vermutung ist jedoch derjenige beweispflichtig, der sich auf die Vermutung beruft, vorliegend somit der Rechteinhaber. (...)

Amtsgericht Bielefeld - Bericht Dr. Ralf Petring - AG Bielefeld, Beschluss vom 13.10.2016, Az. 42 C 151/16:
  • (...) Der Anschlussinhaber ist demnach lediglich verpflichtet, diejenigen Personen, die den Internetanschluss im Zeitpunkt der behaupteten Rechtsverletzung regelmäßig mitbenutzt haben, zu ermitteln und unter Angabe einer ladungsfähigen Anschrift namentlich zu benennen. Zu einem substantiierten Sachvortrag des Anschlussinhabers gehört es, die weiteren Nutzer nicht bloß namentlich zu benennen. (...)

    (...) Ein substantiierter Sachvortrag verlangt vielmehr, dass der Anschlussinhaber nähere Angaben zum generellen Nutzungsverhalten der Personen, denen die Nutzung des Internetanschlusses gestattet wurde, macht. Hierzu gehören Angaben darüber, wie die Personen Zugang zum Internetanschluss erhalten haben (LAN oder WLAN, welche Verschlüsselung, Art des Passwortes, welches internetfähige Endgerät), wie häufig diese Personen das Internet genutzt haben (täglich, gelegentlich, selten oder fast gar nicht) und wozu das Internet generell genutzt wurde (z.B. Informationsbeschaffung, E-Mails, Online-Shopping, Nutzung sozialer Netzwerke, Spielen, Filesharing, Streaming, Skypen). Dies stellt - soweit es dem Anschlussinhaber bei Nutzung durch Familienangehörige nicht ohnehin bekannt ist - auch vor dem Hintergrund des Art. 6 GG keine überspannten Anforderungen an die Nachforschungspflicht des Anschlussinhabers dar. (...)

    (...) Sofern ein derart substantiierter Sachvortrag des Anschlussinhabers vorliegt, ist es unter Berücksichtigung der allgemeinen Darlegungs- und Beweislastverteilung im Zivilprozess Aufgabe des Rechteinhabers, zu beweisen, dass die weiteren benannten Nutzer keinen Zugriff auf den Internetanschluss des Anschlussinhabers hatten und dass der Anschlussinhaber für die behauptete Rechtsverletzung verantwortlich ist. (...)


- oder -



Muss die tatsächliche Vermutung der Täterschaft des Anschlussinhaber bei zutreffen Punkt c) wieder neu angenommen werden?


AG Bremerhaven - Bericht Waldorf Frommer - AG Bremerhaven, Urteil vom 24.08.2016, Az. 56 C 2009/15:
  • (...) Die Beklagte ist zudem als Täterin der Urheberrechtsverletzung anzusehen. Es spricht eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen diesen Internetanschluss benutzen konnten. Eine die tatsächliche Vermutung ausschließende Nutzungsmöglichkeit Dritter ist auch anzunehmen, wenn der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde. In diesen Fällen trifft den Inhaber des Internetanschlusses jedoch eine sekundäre Darlegungslast. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast dann dadurch, dass er dazu vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen (BGH, Urteil vom 11.06.2015 -1 ZR 75/14 - Tauschbörse III, Rnr. 37).

    Derartige andere Personen hat die Beklagte jedoch nicht vorgetragen. Mittlerweile ist es unstreitig, dass ihre zunächst von der Beklagten angeführten Kinder die Rechtsverletzung nicht begangen haben. Das haben nämlich beide Parteien bestritten. Damit kommen neben der Beklagten keine anderen Personen als Täter mehr in Betracht, so dass die tatsächliche Vermutung für die Täterschaft der Beklagten nicht erschüttert ist. (...)

Wenn vielleicht auch jetzt die Masse schon längst geistig abgeschaltet hat, ist eine bundesweit einheitlich richterliche Beantwortung existenziell für die erfolgreiche Verteidigung in Filesharing Fälle. Denn ohne diese Einheit, solange wäre nämlich weiterhin der Erfolg nur vom Gerichtsstandort ab. Nur am Rande erwähnt, kann dann ein Berufungsgericht die Entscheidung des Erstgerichtes bestätigen oder verwerfen.

Natürlich musste ich mir schon vielmals sagen lassen, dass es eine rein akademische Frage wäre (so viel wie: ich habe keine Ahnung, also schweig Bub!) oder ich wirr uns unstrukturiert denke. Aber es stellt meine Meinung dar, die sich zwar nicht mit dem Ultimatum-Forum der Neißschen IGGDAW deckt, aber nun einmal meine Meinung widerspiegelt. Diese kann man ja jederzeit in einer Diskussion sachlich widerlegen. Punkt.



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Steffen Heintsch für AW3P

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BGH, I ZR 48/15

#10839 Beitrag von Steffen » Freitag 21. Oktober 2016, 23:54

Rasch Rechtsanwälte (Hamburg):
Bundesgerichtshof -
Anschlussinhaber bei Filesharing
in der Verantwortung!




23:55 Uhr



Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einer von Rasch Rechtsanwälte erstrittenen Entscheidung (I ZR 48/15 - "Everytime we touch") die Voraussetzungen der Haftung des Anschlussinhabers in Fällen von "Filesharing" weiter präzisiert. Dabei geht er sowohl auf die Frage ein, ob bzw. wie ein Anschlussinhaber sich entlasten kann, als auch auf die Frage der Verjährung von Schadensersatzansprüchen der Rechteinhaber.



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Rasch Rechtsanwälte

An der Alster 6 | 20099 Hamburg
Fon 040 244 297-0 | Fax 040 244 297-20
E-Mail kanzlei@raschlegal.de | Internet www.raschlegal.de




Bericht

Link:
http://www.raschlegal.de/aktuelles/bgh- ... ntwortung/




Autor:
Rechtsanwalt Mirko Brüß



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Am 12.05.2016 hatte der BGH Urteile in mehreren "Filesharing"-Verfahren verkündet. Nun liegen die lange erwarteten Urteilsgründe vor. In diesen schafft der BGH endlich Klarheit zu Fragen, die trotz der zahlreichen bisherigen Entscheidungen ("Sommer unseres Lebens", "Morpheus", "BearShare", "Tauschbörse I - III") von den Instanzgerichten stark unterschiedlich beantwortet wurden.

Im Kern geht es um die Frage, wann ein Anschlussinhaber für Filesharing haftet, das über seinen Internetzugang begangen wurde, wenn er behauptet, die Rechtsverletzung nicht begangen zu haben. Im vorliegenden Fall hatte der Beklagte vorgetragen, sein Anschluss werde nicht nur von ihm selbst, sondern auch von seiner Ehefrau und den damals 15- und 17-jährigen Kindern genutzt. Er sei zur Tatzeit gar nicht zu Hause gewesen, zudem hätte die Musik nicht seinem Geschmack entsprochen.

Das Landgericht Köln (LG) hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung führte es aus, es spreche zwar eine tatsächliche Vermutung für die Täterschaft des Anschlussinhabers, diese hätte der Beklagte aber widerlegt, da eine Täterschaft eines seiner Kinder in Betracht komme. Das Oberlandesgericht Köln (OLG) hat den Beklagten zur Zahlung von EUR 4.200,40 verurteilt, nachdem es eine Beweisaufnahme durchgeführt hatte. Anders als das LG hielt das OLG es für ausgeschlossen, dass eines der Kinder die Rechtsverletzungen ohne das Wissen des Beklagten begangen habe.


Der Bundesgerichtshof ist den Ausführungen des Oberlandesgericht gefolgt und gibt den Instanzgerichten, die zu den Anforderungen an die Widerlegung der tatsächlichen Vermutung die unterschiedlichsten Auffassungen vertreten haben, folgende Vorgaben:
  • "Eine die tatsächliche Vermutung ausschließende Nutzungsmöglichkeit Dritter ist anzunehmen, wenn der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde. In solchen Fällen trifft den Inhaber des Internetanschlusses jedoch eine sekundäre Darlegungslast. (...) Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast vielmehr dadurch, dass er dazu vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber allerdings im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Rechtsverletzung gewonnen hat. Die pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt des Beklagten lebenden Dritten auf seinen Internetanschluss wird den an die Erfüllung der sekundären Darlegungslast zu stellenden Anforderungen daher nicht gerecht." [Hervorhebung durch den Verfasser des Artikels]
In diesem Zusammenhang stellt der Bundesgerichtshof auch klar, dass die tatsächliche Vermutung der Täterschaft des Anschlussinhabers auch dann greift, wenn es sich um einen "Familienanschluss" handelt, der regelmäßig von mehreren Personen genutzt wird. Der Inhaber des Internetanschlusses wird der ihn treffenden sekundären Darlegungslast erst dann gerecht, "wenn er nachvollziehbar vorträgt, welche Personen mit Rücksicht auf Nutzerverhalten, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht Gelegenheit hatten, die fragliche Verletzungshandlung ohne Wissen und Zutun des Anschlussinhabers zu begehen" [Hervorhebung durch den Verfasser des Artikels].


Der Bundesgerichtshof stellt des Weiteren klar, dass weder die behauptete Ortsabwesenheit des Beklagten, noch die fehlende Übereinstimmung mit seinem Musikgeschmack der tatsächlichen Vermutung entgegenstehen. Es verbleit damit bei der tatsächlichen Vermutung der Täterschaft des Anschlussinhabers, der dann auf Unterlassung, Schadens- und Kostenersatz haftet.

Auch hinsichtlich der geltend gemachten Schadensersatzansprüche schafft der BGH klare Verhältnisse. Zur Höhe des Schadensersatzes findet sich lediglich ein Satz, der die beantragten 200,00 EUR für jeden der 15 verfahrensgegenständlichen Musiktitel bestätigt. Der BGH hält insofern an seiner Rechtsprechung aus den Verfahren "Tauschbörse I - III" fest.


Spannender war die Frage der Verjährung des Schadensersatzanspruchs. Hinsichtlich eines Musiktitels ("Everytime we touch") wurde der Schadensersatzanspruch erst nach Ablauf der 3-jährigen Verjährungsfrist (§ 102 Satz 1 UrhG, § 195 BGB) geltend gemacht. Der BGH stellt insofern klar, dass der Klägerin einen Anspruch auf Zahlung eines Lizenzschadens als "Restschadensersatzanspruch" zustand, der nach § 102 Satz 2 UrhG in Verbindung mit § 852 BGB erst nach 10 Jahren verjährt. Ausdrücklich erteilt der Bundesgerichtshof der anderslautenden Auffassung einiger Instanzgerichte (LG Bielefeld, AG Düsseldorf, LG Frankenthal, AG Kassel, AG Hannover, AG Koblenz, AG Braunschweig, AG Nürtingen, AG Charlottenburg, AG Bochum, AG Nürnberg) eine Absage:
  • "Der Beklagte hat durch die Verletzung des Rechts zum öffentlichen Zugänglichmachen der Datei mit dem urheberrechtlich geschützten Musiktitel auf Kosten des Rechteinhabers etwas im Sinne von § 102 Satz 2 UrhG erlangt. Er hat durch das Bereithalten dieses Titels zum Download über eine Internettauschbörse in den Zuweisungsgehalt des der früheren Klägerin zu 2 zustehenden Rechts eingegriffen und sich damit auf deren Kosten den Gebrauch dieses Rechte ohne rechtlichen Grund verschafft. Da die Herausgabe des Erlangten wegen seiner Beschaffenheit nicht möglich ist, weil der Gebrauch eines Rechts seiner Natur nach nicht herausgegeben werden kann, ist nach § 818 Abs. 2 BGB der Wert zu ersetzen. Der objektive Gegenwert für den Gebrauch eines Immaterialgüterrechts besteht in der angemessenen Lizenzgebühr. (...)

    Entgegen einer in der Instanzrechtsprechung vertretenen Ansicht (...) gelten diese Grundsätze auch für das widerrechtliche öffentliche Zugänglichmachen eines urheberrechtlich geschützten Werkes durch Bereitstellen zum Herunterladen über eine Internettauschbörse."
Damit ist nunmehr höchstrichterlich geklärt, dass Rechteinhaber im Fall einer Verletzung ihrer Rechte über eine "Tauschbörse" den ihnen zustehenden Schadensersatz bis zu zehn Jahre nach Entstehung des Anspruchs geltend machen können.


Weiter hervorzuheben ist der Umstand, dass der Bundesgerichtshof die Abmahnung für wirksam und den vom Gericht angesetzten Gegenstandswert von 100.000,00 EUR für angemessen gehalten hat. Der Vortrag des Beklagten, nur über einen "DSL 1000"-Anschluss verfügt zu haben und der Hinweis auf angeblich mindestens 250.000 Abmahnungen pro Jahr, änderte hieran nichts. Für die Wirksamkeit der Abmahnung ist es laut Bundesgerichtshof unerheblich, ob die beigefügte Unterlassungserklärung für einen "Täter" oder "Störer" formuliert war: "Die Formulierung der Unterlassungserklärung ist Sache des Schuldners".


Im Ergebnis stärkt der Bundesgerichtshof die Position der Rechteinhaber deutlich. Immer wieder haben Amts- und Landgerichte Klagen geschädigter Rechteinhaber abgewiesen, weil nach ihrer Ansicht bei einem "Familienanschluss" keine tatsächliche Vermutung gegen den Anschlussinhaber bestehe. Damit dürfte nun Schluss sein, denn der Bundesgerichtshof hat deutlich darüber hinausgehende Nachforschungen und Erklärungen des Anschlussinhabers gefordert.




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BGH, Urteil vom 12.05.2016, I ZR 48/15 - "Everytime we touch"
Rechtsanwalt Mirko Brüß.
Rasch Rechtsanwälte,
sekundäre Darlegungslast,
Verjährung Filesharing,
10-jährige Verjährung

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#10840 Beitrag von Steffen » Samstag 22. Oktober 2016, 04:36

Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Bundesgerichtshof veröffentlicht Urteilsgründe der Entscheidungen vom 12.05.2016


04:35 Uhr


Der Bundesgerichtshof hat nunmehr die Gründe der am 12.05.2016 verhandelten Verfahren veröffentlicht, darunter die Begründung der Leitsatzentscheidung "Tannöd" (Az. I ZR 1/15), einem von der Kanzlei WALDORF FROMMER geführten Verfahren.


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WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

Beethovenstraße 12 | 80336 München
Telefon: 089 / 52 05 72 10 | Telefax: 089 / 52 05 72 30
E-Mail: web@waldorf-frommer.de | Web: www.waldorf-frommer.de




Bericht

Link:
http://news.waldorf-frommer.de/bundesge ... 2-05-2016/



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Urteile als PDF-Download:

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In dieser Entscheidung hat der Senat mehrere viel diskutierte rechtliche Fragestellungen zugunsten der Rechteinhaber beantwortet.

Bei Rechtsverletzungen im Internet, so der Bundesgerichtshof, bemisst sich der Streitwert für den Unterlassungsanspruch nach den Umständen des Einzelfalls und wird maßgeblich durch die Art des Verstoßes, insbesondere seiner Gefährlichkeit und Schädlichkeit für den Rechtsinhaber bestimmt. Anhaltspunkte hierfür sind der wirtschaftliche Wert des verletzten Rechts sowie die Intensität und der Umfang der Rechtsverletzung.

Bei Rechtsverletzungen in Tauschbörsen ist regelmäßig ein schwerwiegender Eingriff in die urheberrechtlich geschützten Verwertungsrechte anzunehmen, da die Nutzung von Tauschbörsen die kommerzielle Auswertung des Werks insgesamt in Frage stellt, so der erste Zivilsenat

Pauschale Berechnungsweisen, wie z.B. die Verdoppelung des Lizenzschadens, würden diesen Umständen nicht ausreichend Rechnung tragen. Der Senat stellt weiter fest, dass bei einem durchschnittlichen Werk ein Gegenstandswert von "nicht unter 10.000,00" Euro anzunehmen sei. Endgültig klargestellt wurde auch, dass die Veröffentlichung eines Werkes in einer Tauschbörse keine unerhebliche Rechtsverletzung im Sinne des § 97a Abs. 2 a.F. UrhG darstellt, womit die noch von einigen wenigen Gerichten vertretene Auffassung nunmehr ebenfalls keinen Bestand haben dürfte.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs reiht sich damit in die Linie der Entscheidungen Tauschbörse I-III ein.


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BGH, Urteil vom 12.05.2016, I ZR 1/15
BGH, Urteil vom 12.05.2016, I ZR 272/14

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